Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, September 16, 1892, Page 6, Image 6

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    6 Kurchtlo« und treu I
Er hieß Ji«imy CollinS und war ein
schwarzhaariger, breitschulteriger Bur
sche mit ei» paar Händen wie Zangen
und Arme» wie Eichenknorren: sie hieß
Harriet Burton und war die Tochter
des reichsten Farmer» in Cheshire. Sie
war eine echteYankee-Tochter, schlank
und elegant, mit herrlichem blonden
Haar »iid stolzen Zügen; er ein echter
Sohn der grünen Insel mit allen
Schwächen und Vorzügen eines solchen.
Eine Schwäche von Jimmy war, daß
«r dem Whiskey, welcher seinem Brod-
Herrn ein Greuel war. nicht abschwören
konnte; ebenso konnte er nicht be
greifen, warum eigentlich das
Wort „Temperenz" in das Wörter
buch aufgcnommcn sei; sonst war er
aber ein ganz prächtiger Bursche, ar
beitete sür zwei und schreckte vor nichts
zurück, man konnte ihm nun dies oder
das auftragen. Farmer Burlo», der
mit feiner ganze» Familie ein strenger
Anhänger der Müßigkeit-lehre war.
würde Jimmy schon längst gekündigt
habe», aber eben diese seine außeror
dentliche Brauchbarkeit ließ ihn von
dieiem Gedanlen immer wieder ab
stehe», so ost er ihn auch gefaßt haben
mochte. Ein neckischer Zusall süqte eS,
daß Jimmy seinen Platz am Tisch der
blondhaarigen Haustochter gegenüber
angewiesen erhielt; Hvrriet war im
College zu Nashua erzogen und bildete
sich etwas aus diesen Umstand ein; ihr
war eS zum Beispiel unausstehlich,
wenn Jemand beim Essen die in der
feinen Gesellschaft bestehenden Regeln
verletzte, das Eßgeräth nicht richtig
handhabte, zu laut fprach oder gar
lachte. Jimmy wußte dies und wirk
lich komisch war es anzusehen, wenn
der ungeschlachte Bursche alles auf
bot, den strengen Anforderungen fei
nes schönen Gegenübers in jeder gesell
schaftlichen Beziehung zu entsprechen.
Wenn sie ihm dann, wie eS ihre Ob
liegenheit war, die Schüsseln anbot,
begegneten sich des Lesteren beider Au
gen und Harriet konnte nicht umhin,
zu bemerken, daß Jimmy, wenn er mit
vor Gesundheit glühenden Wangen und
blitzende» Angen und seiner mächtigen
Gestalt so ihr gegenüber saß, immerhin
Eines TageS hatte Jimmy im Aus
trage Harriet's die braune Stute vor
das Buggy gespannt; sie wollte aus
fahren. Jimmy hielt das Pserd. als
sie in leichtem Sommerkostüm, das rei
zende Gesicht vom Bonnet beschatte», im
Gefährt Platz nahm. Eine kaum merk
liche Kopfneigung dankte Jimmy, dann
sauste das Buggy, von kundiger Hand
gelenlt, auf der Straße nach Swcinzey
dahin.
Jimmy wanderte die Fenzen entlang,
-doch er war nicht aufmerksam, die etwa
tierabgesallcnen Riegel wieder znrecht zu
lege»; »ein, gesenkten Hauptes ging er
dahin und wo eine Brombeerranle ihn
zurückhielt und gleichsam an seine
Pflichterfüllung mahnte, da riß er sich
unwillig los und achtete eS nicht, ob da
bei Fetzen der Kleidung hängen blieben
oder nicht. Er wußte selbst nicht, was
er dachte; in seiner Stirne hatte keine
ordentliche Idee Platz; so oft er meinte,
bei der Sache zu sein, husch, war Alles
weg und zerflattert und das zwar vor
einem blondhaarigen Mädchentops mit
ernsten, stolzen Augen. Jimmy blieb
stehen; er schlng sich mit der Faust in
die flache Hand:
„Was foll's damit?" sagte er vor sich
l>in, „sie nimmt Dich ja doch nicht,
«cnn Du es ihr auch sagtest, Du lieb
test sie über Alles und wolltest ihr eine
tzreue Und starke Stütze im Leben sein;
ja, 's ist umsonst: die reiche, stolze Har
riet und ich! Wenn ich noch am Sonn
tage einen hohen Seidenhut trüge oder
einen Stock mit Goldgriff, Schnabel
schuhe und Manschetten, wie die „DudeS"
in der «ladt; aber so?" Er besah seine
mächtigen gäuste und lächle laut. „Wie
leicht und zart sie ist; so ganz anders
als die Mädchen bei mir zu Lande!
Nun, Jimmy." schloß er seinen Mono
log, „das Lange und Kurze bei der Ge
schichte ist, schlag' Dir das Mädel aus
dem Kops: Du mit Deinen paar er
sparten Thalern kannst es höchstens zu
einer Chambermaid oder so etwa» brin
ge», aber an eine feine junge Lady zu
denken, die im College war? puh!"
—er schnippte mit den Fingern, als
ob er die Gedanke» von sich abschütteln
wollte.
Unter derlei Reflexionen hatte Jimmy
die ausgedehnte Farm überschritten und
war an die andere Seite derselben ge
toinmen, welche an der Straße nach
Swanzey gelegen war; er stand an die
Fenz gelehnt, blickle aus die ini Son
uenglänze sich in sast blendender Weiße
vor ihm hindehnende Chaussee und
entblätterte gcdanlenlos einen Baum
zweig. Weit vor ihm wirbelte ein
Staubwöllchcn auf der Straße auf
und durch die heiße, trockene Lufl klc»i->
gen ferne Husschlägc, wie von einem
rasch galoppirenden Pserde; Jimmy
hob den Kops und blickte, die Augen
mit der Rechten beschattend, ein kurzes
Weilchen angestrengt in die Richtung ;
was war aber das? Ein Pserd in gestreck
tem Galopp vor einem leichten Buggy,
darin eine weibliche Gestalt krampfhaft
an das Spritzleder geklammert, ohne
Hut, mit im Winde langflattcriidem
blondem Haar. „Herrgott! Har
riet!...." schreit er aus, ein einziger
Sprung »nd er steht auf der Straße
nnd wirst sich dem anstürmenden Pserde
entgegen ; im Moment sind die Zügel
gepackt—ei» Ruck seiner Eisciisaust und
das dampsende Pferd stand : mit dem
.anderen hatte er die zitternde Harriet.
welche vergeblich Fassung zu heucheln
suchte, aus dem Gesährt gehoben; einen
Augenblick länger, als gerade nöthig,
lsielt sei» Arm die süße Last, dann
stellte er die Jungfrau vorsichtig, als
fei sie eine zerbrechliche Puppe, neben
sich aus die Straße.
„Ich hätte mich ohne Enre Hilfe das
Pjerd »um Stehen »cbracht." saate
Harriet mit vor Erregung noch zittern
der Stimme, „weil ja weil ich
eben daran war, die Zügel wieder zu
packen, welche mir das störrige Thier
entriß; doch danke ich Euch nicht min
der herzlich für Euer muthiges Ein
schreiten!" Sie vermied es, ihn anzu
sehen und fuhr fort: „Nun seid aber
so gut, Jimmy, und holt mir mein
Bonnet, der dort hinten an der Stra
benbiegung liegen muß; ich werde so
lange bei dem Pferde hier bleiben."
Ter Bursche, welcher noch kein Wort
gesprochen und mit verlegen gesenkter!
Blicken dagestanden hatte, beeilte sich'
ihrem Wunsche zu willfahren.
„Dank, Jimmy," sprach sie und
drückte den Bonnet auf die zerzausten
Locken, „nun bitte ich Euch noch um
etwas: gegen Niemanden ein Wort!
Hört Ihr? Hier, nehmt und vergebt
nicht zu schweigen!"
Sie bot ihm mit bezauberndem Lä
cheln ein Goldstück; als dabei ihr Blick
auf seiner Gestalt weilte, daß von
seiner rechten Hand, die er sich wohl
beim Pariren des PserdeS an den Ge
schirrbeschlägen verletzt haben mochte,
das Blut in dunklen, schweren Tropfen
zur Erde rann; sie erbleichte etwas.
Er erhob den gesenkten Kops und
kreuzte die Arme über der breiten Brust;
sie bot ihm Geld, ihm, der sein Leben,
den letzten Tropfen feines Herzblutes
ohne Bedenken geopfert hätte! Zwei-, i
dreimal fetzte er an und feine Stimme >
klang rauh als er erwiderte:
„Dank Euch, Maa'm, brauche kein '
Gelb, ich that es gerne für Euch! Laßt
mich das Pferd noch ein Weilchen füh
ren bis hinter die Fenz dort unten;
Ihr habt's dann breit und schön bis
Euer Hans!"
Sie nickte schweigend: mit starken
Schritten wanderte er neben dem Pferde
her; sie mußte den Blick wieder und
wieder der blutigen Hans des Burschen
zuwenden; gerne hätte sie ihn diesfalls
gefragt, aber ihr Stolz verbot es ihr. j
zumal er ihre Belohung auch mit Stolz
abgewiesen; am bezeichneten Platze ließ
er das Pferd los und trat zurück: un
beweglich blickte er der schlanken Mäd
chengestalt nach bis das Wägelchen in
den Biegungen der Straße verschwun
den war.
Am Abend war Alles wie sonst; auch
der schärsste Beobachter würde nichts
Auffälliges an Harriet und Jimmy be
merkt haben; höchstens war sie noch et
was hochmüthiger als gewöhnlich und
er noch befangener und ungeschickter;
oder war vielleicht seine rechte Hand Ur
sache daran, die er verbunden trug?
Auf der Hausfrau Frage hatte er kurz
entgegnet:
„Habe mjr die Hand an einem alten
Nagel in der Lattenthür gerifsen,
Maa'm!" damit war gut!
Mehrere Wochen waren in's Land
gegangen; Harriet sollte nach New Port
zu Verwandten: Alles war bereits zur
Abreise sertig und die zahlreichen Kos
ser gepackt. Jimmy hatte sie mit ganz
besonderer Sorgfalt auf den Wagen
geschnallt, um sie mit Morgengrauen
auf die nächste Bahnstation zu sahren.
Der Bursche war in der letzten Zeit wie
umgewandelt: er war schweigsam und
in sich gekehrt. Am Sonntage legte er
sich, wenn er Zeit dazu hatte, lieber in
den Schatten eines Baumes nnd hing
seinen Gedanken nach, anstatt, wie ehe
mals, die Gesellschaft anderer junger
Leute auszusuchen. Harriet wich er aus,
wo er nur immer konnte und so oft von
der Veranda her, wo sie häufig mit
ihren jüngeren Geschwistern sich aus
hielt„ihr lustiges Lachen ertönte, wurde
sein Gesicht noch ernster als gewöhnlich
und seine dunkeln Brauen zogen sich
finster zusammen.
Der Vorabend vor Harriet's Abreise
war herangekommen; der Farmer hatte
die umliegenden Bekannten zu einem
Gartenfeste eingeladen; aus der Veran
da hatte die Musik Posto gefaßt, un
ten aber im Garten waren unter far
bigen Lampions und Papierlaternen
lange Tafeln gedeckt. Mit herein
brechendem Abend erglänzte» die Lich
ter und in die heiteren Weisen der Ka
pelle mischte sich das Knallen der
Psropsen unschuldiger moussirender
Getränke und das Lachen und Schwatzen
der zahlreichen Gäste. Die frühe Fahrt
mit dem Gepäck vorschützend, hatte sich
Jimmy früh zurückgezogen, und als
nach beendetem Feste draußen die Lich
ter erloschen, da lag er schon lange im
Hintergebäude in seinem Stübchen zu
Bette und träumte von Harriet.
Er erwachte von einer eigenthümli
chen Helle, die in die Kammer schien.
„Alle Wetter! sollte ich mich verschlafen
haben?" dachte er, doch die Uhr wies
die zweite Morgenstunde. Rasch sprang
er auf, warf sich in die Kleider, öffnete
die Thür und stürzte auf den Hof.. —
Da! aus dem Giebel des Wohnhauses
schlugen die Heven Flammen! schon
leckten sie gierig nach den geschlossenen
Fenstern. Ein Fußhoch Jimmy's brach
die Hausthüre in Trümmer und im
nächsten Moment schon donnerten seine
Fäuste gegen die Zimmerlhüren, die
Schläfer zu wecken ; bald war die Fa
milie in Sicherheit und stand, kaum
mit dem Nöthigsten bekleidet, unter den
Bäumen des Gartens. Im ersten
Schrecken dachte Jedes an sich selbst;
aber Harriet! wo war Harriet? —
„Heiliger Gott!" ries die Mutter, „sie
ist zur Nachtruhe in s Fremdenzimmer
gegangen, sie ist verloren! schon brennt
die Treppe!"
Der betagte Vater sinkt in die Kniee;
er ist keines Wortes mächtig: sein Kind,
sein so innig geliebtes Kind, sein Stolz
und seine Freude, verloren? Am
flainmenumzüngelte» Fenster droben
erscheint eine weibliche Gestalt in wei
ßem Nachtgewande; mehrmals versticht
sie durch Flammen und Rauch zum
Fenster vorzudringen. Da stürzt eine
von Wasser triesende, vermumniie Ge
stalt gegen das brennende Haus und
hinein in die flammenhauchcnde Pforte,
die brennende, fchon wanlciide Treppe
mit weiten Sätzen hinaus; die ver
schlossene Thür zum Fremdenzimmer
kracht unter dem verzweifelten Ansturm
des Vermummten zusammen: mitten
im flammenumloderten, von dicken
Rauchwolken erfüllten Gemach liegt
eine ohnmächtige Mädchengestalt; schon
züngeln die gierigen Flammen nach
dem leichte» Gewände, da hat sie die
Hand des Retters ergriffe» »nd seine
starken Arme heben die leichte Last und
drücken sie sorgsam gegen die breite
Brust; das Fenster ist durch die immer
mächtiger lodernden Flammen versperrt
nur die Treppe bleibt noch übrig!
Ein rascher Entschluß: ein Sprung,
die brennende Treppe bricht zusammen
unter der Doppellast und ein schweres
Holzstück trifft den muthigen Mann mit
voller Wucht an's Haupt; er sinkt in
die Knie! Ini nächste» Augenblicke je
doch hat er sich, das ohnmächtige Mäd
chen stets sest im Arm, wieder aufgerafft
und springt über einen Hausen bren
nender Balken und Sparren ins Freie.
AuS einer tiesen Kopswunde läuft ihm
das Blut stromweise über das Gesicht
und färbt das weiße Nachtkleid des
Mädchens mit feinem Puplir; wanken
den Schrittes geht er vorwärts mit sei
ner Last und unter einem Baume ange
langt, legt er die Ohnmächtige in's
thaunasse Gras vorsichtig nieder; dann
aber wanlt auch er, und mit einem
dumpfen Stöhnen bricht er zusammen.
Die eben heanrasselnde Feuerwehr hat
kein Menschenleben mehr zu retten,
sondern nur dem Wüthen der glammen
Einhalt zu thu».
Abseits aber, unter einem Baume,
knieet ein schönes junges Mädchen in
weißem, blutüberströmten
wände und hält das Haupt eines jun
gen Manncs sest gegen ihre Hochklopsende
Brust gepreßt: der Verwundete blickt
in ihr angstvoll auf ihn gerichtetes Auge
und ein glückliches Lächeln verklärt,
trotz der Schmerzen, sein gutes, hüb
sches Gesicht; er ergreist ihre weiße Hand
und sührt sie an die Lippen wieder
und wieder; es ist Harriet und Jimmy,
ihr Retter! Die Liebe, welche schon
lange im Herzen dcs stolzen Mädchens
geschlummert, hat die heutige Nacht
zur vollen Blüthe entfaltet und ihr mit
unwiderstehlicher Macht die Erkenntniß
aufgedrungen, daß es nur noch ein
Glück, eine Zufriedenheit für sie geben
kann, das Leben an der Seite dcs ge
liebten Mannes, der ihrethalber dem
Tode getrotzt »nd feine innige und tiefe
Neigung zu ihr mit feinem Blute be
siegelt hatte!
Ein Eingeweihter.
Kunde: Ich möchte gern diese Uhr repa
riern lassen. Doch um dies gleich vor
weg zu nehmen: Sie brauchen mir
nicht zu versichern, daß das ganze Werk
in Unordnung gerathen ist, daß die
Reparatur zwei Wochen dauern und
halt so viel kosten wird, wie die ganze
Uhr werth ist! Mir können Sie das
nicht weiß machen. Ich verstehe mich
aus solche Geschäftsknisse!
Uhrmacher (höflich): Ah, ich verstehe!
Sie sind also auch Uhrmacher?
Kunde: Nein, aber Arzt!
Schlechte Ausfichten.
Ossicier, der Tochter seines Ouar
tterwirths die neue Schußwaffe erklä
rend: Sehen Sie, gnädiges Fräulein,
aus diesem kleinkalibrigen Gewehr
schlägt die Kugel noch auf ziemlich
weile Entfernung drei hintereinander'
stehende Männer durch.
Die junge Dame: Mein Gott, wer
bleibt denn da künftig noch zum Hei
rathen übrig?
Vergaloppirt. Richter:
„Gestehen Sie, den Revolver gestohlen
zuhaben?' Angeklagter: „Ja, ich
wollte mich erschießen!" —Richter: „Wa
rum nicht gar >L-ie haben ihn ja
verlauft!" —Angeklagter: „Allerdings,
aber nur, um mir dasür die Patronen
anschaffe» zu können!"
Ein sonderbarer Berg.
Tourist: „Aber, Führer, jetzt wird s
doch zu bunt! Alle Augenblick' sage»
Sie mir, wir wären gleich aus dem
Gipfel des Berges und imnier sind wir
noch nicht dort! Sie sühren mich am
Ende schnöde an und der Berg ha'
gar keine» Gipfel!"
Mißglückte Höflichkeit.
Erbgraf (der für feine Schloßbibliolhek
eincn junge» Bibliothekar sucht, der
womöglich ohne Anhang sein soll, zu
.dein ersten Bewerber um die Stelle»:
! „Sind Sie verheirathet?" „Ich hin
so srei."
««yfähigkeit.
Tie „Nativisten" unter de» Physio
logen, an deren Spitze der Professor
Hering in Prag steht, behaupten, daß
die Fähigkeit, Entfernungen zu schätzen
»«d Raünivorstelluiigen zu haben, an
geboren sei; die von Helmholtz geführ
ten „Empiristen" dagegen behaupten,
daß das Kind die Raiimvorstelluiigc»
erst mit Hilst dex. Sinne erwerben
müsse. Als besonders werthvo» zur
Entscheidung der Frage werden die sel
tenen Fälle angesehen, in denen Blind
geborene nach glücklicher Operation
sehen lernten. Ueber einen solchen Fall
berichtet W. Uhthoff in der Festschrift
zu H. v. Helmholtz' siebzigstem Ge
burtstag „Beiträge zur Psychologie »nd
Physiologie der Sinnesorgane." Uht
hoff hat feine Beobachtungen an einem
siebenjährigen Knaben angestellt, der,
mit aiigeboreiiem doppelseitigem Staar
und ringsörmigen Hintere» Jrisver
wachsiinge» behaftet, gänzlich blind
war und nur sehr Helles Licht vom
Dunkel unterscheiden konnte. Nach er
folgter Operation beider Augen blieb
der Knabe »och Monate lang uiiler
Beobachtung und es konnten mit ihm
über das Sehenleriien sehr eingehende
Versliche angestellt werde».
Es ließ sich zunächst feststellen, daß
der Patient keinen einzigen Gegenstand
durch das Gesicht allein erkannte, den
er vorher nicht schon durch den Tastsinn
oder einen anderen Sinn gleichzeitig
mit dem Anschauen kennen gelernt
hatte. Er mußt», indem er sich ge
wöhnlich durch Betasten, zuweilen durch
das Gehör, zuweilen durch de» Geruch
oder Geschmack mit dem Gegenstände
bekannt machte und den so gewonnenen
Eindruck mit dem durch seine Augen
empfangenen verglich, die Kenntniß
von jedem einzelnen Gegenstande erst
sammeln.
Nach einmaligem Sehen und gleich
zeitigem Betasten wurde der Gegenstand
nach einer längere» Pause nicht wieder
erkannt, i» der Regel mußte eine drei
biS sechsmalige Besichtigung und Beta
stung vorausgegangen sein, damit der
Gegenstand durch das Gesicht allein er
lannt wurde. Bei einzelnen neuen
Gegenständen wurden Vergleichungen
jwiiche» dem Schcnlcrne» des Patien
ten und dem eines 14jährigen Kindej
angestellt, und es zeigte sich, daß die
Bedeutung der Gegenstände von Beiden
gleich schnell, die Namen aber vom Kna
ben schneller, als vom Kinde erlernt
wurden.
Bildliche und figürliche Darstellun
gen ihm bekannter Gegenstände er
lannte der Knabe nicht; er mußte über
ihre Bedeutung erst belehrt werden.
Farben lernte er schnell erkennen und
bezeichnen, am schnellsten das Gelb.
Unwillkürliches Schließen der Augen
lider wurde in der ersten Zeit bei schnel
ler Annäherung eines weißen Gegen
standes gegen das Auge oder bei einer
droheudcn Handbewegung gegen ihn so
gut wie gar nicht ausgesührt; bald je
doch, als er durch Erfahrung gelernt
hatte, daß diese Bewegungen gelegent
lich etwas Unangenehmes im Gefolge
haben, wurde ein reflectorifcher Lld
schliiß und eine ausweichende Kopfbe
megung prompt ausgelöst, wenn er die
Vorgänge mit den centrale» Nctzhaut
theilen betrachtete; von den excentri
schen Theilen der Netzhaut wurden diese
Reflexe nicht ausgelöst. Schwer er
lernte der Knabe das Zählen durch das
bloße Gesicht; noch schwieriger das
Wahrnehmen von Größenunterschieden,
das Schätzen von Entsernungen, be
sonders wenn dieselben seine Greisweite
überschritten, und das Zurechtfinden
im Raume.
Der Hausdrachen vor Gericht,
Richter: Zeugin, Sie scheinen die
Unwahrheit gesagt zu haben.
Zeugin: Herrsch, Sie sollten jetzt
mein Mann sein!
Protest.
„Sei doch nicht so kaut. Huber!
Trüben am Nebentisch hat eben ein
Herr geruscn: Dem Schreimaul sollt'
man doch etwas Bildung beibringen!"
„Was, wer hat gerusen? Den
möcht' ich seh'n, der mir a' Bildung
beibrächt'!"
Auch eine Kritik. Profes»
or Müller liest in der Zeitung ein
schlechtes Gesicht. „Wie", rüst er, nach
dem Autor suchend, „ist denn das auch
noch von wem!"
Auf dem Standesamt.
Diener (zu einem Brautpaar): „Bitte,
meine Herrschaften, hier, gleich links,
tritt man in den Stand der
Ehe!"
Nur einmal. „Meine Fro»
ist mit mir seit meinem Hochzeitstage
nur mehr einmal gleichen Willens ge
wesen: Als näinlich unser HauS ab
brannte, wollte sie, wie ich. zuerst zur
Thüre hinaus.
......Und «S »nrd« »arauS ein«
Verlobung "
! M '
Sie (ihn krampfhaft umklammernd):
Uni dcs Himmels willen> Herr Slirt
runner, wir werden doch bald an die
sem schrecklichen Abgrunde vorbei sein?
Er: Höchstes noch zehn Minulen zu
fahren Aber bitte, nieine Theure,,
halten Sie sich nur scst an mich und ich
werde sehr langsam sahren !
Eine praktische Mutter.
Frau A: „Was, dieses schöne Sopha
wollen Sie überziehen lassen ? Ja, kin
derlose Leute können sich so einen Luxus
schon erlauben bei uns müßte der
alte Ueberzug noch lange dienen!"
Frau B: „Das glaub' ich wohl
Sie thun sich leicht! Wenn ein Besuch
kommt, setzen Sie halt schnell auf jeden
Riß ein Kind und der «schaden ist
verdeckt!"
Die Stimme des Gewissens.
Kellner: „Meine Herren, da draußen
wartet eine Frau; sie sagt, ihr Mann
väre hier im Lokal und sollte schon
längst zu Hause sein er möchte 'mal
herauskommen, sie würde schon mit ihm'
reden!"
Alle (aufspringend): „Ich muß doch
mal nachsehen!"
Alis Tokio geht dem
.TempS" folgende Schilderung einer
„Garden-Party" zu, welche der Kaiser
»on Japan kürzlich veranstaltet hat.
Im herrlichen Park des Schloßgartens
zibt eS am User eines kleinen Teiches
die meisten Spaziergänger; hier wird
das kaiserliche Paar erwartet. All
mählich bilden sich Gruppen, die nach
ihrem Range Aufstellung nehmen: die
fremden Gesandten, die hohen japani
schen Würdenträger, Osficiere.... Ah!
Da ist ja die Gruppe der Hosdamen,
ganz nach europäischer Mode gekleidet!
Mit wenigen Ausnahmen, welche Toi
letten! Und diese schreienden Farben,
die reichgefiederten Hüte! Sie ahnen
wohl nicht, diese armen Frauen, welche
plötzlich in Marquisen und Likointesjen
aus der Vie Parisienne umzaubert tvor
den sind, welchen Eindruck sie in ihren
Gott weiß woher geholten wunderlichen
Trachten, mit ihren kleinen Plat
ten Körpersi, ihren viereckigen
Büsten, ihrem seltsamen Gange
und ihren steifen Grüßen machen.
Wenn sie grüßen, da scheinen sie sich
zusammenzufalten bei jeder Verbeu
gung zum großen Nachtheile der kra
chenden Mieder und der schaukelnden
hüte. Wie hübsch, wie anmuthig sie
wären in ihrem weiten Kimons und mit
ihrem runden Häubchen.... Eine Be
wegung geht durch die Menge. Ter
Kaiser kommt! In der That, der Sohn
des Himmel- kommt cinhergeschritteir
in der Verkleidung eines Artillerie-
Generals. Er schreitet langsam, sast
wie ein Automat, ossenbar im Gehen
behindert durch feine Lackstiefel; er grüßt
nach rechts und noch links mit raschem,
kurzem Nicken. Für einen Japaner ist
er hoch und schlank genug. Schön ist
?r freilich nicht, aber seine Züge find
regelmäßig und ausdrucksvoll. Auf
'incm Palankin und in Nationaltracht
würde er sicherlich oi»e gute Figur ma
chen; in diese« Uuisorm aber scheint er
sich unbehaglich zu fühlen und zeigt er
überdies eine unscheinbar» Gestalt.
Zwei Schritte hinter ihm den
langstieligen Sonnenschirm wie eine
Wachskerze in der Hand haltend. Ihre
Majestät, die Mikadine.... klein, zart,
dornehm, aber steif wie eine Puppe in
ihrer reichgezierten Robe, die Lippen
halb geöffnet zu einem stereotypen
Wcheln, welche zwei Reihen seiner lan
ger Zähne erblicken läßt, die Augen ge
röthet von einer beginnenden Ophthal
mie. In ihrem Gefolge besindcn sich
die Prinzessinnen von Geblüt in grellen
Toiletten, nicht anmuthiger leider, trotz
der ausgewandten Pracht, als Vie ein
gangs geschilderten Damen der Aristo
lratie. Man desilirt an den Majesiä
teil vorüber; der Kaiser und die Kaise
rin zeichnen Einzelne durch Ansprachen
zus. Darauf werden die Büffets ge
stürmt. man zerstreut sich im Park,
schleudert in den lauschigen Laub
zäiigen.... Tann ertönt die Hymne,
der Mikado zieht sich zurück, begleitet
twn seinem Gefolge das Fest ist zu
Znde.
Eholera Infantum.
Alljährlich in den heißen Monaten
Juli und August, mit Vorläufern aber
auch manchmal schon im Mai begin
nend, stellt sich der gefürchtete Gast in
der Familie ein »nd ersüllt die Mutter
mit bangen Sorgen um das Leben ih
res Lieblings. Das Kind ist Abends
wohlgemut» zu Bett gegangen. Nie
mand ahnt die drohende Gcfcihr. da
erwacht es plötzlich mit starkem Fieber,
und die ausgeprägten Zeichen der Kin
dercholera stellen sich ein. Schleunigste
Beschaffung arztlicher Hilse ist sodann
dringend nothwendig; bis diese ein
trifft, lann die Mutier dem Arzt in die
Hände arbeiten, dies virmag sie aber
nur, wenn sie sich eine richtige Vorstel
lung von dem Wesen und der Natur
des Krankheit-Prozesses gebildet hat.
Sonst wird sie in ihrer liebevollen
Sorge um die Bekämpfung der drohen
den SymptoMe gerade zu verkehrten
Mitteln greifen und das Uebel, statt
bessern, bedeutesd verschlimmern.
Die Lliolori» »ostras ist nicht als
gewöhnlicher Magen-Darmkatarrh aus
zufasfen,, sondern wie ihr Name sagt,
als eine Infektion oder Vergiftung des'
ganze» Körpers, entstanden durch den
in Gahrung und Zersetzung übergegan
genen Magen!- und Tarminhall.
Durch Acte der Selbsthilse, durch,
reflektorische Ausstoßung der schädlichen,
Massen auf natürlichem Wege sucht sich
nun der Organismus von diesen Gift
stoffen z» befreien. ES leuchtet ein,
wie widersinnig eS ist, diesen von der
Natur selbst vorgezeichncten Weg, wie
dem Uebel zu steuern fei, zn ignoriren
oder gar, wie eS so oft geschieht, durch
sofortige Anwendung stopfender Mittel
die Entleerung der schädlichen Massen
aushalten zu wollen.
Der Arzt wird hier vielmehr zu Mit!
teln greisen, welche diesen natürlichen
Vorgang unterstützen, und der Arznei
schatz zeigt uns Medikamente, welche z»->
gleich noch womöglich auf die Bakterien,,
die den Darminhalt zersetzt haben,
schädlich wirken und dadurch das Fieber'
herabsetzen.
Ein weiteres gefährliches Symptom,
das bekämpft werden muß, ist das pro
fuse Erbrechen. Auch hier wird von-
Laieiihand gefehlt »nd aus Unkenntniß
die Sache oft verschlimmert. ES wer
den alle möglichen Speisen und Ge
tränke gereicht, von denen man hofft,
daß sie dem Magen des Kindes zuträg
lich sein werden und daß es sie alsdann,
behalten würde. Durch die sich häufi
ger wiederholenden Brechacte wird aber
der Körper nur immer mehr erschüttert'
und geschwächt; bei kleinen Kindern
und Säuglingen ist außerdem die Ge
fahr der Erschöpfung um so größer, je
länger es dauert, bis es gelingt, dem
Magen zuträgliche Nahrung einzu
führen.
Ebenso sehr wie in qualitativer Hin.
ficht muß die Nahrungsdarreichung in
quantitativer Hinsicht berücksichtigt
werden. Dies gilt besonders für die
Flasche der Säuglinge. Vermöge fei
nes großen Durstes'greift das Kind
gierig nach derselben, es entleert sie voll
ständig, und da dies von der Mutter
aus de» Appetit geschoben wird, so wird
die Flasche von der Mutter auch willig,
und sreudig gereicht. Allein die Reak
tion bleibt nicht aus, der Magen behält
die ausgenommene Nahrung nicht. Es
ist dies auch nicht andcrs zu erwarten,
man sollte dies schon aus der Analogie
mit dem Erwachsene» entnehmen, der
bei accutem Magenkatarrh unmöglich
großen Appetit zeige» kann und die im
Uebermaß aufgenommenen Speisen
wieder von sich geben muß.
Von der Nahrung soll also nicht zu
viel aus einmal gegeben werden, son
dern wenig, aber dasür um so öfters;
die Flasche soll gar nicht in Verwendung
kommen. Bon allen Nahrungsmitteln
paßt für die Kindercholera keine besser
wie die Milch, in der Form, wie sie von
Henoch, dem Altmeister der Kinderheil
knndc, mit Recht so sehr empfohlen
wird, nämlich in kaltem, womöglich a»f
Eis gekühlten Zustande. Von dieser
EiSmilch werden dein Kinde stündlich
einige Lössel voll gegeben; sie ist auch
ein vorzügliches DiirststilliingSmittel, zu
welchem Zweck auch das Eiswasser Ver
wendung finden kann. Eine Ertältung
des Magens ist nicht zu besürchten.
Natürlich muß die Milch, ehe sie auf
dem Eise gekühlt wird, wie sonst auch
abgekocht und je nach Bedarf init ab
gelochten Wasser verdünnt werden.
Ein Mittel darf die Mutter noch
unbedenklich sofort in Anwendung
bringen: das ist der Wein in Form
eines kräftigen MedizinalweineS. To
kayer, Champagner zc. Manche Leser
erinnern sich »och der im vorigen
Jahre in dieser Zeitschrift erschienenen
Abhandlung des leider zu früh verstor
benen Pädiaters Demme in Bern über
die Alkobolwirkung beim Kinde. Die
ser Forscher wnrde nicht müde, die
schädlichen Folgen der Alkoholdarrei
chiing beim gesunden Kinde hervorzuhe
ben, er will denselben nur für das
kranke Kind reiervirt wissen, weil er nur
dann, wenn der Organismus des Kin
des »och nicht an denselben gewöhnt ist.
seine segensreiche Wirkung entfalten
kann. Auch beim Brechdurchfall des
Kindes kann der Alkohol in der That
lebensrettend wirken. Er unterstützt
die gesunkene Herzkraft, halt den C»l
-laps, de» drohenden Kräfteverfall aus.
und da letzterer schon sehr früh auftre
ten kann, so soll Wein auch iosort beim
Beginn der Krankheit gegeben wer
den.
Diese Bemerkungen mögen den Laien
einen Fingerzeig geben, wie er sich beim
Brechdurchfall der Kinder verhalten
soll, will er vor Eintreffen des Arztes
etwas thun; er hat dann wenigstens
die Gewißheit, nicht dem Kranke» ge
schadet und das Uebel noch verschlim
mert zu haben. Nun noch einiges
zur Aetiologie der Kinder-Cholera, so
weit sie sür die Vorbeugung derselben
in Betracht kommt. Wie oben schon
hervorgehoben »nd wie männiglich
kannt, verdankt sie ihre Entstehung der
Zersetzung und Gährung der Nahrungs
mittel, vor allem der Milch. Durch
die Hitze werden infektiöse Keime massen
haft entwickelt, gelangen mit den Nah
rungsmitteln in den 'Darmkanal und
entfalten hier ihre krankmachenden Wir
kungen.
Brustkinder werden selten befallen,
desto häufiger tünstlich aufgezogene und
erst lünstlich entwöhnte Kinder, beson
ders hausig die schlecht genährten Kin
der der niederen Klassen, zumal in den
großen Städten, wie in Berlin, Mün
chen. Wer die dortigen Kindcrpolilli»
niken besucht, stannt über die unge
heure Häusigkeit, mit der in den heißen
Monaten die Brechdurchsälle dort zur
Behandlung gelangen. In diesen
Städten wird die Kindersterblichkeit
durch die Kindercholera in hervorragen
dem Maße beeinflußt. Die Aussichten
der erfolgreichen Behandlung sind bei
diesen Kindern leider sehr gering, da
die Eltern zumeist nicht in der Lage
sind, sich gute, reine sterillsirte Milch
zu beschaffen.
Gar oft kann nicht einmal gcwöhw
kiche Marktmilch beschafft werden, und
die Mütter behelfen sich mit mehligen
Surrogaten und weihen damit die Kin
der dem sicheren Tode. Seitdem die
Bakteriologie Pilze als Ursache der Zer
fetzung der Milch unv damit dcs Brech
durchfalles nachgewiesen hat, ist in der
Sterilisation der Mlch, in der Keim
tödtung ein wichtiges Mittel gegeben,
der Krankheit vorzubeugen. Das ge
schieht am besten mit dem Soxlet'fchen
Apparate. Die Frage der Milchsterili
sirung bildet ein so beliebtes Thema
populär-medicinischer Erörterung, daß
es nicht nöthig erscheint, hier näher
draus einzugehen.
Richard Wagner s Familie.
Ueber Richard Wagner's Familie
oringt der „Rheinische Courier" fol
gende Angaben, welche weitere Kreise
interessiren dürsten: Richard Wagner
vermählte sich das erste Mal am 24.
November 1836 in Tragheim mit der
Schauspielerin Minna Planer. Er
stand also damals im 24., Lebensjahre.
Aus dieser, minder glücklichen Ehe sind
keine Kinder vorhanden. Seine erste
Gattin starb im Jahre IBKK zu Tricb
schen. Seine jetzige Genrahlin ward
am August IB7V ebenda mit ihm
getraut. Es war die geschiedene Frau
des bekannten Bülow: Fvau Cosima
von Bülow. eine Tochter von Franz
Liszt. Erst sie hat Wagnir ganz ver
standen, ihm bis an sein Ende eine
glückliche Häuslichkeit geschenkt und mit
feinem Taktgefühl manche Unebenheit
geglättet, die ihren großen Gatten bei
seiner originellen Scharfe bedroht haben
würde; so z. B. in seinem Verhältniß
zu König Ludwig von Bayern und
ebenso bei der Verwirklichung dcs Bay
reuther Festspielhaus - Plaues. Frau
Cosima Wagner stammt ans der Eh:
von Franz Liszt mit! 7er Gräsin
d'Agoult (Liszt vermählte sich später
mit der Fürstin von Wittgenstein) und
hatte eine Schwester, die an den be
kannten französischen Minister Ollivier
verheirathet war.
Von Haus aus Katholikin, aber sei»
der Trennung von Bülow aus ihrer
Kirche exkommunizirt, ist sie. man sagt
»cnders aus ihres VaterS,Liszt Dran
gen, der sein Kind wenigsiens in einer
religiösen Gemeinschast wissen wollte,
später, und zwar in Bayreuth, beim
dortigen Kirchenrathe
zur evangelischen Kirche übergetreten.
In dieser Consession sind auch die bei
den Kinder erzogen, die aus ihrer Ehe
mit Wagner hervorgegangen sind: Eva
(»nverheirathets und Siegsried, jetzt 23
Jahre, der in Bayreuth das Abiturien
tenerameii absolvirte und nun nach
größeren Reisen —unter anderen einer
eben beendeten Reise um die Welt
(China, Indien, Philippinen .c.)
sür die Fortführung des Bayreuther
Wertes seines Vaters mit bestimmt ist,
jetzt auch bereits als Solorepetitor auf
geführt wird und bei den Proben und
jetzigen Aufführungen mit thäiig war.
Aus der Bülow'schen Ehe hat Frau
Cosima drei Kinder h»rüberginommen.
Daniela (Frau Professor Thodej.Blau
dinalGräsin Gravina in Palermo!, und
Isolde (unverheirathet). Gräfin Gra
vina ist der Mutter am ähnlichsten und
viel in Bayreuth. Die ganze Familie
ist in Bayreuth sehr beliebt, und in der
That zeichnen sich die Bewohner der
Villa „Wahnsried" durch große Lübens»
würdigteut »nd Menschensreundlichkeit
auch gegenüber den einsachsten Leuten
aus, Frau Cosima selbst außerdem
durch eine ganz außerordentliche Ar
beitskrast: „sie macht die Nacht zum
Tage", sagt man dort; wirtlich ist sie
nicht nur die vielseitige Pepräsentantin
des Hauses, sondern leitet persönlich
auch all» lbeatralische», musikalischen
und scenischen Vorarbeiten selbst die
Uebungen des BalletS. Sie steht gegen
wärtig im 53. Lebensjahre.
Fortschritt.
WaS haben die Menschen fchou Allei
erdacht.
Und scheinen weit mehr noch zu wit»
' tern!
Am weitesten haben sie's darin ge
bracht.
Das Leben sich selbst zu verbittern.
Auch ein Vortheil der
Großstadt. A.: Rur ein«
Großstadt kann einem Manne die Mit
tel gewahren, angenehm leben zu kön
nen. Sehen Sie mich z. B. an, der
ich vor etwa zehn Jahren nach der
Hauptstadt tam mit kaum fünfzig Mari
in der Tasche!" B.: „Nun, und
jetzt?!' A.: „Jetzt habe ich 50,00 V
Mark Schulden!"
FataleAehnlichkeit. A.:
„Warum haben Sie nicht nach dem
Hasen geschossen?" B.: „Weil er mir
einen Blick zugeworfen wie meine Alte»
wenn sie giftig ist.