Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, March 18, 1892, Page 6, Image 6

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    6 ZvaS Ma<kenscst der Liebe.
„Bei ZcuS! alter Junge, ich habe
lange nicht eine solche Freude gehabt,
wirtlich eine ganz unbändige Freude!"
Die beiden jungen Mäiiner, Guido
Gras Wehrig und Rüdiger von Haiden
umarmten sich noch ei» Mal und schüt
telten sich trästig die Hände. Sie waren
ehemals Regimentskameraden gewesen
und hatten beide den Dienst gnittirt,
dcr eine nm sein MajoratSerbe anzu
treten, dcr andere Schulden halber.
Letzterer war sechs Jahre in Amerika
verschollen gewesen nnd hatte anch
seinem besten Freunde Guido keine
Nachricht gegeben.
Da hielt eines Tages eine Extrapost
vor Gras Wehrigs Landschloß in Schle
sien, und dieser, dcr dem Gast entgegen
eilte, erkannte mit Staunen in dem
stattlichen Herrn, dcr dem Gefährt ent
stieg, trotz des fremden Bartes und dcr
bedeutend reifer nnd männlicher gewor
denen Erscheinung, seinen verlorenen
Freund Rüdiger.
Rüdigers Schicksal war bald erzählt.
Er war in Amerika gewesen, hatte dort
viele Jahre mit Noth nnd bitterster
Entbehrung gekämpft, bis er gelernt
hatte, feine körperlichen nnd geistigen
Fähigkeiten zur höchsten Arbeitskraft
anzuspannen, dann war cs ihm geglückt,
und cr hatte eine einträgliche Anstellung
an der Staatsbank errungen. Zu dem
Erfolg kam das Glück. Er beerbte
einen uralten, geizigen Jamilien
onkel und das beträchtliche Vermögen
machte ihn zu einem unabhängigen
Mann. Er kehrte bald daraus nach der
Heimath zurück und kam direct von
New Aork zu seinem Freund Guido
Wehr ig.
Nach stattgehabter Mahlzeit saßen
die beiden jungen Männer lange plau
dernd beim Glasi Wein vor einem
hellflakernden Kaminfeuer in ein m der
mit aitdätcrischem. traulichem Comfort
ausgestatteten Gemächer von Schloß
Aichlank. Dcr Februarsturm heultc
im Kaminschlot und trieb allerlei Spuk
in den lccrcn, verschlossenen Pruukgc
.niüchcr» dcs alten, grauen Stcinbans.
M pfiff und knarrte überall und große
Schneeflocken, die sofort-an den Fen
stern zerschmolzen, hingen einen weißlich
lzraucn Vorhang übcr dic trübscligc
Landschaft.
„Änd Tu bist imnicr noch Juiiggc
seUc geblieben?" fragte jetzt Rüdigcr,
zu eiiicui Gesprächihema überspringend.
..Wie Tu siehst, ich bin immer noch
allein," war dic etwas kurze, ungenü
gende Erwiderung.
„TaS ist nicht gut. Deinem Hanse
fehlt dic Fran," sagte Rüdigcr, seine
prächtige Gestalt dchnciid nnd die Asche
seiner Cigarre nachdenklich in das Fcuer
tmrscnd. „Sag mal, was machen
deun Wrankens. Dcine liebenswürdigen
Nachbarn?"
„O vortrefflich, es geht ihnen vor
trefflich."
„Uud Malvina? Der reizende Back
fisch von damals?"
„Sie ist ein schönes Mädchen gewor
den."
„Und Du hast sie nicht zu Deiner
Frau gemacht? Ich glaubte bestimmt.
Euch als ein Paar wiederzntreffen."
„Rein. Gott sei Dank, nicht."
„Wie? was? warum? findest D»
so wenig begehrenswert!)?"
„Das nicht. Aber ich habe Deine
Rückkehr, an die sie wohl selbst nicht
mehr glaubte, erwartet."
„Meine Rückkehr?"
„Ja, Rüdiger. Jetzt kann ich Dir
die Wahrheit gestehen. Ich wnrde da
mals Zeuge Eures Abschieds. Ich be
fand mich zusällig in dem kleinen Bor
kenhäuSchen am Schwanentcich. als Ihr
Ettch zu einem flüchtigen Lebewohl im
Mondschein dort unter den Syringen
baschen traset an dem Tage unseres
letzten gemeinsamen Besuchs auf Schloß
Merswerda. Erinnerst Du Dich des
herrlichen, schwülen Sommerabends?
Ich hatte mich aus dem Billiardzimmer,
wo die meisten Gaste versammelt wa
ren, in den Park geflüchtet, um die
duftige Frische des Abends uud meine
Gedanken ungestört zu genießen. Und
so wurde ich Zeuge Eurer heimlichen
Liebe."
„Zum Donnerwetter, Guido, um
dieses einen kleinen Abenteuers Willen
hast Ti> Malvina verschmäht? Tu bist
ein unverbesserlicher Philister."
„Abenteuer? Rüdiger, es war Liebe,
von ihrer Seite wenigstens war ei
Liede!"
„So glaubst Du ? Nun. sechs Jahr«
find eine lange Zeit. Sie hat mich
längst vergessen. Freilich, sie war be
rauschend damals in ihrer urwüchsigen
Frische und knospenden Schönheit
i«um sechszehn Jahr sie hatte mir
«anz den Kops verdreht, und ich habe
sie nicht vergessen. Es war etwas Ele
mentares in ihrer wilden, kindlichen
Zärtlichkeit, wie sie mich küßte und mir
Liebe schwor, dort unter den Syringen
duschen — es ist mir Alles so lebhast im
Gedächtniß das Heu duftete vou der
Parkwiese, und der Mond hing wie ein
-rosenrother chinesischer Lampion in der
grauen, milden Luft es war bitter
von dem süßen Kind zu scheiden, aber
ich ivar stets zu realistisch, um mir Illu
sionen zu machen. Ich wußte, was
mir bevorstand, den Dienst quittiren,
«ach Amerika zu gehen, jahrelanger
Kampf um die Nothdurst des Lebens
da hieß es, sich die Gräsin Wranken,
deren Stern im Ausgehn war. aus dem
Sinn zu schlagen. Du weißt, zum un
glücklich schmachtenden Liebhaber bin
ich nicht veranlagt.worden.
„Und Tu bist nicht mehr frei?"
„Das nicht, aber ich glaube, eS hätt
«ich gefreut, sie als Teine Frau wieder
zusehen."
„Wenn Du sie wiedersiehst, wird e«
Dich freue», daß sie nicht meine Frau
ist. Und Tn sollst sie in den nächsten
wiedersehen. Tic ganze Nach
barschaft ist am Tienstag zu einem
Waslcnbail nach Schloß Eberswerda
geladen. Du weißt, die alte Gräfin
Wranken ist keine Alltagsnatur, so Hai
sie auch ihrem Ball einen origincllcn
Charsktcr gegeben nnd ihn „Das Mas
kensest der Liebe" genannt, mit der
Borschrlst, daß jeder Theilnehmer in
dcr Eharaktermaske eines in dcr Wclt-
oder Literaturgeschichte bekannten Lie-
resp. Liebesheldin erscheint.
Nur den älteren Herrschaften ist Costüm
freihcit gestattet. Strenge Maskirung
ist Vorschrift. Erst nach Mitternacht
erfolgt die Tcmaskirung vor dem Thron
der Göttin der Liebe, die vorher einen
Triumphzug halten wird. Wir wer
den uns den Scherz machen, Dich unter
der Maske in die Gesellschaft einzu
schmuggeln, nnd ich werde Niemand
als die alte Gräfin wissen lassen, daß
ich einen Freund mjtbringe, ohne ihr
jedoch Deinen Namen und Teine Rück
kehr zu verrathen. Ich stehe mich so
gut mit ihr, daß ich mir diese Freiheit
erlauben dars. Du wirst auf diese
Art die beste Gelegenheit finden, Teine
alte Liebe zn prüfen nnd zu erneuern,
und wenn Tu es nicht ganz ungeschickt
anfängst, mußt Tu erfahren, ob Comteß
Malvina Dir treu geblieben ist."
Rüdiger von Hardcn ging mit Ver
gnügen aus diesen Vorschlag ein, denn
jedes galante Abenteuer hatte eine» un
widerstehlichen Reiz für ihn, und cr
brannte vor Neugier, ob Malvina uud
er sich trotz der Maske wiedererkennen
würden und obsie den alten Zauber aus
ihn ausüben würde. Wenn dics der
Fall wäre nun, warum sollten sie
nicht jetzt noch ein Paar werden? Sie
hatte augenscheinlich die Thorheit began
gen, aus ihn zu warten schade cs
wäre pikanter gewesen, sie als junge
Frau wiederzufinden. Vor der Ehe
hatte cr nnn einmal einmal einen ge
wissen Grusel! Es war doch nicht scinc
Schuld, daß cr ein solch rasendes Glück
bei allen Frauen hatte und daß si« es
ihm ganz unmöglich machten, einer Ein
zelnen tren zu bleiben.
Die Fieiinde plauderten noch dies
und jenes, bis Rüdiger einsilbig nnd
schläfrig wurde und endlich feine Hü
nengestalt aus einer Ottomane zur
Sicsta ausstreckte. Es dauerte nicht
lange, so siel er in einen tiefen Schlaf,
von dem Gesang des Windes, dem Kni
stern dcs Fencrs und dem Tropfen des
schmelzenden Schnees von den Dachzin
nen angenehm eingelullt. Gnido
wandte sich und ging in ein Nebenzim
mer, wo cr au cincm Flügcl inMelodien
seiner Phantasie eine lange Zwiesprache
mit sich selbst hielt. Es war wie ein
finsteres, gewaltiges Ringen, ein Käm
pfen mit Seelennoth uud Verzweiflung.
>as sich endlich in goldklare, reine Har
monie auslöste.
In dem Schlosse der Wrankens wogte
im Fassnachtsabend cin frohes Maskm
gcdränge.
Dic Göttin dcr Liebe hatte soeben auf
einem goldenen, mit Rosen und Myr
thcn geschmückten Siegeswagen ihren
Einzug in dcn Ballsaal gchaltcn. Sie
lrug ciu griechisches Purpurgewand und
wurde vou einer der schönsten, jungen
Frauen der Familie Wranken dar
gestellt.
Guido nnd Rüdiger waren bisher
unerkannt in der Menge geblieben.
Rüdiger in der goldglänzenden Rüstung
des SchwanenrittcrS Lohengrin nahm
'ich prächtig aus, während Guido die
becheideue Kutte des Mönches Eckc
hardt gewählt hatte.
Als Letzterer Malviua begegnete, er
kannte er sie aus.den ersten Blick. Sie
trug das Kostüm der Cheruskersürstiu
Thusnelda, wozu ihr herrliches, weiß
blondes Haar, das in seiner ganzen
lleppigkeil entfesselt, ihr bis zn den
Knieen hinabmogte. Sie war wie ge
schassen sür die Charaktcrmaste dieser
fürstlichen Barbarin in ihrer herben,
stolzen, kraftvollen Schönheit und das
geschürzte Gewand, das Wolsssell über
den entblößten Schultern, die Sanda
len am Fuß, der Kranz von Eichen
laub im Haar und der kriegerische
Speer gaben ihr einen seltsamen, phan
tastischen Reiz. Als Guido ihr den
Namen in die Handfläche schrieb, lä
chelte sie und gab auch ihm'das Erken
nungszeichen.
Mitten in, Saal, unter dem strah
lenden Kronleuchter stand Lohengrins
glänzende Gestalt, uud Guido sank das
Herz, als Malvina zerstreut auf fein
Gespräch lauschend immer wieder nach
denklich die Augen aus Rüdiger rich
tete, der eben Frau Venus aus ihrem
goldnen Wagen hob. Er war bald von
Franen umschwärmt, und seine ge
heimnißvolle Persönlichkeit wurde der
Gegenstand allgemeiner Neugier.
Ebensowenig konnte sich Malvina,
die sast von allen Anwesenden an ihrem
Blondhaar erkannt wurde, den begei
sterten Huldigungen entziehen, und der
Schwärm ihrer Verehrer, die Tänzer,
die ihr keinen Augenblick Ruhe gönn
ten, trennte» sie und Rüdiger eine ge
raume Weile.
Plötzlich stand Lohengrin vor ihr.
„Schöne Maske, kennst Du mich?"
Sie schüttelte den Kopf. doch sie blickk
ihn nachdenklich an.
Rüdiger hütete sich, sich zu verrathen,
doch er wich kaum noch von Malvinas
Seite. >s?ie nahm seine Huldigungen
zuerst gleichgiltig und ablehnend auf,
doch endlich fand sie Gefallen an dem
stattlichen Tänzer. Er hatte sie vom
ersten Augenblick an den verlorenen
Geliebten erinnert, obgleich es nur feine
Stimme und seine Haltung war, die
Erinnerung in ihr wachriefen, denn der
gereifte Mann, der vor ihr stand, hatte
nicht mehr die Gestalt des schlanken,
knabenhaften Jünglings, dem ihre erste
Liebe geHort hatte, und nnn fesselte
sie die Neugier, ihn zn ergründen,
wer er sei, denn Niemand aus ihrer
Bekanntschaft hatte sie je an Rüdiger
erinnert.
Sollte er es selbst sein ? Nein, es war
nicht möglich, nicht wahrscheinlich! Wie
sollte er. der in seinen Landern weilte,
heute Abend ungeladen in diese Gesell
schaft komme»'? Wenn er zurückgekehrt
war, so hätte sie es erfahren, gab
keinen Grund. eS ihr zu verheimlichen,
denn Niemand von ihrer Familie ahnte
auch nur im Entferntesten, was da
mals zwischen ihr und Rüdiger vorge
fallen war.
Doch der geheimnißvolle Tänzer rief
einen Sturm widerstreitender Empfin
dungen in ihrem Herzen wach. Das
Ergangene lebte auf, und wenn er zu
ihr sprach, so versank der Ballsaal vor
ihren Blicken und sie glaubte den Hauch
jenes blüthenschweren Sommerabends
zu fühlen und die Gwth des ersten
Kusses auf ihren Lippen.
O. wie lange hatte sie in verzweifel
ter Sehnsucht von diesen Küssen ge
träumt, deren Feuer an dem Mark
ihres jungen Lebens gezehrt hatte
bis, ja bis endlich die Erinnerung ver
blaßt und die Wunde geheilt war. Bis
sie angefangen hatte den Verlorene»
mit einem Andern zu vergleichen und
den bezaubernden, leichtlebigen Jüng
ling unintcreffant gefunden hgtte ne
ben dem Ernst und der Tiefe, der Tüch
tigkeit nnd Einfachheit des Andern.
' Ach, aber dieser Andre blieb kalt, sie
konnte sein Herz nicht gewinnen, sie. der
alle Herzen zugeflogen und der sonst
Keiner widerstand! Und so war sie ein
sam geblieben wie er.
Doch heute Abend trat plötzlich klar
und peinlich die Frage an sie heran, die
nicht mehr weichen wollte: „Wenn der
Erste wiederkäme was dann?"
Alle Heiterkeit, aller Glanz des
Abends konnten sie nicht zerstreuen.
Die Huldigungen des schönen Frem
den wurden immer feuriger, immer
dringender.
Rüdiger hatte es sich vorgenommen
Malvina zu erobern, bevor sie ihn er
nannt hätte und sie dann bei der De
maSkirnng zu überraschen. Der streit
bare Trotz, den ihm die schöne Barba
rcnsürstiu entgegensetzte, reizte ihn nur
noch mehr.
Guido hatte sich gänzlich vou Mal
vina zurückgezogen, er glaubte das wie
dererwacheude Glück des jungen Paares
nicht stören zu dürfen. Zuweilen er
faßte ihn der Schmerz dessen Zeuge zu
werden mit so wilder Gewalt, daß er
daran dachte, den Ball heimlich zu ver
lassen und nach seinem stillen Heim zu
entfliehen.
Jetzt rief ein. schmetternder Trom
petentusch zum Niederlegen der Masken
oor Frau Venus Thron.
Er sah von fern ThuSnelda und Lo
hengrin in einer Fensternische lebhaft
miteinander plaudern und jetzt schritten
sie zusammen zu Frau Venus, um
welche sich jubelud die Masken
drängten.
Da faßt ihn mit kaltem Entsetzen der
Kedanke, in dem geliebten, schönen Ge
suht das Glück dieses Wiedersehens auf
leuchten zu sehen.
Er wandte Hch und floh aus dem
Ballsaal, um sich in einem entfernten
Gemach zu verbergen. Und hier kostete
er noch einmal den bitteren Schmerz
durch, den er an jenem Sommerabend
als Lauscher empfunden.
Plötzlich nahten eilige, fliegende
Schritte.
Mit Staunen gewahrte er Malvina,
ohne Maske, todtenblaß. anßer sich, mit
izernngene» Händen. Der Speer ent
fiel ihr und sie sank in einen Sessel,
das Gesicht in den Händen verbergend,
sodaß das lange Goldhaar wie ein
Schleier über ihre Wangen fiel.
Da übermannte ihn die Empfindung.
Er war nicht mehr Herr feiner stürmisch
irregle» Leidenschaft.
„Malvina!" rief er. und er lag ihr
>u Füßen, indeni er ihre Hände beschwö
rend faßte.
Sie fuhr auf und sah ihn verwirrt
in.
„Helfen Sie mir," flüstert sie angst
voll nnd zitternd. „Er ist eS, er ist es
wirklich, und er wird kommen, sein
Recht zu sordern! Gehen Sie zu ihni,
Sie sind sein Freund, sagen Sie ihm,
daß cr nicht kommen soll von mir zu sor
dern, was ich ihm nicht geben kann
ja sagen Sie ihm, cr käme zu spät
ich tan» nimmermehr die Seine
werden!"
„Und warum nicht, Malvina? Täu
schen Sie sich nicht über Ihr eigenes
Herz?"
. Nein, nein! ich kann es Ihnen nicht
sagen warum nicht gerade Ihnen
nicht!"
..Malvina wäre der Traum zu
kühn, den ich jeiveilen gehegt, daß Ihr
Herz einem Andern daß es mir ge
hört?"
Malvina sah ihn verstört an.
„Wollen Sie mich verspotten? Sie
lieben mich nicht. Sie sind all diese
Zahre kalt neben mir hergegangen."
„Weil ich glaubte, daß Sie meinem
Freunde gehörten, und weil ich dessen
Wiederlehr sürchtete!"
Da sah ihn Malvina mit einem strah
lenden Lächeln an.
„Jetzt ist er gekommen. Sie haben
nichts mehr zu sürchteu. Damals war
ich ein Kind und seine glänzenden
Eigenschasten bezauberten mich. Seit
dem ich kein thörichtes, unerfahrenes
Kind mehr bin, weiß ich, das! er mei
nem Herzen nie genügen würde, das
ich nun schon lange an den liebsten,
besten Mann verschenkt habe!"
Da zog'sie Guido m Überströmender
Seligkeit in seine Arme.
Als Rüdiger kam, die schöne Bar
barenfürstin zu suchen, fand er ein
glückliches Brautpaar.
Er überwand die Enttäuschung und
sein Glückwunsch war aufrichtig, ja er
freute sich ehrlich, durch seine Rückkunft
das Mißverständnis; zwischen Malvina
und Guido gelöst zu haben.
Und noch auf diesem selben Masken
fest der Liebe schwor er zu den getreuen
Verehrern nnd Rittern der Frau BennS,
in deren Zaubcrbanu er noch schmach
tete, als Guido und Malvina ein
'rohes HochzeitSfest feierten.
Klassische Zeugin. Nich
ter: „Wie alt sinv Tic?" Zeugin:
„Zu alt, um noch zu spielen, zu jung,
um ohne Wunsch zu sein."
Oyto auf dex Weltautstellung.
Der Gedanke, daß der Staat Ohi»
auf der Eolumbifchen Ausstellung i»
Chicago durch einen würdigen Monu
mentalbau repräsentirt werden solle,
wurde zuerst von Herrn Brinkerhoss bei
dem Jahrcsbankett dcr Historischen Ge
sellschast von Ohio angeregt.
Die obige Abbildung enthält eine
künstlerische Verkörperung dieser Idee.
Die Frauengestalt auf der Spitze des
Monuments ist das Symbol des Staa
tes Ohio, zu den Füßen der Statue
sind ihre berühmtesten Söhne, wie
Grant, Sherman, Sheridan. Chase,
Stanton und Garfield aufgestellt, mit
dem stolzen Sinnspruche der Cornelia,
der Mütter der beiden Gracchen, als sie
den mit ihren Schmucksachen prahlen
den römischen Matronen ihre beiden
Söhne vorstellte: „Diese sitid meine
Juwelen!"
Capt. Seosield von Cleveland hat
bereits das Modell entworfen. Das
Denkmal soll 31 Fuß 4 Zoll hoch wer
den, wovon auf die Hauptfigur 10 Fuß
kommen. Es soll so aufgestellt werden,
daß es nach dem Schluß der Ausstellung
wieder entfernt werden und dann in
der Rotunde des Capitals zu Columbus
seine dauernde Stätte finden mag.
Mißverständnis.
Meyer (vorlesend): „Die Liedertafel
Concordia sang am Grabe zwei Lieder,
welche tiefen Eindruck machten; das
kam vorzüglich schön zur Gel
tung."
Müller: „Nee, was jetzt doch Mens
ausgestellt wird nu nehmen sie bei
Beerdigungen gar en Piano mit!"
Kind: Mama, jetzt weiß ich auch,
.oas Liebe ist.
Mutter: So. weißt Du dag wirk
lich?
Kind: Ja. Liebe ist. wenn Jemand
weit weg gebracht wird. Unsere Anna
'ingt immer:
Herr Hauptmann, die Liebe,
Hat ihr so weit gebracht!
Boshaft. Ein sehr mittel,
mäßiger Maler interessirt sich für eine
hübsche, geistreiche Dame und über
bringt ihr eine von ihm gemalte Land
schaft in einem prachtvollen Goldrah
men zum Geschenk. Die Dame
außen ihre Freude uud sagt: „Aber
den Goldrahmen gestatten Sie mir
wohl, Ihnen mit Dank zurücksenden zu
dürfen, da ich prinzipiell niemals vou
Herren Werlhgegenstände entgegen
nehme!"
Die n st b ote n le i d en. „Nun,
wie sind Sie mit Ihren zwei neuen
Mädchen zufrieden?" —„O, fragen Sie
nicht! Die Eine macht nichts rein, und
die Andere macht—rein nichts!"
A a st u » a» r.
Unsere Vorsahren, die umgeben von
dichten Wäldern, zerstreute Siedelungen
bewohnten, waren so eng mit dcr Natur
verwachsen, daß es uns heute, wo mir
unter dem Zeichen der modernen Knltnr
und des modernen Verkehrs stehen,
schier unglaublich vorkommen will.
Wenn die Sonne nach ihrem tiefsten
Stand: zur Weihnachtszeit zum erste»
Male wieder de» östlichen Himmel mit
tieser Gluth färbte, da»» durchtöute
endloser Jubel die deutschen Wälder,
und weun nach wenigen Monden die
Natur aus ihrem Winterschlaf? er
wachte und neue Lebenskräfte überall
die Fesseln sprengten, so gaben die
Menschen wiederum ihre Theilnahme
an dem Kampfe zwischen den Mächten
des Winters uud des Sommers in seit
lichen Veranstaltungen sichtbaren Aus
druck. Auf ein solchxs germanisches
Frühlingsfest ist auch die Fastnacht zu
rückzuführen ; durch den kirchlichen Ka
lender mit feiner vierzigtägigen Fasten
zeit ist sie allerdings etwas in den Win
ter hineingerückt worden. Ihr Name
hat jedoch mit Fasten nichts zn thun, cr
lautet eigentlich Fascuacht, was so viel
als Schwarmnacht bedeutet. Denn die
FrühlingSwinde sind echte Schwarm
geister, sie durchstöbern uud durchdrin
gen jeden Winkel in Wald und Flnr.
Darum wird auch im altdeutschen Wet
tcrscgen der Gott des Windes Fasolt
genannt, nnd einen Menschen, dessen
Geist unstät hin und her schweift, be
zeigen wir gern etilen „Faselhans".
W e an jedem s e , ''o wurde auch
zur ein g>,..i...isamer Opser
schmans gehalten. A's Rcste desselben
habe» wir die vermiedenen Fastnachts
spiele anzusehen, unter denen heute die
in Oel, der Substanz der Lichtgottheit,
gebackene» Krapsen oder Krappeln und
Psannknchen.idie erste Stelle einnehmen.
Der bekanntlich zäh am Alten festhal
tende „Schwälmer" genießt noch heute
zur Fastnacht die uratte Mahlzeit. Erb
senbrei mit Sauerkraut und Speck,
Speisen, die dem Gotte der Frnchi
barkeit geweiht waren. Wie früher die
gemeinsame Opsermahlzeit durch frei
willige Beiträge aller Genossen zu
stande gebracht wurden, so zieht heute
an vielen.Orten die Jugend gabenhei
schend durch die Straßen. In Ma.»
burg singt man dabei: „Ha! ha! ha!
Die Fastnacht ist da. Wer uns keine
Kreppeln giebt, dem legen auch die
Hühner nicht!" Ganz recht! Wer da
Opscr vcrwcigcrt, dcr hat auch keinen
Scgcn zu erwarten. Montanns kennt
noch den Brauch, „leckere Speisen zu
kochen und diese über Nacht wohlgerü
stet auf dem Tische stehe» zu lassen. Die
Meinung mar, wenn die Hanslcnte
schliefen, so kämen die Engelein, die
der Speisen genössen. Schon eiferten
die Bekehrer gegen diesen Aberglau
ben, dcr den Teufeln ein Mahl zuge
dacht."
Hier sehen wir deutlich die christlich«
Umdeutung in Engel und zugleich das
Bewußtsein, daß eS sich einst nm heid
nische Gbtter handelte. Wie eS scheint,
ist diese Umdentnng bei den Staven
besser znr Geltung gekommen; denn
nach einer alten tschechischen Wetterbe
stimmuug feiert man am Fastnacht
diensiag ein Fest „aller Engel."
Jhren-Ne,mcn cntsp echciid, war dii
Fastnacht von jcher ein Schwarmscst in
des Wortes eigenster Bedeutung. In
der ältesten Zeit war dcr Schwertertanz
sehr beliebt. Wie die FrühlingSwinde
hin nnd her woglen, so wiegten sich hier
Jünglinge nnd Männer in kunstvollen
Bewegungen bin nnd her und schwan
gen, dcs Wettergottes Blitze symbolisi
rend, die Schwerter über ihren Häup
tern. Mit der Blüthe des Ritterthums
kamen dann die prächtigen Fastnachts
turniere auf, während der Schwerter
tanz zum volksthümlicheu Waffenspiel
wurde, das besonders von de» Zünstcn
gepflegt wurde. Bei einzelnen Gewer
le» haben sich Rcste dieser Spiele bis
in die Gegenwart hinein erhalten, so
dcr Mctzgersprung und dcr «chäffler
tanz in München, das Fahncnschwingen
dcr Metzger zu Salzburg uud zu Eger;
u. s. w. Das berühmte Schönbartlan
sen dcr Flcischcrznnst zu Nürnberg
wurde schon 153 V verboten.
Sehr frühe schon sand die Sitte dcr
kölnischen Vcrklcidnngen Ausnahme un
ter die Bestandtheile der Fastnachts
fcicrlichkeiten. Bereits nm«daS Jahr
Ist»> schreibt ein Schriststcllcr: „Zur
Fastnachtszeit pflegt mau viel Kurzweil
und Spektakel mit Stechen, Turnieren
und Tanzen. Da verkleiden sich die
Lente, laufen wie Narren nnd Unsin
nige in der Stadt umher, und wer das
Närrischste erdenkt, der ist Meister. Da
s 't man in seltsamer Rüstung und
die Frauen in Mannesklei
dern und die Männer im weiblichen Ge
wände und ist fürwahr Scham. Zucht
und Ehrbarkeit an diesem christlichen
Feste theuer. Auch geschieht viel Bübe
rei; alle Bosheit und Unzucht ist ziem
lich an diesem Feste. Etliche lausen
ohne alle Scham nackend umher: etliche
kriechen aus allen Bieren wie die Thiere.
Etliche sind Mönche, andere Könige.
Etliche gehen auf hohen Stelzen mit
Flügeln und langen Schnäbeln; etliche
sind Affen, andere Bären, noch andere
Teufel." Bis in die Kirche fetzte sich
die Stimmung fort, dort wurden eigene,
närrische Fastnachtspredigten gehalten.
Hinter den Klostermauern wurde am
Fastenabend Kutte und Schleier abge
legt uud dem Mnmmenschanz dcr schul
dige Tribut gezahlt.
Da die FastuachtSzeit früher schon
mit dem DreikönigStag begann, finden
in Tyrol noch hente die Maskennmzüge
durch den ganzen Februar hindurch
statt. In dem Städten Hall nnd sei
ner Umgebung nennt man sie nach dem
Hanpthclden Hndlerlaufen. DerHnd
ler ift möglichst buntscheckig gekleidet
und trägt ciue hölzerne Maske, ans wel
cher ein Käfer oder eine Maus geschnitzt
ist; in sciucm Gurt stecken lauter Sein-
I meln, an seiner Peitsche hängen woh<
fünfzig Bretzeln. Diese wirft er unter
die um ihn herumstürmenden Jungen,
dic sich darum balgen und fortwährend
mit dcr Peitsche geschlagen werden.
Inzwischen haben sich die Bauern in
einer langen Gasse versammelt, wo ihm
einer nach dem andern vorlausen muß;
natürlich setzt es Pci schenhiebc. Dann
führt ihn dcr Hudler zur Schenke
wäscht ihm das Gesicht ab und bewirthet
ihn mit einer Scmmel nnd cincm Glasc
Wein. Mit Sonncnnutergaiig ent
larvt sich dcr Hudlcr, gewöhnlich ein
reicher Baucr und sühek hieran! den
Tanzreigen au. Tic stärkste Betheili
gung am Hudlcrlaufeu hat dcr Toniicr
stag vor Fastnacht aufzuwciscn, der
„unsinnige Pfinztag." Ncbcn 20—
Hudlcrn lausen dann noch mehrcrc
die ans Kehrbesen reiten und
Wickelkind» ai« 6 Lumpen ans den Ar
men tragen.
In den Tyroler Städten Neumarkt
und Tramin wird am unsinnigen
Psinztag das Egertkausel herumgetra
gen, d. i. eine ans Stroh und Lumpen
hergestellte Puppe in Mannesgröße.
Auf Plätzen und bei verschiedenen Häu
sern fragt man den Strohmann nach
Neuigkeiten, worauf ein Bursche in
dessen Namen dic anstößigen
nenigkeiten kundgibt. Ist der Umzug
beendet, so wird das Egerthansel einer
alten, heirathslustigcu Jungfer als
Bräutigam über die Hausthüre ge
häugt.
Eine ähnliche Figur ist das Haiifcli
in dc» Städten der Baar im Schwarz
wald, wo man den Donnerstag den
fetten („schmutzige") nennt. „Es hat
eincii Fuchsschwanz aus dcm Rücken,
große Stränße von Papier und Flitter
gold aus dem Kopse, eine schön lackirte,
hölzerne Larve vor dcm Gesicht und
allerlei gemalte Figuren ant dcm
Rücken, den Bauch und den Beinen nnd
macht mit seinen zwei langen, treuz
weis über Brnst und Rücken geworseiie»
Lcderrienicn mit größeren oder kleine
ren Schellen einen ohrenzerreißendeii
Lärm, besonders wenn es mit mehreren
Hansells zusammenkommt.
In Doiianeschingen haben diese Han
sel noch außerdem Körbe mit Nüssen,
Aepsel und Birnen bei sich, aus denen
sie ganze Hände voll unter die Kinder
wcrscn, welche ihnen überall nachlan
sen. Manche tragen sogar ein Fäßchen
Bier unter dem Arm, ans dem sie den
Kindern zu trinken geben, wozu sie die
selben von ungeheuer langen Würsten
abbeißen lassen, die sie zu dem Zweck
ebenfalls bei sich führen."
Am Rhein nennt man den fetten
Donnerstag, an dem man in den Städ
ten zum ersten Male mit Larven um
hergeht. dic Weiberfastnacht, in Köln
Mützenbestohr. Dort war es früher
Sitte, daß dieMarktweibcr nach Schlug
des Marktes sich mit dem Rest ihrer
Gemüse warfen nnd einander hie Mütze»
voin Kopse rissen. Dcr Unfug wurde
jedoch, als er zu bunt wurde, von der
Polizei verboten.
In Luzern heißt dieser Tag Fritschis
tag. Ans einem Landgut am Abhang
dcr Halden keblc dort zu Ende des 15.
Jahrhunderts cin Mann, dcr allgemein
als „Brnder Fritschi" bekannt war.
Nur einmal im Jahre, am selten Don
nerstag. kam er znr Stadt, um iu der
Zunst zum Sasrau im Kreise alter
Wnffengesahrten einen heileren Abend
zu verleben. In feinem Testament be
stimmte er, „es solle sich alle Jahre am
Donnerstag vor Fastnacht eine Gesell
schast von Zuiistbrüdern versammeln,
dann sein großer, künstlich aus BuchS
banmholz geschnitzter nnd mit Silber
verzierter Pokal, der Fritschikops ge
nannt, durch einen Mann seines Wuch
ses. von Spielleutcn begleitet, in der
Stadt herumgelragcn uud daraus Je
dermann, wer eS begehre, cin Trunk
Wein verabreicht werden, nnd hierauf
dic Gesellschaft mit Gewehr und Harnisch
ausgerüstet übcr den Hof hinaus nach
den Halden ziehen nnd von da wieder
»ach der Stadt ans die Zunftstube zu
rückkehren, um daselbst den Abend unter
iinsj. und Tanz fröhlich zuzubringen."
Die Obrigkeit bestätigte das originelle
Testament, und Luzern hatte nun fei
nen Fritfchistag.
Auf den fetten Donnerstag folgt bei
den Schwaben der rußige Freitag, an
zein man sich gegenseitig rnßig zn mä
hen sucht. Ter Sonnabend heißt in
Flandern „Franchensainstag". weil sich
an ihm das zarte Geschlecht ehemals zum
zcmcinsamcn Kaffee mit Pfannkuchen
vereinigte.
Don Hochpunkt erreicht der Trubel
des Ucberinuthes in den eigentlichen Fa
schingstagen, den drei letzten Tagen vor
Aschermittwoch. Mit diesem nimmt all
die Herrlichkeit ein Ende nnd es beginnt
die sreudenleere Zeit: darum gilt es,
»ie köstliche Zeit richtig auszunutzen und
den Becher der Freude noch einmal bis
auf die Hefe zu leeren, nm dann dem
Fleische besriedigt ein Lebewohl zurusen
zu können.
Weit und breit berühmt ist der Car
neval von Köln, der aus dem dritten
Hahrzehnt unseres SäkulumS stammt,
nnd nicht weniger sein, seit dem Jahr«
1837 bestehender jüngerer Bruder zu
Mainz, wo auch für diese? Jahr wieder
nn großartiger Umzug geplant ist. frei
lich gegen den Willen der allen Carne
valgesellschaft, die eigens für ihre
Sitzungen eine „Narrhalla" erbaut hat.
Aber auch Aachen, Trier und selbst die
kleinen Rheinstadte feiern mit mehr
oder weniger Aufwand ihren Earneval.
der jeden Unterschied des Ranges nnd
des Standes aushebt. In Belgien stellt
man die CarnevalSlnstbarkcilcn gern in
den Dienst der Wohlthätigkeit, indem
man jede Gelegenheit benutzt, für die
Zlrinen zu sammeln.
Jenseits des Kanals in England
findet heute kein eigentlicher Earneval
mehr statt, doch weisen einzelne Ge
bräuche in unzweideutiger Weise auf die
alte Sitte hin. Sehr verbreitet find die
Pfannlnchen als Fasinachtsgebäck. nnd
der Dienstag heißt geradeza Psnnn
kuchentag. In abgelegenen Landstrichen
findet sich noch die Sitte des Huhn
schlagcns, die auf ein Opfer hinweist,
das Donar gebracht wurde. Ein Bur
sche hängt aus den Rücken ein Huhn,
nach dem die anderen mit verbundenen
Augen schlagen müssen, wobei sie na
türlich »rehr sich untereinander treffen,
als das Huhn. Am Ende wird es mit
Speck gekocht nnd nebst Pfannkuchen
gemeinsam verzehrt. Die Halsiien
kämpfe, die sriiherdieHanplbelustigung
der Fastnacht waren, sind in Folge der
vielen Verbale, die seit Eduard 111. er
gingen, hente verschwunden.
In Dänemark übt das Katzenwerfen
der Fastnacht in den Städten auch nur
noch aus die Jugend größere Anzi?--
hungskrast aus. Eine Tonne, in die
eine Katze eingesperrt wurde, wird an
cinem ansgespanntcn Seil aufgehängt,
nnd dann wird so lange mit Knütteln
dawider geschlagen, bis sie auseinander
fällt und die Katze aus ihrem Gefäng
nisse befreit ist.
In manchen Gegenden Teutschlands,
z. B. in Schlesien, wird ein Fastnachts
bär hcrumgesührt, der dann vor ein
Gericht gestellt und zum Tode verur
theilt wird. Vor sciner Enthauptung
werden ihm zwei Geistliche als Tröster
beigegeben. Hier ist eine mit
Frühlingssest verbundene »
Handlung in ein Spiel verkehn war- s
den.
Mit dein Sturze der heidnischen
Götter durch die Sendboten des Chri
stenthums steht jedenfalls die weit ver
breitete Sitte des Faschingbegrabens in
engem Zusammenhange. Gewöhnlich
ist es eine große, ausgestopfte Figur
eines Mannes, die am Aschermittwoch
begraben oder in s Wasser geworfen
wird. Tamit ist die ;,alte Fastnacht
begraben."
Arzt und Pfarrer.
Dupuytren, der berühmteste franzö.
fische Ehirurg seiner Zeit, galt für ei
nen Atheisten. Eines Tages besuchte
ihn ein Psarrer aus der Umgegend, ein
Mann, dessen männliche Schönheit nnd
ruhiges bescheidenes Auftrete» auf ihn
Eindruck machte was ihm sehr selten
geschah. Der Mann litt an einem
schrecklichen Krebsgeschwür im Nacken.
Dupuytren untersuchte es rasch und
sprach iii sciner nachlässigen Manier:
„Keine Rettung hieran müssen Sie
sterben!" „Das habe ich gedacht",
erwiderte der Pfarrer ruhig, ich bin
nur hierhergekommen, weil meine Pfarr
kinder mich dazu drängtein" Mit die
sen Worten holte er ein zusammenge
faltetes Papier aus der Tasche, öffnete
es und holte ein Fünffrankcnstück her
vor, das er dem Arzte mit den Worten
übergab: „Verzeihen Sie, mein Herr,
die Summe wir siud sehr
arm." Tie heitere und ruhige Art, in
der dieser noch jnnge Pfarrer fein Ge
schick trug, gesiel Tupuhtren so sehr,
daß er ihn zurückrufen ließ. „Wenn
Sie sich einer Operation unterziehen
wollen", sagte der Ehirurg, „so bin ich
dazu bereit, dann kommen Sie morgen
inSHospital." „Esist meine Pflicht",
entgegnete der Priester, „Alles zn ver
suchen, was meine Heilung herbeifüh
ren kann. Ich werde kommen."
Am nächsten Tage erschien er. und
der Arzt schnitt daraus IoS. Betäubun
gen der Leidenden waren damals noch
nicht übeich. Keinen SchmerzenSlaut
gab der Aermste von sich, es war eine
blutige, mühevolle Arbeit aber die
Operation war glücklich. Dupuytren
verweilte jeden Tag am Krankenbett
des Pfarrers nnd sah ans das sorgfäl
tigste darauf, daß ihm alle Pflege zu
Theil wurde. Er genas. Ein Jahr
darauf erschien er wieder beim Arzt,
völlig gesund, mit einem Körbchen schö
ner Birnen und Hühner. Und so kam
»r jedes Jahr an demselben Tage. Als
Dupuytren wußte, daß er sterben müsse,
schickte er diesem Priester einen Brief
mit den lakonischen Worten: „Der Arzt
bedarf des Pfarrers." Stundenlang
schloß er sich mit ihn» ein: als der Prie
ster mit Thränen in den Angen aus dem
lyemach trat, war der große Dupuytren
todt. Was Arzt und Priester mit ein
ander verhandelt haben, ist nie kund
geworden.
Ncu-Vrthoaraphie.
Ein Spaßvogel gibt in der „Allg.
Oesterrcichischen Lehrerzeitung" folgende
gereimte Probe von der „Neu - Ortho
graphie" zum" Besten:
schön lorchen libt ich iniglich,
schön lorchen libt mich niider;
ich schrib zu lorchens er und preis
zallose minelider.
der erste brif, den ich empfing,
ris mich ans allen himeln,
warum must' auch der unglückSbris
von rcchtschreibfelern wimeln?!
..es freut mich feer" (mjt dopel-e
hat si das wort geschriben!)
„daß dn mich liebst" (mit cinem hü
ich kan mit einem „i" nur tiben).
„kome balt!" (mit harten» tü
es ist zum stein erweichen!)
„fenst du so wenig dich nach mir"
chir seit das fragezeichen).
Gaststube oder Speise»
saal. Tourist: „Kann ich etwa»
frühstücken?" —Hotelier: „Gewiß!
Aber bitte, kommen Sie doch herüber
in den Speisesaal!" (Hotelier kehrt
»ach einigen Minuten in die Gaststube
zurück). Gast (indignirt): „Warnin
frühstückt der Tourist im Speisesaal?-^
Soll der vielleicht etwas mehr sei» wi«
mir?" Hotelier: „Das nicht! Aber
:twas mehr zahlen soll er."
Stoßseufzer. Reporter (sitzt
im Restaurant seinem Verleger gegen
über:) „Ja, ja, so ist es: Ich mache
die Enten, das Publikum liest sie und
mein Verleger ißt sie!" —
Kas ern en hof b l üthe.
.Ruhig!! —Wenn ich sage, Sie sind
schlapp, dann sind Sie schlapp, Ml
weil sie schlapp sind, sondern weil ich'»
sage!!" > ,