Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, June 17, 1892, Page 2, Image 2

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    2 vierbeinige Ur-U«erttaner.
Die Miezchen und WauwauS de!
Vorzeit in unserem Lande waren Rie
sengeschlechter, welche selbst auf die
größten der Katzen »nd Hunde unserer
Tage verächtlich herabgeblickt haben
würden. Das ist allerdings schon bei
läufig 100,000 Jahre her, aber unser«
Gelehrten wissen da? ganz genau: denn
die Kunst, in alten Knochen Geschichte
zu lesen »nd aus wenigen, ja sogar nur
aus einem einzigen Knochen sich ein
vollständiges Skelett und aus diesem ein
fix und fertiges Thier aufzubauen, hat
ja gewaltige Fortschritte gemacht. An
Knochen fehlt eS aber nicht, und ein
Forscher der vorgeschichtlichen Thierwell
in Washington hat aus denselben neuer
dings eine Abhandlung gelesen, aus
der Folgendes hervsrgehoben sei:
Große fleischfressende Katzenarten
schwärmten vor 100,600 Jahren in
unzähligen Mengen über Nordamerika
dahin. Am besten erkennen wir den
Charakter und die Lebensweise jener
Thiere aus den Zähnen, die sich über
haupt länger nnd vorzüglicher halten,
als jedes andere Ueberbleibsel in der
Natur.
Besonders wichtig sind die aufgefun
denen Schneidezähne nnd Backenzähne
dieser Katzenriesen. Da gab es z. B.
den „Gomphodus", welcher so groß
war wie der größte Panther und in sei
ner oberen Kinnlade zwei Zähne hatte,
welche Dolchen glichen und je 5 Zoll
lang waren: sie erinnern einigermaßen
an die surchtbaren, unwiderstehlichen
Schneidezähne mancher riesigen Reptil«
aus der Saurierzeit. Ohne Zweifel
waren diese Katze» »»säglich blutdürstig
und wild. Vielleicht noch schrecklicher
war die Gattung „Pogonodon", die
sich an Körpergröße mit dem größten
Jaguar messen konnte. Im heutigen
Oregon, behaupteten zwei Untergattun
gen derselben das Feld gegen alle Geg
ner.
Noch viele andere Katzenarten, von
der Größe der heutigen Hauskatze bis
zu der des säbelzahnigen Tigers (aber
größer, als der Tiger oder Löwe von
heute>machtcn damals unserenContinent
unsicher. Besonders zahlreich scheinen
dieselben in Texas gewesen zu sein,
wo man auch die meisten Uebcrbleibsel
gesunden hat. Ihre ungewöhnlichen
Zähne gereichten ihnen aber nicht immer
zum Vortheil, ja sie scheinen ihren Un
tergang befördert zu haben. Diese
Zähne waren vielfach nutzlos für Beiß
zwecke und konnte» zum Durchschneiden
nicht gebraucht werden, wenn nicht die
Kinnlade des Thieres geschlossen wurde:
zudem waren sie oft so gestellt, daß sie
das Thier verhinderten, große Fleisch
stücke abzubeißen, und so dieErnührung
beeinträchtigten. Man hat Grund zu
der Annahme, daß manchmal diese
Säbelzähne in die Lücken der unteren
Kinnlade derart geriethen, daß sie den
Mund weit offen hielten und es nicht
möglich machten, ihn wieder zu schlie
ßen, was also ein Verhungern zur
Folge gehabt hätte: einen prächtigen
Schädel mit einer solchen Stellung der
Zähne hat man vor nicht langer Zeit
in Südamerika gesunden. Die säbel
zahnigen Tiger haben offenbar gleich,
zeitig mit Menschen existirt, und Letz
tere waren gezwungen, sie zu bekämp
fen.
Ebenso zahlreich,wie die Katzen, waren
Hundegattungen vorhanden, zum Theil
von der Größe von Bären. Besonder»
waren dieselben in Colorado. Nebraska
und Dakota vertreten. Manche da
runter streiften nur Nachts umher und
hatten ungewöhnlich große Augen, des
gleichen große Ohren und kurze, scharfe
Nasen. Das Alles kann der Gelehrte
aus den Schädeln ablesen. Eine beson
ders in Nebraska sehr zahlreich ausge
tretene Hnndegattung. welche man
„Aelurodon" getauft hat, war offenbar
ein Mitteldingzwischen Hund »ndKatze
nnd vielleicht die Vorgängerin der heu
tigen Hyäne; ihre Nahrung waren
wahrscheinlich die Aeser von Antilopen
nnd kleinen Kameelen, welche damals
ebenfalls sich massenhaft auf den Ebenen
und in den Thälern unseres Festland??
herumtrieben.
Der Stern des „kleinen
von Georgia", der vielum-
Mrs. Abbott, ist im Erblei-
den angestrengtesten Be-
Gelehrten nicht gelan
gen, die üb?«all „Tricks" witternden
Artisten haben es'herausgefunden und
nach nur achtwöchentlichem Training
schickten sie bereits zwei „AnU-Magnet-
in'S Feld. Die eine beackert
in London, die andere m Kopenhagen,
Circus Pariete, düs sehr fruchtvar.
Feld. Besonders die Letztere, die Ich
Wilhelmina Abbot nennt, deren Wiege
aber in St. Pauli bei Hamburg gestan
den, ist eine streitsüchtige Dame, welche
behauptet, bereits vor dem littls klo
nst die betreffenden Kunststücke ausge
führt zu haben. Dies ist natürlich eine
Reclamcwaffe. Die Kportswelt ver
räth jetzt, daß der Erfinder dieser „Ar
beit" der bekannte englische Zauber
künstler Herat ist, welcher das Geheim
niß zuerst an einen englischen Acroba
ten Namens Stelling (Gatte der Mrs.
Abbot) verkaufte. Heute kann man
die ausführliche Beschreibung der Ar
beit auch in Deutschland und zwar bei
M. Hermann in Berlin und E. Sö
rensen in Hamburg käuflich haben.
Das ganze Geheimniß basirt auf einer
Verschiebung des Schwerpunktes und
Vertheilung der offensive» Kräfte.
Selbstredend müssen die betreffenden
Damen auch eine phänomenal entwickelte
MuSkeltrast besitzen, die man eben nur
durch das energische Training der Arti
sten erlangen kann. Wie leicht physi
sche Kräfte pnralysirt werden können,
ersieht man aus dem Vorgehen eines
Verden Bil
lardstock sofort niederdrückte, als er nur
zwei Finger jeder Hand aus denselben
legte, wcis ihm bei krampfhaft um dos
Queue geballten Handen trotz Anwen
dnng der gesammten Kraft nicht gelin
gen wollte
Die Schlohwache.
ES war in Dresden, im schönen
Dresden, und zwar vor langer, langer
Zeit, nämlich dazumal, als dort noch —
sächsisch gesprochen wurde.
In jener vorweltlichen Periode also
war die gesammte Welt selbstverständ
lich auch noch viel harmloser, als heut
zutage, und besonders beim Militär,
beim sächsischen Militär ging es noch
bedeutend „kemiedlicher" zu.
Der alte Major von W. war ein
hervorragender Kemiedsmensch, haupt
sächlich außerhalb des Dienstes, zu
Hause nämlich, wo seine liebe Frau
Gemahlin in des Wortes verwegenster
Bedeutung die Uniforn anhatte.
Da» mag jedoch am Ende anderswo
auch zuweilen mal vorkommen, und es
wäre vielleicht Unrecht, wenn man das
..diehosenanhaben" als eine Specialität
sächsischer Damen bezeichnen wollte, ob
gleich der etwas weichliche „Tialekt"
dem männlichen Geschlecht daselbst ja
nicht gerade übermäßig viel Respect
verschaffen dürste. Genug, der alte
von W. sächselte „sehre", und Mutter
war ihm bedeutend über.
Nun war aber dieser sehr glücklichen
Ehe auch noch ein sogenannter Sohn
entsprossen, der „Deodor", ein toller
Kunde, der mehr in die Fußtapsen der
Frau Mama zu schlagen versprach.
Deodor war zur Zeit des Vorkommens
unserer wahrhastigen Geschichte nun
also „Bordebce-Fähnrich" im Leibregi
mcnt, und als solcher selbstverständlich
zu sämmtlichen streichen, die sich nur
irgendwie aushecken ließen, aufgelegt.
Also eines schönen Tages traf eS sich,
daß Deodor Höchstkommandirender der
Wache im königlichen Schlosse wurde.
Und da dies gleichzeitig feine erste Wache
war, so kann man sich wohl vorstellen,
daß sich an dieselbe auch eine gemüth
liche Kneiperei knüpfen mußte, wie dies
ja von jeher so üblich war.
Unglücklicher, oder sür unsere kleine
Geschichte vielmehr glücklicher Weise,
hatte aber der alte von W. an jenem
selben Tage gerade den Roiidc-Dicnst
aufgehalst bekommen, und da der liebe
Deodor von diesem Factum rechtzeitig
in Kenntniß gesetzt wurde, so war es
wohl mehr als natürlich, daß der ge
müthvollc junge Kriegs-Halbgott da
rüber im tiessten Herzen erfreut wurde
und seine Kameraden sofort »ach Auf
zug auf die Schloßwache instruirte:
„Ginder! wenn heit Awend de Ronde
glimmen sollte, denn braucht'r Eich wei
ter nich ze beunruhigen; mei Babba
duht nämlich de Ronde, un mit dem
wer'ch schond fert'g werd'n!"
Und wie gesagt, so geschehen. Als
der gestrenge Herr Major am späten
Abend vor vic Schloßwache kam und
der Posten sein sächsisches „ErauS!" ge
brüllt hatte, da trat der gute Bordebee-
Fähnrich Deodor von W. ganz unge
mein „kemiedlich" allein vor die Thür,
leflte seine Finger vertraulich grüßend
leicht an sein Käppi (oder heißt es
Gäbbi?) und meinte im fidelsten Tone
von der Welt: „Ei gu'n Awend,
Babba! Nu, wie geht Der'sch denn?"
I! zum Donnerwetter! Das war
denn aber doch eine Unver—frorenheit,
die sich selbst der alte biedere Major
trotz seiner mehr wie grsßen Kemied
lichkeit aus keinen Fall gefallen lassen
konnte. Er blickte daher den unglück
seligen Fähnrich so grimmig und wü
thend wie möglich an und erwiderte im
höchsten „Tenor" der Entrüstung:
„Was? Babba? Wer is hier Babba?
's hat sich larnichts zu derbabba'n! Ich
bin gee Babba nich! Ich bin der Herr
Major von W., der hier die Ronde
duht! Verstanden? Ter Deiwel iS
Ihr Babba, Herr Bordebee-Fähndrich!
Lassen Se sosort de Wache ausdreten!"
Großes Tableau natürlich. Die
Wache mußte also selbstverständlich in'S
Gewehr, und der gestrenge Herr Major
nahm die pflichtgemäßen Meldungen
entgegen, so wie sich dies ja auch ge
hört.
Dann aber, nachdem dieser dienst
liche Theil des Ronde - Geschäfts vor
über war. kam doch ebenso naturgemäß
das brave sächsische kemiedvolle Bater
herz wieder bei dem Alten zum Durch
bruch, und im freundlichsten Tone von
der Welt meinte er nunmehr:
„Siehst? woll, Deodor mei Sohn, so
warsch richtig! Awer vor allen Dingen
darsste den dienstlichen Reschbekt nich bei
Seite setzen, Deodorchcn, wenn mal e
bedeitender Mensch aus werden soll!
Das merk D'r for alle Mal. mei liewer
Sohn, herrschte?"
Aber o Schreck! Deodor schien für
diese Anwandlungen väterlich-warmer
Zuneigung in diesem Augenblick absolut
leine Empfindungen zu haben, denn er
richtete sich stramm in die Höhe und er
widerte mit genau demselben PhotaS,
wie vorder der alte Major:
.Was? liewer Sohn? Wer i» hin
liewer Sohn? Es hat sich karnichtS zu
versöhnen! Ich bin Ihr liewer Sohn
nich! Ich bin der Bordebee-Fähndrich
von W., der hier de Wache duht! Der
Deiwel is Ihr liewer Sohn, Herr
Major!"
Alle Hagel! Machte der alte von W.
aber jetzt erst vollends für ein Paar
Augen! So etwas von persönlicher
Fr—eiheit und Tapferkeit war denn doch
sicher noch niemals in der gesammten
sächsischen Armee dagewesen! Der Junge
schnauzte>ja mindestens wie ein General,
oder wenigstens wie ein—pfui Schpinne!
preußischer Unterosficier!
Einen Augenblick stand der alte brave
von W. vollständig wie hypnotisirt da.
Dann aber raffte er sich zu seiner ganzen
väterlichen sowohl, als auch militäri
schen Energie empor und donnerte
loS:
„Heeren Se mal. was unterschteh»
Se sich denn awer. mei kutester Herr
Bordebee-Fähndrich!? Wissen Sedenn
eewerhanbt, wen Se hier vor sich ha
ben? Ich möcht' Se doch kesälligst nich
rathen, daß Se so e Stickchen noch e
cenzigeS Mal wieder browiren, mei
Verehrdester, denn sonst wer 'ch Se mal
e paar Dage in's Loch stecken lasse»,
das gönnen Semer sicher klau
ben!"
Deodor aber glaubte das augen
scheinlich keineswegs, denn, indem er
den alten Haudcgeii so kalt lächelnd an
blickte. wie überhaupt nur ein Portee
peesähnrich zu lächeln vermag, erwiderte
er ungebeugten Sinnes:
„Weeßte, Babba, wenn De doch blos
das Renommiren lassen wollt'st! Daß
De mich in's Loch steckst, das erlaubt ja
de Mamma garnichü!"
Da soll der brave Herr Major kein
Wort der Erwiderung weiter gesunden
und sich stillbetrübt nach Hause ge
schlichen haben. So hat man mir's
erzählt!
EduardJürgenfen.
verzeihlicher Irrthum.
„Ist das ein nettes Hundert!"
Geadelte Juden.
Der erste jüdische Edelmann ist in
Italien zu finden. Er hieß Perleoni,
und war der Sohn eines durch Papst
Leo IX. gelausten Juden Leo, welcher
im Jahre 1116 unter den römischen
Adel aufgenommen und Präfect von
Rom wurde. Von seinen Söhnen bestieg
Leo als Anaclet 11. im Jahre 1130
als Gegenpapst Jnnocenz' 11. den
päpstlichen stnhl, während eine Toch
ter, Alberia, im Jahre 1120 mit König
Roger von Sicilien vermählt, jüdisches
Blut auf Europas Throne verpflanzte.
Bekanntlich ist auch der Versuch gemacht
worden, ein noch jetzt in Europa regie
rendes HauS aus dem Mannesstamnie
der Perleoni herzuleiten. In Frank
reich sehen wir im Jahre I!i6ü einen
Neovlmtcn, Simon Machgult, in den
Adelstand ergeben. In Polen stamuk'N
aus der Verbindung König Kasimirs
mit der schonen Jüdin Haster oder Esther
zwei Söhne, Pelka undNicmira, welche
Rechte der polnischen Edelleute genossen.
In Rußend wurde der in Georgien
herrschende Stamm der Bagratiden,
dessen angebliche Abstammung von Kö
nig David zwar berechtigten Zweifeln
unterliegt, dessen jüdische A-bstammung
aber unzweisethast feststeht zum Chri
stenthum gezwungen. Die vier Haupt-
Edlen desselben, die Fürsten Bagva
tion, die Fürsten Davidow, die Fürsten
JmerctiiiSki und die Fürsten Mus-
IranSki brachten durch ihre Verbindun
gen judisches Blut in fast alle russischen
Fürstengcschlechter und durch d»cic wie
derum in viele vornehme Familien
Europas. Jüdische» Ursprungs ist
auch, wie scyo» sein Name besagt, das
ebensaUs georgische Fürstenhaus de«-
Guriel oder Huriel.
Der Prosessor der Malerei
Joseph Weil in Newark, N. 1.. hat
dieser Tage ein Bild für hundert Dol
lars gckänft. welches angeblich von
Peter Paul Rubens im 16. Jahrhun
dert gemalt und ein Gegenstück zu einem
Bilde ist. welches sich in der königlichen
Akademie in München befindet und
5125.000 werth ist. Weil ist Mitglied
jener Akademie und gründet seine An
pcht auf die Buchstaben P. P. R. in
der Unten Ecke des Bildes, welche mit
dem Vergrößerungsglase deutlich ficht
bar sind.
Die Bergwerk» der Well
liefern jede Woche fünfundzwanzig
Tonnen Gold, aber das kostbare Edel
metall ist noch immer so rar, als je
mals.
Memand entgeht seinem Schicksal.
Professor von Bernuth würde viel
auszusetzen haben an dem Gesangver
ein „Die Nachtlampe", und von seinem
Standpunkte aus mit unzweifelhaftem
Rechte. „Die Nachtlampe" ist nämlich
in Wirklichkeit gar -ein ordentlicher Ge
sangverein, und es gehört eine erkleck
liche Dosis von Unverfrorenheit dazu,
sich so zu nennen, denn was man für
gewöhnlich „Stimme" heißt, hat eigent
lich Niemand in dem Verei«, nicht ein
mal der Dirigent. Der vielleicht am
allerwenigsten.
Eigentlich bildet der Berein auch nur
einen sidelen Stammtisch, und lediglich
an einem Tage der Woche, an welchem
der Wirth des Loca'.S, der bei ihm näch
tigenden Clubs wegen, einen „Nacht
schein" sich bei der Polizei löst, thut er
sich gegen die mitternächtige Stunde
als Gesangverein ouf.
Vou vierstimmigen Gesang ist so
ipso keine Rede. Es wird nur ein
stimmig gesungen, bald im Chor, bald
Solo. Besonders die Sologesänge
sind für die „Nachtlampe" eine Quellt
des Genusses, denn sie geben den Mit
gliedern immer wieder Gelegenheit, ihre
angestammtesten Lieder, für die sie aus
jeder anderen Gesellschast hinausge
schmissen werden würden, ungenirt vor
zutragen, und jede unwillige Störung
der Vortragenden ahndet der Dirigent
unnachsichtig mit der sofortigen Ein
treibung von Strafgrofchen.
Die Strafgroschen spielen in unserem
Gesangvereine überhaupt eine gefürch
tete Rolle, aber Dank der Strenge des
Dirigenten verfügt „Die Nachtlampe"
am Schlüsse ihrer Wintersaison meist
über eine recht gespickte Strafkasse, die
einer allgemeinen Abmachung zufolge
Statuten hat „Die Nachtlampe"
nicht ihre Mittel hergeben muß, um
eine Vergnügungsfahrt des Vereins zu
bestreiten. Dieses Mal war der Inhalt
der Strafkasse besonders reichhaltig,
und es wurde deshalb in Ansehung des
genannten Punktes beschlossen, dieses
Mal eine Vergnügungsfahrt „mit Da
men" zu veranstalten und zwar am
'rsten Psingstsciertage. Einzelne Mit
glieder hatten zwar versucht, gegen den
Zuiatz: „mit Damen" schüchtern zu
opponiren, aber sie waren von ver Ma
jorität so entrüstet niedergedonnert, daß
sie sich hatten fügen müssen.
Als Ziel des VergnügüngsausflugeS
war ein romantisch belegenes Dorf, an
das ein großer schöner Eichen- und Bu
chenwald stößt, erwählt und der Diri
gent mit seinem Stellvertreter per Akkla
mation zum .Festcomite" auserkoren
worden.
Das „Festcomite" hatte denn auch
seines Amtes gewaltet und ein Pro
gramm aufgestellt, welches sich keines
wegs durch eine besondere Originalität
auszeichnete und deshalb der Findigkeit
der beiden Herren kein extra rühmliches
Zeugniß ausstellte, denn es lautete
schlecht und recht:
Absahrt per Break präe. 5 Uhr Mor
gens.
Kaffee im Dorfwirthshause.
Spaziergang in den Wald.
Picknick daselbst.
Mittagsmahlzeit im Dorfwirths
hause.
Tanz daselbst.
Rückfahrt.
L. Die Zwischenpause« werden
»6 libitum ausgefüllt. Sammelplatz:
Restaurant „Zum blauen Affen."
Wir müssen nothwendig, ehe wir an
die Beschreibung der Psingsttour gehen,
vorher noch ein paar Worte über die
Mitglieder des Gesangvereins „Die
Nachtlampe" sagen, bis aus die Perso
nen, die uns näher interessiren werden,
allerdings nur in Bausch und Bogen.
„Die Nachtlampe" bestand netto aus
sieben Personen, eine Zahl, die schon
zu vielen guten und schlechten Witzen
Veranlassung gegeben hatte. Von die
sen sieben Mitgliedern waren vier mehr
oder minder schmerbelastete Ehemänner;
die drei übrigen verkehrten noch im
Stande des Junggesellenthums, und
einer von diesen war sogar ein notori
scher Weiberhasser.
Das war der Dirigent selber nnd er
hatte auch zunächst Opposition erhoben,
gls der Auszug „nut DgMn" beschlos
sen welche Opposition, wie be
reits erwäyut, von dxiz VM Ehemän
nern im Keime erstickt war. Hans
Schmidt— dieien nicht eben ungewöhn
lichen Namen sührte der Weilierhasser
war im täglichen Leben Buchhalter
eines großen Handlungshanses und
stand in der Mitte der dreißiger. Jahre.
Er war ein tüchtiger, gewissenhafter
Mensch, der bei feinen EhesS in hoher
Gunst stand, aber im Kreise seiner Ge
nossen streifte er alle ernste Schwerfäl
ligkeit, die ihm sonst bei der Erfüllung
feiner BeruiSpflichten anhaftete, von
sich und zeigte sich als ein ursideleS
HanS, von Scherzen und lustigen Ein
fällen übersprudelnd.
Merkwürdig nun war es, daß
Schmidt diese gute gesellige Eigenschast
sosort einbüßte, wenn er durch Zufall
in DamengefeUschast gerieth, denn ab
sichtlich oder ohne durch zwingende Um
stände dazu veranlaßt zu sein, suchte er
die Gesellschaft des schönen Geschlechtes
nicht aus. Er wurde in Gegenwart
von Damen linkisch und blöde, ärgerte
sich selbst darüber und hatte durch die
sen Aerger sich richtig in einen sanati
fchen Weiberhaß hineingeredet, der sich
im Laufe der Zeit noch steigerte, je
mehr er mit demselben von seinen
Freunden aufgezogen wurde. Unter
den vier verehelichten Mitgliedern un
seres Gesangvereins befand sich auch ver
frühere Oekonom und jetzige Rentier
Grünseld, ein Mann, der in der
.Nachtlampe" sehr beliebt war und
seine etwas brüchige Bildung dnrch eine
unerschöpfliche gute Laune ersetzte.
Grünseld hatte zwei Töchter. Anna und
Elise, von denen Anna, die älteste, mit
ihrem Vetter, der das ehemalige Gut
ihre» VaterS gekaust hatte und dasselbe
bewirthschaftete, verlobt war. Beide
Mädchen waren dralle, gesunde, roth
backige Wesen, denen der Schelm aus
den Auge» blitzte.
Der erste Pfingstmorgcn brach in
strahlender SchSnheu a». Schon eine
Viertelstunde vor ü Uhr Morgens hielt
die Break vor dem „Blauen Assen".
Das stattliche Vehikel war mit zwei
kräftigen Braunen bespannt und zur
Feier des Tage-Z mit grünen Guirlan
den rings umher geschmückt. Der
Kutscher, in blauer Livree mit großen
Neusilberknöpsen gelleidet und mit
einem neuen leuchteuden Glanzhute ans
dem Kopse, saß auf seinem Bocke zwi
schen zwei kleinen Fahnen in den deut
schen Reichssarben und in den weißen
Mittelseldern derselben war: „Die
Nachtlampe" zu lesen. Mit seltener
Präcision sanoen sich die VereinSmit
glieder ein. Die vier Ehemänner hat
ten einen weiblichen Anhang von zehn
Personen mitgebracht, so daß die Ge
sellschaft aus siebzehn Köpfen bestand,
von denen sechszehn in der Break, acht
an jeder Seite, placirt wurden, wäh
rend eine Person zu dem Kutscher aus
den Bock steigen sollte. Dazu erbot sich
sofort der Dirigent Hans Schmidt. In
dieser Weise entging er vorerst der ihm
lästigen Damengesellichaft. Er hatte sich
von dein Sohne seinesHauswirlheS dessen
Handharmonika, auch„Matrosenklavier"
genannt, für den Tag ausgeliehen, und
behauptete, ein Meister dieses Instru
mentes zu sein: was Rubinstein aus
dem wirtlichen Klavier leiste, das ver
möge er anf der Handharmonika. Man
verlieh ihm deshalb in aller Eile den
Titel „Musikdirektor" und er kletterte
mit seinem Instrumente zu deni Kut
scher auf den Bock. Unter den Bänken
der Break wurden große Körbe unterge
bracht mit den Erfordernissen zum Pick
nick, und nahm die muntere Gesellschast
im Wagen in bunter Reihenfolge Platz.
Der Kutscher knallte mit feiner langen
Peitsche, der Kellner vom „Klanen
Affen" schwenkte seine Serviette, die
kräftigen Braunen zogen an. und der
Wagen rollte davon, durch die>Siraßen
der Stadt hinaus, in das blühende,
duftende, sonnenglanzumflossene Land
hinein.
Es war eine wonnige Fahrt, an
Gärten und Wiesen und Büschen vor
bei, prangend im festlichen G.rlage
wande. Balsamische Luft umwehte
die. eines solchen Labsals ungewohnten
Städter. Drinnen im Wagen herrschte
die fidelste Stimmung. Aus dem ge
heimnißvollen Innern des einen Kor
bes waren bereits einige Weinflaschen
hervorgeholt und machten nun entkorkt
die Runde. Grünseld reichte die eine
Flasche dem Dirigenten auf den Bock
hinauf.
„Wat is dat vor'n Höhnerkram,
Se hebb'n fick to'm Musikdirektor
awangsiren laten un geben nu keen
Ton ut den ollen Kasten von sick. Hier,
nehmen Sc erst 'n Ordentlichen ut'n
Buddel un dann ballern Se mal los!"
rief er in gemüthlichem Platt
„Jawohl! Musik! Musik!" lärmte
die Gesellschast im Wagen durcheinan
der.
Hans Schmidt war willfährig. Er
stärkte sich erst aus der dargereichten
Weinflasche, »ahm dann sein Instru
ment und begann ein Stück auszuspie
len. aber kaum hatten sich einige Töne
aus dem Kasten hervorgehaspelt, als
ein unbeschreiblicher Lärm in dem Wa
gen entstand.
.Au! Au!" tönten die Ausrufe des
Schmerzes und die des Zornes schlöffe»
sich unmittelbar an: „Das nennt der
Hallunke Musik? Herunter vom Bock
mit dem Kerl! Schmeißt ihn in den
Chausseeqraben! Schluß! Schluß'
Schlu-u-u-u-ß!"
Aber Hans Schmidt ließ sich nicht be
irren. Er orgelte unverdrossen darauf
los und er machte einen so schönen
Höllenradau, daß die Hunde des Dor
fes, durch das man eben fuhr, sämmt
lich aufsässig wurden und den Wugen
unter wüthendem Gekläff aus der Ge
markung hinausgeleiteten.
Endlich legte sich wieder Grünseld
in's Mittel, und zwar energisch. „Sünd
Se denn des DeuwelS?" schrie er dem
wackeren Virtuosen zu. „GlieckS geben
Se dat verfluchte Dings hier in 'n
Wagen herin, oder dat geiht Ihnen
wirklich verdammt stecht! Se sünd jo
'n ganz gefährlichen Musikant. Her
mit K 'stcn!"
Damit suchte er Schmidt die Harmo
nika zu entreißen, aber dieser hielt sie
fest. „Ich bin für das kostbare Instru
ment verantwortlich," erklärte er, „und
was kann ich dafür, daß „Die Nacht
lampe" so schauderhaft unmusikalisch
ist, meine Leistungen nicht würdigen zu
können. Wie ich schon heute srüh
sagte: was :!!»binstein "
„O göttlicher Rubinstein!" heulte eS
im Chor aus dem Innern des Wagens.
.Eenerlei!" fuhr Grünfeld fort,
„Geb'n Se de Jammerorgel man her
in!" Mien Fro'nSlüd sölen em in't
Oog behollen. Dann ist de infame
Racker good un sicher opbewahrt."
ES half nichts. HanS Schmidt mußte
die Harmonika abgeben und Fräulein
Elise Grünseld nahm das „kostbare
Instrument" in ihre besondere Obhut.
Jetzt besann sich erst „Die Nacht
lampe" auf ihren eigentlichen Beruf,
und gleich darauf erklang aus dem
Wagen das übliche fidele Lied: „Ich
weiß nicht, was soll es bedeuten, daß
ich so traurig bin", wobei ein Hanpt
fänger des Vereins et nicht unterlassen
konnte, bei der Stelle von dem ruhig
fließenden „Rhei-ei-ei-ein" einige ge
wagte und deshalb auch total verun
glückte Koloraturen anzubringen, die
er wohlweislich in den folgenden Stro
phen bei den nämlichen Stellen für sich
behielt.
Endlich war das erMhlte Ziel, das
romantisch gclezene Dors erreicht, und
im DorfwirthShause wurde dir Kasse
getrunken, den die Meisten gern hätten
stehen lassen, weil er in höchst fataler
Weife nach Spülwasser schmeckte, ab«
genommen werden mußte, weil er im
Nroaramm stand und sein Verschmähen
einer Beleidigung de» „Festcomite»"
ähnlich geschcn hätte. Nun wurde mit
dem Wirthe und dessen Ehesrau noch
Rücksprache über das einzunehmende
Mittagessen getroffen und dann der
Spaziergang in den Wald angetreten,
wobei einige angeworbene Dorsburschen
die Körbe mit den Speisen und Ge
tränken nachtrugen. Es hatte sich dazu
die ganze männliche Jugend des Dor
ses zur Verfügung gestellt, aber es hatte
selbstverständlich nur eine bescheidene
Zahl von Jungen ausgewählt werden
können, was die Abgewiesenen mit bit
terem Groll und leider auch mit Ge
danken an Rache erfüllte.
Wie herrlich ist zur vollen Frühlings
zeit ei» Spaziegang im grünen deut
schen Walde! In den Kronen rauscht
eine ewige Melodie, und es ist uns,
wenn wir am Fuße einer uralten Eiche
rastend träumen, als erzählte uns der
dichtbelaubte Wipfel alte Maren, in
denen uns „wnonderS vil geseit" wird
„von Helden lobebären und grosser
kuonheit". Hier wirst die Seele alle
Erinnerungen an die kleinlichen Placke
reien des Alltagslebens von sich und
athmet die Brust der Freiheit in lange»
durstigen Zügen.
Der grüne deutsche Wald ist so recht
der Ort sowohl zum einsamen Träu
men wie zum Singen und Jubeln im
Kreise lebensfroher Genossen. Kein
Wunder, daß der grüne deutsche Wald
so viele begeisterte Dichter gesunde»
hat!
Auch den Mitgliedern der „Nacht
lampe" that der Spaziergang im Walde
an dem prächtigen Pfingstsonntagc recht
von Herzen wohl, und als sich die Ge
sellschaft dann auf einer Lichtung zum
vergnügten Picknick lagerte, als den
mitgebrachten „guten Sachen" alle Ehre
angethan wurde, da war die Stim
mung eine so allgemein angeregte, daß
der Gesang auch dann nicht ausgeblie
ben wäre, wenn man zufällig auch nicht
die Ehre gehabt hätte, ein Gesangver
ein zu sein.
Daß unter den vorgetragenen Lie
dern sich: „Wer hat dich, du schöner
Wald" befand, war unvermeidlich: daß
aber plötzlich das Lied in nächster Nähe
eine entsetzliche Begleitung erfuhr durch
die Töne einer stümperhaft malträtirten
Handharmonika, erregte doch Sensa
tion. Hans Schmidt wurde blaß, als
er die Töne vernahm und eilte, von ei
ner beklemmenden Ahnung ergriffen,
ihnen sofort nach.
Seine Ahnung hatte ihn nicht betro
gen. Der hoffnungsvolle Sohn dcS
Dorfwirthes hatte im „Saale" feines
Vaters die dort von Fränlein Elise
Grünseld sorgfältig deponirte Handhar
monika entdeckt, sich das „kostbare In
strument" mit jener communistischcn
Naivetät, die man unter der Dorfju
gend noch häufig findet, und die sich be
sonders in Obstgärten bemerkbar macht,
sofort annektirt, und nun waren er
und seine Altersgenossen auch in den
Wald gezogen, um durch ein Concert
daselbst sich an den Städtern für ihre
Abweisung beim Transport der Fou
rage zu rächen.
Als HanS Schmidt den Schauplatz
des Concertes beflügelten Schrittes be
trat. bot sich ihm ein interessanter An
blick dar. Der hoffnungsvolle Sohn
dcS Dorswirthes stand unter einer
Buche und bearbeitete das von Schmidt
ausgeliehene »nd ihm auf dic'Sceie ge
bundene Instrument in der denkbar
rücksichtslosesten Weise und um ihn
tanzte johlend und brüllend sei» Audi
torium einen förmlichen Jndianertanz.
HauS Schmidt war wüthend. „Willst
Du, verfluchter Bengel," schrie er,
„wohl augenblicklich die Harmonika
hergeben! Warte, Kanaille, ich wil>
Dir auf den Pelz kommen!"
Das war aber leichter gesagt als ge
than. Die Dorfjungen ließen sich nicht
so schnell in's Bockshorn jagen und
sprangen vor dem ergrimmten Buch
halter hin und her, so daß er an den
höhnisch grinsenden Harmonikaspieler
garnicht hinankommen konnte.
Plötzlich ließ dieser aber mit einem
Schreckensruf das mißhandelte Instru
ment sallen und rannte davon, gefolgt
von seinen bestürzten Kumpanen. ES
war ein Koup, wie der von „Ziethen
aus dem Busch", denn Elise Grünseld
war dem Feinde leise in den Rücken ge
schlichen, hatte mit dein dicken Metall
knopfe ihres Sonnenschirmes nnver
muthet dem Harmonikaspieler hinter
rücks einen tüchtigen Hieb zwischen die
Schulterblätter versetzt und stand nun
wie eine Jungfrau von Orleans trium
phirend da.
Hans Schmidt vergaß mit einem
Male all' seinen Weiberhaß. so impo
nirte ihm die plötzliche Erscheinung der
jungen Dame.
Er eilte aus sie zu, ergriff ihre Hand
und rieft Fräulein Elise, ich bewun
dere Sie und danke Ihnen! Sie sind
eine Heldenjungsrau."
Elise lachte.
„Legen Sie's da nur hin!" antwor
tete sie. „Halten Sie es wirklich sür so
ein großes Heldenstück, einen unver
schämten Junge» zu züchtigen?"
„Es gehört doch Muth dazu, den
man bei zimperlichen jungen Damen
nicht allzu häusig findet."
„Zimperlich? Bin ich etwa zimper
lich. Herr Schmidt? Man sieht es, baß
Sie nicht mit Unrecht für einen Feind
unseres Geschlechtes gescholten werden,
denn Sie urtheilen und verurtheilen
durch die Bank weg."
„Oh. oh!"
„Nicht geohoht! Sie find unheilbar,
Herr Schmidt!"
„Keineswegs, mein Fräulein! Si»
könnten —"
„Nun, was könnte ich?" rief Elis«
mit lachendem Uebermuthe.
HanS Schmidt antwortete nicht, son
dern ergriff wieder die Hand der jun
gen Tame und drückte, hingerissen von
der Macht des Augenblickes, einen Kuh
darauf. Und eben in diesem Momente
kam die ganze Picknickgesellschast lachend
aus den Gebüschen heraus, um nachzu
sehen, wo die Zwei blieben. Es ist
selbstverständlich, daß an launigen Be
merkungen kein Mangel war, al» man
die Beiden in der beschriebenen Situa
tion erblickte, und als man wieder auf
der früheren Lichtung lagerte, hielt
einer aus der Gesellschaft, ein berühm
ter Redner vor dem Herrn, einen schö
nen Speech, worin er Fräulein Elise
Grünseld als die Krone ihres Geschlech
tes feierte, weil sie es verstanden habe,
einen notorischen Weiberhasser zu un
terjochen und ihn mit an den SiegeS
wagen der weiblichen Schönheit zu span
nen. HanS Schmidt, der neben Elise
hatte Platz nehmen müssen, lächelte bei
dieser Rede vergnügt; die kleine Grün
seld hatte wirklich einen eklatanten Sieg
über ihn errungen.
Auch beim Mittagsmahl im Dors
wirthShause der hoffnungsvolle
Sohn des Wirthes hatte, nebenbei ge
sagt, für sein Harmonikaattentat von
seinem gestrengen Vater eine gehörige
Tracht Prügel empfangen saß Hans
Schmidt neben Fraulein Elise und
später bei dem programmmäßigen Tänz
chen machte er mit ihr einen Walzer,
den einzigen Tanz, den er mit genauer
Noth „abznpedden" im Stande war.
Er hatte sich bei alledem so ausgezeich
net unterhalten, daß er sich im Stillen
sagte: sein bisheriger Weiberhaß sei im
Grunde genommen doch eine etwas
lächerliche Schrulle gewesen; sreilich
seien die jungen Mädchen heutigen
Tages auch meist nicht im Entfernte
sten mit Elise Grünseld zu vergleichen;
Elise Grünseld sei die einzig wahre
u. s. w.
Und als man Abends nach fröhlich
verbrachtem Tage wieder heimfuhr, faß
ein Anderer neben dem Kutscher
dem Bocke: Hans Schmidt saß neben
Elise Grünseld in der Break und zwi
schen beiden lag in ihrer Pappschachtel
die bedeutungsvolle Handharmonika.
Als es dunkel zu werden begann, hielt
man an einer, am Wege belegenen
Schenke und entzündete dort die Lichter
in den mitgebrachten bunten Papier
lampionS, mit denen der Wagen behängt
wurde. Nach dem Wiedereinsteigen
nahm Hans Schmidt die Pappschachtel
mit der ihm zu treuen Händen anver
trauten Handharmonika und legte sie
sorgsam in die Ecke des Wagens.
Elise sah ihn schelmisch verwundert
an.
„Da? Ding stört uns nur in der Un
terhaltung", sagte Schmidt.
„Ach so!" erwiderte Elise und kicherte
dazu.
Die Unterhaltung wurde dann auch
sehr eifrig zwischen den Beiden, aber
sie wurde nur flüsternden Tones gepflo
gen. und ihr Inhalt entzog sich deshalb
vollständig der Kenntniß der übrigen
Gesellschaft.
Als die Break gegen 12 Uhr in der
Nacht die Stadt wieder erreicht hatte und
durch die Straßen dem „blauen Affen"
von Neuem zurumpelte. faßte HanS
Schmidt plötzlich die Hand des neben
ihm sitzenden jungen Mädchens, drückte
dieselbe zärtlich und sagte leise: „Wie
hat Ihnen denn unsere heutige Aus
fahrt gefallen, Fräulein Elise?"
„Sehr schön! Und Ihnen?"
„Ueber alle Maßen! Darf ich morgen
bei Ihnen im Hause vorsprechen und
mich erkundigen, wie wie wie Sie
nach der Tour geschlafen haben?"
Fräulein Grünseld antwortete nicht,
aber HanS Schmidt fühlte mit einer,
für ihn höchst seltsamen Wonne eines»
Gegendruck der kleinen Hand, die noch
immer in der seine» lag. Er fragte
nicht weiter: der Händedruck mußte
wohl deutlich genug „Ja!" gesagt ha
ben.
HanS Schmidt machte am zweiten
Pfingstseiertage dem Rentier Grünfeld
einen Besuch und diesen Besuch wieder
holte er immer häufiger: bald ging er
jeden Tag in das Grünfeld'fche Hau»,,
und eines Abends kam er in „Die
Nachtlampe" und rief: „Kinders, heute
Abend wollen mir mal riesig vergnügt
sein! JH gebe eine Bowle aus, in der
die ganze kaiserlich deutsche Marine um
herschwimmen kann!" Am nächsten Tage
aber stand in den Zeitungen die Anzeige
zu lesen:
Als Verlobte empfehlen sich:
Elise Grünfeld
HanS
Ein RechtSfall. Prof.:
„Ich will Ihnen einen RechtSfall vor
legen: Mutter und Tochter schlasen zu
gleicher Zeit mit ihren zwei kleinem
Knaben im nämlichen Zimmer. Da
die Anzüge gleich und die Kleinen sich
sehr ähnlich waren, so verwechselten die
Kindsmägde die Kinder und Niemand!
wußte, welches Kind der Mutter und
welches der Tochter gehörte. Wie wür
den Sie da entscheiden?" Cand.:
„Wissen Sie gewiß, Herr Professor,
daß die Kinder verwechselt worden,
sind?"— Prof.: „Nun. ich sagteeS Ih
nen ja schon!" —Cand.: „So! gut,
dann tauscht man einfach die Kinder
gegenseitig wieder aut."
Ah so! A: „Sagen Sie, wer ist
denn jener Herr dort drüben mit der
Dame am Arm?" B: „Das ist ein
Schriftsteller. Denken Sie. dem haben
vor etwa einem halben Jahre 6 Zeilen
IVO,OVO Mark eingebracht." A:
„Ah, nicht möglich!"—B: „Doch, doch«,
—eS war eine HeiralhSanzeige."
Auch ein Kompliment.
„Nun", fragt eine junge Hausfrau:
ihren Gast nach dem Mittagessen, „wie,
Hat'S geschmeckt? Ich habe nämlich»
selbst gekocht!" „Meine Hochachtung!"!
entgegnet er „man hat's gar nicht!
gemerkt!"
Druckfehlerteufel. Die,
Sängerin war diesen Abend reizend.!
Die schlanke Gestalt trug ein zierliches
Köpfchen, von dem das blonde Haar in
zahlreichen L ü cken über die Schultern!
hing.
Lakonische Werbung^
„Kochen!" ....Ja!"" „Kla^
vier?" ..Nein!'"' .Mein!"