Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, July 15, 1892, Page 6, Image 6

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    6 >WM «uSflug «ach der Insel «d»>
Aaleh.
«»» »0»l
In den unteren Donaugeländen er
zählt man sich, wie srühcr reiche wala>
chische und moldauische Bojaren mehren
Male im Jahr« die Fahrt aus der
prachtvolle» Donaudgmpsern von Gi<
urgewo bis Belgrad unternahmen unt
dabei nur den Zweck verfolgten, cur»
Päischen Comfort, welcher ihnen ir
ihrem Vaterland« damals abging, zr
genießen, und das ohnehin schon bunt>
farbige Volkergemisch auf denselber
durch ihre Anwesenheit noch mannig
faltiger abzuheben. Wenn sie über>
Haupt wahr ist. muß die Geschichte schor
hübsch alt sein. Heute entdeckt mar
kaum mehr ihre Spuren. Die rumä>
„ischen Nabobs ziehen es längst vor,
im bequemen Orient-Expreß nach eine,
der westlichen Metropolen zu sausen,
und die anderen europäischen Reisender
benutzen jetzt ausschließlich fast di,
schnellere Schicncnstcaße vi» Bukaresi
oder Belgrad. Die reizvollen, wild
romantischen, in ihrer Art unüber
troffenen Landschaften, welche der ge
waltige Tonaustrom von Bazias bis
Turnsevcrin durchbricht, finden heut,
nur selten noch Bewunderer und Be
fuchcr.
Es gehört am Ende des Jahrhun
derts zum guten Ton, einen Theil von
Asrika zu entdecken, in Asien zu jagen
«der mindestens Amerika zu durchque
ren, dagegen werden trotz oder gerat»
wegen ihrer Nähe die kostbarsten Perlen
unserer Mutter Europa stiesmütterlich
behandelt und kaum eines Blickes ge
würdigt. Wäre es sonst möglich, daß
dieses herrliche und sarbensatte Gebirgs-
Panorama am Grenzsaume Unterun
qarnS und Nordserbiens, in dessen enger
Mulde der majestätische Donaufluß
Mer gefährliche und unheilvolle Fel
senriffe sich mühsam Luft zu verschaffen
sucht, und wo wir auf Schritt und
Tritt den gewaltigsten historischen Er
innerungen von den SiegeSzügen des
großen römischen Imperators Trajan.
Der Entfaltung der Fahne Mohameds
bis zum Untergange des OSmanen
-reiches begegnen, beinahe verwaist sein
Dasein fristet?
Schwerfällig und trüge gleitet der
Dampfer an allen diesen malerischen
Lind historischen Punkten vorbei, über
i>ie einst römische Legionen geboten,
und welche später der wildeste Kampf
platz germanischer und slavischer Heer«
gegen türkische Horden um Sein und
Nichtsein waren. Am Ansgangc dieses
cin Großartigkeit seines Gleichen su
chende Naturgebildes, dessen tiefe Ruhe
nur vereinzelt durch friedliche Ortschaf
ten, aber dcsto öster durch zahlreiche in
bcu Felsenschluchten horstende und beim
Herannahen des Dampsers hoch in den
blauen Lüsten kreisende Adlersamilien
unterbrochc» wird, dort wo die Donau
wieder iu ihr altes Bett zurücktritt, be
findet sich ein noch wenig bekannter,
ljalb vergessener Ueberrest weit Hinte,
uns zurückliegender Zeiten. Es ist di«
Insel Ada-Kaleh. Gerechten Anspruch
auf Beachtung chatte sie, ganz abgese
hen. daß ihr Inneres genug des In
teressanten bietet, schon ihrer eigen
thümlichen reizvolleu Lage wegen.
Mitten im Donaustrom, der sich
nach siegreicher Ueberwindnng der ge
fährlichen Klippen des eisernen Thores
nun zu desto gewaltigerer Breite aus
dehnt, liegt das kleine Eiland malerisch
hingebettet. Rings herum an den Usern
umsäumen es herrliche Gebirgszüge,
.links die steilen Ausläufer der rumäni
schen und der hart an sie stoßenden un
garischen Karpathen und rechts die
Gurch ihre sastigen Eichenwaldungen
im herrlichsten Grün prangenden Hü
gelketten des serbischen Kräinagebirges.
beide nur in der Entsernüng der
Strombreite. Wir müssen in Orsowa
den Dampfer verlassen und gelangen
nach einer entzückenden Wagenfahrt
durch eine breite mit Buchen und Wall
nußbäumcn besetzte Promenade bald an
den Grenzpuntt der österreichisch-un
garischen Monarchie und einer übrig
gebliebenen Scholle des OSmanenrciches.
Zu unserem großen Erstaune» werden
wir nämlich einer Unzahl türkischer
Schiffer, krästigcr, gebräunter Gestalten
in nationaler Tracht ansichtig, die sich
herzlich Mühe geben, durch hestiges
Mienenspiel und einige Brocken müh
fam verdrehtes Deutsch uns zum Be
steigen ihrer schmucken am User harren
den Kähne. ,Kaik" genannt, cinzn
laden und nach Ada-Kaleh überzu
setzen.
Die Schiffer sind schon Einwohne,
der Insel, Wir werden bald mit ihnen
handelseins, woraus unter krästigen
Äuderschläge» llnser Boot die durch die
Nähe der Katarakten veranlaßten
Stromschnellen durchschneidet, »m nach
einigen Minuten im „Hasen" von Ada«
Kaleh anzulegen. So steht eS
ous einer hochangebrachten, im lehmi
yrn Erdboden befestigten Tafel in tür
kischer und deutscher Sprache geschrie
ben. Der geneigte Leser wolle mn
aber die Beschreibung dieses „Hafens",
der wohl nur von einem Spaßvogel so
getaust werden konnte, erlassen und sich
lieber nach ein paar kühnen Sprüngen
aus dieser Hafenpsütze auf die sorgsam
gepflegte Promenade retten, welche uns
durch eine Unzahl von kleinen Wällen
vnd Thoren in die eigentliche Festung
Ada-Kaleh sührt. Diese bildet ein
Parallelogramm, über dessen Winkel
sich heute noch je ein von Gräben und
verdeckten Wegen umgebenes Bollwerk
«rhebt. Einst soll die nun versollene
Nesttmg zu den stärksten militärischen
Positionen der unteren Donau gchör!
u.ü. Bald war sie im Besitze Oester
vichS. von dem sie auch angelegt wor<
-de« ist, bald wieder in dem des Halb
mandes. welchem sie zuletzt circa 20V
Jahre unterstand.
Ihre strategische Bedeutung hat si,
-jtd/nsalls im Lause des letzten Jahr-
Hunderts eingebüßt, und Oesterreich
Ungarn crsullte wol,l nur einen Ac
»otitischcr Barmherzigkeit, als es iv
Jahre 1378 nach vorheriger Verständi
gung mit der Pforte die taoto her
renlos gewordene Insel occupirte. Unter
den Klängen einer RegimentScapelle
und mit 50 Mann wnrde dieselbe in
friedlichster Weise bewerkstelligt. Die
Flagge des Halbmonds zog man vom
Minaret herab, die geringe türkische
Besatzung löste die österreichische mit
allen Ehrenbezeugungen ab, woraus die
Türken, nachdem vorher die habSburgi
fche Flagge gehißt war. unter den Klän
gen des HamediemarscheS in klein«
Boote verladen und an das jenseitige
Donauufer befördert wurden. Viel
leicht schiebte dem genialen Staasmann
Grafen Julius Andrassh die ohne Ver
lust an Menschenleben und Blut er
folgte Besetzung von Ada-Kaleh bei
einem später von ihm gemachten Aus
spruch vor, man werde Bosnien mit
einem Bataillon Infanterie und einer
Mnsikbande occupireu. Eine Rechnung,
die später gewaltige Irrthümer auf
wies.
Doch kehren wir zurück zu unserem
lieblichen Eiland, das mit seiner etwa
1000 Köpse zählenden Bevölkerung bis
zum heutigen Tage den streng musel
männischen Charakter bewahrt hat. Im
Gegensatz zu den anderen der Türkei in
Verlust gerathenen Gebietstheilen siiidel
nämlich eine Emigratisn der nur von
Mohamedaiiern bewohnten Insel nicht
statt. Es herrschen eben dort die glück
lichsten Verhältnisse, und die jetzt unter
habsburgischem Scepter stehenden In
sulaner haben allen Grund, aus ihrer
Scholle zu bleiben. Ein zweites Bei
spiel gleich Ada-Kaleh dürfte schwerlich
tn Europa aufzutreiben sein. Nachdem
Oesterreich-Ungarn seiner Zeit die In
sel nicht annektirte, sondern nur besetzte
die Besatzung ist gegenwärtig 1
Osficier und 26 Mann stark und wird
allmonatlich abgelöst verzichtete man
auch bis heutigen Tages irgendwelche
Abgaben oder Steuern den Bewohnern
aufzulegen.
Dieselben * werden auch nicht zum
Militärdienst herangezogen und zahlen
weder einen Import- noch einen Ex
portzoll. Wahrhastig ein Freihandels
staat per vxsllsncs! Durch die Ver
hältnisse ist den Insulanern allerdings
so gut wie jede Thätigkeit abgeschnit
!en. Die Mehrzahl verdient ihren Un
terhalt als Schiffer und Tabakhändler
und nur einigen Wenigen ist es insolge
Kaummangels vergönnt, der herrlichen
Kebenkultur sich zu widmen. Die lei
>er nicht in ausgiebiger Menge vorhan
denen Rebenstöcke zählen zu den besten
-ms dem Gebiete der Taseltraube und
sollen von Kaiser Probus schon gepflanzt
norden sein. Wer noch nicht die Tür
lei bereist hat, aber, ohne mit Athanas
Ä Co. in Berührung kommen zu wol
len, einen vollkommenen Vorgeschmack
zes orientaliichen Lebens sich holen will,
braucht nur Ada-Kaleh einen Besuch
ibzustatle». Die engen, schmutzigen in
der Mitte sich schneidenden zwei Haupt
ßraßen der Insel bilden in ihrer gera
dezu klassischen Unregelmäßigkeit, dem
zanzen äußeren Gepräge, mit den vor
den Häusern hockenden graubärtigen
türkischen Gestalten, die ihreNargileh's
)der Tschibnts mit der nur diesem
Volke gegebenen unnachahmlichen
veelenruhe schmauchen, ohne dabei den
zorübergehenden Fremden mehr als
,'ines geringschätzenden Blickes zu wür
digen. das getreue Konterfei irgend
eines Winkels vom Stambül oder Ga
latha. Fest in, oder richtiger gesagt,
zor jedem Hause befindet sich ein Kase
schank oder Tabakladen.
Der verabreichte Tabak ist von vor
lüglicher Güte und ungemein billig.
Wenn er nicht in auffalliger Weise hin
ibergeschwärzt wird, drücken die Zoll
beamten der Ada-Kaleh umgebenden
>rei Grenzen von Oesterreich-Ungarn,
Rumänien und Serbien ein Auge zu.
Zin kleiner türkischer Bursch erbietet
sch uns gegen Verabreichung des auch
hier unvermeidlichen Backschichs, zum
ersten Tabakhändler der Insel Mehmed
Kffendi zu führen. Eine schönere Ge
walt als dieser türkische Tabakhändler
ist mir bis heutigen Tages noch nicht
>u Gesicht gekommen. Der mächtige,
nit einem grünen Seidentuche um
vallte Turban, als Zeichen, daß Meh
ned Essendi schon eine Reise nach Mekka
>um Grabe des Propheten hinter sich
hat, sitzt aus eiuem Kopfe, dessen ganze
Bharalteristik nur seines Gleichen in
>en aus der Bibel uns überkommenen
sriedlichen Gestalten findet. Von ihm
erfahren wir, daß die Insulaner durch
besondere Protektion des Sultans eine
zroße Quantität Tabak alljährlich ge
schenkt erhalten, wodurch es ihnen mög
lich wird, theilweise ihren Lebensunter
halt zu verdienen. Als ich aus sein
Befragen ihm antwortete, ich wäre ein
Allemandschi, thaute auch der schweig
same OZmanli auf und erzählte mi»
lreuherzig, daß feine Frau meine
Landsmännin sei. Weitere Fragen
Sber ihre Herkunst lehnte er aber ab
and es blieb mir nur übrig, den Ro
nan, welcher dieses Geschöpf hierher
oerschlagen, der eigenen Phantasie zu
iiberlassen. Der höchste und einzige
öeamte der Insel ist der Bürgermeister
Sadullah Effendi, welcher, da Einnah
men aus der Gemeindekasse nicht existi
ren, ebenso wieder Hodja vom Sultan
gezahlt wird. DaS diplomatische Corps
nndet ebenfalls durch einen türkischen
Konsul Ausdruck.
Bei dem nicht viel Zeit in Anspruch
nehmenden Rundgange aus der Insel
detrat ich später eines der vielen vor
)em Bazar befindlichen Kaffeehäuser,
welche durch seine türkisch-deutsche Aus
schaft mir keine geringe Meinung von
der Vielseitigkeit seines Besitzers ab
rang. Wörtlich stand da nämlich mit
stolzen Lettern geschrieben: Erstes tür
kisches Kaffeehaus, Rasirsalon und
Zahnarzt für Civil und Militär, Ta
batladen von Mustapha Bey. Allen
Respect und Hut ab vor der Thätigkeit
des vielseitigen Beys. Der Kaffee war
wirtlich von vorzüglicher Güte und
wenn der kundige Mustapha auch so
geschickt die Zähne zu reißen vermag,
bedauere ich nur, in dem Augenblick
von keinen Schmerze« >«plagt worden
zu sein.
Die Mosch« auf Ada - Kaleh ist
äußerlich in gutem Stand, innerlich sie
zu besichtigen, ersparte ich mir. da der
Hodja keine Pantoffeln in der Vorhalle
hatte, und ich nicht Lust verspürte, mir
durch Herumgehen mit nackten Füßen
auf den Steinplatten einen gründlichen
Stockschnupfen zuzuziehen. Dicht neben
der Moschee ist das Kasernement der
Besatzung. Dienst scheint dieselbe kei
nen zu haben, dafür pflegt sie einen
entzückenden Blumengarten. ES war
schon Dämmerstunde, «l» ich mit mei
nem türkischen Schiffer vom „Hasen"
dieser kuriosen Insel wieder abstieß.
Hoch oben vom Minaret sandte der
türkische Priester bereits sein Gebet für
Allah in die Lüfte und immer mehr und
mehr verlor sich bald mejnem Auge das
von der untergehenden Sonne purpur
roth übergossene Stückchen Erde, ein
halb verfallenes Monument einstiger
Macht und Größe des oSmanischen
Reiches.
Der Druckfehlerteufel.
Wer ist nicht schon an einem Druck
fehler gestolpert? «Wer hat sich nicht
schon über einen solchen geärgert oder
—amüsirt? Der „Drucksehlerteusel",
auch „Kobold des Setzkastens" genannt,
übt gar zu gerne sein« losen Streiche
aus. Selbst in den kleinsten Fächern
des Setzkastens treibt er seinen Hokus
pokus, um uns ein X sür ein vorzu
machen. A. Oesterlein, der dem Druck
fehler in den Münchener Neuest.
Nachr. eine Studie widmet, führt u. a.
aus: Es ist doch gewiß nur toller Ueber
muth dieses unheimlichen Kobolds, wenn
erden Verstand einer hiesigen Gesell
schaft mit Tod abgehen läßt. Er hat
die Hand im Spiele, wenn Fräulein
llkid Herr U sich als Verlobte empfeh
len, während ein anderes Paar seine
ehrliche Verbindung angeiztc. Nicht
ganz so unglaublich wird manchem die
Mittheilung erschienen sein, die Ge
schworenen hätten den Angeklagten v
sür schundig besunden. dagegen hielt
ich die Nachricht sür im höchsten Krade
unglaubwürdig, der Prinz - Regent
hätte bei Eröffnung der Ausstellung
diese durch das Nordportal betreten,
um sie bis zum Südpol zu durchschrci
len. Entschieden ein Drucksehlerist es.
wenn von einem Redner berichtet wird,
daß, obwohl die politische Lüge eine ge
drückte, er doch von größtem Vertrauen
beseelt sei.*
Der Bauer, der sein Unwesen ver
lausen wollte, war ebenso dem Druck
sehlerteusel versallen, wie das unver
mählte (neu-) Ehepaar, das eine Woh
nung suchte, oder die junge Frau, die
mit langem Herzen ihrer schweren Runde
intgegensah. Freilich gehen den Druck
sehlern nicht selten Schreibfehler voran.
Recht harte Nüsse werden ost den Jnse
ratensetzern zu knacken gegeben: Ma
nuskripte, deren Urheber milder Ortho
graphie in offener Fehde leben. „Ent
seuthar" konnte nur als Inventar,
.Jbertäg" als Hypothek gedeutet, „Ti
regter" mit Director, „verkwend" mit
jrequent gleichbedeutend erachtend,
„Dießgrödetzion" als neue Schreib
weise sür DiScretion gehalten werden.
Mit einer „Thalien". Arbeiterin war
nicht etwa eine im
nein, es war eine inlt der Nadel arbei
tende Dame gemeint. „Biero" wird
häufig von Leulen geschrieben, denen
das Wort Bier jedenfalls viel geläufiger
ist, als Bureau. Während es falsch
geschriebene Manuskripte gibt, bei denen
der Spaß aushört, Wirten andere wie
der komisch. Z. B.: „Ein gedienter
Kavalier (Cavallerist) sucht Stelle als
öcdienter". „Von Herrschaften ab
deckte Kleider u. s. w."
Ate Sache ist geregelt!
Besuchen!!: Aber beste Frau O'Flan
aigan, die beiden Zwillinge sehen sich
Zoch so ungeheuer ähnlich, daß ich gar
nicht begreisen kann, wie Ihr sie von
linander unterscheiden könnt!
Frau O'Flaiinigan: Nichts leichter,
ils das, wir haben sie nämlich schon
längst tausen lassen! Der Eine heißt
Patrick und der Andere Terence!
Moderne Knabeulogtk.
Schüler (der vom Pater wegen der
schlechten Censur eine Strafpredigt er
halten): Also ich soll mich schämen.
'Papa, daß ich eine so schlechte Censur
nach Hause gebracht habe? Da solltest
Du Dich aber noch viel mehr schämen,
daß Du einen so ungerathenen Jungen
zum Sohn hast!
Die Schwiegermutter.—
A.: „Sieh, Freundchen, das wäre eine
Partie sür Dich .... eine wahre Perle
von einem Mädchen!" —B.: „Nichts
für mich, alter Junge, mir graut vor
der Perlmutter!"
»eduld ««» «eld.
Wie oft schon wurde ich sowohl do«
Familienangehörigen etwas ironisch
und von freundlichen Lesern und Lese
rinnen allen Ernstes aufgefordert, doch
Einmal über die beiden bedeutendsten,
das weibliche Leben so sehr beeinflussen
den großen „G", über Geld und Ge
duld, zu schreiben. We»n ich trotz der
wiederholten liebenswürdigen Aufmun
terung diesen beiden gefährlichen The
mataS bisher vorsichtig «uS dem Wege
gegangen bin, so geschah e« aus zwei
triftigen Gründen. Erstens, weil das
ganze Leben der meisten Frauen ohne
dies unter fortgesetztem Geldmangel und
endlosen Geduldsproben dahinfließt, ich
es also für meine Pflicht hielt, am
Sonntag doch sür eine kleine Abwechs
lung in dem Text des eintönigen alten
Liedes zu sorgen und von dem monoto
,nen Jdeengaiig der Arbeitstage etwas
abzulenken. Und zweitens, weil so
wohl Geduld als Geld meine aller
schwächsten Seiten sind und Niemand
gerne über Dinge spricht, oder gar
schreibt, von denen man wenig versteht
und besitzt, wie ich von der weiblichen
Geduld-Tugend, und dem man so ge
ringfügige Kenntnisse und Begriffe ent
gegenbringt, wie ich dem gleißenden
Golde. Da nun aber alle meine
freundlichen Leser wissen, daß sie weder
mit Jaq, Gould'schem Geiste erfüllte
Finanzpläne, noch erbauliche Reden
über die hehrste aller weiblichen Eigen
lchaften, die Engelsgeduld, zu erwarten
haben, so mögen wir uns heute aus
nahmsweise der Geduld und deni Golde
zuwenden.
Die Nebeneinanderstellung der beiden
so grundverschiedenen Dinge, wie Ge
duld und Geld, mag für den ersten
Augenblick etwas willkürlich erscheinen,
doch läßt es. sich leicht nachweisen, daß
sie zu einander in einem gewissen ver
wandschastlichen Verhältniß stehen, da
»>az Zweite aus dem Anfang und dem
Ende der Ge(du)ld zusammengesetzt ist,
und außerdem beide zu der Familie der
flüchtigen, schnell verschwindenden Be
griffe gehören. Auch pflanzen sich unter
oen Angehörigen Beider von Genera,
lion zu Generation di'.sclben Uebel und
Krankheiten fort, sie sind fast alle kurz
lebig und kurzathmig, der LebenSfaden
der Geduld wird jäh zerrissen, und viele
Gelder und Geldbeutel sind sogar
schwindsüchtig.
Auch finden wir in den besten Fami
lien ungleich mehr Individuen, welche
liber Geduld- und Geld-Mangel zu kla
zen haben, als über das überflüssige
Gegentheil. Nach den neuesten For
schungen auf dem Gebiete der Balterio
ogie sind Geduld- und Geld-Kra»lhei
"en sogar auf dieselben bösen Keime
>urückzuführen. Wir leiden an nervö
ser Ungeduld, weil uns das Geld aus
zeht, und uiisere Geldbörse wird ent
nervt, weil wir nicht Geduld genug
besitzen, ihre schwindenden Gräfte
rechtzeitig zusammenzuhalten. Wie
manche seelische Geduld-Verstimmung
der zartbesaiteten Frauen wird durch
kine klanglose Börse verursacht, und
wie oft hat schon klingendes Gold,
allerdings nicht in homöopathischen
Dosen angewendet, ernste Gedulv- und
GemüthSleiden gehoben. Wie viel
liebevolle Geduld vermögen alternde
Reldsäcke in ihrer nächsten Umgebung
>u erzeuge«, und wie geduldig lassen
selbst arme HeirathScandidaten die heil
kräftige Arznei einer reichen Mitgift
auf ihr krankes Herz einwirken.
Außer den angeführten und ange
deuteten gemeinsamen KrankheitSsymp
lomen lassen sich Geduld und Geld auch
nach denselben Regeln der Lebensphilo
sophie behandeln. Beide erfordern ein
zroßeS Quantum Lebensweisheit, um
!in befriedigendes Resultat erzielen zu
können. Man glaubt beide stets im
lleberfluß zu besitzen, wenn man ihrer
Iben nicht bedarf, und kommt der Mo
ment der An- oder Verwendung, so sind
sie beide entschwunden mit Windeseile,
lleberdenken wir z. B. im Stillen, was
vir unserem Manne in einer bejUmm
len Angelegenheit zu sagen haben wer
)en, so reiht sich Wort an Wort, Ge
zanke an Gedanke so logisch, wie nur
!in juristisch geschulter Kops all' diese
pro und Contras anzuführen im
Ztaiidc wäre. Stehen wir aber dann
Zein männlichen, verneinenden oder gar
höhnenden Geiste gegenüber, so genügt
ZNS kleinste Wörtchen, um uns-aus der
Fassung zu dringen. Fort ist die Ge
zuld und an ihre Stelle tritt ein Sturz
dad von beleidigenden und verletzenden
Worten. Ebenio mit dem Gelde!
Wenn wir nn Wirthschaftsgeld im
Aeiste vor uns >eyen, erscheint es uns
leidlich viel und gut, mit Logik und
Erfahrung lenken wir das HauShal
lungsschiff an allen Pro und EontraS
glücklich vorüber, bis auch hier all' un
lere bessere Einsicht an einer unüber
legten Wunschtlippe scheitert. Fort ist
das Geld und an dessen Stelle tritt eine
Sturzwelle von unliebsamen, verletzen
den Worten und peinlichen Situatio
aen.
Nicht anders im Umgang mit den
Bindern! Ist Alles still und rnhig um
die Mutier her, hat sie Zeit und Muße,
sich zu sammeln, so sieht sie mit sreudi
zer Ungeduld dem Momente entgegen,
wo die Gören aus der Schule he>m
lehren. Doch sind sie erst wieder da,
wild, ungeberdig und unordentlich,
mit zerrissenen und beschmutzten Klei
dungsstücken, die des Morgens noch so
tadellos gewesen, machen sich Wider
spruch und Ungehorsam ungebührlich
breit, da ist es dahin, das zart be
hütete Geduldpflänzchen, mit der Wur
zel wird es ausgerissen und darüber
ergießt sich die Fluth ver herben, bö
sen. ungeduldigen Worte. Ebenso mit
dem Gelde! Wir sparen im Geiste Cent
zu Cent, Dollar zu Dollar, das Geld
blinkt und blantt so schön, wir ver
schließen es sorgsältig im verborgenen
Schrein. Da lehren sie heim, die lau
ten Bedürfnisse des tägliche» Lebens,
der Hunger im Magen und die Löcher
in den Kleidungsstücken und der zer»
sehende Einfluß deS fortwährenden Ge
brauches! Dahin sind die zärtlich be
hüteten Gcldpflänzchcn, jeder Schimmer
von ihnen verschwindet und darüber er
gießt sich in herben und bösen Worten
die Klage über die Vergänglichkeit alles
Irdischen.
Wir sehen also, daß Geduld und
Geld recht schwankende, wechselvolle
Dinge und trotzdem gleichzeitig die
vietbegehrtesten Gebrauchsartikel, die
Grundpfeiler des täglichen Lebens, bil
den. Wenn aber die Welt trotz des all
gemeinen Geduld- und Geld-Mangels
doch noch nicht ins Schwanken gerathen,
so danken wir dies Wohl zum Theil je
nen Frauen, welche immer wieder Ge
duld für ihre respektiven Männer. Kin
der. eventuell sogar (um die häusliche
Dreieinigkeit voll zu machen) für ihre
dienstbaren Geister finden. Jenen
Frauen, die im Stände sind, ererbte
und chronische Geduld- und Geld-Krank
heiten mit Liebe und Ausdauer hinweg
zupflegen, welche stets Muth und Ge
wandtheit besitzen, die schwierigsten,
komplizirtesten Geduld- und Geld-
Exempel und -Räthsel mit stoischer
Ruhe hinwegzuphilosophiren. Diesen
weiblichen Heldinnen, den erfolgreichen
Siegerinnen im endlosen Kampse mit
den beiden bedeutungsvollen großen
„G" des Lebens zolle ich meine ausrich
tigste Bewunderung und schätze sie um
so höher, je weniger ich glaube, mich
selbst zu denselben rechnen zu dürfen.
vrdlich belastet.
Als Dich ich zuerst gesehen.
Da gingst Du mit der Mama,
Du pinienschlcink und geschmeidig,
Sie ganz Hippopotama.
ES war mir, als müßt' ich bitten
Das Schicksal, Elfe, sür Dich,
>Es möge Dich schlank erhalten.
Denn Muttern war sürchterlich.
Doch als Deinen Vater gesehen
Ich hatte er kam hinterdrein
Da dachte ich wieder: „Um AlleZ
So mager dürst nie sie sein!"
Es legte sich auf meine Liebe
Wie Reiffrost die Theorie
Der erblichen Belastung
Ich kann Dich besitzen nie:
Denn daß, als Sprößling der Beiden,
Das Mtelding Dir sich beut:
Nicht zu stark und nicht zu mager
Wer garantirt mir dai heut'??
Th. M.
Di« Gefräßigkeit einer GetS
ist wirklich überraschend. Auf den
Hinterhof, der an die Redaction des
Weltblattes, des „Arizona Kickers"
stößt, gerieth neulich von ungefähr ein
Geisbock, der einem irischen Politiker
der Ward angehört. Der Anblick, der
sich in wenigen Augenblicken darbot,
war so überraschend, daß selbst
stete Geistesgegenwart, welche den
Ehefredacteur des „KickerS" auszeichnet,
diesen aus einige Augenblicke verließ
und einem stummen Staunen Platz
machte. Aber nur auf wenige Augen
blicke. Denn gleich darauf rief der Re
dacteur und Bürgermeister bekannt
lich vereinigt er beide Würden in seiner
Person-durch Telephon den stets be
reiten Schncllpholographeii des Blattes
herbei und dieser tam gerade noch zur
rechten Zeit, um durch eine Moment
ausnahme das denkwürdige Ereigniß zu
verewigen.
Der wackere Geisbock hatte unter
Scherben, alten Blechkannen, leeren
Tintenflasche», alten Zeitungen u. s.w.
furchtbar Musterung gehalten. Zu
gleich war der Hinterhof rein gesäubert.
Das war dem „Arizona Kicker" sei'
Menschengedenken nicht passirt.
Feine Handarbeit. Arzt
-zur gnädigen Frau): „CS ist ganz auf
ialleud, wie sehr sich im letzten Winter
Ihre Augen verschlechtert haben! Sie
haben sich dieselben gewiß mit seinen
Handarbeiten verdorben?" Dienst
mädchen: „Ja, ja, Herr Doctor... .ich
Hab'S immer gesagt, aber die gnädige
hat sich's halt nicht nehmen las
sen jede Woche hat sie die vielen
vutterbrote für unsere Dienerschaft
selbst hergerichtet!"
Kindliche Beobchtung.
Linchen: Siehst Du, Mama, das ist
gewiß der Spatzeupapa!" Mutter:
„Woran erkennst Du denn das?" Lin
!hen: „Der macht auch immer gleich,
daß er wieder von zu Hause sort
kommt!"
GerechterZweisel. Rechts
anwalt: „Ihr Gegner ist verurlhcilt,
Ihnen die ganze Summe zu bezahlen,
nur müsse» Sie die Kosten tragen."
sslient: „Ja. hab' i denn nu eigentlich
z'wonne oder verlöre?"
Auch ein Künstler. Len
her, (stolz): „Denke Dir. Lieschen,
mein Baier ist jetzt auch Künstler ge
worden!" „Lieschen: „So? Was sür
nner?" —Lenchlin .Er macht Kunst
dulter."
Theaterelephanteu.
Wohl noch viele Theaterbesucher
Verden mit Vergnügen an die Zeit
denken, als die Kuh in dem Sensa
tion«- und Spcktakelstück „Evangeline"
die Runde auf allen amerikanischen
Bühnen machte und überall große Hei
terkeit erregte. Neuerdings hat der
bekannte GroteZkkomiker und Baßbuffo
De Wolf Hopver in dem zwischen Posse,
Operette und Feerie die Mitte halten
den Ausstattungsstück „Wang" einen
Elephanten auf die Bühne gebracht, der
so außerordentlich täuschend nachge
ahmt ist. daß viele Zuschauer allen
Ernstes glaubten, einen wirtlichen
Elephanten vor sich zu haben bis sie
dann der verblüffende Umstand, daß
dieser Elephant zu tanzen und auszu
schlagen ansing, und zwar im zierlich,
sten Walzertakt, sie von ihrer Tauschung
befreite.
Gciicll deS Elephanten,
Zwei Männer „spielen" den Ele
phanten, und obwohl die ganze Scene,
während deren der lustige Vierfüßler
sich producirt, kaum zehn Minuten
dauert, haben diese beiden unsichtbaren
Männer doch eine äußerst schwere Auf
gabe, und zwar so schwer, im wörtlichen
Sinne, daß ihnen der Angstschweiß in
ihrem dunklen Gefängniß von der
Stirne strömt, während das Haus vor
Lachen erdröhnt und die Beifallssalven
gar kein Ende nehmen. Endlich springt
Wang, der gesürchtete Sultan und
Feldherr, von seinem riefigen Reitthier
ab die beiden geplagten Männer ath
men auf, d:nn der Elephant darf ab
treten und ihr Tagewerk ist für diesmal
gethan.
Wenn wir eben bemerkten, daß beiden
„Darstellern" —die das Publikum aller
dings nicht zu sehen bekommt der
Schweiß von der schweren Arbeit an der
Stirne herabrinnt, so hat das nicht
allein seinen Grnnd in der Schwere der
gewaltigen Thiermaske. Sie tragen
das oben abgebildete Gestell, welches
nach Art eines Joches für Schulter,!
und Arme angepaßt ist. Dasselbe
dient zugleich zur Vermittelung des
Rapports zwischen den beiden Trägern.
Denn selbstverständlich müssen die Be
wegungen der Vorder- und Hinterbein«
in Einklang stehen, und der Vorder
mann muß daher ganz genau aus den
Hintermann und dieser umgekehrt aus
den Vordermann aufpassen. Das Ge
wicht des Elephanten ist so gut und
gleichmäßig auf die vier Stützpunkte
vertheilt, daß der Reiter nach Belieben
auf dem Rücken hin und her rutschen
kann, ohne daß das Gleichgewicht ge
stört wird.
Die Beine des Elephanten bestehen
aus dick wattirten Gummihosen, in
welche die beiden Mimen hinein
schlüpsen. Dieselben werden ebenso,
wie ArbeitSholen, getragen und durch
starke Achselbauder gehalten. Die Ho
sen sind übrigens mit schweren Gutta
percha-Sohlen versehen, sodaß sie mehr
ungeheuren plumpeiz Strümpsen glei
chen. Das Nicken und Schütteln des
KopseS, welches einen täuschend natür
lichen Eindruck macht, wird auf dieselbe
Weise hervorgebracht, wie be> den nicken
den Porzellan-Pagoden. Die Riemen
werden entweder von dem auf dem Ele
phanten sitzenden „Mahaut" (Lenker)
oder dem Vordermann im Innern di
rigirt und dadurch die Bewegungen des
Rüssels autgeführt.
Im zoologischen Garten.
Bauer (vor den Kameelen und Drome
daren stehen bleibend): „Jetzt hab' i
immer geglaubt, für einen König sei
nen Garten werden die schönsten Thiere
ausgesucht ... stellen s' da so bucklige»
Biehzeug her das ist a Schund!'
Strenge Erziehung.
Bonne: „Gnädige Frau, der Egon hat
mich wieder mit den Füßen gestoßen!"
Gnadige: .Aber, Egon, und mit
Stieseln? Dazu könntest Du wenig
stens Deine Filzschuhe anziehen!"
Gesprächsanknüpsung.
Im Eisendahnwagen. Reisender:
„Mein Herr, heißen Sie vielleicht
Ma>er?" Rachbar: „Reu»." Rei»
sender: „Das ist wirtlich schade, denn
wenn Sie Maier hießen, hätte ich einen
Wik aut Namen aemuvt."
«er»«« t« «tzt««.
Das Reich der Mitte so lesen wir
im „Ostas. Lloyd" ist das Land der
Aerzte von dem Schlage Dr. Eisen
barts. Die Diagnose. Prognose, wie
auch Behandlung aller Krankheiten
überhaupt beruhen einzig und allein
auf der Puls - Theorie; die bezopften
Jünger AeSkulaps können die Natur
jeder Krankheit durch einfaches Fühlen
des Pulses erkennen. Diese Puls-
Theorie ist aber eine ganz besondere.
Jeder Theil des Körpers hat nämlich
einen bestimmten Puls: sie fühlen ihn
zunächst an beiden Handgelenken, oder
wie sie sagen, an beiden Seiten des
Körpers, da er auf beiden Seiten ver
schieden ist, und damit nicht genug, sie
können sogar sechs verschiedene Pulse
an verschiedenen Theilen jedes ArmeS
fühlen. Diese zwölf Pulse entsprechen
oder gehöreixzwölf verschiedenen Einge
weiden an.
Wie dies auch in Europa der Falk
ist, erfreuen sich manche Aerzte in China
größerer Beliebtheit als andere, nicht
so sehr, weil sie tüchtiger sind, sondern
weil sie es verstehen, sich den Anschein
von Ueberlegenheit über ihre Kollegen
zu geben. Das Beilegen von Spott
namen seitens des Volkes ist etwas
ganz gewöhnliches, und zwar giebt man
ihnen gewöhnlich Namen, die auf die
Arzeneien hindeuten, welche sie am häu
figsten verschreiben, wie z. B. Dr.
Rhabarber. Dr. Hirschhornsalz u. dgl.
Die Lebensweise dieser Aerzte ist so
ziemlich dieselbe. Bis gegen 10 Uhr
verbleiben dieselben in ihrer Wohnung,
um Patienten zu empfangen. Darauf
machen sie ihre Gänge und zwar zu
meist in einer Sänste. Sie besuchen
diejenigen Patienten zuerst, die hier
Namen und Adressen zuerst in ihr Buch
eingetragen haben; auch ist es mitunter
Sitte, daß der Kranke über eine Haus
thür das Schild des Doctors hängt,
damit Letzterer die Wohnung leichter
finden kann ; denn dies ist in einer chine
sischen Stadt, wo ein HauS dein ande
ren so sehr ähnelt, keine Kleinigkeit,
und das Nummeriren der Häuser ist
bislang noch unbekannt in China. Der
Medikus wird in dem Empfangszim
mer von den nächsten Anverwandten
des Kranken mit tiefen Bücklingen em
pfangen, man bietet ihm Thse und
ein Pfeifchen an. und fordert ihn da
rauf auf, den Puls des Patienten zu
fühlen; ist dieser ein Mann, so setzt er
sich ihm gegenüber, ist es aber eine
Frau, die seine Hilfe in Anspruch
nimmt, so trennt ihn von der Weiblich
keit ein Bambuswandschirm, der nur
sortgenoiiimen wird, wenn der Arzt die
Zunge der Kranken sehen will. Im
Uebrigeii begnügt er sich mit ernstge
lehrler Miene den Puls zu fühlen, der
ihm ja Alles sagt. Dann werden Fe
der und Tinte gebracht und der Arzt
schreibt em Rezept nieder das zahl
reiche, fast ausschließlich dem Pflanzen
reiche entnommene Bestandtheile ver
langt. Das Rezept wird zum Äkpothe
ker genommen, der das geheimnißvolle
Mittel zusammenbraut. Ist der Kranle
ein Beamter oder eine reiche Person, so
wird die Natur der Krankheit und die
Behandlungsart schriftlich bezeichnet,
damit die Familie das Dokument einse
hen kann; der Arzt erhält hierfür 5
Mark, sind die Verwandten oder
Freunde des Patienten gewöhnlich mit
einer mündlichen Erklärung zufrieden,
wird das Honorar in ein Stück rothes
Papier gewickelt und heißt der „goldene
Dank";es schwankt von 5V Pfennigen
bi> zu 2 Mark ode? mehr, je nach dem
Vermögen des Patienten. Der Arzt
besucht den Kranken nur dann zum
zweiten Male, wenn er eingeladen wird.
Sollte der Patient nicht gleich gesund
werden, so ruft man zumeist einen
zweiten Doktor, dann einen dritten, ei
nen vierten und selbst noch mehr, bis
die Angehörigen, der Aerzte satt, sich
an einen der Genii wenden oder an ei
nen Gott, der wunderbare Heilkraft
besitzt.
Mit Chirurgie geben sich die chinesi
schen Aerzte so gut wie gar nicht ab.
Wenn es sich beispielsweise «m einen
Knochenbnich handelt, so denkt hier zu
Lande Keiner an den Arzt, man
macht keinen Versuch, den Knochen
wieder zurccht zu setzen. Der Patient
wird aus ein Bett gelegt, und man läßt
die Knochen zusnnimenwachsen oder
getrennt bleiben, wie es das Schicksal
fügt; in 99 bei NX) Fallen kann Einer,
der einmal ein Bein gebrochen hat, nie
wieder gehen. Auch wendet man nie»
mals das Aderlässen, Schröpfen oder
das Schneiden von Geschwüren an, und
a» eine Amputation wagt man sich nie.
Die einzige chirurgische Operation, die
chinesische Aerzte vornehmen, besteht jin
„Nadelstechen", d. h. wenn sich ein
Kuvchen, ein Muskel oder Gelenk in
entzündetem Zustande befindet, so sticht
man in den kraiiken Theil eine kleint
Lanzette, mit der dann aus die sorglo
seste Art herumgearbeitet wird; häufig
hat dies den Tod de» Patienten zur
Folge. In Fällen, wo der Kranke an
schlimmer Verdauung leidet, wird häu
fig mit einer langen Nadel in den Kör
per gestochen, die durch den Magen
oder die Leber geht, oder selbst durck
beide Wsammen.
Guter Rath. Zeichenlehrer:
„Wo hast Du denn Dein Lineal?
Schüler: „Der Vater hat mich gestern
taimt gehauen, und dabei ist eS entzwei
gegangen." Lehrer: „Also, bitte Dei
nen Herrn Vater, er möge Dir ein
härteres Lineal anschaffen!"
Zweideutig. Frau: „Sie
Verden zugeben, List, daß ich mein
möglichstes gethan, um Sie ordentlich
zu erziehen?!" Dienstmädchen: „Ja.
gnädige Frau, da! ist wahr wenn
Sie nicht wären, nachher wär' ich die
nichtsnutzigste Person von der Welt!"
Seelengemeinschaft.
Tis: „So, also um 4 Uhr erst kommst
Du heim, ich habe die ganze Zeit
nicht schlafen können!" Er: „Na, ich
bin ja auch bis jetzt munter gewesen^