Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, February 04, 1892, Page 2, Image 2

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    2 mit Ht-dermtlse«.
AuS einem von Berlin nicht allzu
entfernten Städtchen wird da» solgende
amüsante Geichichichen mitgetheilt:
Zum wohlthätigen Zweck hatten die
Spitzen der Gesellschaft eine Dilettan
ten - Vorstellung arrangirt. Reißend
war der Absatz der Billet», da die No
tabilitäten sich sür den Verkauf der
Eintrittskarten lebhaft interesfirten.
Ob nun das Interesse der Betheiligten
so ausschließlich idealen Gründen ent
sprang, oder ob eS den Grund hatte,
daß sie selbst oder doch einige ihrer
nächsten Ani t>öri>ei vrr einem mög
lichst großen Auditorium ihr dramati
sches Können entfalten dursten, das
will ich ununtersucht lassen und mich
mit der Feststellung der jedenfalls hoch
erfreulichen Thatsache begnügen, daß,
als der Donnerstag und mit ihm der
Abend der Entscheidung gekommen war,
in unserem geräumigen SchüyenhauS
saal keiner d,:r sogenannten Aepfel zur
Erde fallen konnte.
So erfreulich es aber vor den Cou
lissen aussah, um so düsterer hatte es
noch am Vormittag hinter denselben
ausgesehen. Denn die Regie denkt,
aber die Influenza lenkt. Nachdem der
erste Liebhaber in dem Einakter „Er ist
nicht eifersüchtig" schon immer verhustc»
ter und verschnupfter auf die Proben
geschlichen war, und die erhoffte Besse
rung sich so wenig zeigen wollte, wie
vor nun bald 4M Jahren bei Colum
buS das Land, machte man in der Frühe
de» Donnerstag» endlich gleichfalls
„eine Entdeckung", die erschütternde
und entsetzliche nämlich, daß man den
Liebhaber geradezu im Bett aus die
Bühne tragen müßte, was in den Cha.
rakter seiner Rolle ganz und gar nicht
gepaßt hätte. „WaS thun?" rief man
verzweiflungSvoll zum Zeu»! Und der
sandte einen rettenden Gedanken: „Aus
zum Doctor H.!" hieß eS. „Der
hat vor drei Jahren, als er noch in
Dingsda amtirte, die Rolle und
wie die Fama wissen will, vorzüglich
gemimt!"
Dr. H. leugnete der bei ihm erschie
nenen Deputation gegenüber die That
sache nicht aber vor drei Jahren!
Da war er auch noch nicht verheirathet.
Seitdem jedoch sitzt er da mit dem Ta
lent und darf eS nicht verwerthen. Er
sprach daher zu der Deputation auch
nichts weiter, als die zwei inhaltsschwe
ren Worte: „Meine Frau!" Mit wel
cher pflichtschuldigen Devotion man
auch sonst wohl bei diesem Einwurf ver
stummt wäre, denn man kannte die ca
priciöfe Dame, diesmal gewann man
die Sprache wieder, denn man konnte
darauf hinweisen, daß seine Gemahlin
bei ihren Eltern in Berlin aus Besuch
weile, wohin er übrigens in den Weih
nachtstagen nachfolgen sollte. „Topp!"
sagte der Doctor nach knrzer Frist und
sogar mit einer gewissen Freudigkeit,
denn das reizende Postrathstöchterlein
F. war seine Partnerin. Er überlas
die Rolle schnell einige Male, und aus
der Nachmittags bei der genannten
Dame noch fchnell stattfindenden Probe
klappte die Sache ganz charmant! Nun
aber zum Abend und zum Schützen
haus zurück. Hier hatte des
Abends erster Schwank „Monsieur Her
kules" bereits seine Wirkung gethan,
der zweite Einacter hatte begonnen. H.
als zärtlicher Liebhaber hält Fräulein
F. eocain publico zart umfangen, da
Entsetzen reißt ihn von hinten
eine Hand kräftig zurück und der ohne
hin ganz befangene Darsteller wird
gleichzeitig durch ein orkanartiges Ge
lächter in die rauhe Wirklichkeit zurück
gerufen. die sich ihn, in Gestalt feiner
mit Hut und Reisemantel angethanen
Frau präfentirt.
Mit laute», Aufschrei flieht Frl. F,
von der Bühne, die jetzt Frau Doktor
allein beherrscht und dort nun „eine
Scene macht," wie sie lebenswahrer
noch kein Dichter geschrieben, bis der
sich mitleidsvoll niedersinkende Vorhang
den Mantel nicht den Reisemantel
christlicher Liebe über diese» Schau
spiel deckt. Trotzdem aber muß ich die
sen Vorhang zum Verständniß des Gan
zen nochmals ein Wenig lüften. Frau
Doctor hatte sich in Berlin mit Mama
gezankt und Knall und Fall war die
capriciöfe Dame heimgereist. Zu Hause
angekommen, hörte sie von den Dienst
boten, daß der Gatte ihre Abwesenheit
dazu benutzt habe, in seinen alten, von
ihr streng verpönten Junggesellenfehler
zu verfallen, und Komidie zu spielen
und, noch dazu mit Fanny, der stets
argwöhnisch betrachteten PostrathStoch
ter! Das schlug dem Faß den Boden
ein! Von Eifersucht getrieben, war sie
nach dem Schützenhause gestürmt, sporn
streichs auf die Bühne geeilt und hatte
dann in dem kurz fkizzirten „Auftritt"
noch im letzten Moment ihr reichlich
Scherflein sür die WohlthätigkeitS-Vor
stellung beigetragen, indem ja das La
chen auch eine Wohlthat ist und zu die
ser hat Frau Doctor, wie ich Ihnen
versichern kann und Sie mir wohl glau
ben dürften, unserer ganzen Stadt
wahrscheinlich auf längere Zeit hinaus
bestens verholfen, denn sie war durch
aus nicht eis ersüchtig.
Glücklicher Zufall. Kö
chin (zum Küchenmädel): „WaS hast
Du denn da wieder sür a' Dummheit
g'macht, Du GanS! Gleich möcht' ich
Dir a' Ohrfeig'» geb'n, wenn mei'
Hand »et g'rad nach Vanill' riechen
thät', aber den guten G'ruch bist Du
gar net werth!"
Diplomatisch. „Wohin so
eilig, Herr Vetter?" .Zum Groß
händler Goldhaber.* „Was wollen
Sie denn da?" „Um seine Tochter
anhalten." .Um welche denn?"
„Da» kommt ganz darauf an; ist er
gut gelaunt, um die jüngste, ist er
schlecht gelaunt, um die älteste!"
Nur das. Seraphine, ist es
wahr, daß du mit dem Baron verlobt
bist? —Nun, so halb und halb schon,
mein Jawort hat er, nur sein's fehlt
«och.
Tt<r» «ch»»»««« . J»ca«e.
Der Begriff der Frauenschönbeit hat
zu verschiedenen Zeiten und bei den ver
schiedenen Völkern gewechselt, der be
redte Dichtermund hat bald die blauen
Augen und das nachtschwarze Haar be
sungen, bald die dunklen Augensterne
und die blonden Flechten gepriesen, bald
sür die Purpurwangen und bald sür
den bleichen Alabasterteint geschwärmt.
Aber noch k-inem Sänger ist eS einge
fallen, die Schönheit des geliebten We
sen« nach dem Gewicht, nach dem Pfand
zu taxiren. Unb doch gibt es eine ganze
Reihe von Völkern, die von allen ande
ren Reizen absehen und die Schönheit
nach der Schwere bemessen, denen
Schönheit gleichbedeutend ist mit der
Schwere, mit massigem Körperumfang,
mit der Fettsucht.
In dem Lande der Wunder, in In
dien, wo die Natur sich in ihrer üppigen
Entfaltung zeigt und wo sie in strotzend
ster Fülle in die Erscheinung tritt, ist
eS nur folgerichtig, daß auch der Mensch
eine Vorliebe für das Massige, Ueppige
faßt und an sich selbst den Maßstab für
körperliche Vollkommenheit und>Schön
heit anlegt, den er in seiner Umgebung
in allen Stücken als naturgemäß er
kennt. Die Fettleibigkeit wird daher
in Indien und namentlich in Sindh al»
ein Haupterforderniß der Schönheil und'
Würde erachtet, man sieht sie al« ein
Zeichen guter Lebensstellung an und
begegnet ihr mit Verehrung und Re
spect. Verleiht sie dem Manne An
sehen, so gilt sie bei dem Weibe al« der
Inbegriff aller Schönheit, eine Schön
heit ohne Korpulenz gibt e« für den
Jndier nicht. Bereits das Gesetz des
Manne» enthielt die Vorschrift, bei der
Wahl des Eheweibes darauf zu achten,
daß der Gang graziös fei wie der eine»
jungen Elephanten. Der colossal«
Gliederumfang dieses Dickhäuier«
dürste zur Genüge bekannt sein.
Wie ein Inder, so schwärmt auch der
Araber sür die übermäßig volle weib
liche Form, und überall dort, wohin er
seine Herrschaft verbreitet hat, hat er
feinen Geschmack zur Geltung zu brin
gen gewußt. Diese Ansicht über weid
ttche Schönheit ist alt. Schon die Zeit
Mohamme.S bietet uns in Gestalt sei
ner Liebling«gattin Aische ein Beispiel
außerordentlicher Beleibtheit. Die Kor
pulenz der Dame war derartig, daß sie,
als zwei sie stützende Dienerinnen kaum
ihr Gewicht aushielten, stolz von sich
sagen konnte, sie beugte sich unter der
Last ihrer Hüften, wie der von einer
schweren Bürde niedergedrückte Mensch
und sie sich nicht wunderte, als eine sie
nicht kennende Araberin sich an ei -ein
unnennbaren hervorragenden Theil ih
res Körpers lehnte in der Meinung,
daß diese Hervorragung nicht mehr zu
ihr gehöre. Von ihrer Nichte gleichen
Namens ist uns eine Schönheitsbe
schreibung überliefert, die da» von ihrem
späteren Gatten als Kundschafterin ab
gesandte Weib ihm hinterbrachte, und
auch diese stützt sich namentlich auf die
Fülle der Formen und betont die allge
meine Beleibtheit, die sich überall in
sehnigen Grübchen verriethe und bei
Bewegungen allen ihren Reizen die
wellenförmigen Biegungen geronnener
Milch verliehe.
Bei dem Bruderstamm der Araber,
den Mauren ist ebenfalls Schönheit
gleichbedeutend mit Korpulenz. Nach
Mungo Parks Berichten muß eine
Frau von den geringsten Ansprüchen
wenigstens so dick sein, daß sie ohne die
Hilfe zweier Sklaven nicht gehen kann;
soll sie aber eiue vollkommene Schönheit
sein, so darf sie kaum einKameel tragen
können! Schon in ihrer frühesten Ju
gend sind deshalb die maurischen Frauen
demüht, sich diesen ungeheuren Umfang
zu verschaffen. Die jungen Mädchen
werden gezwungen, jeden Morgen eine
gewisse P--rton KuSkuS und einen gro
ßen Napf Kameelfleisch zu verzehren.
Die Mädchen mögen Appetit haben
oder nicht, da» betreffende Quantum
muß gegessen werden. Mungo Park
selbst sah ein arme« junge» Mädchen
mit dem Napfe am Munde eine Stunde
lang weinend sitzen. Die Mutter stand
mit einem Stock in der Hand vor ihr,
und sobald sie bemerkte, daß ihr Töch
terchen nicht schluckte, ging sie sofort zu
einer fühlbaren Ermahnung über.
UebrigenS befolgt man noch eine andere
Methode, um das ersehnte Ziel zu
erreichen. So schicken die maurischen
und arabischen Ansiedler am unteren
Senegal ihre jungen Frauen auf die
selten entfernten Grasweiden, wo sie
sich dort durch die bessere Milch zu dem
begehrten höchsten Embonpoint förmlich
heranmästen lassen.
Die klassische Gegend sür Wohlbe
liibthcit ist die südliche Hälfte Afrika».
Nicht alle Völker sind darin so beschei
den wie die Makololo, die nur eine ge
wisse Fülle des Fleische» verlangen,
vielen erscheint die massigste Corpulenz
als der höchste körperliche Vorzug. Man
will nicht nur mächtige, man will auch
stattliche schöne Männer zu Häuptlin
gen baben, und deshalb wählen die
OvamboS zu Herrschern nur solche In
dividuen, die Anlagen zum Fettwerden
zeigen. Da der König sich hier eben
falls einer fortgesetzten Mästung unter
ziehen muß, s» erreicht man durch diese
Zuchtwahl Exemplare wie den Herr
scher. den Galton traf, der im Freien
schlafen mußte, weil er wegen seines
Körperunifanges nicht in die Hütte krie
chen konnte. Bei den Malabele ist
Neigung zur Corpulenz sogar eine
höchst gefährliche Sache. Denn da sie
,lS ein privilegirtes Merkmal des Kö
nigs erachtet wird, das eben nur ihm
zukommt, fo geräth jeder Fettsüchtige
in den Verdacht, sich selbst die könig
liche Würde anmaßen zu wollen und im
Geheimen thronstürzende Pläne zu
betreiben. Das Fettwerden gilt als
die Summe der Natur, die seine fchwar-
Was bei den Männern recht ist, ist
bei den Damen natürlich nur billig, ei
ner ihrer vornehmsten Reize ist Beleibt
heit. Uebrigens haben wir es hier mit
einem sehr alten Brauche zu thun, denn
schon aus den Denkmälern de» alte»
Meroe werden die Königinnen al» un
förmlich beleibt dargestellt. An den
Höfen von Uganda und Unjoro gilt e»
al» feine Sitte und königlichen Glanz,
gemästete Weiber zu besitzen, die du
höchste Fettleibigkeit erreicht haben.
Ein solcher Luxu» wird als ein Zei
chen de» Reichthum» und angewöhnter
Feinheit angesehen und man beneidet
den königlichen Gatten ob eine» so her
vorragenden Besitzes. Die Mästung
wird auch hier in frühester Jugend
mit Milchbrei oder geronnener Milch
begonnen und nur mit Hilfe des Stockei
durchgeführt. Freilich steigern sich die
Portionen auch bi« zu einem Quantum
von süns Litern. Die Korpulenz geht
schließlich fo weit, daß die Frauen ihre
Beine nicht mehr gebrauchen, sondern
nur kriechend und dies mit Schwierig
keit. fortkommen können.
Zuweilen ist mit dieser Unbehilflich
keit eine nicht geringe Gefahr verbun
den, wenn e» sich nämlich um die Flucht
handelt. Cafati schildert einen sslchen
Moment, als Tfchua eiligst sein Hofla
ger abbrach und eS mehr in das Innere
seines Landes verlegte.
„Es war ein betäubendes Rufen",
schreibt der italienische Reisende, „ein
unaufhörliches Grüßen, ein Singen und
wirres Trommelschlagen, ein Hände
drücken. Man sah Gesichter, die sich zu
augenblicklichem Weinen verzerrten, um
rasch wieder das gewöhnliche Lächeln
anzunehmen. Plötzlich drängt die
Menge, sie drückt sich an dem Thore
de» Palastes, ein Ruf des Erstaunens
und der Bewunderung erhebt sich gleich
zeitig aus aller Mund. Von vier kräf
tigen Männern getragen, auf einem
Tragsessel von größerem Umfange und
dickeren Pfählen wird ein Weib von ko
lossalen Formen, gleichsam ein ungestal
teter gleijchklumpen mit kleinen, hinter
ihren Höhlen vergrabenen Augen, über
die Schwelle deS Palastes geschleppt.
ES ist eine der gemästeten Frauen des
Königs Tschua."
Nicht verlockender ist die Schilderung,
die uns Georg Schweinfurth von den
Frauen der Bongo gibt, deren Kleidung
aus einfachem Laubgewinde besteht.
„Man sollte glauben," fagt er, „die
koketten Laubgehänge, mit denen die
Bongofrauen sich umgürten, ertheilen
ihren Bewegungen einen paradiesischen
Zauber, allein die Gestalten dieser
schwarzbraunen Schönen sind in den
meisten Fällen nicht» weniger al» ästhe
tisch. Alle völlig ausgewachsenen Wei
ber dieses Volles erreichen einen so
hohen Grad von Wohlbeleibtheit und
tragen so erstaunliche Fleischmassen mit
sich herum, daß man, aus die nervig
dürren Gestalten ihrer Männer blickend,
nicht genug über den großen Contrast
staunen muß, der sich in dieser Hinsicht
zwischen den Geschlechtern bemerkbar
macht. Schon die Schenkel besitzen nicht
selten die Stärke des Brustumfanges
schlanker Männer, und die Hüftenpartie
ist in einer Weise ausgetrieben, daß man
sofort auf's Lebhafteste an die berühmte
Figur der „Hottentvtten-VenuS" erin
nert wird.
Jener imvvfante Körpertheil, sür
dessen hypcr rophische Entwickelung der
technische Ausdruck „Steatopyga" er
funden wurde, sticht bei den Bongo
frauen so gewaltig von der normal ge
bildeten. schon an sich üppigen Brust
ab, daß namentlich »n gewissen Atti
tüden, wie beim Tragen großer Wasser
krüge auf dem Kopfe, ihre Körperkon
tour die Gestalt eines abwechselnd ge
drehten anzunehmen pflegt. Dazu
trägt der lange Bastschweif aus dem
Rücken das Seinige bei und die Sil
houette eines gravitätisch einherschrei
tenden fetten Bongoweibes erinnert in
hohem Grade an die Gestalt eines tan
zenden Pavians. Ich halte dasür, daß
Weiber, deren Körpergewicht drei Cent
ner beträgt, unter den BongoS durch
aus nicht zu den Seltenheiten gehören.
Von den Tropen bis zum Nordpol
ist es ein ungeheurer Sprung und doch
huldigen Bewohner einer
gleichen Geschmacksrichtung wie die
dunklen Söhne des heißen Erdtheils.
Der Eskimo liebt nicht nur Thran und
Robbenspeck, er liebt auch fette Schö
nen. Die Enreme berühren sich eben
wieder einmal. Fridtjof Nansen, der
kühne Durchquer» Grönlands aus
Schneeschuhen, hat die nordischen Da
men aus'S Beste kennen zu lernen Ge
legenheit gehabt.
In der Regel sind die Gesichter rund
mit breiten vorstehenden Backenknochen
und besonders bei den Frauen sehr fett.
Die Wangen stehen oft »ollständig vor
und strotzen von Fülle. Es liegt in den
rundlichen, abgestumpften, fettglänzen
den Zügen etwas außerordentlich Zu
sriedeneS, wie denn auch ihre Formen
und Bewegungen durchaus rundich
sind. Je mehr Kleidungsstücke das
zzslimo-Völkchen außerhalb des Zeltes
trägt, desto weniger belastet eS sich da
mit in feinem FellhauS. Nansen konnte
daher die körperlichen Vortheile der
Damen gänzlich unbehindert studiren.
Er schilderl eine zärtliche Familien
scene, der er mit seinen Begleitern bei
wohnte, folgendermaßen. „Man ver
suchte eS," erzählt er, uns die Ver
wandtschast der einzelnen Zeltbewohner
unter einander begreiflich zu machen.
Ein Mann umarmte ein fettes Frauen
zimmer, worauf Beide mit höchst zufrie
dener Miene auf einige jüugere Indivi
duen zeiqten.was so viel bedeuten sollte,
als daß si/ Mann und Frau und die
Andern ihre Kinder seien. Der Mann
strich mit der Hand an dem Rücken der
Frau h.rab und kniff sie in ihr Fett,
damit wir sehen sollten, wie schon und
prächtig sie sei, und wie stolz er auf sie
war, was sie scheinbar sehr zu schätzen
wußte. Dem Eskimo sind seine eigenen
Frauen die schönsten und zwar ie seiter,
desto schöner. Ich glaube daher kaum,"
fügt der nordische Fischer hmzn, „daß
die europäischen Schönheiten sich Hoff
nung machen können, an der Ostküste
Grönlands den Preis zu erringen. ES
h-rrscht dort im Uebrigen ouch kein
Mangel an Damen."
Nun, nach dem kalten, eisbedeckten
Norden wird sich schwerlich ein lieben
des Mädchenherz wenden, nm ein Mit-
Glied de» starken Geschlecht» mit sein«
Hand zu beglücken. Aber bei unseren
ColonisirungSbestrebungen in Afrika,
dem Widerwillen unserer Männerwelt
gegen die Ehe und der täglich wechseln
den Zahl unverheiratheter Jungsrauen
dürfte eS nicht mehr zu den Unmöglich
keiten gehören, daß eines Tage» eine
Schaar ebelustiger Damen nach dem
sonnigen Süden auszuwandern sich an
schickt. Diesen unternehmenden Schönen
sei es hiermit ausdrücklich gesagt, daß
sie nur dann auf die Erfüllung ihrer
Herzenswünsche unbedingt rechnen dür
fen, wenn sie den Ansvruch erbeben kön
nen. zu gelten als gewichtige Per
sönlichkeiten.
Tluch «tnc Sytvcstersetcr.
Eine höchst originelle Sylvester-Vor
feier wird aus einem Berliner Vororte
gemeldet: Zu dem Stammtische der
Honoratiorenkneip: daselbst gehörte
auch ein wohlhabender Händler in je
nen mit Borsten behasteten Säuge
thieren, welche von den Vegetariern als
LeibeSatzung so jehr verpönt, von ande
ren Sterblichen in Begleitung von
Sauerkohl hingegen sehr verehrt wer
den. DaS Gespräch drehte sich an
einem Abende der letztvergangenen Tage
um die Marschiähigkcit einer Hammel-
Heerde, e>n Gebiet, auf welchem der er
wähnte in „Vieh" machende Herr be
sonders gut orientirt war. Aber seine
Behauptung, daß eine Hammelheerde
von circa fünfzig dieser Vierfüßler im
Staude sei, einen Tagesmarsch von 3
Meilen zurücklegen, sand nicht nur kei
nen Glauben, sondern es wurde vom
gesammten Stammtisch eine Wette in
Form einer Riefen-AnanaSbowle gegen
ihn gehalten, um die Unzulänglichkeit
seiner Behauptung auch in zu
beweisen. Zu dem Zwecke sollten die
Hammel am 30. December, früh « Uhr,
einen Marsch nach dem lH Meilen ent
fernten Dorfe Bl g antreten, eine
Bescheinigung ihrer Anwesenheit seitens
des Schulzen beibringen und am Abende
desselben Tages nach ihrem Stand
quartier zurückkehren.
Am Sylvester-Abende aber sollte dem
verlierenden Theile die Ananasbowle
abgezapft werden. In dem Vororte
wunderte man sich am Morgen jenes
Dreißigsten, als nicht einer seiner Trei
ber, sondern der dicke Händler selbst
seine Hammel zum Thor h,„austrieb.
Den Etammlischfreunden verging der
Tag in hoher Spannung, welche sich
zu Hellem Jubel steigerte, als der Dicke
um acht Uhr Abends weder mit noch
ohne Hammel erschien.
Nur vier Stunden hatte der Tag
noch. Aber sie hatten alle die Rech
nung ohne diese Spanne Zeit gemacht.
Kurz vor neun Uhr lönte der Widerhall
thierischen Freudengeschreis über den
A. - Play. Elektrisirt eilten die Freunde
hinaus. „Verloren.. verloren", riefen
sie, „das ist der Dicke und die anderen
Hammel!" Sie hatten Recht. In der
That waren eS die Hammel, aber der
Führer fehlte, und dessen Stelle vertrat
völlig und ganz ein vierbeiniges In
dividuum. welches man mit dem land
läufigen Namen „Leithammel" bezeich
net. Der Dicke halte die Wette gewon
nen.. darüber war man einig aber
um welchen Preis! Offenbar war ihm
unterwegs ein Unglück zugestoßen. So
sort wurde beschlossen, daß Jeder, mit
einer Laterne versehen, auf dem Wege
nach 81... .g suchend auszöge.
Schon war man bereit dazu, als
einer der Herren am Schwänze des
Leithammels ein Stück Papier ange
bunden sah, welches sich als ein an den
Stammtisch adresfirter Brief auswies.
„Vielleicht ein letzter Gruß er war
zuletzt immer etwas schwermüthig,"
meinte ahnungsvoll einer der Wetten
den, den Brief öffnend. Dieier lautete:
„Liebe Freinde! Ick kann Mir Euere
betriebten Jesichter ausmahlen, wenn
das Plöken meiner Hammel Euch in die
Ohren schaallt wie die Drombeten von
Gericho beis jüngste Jericht und Euch
an die verlorene Wette erinnert. ES
steht Eure Trauer vor meinen durchgei
sterten Oogen, wenn Ihr meine Ab
wesenheit bei die Hammels bemerken
dhut und mich dodt wähnt. Ich befinde
mir aber oh Controlär bei unseren alten
Förster P. janz mollig, wo ich bei eini
gen Flaschen Rothschpon eine längere
Siehste mache, wie man ;a woll uff
Hochdeutsch sür det Ausruhen fagen
dhut, ich vertraue meine Hammel ;anz
and jar dem Leitvieh an, welches Alles
sür mich fo besorgen wird, als wenn >ck
es selber wäre. Und nun Proicht Ne,-
jahr, morgen bin ick wieder da!"
Vier Kinder fo erzählt
Sem „B. A " eine Leserin hatten
ihre Mutter verloren. Die Tante, an
der sie mit großer Zuneigung hingen
and die sie oft bestürmten mit der
Litte, „nun sei Du unser Mamachen",
wehrte diese Herzensergüsse immer ab
durch den Hinweis aus daS liebe Müt
terchen, das jetzt „beim lieben Gott"
sei—und sich freue, wenn die Kleinen
anten artig wären. Besonders der
ilelteste stand nun in solch herzlichem
Verhältniß zum lieben Gott, daß er
ihm alle kindlichen Wünsche u. s. w.
zeim Schlafengehen anvertraute. Be
kam er einen Stift und ein Stückchen
Papier, so brachte er daS Gekritzel
mit der Bitte es in den Briefkasten zu
stecken — „er habe an Mama geschrieben
und der liebe Gott würde den Brief
schon abgeben.' Am Morgen des
Neujahrstages sieht die Tante den
Zungen mit gefalteten Händchen auf
recht im Bett sitzen und hört, wie er
;anz andächtig sagt: „Lieber Gott,
ich graiullre Dir auch zum neuen
Jahr!"
Immer derselbe. Mutter:
kder Karl, mußt du denn immer die
SS Psennige Taschengeld, die du jede»
vonntag bekommst, vernaschen? Be
denk' doch, wenn du das Geld sparst,
hast du am Ende des Vierteljahrs einen
blanken Thaler. Karl: Aber sür
einen Thaler auf einmal zwing' ich ja
iiicht a!les aufzuessen.
«t» Vapterkor».
„Es kann io nicht länger fortgehen,
Georg; wenn ich Dir gar nicht« mehr
recht machen kann, dann ist es schon das
Beste, daß wir der ganzen Geschichte je
eher, je lieber ein Ende machen," sagte
ich.
„Also scheiden?" fragte mein Mann.
„Natürlich!-
„Das ist nun doch wohl ein wenig
zu weit gegangen." antwortete er mit
seinem unausstehlichen Lächeln. „Weil
ich von Zeit zu Zeit hier und da etwas
aussetze —"
„Bon Zeit zu Zeit! Seit Du aufge
standen bist, hast Du nichts weiter ge
than, als in einem fort gebrummt."
„Die Lampe war nicht gefüllt."
„DaS habe ich nun schon dreimal hö
ren müssen, und ich habe Dir auch be
reits gesagt, daß Auguste daran schuld
ist, nicht ich."
„Ja, aber da dies schon in der vori
gen Woche zweimal passirt ist, hättest
Du wohl die Freundlichkeit haben und
gestern Abend-Z danach sehen können.
DaS Zimmer war voll Rauch."
„Ja, ich hatte gestern die Absicht, den
Schornstein nachsehen zu lassen, aber ich
habe e« vergessen."
„Hm, da« wollte ich ja gerade sagen.
Die Eier waren weich."
„Daß Du sie aber auch immer hart
verlangst!"
„Nun, das macht durchaus nicht mehr
Mühe beim Kochen," sagte er ruhig.
„Wie kann denn auch das Mädchen
Deinen Geschmack kennen!"
„Weil ich Dir schon zwanzigmal ge
sagt habe, wie ich sie am liebsten esse,
und weil eS in diesem Falle doch wohl
selbstverständlich ist, daß Du Deine An
ordnungen triffst."
„Natürlich, jawohl! Höre mal:
eine geschickte Haushälterin, die Du
kommandiren kannst, soviel Du Lust
hast, und die Du fortjagen kannst, wenn
eS Dir paßt, ist für Dich viel besser ge
eignet al» eine Frau, die Du als Skla
vin behandeln willst, und die das nicht
dulden will. Mir ist der ganze Tag
wieder verdorben."
„Der me,ne auch, daS versichere ich
Dich."
„So kann es nicht weiter gehen!
Mama, die mich immer so gehegt und
gepflegt hat, muß einmal erfahren, wie
Du mich behandelst."
„Wenn Deine Mama, anstatt Dich
zu verhätscheln, lieber darauf gesehen
hätte, daß Du die Hände rührst und
nachsiehst, ob Alle» im Haufe in Ord
nung ist, dann würde eS besser mit uns
Beiden stehen."
„So? Nun auch noch «eine Eltern
beleidigen?"
Ich stand von der Frühstückstafel
auf und setzte mich in eine Ecke und
weinte.
Es half nichts mehr! Er kam nicht,
um mir die Thränen sortzuküssen, und
ich wurde nun wirklich ärgerlich. Wenn
ihm schon mein Kummer gieichg»ltiz
war, dann paßten wir nichl mehr für
einander.
Er nahm ruhig seinen Rock, seinen
Stock, seinen Hut und sagte:
„Ich gehe jetzt nach dem Komtoir.
Vor zwölf kann ich in der Sache nichts
thun, aber wenn Du nach dem Kaffee
noch ebenso denkst wie jetzt, dann kön
nen wir zusammen zum Notar gehen."
„Zum Notar?"
„Jawohl. Wenn Leute wie wir mit
so etwas vor den Richter kvmmen, sor
kann ja der alle Beermann, Dein No
tar, am besten. Fahren wir also zuerst
zu ihm. Ich bestelle für halb zwei Uhr
einen Wagen, denn solch ein alter Mann
und Hausfreund von Euch wird natür
lich alles Mögliche aufwenden, um uns
zu Gemüthe zu reden, und ich habe keine
Lust, Dich mit verheulten Augen und
rother Nase am Arm zu führen!"
Wie grob er das sagte!
Ich antwortete sofort:
„Dann laß mich nur ruhig allein ge
hen, ich werbe wohl auch ohne Deinen
ilrm nach Hause finden."
Er beachtete meine Drohung gar
nicht, ja er lachte mich noch obendrein
aus. Und mit einem solchen Manne
sollte ich noch länger zusammenbleiben?
Wir waren es nun bereits vier Monate!
Nein, unmöglich!
„Adieu, E!ie!"
Ich antwortete nicht. Die Thür wurde
ruhig hinter mir zugemacht.
Ich blieb allein. Die Idee mit dem
alten Herrn Beerman, der so oft zu uns
hinkam, um mit Papa eine Partie zu
machen, behagte mir gar nicht. Er
brachte, als ich noch ganz klein war,
immer Hampelmänner für mich mit,
sväter bekam ich zu Weihnachten meinen
Namen aus Chokolade und noch kurz
vor meiner Verheirathung hatte ich ein
Arbeitstäschchen von ihm zum Geschenk
erhalten. Er beglückwünschte mich auch
io herzlich zu unserer Verlobung, und
an unserem Hochzeitstag hielt er einen
so netten Toast aus das Brautpaar. Er
wird nun allerlei Einwände machen und
mich wie ein eigensinniges »ind behan
deln: er weiß ja nicht, waS eine grau
alles zn ertragen hat. er hat natürlich
kein Gefühl dafür, wie ein Mann seine
Frau durch allerhand kleine Bosheiten
zur Verzweiflung bringen kann.
Ader daß der alte Mann sein Haupt
darüber schütteln wird, das soll sür
mich kein Grund sein, mein ganzes Le
ben in Sklaverei zu verbringen. Es
werden schon noch mehr Leute das
Haupt darüber schütteln.
Unser Besitz hier, die Möbel und
alle die kleinen Geschenke unseres jun
gen HaushallS werden natürlich ver
theilt. Georg inag meinetwegen auch
Alles behalten, wenn er will. Ich ver
lange weiter nichts als Einsamkeit und
die Gelegenheit, mich in der Stille über
seine Tyrannei ausweinen zu können.
Ist es nicht traurig, zweiundzwanzig
Jahre und eine Frau, die sür den Rest
ihres Lebens zur Verlassenheit ver
dammt ist? Ohne Hoffnung, ohne
Trost, denn ich will keinen Trost. Ich
kann Georg allerdings nich. leidcn, ob-
gleich er, mit de» anderen Männer»
verglichen, immer noch der beste ist, die
meisten treiben es noch toller als er.
Ich glaube auch, daß man sich nach un
ferem Gesetz nicht zum zweiten Mal
verheirathen kann, wenn der Mann
einin nicht mit dem Messer gesährlich
verwundet hat oder untreu gewesen ,st.
Und mit einem Messer gedroht oder so
etwas hat Georg nicht. Er ist uner
träglich ruhig, und grob nnd unhöflich,
aber eine gewisse Ritterlichkeit hat er
doch an sich. Und untreu ist er auch
nicht, ich weiß zu jeder Stunde, wr
er ist.
Wie nur der Schornstein raucht. eS
ist wirklich schrecklich. Ich werde sofort
zu dem Schornsteinfeger schicken, Georg
soll doch wenigstens, wenn ich fort bin,
sehen, daß ich nicht Alles vergessen habe.
Ueberdies, der Rauch hindert mich sel
ber ; ich kann keinen Rauch mehr ver
tragen.
Wer hätte das jemals von uns ge<
dacht! Und doch, Mama muß ihn wohl
während der Zeit unserer Verlobung
durchschaut haben, denn sie sagte ein
mal zu mir: „Else, sei doch ein wenig
aufmerksamer in Kleinigkeiten; das
häusliche Glück hängt ost von Kleinig
keiten ab. Und Georg, so lieber Mann
er ja auch ist, sieht nun einmal viel aus
Kleinigkeiten!" Ein lieber Mann!
WaS wird Mama wohl jetzt sagen,
wenn ich voller Verzweiflung ia ihr
Haus zurückkehre?
Da sitze ich nun wieder einsam und
allein bis zwölf Uhr, wie jeden Tag.
Früher, da freute ich mich immer auf
sein Nachhausekommen, weil er Gesel
ligkeit. srischeS, fröhliches Leben mit
brachte, aber jetzt verlangt mich gar
nicht mehr danack» Mit der Fröhlich»
keit und Geselligkell ist eS aus. Gestern
um diese Zeit wußte ich wohl, wie ich
nur die Zeit vertreiben konnte; ich hatte
sogar Eile. Ich arbeitete an einem
Papierkorb. Der andere war kaum
ein Jahr alt, und er hielt große Stücke
auf ihn, denn es war das erste Ge
schenk von meiner Hand während unse
res Verlobungszeit. Aber vor vierzehn
Tagen habe ich das Tintenfaß auf ihn
fallen lassen, und nun ist er ganz ver
dorben. Jetzt mache ich einen neuen
sür Weihnachten machte, wollte ich
sagen, denn ich werde unter diesen Um
ständen natürlich keinen Stich mehr an
ihm arbeiten. WaS soll ich jetzt nur
mit dem angesangenen Lambrequin be.
ginnen? Für ein Eckbrett ist er zu
groß, für etwas Anderes zu klein. Und
er war so niedlich! Ich werde den Pa
pierkorb einmal herholen, es ist ein
Jammer, daß er nicht herum soll, er
würde ihm so gut gestanden haben!
Hatte Georg nicht auch gefragt, ob
fein Papierkorb nächstens nicht wieder
einmal geleert werden würde? Vorge
stern, glaube «ch. Es ist wahr, es
wird Zeit! Diese Menge Papier! Em
kurioser Inhalt von solch einem Pa
pierkorb!
Kreuzbänder von Zeitungen, Cirku
lare und Prospekte, em paar durchris
sene Postkarten, hier auch eine Einla
düng von FnedbergS zur Abendgesell
schaft na, die werden auch schöne
Augen machen, wenn sie von unsrer
Scheidung hören! Was ist das?
DaS ist >a Mamas Hand! Stückchen
eines Brieses, von dem ich nichts weiß?
Was bat Georg mit Mama hinter mei
nem Rücken zu correfpondiren? Sollte
er sich im Geheimen über mich betlagt
haben ? Ader das liegt nicht in feinem
Charakter!
Ob ich wohl die Stückchen an einan
der passen kann?
.... „Elses Geschmack" .... WaS ist
mit meiuem Geschmack? Es fehlt leider
:in ganzes Stück, aber auf der folgen
den Znle steht etwas von „ranaten"...
Was kann das sein? Ad so, Grana
ten! Noch ein paar Stückchen, und ich
habe die ganze Zeile Hier, das
paßt! „Aber Du hast ja bis Weih
nachten noch genug Zeit, sie selber zu
»marinen" Mich umarmen?
Weshalb? „Du als Armband wirst
ihr jedenfalls auch lieber sein, als ein»
iuS Granaten." Ja, ja, daran erkenne
ich die Mama, immer spaßig. ES ist
also von einem Armband die Rede, das
mir Georg zu Weihnachten schenken will.
Der gute Georg!....
Das ist nun Alles aus. wenn wir zu
dem alten Herrn Beermann gehen.
Und es ist auch solch eine langweilige
Geschichte, das Scheidenlassen: eS dau
ert, glaube ich. volle fünf Jahre, bis
alle Formalitäten erfüllt sind. Und
dann müssen wir noch einmal zusammen
vor dem Richter erscheinen. Eine pein
liche Sache. Ich wollte, daß es schnel
ler ginge..lch muß einmal mit Georg
darüber sprechen, ob das nicht möglich
ist. Er weiß in Allem Bescheid und
kenn: stets den kürzesten Weg. Ich
muß ihn auch fragen, od der Richter
die Scheidungsgründe für genügend
halten wird, denn ich mag im Gerichts
saal keine lächerliche Figur abgeben.
Ich sehe mich schon dort in großer
Toilette, oder noch besser in Schwarz,
mit einem schwarzen Schleier, und dann
abgewiesen werden mit den Worten:
„Aber liebe Frau, was sind das doch
Alles sür unbedeutende Sachen!" Und
das kann mir sehr leicht passiren!
Eigentlich sind eS auch nur unbedeu
tende Sachen, Kleinigkeiten die aber
das Leben unerträglich mächen. Für
so etwa» hat natürlich ein Richter kein
Herz.
Es würde vielleicht besser sein, nicht
hinzugehe», und dann ist mir der Be
such bei dem alten Herrn Beermann auch
so unangenehm, aber ich kann mich doch
jetzt nicht vor Georg lächerlich machen
und zurücktreten. Er würde triumphi
ren! Und doch Ich bin stetsein
wenig spitz und hestig gewesen, aber die
Versöhnung nachher war auch ik.mcr
ganz schön. Vielleicht geht'S auch dies
mal wieder.
Ich sürchte nur, daß, wenn ich auch
nachgebe, Georg sich beleidigt fühlen
wird. Ich glaube, ich bin ein wenig zu
weit gegangen. Ich werde ihn gut zu
stimmen versuchen.... Ichw-rdeFeuer
in den Salon anlegen, dann denkt er
nicht mehr an den Rauch im Wohnzim-
iner, und ich werde nachiehei', od in
seinem Zimmer Seife ist und ein schö
nes Handiuch und frisches Wasser, wenn
er sich um zwölf Übr die Hände waschen
will; und ich lasse von Auguste ein
Stüct Pastele bolen, Georg m ein
Leckermäulchen, und wenn er die P.?steie
neben seinem Teller stehen 'iedt, ist er
siLon halb gewonnen.... B>n ick när
risch ? Henre Morgen wollie ich mich
scheiden lassen, uns jetzt lhue ich alles
Mögliche, um meinen Mann in eine
gute Slimmnng zu bringen? Eigentlich
fröhlich und mein Mann!
So, nun ist Alles in Ordnung, nun
kann er kommen.... Da ist er schon! —
„Guten Tag, Männchen! Hast Du
Hast Du den Wagen bereits bestellt?"
„Ja, Elfe, aber es ist solch schönes
Wetter, daß ich einen offenen Zweispän
ner genommen habe für halb drei Uhr.
Wenn dann der alte Herr Beermann
nicht zu Hause sein sollte, können wir
ja noch ein Stündchen im Park spazie
ren fahren Einen Kuß?"
„Liebster Mann! Wir wollen lieber
vorher spazieren fahren und dann erst
sehen, ob wir noch zu dem alten Herr»
Beermann wollen."
Humor Berltner Professoren.
Zum Kapitel vom „Humor Berliner
Hrosessoren" werden folgende Beiträge
geliefert:
Virchow ist nicht nur selbst reich «n
guten Einfällen, er hat ouch Verständ
niß und Behagen für schlagfertige Wen
dungen seiner Schüler. Bekannt ist
Virchow's Ordnungsliebe. Bei Sek
tionen müssen Messer, Scheere und die
anderen Werkzeuge ihren bestimmten
Platz und ihre bestimmte Verwendung
baben. Webe dem Unglücklichen, der
Knochenmesser benützt, wo das Präpa
rirmeffer anzuwenden ist. Das zum
Trocknen bestimmte Handtuch darf nicht
über und über naß gemacht, sondern
die Benützung muß an einer Seite be
ginnen, damit noch die folgenden Kolle
gen einen trockenen Platz finden. Bei
einer Prüfung brauchte der Kandidat
das Handtuch unvorschriftSmäßig. Der
Herr Gtlieimrath war darob sebr un
gnädig und hielt dem jungen Manne
eine lange „Pauke". Der Examinand
aber nicht auf den Kopf gefallen,
er drehte sich nach der Rede des Pro
fessors ganz gelassen um und rief:
„Diener bringen Sie dem Herrn Geh.
Rath ein reines Handtuch!" Virchow
lachte herzlich.
Prof. du BoiS-Raymond liebt es, an
einzelne Thatsachen eine praktische
Nutzanwendung zu knüpfen. Als er
einst über geistige und körperlich- Ge>
brechen fprach.die an Kindern nahe ver
wandter Eheleute beobachtet find, gab
er seinen Schülern die Warnung aus
den Weg: „Also hüten Sie sich vor
Ihren schönen Cousinen!" Der
Liebenswürdigste ist Prof. A. W. Hof
mann; we.in er einen Satz mit den
Worten beginnt: „Die Aufmerksamen
unter ", fo fügt er stets lau
nig hinzu: „Sie Alle, meine Herren,
werden wissen ' Um die entfär
bende Kraft des Chlors darzuthun,
bringt er einen ganzen Korb kleiner
Veilchensträuße mit, die er seinen Hö
rern zuwirst; bei anderer Gelegenheit
erscheint er mit einem großen Teller
süßer Fruchtbonbons, die er von feinen
Assistenten aus einer Amylsubstanz
„sür seiue werthen Zuhörer" hat prä
variren lassen.
Zu den Vorlesungen des Professors
Schröder in der Frauenklinik drängten
sich eine Zeit lang des „Interesses"
wegen Studenten aller Facultäten.
Bei einer Krankenvorstellung ließ er
einen der ausiverksamsten Commilito
nen vortreten und die Patienten unter
suchen. Der' Gerufene trat zögernd
heran und machte die Untersuchung so
wenig technisch, daß der Professor und
die Aisistenten ihn erstaunt ansahen.
Nun folgte ein Examen. Auch die
Antworten waren so laienhaft, daß
Schröder endlich fragte: „Sagen Sie,
mein Lieder, was sind Sie denn eigent
lich und studiren Sie schon lange Me
dicin?" „Ich bin nicht Medicin??",
stotterte der Jüngling, „ich bin Theo
loge." „WaS!" rief voll Entrüstung
der Professor, „waS' Theologe sind
Sie? Ein Schwein sind Sie rauS,
raus!" Unter schallendem Gelächter
zog der verkappte Theologe von ban
nen. Seit iener Zeit sah man kein«
sremden Gesichter mehr in der Klinik.
AuS dem Leben Dom
Pedros erzählen französische Blätter
»uch solgende kleine Geschichten: Ali
die Brasilier Dom Pedro 11. von Al
tantara im Alter von 5 Jahren zum
Kaiser ausgerufen hatten, fand der Er
zieher des jungen Kaiser« seinen Zög
ling auf einer Farm bei Rio de Ja
neiro, wo er in aller Gemüthsruhe ei
nen Eierkuchen verzehrte. Er suchte
ihn zu belehren, baß seit zwei Stunden
Alles an ihm majestätisch und heilig sei
und machte sich mit ihm auf den Weg
zum Schloß. Unterweg.» begann e»
tüchtig zu regnen. Weit und breit war
nur eine kleine Hütte und auf sie eilt«
Dom Pedro zu, um Unterkunft zu su
chen, wie jeder Monarch es schließlich
thut, wenn er keinen Regenschirm bei
sich hat. Auf das Klopfen des kleinen
Kaisers erschien an der kaum geöffnete»
Thür eine runzlige Alte, welcher Dom
Pedro gebieterisch zurief: Oeffne sofort,
Alte, ich bin Joao —Carlos—Leo-
polds Salvador Bibiana —Fran
cisco—-Lavier—do Paula —Leocudio —
Miguel Gabriel Raphael Gon
zaga—Dom Ped.... Heilige Jung
frau! unterbrach ihn die Alte, fucht
euch anderwärts Unterkunft, in meiner
Hütte hab' ich nicht Raum sür so viele
Menschen! SprachS und schmiß ihm
die Thür vor der Nase zu.
Ganz einfach. Mein Herr,
Sie befchästizen sich schon seit längerer
Zeit mit meiner Nichte, machen ihr sehr
den Hos nnd haben sie neulich sogar ge
küßt. "Las beabsichtigen Sie nun zu
thun? Ich beabsichtige, dies künftig
zu unterlagen.