Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, July 01, 1892, Page 2, Image 2

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    2 SM Hafergrütze »ur «;nadrnno
deS Kinde« geeignet!
Ueber diese für di« Ernährung der
- Kinder wichtige Frage schreibt Dr. Sich,
in Scho'rrers Familienblatt: Ange
sichts der in der jüngsten Zeit immer
mehr auftretenden Bestrebungen, dem
Hafer eine größer« Verbreitung als
Kindernährmittel zu verschaffen, er
scheint es nothwendig, sich näher mit
der Frage zu beschästigen: „Ist der Ha
fer überhaupt für diese Zwecke geeignet?
„nd, wenn dies zu bejahen ist, in wel
cher Form?" Was den ersten Theil der
Frage betrifft, so dars man wohl sagen,
daß' der hohe Gehatt von Stickstoff-
Substanz und Fett den Hafer zwar als
ein Mittel von hohem Nährwcrth und
bedcuteudem Wärme-Effekt erscheinen
läßt, daß aber dieser Vorzug in der
volksthümlichcn und gebräuchlichen Ha.
Sergrütze nur unvollkommcn zur Gel
tung gelangt, die günstigste chemisch«
Zusammensetzung zum Theil unverwe»
thet bleibt.
Denn im Gegensatze zu den anderen
Gctreidearten besitzt der Hafer eine so
bedcntende, das Korn umschließende
Spelze lKleie), es ist aus diesem Grunde
der für die Ernährung werthlose Holz
fasergehalt ein so hoher, daß der Haser
in der üblichen Form zum Backen fast
untauglich und selbst zur Herstellung
eines gehaltreichen Haferschleims nicht
geeignet ist. Hierzu kommt, daß das
Stärkekorn des Hafers, wie man sich
durch eine mikroskopische Prüfung leicht
überzeugen kann, in dem aus „Grütze"
bereiteten Haferschleim nur geouollen,
nicht gelöst, also unverdaulich ist. Es
war daher schon lange ein Ersorderniß,
mit dem Schlendrian der bisherigen
Bereitungsart des Haferschleims endgil
tig zu brechen. Das führt uns zu dem
zweiten Theil der Frage: „Welches ist
die geeignetste Form zur Herstellung
eines wirklich verdaulichen Hafer
schleims?" Dieser Aufgabe sind die
Industriellen der neueren Zeit mit gro
ßem Eiser näher getreten. Es hat sich
dabei herausgestellt, daß die an und
für sich hohen aber bisher nicht aus
genutzten Nährwertheinheiten des Ha
fers nur durch die gründliche Befreiung
derselben vom Fasernstoff und die voll
ständige Ausschließung der Stärkemehl-
Körper zur Ausnütznng gelangen
können.
Dnrch bloße feine Vermahlung allein
läßt sich wohl der Faserstoff schließlich
beseitigen und durch das meist für ge
nügend erachtete Darren ein Zerfall der
Stärke einleiten, aber die völlige Auf
lösung derselben, also auch ihre Vcr
dauungssähigkeit nicht erzielen. Des
halb mußte man das von Otto Rade
mann in Bockenheim (Frankfurt a. M.)
angegebene Verfahren, die fein vermah
len? Grütze mit Nährfalzen zu verbacken,
wieder zu vermahlen und so das Mchl
zweimal Temperaturen von 200 Grad
Cels. auszusetzen, als einen wesentlichen
Fortschritt bezeichnen. Durch diese Bc.
Handlung ist. wie künstliche Verdanungs
versuche bestätigt haben und die-mikros
kopische Untersuchung beweist, die ge
sammte Stärke thatsächlich aufgeschlos
sen und somit erst eine Aufnahme vom
Darme des Kindes aus möglich ge
worden.
Wir dürfen über dieses rationelle
Versahren eines deutschen pharmacen
trischen Technikers um so mehr Genug,
thuring empfinden, als es dadurch gc
lungcn ist. Mißstände zu beseitigen, die
sich besonders bei ausländischen, speciell
amerikanischen Hafermehl - Prodncten
herausgestellt haben. Dieselben ent
halten die Stärke mehr oder weniger in
rohem, nnanfgeschlossenem Zustande,
während das erwähnte deutsche Präpa
rat „Rademauns Kindermehl" ein wirk
lich resorbirbares Nährmittel ist. ES
enthält (nach König berechnet) in l Kilo
8,0 Mhrwerth - Einheiten. 136,2
Granrm Stickstoffsubstanz. 58.7 Gramm
Hett und 40, K Gramm Mineralsub
stan,-Werthe, welche über die sonstigen
Mehle mit hinausragen.
Ein mit diesem Rademannschen Mehle
hergestellter Schleim ist. da er nur ge
löstes Stärkemehl enthält, von viel
höherem Nährwerthe, als der ans der
üblichen Hafergrütze bereitete. Das
Kind erhält damit in einem geringen
Quantum von Getränk ein concentrir
tes Nährmittel. Es braucht sich den
Magen nicht mit großen Mengen
werthloseren Schleims anzufüllen.
Mit Milch oder Fleischbrühe bereitet,
wird auf diese Weise der Hafer zu ei
nem Nahrungsmittel ersten Randes,
zugleich zu einem Mittel. Diarrhoe zu
verhüten und-zu heilen, sowie svermöge
des Gehaltes an Näbrsalzens Knochen
schwäche und Rachitis zu beseitigen
Anforderungen, denen weder die ge
wöhnliche Hafergrütze, noch die »naris
geschlossenen Hafermehle entsprechen
können. Denn beide enthalten das
Stärkemehl in einer Form, die selbst
einem zehnstündigen Einwirken der Ver
dauungSsäste widersteht, können des
halb also nur sättigen, aber nicht
Mähren.
—Erst er Gedanke. Emma.
.Welchen Eindruck machte denn der
Kölner Tom auf Dich?" Ottilie:
»Nun, ich dachte, wie reizend es sein
müßte, wenn man sich da könnte trauen
lassen!"
Ein Schwerenöther.
.Gnädiges Fräulein, darf ich Ihnen
'was in'S Ohr sagen?" „0ja!....
Aber, Herr Lieutenant, Sie haben mich
sa aus die Wange geküßt!" „Ach.
entschuldigen Sie, m«in gnädiges
Fräulein, ich konnte Ihr Ohr nicht
linden es ist zu klein!"
Bestrafte Verschwen
dung. A: „Warum hast Du Tei'
Jüngelche vorhin so durchg'haut?"
B: ~Te»k' Dir, hat er geträumt ver
gangene Nacht, er hätt' gewonnen in
der Lotterie sünshundert Mark, und als
ich ihn hab' gefragt, was er hab' ange
langen mit dem vielen Geld, sagt er:
it Veloziped hab' «r sich dafor ge
kauft!"
Der Letzt« von Mextean - Camp.
„Merican-Camp" war ein Ncftchcn
aus schneeweißen, in einem engen Thale
der Sierra zusammengedrängten Gold
gräberzelten. Hütte der Leser nahe
beim Flaggenmast in der Mitte des La
gers gestanden, auf welchem bei Ankunft
u«d Abgang des „Mustang-Expreß"
des einzigen Fadens, welcher diesen Ort
mit der Außenwelt verband das
Sternenbanner aufgezogen ward, und
scharf nach Westen geblickt, er würde an
einem besonders klaren Tage den Stil
len Ozean in der Sonne glitzern ge
sehen haben. Die Berge hinter ihm,
unten dunkel von Tannen und Eedern,
darüber grau von Granit und Basalt,
hoch droben aber weiß von ewigein
Schnee, hätten ihm das Gefühl verlie
hen, im Rücken sicher gedeckt zu sein.
Er würde rings um sich herum, an dcn
Hügelhängen und im Thale, Riesen
bäume ihre schützenden Arme über
Taufende von Männern haben strecken
sehen, welche zur Zeit kein anderes
Obdach kanikten, während zu seinen
Füßen in der Schlucht, soweit das
Auge zu spähen vermochte, der kleine,
schlammige Bach sich durch ganze Ge
schwader von zinnernen uud eisernen
Plannen und größeren mexikanischen
Holzbcckcn, durch Waschbänte, Schleu
sen und kleine Seen Bahn brach. Er
würde lange, graue Züge mexikanischer
Maulthiere gesehen haben, welche sich
um den Berg herum in das Lager
wanden, und die stark mit Flüchen ge
pfefferten Zurufe der Treiber gehört
haben. Auch der Klang der Art rmd
des Hammers hätte cr von allen Seiten
vernommen, denn eine neue Stadt
war so zu sagen in der letzten Nacht
zur Welt gekommen, und was er
rings hörte, war nur das erste Regen,
Schreien und Händchenausstrecken des
neugeborenen Kindchens. Den ganzen
Tag über hockte an jeder Seite des
Baches eine Reihe von Männern, die
Gold wuschen. Mexikaner »nd Ameri
kaner, die bei Monterey Brust gegen
Brust gestanden, saßen hier friedlich
Seite an Seite. Ter Advocat schaffte
neben seinem Clienten; der Knecht ent
deckte, daß seine kräftigeren Arme ihn
dem w.ichlichen Herrn überlegen mach
ten. den er einstmals bedient hatte.
HlDa; w r reine, schlichte Demokraticl
Hier »errichte Leben, Energie und Ernst.
Es war der Beginn einer Wettjagd nach
dem Glücke mit gleichem Anlauf sür
Alle. Welch' einen Antrieb das gab!
ES feuerte selbst den Trägsten an, es
durchdrang den Glcichgiltigstcn und riß
ihn mit fort, es hob und veredelte auch
den Schlechtesten. Maxiean-Camp ist
längst dahin; aber es hat seine Lehre
hinterlassen einen unzweideutigen
Wahlspruch zu Gunstcn der absolute»
Gleichheit aller Menschen.
Jeder Mann, ob hoch oder niedrig,
eignete seine sechs Fuß Grund und
Boden. Das war an demselben Tag»
an welchem d.'r Flaggenmast auf' »
richtet wurde, von einem an dessen Fuxc
abgehaltenen Goldgräber - Parlamente
zum Gesch erhoben worden. „Kängu
ruh-Brown" hatte den Vorsitz gefuhrt,
und zwar mit überraschender Würde,
wenn man den langen Kursus bedachte,
welchen er in Sidncy durchgemacht,
gar nicht zu reden von den vielen unbe
sonnenen Handlungen, deren man ihn
beschuldigte, ehe er sein Vaterland aus
dessen Kosten uud zu dessen Bestem ver
lies!.
Man hatte anfänglich beschloßen, das?
jeder nur sünf Fuß haben solle. Aber
ein Yankee, welchem eine außcrordcnt
lich ergiebige Steile zugcsallcn war,
beantragte eine nochmalige Erwägung
des Gegenstandes. Folgendes war
sein, im höchsten, ihm zu Gebote ste
h.mden Tone cingebr.rcht.'r Antrag:
„Jungens, ich bin sür einen Fuß
mehr! Hol's der Geier, laßt uns wenig
stens Jedem soviel geben, das; er sich
darin begraben lassen kann. Alle, die
für sechs Fuß sind, wollen „Ja" sagen.
Der ganze Chor stimmte zu.
Ja'S haben die Majoriiät, und sechs
Fuß sind Gesetz, »nd damit erkläre ich
c>»,° Versammlung »ins cliv rertagt."
Mit diesen Worten stieg d.r Präsidcnt-
Zuchthäuclcr bon dem Fichtenstumps.
auf welchen, er in Hemdsärmeln gestan
den hatte, nahm Picke »nd Pfanne und
begab sich, seiner einstüudigen Würde
entkleidet, an seinen Arbeitsplatz, um
weiter zu schaffen. Dasselbe thaten
die Tausende von Männern um ihn
Hr.
Als wahrheitsgetreuer Chronist bin
ich so zu sagen gezwungen, daß der
Sabbath niemals große» Werth für
den Goldgräber am Stillen Meere
hatte. ES war Gebranch, daß Alle an
diesem Tage in der „Stadt" blieben,
und dic Straßen wimmelten dann von
bärtigen Männern. Kein Weib, lein
Kind war weit und breit zu erblicken.
Nenn Zehntel aller Verbrechen wur
den am Sonntage begangen. Nach
dem man Lebensmittel für die Woche
eingekauft oder durch den „Erpreß"
Goldstaub an die Angehörigen in der
Heiinath abgeschickt hatte, gab man sich
den einzigen Unterhaltungen hin, welch«
da» Land zu bieten schien dem Kar
tenspiele und dem Trünke. Die Män
ner dcS Stillen Oceans warm »rsprü» «
tich ein Heldenheer ohne Gleichen. Ncr
pcmchwache »rächten sich nientals a»f
de» Weg dorthin. Körperschwache star
ben auf der Wanderung, und das Er
gebniß ivar, daß nur eine auserlesene
Schaar, gleich befähigt, im Guten wie
im Bösen Großes zu leisten, an Ort
»nd Stelle gelangte. Sie hatten nichts
gemein mit den Akrnnern anderer Lan
der. Ter lärmende Grenzstrolch des
Missouri zum Beispiel sindet in ßal'«-
sornien kein Seitenstück. Der Tollkovs
des Stillen Oceans verschmäht die
Worte.
EM halbes Dutzend Deutsche oder
Irländer wirrle mehr Lärm über den
Preis eines Glases Bier machen, als eio
ganzes Lager' Californier über ein«
Mißhellig.eit, wMe» mit eben fo vielen
Tödtungen eiides^
Mexican-Cam?.. blühte viele Jahre
lang gleich einer Palme; dann aber be
gann es, wie alle Goldlagcr dcs Placo,
allmählich abzusterben. Die gyldhal
tigstcn Slcllcu der Schlucht waren aus
gewaschen und die besten Männer des
Lagers kehrten einer nach denr andern
in ihre scrnc Hcimath zurück, oder dran
gen anch wohl tiefer in das Gebirge
ein. An dic Stelle des Germanen trat
der Chinese: aber er hauchte dem Ort«
kein nencS Lcbcn ein. Lccre Blockhäu
ser und Adobe-Schornsteine standen dic
ganze Schlnchl entlang, und ungestört
sonnten sich «uf ihnen die Eidechsen.
Der Fleischer, dieser große Autokrat
kineS jeden Goldgräberlagers, langte
mit seinen beladcnen Maulthieren nur
noch zivcimal i» der Woche an, statt,
wie elpdem, zweimal des Tages ein
böses Zeichen.
Aber eine Hütte gab es noch, die
niemals leer stand. Sie lag abseits
von der Stadt am braunen Hügel
hange. und wie sie eine der ersten ge
wesen war, schien sie auch die lctztc sein
z» wollen. Sie hatte stets eine häßliche
Bnlldoggc als Wächter an der Thür
nnd war selber ein niederer, verdächtig
aussehender Bau, der von Jahr zu
Jahr tiefer einsank, je höher das GraS
ringsum emporwuchertc, bis es schien,
als wolle er sich im Gestrüpp »nd Busch
werk verstecken. Diese Hütte hatte nur
einen einzigen Bewohner, einen schweig
samen, egoistischen Menschen, der dcn
nanzen Tag über nicht herauskam, au
ßer wtnn cr nach seinem Platze am Mer
ging, um dort allein zu schaffen. Man
wußte nichts über ihn. als daß er ein
mal vor langer, langer Zeit, nm 1849
herum, seinen Kameraden in einer
Spielhölle getödtet habe. Alle fürch
teten und mieden ihn, und er redete
Niemanden an. Ich glaube jedoch,
daß jener alte, unter dem Namen
Jimmy Neunundvierzig bekannte Aus
würfling sich zuweilen mit dem Mörder
nnterhiclt, wenn dieser aus seinem An
theil arbeitete. Ja, man behauptete
sogar, daß „Neunundvierzig" mit dem
Hliitdc an dcr Hüttenthür auf freund
schaftlichem Fuße stchc; da aber der
jenige Mann, welchcr dic einzige in
Mcxican-Camp verbliebene Schänk
wirthschast hielt und in Folge dessen
als Autorität galt, dies bezweifelte, so
schnitte Niemand der Sache rechten
Glauben.'
Es sei hier gleich bemerkt, daß, wenn
ein GoldMberlager in jcncn chroni
schen Zustand gcräth, in welchen
Mexikan-Cainp versunken war, dic da
rin Zurückbleibenden der Regel nach
Tagediebe und nichts weniger als echte
Repräsentanten der Goldgräber-Zunft
sind. Sic verhalten sich zu dem wirk
lichen, energischen „minor" etwa ebenso,
wie jene jämmerlichen Indianer, welche
sich auf einer Reservation nnterbringen
lassen, zu den wilden Söhnen der Wäl
der,ßdie sich vor ihren Feinden in s Ge
birge zurückziehen.
Der einsame Mann mit dem bissigen
Köter sührte den Namen „der Ham
ster". Er war ihm natürlich nicht
von feinen Eltern gegeben worden, son
dern von säst einem Menschenalter von
den Insassen Merikan-Camp'S, und ei
nen andern kannte man nicht. Dcr
Werth des Goldes, welches er in den
vielen, vielen Jahren dcs »naushörli
chen Schaffens in dieser elenden Hütte
aufgespeichert und versteckt hatte, wurde
als ein ganz kolossaler geschätzt.
Jahraus jahrein stahl sich das Gras
weiter 'hernieder von den Gipseln dcr
Hügcl, zu welchen e» in der Blüthczcit
des Lagcrs hinausgedrängt worden
war, bis es zuletzt dic wenigcn übrig
gebliebenen Hütten llinringten. als be
absichtigte es ei»e Belagerung, und hoch
emporschießend stand es jetzt unange
fochten in der einzigen noch übrigen
Gaffe. Aber »och immer kräuselte sich
regelmäßig dreimal des TageS der
Rauch von dcr Hültc dcs „Hamster»"
empor, uud die Bulldogge hielt un
unterbrochen die Wacht vor derer.
Thüre.
Ein Stückchen Weges weiter die
Schlucht hinaus war eine Quarzgrube
ausgesunden und eine neue Stadt ge
gründet worden. Dic Eigenthümer
des jungen Lagcr- tauften es „Orodcl
phi"; aber jener einzige Schanlwirth
von Mexican °(»amp, welch.r stets be
hanpet hatte, cr sei cin gcborcncr Poet,
nannte es „Hogcm". Der Name blieb
haften, und bis auf den heutigen Tag
kennt man die tteine Ortschaft nntcr
keinem anderen.
Eines Abends herrschte Bestürzung
unter dcn Bummlcrn von Merican-
Camp. Su hatten erfahren, daß nun
auch die letzte Kneipc nach tzagcm übcr«
zusicdcln gcdcnkc. Schon sprach man
davon. Einwand erheben zu wollen.
Als jedoch cin Mann, dcr wegen fcincr
Kaltblütigkeit angesichts der größten
Kalamitäten den Namen „dcr Richter"
führte, daranf hinwies, daß das Un
glück nicht so groß sei, weil ja cin Jeder
mit Leichtigkeit scine Wolldcckcn nebst
Bratpfanne in eine der leeren Hütten
von Hogem tragen könne, da waren
Alle befriedigt.
Im nächsten Winter war der Hamster
ganz allein zurückgeblieben, und in dem
daraus folgenden Januar-Frühling
kröche» Gras und Klee in noch dichteren
Massen von dcn Hügcln hernieder, als
je zuvor, um sich als herrlicher Teppich
über die unauvgemesfenen Gassen des
einst so volkreiche» und blühende»
Mexican-Camp anszubrciten. Kleine
graugehörnte Kröten sonnten sich auf
den großen flachen Felsblockcn. welche
einst als Hcrdstcine gcoicnt hatten, und
dic wilden Hopfenranten kletterten an
dcn überhängenden, formlosen Schorn
steinen empor.
Um diese Zeit tras es sich, daß
Wahl bevorstand, bei welcher beide Par
teien gleich große Hoffnung aus den
Sieg hegten. ES war ein kühncr und
origineller Gedanke des einen Candida
ten, sich dem Hamstcr nähern und um
dessen Votnm bewerben zu wollen.
Seine Freunde schüttelten bedenklich die
Köpfe; aber die Situation war cinc
verzweifelte, und so wagte er dcnn, sich
förmlich in dem hohen Grase uud dem
Gesträuch Deckung suchend, den Gang
nach der altersgrauen Hütte. Der
Hund erhob Protest, und der Eandidat
wollte eben den Stil einer Picke gegen
ihn erheben, als die Thür aufging und
er sich der Mündung einer doppelläufi
gen Flinte unmittelbar gegenüber fah.
Ter Stcllcnfucher nahm sich nicht die
Zeit, seine Wünsche dorzobringen und
die politische Ansicht des Hamsters blick
ein Geheimniß.
Ich kennc nur noch ein einziges Er
cigniß, welche die Oc»c uud Eiirtönig
keit im Leben dieses'seltsamen und
selbstischen Menschen unterbrach. In
einer sehr finstern Nacht sand man aus
dem Fußwcge nach Hogem zwei ver
dächtige Individuen, die sich mühsam
fortzuschleppen suchten. Sie waren
von Schrotkörnern vollständig durch
löchert, wie ein Seiher, und hatten, wie
sie später einräumten, diese Feuertaufe
empfangen, als sie ans einer Schürftour
nach dem Golde des Hamsters dcn Ver
such machten, durch dessen Schornstcin
einzusteigen.
Hier in diesem Sonnenlande greifen
die Tage tief in die Nächte der mehr
nördlich gelegenen Länder ein, und
gel und Vierfüßer gehen fchon vor Son
nenuntergang zur Ruhe —ein Gebrauch,
wclchcn der hierl,«r verpflanzte German
zu adoptiren sich weigern.
Etliche Müßiggänger saßen um Son
nenuntergang aus der Veranda des
„Salons" zn Hogem und blickte» die
Schlucht hinunter nach dem Manzin
netta-Rauche, welcher sich kräuselnd
aus dem Blockhause des Hamsters em
porstieg.
Ein Matrose brach zuerst das Schwei
gen.
„Schaut aus wie ein Fidschilager aus
einer Südsceinsel," meinte er.
„Robinson Crusoe der Letzte von
Merican-Camp des Sommers letzte
Rose", bemerkte Jüngling, der un
längst Verse an das „Hangtown-
Wochenblatt" geschickt hatte.
„Kommt mir vor wie ein Schip
penaß", sügte ein Anderer hinzu, wel
cher abseits saß und soeben das Wachs
am Nagel seines rechten Zeigesingers
betrachtete.
Jetzt hob „der Schulmeister" eine
Karte auf, zog seinen Bleistift hervor
und begann hastig zu rechnen.
„So!" rief cr, dic Karte fchwcnkcnd,
„ich habe täglich mir eine Unze angc--
nommen macht in achtzehn Jahren
diesen Betrag!"
Da» Produkt setzte Alle in Erstau
nen. Sie waren zu der Ueberzeugung
gelangt, daß der alte Geizhals minde
stens eine Maulthierlast an Geld in
seiner Hütte haben müsse.
„Nach meiner Ansicht," sagte der
„Sguire", der von kleiner Statur und
folglich naseweis und srech war, „sollte
man ihn verlosten, Prozessiren und
hängen, weil er seinen Partnc
umgebracht hat."
„Die Sache ist verjährt," warf der
„Corouer" ein, welcher jetzt, einen
hohen Hut auf dem Kopfe, an dcn cr
«ugcnfcheiulich noch nicht so gewöhnt
war, hinzutrat. „Die Zeit sür einen
derartigen Prozeß ist abgelaufen, von
Rechts wegen, und nach meiner Mei
nung ist da nichts mehr zu machen."
Bald nach dem obigen Gespräche be
merkte man, daß der Hamster nicht
«nehr an seine Arbeit ging. Dann tam
der Bericht, daß er sehr krank'sei und
daß man den allen Neunundvierzig aus
feiner Hütte treten gesehen habe.
Früh an einein frostigen Herhst
morgen saß Neunundvierzig vor der
Thür der Schankwirthschast zu Hogem.
Er hielt eine alte erblindete Bulldogge
an einem Tauende, und Mann und
Hnnd glichen Bildern dcs Jammers, so
zittertcn und bebten sie von dem eis
kalten Winde, welcher von den Schnee
gipseln herniedcrfegte. Als ich mich
ihm näherte, hörte ich, wie dem Alten
die Zähne klapperten. Sobald ich vor
ihm stand, blickte er traurig zu mi
auf.
„Charlie ist todt", murmelte er.
„Was sür ein Charlie? Wer ist
Charlie?"
„Charlie Godsrey der Hamster
un) hier ist sein Hund." Und indem
er so sprach, schmiegte sich das Thier,
als ob es den Nain.n seines »rrn ver
stände »nd dessen Verlust fühlte, dichter
an die K.üce dcZ Mannes.
Nuu tam große Aufregung über
Hogem. Man mag vom denken
was man will sobald Jemand die
Angen schließt und sich, glcichsam wie
in Verachtung, von d msclb.'n abwen
det, erlangt auch sein Name auf t»r;e
Zeit eine Majestät, w.'ichc dcr>cnigen
Summe entspricht, die cr zurückließ uud
nun zu vcrjchmähcn scheint.
Ter Coroner trommelte dic Honora
tioren zusammen und brach mit ihm»
nach der Hütte auf, wo d.r Todte lag.
Er suhlte, daß seine Rcputation als
öcamtcr und Candida! für höhere
Stellen auf dem Spiele stand, und
>'agte daher beim Eintreten mit feier
licher Stimme: „Im Namen des Ge
setzes nehme ich Besitz von diesen Räu
men." Da Niemand etwas gegen diese
Erklärung erwiderte, so befand sich jetzt
»cr todte Hamstcr mit sammt all seinem
Koldc in den Hondcn der Gerichts
behörde.
Man mußte übrigen» zugeben, daß
»er Todte durchaus keinen so abschrecken
den Anblick darbot, als ihn die Phan
tosie sich ausgemalt hatte. Seine weit
offenen Augen waren sest auf Diejeni
gen gerichtet, welche nur kamen, um
ihn zu verlästern, und sich die Köpfe da
rüber zerbrachen, wo wohl sein Gold
verscharrt sein möge.
Die Geschworenen gaben unter An
leitung dcs (>'oroners den Wahrspruch
ab> „Tod infolge von Altersschwäche."
Einer machrc den Versuch, den Beam
te» in Mißkredit zu bringen, indem er
nachträglich bemerkt.', daß derselbe ver.
gessen habe die Jury cinzufch vören.
Allein dieser entgegnete: „Das i t in sol
chen Fällen nicht nöthig— von Rechts
wegen," und damit gab man sich zufrie
den.
Man trug die Leiche des Letzten von
Mcxican-Camp nach dem Friedhofe auf
dem Hügel ein klein wenig näher
zum Himmel. Den Platz der Haupt
leidtragenden erhielten Ncunnndvicrzig
und der Hund. Ob dies geschah, weil
jener der einzige persönliche Bekannte
des Dahingeschiedenen gewesen, oder ob
die von ihm geführte Bulldogge auf ei
nem Rechte bestand, welches ihr Nie
mand streitig zu machen wagte, bleibe
dahingestellt.
Als diese bärtigen Männer in den
blauen Woilheinden ihre Bürde
neben dem ossenen Grabe niedergesetzt
hatten, blickten sie einander an, und
eine peinlic'«.' Pause entstand. Viel
leicht dachten sie an christliche Begräb
nisse in anderen Ländern und waren
sich bewußt, daß hier etwas fehle.
Endlich stahl sich Neunundvierzig dicht
an das Kopfende der Gruft, besaun sich,
nahm seinen alten Schlapphut ab, legte
ihn beiseite uud sagte dann, starr zur
Erde blickend, im leisen Tone der Ver
legenheit:
„Erde zu Erde, und Staub zum
Staube. ..."
Tann besann er sich nochmals, und
schließlich fuhr er fort:
„Ter Same von Senf und Klee sind
nur kleine Körnchen, und Niemand ver
mag den einen von den anderen zu un
terscheiden. Und dennoch bringt ein
jedes, wenn man es in die Erde ver
senkt, seine Art schön und vollendet her
vor. Und .... und der Mensch
ist sicherlich mehr werth, als ein klei
nes Samenkorn uud
und...."
Hier blieb er vollständig stecken, und
dann kniete er nieder und küßte das
Antlitz des Todten.
Tic Männer wendeten eine Zeitlang
die Augen ab, als suchten sie etwas
am Horizonte, »nd dann senkten sie,
ohne sich anzublicken oder das Schwei
gen zu »ntcrbrcchc», den formlosen Ka
sten nieder, griffen zu den Spaten und
schaufelten da» Grab mit Emsigkeit zu.
Ter Eorouer machte sich nun daran,
nach den vergrabenen Schätzen zu su
chen. „Wie 5» das Gesetz in tolchcu
Fällen erheischt, und zwar von Rechts
wegen," sagte er. Backpillve schachteln,
Austern- »»d Sardiiienbüchsen, alte
Stiesel uud OueMberbehälter wurde»
ohne Erfolg herausgeholt und unter
sucht. „Im Lagcrsiroh," meinte der
.Beamte, und Decken, Stroh und die
ganze Pritsche,wurden an'S Sonnen
licht befördert! aber es faiH sich auch
nicht eine einzige Unze Gold. Um vor
dem Eindringen Unbefugter sicher zu
sein, schlug der unermüdliche Eoroner
fein Nachtlager in der Hütte aus.
Am nächsten Tage ward der Herd
sorgfältig Stück sür Stück auseinander
genommen! aber nur schwarze Heim
chen nnd weiße Mäuse mit rothen Acn
gelchcu kamen zum Borschein. Schließ
lich sprach Jemand die Vermuthung
aus, daß der Fußboden aus hart
gebranntem Lehm der letzte Ort sei, an
welchem man verborgene Schätze suchen
würde, folglich aller Wahrscheinlichkeit
nach der erste, an den der Hamster als
paffendes Versteck für sein Gold gedacht
habe. Tiefer Gedanke belebte den En
thusiasmus dcs Eoroners auf's Neue.
Er schickte »ach Picken, nnd wenn ich
die Wahrheit, die ganze Wahrheit sagen
muß, er schickte auch nach Branntwein.
Bis Sonnenuntergang war der ganze
Fußbodcn in beträchtlicher Tiefe aus
gebrochen. ausgegraben und vor die
Thür geschüttet. Nicht eincS Penny's
werth Gold wllrdc gefunden.
Tags darauf trug man den Schonn
stein ad. Eidechsen, Staub von Ado
bes. aber sonst nichts. Ich muß das
Belcnntniß ablegen, daß das Andeuten
d'-jenigen Mannes, welchen man soeben
erst nach dem Hügel getragen hatte, zu
diesem Zeitpunkt sehr wenig in Ehren
gehalten wurde, uud daß fein grrter
oder fchlcchter Ruf, wenigstens soweit
es dcn übcreiligcn Eoroner betraf, le
diglich von dem Endresultat, dieser
Nachsorfchungen abhing.
Nur eins schien noch Übrig: man
mußte das Blockhaus niederreißen.
Schindel nm Schindel, Holzblock um
Hol,block trug niair den Bau ab. Holz
latte», Käugilrilmäuse. Hornlrötc»,
et.iche Klapper chlangcn das war
alle?. Auch nicht ein einziges Körn
chen Gold fand sich in der letzten Hütte
von Mcncan-Eainp
Hieran' grenzten einige unterneh
mend.' nreaidiinge die gaiuc Fl.räie ab,
lim darin nach allen Regeln der B.'rg
nj.in»sknnst nach Gold zu g.nb.n. Sic
führten einen Kanal darüber hinivc.i
pnd schwemmten zwei Monate laiig
alles lu!e Erdreich fort, bis sie auf de»
»ackte» t'ir»»d'else» stießen, dann wa
ren die S.hatzgr.rbcr bantcrott, olinc
auch nur cinc Spnr von dem G.ld'
des Todte» entdeckt zu haoen.
Hagem war aufier sich vor Entrü
stuiig. und der todte Hamster stand in
noch weit schlechterem Rufe, als einst
der lebende. Indessen begann man da
rauf aufmerksam zu werden, daß der
alte Ncunuudvicrzig sich seit dem Tode
feines gchcichnißvolien Bekanntcn etwas
minder zcrliiiirpt kleidete, und alsbald
flüsterte man einander zu. daß er um
den Schatz wiffen müsse. Ja. einige
gingen sogar so weit, zu behaupten, er
habe den ganzen Haufen Goldes in
feinem Besitz. Und um dem Ort Ge
rechtigkeit widerfahren zu lassen, muß
man zngkben. daß dieser Verdacht nicht
ganz unbegründet erschien. War etwa
Nc»nundvicrzig nicht bei dem Manne
gewesen, als dieser starb? Und wenn
er dessen Hnnd bekommen hatte
tonnte er nicht ebensogut zu dessen
Golde gelangt sein?
Eines Abends humpelte Neunund
vierzig, das bekannte Tauende fest.in
der Hand haltend, im Schenklocale z»
mir herüber, zupfte mich schüchtern am
Aermcl und beaann:
„Ihr geht sort, wie ich höre?"
»Ja."
„Nach den Oststaaten?"
„In."
„In die Nähe von Boston?"
„Kann sein."
„Na. dann wißt Ihr was
kommt mit mir."
Und während der alte blinde Hunl
beständig mit dem Kopse gegen sein«
Beute anstieß, ging er mir voran zur
Thür hinaus »nd die Schlucht hinat
nach seiner Hütte. Er öffnete die Th'ür,
trat ein und zündete schließlich ein Lichl
an. -Da»» steckte er die Kerze in ein«
Bcaniitweinflaschc. die auf de», vor
Fett glänzenden Zische in der Mitt«
stand, saßtc daz Taueiidc wieder unt
deutete nach der Pritsche in der Ecke,
Wir setzten uns darauf nieder, nnd da-
Thier legte seine Nase auf die Kniee dei
neuen Herr».
Nachdem er eine Weile wie r.rthlvZ
im Zimmer unihergeblickt, stand Nenn
undvicrzig, plötzlich eine entschlossen«
Miene annehmend, auf. gab mir dai
Ta», schritt zn einer Art in der Wanl
befindlichen Nische, holte ei» altes Mef.
fer hervor »nd stach es mit traitiger
Hand dicht über der Klinke in die Thür
der Hüttc.
„Das hat etwas zu bedeuten!" sagt,
ich mir. „Jetzt gibt es eine Enthüllung.
Und ich gestehe, daß ich in dem Augen
blicke eine sehr lebhafte Bision hatte, in
welcher die Goldsäcke des Hamsters dii
Hauptrolle spielten.
Nach eincm Weilchen kehrte der Alt«
zurück, erhob, die Brnnntweinflnschc,
nahm dje Kerze heraus und bot mir dii
Flasche stillschweigend a». Als ich sei»!
freuudliche Einladung ablehnte, »ahm
er hastig eine» tüchtigen Schluck, setzt«
sich dann wieder dicht neben mich nnl!
ergriff das Tauende, worauf der alt<
Hund deshalb wieder die Nase aussein«
Kniee legte.
„Seht Ihr," hob er, sich zu mir hcr
llbcrbcngcnd und in einem so eigen«
Wmlichen Flüstertöne sprechend an,
daß man Hütte glauben können, ei
rede irre, „seht Ihr, wir sind alle drei
zusammen von Boston fortgegangen,
Godfrey das war der Hamncr,
Wilson das war Kranstops
und ich. Mir hat es niemals rechi
glücken wollen, aber Godfrcy nnd Wil
son ging eZ gut, bis Wilson ermorde
wurde."
„Bis der Hamster ihn ennordcic,"
warf ich ei».
„Ja, da »tzt es eben," sagte Neun
undvierzig zusammenschaudernd. Auch
der Hund schien nervös zu werden nnd
drückte seinen häßlichen Kopf dichter aü
die Beine des alten ManneS.
Dicfec ülvrrcichtc mir abermals da»
Tauende, erhob sich langsam, nahm
bedächtig den Lichtstumpf aus oer Fla
sche heraus und bot mir dieselbe noch
mals an.
Ich lehnte auch diesmal ab. denn ich
halte nur einen einzigen Gedanken
Wo mochte er wohl die Säcke mit dew
Golde versteckt hatten.
Der Alte »ahm wieder Platz unt
fuhr in feiner Erzählung sort:
„Da sitzt es eben' Godfrey hat den
Wilson nicht ermordet nein, nein,
der Hamster ist ebensowenig schuld
dem Tode des Kraustopfs, wie Ihr
oder ich. Seht Ihr, Krauskopf war
ein junges Bürfchchen, ein lebenslust!'
ger, prächtiger Kerl, den Mutter unt
Schwester verhätschelt hatte», und sc
kam es denn, daß er hier draußen
manchmal über die Stränge schlug,
spielte und auch einen Schluä
zu viel nahm. Eines Abend-, als
Godfrcy sich vergebens bemüht hatte,
ihn von den Karlen wegzubringen,
singen etliche Raufbolde Stauda! an,
warfen den Tisch um, nnd Krauslops
erhielt vou einem derselben eine»
Messerstich. Godsrey hielt darauf den
Jungen sest, denn dieser war tolk vom
Trinken. Ter arme Kerl sagte nichts
weiter als: „Laß es die zu Hause nicht
erfahren!" uud starb daraus in seinen
Armen. Keiner kannte dort den An
dern, nnd Niemand lüinnrerte sich viel
um das, ivas ihn nicht direet anging.
Godsrey widerlegte nie mit einem
einzigen Worte das Gerücht, daß er
selbst die That begangen habe, sondern
ging still in die gemeinschaftliche Hülle,
nahm Besitz von Allem, arbeitete wie
ein Chiucsc »nd betheiligte sich nie
mals an beii Versammlungen. Bald
fingen die Leute an, sich vor ihm zu
sürchlen »nd ihm aus dem Wege zn
gehen. Schlies-licki wäre» alle seine
alten Bekannten gestorben oder
gezogen bis auf mich, nnv m in kannte
ihn nur »och als de» Hamstce."
Wicd.rum hielt Nc»n»ndvicrzigi»»c,
und wiederum drängte sich da-vliiidc
Thier dichter an ihn heran, als hatte es
den Namen seines todten Gebieter- ver
standen.
Jetzt stand der Mann abermals ans,
trank den Rcst seines Leuchters leer,
setzte sich aber diesmal nicht wieder,
sonder» zog. die Wolldecken am
ende der Lagcrpritfchc fort.
„Hab's doh gedacht," sagte ich mir:
„das Gold ist im Stroh versteckt."
„Seht Erich die da an!" Mit diesen
Worten warf er mir einen ganze» Pack
Papiere vor »nd hielt das Licht, damit
ich lesen könne.
Es waren Hunderte von Briese»,
alle in zierlicher Fraueuhand. zum
Theil an Godsrey, zum Theil an Wil
son adressirt. Dann und wann brachte
einer mit schwarzem Rande die Nach
richt. daß irgend einer von den Lieben
daheim nicht länger auf seine Rückkehr
warte. Ich las einige von den Brie
fen. „Kehr heim! Kehr heim!" klang
es aus allen heraus. Ich stieß auch
auf einen von ganz neuem Datum. Er
war an 'Wilson gerichtet, welchem Mut
ter und Schwester in den herzlichsten
Worten ihren Dank aussprachen für
all' das Geld, das er ihnen die vielen,
vielen Jahre hindurch so regelmäßig
geschickt habe.
Ich tonnte den Brief mir nicht er
klären und sah den Alten an. Er
beugte sich dicht zu mir herüber:
.Das war es ja, seht Ihr das
war es ja. Weil Godfrey ich i»ci»e>
der Hanister nun gestorben ist und
ihnen kciizGcld mehr schicken kann, und
weil Ihr doch »ach dem Osten geht, s»
dachte ich, es wäre am besten, wenn
Ihr dort vorsprächet nnd dem Fräulein
mit Schonung, wißt Ihr die
Nachricht brächtet, daß sie beide todt
sind. Sagt ihnen nur, sie wären erst
kürzlich und rasch hintereinander gestor
ben. Acht Tage vör seinem Tode
schickte ihnen Godfrey alles Gold, wel
ches er noch besaß, bis auf die letzte
Unze, und übergab mir diese Briefe,
damit der Eoroner sie nicht sinde
und die Verwandten niemals
daß Kra»Slops schon längst
und noch dazu in einer Spielhölle ge
storben sei. Nehmt einen davon are
Euch, dann habt Ihr gleich die richtige
Adresse."
Neunundvierzig griff wieder nach den»
Tauende. Dann warf er einen Blick
nach der Thüre und sobald ich die
Schwelle überschritten hatte, blies er
das Licht ans und solgte mir.
Die alte Bulldogge wußte, daß es
nur einen einzigen Ort außerhalb der
Hütte gab, wohin ihr Herr um diese
späte Zeit zu wallsahrten pflegte und,
wie ein Blinder die anderen, führte sie
uns durch die finstere Nacht dorthin.
Beim „Reinemachen".
„Gefreiter L." sagte der Corporal
schaftssührer zn einem Einjährig-Frei
willigen, „ich jehe mal nach der Kan
tine, um mir zu restaurircn. Wenn
der Spieß tominen softte, lassen Sie
mir holen. Die Jewehre sind jepntzt,
beaufsichtijen Sie die Kerls beim Rcine
machen, bis ick retour komme." Kaum
hatte der Gestrenge das Zimmer verlas
sen, da meinte ein Witzbold, der auf
Kosten seiner Kameraden sich dem süßcir
Nichtsthun hingab und von dem Ein
jährigen wiederholt zur Arbeit ange
halten werden mußte: „Ja, wie soiicir
mir dcnn dcn Fußbodcn reene machen,
wenn wir tccne Seefe nich haben? Zn
die Feicrtagc muß allcnS proprcr sind,
als sonftciiS". , „Habt Ihr dcnn
keine Seife jefaßt?" forschte nnler dem
Gekicher der Vaterlandsvertheidigcr,
der zum ersten Mal mit der Rcini
gungsaufsicht betraute Freiwillige,
woraus er zur Antwort erhielt: „Nee,
die muß vom Feldwebel erst jeholt wer
den." „Sie, liu das ist Ihre
Sache dann gehen Sie mal gleich
zum Spieß," befahl der Einjährige.
„Ter ist jetzt nicht da", versetzte die
„So werde ich das
Geld auslegen; wie viel braucht Ihr?"
fragte der Einjährige, und da ihm
Niemand antwortete, so griff er in sein
Portcmonliaie und wollte eben der
Stuben-clu suor ein Fünszigpfeiinig
stück einhändigen, als die Compagnic
milttcr mit einem Donnerwetter in s
Zimmer trat und schrie: „Da steht die
Blase herum uud döst, während sie in
den anderen Stuben mit's Reinema
chen beinahe fertig sind. Wo steckt denn
der Unterosficier?!" — „Ter muß gleich
wieder toinmcn, Herr Feldwebel," rap
portirte der Einjährige und fuhr dann
fort: „Wir wären schon weiter, aber
es fehlt uns die Seife; darf ich darum
bitten?" „Seife? Seife? Herrr,
wozu brauchen Sie Seife?!" „Zum.
Fußboden scheuern, Herr Feldwebel."
Unsinn, Herr! bei unS scheuert man
nicht mit Seife, sondern mit Sand unk>
mit die Knochen, und 'zwar so lange,
bis in die LainängS sich Blasen bilden
» e die.jLuftballons, 'verstanden?"
„Jawohl, Herr Feldwebel," ließ sich
lleiulaut der Freiwillige veruchmcn,
während dic Mannschaft sich dcs La
chciis nicht enthalten kvniite.
(„Berk. Tagbl.")
Die Schlauheit eines-
Aeldmcinnes läßt sich selbst durch die
Macht der Hypnose nicht unterkriegen.
Sin Wiener Arzt, der sich aus wissen
ichastlichcin Interesse mit der Hypnose
befaßt, wurde von einem feiner Be
kannte» auigefordert, feine Knnst auch
»i ihm, dem Frennde, zu versuchen.
Ter Arzt ging darauf ein uud hypnoti
ßrte den Belannten. Nach wenigen
Minuten schon vollführte dieser alle
>hm gegebenen Befehle, verharrte in
Zeil scltiaiiltien Stellungen uud wurde
oollständig zum willenlosen Objelt.
Ziun wollte es der Hynotiscur mit
iincin nachlwpnotiicheii Austrag vcr-
Er wußte, daß sich '-in Freund
k > JnSustrieller st» t ,'iner, g--
ge>»gt, ganz außerordentlicricn
Sparsamkeit befleißigt, die sich iu Allem
.lud Jedem kuudgibt. Dem Schlafen»
»cu wurüc nun fuggerirt, daß er aus Er--
lenntlichlcit sür das geluugcue Erpcri
inent dem Arzte „morgen Mittag cineir
iu»lcl»aaclnc»e» Zehner zuzusenden
habe". Dau» wurde er erweckt. Nach
.'inigen Schcrzcn und wiederholten Bc
thcucruuge». daß er trotz aller Hypirose
stets gewußt habe, was mit ihm vor
zehe, empsahl er sich und ging. Am
Indern Tage war der Arzt selbst ge-
Ipannt, ob sein Befehl ansgeführt:
verde. Pünktlich zur bcstimmtcn
Stunde erschien richtig ein Ticncr dcü-
Habritantcn und überreichte einen
Brief. Als der Arzt da» Eouvert öff
lete, fand er zu seinem Erstaunen keine
ieue Zehnguldennote, deren Zusendung
lach dem österreichischen Sprachgebrauch
»ein Hypnolisirten obgelegen hätte, son
>ern ein wohl erst eben aus der Münze
>etommenes glänzend neues Zehutreu--
erstück, auf dein die Ziffer „j(1" ii»
angetrübtester Helle strahlte.
Tagebuchnotiz: Heute
>ine Reifetonr unternommen! Pracht---
)olle« Echo gehört. Ohrfeige, welche
nir die Sennerin wegen Zndringlich
!eit gab, zwanzigmal an derßergwan>
vider'hallt!
Ein guter Vater. „Freut
?uch, Kinder, morgen ist Sonntag
»a kauf' ich mir so einen Schwips, daj>
Zhr Euch für die ganze Woche aus
lachen könnt!"