Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, September 23, 1892, Page 2, Image 2

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    2 Heidelbeere» al« Heilmittel.
, Em Heilmittel aus der Küche nenn-
Winlernitz eine Abkochung
Kon Heidelbeeren. Gegen eine ganz«
>Rtihe Erkrankungen der Mundschleim
>haut, besonders bei den durch Wuche
rungen des Epithels verursachten weiß
lichen Verfärbungen und Flecken der
selben bewährte sich diejes Mittel wie
derholt, dessen Gebrauch unter Umstän
den Monate lang fortgesetzt werden
'muß. In jedem Fall beseitigt es sehr
schnell die Schmerzhastigkcit der Schrun
den und Risse in der Zungen- und
Mundschleimhaut und bringt sie auch
schnell zur Vertheilung.
Auch andere Geschwürsbildungen und
Entzündungsvorgänge in der Mund-
und Rachenhöhe und an den Tonsillen
werden durch das genannte Mütel ost
in der kürzesten Zeit überraschend gün
stig beeinflußt. Bei den verschiedenen
Formen von Bräune leistet nach Pro
scssor Winternitz eine Hcidclbeerab
kochung als Gurgelwafser ebenso viel,
wie die sonst gebräuchlichen; auch als
einsaches Mundwasser z. B. znr Besei
tigung des üblen Geruches aus dem
Munde ist es von vortrefflicher Wir
kung. Bei wirklichen Erkrankungen
ber Mundschleimhaut empfiehlt Pro
sessor Winternitz, 500 Gramm Heidel
beeren mit einem Liter Wasser zu 500
bis 600 Gramm einzukochen. Tiese
Abkochung muß namentlich in der hei
ßen Jahreszeit zur Vermeidung de:
Gahrung an einem kalten Orte ausbe
wahrt und besser jeden zweiten oder
dritten Tag frisch bereitet werden. Als
Gurgelwasser eignet sich auch ein kalt
bereiteter Aufguß.
Man füllt zu diesem Zweck ein Glas
bis zu drei Viertel seines Inhalts mit
getrockneten Heidelbeeren, gießt frisches
Trinkwasser darüber und läßt das
Ganze gedeckt 24 Stunden lang stehen.
Tie von den gequollenen Beeren abge
seihte, ties burguiiderroth gesärbte Flüs
sigkeit kann dann als Mundwasser und
Gurgelwasjer verwendet werden. Daß
starke Heidelbeersnppen oder das Kauen
von getrockneten Heidelbeeren ein vor
zügliches und namentlich für das tind
iliche Alter cin beliebtes Mittel sind,
um heftige Durchfälle zum Stillstand
zu bringen, dürfte bekannt sein. Ter
Heilwerlh dieses Mittels liegt jedenfalls
zum großen Theil in dem Farbstoff,
der ja eine außerordentliche Färbekraft
hat uud in die feinsten;Lückcn z. B. des
Zahnschmelzes eindringt. Zellen, die
krankhaft verändert sind, oder pflanz
liche Schmarotzer, die diesen Farbstoss
ausnehmen, werden zugleich dadurch
zerstört und unschädlich gemacht.
Feine Rache.
Der belgische Gras d'Osmond weilte
im Jahre 1849 in Dresden, wo er im
Hotel de Saxe wohnte. Unter seinem
Zimmer mußte ein eifriger Musillieb
chaber wohnen, denn es wurde fast den
.ganzen Tag gespielt, und zwar so stark,
daß ihm ost der Kopf brummte. Das
genirte schließlich den Grafen doch und
er miethete sich daher, da er selbst ein
ausgezeichneter Klavierspieler war,
ebensalls ein Instrument und spielte
hie und da, um wenigstens nicht immer
das Spiel des unter ihm Wohnenden
zu hören. Ta trat eines Tages der
Kellner bei ihm cin und meldete, der
Herr, welcher seine Wohnung unter
halb der des Grasen habe, lasse diesen
bitten, nicht mehr zu spielen, weil ihn
sein Spiel geniere. „Mit welchem
Rechte?" ries der Graf. „Ich höre ja
doch auch des Herrn Spiel und dachte
bisher nicht daran, mich darüber zu be
klagen." „Nun ja," erwiderte der
Kellner, „Sie spielen eben zu Ihrem
Vergnügen, der Herr unter Ihnen
jedoch arbeitet. Es ist nämlich der
gefeierte Komponist Giacomo Meyer
beer." „Ah, das ist etwas An
deres," versetzte der Graf, und fein In
strument schließend, lauschte er von nun
an mit Ausmerksamkeit dem Spiele
MeyerbeerS, der damals gerade an dem
.„Propheten", einer seiner berühmte
sten Opern, componirte. Einige Zeil
daraus war Graf d'Osmond zu einer
Gesellschaft geladen, zu welcher auch
Meyerbeer kam. Im Laufe des Abends
bat die Herrin des Hauses den großen
Künstler, doch etwas zu spielen. Meyer
beer wollte lange nicht, und dann, als
er endlich nachgab, war sein Vortrag
nur kurz. Ter Graf d'Osmond wurde
daher ersucht, den musikalischen Genuß
zu vervollständigen. Er setzte sich an's
Klavier und spielte, einer plötzlichen
Hingebung folgend, den berühmten
.Prophetenmarsch", wie er ihn von der
ersten zur zweiten Etage gehört und in
sich aufgenommen hatte. Meyerbeer
war entsetzt, starr und stumm darüber,
daß seine neuesten musikalischen Gedan
ken schon bekannt seien, und erlangte
erst dann seine Fassung wieder, als ihm
der Graf das Räthsel löste. Von da
an aber hat sein Wahrspruch beim
Componiren „Pianissimo" gelautet.
Fürste n l a u n en. Bekannt
ist die Thorheit des scrxeS, der den
Hellespont mit Ruthen peitschen ließ,
weil die wilden Wogen desselben seine
Brücken zerstört hatten: in ähnlicher
Weise hatte einst sein Vorgänger Cy
rus den Fluß Gyndes abgraben lassen
zur Strafe dafür, daß fein Streitroß
darin ertrunken war. Toch auch in
späterer Zeit gab es Fürsten, welche
eine ebenso thörichte Sinnesart an den
Tag legten so Karl VI. von Frank
reich. welcher sich auf einem Masken
bälle im Palaste der verwittweten Kö
nigin Johanna vergnügte, als plötzlich
Feuer ausbrach und die im besten
Tanzen begriffenen Gäste ihr Heil in
der Flucht zu suchen veranlaßte. Er
grimmt über diesen unglücklichen Zu
sall, der „ihn nicht nur in seinem
Vergnügen gestört, sondern auch ihn,
den mächtigen König von Frankreich,
zu fliehen gezwungen habe," befahl
der Konig, den ganzen Palast nieder
zureißen und dem Erdboden gleich zu
«ackien.
»nrivoravend ve« Bttrgerkktegt».
Als Abraham Lincoln am 23. Fe
bruar 1861 in Washington anlangte,
war seine Stellung wohl die schwierigste,
die sich denken läßt. Wenn er das Ver
traue» der Führer seiner Partei be
sessen hätte, so wäre seine Ausgabe ihm
bedeutend leichter geworden, aber es
ist Thatsache, daß nur wenige Repu
blikaner glaubten, Lincoln besäße die
Fähigkeit, die ihm anvertraute Stel
lung auszufüllen. Ich könnte cin
Dutzend Männer von nationaler
Bedeutung nennen, deren offen zur
Schau getragenes Mißtrauen den neu
erwählten Präsidenten nicht nur in
ernstliche Verlegenheit setzte, sondern
tief schmerzte und demüthigte. Diese
Leute fühlten, daß der unrichtige
Mann zum Präsidenten gewählt wor
den war. nnd nur die Bescheidenheit
verbot Einzelnen, den zu nennen,
den die Nation mit dem hohen Amt
hätte betrauen sollen.
Lincoln fand eine Partei ohne cin
politisches Programm: an Stelle von
einheitlichem, harmonischemZusammcn
wirken herrschte die surchtbarste Verwir
rung, die bittersten Gegensätze spalteten
die Republikaner und selbst in seinem
Kabinet sand der Präsident weder Ver
trauen noch Unterstützung. Kaum zwei
Mitglieder waren derselben Meinung.
Seward machte die Idee lächerlich, daß
ein ernsthafter, andauernder Krieg
möglich fei, uud wiederholte "unablässig,
der Conflict könne höchstens 60 Tage
dauern; khafe verfocht friedliche Lö
sung und ließ keine Gelegenheit vor
übergehen, uni dem Präsidenten seine
Ansichten in dringlichster Weise ausein
anderzusetzen; Wellcs, Smith, Bates
nnd Blair hatten keine Ahnung, wie
ernsthast die Lage war. und versolgten
ihre eigenen Pläne und nur kameron,
dessen praktische Lebensweisheit ihm
immer zur Scite stand, ließ sich durch
keine sentimentalen Ideen irre führen
uud erkannte, daß der Krieg unver
meidlich war.
Lincoln war außer Stande, ein Pro
gramm zn formulircn, anßer daß er es
wiederholt in Gemeinplätzen sür seine
Pflicht erklärte, die Unverletzlichkeit der
Union aufrecht zu erhalten. Er mußte
zuseheu, wie die Südstaaten sich der
Bundcsbcfestigungen bemächtigten, die
Zeughäuser ihres Inhalts beraubten,
sich von der Union lostrennten nnd zum
Krieae vorbereiteten. Angesichts aller
dieser Thatsachen war es ihm unmög
lich, einen einzigen Schritt zu thun, der
die Union für die Vertheidigung ihres
eigenen Lebens vorbereitet haben würde.
Washington war mit Stellenjügern an
gesüllt und die einzige Beschäftigung
der Staatsmänner und Politiker bestand
darin, den Präsidenten Tag und Nacht
um Aemier für ihre Schutzbefohlenen
zu quälen. Ich werde nie den Aus
druck der tiesen Niedergeschlagenheit
vergessen, der über Lincolns an sich so
wehmüthig blickendem Antlitz lag, als
ich ihn eines TageS in seinem Bureau
aufsuchte und er über die herzlosen
Beutepolitiker sprach, die mit vollstän
diger Gleichgiltigkeit die schweren, das
Baicrland bedrohende» Gefahren unbe
achtet ließen.
Er äußerte damals: „Ich komme mir
vor, als ob ich in einem Palast säße
und Zimincr unter eine Masse Gäste
verlheilte, während das Gebäude in
Flammen steht und in kurzer Zeit aller
Wahrscheinlichkeit nach in Schutt und
Asche verwandelt sein wird."
Wohin sich Lincoln auch wenden
mochte, kein Sonnenstrahl erhellte deu
mit gewitterschweren Wollen bedeckten
Himmel. Im Senat sand er nur 29
Republikaner, 32 Demokraten und
einen bitterlich opponirenden „Ameri
kaner". Vier den Südstaaten gehö
rende leere Sitze wurden nie gefüllt.
Nur durch den wahnsinnigen Entschluß
der Südstaatcn, sich loszureißen und
ihre Vertreter aus dem Kongreß zurück
zuziehen, erhielten die Republikaner die
Majorität. Und als Lincoln mit prü
scndeni Auge die Armee musterte, war
er vollständig niedergeschmettert, als er
sah, wie viele der Führer, welche ge
schworen, die Union zu erhalten, sich
auf die Seite des Südens geschlagen
hatten. Wer ein lehrreiches, wenn auch
schmerzliches Beispiel dafür sehen will,
wie schnell die glänzenden Sterne der
Führer erbleichten, auf welche sich das
Volk beim Ausbruch des Krieges ver
ließ, der schlage Greelcy'S
Loalliot" aus. Ter erste Band dieses
Werkes, der geschrieben wurde, ehe die
Feindseligkeiten begonnen, enthüllt eine
Parteigruppe mit der Unterschrift.-
„Generale der Unionsarmee".
Wir finden hier Scott, umringt von
Fremont, Butler, McTowell, Wool
halleck, Mcklellan, Burnside. Huntcr,
Hooker, Buell und Anderson. Tas
waren die Männer, denen Lincoln und
das Volk damals vertrauten. Ter
zweite Band desselben Werkes, der nach
Schluß des Krieges veröffentlicht wurde,
enthält ein ähnliches Gruppenbild.
Hier sinden wir in Grant
und ihn umgeben Sherman, Sheridan,
Thomas. Meadt, Hancock, Blair,
Howard, Terry, Curtis, Banls und
Minore. Tie Führer, welche die
Union auf dem Schlachtfelde retteten,
waren erst im Kriege und durch den
Krieg geschaffen worden, während die
Generäle, aus welche sich der Präsident
bei Ausbruch der Feindseligkeiten ver
lassen mußte, einer nach dem andern
in die Vergessenheit versanken.
Nichts kann die damalige» Zustände
und die Ohnmacht der Regierung, sich
gegen die Angrifft der Conföderirten zu
lchützen, besser illustriren, als die Wie
dergabe einer Umerredung zwischen dem
Präsidenten, General Scott. Gouver
neur Curtin und mir unmittelbar nach
der Uebergabt von Fort Sumter. Tie
selbe war am Sonnabend, den drei
jehnten April 1861, ersolgt und da
"»tnnivlvaniti, der den Südländern Zw
meisten exponirte Grenzstaat war, berief
Präsident Lincoln telegraphisch Gou>
verneur Curtin und mich, den Vorsitzen
de» des SenatsauSschusies sür Militär
angelegen heiie», zu einer Confercnz
»ach Washington, um über die von
Pen'Nylvanien einzunehmende Haltung
zu berathen. Am sollenden Montag
fanden Gouverneur Curtin und ich uns
im Weißen Hause ein.
Ich war noch nie mit General Scott
zusammengetroffen, aber die Schilde
rungen seiner Ersolge hatten mich als
Knabe mit Enthusiasmus ersüllt. denn
er war Generalmajor, ehe ich geboren
wurde; seine Thaten im mexikanischen
Krieg hatten meine Verehrung für ihn
nur erhvht, und wie alle Amerikaner
hielt ich Winfield Scott für dcn größten
Heerführer feiner Zeit. Ich glaubte,
er müsse in allen militärischen Ange
legenheiten unfehlbar sein und kam ihm
mit einer Verehrung entgegen, wie ich
sie snr wenige andere Sterbliche gefühlt
habe.
kurtin und ich warteten in dem Em>
pfangszimmer, bis die Sitzung des Ka
binets beendet war. Wir saßen an
einem Fenster, als die hohe Gestalt
General Seott's eintrat. Er wurde
von Curtin herzlich begrüßt, der mich
ihm vorstellte. Scott war damals
schon fchr leidend, konnte kein Pferd
besteigen und langes Stehen war sehr
schmerzhast sür ihn, trotzdem weigerte
er sich standhaft, einen unserer Stühle
zu bcnütze», weil nicht drei leere Sitze
vorhanden waren.
Wir boten das lächerliche Schauspiel,
daß wir 3j Stunden lang standen, weil
nur zwei Stühle vorhanden waren, ob
gleich einer von uns schwach und trank
war, und ohne Zweifel entsetzliche
Schmerzen ausstand. Taß letzteres der
Fall war, konnte der alte General trotz
aller Anstrengungen nicht verberge»,
aber er war zu würdevoll, um sich auch
nur gegen die Wand zu lehnen oder
auf eine Stuhllehne zu stützen.
Nachdem wir zum Präsidenten gern
fen worden waren, waren die Schritte,
welche Pennsylvania einschlagen sollte,
bald berathen und ich veranlaßte Gene
ral Scott, sich über die Situation aus
zusprechen, besonders darüber, ob er
Washington gegen einen möglichen An
griff Beauregard's vertheidigen könne.
Tie erste Aniwort war außerordentlich
beruhigend, wenn man bedenkt, daß sie
von einem Mann gegeben wnrde, der
vor mir als die höchste Antorität in
militärischen Frage» betrachtet wurde.
Ich sragte, ob die Hauptstadt i» Gefahr
sei? „Nein." erwiderte General Scott,
„die Hauptstadt ist nicht in Gefahr, die
Hauptstadt ist nicht in Gefahr." Ta
ich wußte, daß General Scott nur über
geringe Streitkräfte verfügen konnte,
daß Beauregard mit einer starken Ar
mee in Charleston stand und die«? in
wenige» Tagen nach Washington trans
portiren konnte, so stiegen einige Zwei
fel in mir auf, ob der mir gegenüber
sitzende alte Mann wirklich der Lage
gewachsen war. Ich fragte ihn daher,
wie viel Mann zur Vertheidigung
Washington's disponibel seien: „Fünf
zehnhundert Mann und zwei Batte
rien."
Meine nächste Frage war, ob Wash
ington sich in vertheidigungsfähigem
Zustande befinde. Ein Schatten flog
über das Antlip des Veteranen, als er
erwiderte: „Nein, Washington befindet
sich nicht in vertheidigungssähigem Zu
stand." Tann schien er es sür nöthig
zu halten, seinen Behauptungen betreffs
der Sicherheit der Hauptstadt einigen
Nachdruck zu geben, und er zeigte nach
dem durch das Fenster sichtbaren Poto
mac: „Sehen Sie jenes Schiff? Das
ist eine Kriezsschaluppe, eine Kriegs
schaluppe." Ich sah das Fahrzeug
und kounte mich des Gedankens nicht
erwehren, daß ein oder zwei auf dcn
Arlington Heights aufgestellte Batterien
die Kriegsschaluppe in einer halben
Stunde vernichten könnte».
Ta Johnson, kooper und mehrere
andere tüchtige Officicre erst wenige
Tage vorher in die Reihen der kon
föderirten Armee getreten waren,
fragte ich den General, wer die Trup
pen in Washington commandire. Er
gab mir ihre Namen und innerhalb
drei Tagen hatten zwei von ihnen den
Abschied genommen und befanden sich
aus dem Wege nach Richmond. Ehe ich
das Weiße Haus an jenem Morgen
verließ, waren meine Zweisel erheblich
gestiegen »nd einer meiner Abgötter
lag in Scherben. Ich konnte mich der
Ueberzeugung nicht erwehren, daß
General Scott vollständig unbrauchbar
geworden war, daß er kein annähren
deS Berständuiß sür dcn uns bevor
stehende» Kamps hatte und daß er ver
trauensvoll in Washington saß, wäh
rend jeder andere Lssicier von durch
schnittlicher Intelligenz wußte, daß
Beauregard die Hauptstadt innerhalb
einer Woche einnehmen konnte.
Meine Sorgen überwanden mein
Mitleid und ich fragte dcn General
weiter, wievicl Mann Beauregard in
Charlcston habe. Scott senkte den
Kopf auf die Brust und cin To» dcr
Verzweiflung klang durch sciucStimme,
als er a»twortete: „General Beaure
gard commandirt mehr Leute in kharle
fton, als ich auf dem ganzen Kontinent
östlich der Jndianergrenze habe." Auf
meine Frage, wie viel Zeit Beauregard
brauchen würde, um feine Armee nach
Washington zu tranSportiren, war die
Antwort: „Trei oder vier Tage."
Tann wiederholte ich die Frage.
„Herr General, ist Washington nicht
in großer Gesahr?" Ter alie Krieger
richtete sich in seinem Stuhl auf und
erwiderte mit wahrhaft niederschmet
ternder Energie: „Nein, die Hauptstadt
kann nicht genommen werden!" Präsi
dent Lincoln hatte der ganzen Unterre
dung aufmerksam zugehört, ohne ein
Wort zu sagen. Er blickte unverwandt
auf General Scott und spielte mit sei
ner Brille. Als der General die ent
schiedene Antwort gab. die Hauptstadt
könne ikicht genommen werben, sagt
Lincoln in der ihm eigenthümlichen
Weise: „Es scheint mir Herr General.
daß tch Walhington nehmen würde,
wenn ich General Beauregard wäre."
Nochmals richtete sich der Veteran wie
elektrisirt auf und rief: „Herr Präsi
dent, die Hauptstadt kann nicht genom
men werden, sie kann nicht genommen
werden!"
Nach dieser Unterredung war nur cin
Schluß möglich, daß nämlich der Höchst
kommanbirendc der Bundesarm-ee, der
Held zweier blutiger Kriege, der größte
Heerführer seiner Zeil, feiner zweiten
Kindheit nahe und vollständig unfähig
war, in dem bevorstehenden Konfliki
eine Rolle zu spielen. Es ist bekannt,
daß die Ereignisse diese Ansicht nur zu
bald bestätigten.
Derart lagen die Verhältnisse, als
der Krieg begann. An der Spitze der
Armee stand ein Mann, dessen einstige
Fähigkeiten das unerbittliche Alter zer
stört hatte und wir waren gezwungen,
Wochen und Monate und selbst Jahr«
hindurch im Tunkeln zu tappen, bis sich
neue Führer herausgebildet halten, die
unsere Armee zum Siege führen konn
ten. Es muß auch in Acht genommen
werden, daß die öffentliche Meinung
damals nicht da» geringste Verständniß
für die Opfer hatte, welche cin Krieg
forderte. Ter Tod eines einzigen
Soldaten, des Obersten Ellsworth in
Alerandria, hüllte das ganze Land in
Trauer und der verhältnißmäßig ge
ringe Verlust bei Big Bethel und Ball's
Bluff erschütterte das Volk von Maine
bis Kalifornien. Kein Mensch hatte
einen Begriff von den Opsern an Men
schenleben, die ein blutiger Krieg for
derte.
Im December 1361 traf ich die Ge
neräle Burnside und Heintzelmann und
einige andere Offiziere der Potoipac-
Armee in Willards Hotel. TaS Wet
ter war ausnahmsweise schön gewesen,
die Wege waren in vorzüglichein Zu
stande und allgemeine Ungeduld über
McClellans Zaudern, auf Manassas
und Richmond zu marschiren, machte
sich bemerkbar. Auch meiner hatte sich
diese Ungeduld bemächtigt und ich
fragte General Burnside, weshalb die
Armee nicht marschire. Er erklärte, es
würde für McClellans Armee schwierig
sein, Manassas zu erobern, nach Rich
mond zu marschiren und die Hauptstadt
der Südstaatcn zu nehmen, und setzte
hinzu, als ob dies der entscheidende
Grund sei: „Es würde 10,000 Mann
kosten." Ich war von einem solchen
Opfer derart überwältigt, daß ich über
zeugt stille schwieg. Zehnmal zehn
tausend Mann und mehr fielen in den
Schlachten zwischen dem Potomac und
Richmond, ehe die consöderirte Flagge
auf dem Kapital in Richmond gestri
chen wurde, aber im Herbst 1861 wurde
der mögliche Verlust von 10,090
Mann als Preis für den Besitz der
Hauptstadt des Südens als zu unge
heuerlich betrachtet, um auch nur be
rücksichtigt zu werden. Wir waren
eben nicht nur für den Krieg nicht vor
bereitet, sondern wir waren auch gänz
lich unvorbereitet für die Opfer und
Schrecken, welche er im Gefolge
hatte.
In einem Elberfelder
Blatt war kürzlich folgende Anzeige
enthalten: „Packer gesucht, der Lust
und Neigung besitzt, zugleich als Ge
schäftsreisender sich auszubilden. Kauf
männisch Gebildete erhalten den Vor
zug. Offerten unter 317 besorgt
die Erpedition, Elberfeld, Burgftraße
7." Tie Firma bekam unter anderen
folgende Offerte: „Elberfeld, 11. Aug.
1892. p. Zur Besepung der in
Ihrem Hause vakanten Packerstclle, ge
statte ich mir, Ihnen hierdurch meine
Dienste ganz ergebenst anzubieten. Die
einfache nnd doppelte, sowie auch die
amerikanische und italienische Buchfüh
rung beherrsche ich Persekt, bin ferner,
der Gabelsbergerschen und Stolzeschen
Stenographie, sowohl in Korrespon
denz- wie Debatten-Schrift mächtig und
habe auch ferner eine tüchtige Ausbil
dung auf der Remington- und Ham
mond - Schncllschrcibmaschine genossen.
Außer dem Berechtigungsschein zum
einjährig-freiwilligen Dienste, ans den
hin ich nach Absolvirung meines Tienst
jahres von den Bonner Königs-Husaren
als Vice-Wachtmeister entlassen wurde,
besitze ich noch ein ausgezeichnetes Zeug
niß einer Handelsschule in England,
s-ämmtlichcr modernen Sprachen bin
ich in Wort und Schrift mächtig und
habe anch noch gute Vorlenntniffe des
Chinesischen, Matayischen und des
Sanskrit. Ferner habe ich mich viel
mit Maschinentechnik befaßt, kann gut
mit Pferden umgehen uud bin auch
in der Gärtnerei ziemlich bewandert.
In meinen Mußestunden würde ich
auch gern das Haarschneiden der Kin
der und die amerikanische und hiiiter
indische Korrespondenz übernehmen und
möglichst auch noch Kinder und Hunde
spazieren führen. Obgleich ich meh
rere Jahre Frankreich, Spanien. Eng
land, Rußland, Skandinavien und die
Balkanstaaten mit Ersolg bereiste, habe
ich doch noch Neigung, mich zum Ee
schästSreiscnden auszubilden, und
glaube ich besonders für den Hau
sirerposten mit Wichse und Zündhöl
zern Ihnen die passendste Krast zu
lein. Meine doch jedenfalls bescheide
nen Salair-Ansprüche betragen -55 M.
pro Mbnat. Indem ich noch bemerke,
daß ich von angenehmen Aeußern und
>u Allem fähig bin, sehe ich Ihren an
genehmen Nachrichten gern mit d.m
größten Vergnügen entgegen und zeichne
mit vorzüglicher Hochachtung "
(Folgt die Unterschrift.)
Er läßt sie nicht sitzen.
Rempcl: „Na. Sie scheinen auch früher
ein leichter Bruder gewesen zu sein!"
Krempel: „Das will ich nicht bestreiten,
gestehe sogar, daß ich zu gleicher Zeil
vier Licdschasten hatte." Rempel:
„Die Sie natürlich Alle sitzen ließen."
Krempel: „Ganz im Gegentheil!
Die Erste ließ ich gleich wieder schwim
men, die Zweite bald darauf fahren,
die Dritte laufen und die Viert« schie
ben, sitzen aber ließ ichktintl"
«u» der Zeit vor EolnmbuS.
Schon lange vor Kolumbus wurde
Amerika bekanntlich von Europäern,
namentlich von Germanen besucht.
Ueber die nordischen Länder und Inseln
Shetland, Faröer, Island und Grön
land ging die Fahrt nach den östlichen
Gestaden Nordamerikas. Früher war
es im Norden noch wärmer, die Küsten
boten noch eine reiche Vegetation, woher
ja auch Grönland (gleich Grünland)
seinen Namen hat. Ueber diese Bezie
hungen Europas mit Amerika vor der
welthistorischen Fahrt des Kolumbus,
hat der Präsident der Pariser „Gesell
schaft für Handelsgeographie", Herr
Napoleon Ney, eingehende Forschungen
angestellt; das Ergebniß derselben wird
er in einem Buche veröffentlichen, aus
dessen Inhalt er vorläufig dem „Malin"
Einiges mitgetheilt hat. Daß die nor
dischen Seefahrer Amerika kannten,
geht insbesondere aus den isländischen
„SsSss" hervor, dafür sprechen aber
auch archäologische Funde'in Norwegen,
Dänemark, Island, Grönland und in
Amerika selbst. Schon vom Jahre
1000 unserer Zeitrechnung an besuchten
die Normanen „Viul-tocl", d. i. Wein
land, die Küste von Massachusetts bis
zum Kap kod und sogar darüber hin
aus bis nach Florida.
Ebenso sicher ist. daß die Norman
nischen Schiffer an der ganzen Westküste
Grönlands Faktoreien und Kolonien
gründeten; diese bildeten zusammen
ein Bisthum, von dem eine Liste der
Bischöse bis zum Jahre 1537 vorhan
den ist. Einige normannische Schiffe
sind sogar bis Brasilien hina'ogcsahren,
doch scheint das dortige Klima von wei
teren Unternehmungen abgehalten zu
haben. Man weiß auch, daß ein Ka
pitän der Handelsflotte von Tieppe an
der Küste Südamerikas landete und
dort die Ruinen einer Stadt entdeckte,
die angeblich von Skandinaviern er
baut worden ist. Tie Tocumente die
ser Expedition sind im Jahre 169-t mit
dem Archive von Tieppe verbrannt.
Dagegen besitzt das „Smithsonian In
stitute" in Washington eine reiche
Sammlung von Tocumente» des vor
columbischc» Amcrika. Hcrr Ney hat
ein gemauertes Grab gesehen, das am
Ende des vorigen Jahrhunderts bei
Boston gefunden wurde. Es enthielt
ein Skelett und einen eiserne» Schwert
griff. Tas Skelett war das eines
Mannes weißer Rasse; der Schwert
griff stammte aus Europa und gehörte
der Zeit vor dem 15. Jahrhundert an.
Herr Ney hat auch die Inschrift von
Tigston Writing Rock gesehen: sie
zeigt Worte in Rnnenschnst und Zeich
nungen, die sich auf die Abenteuer der
Skandinavier iin Weinland beziehen.
Tie Inschrift besagt, in's Deutsche
übertragen: „Hundert ein und dreißig
Männer des Nordens haben mit Thorn
finn dieses Land besetzt." Noch wichti
ger ist die Inschrift „Arrow - Head"
(Pfeilspitze), die am Ufer des Potomac
gefunden wurde. Es war der Grab
stein der Frau eines normannischen
Häuptlings, die durch einen Pseil ge
tödtet wurde. Die Jnschrist, ebensalls
in Runen, besagt: „Hier ruht Syasi,
die Blonde aus West-Island, Wittwe
Koldr's, Schwester Thorgr's, von Sei
ten des Vaters, alt 25 Jahre. Gott
sei ihr gnädig. 1051." In dem
Grabe fand man drei Zähne, ein
Knochcnstück, das in Staub zerfiel, ver
schiedene Schmucksachen in Bronze und
zwei Münzen des oströmischen Kaiser
reichs. Die letzteren können nicht auf
fallen, denn cs ist Thatsache, daß viele
Normänner, Däne», Schweden und
Norweger in Konstantinopel und na
mentlich in der kaiserlichen Garde dien
ten.
Merkwürdiger Weife hat man im
Jahre 1863 in Island, bti der Kirche
von Skalholt, ein lateinisches Manu
skript aus dem Jahre 1117 gesunden,
das unter dem Namen der Skalholk-
Saga den Gelehrten bekanntwurde; es
erzählt eben d.'n Tod der Syasi und
beschreibt ganz genau den Ort, im
Weinland, wo ihr Grab sich befindet.
Es kann also kein Zweifel darüber
sein, daß Amerika den seefahrenden
Völkern des europäischen Nordens be
kannt war. Diese Kenntniß scheint sich
allerdings nicht weit nach Süden ver
breitet und sich allmälig sehr verflüch
tigt zu haben.
Ein kleines MiftverstSndntk«
Herr (zu feinem neuen Diener):
„Franz. ich pflege mein Wein- und
Kigarrcnspind nicht zu verschließen; ich
hoffe also, daß, wenn Sie ein Gelüste
bekommen, Sic dasselbe bekämpfen wie
ein Mann!"
Herr: „Aber Franz! Was muß ich
>ehen?"
Diener: „Ja, Htrr, ich habe ge
kämpft wie ein Mann, und bin doch
nicht ganz damit fertig geworden."
DesMensch»» Selbstbetrach
tung fllhit selten zur Stldstverachiung.
Ei« Prtn» als Lebensretter.
Der Herzog und die Herzogin von
Edinburgh haben mit ihrer Familie
rinen kurzen Sommerausenthalt im
sonnigen Tevonshire genommen, der
dem Prinzen Gelegenheit gab, seiner
Schwester das Leben zu retten. An
läßlich einer Landpartie hatte man sich
am Ufer des oberhalb einer Mühle hoch
aufgestauten Flüßchens Tary gelagert.
Prinzessin Marie wollte einige aus dem
jenseitigen User entdeckte Vergißmein
nicht pflücken, und in der Hast, allen
Anderen zuvorzukommen, lief sie über
einen schwankenden, geländerlosen
Steg, der dort von den Bauersleuten
zur Ueberschreitung des Flusses benützt
wird. Sie kam glücklich bis in die
Mitte der primitiven Brücke; dort glitt
sie aus und fiel mit einem lauten Auf
schrei in das Wasser, das über ihr zu
sammenschlug. Prinz Alfred sprang
im selben Augenblick nach und kam ge
rade zurecht, seine austauchende Schwe
ster mit starkem Arm zu erfassen und
an das andere Ufer zn bringen, wo er
sie in das Haus des Müllers trug.
Oie Prinzessin erholte sich rasch von
ihrem Schrecken und ihrem unfreiwilli
gen Bad. Es handelte sich aber um
trockene Kleider und Wäsche für sie und
ihren Retter, und da mußte die Garde
' robe der erwachsenen Kinder des Mül-
lers aushelfen. Prinz Alfred kam als
fixer Müllerbursche und Prinzessin
Marie in einem schlichten, aber hübschen
Kattunkleide der Müllerstochter zu ihren
Eltern zurück. Ter Zwischenfall störte
den Verlaus der Landpartie nicht wei
ter, im Gegentheil, er erhöhte die fröh
liche Stimmung. Erst spät am Abend
kehrte man heim und am nächsten Mor
gen ließ es Prinzessin Marie ihr Erstes
sein, in dem besten Modewaarenlager
von Plymoulh Einkäufe zu machen, die
der Müllerstochter zu einer Toilette
verhalfen, wie sie sich nur immer wün
schen konnte Kleid, Mantel, Hut.
Sonnenschirm, Handschuhe, Alles war
dabei. Der Müllerssohn erhielt seinen
Anzng zurück, in dessen Rocktasche Prinz
Alsred cin silbernes Kigarren - Etui
„vergessen" hatte; das dauerndste und
beste Andenken an das Bad der Prin
zessin wird aber der seste, init Gelän
dern versehene BrUckensteg sein, den der
Herzog an Stellt des jetzt bestehenden
bauen läßt.
Die herrenlose Büste.
Ende 1855 entdeckte der Secretär des
jeromistischen Ausschusses bei einem
Antiquitätenhändler eine Büste des Kö
nigs Jerome. Er hielt es sür unwür
dig, dies Bildniß in einem staubigen
Laden zu lassen, und veranstaltete un
ter seinen Parteigenossen eine Samm
lung, um dasselbe dem Prinzen Je
rome anzubieten. 1800 Unterzeichner
lieferten die erforderliche Summe:
1200 Fr. Im Besitz der Büste, be
schlossen der Secretär und seine
Freunde, sie dem Prinzen in seiner
Wohnung in der Rue de PhalSbourg
persönlich unter Trompetengeschmetter
zn überreichen. Der Prinz, der nichts
so sehr haßte, wie lärmende Kundge
bungen, ließ den Herren sagen, er
werde das Geschenk nur dann in Em
pfang nehmen, wenn man cs ihm ohne
Geräusch überbringe. Die Geber, ein
wenig über diese Antwort verdutzt, war
teten ein paar Monate; darüber wurde
der Prinz aus Frankreich verwiesen.
Man mußte sich doch der Büste entledi
digen und wollte sie durch eine Depu
tation nach Prangins bringen lasse»,
wo Jerome bekanntlich in der Verban
nung lebte; aber sür diese Reise war
kein Geld aufzutreiben. Als die Prin
zessin Laetitia sich mit dem Herzog von
Aosta verinählte, ließ Jerome, der aller
lei sonderbare Einfälle hatte, die In
haber der Büste auffordern, sie feiner
Tochter zum Geschenk zu machen. Die
Herren weigerten sich. Seither ist der
Prinz gestorben, und die Büste hat
noch immer keinen Eigenthümer gefun
den.
DaS Glück.
Es zog des Wegs eine lärmende Schaar,
Die das Glück zu suchen gegangen war.
Ein Weib stand am Wege, verschleiert
und stumm:
Sie stürmten weiter und sah'n sich nich!
um!
Das Weib schlug lächelnd den Schleier
zurück;
Sie waren vorbei schon. Es war das
Glück.
Alb. Roderich.
Aufrichtig. Einem sehr
mittelmäßigen Schauspieler an einer
Sommerbühne waren zwei Benesize zu
gestanden. Beim ersten erschienen
etwa zehn Personen und zischten ihn
aus. Zum Schlug trat er vor und
sagte: „Meine Herrschaften, ich danle
Ihnen für Ihren Besuch. Wollen
Sie mich wieder auszischen, so bitte ich
nur. dag Sie in zehnfach größere?
Zahl kommen!"
Die Betonung. Zwei Vä
ter verabschiedeten zugleich ein jeder sei
nen Sohn. „Jakob," lagte der eine,
geh' in die Welt und handle; die Haup
tlache bleibt immer, daß Tu „recht"
handelst! Nä. Jakob, sagte der an
dere. geh' in die Welt, und handle, die
Hauptsache bleibt doch immer, daß Tr
recht „handelst!"
Fraucnalter. Bei der
Frau kann man drei verschiedene Alter
zu gleicher Zeit unterscheiden: das,
welches sie zu haben vorgibt, das. wel
ches sie zu haben scheint, und endlich
dasjenige, welches sie wirklich hat.
Doppelsinnig. Rath: .Ich
habe gehört, Sie hatten geheiratbet !"
Functionär: „Ja, ich nahm mir die
Freiheit!"
Trost. Und wär' eine alteJung
fer noch so alt. so wird sie doch sobald!
fit hcirathet, f,n« junge Frau.
Di« große »atzgetge.
Das ehemalige Bergstädtchen Alten
berg im Kreise Schönau in Schlesien ist
vor einiger Zeit durch eine Feuersbrunst
zerstört worden. Toch haben die Be
wohner einen kostbaren Schatz, ihre alte
khronik, glücklich aus den Flammen
gerettet. dieser khronik benndet
sich eine „gewisse und wahrhastige" Be
fchreibung von der „großen Baßgeige",
die Allenberg ehemals besessen. Tie
khronik schreibt: „Erstlich ist die bemel
dete Baßgeige vierhundert Ellen lang,
achtzig Ellep zwei und fünf Sechszchn
kel breit. Zum anderen sind sechs
tausend siebenhundert und sechsig Ztück
Pfosten dazu genommen worden, denn
zu dem Sattel find fünfhundert
und sieben und sechzig Stück gekom
men. Drittens haben hundert Gn
gcnmachcr, zweiundncunzig Tischler
und achtzig Zimmerleute ganze neun
Jahre darüber gearbeitet und dieses
Jahr erst fertig geworden.
Zum vierten sind zn denen Schrau
ben vier Schock große Eichenbäume
kommen. FünstenS sind zum Fie
delbogen acht Schock Lorbeerbäume
kommen. Zum sechsten sind von
zwanzigtausend Pferden die Schweife
oder Haare zum Fiedelbogen kom
men, und haben 200 Leine
weber an den Haaren 2 Jahre
lang kunstreich geknüpst. Zum sieben
ten sind zum Leime, damit die Gcige
festgemacht worden, von achtzigtausend
polnischen Ochsen die Hörner genom
men worden, und haben 200 Personen
3 Jahr darüber in großen Braupsan
nen gesotten, wobei 50 Personen
aus Unvorsichtigkeit in die Pfanne ge
fallen und todt geblieben sind.
Zum achten find zu den Schrauben be
stellet fünfhundert Mann mit mächtig
großen Instrumenten, wenn die Geige
fall gestimmt werden, und wo man
mit der Hand angreifet, da ist cin
schwer Gewicht, das man treten muß,
wie man wohl erachten kann, daß e
nicht zu greisen ist. Zum neunten
sind zu der allerkleiiisten Saite vier
tausend siebenhundert undachtuudsechzig
Därme von den edelsten und besten
Schasen genommen worden.
Zum zehnten, was aber die anderen
Saiten anbelangt, nachdem es eine
siebenfaitige Geige ist, so ist solches un
möglich zu beschreiben. Zum eisten
wird die benicldcte Baß-Geige dreimal
iin Jahre gegciget, als zu Ostern,
Pfingsten und Weihnachten, es
giebt von einem Feste zum andern den
Klang so lange, daß man nicht östers
geigen darf. Zum zwölften sind
sechshundertundachtzig Personen be
stellt, die nur den Fiedelbogen regie
ren. Zum dreizehnten, wenn der
Fiedelbogen soll geschmiert werden,
muß man allemal achthundert kcntner
Kolophonium haben und müssen auch
achtzig Perspnen von einem Feste zum
andern Tag und Nacht den Fiedelbogen
schmieren. Zum vierzehnten ist die
ses Jahr am Ostertage zum ersten Mal
gegeigt worden, da denn nur die aller
kleinste Saite abgesprungen, und hat
dennoch dreihnndertundachlzig Mann
erschlagen, ohne welche beschädigt wur
den.
Zum fünfzehnten, weil die große
Tiefe dieser Baßgeige nicht zu beschrei
ben, daß einer aus Borwitzigkeit sich
bemühet, auf diese Gcige zu klettern,
da er nun alles genau begucken wolle,
und durch ein Stcrnloch hineinschaute,
bekam er einen Strauche! oder Schwin
del, und fiel gar hinein : da er denn
zwei Tage gefallen, ehe er auf den Bo
den gekommen ist. woraus man leicht
errathen lann, was für eine Tiefe
es fein muß. Wie aber, und mit wo
für Kunst und Mühe derjenige wieder
herausgezogen worden, davon wirb mit
nächstem gründlichen Bericht ertheilt
werden, welchen man mit Verlangen
erwartet.
Zum sechzehnten, weil aber niemals
die abgesprungene Saite wieder ausge
zogen, und ordentlich gestimmt worden,
so haben Beiwesende einen Versuch ge
than und den Fiedelbogen hin und her
gezogen, da hat es einen solchen schar
ien Klang gegeben, daß ein Thurm,
fünfzig Klafter hoch, der eben nicht
weit davon gestanden, sich erschüttert
und eingefallen, jedoch keinen Menschen
als einen Esel erschlage». Es sind
aber von solchem starken Klange vier
hundert Personen um das Gehör ge
kommen. Weil nun ein solches
Wunderwerk niemals auf Erden ge
wesen, noch von Jemand gesehen,
und mit großer Arbeit zusammen
gebracht worden, nnd ein jeder,
welcher der Kunst- und Raritäten-
Liebhaber, kann sich nach dem Ort be
geben, solches Wunderwerk zu beschauen,
und er wird nicht nur allein sich damit
vergnügt befinden, sondern auch aller »
Orten, wo er hinkommt, in Erzählung
dieser wunderlichen Baßgeige lieb uni»
werth gehalten werden."
Das „Landeshuter Stadtblatt" be
hauptet nun zwar, daß diese „große
Baßgeige" bei dem Altenberger Brandt
glücklich gerettet sei, die Breslau» Zei
tung ersährt aber aus sicherer Quellt.
l>aß dieses höchst merkwürdige Streich
instrument leider ein Opfer der Fläm
inn geworden.
Bedenkliche Sparsam
keit. Der bekanntlich auf«rordentlich>
verschwenderische Alexander Dumas dir
Aeltere ließ sich einige Tage vor sei
nem Tode zu seinem febr sparsamen
Zohnc bringen und begrüßte densel
ben sofort mit den Worten: „JH
komme zu Dir. um in Deinen Armen
,u sterben." Kurz darauf rief er deir
Sohn wieder zu sich und jag« zu
ihm: „Siehst Tu. mein Sohn, die-
Welt nannte mich stets einen Ber
schweiler. und doch bin ich dies nicht;
den» kaum 18 Jahre alt lain ich nack>
Paris mit drei Louisdor in der Ta
ichc, und wie sparsam ich gewesen bin,
geht daraus hervor, daß ich noch jetzt
bei meinem Tobe einen übrig habe.-
Dabei zog er seinen schmalen Geld
bcuiel, der in der That noch ein eir>
samti Goldstück aufwies.