Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, September 16, 1892, Page 7, Image 7

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    »kutsch« Localnachricht«».
Provinz Ostpreußen.
Bei der Eolonistensrau A. in Bis
marck, deren Ehemann sich seit einigen
Monaten in Amerika besindet, ist ein
frecher Raubansall verübt worden. In
der Nacht wnrde die Fran durch Art-
Hiebe aus ihrem Schlafe ge,neckt. Vor
ihr stand ein Mann, welcher die
Herausgabe des Geldes forderte. Durch
das H>!fegefchrei der hartbedrängtcn
Frau wurde es in der Nachbarschaft
lebendig, und der Räuber sah sich zur
Flucht genöthigt. Es gdlang, aus dem
Bahnhof einen Mann dingfest zu ma
che». der in dem dringenden Verdacht
steht, den Raubanfall verübt zu haben.
Ter Frau A. sind mittelst der Art
schwere Wunden an Kops und Brust
beigebracht worden. Tie beiden Fi
scher Ginut und Michel au- Pokalna
fuhren Ende November v. I. über das
Haff, erreichten aber nicht ihr Ziel.
Ten Kahn fand man nach einiger Zeit,
die Leichen jedoch nicht, obgleich jedoch
lange nach ihnen gesucht wurde. Un
längst sind nun beide Leichen gefunden
worden. Ter Fang von Welsen
scheint in diesem Jahre in der Memel
und deren Mündungsarmen recht er
giebig zu sein. Wir sahen aus unse
rem Fischmarkt fünf dieser Fische, von
denen zwei das ansehnliche Gewicht von
»53, resp. 50 Psuud hatten. Ter Erlös
betrug 35 Pf. pro Psuud.
Provinz West Preußen.
In Danzig hat sich der Fleifchcrmei
fter Alexander Kiefel ertränkt. Im
Herrenbade zu Zoppot ertrank der zehn
jährige Sohn des Fabrikbesitzers Patzig.
Großiohn des alten Naturforscher und
Archäologen in weitesten Kreisen be
kannten Sanitätsrathes Dr. Oehlfchlä
ger.
Provinz Pommern.
Bei der Rückfahrt nach Stettin wurde
der Rentier Linse, der dem Sommerfest
der Fleischerinnung beigewohnt hatte,
vom Schlage getroffen. L. verstarb,
nachdem man ihn in seine Wohnung
geschafft hatte. Wie schnell der
Steckelbera bei Eoserow, trotz der kolos
salen Befestigungsanlagen am Fuße
desselben, abgespült wird, mag daraus
hervorgehen, dag die Baake, die im
Jahre 1871 schon zum zweiten Aale
seit ihrer Errichtung zurückgesetzt wer
den musjte, damals noch 30 Fug Vor
land hatte, welches in den letzten zwan
zig Jahre» vollständig verschwunden
ist. Ter bisherige Stadtsecretär Ro
bert Boy in Naugard wurde wegen
Vergehens im Amte zu sechs Monaten
Gesängnitz veri'rtheilk. Beerciifu
chende Kinder sanden im Varbelower
Wald, an einer Buche hängend, die
Leiche des Barbiers Unmasch.- Aus
dem Hofe des Gutsbesitzers Tarftm in
Pröffin brach Feuer aus. Sämmt
liche Wirthschaftsgegenstände und Fut
tervorräthe wurden einßaub der Flam
men! nur das Wohnhaus ist stehen ge
blichen. LI Kühe sind mitverbrannt.
Brun Schwurgericht in Stargard
wurde der Gefängnißinspertor Fried
rich Wilhelm zu fünf Jahren Zucht
haus verurtheilt. Ter Vtrmtheilte
wird beschuldigt, in 111 Fällen 33,i)00
Mark amtliche Gelder uuterfchlageu zu
haben.
Provinz Schleswig-Holstein.
Dnrch Ertrinken beim Baden im
Burgsce hinter der Kaserne Gottorp
verunglückte Fritz Schneider, ein Sohn
des Kreisboten. Sein 25jährigcs
Jubiläum feierte in Altona Emil Krü
ger (im Bolksmunde der „Adrcßbuch
mann" genannt) und damit zugleich
den Zag, an welchem er das 25. Alto
naer Adreßbuch fertigstellte. Zur
Erbauung eines Stifts für alte und
bedürftige Bürger dahier hat ein älterer
Bürger, Ehrift. Jörgensen in Apen
rade, der Stadt lu,ooo Mk. geschenkt.
Aus der Altonaer Bäckerei-Ausstel
lung hat die Genossenfchastsmeierei in
Elmshorn die silberne Medaille erhal
ten. E. Overbeck in Kiel seierte
kürzlich sei» 50jährigcs Schuhmacher
meister-Jubiläum. In dem Häker'--
schen Gerberei-Gebäude in Tondern
brach Feuer ans. Der Besitzer ist we
gen Verdachts der Brandstiftung in
Untersuchungshaft abgeführt worden.
Provinz Schlesien.
In Breslau hat sich in aller Stille
«ine „Genossenschaft zur Herstellung
und Verkauf von Waare» anf gemein
same Rechnung" gebildet. Dieselbe
nennt sich „Solidarität" nnd ist social
demokratischen Ursprunges. Wegen
Wechselfätschung wird der flüchtige
Kaufmann Philipp Krauß von Bres
lau steckbrieflich verfolgt. Drei Kna
ben des TöpferS Gerlach in Bunzlau
badeten in einer seichten Stelle im Bo
den, als plötzlich der Jüngst? der Brü
der im Sande versank und nicht mehr
zum Vorschein kam. Tie Staats
anwaltschaft ordnete die Verhaftung
des FifcherS Böhme an, der in seiner
Eigenschaft als Por'itzcnder der Gör
litzer Wafscrwehr sich verschiedener Un
terschlagungen ihm anvertrauter Gelder
schuldig gemacht haben soll. Der
nach einem Diebstahl von 230 Mk.
flüchtig gewordene Privatschreiber Vol
telt in Laubau ist in Fellhammer vcr
hastet worden. Man fand bei ihm noch
etwa 85 Mk. Der Kaiserpreis, den
Hotelier Karl Vater in Liegnitz auf
dem mitteldeutschen Bundesschießen in
WeißenfclS errang, traf ein nnd erregt
durch seinen Kunst- und Materialwerth
allseitiges Erstaunen. Der Werth die
ser Zentimeter hohen Eredenz-Kanne
beträgt 1500 Mark. In Neisse wur
den dem Weichensteller Müller beide
Beine abgefahren. Kaum in s Kran
kenhaus überführt, starb er in Folge
der Verletzungen. Die Gewerbe- und
Industrie-Ausstellung in Schweidnitz
umsaßt in 14 Gruppen nahezu 800
Aussteller. Besondere Anziehungskraft
übt allabendlich die Anwendung des
elektrischen Scheinwerfers, dessen Leucht
kraft allgemeines Aussehen erregt.
In Königsjtlt herrschen seit Woche»
wieder Kinderkrankheiten derart, daß
täglich an 100 Schulkinder fehlen.
Provinz Posen.
75,000 Sachsengänger sollen in die
sem Jahre ihre Hcimath in unserer
Provinz verlassen haben, um im König
reich und in der Provinz Sachsen in
Arbeit zu treten. Ein betrübender
Vorfall ereignete sich bei eineni Pofener
Infanterieregiment. Beim Zielen mit
Platzpatrone» wurde ein Feldwebel der
artig im Gesicht verletzt, daß sofortige
ärztliche Hilse in Anspruch genommen
werden mußte. Der Vorfchußvercin
in Fraustadt zählt nach dem neuesten,
soeben ausgegebenen Mitglicdervcrzcich
niß 860 Mitglieder. Dem Brauerei
besitzer Habeck i» Grätz ist aus der
Internationalen Weinmarkt- u. s. w.
Ausstellung zu Berlin für hervorra
gende Leistungen auf dem Gebiete der
Grätzcr Bierbrauerei die goldene Me
daille zuerkannt worden. In Schnei
demühl starb, infolge eines Herzschlags,
im Eisenbahnwagen die dort lebende
Wittwe des ehemaligen Punitzcr Bür
germeisters Stiller, als sie eben im Be
griff war, eine Reise nach Bromberg
anzutreten. In Schneidemühl neh
men die Waldbrände in beängstigender
Weise zu. Unlängst brach der dritte
größere innerhalb 4 Tagen aus. Der
Schaden hat an jedem Tage mehr als
10,000 AU. betragen.
Provinz Sachsen.
Tie Arbeiter-Kolonie in Magdeburg
wurde am 23. November 1888 eröff
net; am 10. Juli dieses Jahres hat der
1000. Kolonist in ihr Aufnahme ge
funden. Mancher von diesen Taufend
ist durch die Kolonie wieder in geord
nete Lebensverhältnisse gekommen.
In Erfurt feierte der Schuhmachcr
meister Heinrich Kausch fein 50jähriges
Meisterjubiläum. In Langensalza
sind in diesem Jahre 925 Zentner Mai
käfer gesammelt morden; in der Flur
des Torfes Kirchhcilingcn allein 101
Zentner. Einige Handwerksburfchc»
marschirten zwischen Niemburg und
Dorf Alienburg, und da die Hitze groß
war und quälenden Durst verursachte,
langten sich die Handwerksgesellen von
den am Wege stehenden Kirschbäumen
einige Früchte herunter. Dies versetzte
die Pächter resp, deren Mannschaft so
in Wuth, daß sie die Wandersleute ver
folgten und mit Messerstichen derart
traktirten, daß zwei von ihnen bald ihr
Lebe» aushauchten. Die Mörder wur
de» verhaftet. Der verstorbene Fa
brikbesitzer Mangelsdors hat ver Stadt
Schönebeck ein Legat von 150,000 Mk.
vermacht.
Provinz Westfalen.
In dem vergangenen und diesem
Jahre konnten eine ganze Reihe Krie
gcrvercinc das Jubelsest ihres 25jähri
gen Bestehens seiern. Wir nennen die
Vereine von Dorsten, Kirchhellen, Dat
tel», Eoesfeld, Burgsteinsürt, Bucholt
u. f. w. Bei dem Feuerwehrfest in
Brake-Schildesche zersprang ein Böller
und zerschmetterte eineni 16jährigen
Arbeiter die rechte GesichlShälste schreck
lich. Ein junger Mann, der das Ge
schoß bediente, wurde ebenfalls im Ge
ficht und ani Kopf gefährlich verletzt. —
Tie Wohnnngsverhältniffe iu Lüding
hausen sind geradezu traurige. So z.
B. trifft es nicht selten zu, daß nach
hier versetzte Beamte ihreFamilicn Mo
nate lang an ihren srühereu Stations
orten oder bei Anverwandten belassen
müssen, bis es ihnen gelingt, ein dürf
tiges Unterlommen zu finden. Selbst
redend sind die Miethspreise infolge
scsfen ganz enorm hoch und doch steht
den Beamten hier nur etwa der dritte
Theil an Wohnungsgeld zur Verfü
gung wie in Münster. Das mitten
»n Torfe Walstedde liegende Haus de»
Anton LütlenhauS stand plötzlich in
Klammen. Das Feuer griff mit rasen
der Schnelligkeit um sich und binnen
wenigen Stunden waren sechs Häuser
nngeäfchcrt.,
Rheinprovinz.
Ein großer Trauerzug bewegte sich
jüngst nach dem Friedhofe zu Melaten.
ES war die irdische Hülle des verstorbe
nen Fabrikanten Adolf GuiUeaume,
der zahlreiche Leidtragende das letzte
Geleit gaben. —Von öer Reblaus-Un
tcrsuchuiigs-Eommifsion wurden in Eh
lingen, dann in Lohrsdorf und hierauf
in Westum je ein ReblauSheerd aufge
funden. Aus der Löhr-Ehaussee vor
der Reimann'fchen Wirthschaft wurde
der Faßhäiidler Michael Schwarzlops
von einem Omnibus übersahreu und
sofort getödtet. Trotzdem alle Hebel
m Bewegung gefetzt wurden, der flüch
tigen Wcchsclfälscher Johann Erwig
,und dessen Sohn Rudolf aus Düjjel
dorf habhaft zu werden und auf die
Ergreifung dieser Hochstabler schon Be
lohnungen von zusammen über 10,000
Mark gesetzt wurden, ist es bisher nicht
gelungen, den Aufenthaltsort der
Flüchtlinge ausfindig zn machen. So
weit die bisherigen Erhebungen eine»
Ueberblick gestatten, wird angenommen,
daß Erwig und sein Sohn Baarmittel
im Betrage bis zu 500,000 M., haupt
sächlich in 1000-Markscheinen mitge
nommen haben. Der Bilderschmuck
des Stadtverordneten Saales in Duis
burg ist jetzt um ein Bild des Grasen
Moitke vermehrt, welches in Ausfnh
ung und Einrahmung ein Seitenstück
zu dem Bismarck-Bilde ist. Im Bo
chiimer StempklfälschungSproceß wur
den fämmlliche Angeklagten freigespro
chen nnd die Kosten des Procefjes der
Staatskasse anserlegt.
Provinz Hesse n-N assau.
Der Magazinanfscher Lohrhansen in
Kassel wurde aus dem Cenlralbahiihose
Rothenditmold vom Bahnzug über
fahren und zermalmt. —Der Großher
zog von Luxemburg hat. aus Veran
lassung der Feier des 50jährigen Ju
biläums des Biebrich-Mosbacher Man
nergesangvercins, den Festgenoffc» 25
Flasche» Wein aus dem Großherzogl.
Keller geslistet. Der Thongräber
Joh. Bach in Ebernbahn wurde in
einem Schacht von einer sich loslösen
den. etwa 20 Eentner schweren Thon
masse buchstäblich zerquetscht, und war
sofort eine Leiche. In einem unbe
wachten Augenblick geneth das zwei
jährige Söhnchen des Heinr. Schäfer
zur Bärenmühle in die Leuzbach und
ertrank. Seitens der Oberstaatsan
waltschaft inCassel ist gegen dasMitgüe!
des Reichstags. Buchdruckcreibesitzer
Feodor Wilisch in Schmalkalden Vor
untersuchung wegen Beleidigung einge
leitet. Ein zwölfjähriger Schüler
Namens Bernhard Wolf in Wetzlar
wird vermißt.
Königreich Sachsen.
Der Rentier I. G. Wachtel in Nik
kritz gab sich durch Erhängen den Tod,
Ei» unheilbares, schweres Körperleideii
trieb de» hochbetagtc» Unglückliche» zu
diesem Schritte. Die vorgenommene
Fabrikzählnng in Leipzig hat bis zum
Jahre 1801 eine fortwährende Zu
nahme, seitdem aber -ine Abnahme er
geben. Der Rückgang macht sich so
wohl in Alt-Leipzig, wie in den ein
verleibten Sladttheilen bemerkbar. So
sind in der Zeit vom I. Mai 1801 bU
zum 30. April 1802 im Ganzen 175
Betriebe mit etwa 2000 Arbeitern ab
gemeldet worden, während nur 45 Be
triebe mit 401 Arbeitern neu hinzuge
kommen sind. Für die Stadt Oels
nitz, welche etwas über 10,000 Ein
wohner zählt und fünf Brauereien be
sitzt. bclies sich der Bierconsum im Mai
d. I. auf ca. 273,000 Glas; im Juni,
welcher der Stadt das Gustav-Adolph-
Fest und damit einen starken Fremden
zufluß brachte, stieg der BierverbranH
anf ca. 302,000 Glas. Im Haus
haltsplan der Stadt ist der Ertrag der
Bierstencr sür 1892 auf 7500 Ml. ver
anschlagt.
Thüringische Staaten.
In Altenbnrg erhängte sich der
Schlosser Alsred Senf, vermuthlich ans
Reue über feinen leichtsinnigen Lebens
wandel. Seit einigen Tagen haj
man in der Ilm, von Wickerstedt ab,
ein großes Fischsterben beobachtet, ja in
der ganzen Ilm vo» Wickerstedt ab sieh!
man jetzt nicht einen einzigen Fisch
mehr. Die Apoldaer Gasanstalt ha!
ihren Gasometer in die Ilm abgelassen,
daher das plötzliche Absterben der Fische.
Die Eigenthümer und Pächter des Fisch
wassers in der Ilm verlangen jetzt von
dem Borstand der Apoldaer Gasanstali
30,000 Mk. Entschädigung. Bei
einer Schlägerei auf dem Schützenplatzk
in Brannschweig wurde der Gärtnci
Müller durch einen Schlag mit einem
Lattenende derart über den Kopf ver
letzt, daß er in das Krankenhaus auf
genommen werden mußte, wo er ver
dorben ist. Der Dachdcckermcistci
Voigt in Eifcnberg hatte das Unglück,
von der Hückcr'fchen Scheune in Tün
schütz herabzustürzen und sich schwere
innere Verletzungen zuzuziehen. —Dem
Hospitalvorstand in Gera sind ani An
sänge dieses Monats von Herrn L-chlul
ter 0000 Mk. zur Begründung einer
Hospitalsrcistelle übergeben worden.
In Gotha sind in diesem Jahre schon
über hiiiidert Leichen durch Feuer be
stattet worden.
Hesfen-Da r m st a d t.
Tiefer Tage wollte ein Mann Na
mens (>dam aus Hembach dem neu
erwählten Gemeinderath Grieser in
Heppenheim z» Ehre» den sog. Maie»
an dessen Hanse befestigen, während
dessen Edam vom Dache herabfiel und
sich dabei so schwere innerliche Ver
letzungen znzog, daß er an den Folgen
bald starb. In Schloß Heiligenberg
im sog. Protassoff-Bau, wo Prinzessin
Beatrix, Gemahlin des Prinzen Hein
rich von Battenberg z. Z. wohnte, brach
Nachts Feuer aus. Das Feuer ver
nichtete sosort das ganze Schlafzimmer
und verzehrte dann den Dachstuhl der
anliegenden Räume, das Treppenhaus
etc., ede es der neuorgauisirtrn Feuer
wehr Alang, den Brand zu löfchen.
Es sind werthvolle Gemälde nnd viel
Mobiliar mitvcrbrannt, so daß der
Schaden sehr beträchtlich ist.. — Sani
tätsrath Dr. Pingler in Königstein i.
T., der hochbetagte Begründer der
Kallwasseranstalt, wie überhaupt des
diesigen Kurwesens. wurde Morgens
todt i» seinem Bett gesunden. Das
i» Mainz abgehaltene 20. mittelrhei
nische Turnfest war in seinem ganzen
Verlauf von keinem Mißton getrübt,
der siiiancielle Abschluß gestaltete sich
glänzend, lieber 0000 Dauerkarten und
29,000 Tageskarten wurden ausgege
ben. Am letzten Abend bewegte sich
ein Lampionreigen mit vielleicht 1500
Laternen über den Festplatz, welcher
einen prächiigen Anblick gewährte. Auch
die bengalische Beleuchtung der Fest
räume war wirkungsvoll. Das Leben
und Treiben aus dem Festplatz war
von ächt rheinischer Fröhlichkeit. A»
dem imposanten Festzng »ahmen über
0000 Turner mit ea. 170 Fahnen nnd
17 MnsikcvrpS Theil. Reiche Ab
wechslung sand der Zug durch die ein
geschobene» Wage» nnd coftümirten
Gruppen. Besonderen Benall fanden
ver Mainzer Schiffer - Verein mit Wa
geiigruppc, die Karcherwagcn mit eini
gen 00 berittenen Karchern, die Metz
ger-Innung mit dem dctorirten Brat
ochsen. der Mainzer Schützenverein mit
seinem Wagen der errungenen Ehren
preise. die Gruppe der gymnastifchen
spiele des Alterthums, der Siegeswa
gen mit Pallas Athene, die Blüthczeit
der ritterlichen Spiele im Mittelalter.
Huldigung der Turnvereine, Jahn
gruppe, Germaniawagen, Turner von
1813, 1848j49, 1800. 1870j71, deut
sche Städte huldigen Germania. Jubi
läumswagen >'c. Beim Prcistnrnen
in der Musterriege errangen erste Preise:
am Reck die Wiesbadener Gesellschaft,
der Bockenhcimer Vorwärts; ani Bar
ren die Männerturner aus Wiesbaden,
der Mainzer Verein, die Gesellschaft
Wiesbaden; am Pierd der Mainzer
Verein, die Bockenheimer und die Darm
städter Gesellschaft; im Säbelfechten die
Worms« Gesellschaft, der Mainzer
Derein: im Bayonettiren der Offen
bacher Verein; im Keulenschwingen dit
Wiesbadener Gesellschaft. Beim Ein
zel-Wettturnen erhielt den ersten Preis
August Horn-Wiesbaden; beim Fechten
Johannes Brninbart-Wiesbaden; beim
Wettringen Georg Stolz-Mainz.
Eommcrzienrath Ludwig Lauteren.
VerwaltnngSrath der LudwigSbahn
und der Köln-Düsseldorfer Dampffchiff
fahrtS-Gefellschast, der Besitzer de- be
kannten Hattcnheimer Weinguts.
Königreich Baier».
Im Wartesaal dritter Klasse zu
Bamberg wurde der 72jährige Schuh
macher Michael Kauper von einem
plötzlichen Unwohlsein befallen nnd war
infolge eines Schlagflusscs nach kurzer
Zeit eine Leiche. Der Soldat Derrer
aus Bamberg hat vom Lechfeld die
Zündladuug einer nicht krepirten
Sprenggranate mit heim genommen
und manipulirte an derselben herum.
Plötzlich ein Krach! und der Unvor
sichtige wurde förmlich zerrissen. Am
Sonntag schlug der Blitz in die Kirche
zu Kleinweifach, während der nach
Leinburg ernannte Pfarrer, Hr. Schol
ler, die Abschiedspredigt hielt. Ein
Theil des Blitzstrahls fuhr am Thurm
herab und auf das Kirchendach und
sprang von dort durch das Fenster in
den Pfarrstand. Dort tödtete er das
Dienstmädchen der Pfarrfamilie sofort
und betäubte die übrigen Insassen.
Ein zu Besuch anwesender Nürnberger
Verwandter des Pfarrers gewann erst
nach Stunden die Besinnung und dil
Sprache wieder. Ter zweite Theil de-
Blitzes fuhr am Glockenfeil herab und
schmetterte drei Läuteknaben nieder,
ohne zu tödten. Die Maschincnhalli
der Gebr. Kühnleuz'schcii Porzellan
sabrik in Kronach ist abgebrannt.
Königreich Württemberg.
Wegen Fälschung und Betrugs hat
ten sich vor der Strafkammer in Stutt
gart zu verantworten der ledige Nota
riatscandidat Karl Scheuerte von Hir
sau und der 19 Jahre alte Kansmann
Karl Mar Färber von hier, beide srü
here Bureau-Assistenten des vormaligen
Rechtsanwaltes Dr. Waaser hier.
Hauvtgegenstand der Anklage bildete
ein gefälschter Schuldschein überoooMk.
mit den Unterschriften des Lieutenants
Krapf als Schuldner und des Lieute
nants Nick und Dr. Waafers als
gen. Schuerle wurde zu einer Zucht
hausstrafe von 2 Jahren, Färber zn ti
Monaten Gefängniß vernrtheilt. —Der
Bierbrauer Ditting, welcher auf feine
ehemalige Verlobte, die Rcstauratcurs
tochter in der Wagner
straße geschossen und dann selbst Hand
an sich gelegt, ist gestorben. Das erst
achtzehnjährige sehr hübsche Mädchen
'wird mit dem Leben davonkomme».
Ditting hatte auch auf die Mutter sei
ner Verlobten, der wegen des Alters
unterschiedes das Verhältniß unlieb
war, geschaffen, dieselbe aber gefehlt.
Hotelier Herm. Schmückte in Back
nang ist in Karlsbad, wohin er sich zur
Kur begeben hatte, plötzlich gestorben.
Der frühere Verwaltnngs-Eandidat
Klein in Blaubeuren, welcher den be
kannten Einbruch iHrübt hat. wurdc
zur Verbüßung der ihm zuerkannten
Zuchthausstrafe nach Stuttgart über
führt. In Kaiferingen feierte Herr
Bernhard Bantle, der Pater des dorti
gen Bürgermeisters, mit feiner Ehefrau
die goldene .Hochzeit. Dem Oberleh
rer Wurstner in Ehingen wurdc anläß
lich feiner Versetzung in den Ruhestand
die goldene Eivildicnstmedaille verlie
hen. s In Ellwangen der Präsident
des Gerichtshofes von Malblane, frü
her lange Jahre Staatsanwalt in Tü
bingen und der Oberamtsrichter Dau
mer. Die Erbitterung gegen den in
Hast befindliche» Bankier Kaufmann
in Ellwangen ist stets noch im Wachsen
begriffen, da fortwährend neue rasfi
nirte Experimente sich herausstellen,
durch welche derselbe sich gute Obliga
tionen und Baargeld zu erwerben ver
stand. —In neun Gemeinden des Ober
amtsbezirts Eßlingen hat Hagelschlag
einen Schaden von 150,000 M. ange
richtet. Der 81 Jahre alte Nikolaus
Dieterle von Heselbach siel beim Ver
lassen einer Wirthschaft in Schöne
gründ gegen einen in der Nähe Verlei
den gelegenen Stein und wurde fpüter
in einem Graden todt aufgefunden.
Postassistent Sch., welcher seit einige»
Tagen von Gmünd abwesend ist, hat
sich nicht unbedeutende Unterschlagun
gen zu Schulden kommen lassen. Sch.
wurde zuletzt in Lorch gesehen.
Großherzogthnm Baden.
Die Karlsruher Liederhalle feierte
das Fest ihres 50jährigen Bestehens,
zu dem 74 Bereine und Abordnungen
aus allen Theilen Teutschlands erschie
nen waren. Tas Fest-Eonccrt war
vom Großherzog, dem Hofstaate, den
Ministern, der Generalität, den Spitzen
der städtischen Behörde und neben den
Liederhallenmitgiiedern von über 1000
Sängern besucht. Der Festzug, an
dem 90 Vereine theilnehmeii sollten,
mußte des hestigen Regens wegen aus
fallen. Großartig war das Wettge
sangskonzert Nachmittags. Den mei
sten Beifall erntete der Lehrcrgesang
vercin Mannheim-Ludwigshafc» und
man dachte diefein vielfach einen ersten
Preis z». Das Preisgericht erkannte
jedoch zu den I. Preis (a) der Lieder
tafel Mannheim, den 1. Preis (b) der
Liedertafel Augsburg, dem 2. Preis
dem Mäniieigcsangverein Pforzheim,
den 3. Preis dem Lchrergesangverein
Ludwigshafeu.Mannheim, de» 4. Preis
dem Wiesbadener Männergesangvercin.
Die beiden letztgenannten Gesangvereine
haben jedoch die Annahme der ihnen
zuerkannten Preise verweigert.
R h e i ii p s a l z.
Die in Speier abgehaltene Gewcrbe-
und Industrie-Ausstellung war ein
großartiger Erfolg. Tausende waren
von Nah uNd gern hcrgeströint und
Alle haben sich vortheilhast geäußert
über den erfreulichen Aufschwung des
psslzifchen Gewerbelebens. Gelegent
lich der Ausstellung sand auch iii der
Schützenfesthalle ein grotzes Gau-Sän
gerfest statt, an welchem sich 15 Ge
sangvereine mit etwa 500 Sängern be
theiligten.— Tie höheren Lehranstalten
in Speyer zeigten während des Schul
jahres 1891—1892 eine bisher noch
kaum erreichte Frequenz. Tas Gym
nasium war von 410 Schülern besucht,
die Realschule zählte 159 nnd die mit
derselben in Verbindung stehende kauf
männische und gewerbliche Fortbil
dungsschule 21 Schüler, und an der
Lehrerbildungsanstalt betrug die Zahl
der Zöglinge 115. Der durch die
nielerwähnte Rcitpeitschenafsaire in
wenig rühmlicher Weise bekannt gewor
dene Secondclicutenant Rabungist
dnrch Verfügung der Inspektion des
JngenieurcorpS voni Speyerer zweiten
zn dcrn crstcn Pionier-Bataillon nach
Ingolstadt versetzt worden. Die Ein
nahmen des in Speyer veranstalteten
Schützenfestes betragen insgesammt
52,000 Mark. Die Ausgaben werden
nahezu die gleiche Summe betrage»,
fodaß von einem Ucbcrschusse nicht die
Rede sein kann. Ter Beitrag dcs Fest
wirthes Bruch betrug 10,000 Mark.
Die vom Prinzregenlen gestiftete Ehren
gabe, eine prachtvolle Scheibenbüchse,
ist an Herrn I. F. Nagel in Karlsruhe
gefallen. Die Frau des AckererS
Gerbes in Berghausen wollte das Feuer
im Backosen aufschüren und benütztc
dazu Petroleum. Der Behälter dessel
ben erplodirte und der brennende In
halt ergoß sich über die Unglückliche,
welche trotz sofortiger Hülfe fo schwere
Brandwunden erlitt, daß sie taum mit
dem Leben davonkommen wird.
Der langjährige Bürgermeister Dierje
von Obcr-Stcinboch wurdc. während
er im Ludwigswinkler Forst mit Aus
laden von Stammholz beschäftigt war,
von einem ins Rollen gekommenen
Stamm zn Boden geworfen und so
schwer verletzt, daß er bald nach seiner
Ueberführiliig in das Rcißler Fvrsth-ins
unter qualvollen Leiden starb. Der
Fonds sür das Bayerische Sieges- und
Friedensdcnkmal, welches in der Nähe
des Schlosses Ludwigshöhe errichtet
werden soll, ist bereits bis aus 15,300
Mark angewachsen. Da jedoch beab
sichtigt ist, auch die Medaillons des Kö
nigs Ludwig des Zweiten, des
regenten Luitpold, der.Kaiser Wilhelm
der Erste und Friedrich dcs Ersten, dcs
Fürsten Bismarck nnd des Feldmar
schalls Mollke, der Generale Hartmann
nnd von der Tann anzubringen, von
denen jedes tausend Mark kostet, so
muß mit der Ausführung des Denk
mals vorläufig noch gewartet werden.
Der Winzer Philipp Pister in Eden
koben hatte sich, nm von der Arbeil
auszuruhen, anf einen mit Pfuhl ge
füllten Zuber gelehnt, belam das Ueber
gewicht nnd siel hinein. Er vermochtc
nicht, sich wieder aufzurichten, und
konnte anch nicht nm Hilse rufen, so
daß er, als sein Schwiegersohn herbei
'ain, bereit! todt war.
Elsaß-Lothringen.
Eine Schwindlerin eigener Art sucht
in Straßburg arme Dienstmädchen um
ihr Geld zu bringen. Sie hält sich in
den Anlagen auf, spricht die Mädchen
an und lobt ein von ihr hergestelltes
Wasser, das nicht allein innerlich aus
gezeichnet wirken, sondern auch alle
Hautsehler, Leberflecken, Sommerspros
sen beseitigen soll. Die Frau verlaust
dann eine Flasche mit einer Mischung
ans Pscffermünz und Lakritz dcn Mäd
chen für 2 Mark. Die Madchen wer
den nach Einnahme dieser Mixtur na
türlich nicht schöner, hoffentlich aber
klüger. Ein ichon älterer Herr, der
Weinreisende Eugen P. von Straßburg,
der sich von Kronenberg in die Stadt
begeben wollte, ward auf der Ober
hausbergcrstraße von Unwohlsein befal
len, belam einen Schlaganfall und war
nach kurzer Zeit eine Leiche. 10,000
Mark hat der Kaiserl. Statthalter dein
Lehrcrinnen-Hciin in Eolmur zur Ver
fügung gestellt. »Gelegentlich eines
Ausfluges der Muiiizipalmusik in
Jsenhtim nach Bcnseld ertranken bei
einer Kahnfahrt anf der Jll 11 Perso
nen, darunter 7 Familienväter, welche
zusammen 31 Waisen hinterlassen, die
noch nicht im Stande sind, ihr Brod zu
verdienen. 7 Wittwen nnd 31 Wai
sen rufen nach ihrem Ernährer und
Vater, auch mehrere alte gebrechliche
Eltern beweinen ihre unentbehrliche
Stütze.
Ans Gaschnrn im Mo n
tasuii (Vorarlberg) schreibt man vom
10. August: „Gestern Abcnd war hicr
ine ungemein seltene Naturerscheinung
zu beobachien. Es war etwa gegen 10
Uhr, als der Mond hinter der drei
zasigen gewaltigen Pyramide des Val
lülaftockes zwischen den Wolken auf
stieg und in das grüne Thal der Jnner
fratte dcs Montafiin herabblickte. Nach
der Thalfeite gegen St. Gallcnlirch und
Schruns zu war es trüb und fiel ein
feiner Regen. Plötzlich fpannte sich
mitten von dem der Kirche und dem
Gasthof zum Rößle gegenüber liegen
den Gundalatscher Berge ein präch
tiger Regenbogen hoch über das
Thal nach dem Versal. Un
terhalb des Bogens war Alles in Dun
kel nnd Nacht gehüllt, während die Wie
sen und Matten dcs Gnndalatscher
Berges mit den überall zerstKuten
Hamern und Scheunen in weißlich
grauem Lichte phoSphoreszirend be
leuchtet waren. Nur die dnnklen
Waldslecken unterbrachen dieses eigen
artige Landschastsbild. Oberhalb dcs
Regenbogens, in welchem sich die Far
ben blau und roth zwar schwach, aber
deutlich crlcnneii ließen, zeigte sich cin
klarer Himmel, und nur ihnlciiiivärts
thürmten sich vom Mondlicht hell un
säiimte Wolken auf. Nach kurzer Frist
wlirdc cin zweiter, schwächerer Bogen
sichtbar; die ganze Erscheinung währte
etwa 20 Minuten. Inzwischen war
zwischen de» Felszackcn nnd Zinnen,
welche sich von der Vallüla gegen die
Kardätsch ziehen, blutigroth der Mars
ausgestiegen, was dcn Eindruck dcS
herrlichen Nachtbildes noch ungemein
erhöhte".
Eintrübe» Sittenbild
dessen Einzelheiten in Berlin großes
Aussehen erregen, ist durch eine reiche
Erbschaft verursacht worden. Zwei
berliner Mädchen, der Halbwelt ange
börig, hatten einen reichen Verwandten
in Hamburg dnrch den Tod verloren,
dn'sen Testament dabin lautete, daß fein
Vermögen, welches etwa sechs Millionen
Mark betrug, der Stadt Hamburg zu
fallen solle. Eine Nachschrift dcs setzten
Willens aber besagte, daß etwaigen sich
meldenden armen Verwandten des Erb
lassers von der Universalerbiii eine
Summe von einer Mill. M. ausbezahlt
werden solle. Durch Zusall hatten die
beiden in recht dürftigen Verhältnissen
lebenden Mädchen von dem Testament
ihres Verwandten ersahren, sie wandten
sich nunmehr mit einer Eingabe an de»
Senat dcs Staates Hamburg, wurden
jedoch abgewiesen. Durch Zufall er
fuhr ein in der Prcnzlauerftrnße woh
nender Restaurateur, früherer Gutsbe
sitzer K. vou der obigen Erbschaftsge
fchichte, er machte sich niit den Mädchen
bekannt und veranlaßte dieselben, ihm
die Führung eines etwaigen Processes
zu überlassen; jedoch soweit kam es
nicht, beide Parteien einigten sich und
de» Damen der Halbwelt wnrde ans
K.'s Bemühungen eine Summe von je
250,000 Mark ausbezahlt. Der Ver
mittler aber zog es vor, statt der übli
chen Provision sich in dcn Besitz des
ganzen Kapitals zu setzen. Er einigte
sich zunächst mit seiner Frau, zahlte ihr
eine Abstandssumme, ließ sich scheiden
und verhcirathcte sich alSdaun mit
einer der dantsaren Erbinnen. Und
was vas Beste bei der Sache ist. seit
vierzehn Tagen besindet sich der eh
renwerthe K. mit seiner jetzigen und
seiner geschiedenen (!!) Frau aus der
Hochzeitsreise.
Bei öffentlichen Auf
zügen, Paraden und Schaustellungen
lomnit es häufig vor, daß kleineren
Personen durch vor ihnen stehende oder
sitzende größere Personen die Aussicht
aus die vor sich gehenden Vorbei,züge
und Handlungen versperrt ist. Diefein
Uebelsiandc hat der in Wilna wohnende
Professor Joseph Liwtjchak durch eine
Ersindnng abgeholfen, die überraschend
einfach ist. Er hat einen kleinen Appa
rat constrnirt, dcn er Dia Stop oder
Dnrchblickcr nennt. Der Turchblicker
besteht ans einem ca. 1 bis 1-l Eenti
meter im Durchmesser habenden Metall
rohr, welches unten niit einem kleinen
Handgriff zum Halten versehen ist und
das sich durch Herausziehen verlängern
läßt. Am oberen Ende wird ein klei
ner viereckiger, im Winkel von 45 Grad
stchender Spiegel aufgefetzt und am
unteren Ende, wo sich der Handgriff
besindet, ist ebenfalls ein spitzwintliger
Spiegel angebracht, über welchem sich
in dem Metallrohr eine Oeffnnng zum
Durchblicken befindet. Wird dem Be
sitzer des Turchblickers nun die Aussicht
z. B. dnrch eine große vor ihm stehende
Person versperrt, so nimmt er seinen
Apparat, der sich bequem in der Brnst
tasche unterbringcn läßt, hcrvor, setzt
oben den kleinen Spiegel auf und ver
längert das Metallrohr dnrch Ausziehen
so weit, daß es ein paar (Zentimeter über
den Kopf dcs vor ihm Stchenden ragt,
und blickt nun durch die indem Metall
rohr befindliche Oeffnung, wo er dann
die ganzen Vorgänge ebenso deutlich
sieht, als wenn niemand vor ihm stände.
Wie wir hören, hat der Erfinder in
allen Staaten Patente für feine Erfin
dung genommen.
Fiirst Bismarck nnd dir
Kellnerin unter dieser Ueberschrift
theilt die Wiener „Nene Freie Presse"
aus dem jüngsten Aufenthalt des
Reichskanzlers a. T. in Kissingen sol
genden Zwischenfall mit: Fürst Bis
marck machte in den letzten Tagen fei
nes Aufenthaltes allein einen Spazier
gang in dem Walde bei dem „Alten
burger Hause" und wurde daselbst von
einem Gewitterregen überrascht. Tie
Kellnerin im „Altenburger Hause", die
dcn Fürsten ohne Regenschirm gewahrte
er kam sehr eilig aus dem Walde
heraus —eilte sofort mit einem Schirm
aus ihn zn. Der Fürst nahm densel
ben dankend an. „Ja, liebes Kind,"
jagte er, „es ist doch immer besser, ein
sicheres Obdach zn haben, als so unbe
schirml unter dem Regen einherzuwan
dcln." Dabei bot der Fürst dem ge
fälligen Mädchen feinen Arm und die
Beiden wandelten selbandcr einer
Echlitzhnlle zn, wo sich der alte Reichs
kanzler niederließ. Nachdem der Re
gen ansgehört hatte, gab der Fürst dem
Schwabcnmädchen einen herzhafte»
Knß, worüber daffelbe ganz überglück
lich war und zum Fürsten äußerte:
„Eine große Ehre für mich." Doch der
Fürst antwortete lächelnd: „Die Freude
ist sür mich eine noch größere, mein
t-chatz." So hat die Schwaben-Kell
nerin die Geschichte erzählt.
Ueber heriintergekom--
mene russische Adelige plaudert der Pa
riser „Figaro" und zählt solgende
taute Fälle aus: „Eine Fürstin Galizim
wirkt als Stallmugd in einem fran
zösischen o'ircuS. cin Fürst Krnpottin
ist Dro chkenkutscher in Moskau: ei»
Fürst Soltikoff ist Austräger in einer
Petersburger Markthalle und eine Für
stin Tolgoruti tritt in einem nmerita
niichen Elifc-Eonecrt niedrigster Sorte
als Sängerin auf." Solche merkwür
digen Bciipiele von dem Niedergang
khemals Hochgestellter Peisönlichleiten
sind ja gewiß lehr tranrig. aber daß es
gerade ein französisches Blatt ist, das
die Rnsfeii, die lieben Brüder
Kronstadt, an ihren Adel erinnert,
das ist nicht sehr rücksichtsvoll.
Gräfin Li, die Gemah
lin des PizelönigS Li°Hnng-ohang. ist
am 3. Aug. in ihrem Palaste in Tiein
jin gestorben. Sie war eine der be
rühmtesten Franen Ebinas nnd die
Aufklärung und der Freisinn ihres
Geistes hat viel dazu beigetragen, d.'r
Ausbreitung medizinischer Reformen in
ohina zum Turchbruch zu verhelfen.
Sie erbaute und unterhielt anf eigene
Kosten ein großes Hospital für Au-!an.
der in Ticiitsin.
Das „Hamburger Han
delsklatt" berichtet: Ganz Südafrika,
wird zur Zeit von den Heuschrecke»
heimgesucht; dieser Plage sucht die Re
gierung des Kaplandcs selbstverständ
lich durch alle Mittel zu steuern, welche
die Erfahrung und die Wifsenschaft an
die Hand gibt. Auch der Orange-
Freistaat geht energisch gegen die ge
fräßigen Thiere vor und sucht sich ihrer
ans jede mögliche Weise z» erwehren,
und die parlamentarischen Körperschaf
ten der beidcn Staaten haben zn diesem.
Zwecke ausreichende Mittel sosort bewil
ligt. Anders denkt jedoch das Parla
ment der Südafrikanischen Republik
(Transvaal) über diese Angelegenheit.
Als der Minister Dr. Lehds dieser Kör
perschaft die Mittheilung machte, das;
die obengenannten beidcn Regierungen
die Behörden dcs Transvaal um ihre
Mitwirkung bei der Vernichtung der
Heuschrecken ersucht hätten, crhvb sich
sofort der ehrenwerthe und bibelfeste
Erste Herr NovS und sagte, die Heu
schrecken seien eine von Gott gesandte
Plage, wie in den Tagen König Pha
raos, und das Land würde sich sicher
lich mit Schande und Verbrechen be
laden, wenn es versuchte, seine
Hand gegen die gewaltige Hanl»
des Allmächtigen zu erheben.
Die Herren Teclerq und Steenkamp
sprachen in demselben Sinne, indem sie
lange Stellen aus dem Alten und Neuen
Testament zitirten. Herr WolmaronK
schlug einen allgemeinen Büß- und Bet
tag sür Südasrika vor. Ter Präsident
erzählte daraus eine „wahre Geschichte"
von einem Manne, dessen Frau stets
von den Heuschrecken verschont worden
sei, bis sie eines Tages einige tödtete:
da wnrde seine Besitzung verwüstet!
Herr Stoop beschwor die Mitglieder des
Ersten Raths, sich nicht zu irdischen
Göttern zu erheben und dem Allmächti
gen Opposition zu machen. Herr Lukas
Meyer bewirkte einen Sturm des Un
willens, als er die Argumente seiner
o'ollcgcn lächerlich machte und die Heu
schrecken mit Raubthieren verglich, die
man ja auch ohne weiteres tödle. ? a
kam er aber bei dem Herrn Eollegcn
Labuschagne schön an: die Heuschrecken
seien ganz verschieden von Raubthieren.
sie seien eine besondere Plage, die Gott
wegen ihrer Sündhastigteit gesandt
habe. Bei so erleuchteten Ansichten
der Volksvertreter wurde natürlich die
Mitwirkung zur Vertilgung der Heu
schrecken abgelehnt. Wir würden die
Sache sür einen «scherz halten, wenn
wir sie nicht in südafrikanischen Blät
tern fänden.
Vor der Strafkammer
in Rom erschienen jüngst die beiden
Individuen, die im Juni an den Für
sten Odescalchs Drohbriefe gerichtet hat
ten. Die Angeklagten stehen im Alter
von neunzehn und zwanzig Jahren und
tragen die Tracht der Eampagne-
Baiiern. Sie stellen in Abrede, die
Erpressungsbriese geschrieben zn haben
und wollen nur zufällig an dem Orte
vorübergegangen fein, wo sie verhastet
wurden und wo der Fürst Odescalchi
die von dem Bricsschreibcr geforderten
500,000 Lire deponiren sollte. Tas
Gericht hielt aber trotz des Lengnens
der beidcn Erpresser den Schnldbcmeis
sür erbracht nnd vernrtheilte sie zu vier
Jahren Zuchthaus. Ter sonderbare
Text dcs an den Fürsten gerichteten
Drohbriefes lautet: „Lieber Balthasar!
Du hast so viele Millionen nnd wir
haben gar nichts. Gieb uns also auch
ein Bischen, so etwa 500,000 Lire in
Gold und Silber, die Tu am Morgen
des 5. d. Mts. an der Momentano-
Brücke niederlegen kannst. Aber be
stimmt! Wenn Du Dich weigerst oder
die Polizei benachrichtigst, so werden
wir Dich den beliebten Walzer aus dein
Restaurant Ven> tanzen lassen. Ge
zeichnet; Die bekannten Dynamitar
dcn." Wie erinnerlich, benachrichtigte
Fürst Odescalchi trotz dieser Drohung
die Polizei, die die „bekannten Dyna
mitarden" festnehmen ließ, als sie sich
an der Momentanobrückc einfanden,
um das Geld zu holen.
Der Schlosser Annibale
Poggioni hat jetzt endlich, nachdem er
sich lange aus's Leugnen gelegt
eingestanden, daß er den Bischof von
Foligno, Monsignore Fcderiei, im Ei
senbahnwaggon hinterlistiger Weise
übcriallen und ermordet habe. Pog
gioni weigerte sich Ansangs hartnäckig,
aus die Fragen dcs Untcrjuchnngsrich--
tcrs zu antworten. Als ihm jedoch
Personen gegenübergestellt wurden, die
ihn mit Bestimmtheit als den Mördcr
bezeichneten, bequemte er sich dazu, ein
Gcstäiiduiß abzulegen. Dieses Geständ
nis! war aber sonderbar genug und trug
den Stempel der schlau erdachten Lüge
an sich. Poggioni erzählte nämlich, er
sei in das Coups erster t'lasse nur des--
halb eingestiegen, um auch einmal ans
Kosten der Eiseiidahnverwaltung als
„Signore" zn reisen. Im Eoups habe
er den Bischof angetroffen, der nicht mit
einem so rcdncirt aussehenden Reisen
den in derselben Wagcnabtheilnng habe
bleiben wollen und Anstalten gemacht
habe, den Schaffner zu rusen.
„Ich bat ihn, zu schweigen," so er
zählte Pogioni weiter, „aber er bcharrte
daraus, daß ich aussteigen müsse. Ich
drohte ihm, aber er ließ sich nicht ein
schüchtern und schrie mehr als zuvor.
Da war ich allerdings gezwungen, auf
ihn loszuschlagen, und als ich sah, daß
ich den schwächlichen Herrn getödtet
hatte, sprang ich ans dem Zuge unk»
brachte mir im Sturze schwere Wunden
am Kopfe nnd an der Kniescheibe bei."
Diese Erzählung, durchweiche der Mör
der, der sich als durch den Bischof pro
vocirt hinstellte, eine Art von Entschul
digung für sein Verbrechen eonstruirei,
wurde natürlich von de», Unter
suchungsrichter nicht geglaubt. Nach
vieler Mühe gelang es endlich, Poggi
oni zu dem Gcständniß zn bewegen, daß
Rand das einzige Motiv zu seinem
Verbrechen gewesen sei. Der Prozeß
gegen dcn Raubmörder wird schon in
ganz kurzer Zeit vor dem Schwurgerichte
in Ancona beginnen und schnell zu
Ende geführt werden. 7