Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, January 14, 1892, Page 6, Image 6

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    6 vom «ffen.
Ein Thema, da» Jeden interesfirt,
beim jeder ißt. Aber die Essenden zer
fallen doch in sehr verschiedene Klassen.
Die Einen essen nur. um zu leben. Da«
sind zunächst die Armen, die im Kampf
um » Dasein ringen und nichts errei
chen, als sür des Leibes Nothdurft zu
sorgen. Dann die Stoiker, die daS
Essen hinunterschlingen, ohne einen Ge
nuß davon zu haben.
Essen, um zu«genießen und essen, weil
es so sein muß, das ist der Unterschied.
Aber gerade gegen daS Essen als Ge
nuß wenden sich die Weisen mit auffal
lender Einstimmigkeit. Besonders die
Alten, wahrscheinlich weil die Genuß
sucht damals auffälligere Dimensionen
annahm. Es ist auffallend und geradezn
komisch, wie eifrig und einstimmig die
Alten Mäßigkeit predigen.
Epikur, der berühmte Begründer einer
genußsüchtigen Lebensphilosophie sagt:
Wer aus Brod und Wasser seine Be
dürsnisse beschränkt, wag mit Jupiter»
selbst an Seligkeit wetteifern.
Und Demolrit:
Beim Essen und Trinken das Maß
überschreiten.
Heißt's: Vergnügen daran zu Grabe
geleiten.
Tann Aristoteles:
Unmäßigkeit ist die Mutter der Auf
legung nnd Verwirrung, der Schwäche
und Krankheit, der Furcht und aller
übrigen Leidenschaften.
Wir citiren hier noch einige Aus
sprüche berühmter Römer:
Mit den Seinigen lebt glücklich, wem
der Väter
Salzfaß auf dürftigem Tische blinkt.
Weder Furcht noch schnöde Begier
Vkscheuchen alsdann den Schwmmer.
Horaz 11. 1V Ode.
Vielfach Gemengfel beim Essen, das
schadet dem Leib und dem Geist selbst,
Drückt den beseelenden Hauch der Gott
heit herunter zum Staube.
Weißt Du denn gar nicht, wie Du Dem
Geld besser verwendest?
Horaz.
Die Bedürfnisse des Körpers sind
gering: er will durch Nahrungsmittel
de» Hunger und Durst stillen und sich
vor Kälte schützen. Was man noch
über diese Bedürfnisse verlangt, kommt
nuc den sittlichen Fehlern zu Gute.
Seneca. An Helo.
Hier geht man zu den Sternen, hier
aus dem Wege der Genügsamkeit, der
Mäßigung, der Willenskraft!
Seytius, in SenecaS 73. Br. an Luci
liuS.
Wenig kostet der Hunger, viel ein
ekler Gaumen.
Seneca, 17. Br. an LnciliuS.
Lerne mit Wenigem zufrieden sein
und rufe muthig das große Wort auS?
Wir haben Wasser, wir haben Brod!
Seneca.
Mäßigung und Genügsamkeit gebä
ren Willenskraft, diese aber geleitet auf
den Weg zu den Sternen.
Seneca.
Die moderne Welt, mit anderen Auf
gaben beschäftigt, hat sich mit der Ma
genfrage in anderem Sinne beschäftigt
in dem wirthschastlichen, allgemei
nen, menschlichen. Aber auch aus der
modernen Welt gibt es zahlreiche com
peteilic Aeußerungen für die Mäßi
gung.
So sagt Franklin, den wir meist nur
oIS Erfinder des Blitzableiters kennen
und der doch ein geistvoller Mann von
umfassender Bildung war. nebenbei
auch ein berühmter Staatsmann:
In der Reihenfolge der Tugenden
setze ich die Mäßigkeit obenan, weil sie
den Kops kühl und die Gedanken klar
erhält.
Und:
Ter Mcüsch ißt seit Ausartung der
Küche zweimal mehr, als die Natur ver
langt.
Hufeland sagt:
Man kann mit Wahrheit behaupten,
daß der größte Theil der Menschen viel
mehr ißt, als er nöthig hat.
Der berühmte Hygieniker konstatirt
damit, daß der Genuß am Essen regel
mäßig zu Ausschreitungen sührt er
schaff! den häßlichen Typus der Fresser
und der prosejsionSmäßigen Gour
mands.
UebrigenS wollen wir noch einen an
dern Ausspruch des berühmten Hufe
land zitiren, der ein scharfes Verdikt
gegen das moderne Genußleben ent
hält:
Das beste GetKink ist Waffer, und
ich trage kein Bedenken, es sür ein
großes Mittel zur Verlängerung des
Lebens zu erkläre».
Wir könnten diese Citate im Sinn«
der Mäßigkeit und Enthaltsamkeit noch
weiter ausdehnen, aber das Vorstehende
genügt, um festzustellen, daß Vernunft
und Weisheit gegen die sich im Essen
äußernde Genußsucht wenden.
Warum ? Ist die Sache so schlimm?
Ist es wirklich eine Schande und ein
Schade, gern gut und viel zu essen? ES
muß doch einen Grund habe», daß so
ehrenwerihe Herren wie Epikur und
Aristoteles,Horaz und Seneca,Hufeland
und ssranllin sich gegen das Essen so
«»sie nn?
Das Essen ist zweifellos ein Genuß,
wenn man Appetit und einen guten
Hopven hat. Warum also nicht genie
ßen? Warum den Gaumen ächten,wenn
man die anderen Sinne pflegt?
Rückert weiß darauf zutreffende Ant
wort:
Tbu' deinem Bauche nichts zu gut,
»Er ist ein undankbarer Gast:
Wer »lim am meisten gütlich thut,
Dein sollt am meisten er zur Last.
Da 4 gute Essen rächt sich nämlich,
«s bruizl leicht allerlei Gebresle im
Gefolge mir »ch, besonders Gicht und
Verdauungsstörungen. Auch stumpft
man sich durch die Gewohnheit dagegen
ab, und eS ist ganz sicher, daß einem
hungrigen Feldarbeit» sein Schwarz
drod mit Zveck denselben Genuß berei
t, wie einem blasirten Feinschmecke»
...r gelrüffelt« Zaja».
Ja, der Arbeiter hat sogar unter
Umständen größere Genußchancen'für
sich, weil er sicher Hunger hat, während
der Feinschmecker vielleicht an Appetit
losigkeit leidet. E» ist eine irrige An
nahme, daß gute» und reichliche» Essen
einen absoluten Genuß bietet. Während
Kunstgenüsse sich niemals abnützen kön
nen, im Gegentheil dem geübten Sinn
lmmcr neue Reize erschließen, verlieren
materielle Genüsse durch die Gewöh
nung. Sie hängen von einem gewissen
Niveau ab, das man sich aneignet. Wer
«ine einfache Hausmannskost gewöhnt
ist, für den ist ein DurchschnittSgericht
im Restaurant ein Hochgenuss. Wer
zu Haufe eine sorgfältig zubereitet«
Tafel hat, dem ist dasselbe Gericht im
Restaurant ein Gräuel. Den Fein
schmecker ärgert ein Zusatz von Gewürz,
daS er nicht liebt, er merkt, daß eine
Speise mit minderwerthiger Butter zu
bereitet wurde, wo der ungebildete Esser
nichts merkt, sondern vergnügt'einHaut.
,Man ersieht also, daß die Weisen so
ganz Unrecht nicht haben. Da» „gute
Essen" ist ein trügerischer, unzuverläs
siger Genuß, der regelmäßig fortgesetzt
sich rächt und den Esser leicht ganz und
gar im Stiche läßt. Es ist sehr banal,
Mäßigkeit zu predigen, aber immer
sachlich begründet. Wer wenig und
einfach ißt, wird aller Wahrscheinlich
keit nach gesund bleiben und sich den
Gaumen empfänglich erhalten für ein
gelegentliches Festmahl, sür einen guten
Bissen. Der Mäßige bleibt genußsä
hig, der Schlemmer nicht, das ist der
Unterschied. UebrigenS ist die Nei
gung zur Feinschmeckerei auch national.
Die Franzosen sind die geborenen
Gourmands, die nicht nur die feinste
und leckerste Küche erfunden haben, son
dern auch barbarische Küchenbräuch«,
wie z. B. unser gekochtes Rindfleisch
verschmähen. In Frankreich ißt jeder
Arbeiter sein gebratene» Kotelett, aber
freilich entbehrt er die bei uns landes
übliche „Brühe". Die Engländer essen
rationell, aber nicht seinschmeckerisch.
Sie haben da» beste Fleisch, den köst
lichsten Schinken, die trefflichsten Fische,
sie essen die meisten Eier. Aber sie
kennen das Raffinement der Zuberei
tung nicht. Die „Nation der Denker"
leistet nichts Hervorragendes in der
Küche. Ihre „Hausmannskost" ist
ziemlich reizlos, das Restaurationsessen
schlecht. Etwas höher steht die süd
deutsche, besonders die österreichische
Küche, besonders was die Abwechslung
und die Spezialitätspeisen betrifft.
Der Norddeutsche hat kein National
gericht, welches dem wiener »Back
hähn'l" und „Schnitzel", der böhmi
schen „Mehlspeise", dem ungarischen
„Gulyas" und anderen Nationalgerich
ten an die Seite zu setzen list. Der rich
tige Feinschmecker aber ist international.
In seinem Menu fehlt ebensowenig das
französische Ragout, wie das englische
Beefsteak. Wir wissen hier keine deut
sche Speise anzufügen, trotz der jetzt
verdeutschten Speisezettel.
Aber das ist keine Schande. Man kann
ein tüchtiger Mann sein, ohne französi
sche Ragouts beurtheilen zu können, ohne
zu wissen, in welchen Temperaturgra
den Bordeaux und Schaumwein am
besten getrunken werden. Und auch
eine Nation kann es zu etwas bringen,
ohne eine eigenartige „Küche" zu be
sitzen. DaS hat die jüngste Weltge
schichte bewiesen.
Und wird man fragen, warum äußern
sich die Weisen unserer Zeiten nicht
ebenso, wie Epikur und Seneca über
das Essen? Weil sie wichtigeres zu
thun haben. Ab und zu tbun sie eS
auch. So z. B. antwortete Moltke auf
die Frage irgend eines wissenschaftli
lichen Vereins, die an verschiedene
wohlerhaltene Greise gerichtet wurde:
„Was meines Wissens zur Erhaltung
meiner Gesundheit und meines Lebens
beigetragen hat? Ich habe wenig ge
gessen und viel gearbeitet."
Man kann nun mit Sicherheit an
nehmen, daß die Weisen unserer Zeit,
ebenso wie die alten, sür die Mäßigkeit
plaidiren würden. Vielleicht predigen
sie manchmal Wasser und trinken Wein,
aber im Princip haben sie recht.
Nun, wie gesagt, eS gibt heute gar so
viele andere Fragen zu lösen, und im
Allgemeinen darf man sagen: Heutzu
tage ißt Jeder, wie ihm der Schnabel
gewachsen ist!
Rttter
AuS dem Textbuch zu der Strauß
schen Oper „Ritter PaSman", das
Doczi ursprünglich ungarisch geschrie
ben, dann ins Deutsche übertragen hat,
fischt der Wiener Berichterstatter der
»Frktf. Ztg." neben andern folgende ge
schmackvolle Wendungen heraus.
„Beim Mann ist die Welt stet» frisch
und bunt.
Beim Weib ist Alles rund, rund, rund.
» * »
O, nur auf Adler» Sitzen
Erscheint uns das Dasein lebenswerth!
» «
Nur aus den Fluren
Giebts Glückskreaturen.
, »
Heil!
Wir singen unsrer Königin!
Weil
mit ihr die guten Engel zieh'».
Trost.
»Vater, mir thut der Bauch weh.."
»Laß' gut sein, Sepperl, am Sonn
tag fahr n ma »mal mit 'isen
bahn!"
Vetter »«r»tch«t.
.5. «»»«»»«1 ii»«»».
I.
Al» Herr und Frau Malenpied
Tentier» in Batignolle») den Brief er
hielten, in welchem Vetter Barbichot
ihnen sein Eintreffen ankündigte, sahen
sie sich bestürzt an.
Unmöglich, um den Vetter Barbichot
herumzukommen. Mehrere Jahre hin
tereinander war Malenpied bei ihm zur
Eröffnung der Jagd gewesen; er war
mit offenen Armen empfangen worden.
Die Malenpieds konnten eS sich nicht
ersparen, ihm seine Gastfreundschaft zu
erwidern. Ein Dachziegel, der ihnen
auf den Kopf fiel!
Nicht als ob die Malenpied'S etwa
auch nur im Geringsten geizig gewesen
wären! Der AuSgabenzuwachS, den
der Besuch des Vetter» ihnen verur
sachen würde, kümmerte sie wenig. Aber
sie waren zartbesaitete Leute, welche
etwa« auf ihre Behaglichkeit hielten
und denen ein kleiner Gegenstand, der
von der Stelle gerückt wurde, ein
Staubkorn, da» aus ein Möbel fiel,
Ohnmachtsanwandlungen verursachte.
Madame Malenpied besonder» schau
derte bei dem Gedanken, daß das liebe
kleine Interieur, daß sie so koquett, so
sauber, so blitzblank erhielt, dem Vetter
Barbichot versallen sollte, einem großen
normännischen Teufelskerl, der immer
hochroth im Gesicht war, den W.'in
ohne Wasser trank, mit überlamer
Stimme sprach und, al» Jäger ohne
Furcht und Tadel, stets Ledergama
schen trug. Sie sah bereits die schmut
zigen Stiefel des NimrodS aus allen
FauteuilS ausgestreckt.... Doch nein,
und nochmals nein: eS war unmöglich,
Barbichot abzuweisen.
„Felice", sagte sie zu ihrem Stuben
mädchen, »Sie werden überall die Mö
belüberzüge auflegen!"
Und sie fügte hinzu, indem sie ihren
Gatten mit einem herzzerreißenden
Seufzer anblickte:
„Wenn er nicht etwa auch seine Hunde
mitbringt gerechter Gott im Him
mel!"
11.
Barbichot brachte seine Hunde nicht
mit. Er benahm sich in höchst konve
nabler Weise. SeiickinzigeSUnrecht war,
daß er sich verpflichtet glaubte, Felicie
freundschaftlich in die Wange zu kneipen,
als sie ihm die Thür öffnete.
Sieht man von dieser kleinen Ver
traulichkeit ab, die weiter keine Folgen
hatte, so war er wirklich vollkommen.
Er zerquetschte Malenpied nur einen
Finger, als er ihm gar zu herzlich die
Hand drückte; er umarmte die Cousine
ohne ihre Frisur über Gebühr in Un
ordnung zu bringen und seine großen
eisenbeschlagenen Stiefel blieben am
Teppich nur ein mal hängen, nur ein
einziges Mal!
Da er wußte, daß das Malenpied'-
sche Ehepaar sehr empfindlich in Bezug
auf die äußeren Formen war, hatte er
geschworen, sich in Acht zu nehmen und
er nahm sich in Acht.
Er trieb das Zartge'ühl sogar so
weit, daß er ausging ein Versteck für
seine Pfeife zu suchen, eine wunder
bar angerauchte, dessen aus der Tasche
seines Sommerrockes hervorragender
Stiel die Augen der Hausherrin hätte
verletzen können. Er entdeckte auf dem
Piano ein kleines Kästchen und bettete
darin heimlich „Virginie" (der Kose
name, den er seiner Pfeifelgegeben».
Es ist freilich wahr, daß dieses Kästchen
nichts anders war, al» eine Handschuh-
Schatulle aus wohlriechendem Holz;
aber zur Entlastung des Vetters muß
hinzugesügt werden, daß Barbichot sich
in vollständiger Unkenntniß dieses be
sonderen Umstand?« besan>» ' 7
Kurzum, Madame Malenpied wandte
sich der Ansicht zu, daß der erste »Choc"
nicht so schrecklich gewesen sei, als sie
vermuthet hatte, allerdings war sie weit
davon entfern», auch nur zu ahnen, wel
chen Ort „Birginie" sich zu ihrem Wohn
sitze erwählt hatte.
Man setzte sich zu Tisch. Barbichot
that dem Essen alle Ehre an, trank noch
besser und bekundete die tiesste Verach
tung sür die Wasserflasche. Dieser Flüf
sigkeitsbehälter bot ihm sogar Gelegen
heit, ein geistreiche» Mot von einer ge
radezu antiken Delicatesse anzubringen.
»Sie trinken da» Zeug da, Cousine?"
sagte er, als er bemerkte, daß Madame
Malenpied sich Wasser einschenkte. »Sie
sind also ein Frosch?"
Trotz des dröhnenden Gelächter», mit
dem er seinen Scherz würzte, hatte die
ses Epitheton „Frosch" in seiner An
wendung auf die gestrenge und tu
gendsame Persönlichkeit,welche Madame
Malenpied ausmachte, nichts beson
ders Schmeichelhaftes. Aber Bar
bichot meinte eS nicht böse; und Ma
dame Malenpied hatte den guten Ge
schmack, zu thun, al» ob sie nicht» gehört
hätte.
Endlich endete da» Diner ohne einen
anderen widrigen Zufall al» einen leich
ten Verstoß gegen die gute Sitte von
Seiten BarbichotS, welcher die bekla
genSwerthe Gewohnheit hatte, die ab
genagten Knochen unter den Tisch zu
schleudern. Beim ersten Knochen hu
stete Madame Malenpied; beim zweiten
zuckte sie zusammen; beim dritten schellte
sie und forderte Felicie auf, »diese
Bruchstücke" aufzuheben.
Barbichot entschuldigte sich in höch
ster Verwirrung.
»Das geht über meine Kraft," sagt«
er. »Zu Hause auf dem Gutshofe bin
ich so sehr daran gewöhnt, die Knochen
den Hunden vorzuwerfen."
„Wir haben hier keine Hunde," be
merkte kurz und trocken Madame Ma
lenpied, welche den „Frosch" noch nicht
verdaut hatte.
Der Vetler wurde hierauf so klein
laut, daß Malenpied alle Mühe der
Welt aufwandte, um die Heiterkeit wie
der in sein Antlitz zurückzubringen.
Madame Malenpied ihrerseits, welch«
die übergroße Schärfe ihrer Erwide
rung bedauerte, stürzte sich in alle Un
kosten der Liebenswürdigkeit. Mit ei»
nem Wort: der Gemahl and die
mahlin zeigten sich so beflissen, so
zuvorkommend, daß der Zwischenfall
mit den Knochen untrr dem T,isch in
Vergessenheit gerieth. Ja, al» man
nach dem Essen in den Salon gegange»
war, um dort den Kaffee zu trinken,
verstieg Madame Malenpitd sich sogar
zu dem unerhörten Grade der Gunst,
daß sie dem Vetter vorschlug, ihm ei»
wenig Musik zu machen.
„Wie Sie wollen, Cousine.... Wenn
ich ei ischlafe, wirst Du mich aufwecken,
Vetter Malenpied!"....
111.
Trotz dieser, jeder Ermunterung ba>
ren Antwort setzte sich Madame Malen
pied an» Piano.
Al» sie die Kerzen zu beide» Seiten
des Instruments angezündet, schnüf
felte sie in der Lust nach der Richtung
des Kästchens, welches auf dem Teckel
des Pianos stand.
„WaZ sür ein eigenthümlicher Ge
ruch!"
„Ich weiß, was daS ist, Cousin«",
sagte Barbichot gelassen, „da» ist Vir
ginie!".
Man stelle sich da» Entsetzen der
Cousine vor, als sie sah, wie der Vetter
aus ihren parsümirten Handschuhen
einen schrecklichen, kohlschwarzen »Na
senwärmer" hervorzog. Aber Madame
Malenpied war jetzt voll Resignation,
bereit, alle Höllenquahlen zu erdulden.
Sie erhob die Augen zum Himmel wie
eine den wilden Thieren zugeworfene
Märtyrerin. Und al» sie des Aus
drucks von Bedauern gewahr wurde,
nut dem „Barbichot „Virgmie" in seine
Tasche steckte, seufzte si« melancho
lisch:
»Oh, Sie können auch rauchen".
„Wahrhaftig?Da» genirt S>« nicht?"
lchrie Barbichot, strahlend vor Selig
keit.
Und während Madame Malenpied
auf den kleinen Tisch eine Flasche Char
treuse niederstellte, senkte sich Barbichot
lies in seinen Fauteuil, stopfte mit vieler
Methode seine Pfeife, zündete sie an
und begann, stillen Glückes voll, fürch
terliche Rauchwolken auZ ihr herauszu
ziehen, während er die gute Cousine
segnete, die ihm zu rauchen gestattete,
sich dabei aber feierlich schwur, sein Be
nehmen aus das strengste zu überwachen,
um nicht wieder eine Ungehörigkeil
gleich der beim Mittagessen zu be
gehen.
Anstatt also, wie er e» gewohnt war,
mit großem Lärm um sich herumzu
spucken, that er das in einer sehr distin
guirten Weise, ohne Geräusch, höflich,
wie man in der vornehmen Welt spuckt,
»litten auf das gewichste Parquet rechts
von seinem Fauteuil.
Malenpied sagte kein Wort, sondern
schob nur in oiskreter Weise einen
Spucknavs zu Barbichot hin einen
allerliebste» Spuckuaps aus lackirtem
Mahagoni mit vernickelter Innenseite.
Der Vetter hatte diese Operation
nicht beachtet, aber als er sich vorsichtig
zu seinem Fauteuil herauslehnte, um
von Neuem auszuspucken, und zu seiner
Rechten daS unbekannte Utensil be
merkte, wendete er sich ab und spuckte
nach links aus.
Malenpied schob den Spucknapf nach
links, Barbichot spuckte nach rechts; er
stillte ihn wieder auf die rechte Seite,
Barbichot spuckte nach links. Dieses
kleine Chasse-Croise dauerte "einige Mi
nuten. Während dieser Zeit zirpte
Madame Malenpied am Piano:
„Röse!ein fein
Und Grünsblümelein
Der Frühling zieht ein...."
In diesem Augenblick fand Barbichot
zum zehnten Male den Spucknapf vor
seiner Nase.
Jetzt hatte er es aber endlich satt!
Er nahm die Pfeife aus dem Munde
und brach ungeduldig in die lauten
Worte aus. welche die Sängerin dröh
nend unterbrachen:
„Teufel noch eins. Vetter! Nimm
doch das kleine Möbel da fort!.... Ich
werde am Ende noch wirklich hinein
fvucken. so sehr ich mich auch in. Acht
nehme!"
»ertedrt« Welt.
Halloh! Wie geht'» denn, Alterchen?
Was machst Du denn, Junge?
Der Prinz von J»in>
ville, der geradezu in Feindschaft gegen
die Engländer „machte", äußerte ein
mal zu einem britischen Seeosfiner:
»Mein ähnlichster Wunsch wäre, in
einem Kriege mit meiner Fregatte SV
Minuten längs eines englischen Kriegs
schiffe» von gleicher Stärke zu liegen".
Der Engländer antwortete höflich: »O,
bitt«, Königliche Hoheit, zehn Miaute»
würden vvllstcia>u«t genügen".
«erfi«g»n»» »a»q«tll«>».
Immer häufiger ertönen die Klagen
über die Abnahme, ja, da» endlich«
Versiegen der ErdgaSquellen. Bei
Toledo im Staate Ohio ist der Druck
um SS Procent herabgegangen. Do
die sp«cifisch« Schwer« des Erdgase» der
der atmosphär. Lust entspricht, so steigt
dasselbe in den Röhren nicht empor,
obwohl dir Meng« d«S unterirdischen
GaSvorrath» imm«rhin noch sehr er
heblich sein mag.
Erleuchtet« Farmen.
Diese Klagen sind an sich kindisch, in
sosern als die Farmer selbst an der Ab
nahme der ErdgaSquellen schuld find.
Die Verschwendung, welche man mit
diesem Geschenk der Natur getrieben
hat, ist geradezu unglaublich, aber echt
amerikanisch, und erinnert lebhaft an
die analoge Ausrottung de» Bison»
und an die entsetzliche Waldverwüstung,
die noch heutzutage mit ungeschwächten
Kräften in der sinnlosesten Weise be
trieben wird. Die kurzlebige Herrlich
keit der Fabriken und elektrischen An
lagen von Findlay, Fostoria, Tiffin,
Bowling Green und anderer Oertchen
ist schnell verblüht. Und doch geht di«
Verschwendung immer weiter.
MMW
Dorfbeleuchtung mit
Naturgas.
Tausende von großen Flammen bren
nen völlig nutzlos Tag und Nacht.
Dutzende elender, schmutziger, unge
pflasterter Dörfer strahlen in einem
Lichtglanz, gegen dem Chicago oder
New Jork sich verkriechen müssen. Die
meisten Farmer, die ihren Grundbesitz
an die ErdgiiS-Gesellschaften verpachte
ten, haben sich da« Recht reservirt, so
viel Gas, al» sie zu ihrem eigenen Be
darf gebrauchten, „abzapfen" zu dür
fen. Natürlich beuten sie die» in sinn
los thörichter Weise auS. So ein Far
mer muß mindestens eine ungeheure
Flamme draußen am Kutschpfahl, ein«
am Brunnen und zwei ebensolche für
seinen WirthschastShof haben. Doch
damit noch nicht genug, müssen in jedem
Zimmer mindestens zwei Gasflammen
brennen und zum Ueberfluß ist auch
noch der Pferdestall tageShell erleuchtet.
Selbstredend brennen diese Flammen
die ganze Nacht hindurch.
So unsinnig und rücksichtslos wird
mit dem Licht umgegangen, daß die
Versicherung? - Gesellschaften gegen
FeuerSgesahr ihre Policen in der Oel
region längst gekündigt haben.
Di« Zeiten »ndern
(Bei Delmonico). Guloseton zu
seinem Freund Rarebit: Wa» Tausends
Du hier? Ich dachte, Du wolltest den
Danksagungstag bei Deiner Mutter
feiern?
Rarebit: Da» wollte ich auch, aber
al» ich hörte, sie wollte wieder die
Pumpkin-Pie» backen, die mir al»
Schuljungen so gut geschmeckt haben,
zog ich mich rechtzeitig zurück!
»r»«««t»
Frau: »Wie, Du willst morgen auf
die Jagd grhen? Morgen am Fest
tag?"
Mann: »Da» schadet doch nicht»!"
Frau: »Nun, da triffst Du ja doch
keinen Hasen, weil dann alle Geschäft»
geschloffen sind.
Herr und Diener.
.....Mit einem Worte, Johann, Si«
werden immer dümmer!" »Ich seh'»
selber ein, gnädiger Herr! Aber so
geht'» immer, wenn Einem geistiger
Umgang fehlt!"
Schmierenschauspiele»
(dem in einer Wirthschaft zwei faule
Eirr gebracht werden): »Weh mir, ich
diu erkannt!"
„«»«rnst»».
„Drei Hasen keinen mehr »nd
keinen weniger?" höhnte der dicke
Amtsrichter Schmerbauch, indem er
einen verachtungsvollen Blick auf sein
vi?-».vis, den ebenso spindeldürren
Apotheker Lannhammer warf; »drei
Hasen Sie, Sie.... Sonatag»-
lchütz "
„Keine Persönlichkeiten", wenn ich
bitten darf, meine Herren", unterbrach
hier der Wirth zum »grünen Wald"
den Redefluß des Dicken, indem er lang
sam hinter dem Büffet hervorkam; der
angegriffene Apotheker ab«r lehnte sich so
breit, wie eS seine schmächtige Gestalt
erlaubte, in den Stuhl zurück und warf
einen womöglich noch verachtungsvolle
ren Blick auf den Amtsrichter.
„Natürlich; wenn man wie der Herr
Amtsrichter in einer Jagdsaison drei
angeschossene Hunde mit nach Hause
bringt "
s"'»Jetzt schweigen Sie aber auch,
Langhammer," sagte der Wirth nach
drücklich, indem er seine breite Recht«
zwischen die streitenden Parteien hielt;
die Umsitzenden am Stammtisch aber
waren in ooi-pors aufgesprungen, und
von diesen nahm der Posthalter, al» der
Nestor, da« Wort.
„Donner nnd Doria, wozu dies«
Maulsechtereien und Streitigkeiten un
ter alten Knaben; ein Borschlag."
Die Anderen hatten stA wieder nie
dergesetzt, worauf der Posthalter fort
fuhr:
„Unser Freund Langhammer, beab.
sichtigend, demnächst im Kreise feiner
Familie sein Wiegenfest zu feiern, bat
da« Gelöbniß gethan, zur Verherrli
chung des stattfindenden Mahles mor
gen dreien Lampen daSLrbenslicht aus
zublasen; Kon, der Ersolg mag
entscheiden. Morgen Abend, wenn die
Glocke neun geschlagen, hat der Apothe
ker seine Bälge hier vorzuzeigen, wo
raus Freund Schmerbauch sich bequemen
wird, eine pikfeine Bowle auffahren zu
lassen, während im auderen Fall« natür
lich...."
Der Posthalter warf einen Blick über
die Runde und auch der Amtsrichter
und der Apotheker sahen sich an, worauf
der Letztere die Achseln zuckte und lang
sam ausstand.
„Meinetwegen, ich bin nicht Derje
nige, der sich zurückziehen wird."
AIS ihm dann der Amtsrichter mit
einem „Abgemacht" die Hand hmüber
reichte, sah er nach der Uhr.
„ES ist gerade zwölf, in neun Stun
den werde ich zur Stelle sein; angenehm«
Ruhe, Ihr Herren!"
Die Zurückbleibenden rieben sich ver
gnügt die Hände, und nur der Amts
richter zuckte noch etwas ärgerlich die
Achseln.
„Drei Hasen wird er schon auftreiben
können; wer sie aber geschossen hat..."
„Darüber wird er natürlich sein
Ehrenwort geben müssen/ sagte der
Posthalter, indem er auch seinen Hut
nahm.—
ES war am Abend folgenden
Tages.
Im „grünen Wald" saßen sie schon
beisammen die alten Herren, und nur
zwei noch fehlten am Stammtisch: der
Apotheker und der Posthalter.
Jetzt öffnete auch dieser die Thür,
indem er schnurstracks ans den qualmen
den dicken Amtsrichter zuging.
„Ich kondolire Amtsrichterchen, der
Apotheker ist mir auf den Füßen!"
„Mit oder ohne ?" hieß e« achemloS
in der Runde.
Ter Pusthalter ließ sich bchaglich
nieder.
„Drei wahre Kapitalhasen baumeln
cm seiner Jagdtasche; das ist alles, was
ich mittheilen kann!"
Man warf einen halbrnitleidiqen Blick
qualmte und nur einen verstäiidnißm
vigen Blick mir dem Wirth austauschte.
„Erst seben und dann die Bowle!"
In diesem Augenblick wurde die
Thür ausgerissen, und auf der Schwelle
hielt der Apotheker triumphirend, sein«
Jagdtasche empor.
Alle im Zimmer waren aufgesprun
gen, nur der Amtsrichter nickte gleich
giltig nach dem Büffet hinüber.
„Ich habe verloren; Wirth, die
Bowle!"
I tln fims Minuten stand sie auf dem
Tisch, und hell klänge» die Gläser zu
samme».
Als der Apotheker mit dem Dicken
anstieß, grinste er höhnisch.
„Werden jetzt wohl nicht mehr von
Sonntagsschützen und dergleichen reden,
Amtsrichterchen, nicht wahr?"
Der Amtsrichter aber that, als ob er
in Hedanken sei, plötzlich aber richtete
er sich empor.
„ prvpos, waren Sie in der Nähe
der Holzhütte heute?"
„Gewiß, gegen Mittag!"
„Und hatten Tie da schon etwa» ge
schössen?"
erste Balg baumelte an meiner
Seite."
„Hm!"
Der Amtsrichter versank wieder in
sein Stillschweigen, die Runde um ihn
her hatte aufgehorcht.
„Was gibl's denn, Schmerbauch; ist
etwas vorgefallen?"
Erst wollte der Dicke nicht heraus
damit, er murmelte etwas von Amts
qeheimniß nnd dergleichen, endlich aber
ließ er sich nöthigen.
„Mich wundert nur, daß Ihnen t«r
Vorfall noch nicht bekannt ist," sagte er;
„die Sache ist kurz die, daß heute gegen
Mittag in der Nähe der Holzhütte von
einem unbekannten Jäger ein Mädchen,
wahrscheinlich auS Fahrlässigkeit, er
schaffen worden ist!"
Der Avotheker war bei den letzten
Worten aufgesvrungen.
„In der Mhe der Holzhütte... .da
wollten Sie wohl eben...."
Der Amtsrichter zuckte mit den
Achseln.
„Ich suchte nach Zeugen m der Sache,
das ist alles!"
Er wandte sich dann plötzlich zum
Büffet.
.Da» Abendblatt schon da, Herr
Wirth!"
Der. stand schon damit fertig, and
der Dicke schlug e» sogleich au»einan«
der.
»Richtig, da steht'» ja schon.«
Sein Nachbar, der ihm über die Schul
ter gesehen hatte, la» laut vor.
»Die Nachricht von eiarm schrecklich«»
Errigniß durchläuft unsrrn Ort. Heute
gegen Mittag wurde bei der Holz-
Hütte wahrscheinlich au» Fahrlässig
keit—ein vierzehnjährige» Mädchen von
einem unbekannten Jäger erschossen.
Bon der Person de» Tbäter» hat man
weiter keinen Anhaltspunkt, al» daß er
ein großer und ziemlich schmaler Mensch
war, der in der Richtung nach oem
Dorf« das Weite suchte. Man will an
seiner Jagdtasche einrn Hasen baumeln
gesehen haben!"
Eine peinlich« Stille «ntstand nach
den Worten; die beiden Nachbarn de»
Apothekers waren weit von ihm abge
rückt und dieser selbst saß da mit weit
ausgerissenen Bugen.
»Da« ist allerding» «ine merkwür
dige G«schichte," sagte er endlich, indem
er mit seinem leeren Glase nach dem
Büffet hinüber ging. Al» ihm aber
der Wirth eingeschenkt hatte, war er
verschwunden.
Am Stammtische drüben aber schlug
der Posthalter plötzlich eine laute Lache
auf.
„Wa» ist denn da», die Zeitungsnum
mer ist ja bereits sech» Jahre alt!"
„Ganz richtig, zu der Zeit wurde ja
auch die Holzhauer»tochter erschossen,"
erinnerte sich jetzt sein Nachbar.
Alles sah voll Erwartung auf den
Dicken, und Einigen schien bereit» ein
Läternenlicht aufzugehen.
Der Amtsrichter aber ging grinsen»
mit seinem Stummel hinau«, und al»
er nach zehn Minuten zurückkam, da
wartete seiner bereit» ein kebeu abge
gebener, verschlossener Brief.
ES war nur ein Zettel, den er ent
hielt, aber dieser rief eine stürmische
Heiterkeit amltammtifch hervor, an dem
er gleich darauf kursirte.
Der Zettel enthielt Folgende»:
„Dem Herrn Apother Langhammer
bescheinige ich gerne, daß derselbe heute
gegen sünf Uhr ohne Beut« von der
Jagd heimkehrte und sich a»S meinem
Wildpretladen drei Hasen entnahm.
A. Müller, Händler".
»Schicken Sie die Rechnung für die
Bowle nur bin", sagte der Amtsrichter
beim Ausbruch zu seinem Stammwirth;
»er selbst wird sich wohl einstweilen
nicht sehen lassen!"
Volttthümltche Raturdetrachiung.
Ueber volksthümliche Najurbetrach»
t»ng hielt unlängst Oberlehrer Dr.
Müllenhos, der Sohn des berühmten
Germanisten, im Verein für Volkskunde
zu Berlin einen Vortrag, in welchem er
nach der „National-Zeitung" u. A. aus
führte: Da» Volk, die Bauern haben
gewisse botanische und zoologische Vor
kommnisse viel früher richtig erkannt,
als die zünftigen Naturforscher; ande
rerseits liebt es das Volk, sich Geschich
ten und Fabeln zu construiren, um be
merkenswerthe Dinge in der Natur zu
erklären. Während der Naturforscher
vom Stiesmütterchen, der bekannten
Blume, einfach sagt, die Blume habe
ungleich sitzende Blumen und Kelch
blätter, hat sich da« Volk eine ganze
Geschichte von einer Mutter mit zwei
rechten Töchtern und zwei Sliestöchtern
konstruirt, die überall in Deutschland er
zählt wird und sogar über unser Vater
land hinaus, in Italien z. B-. auch
volksmäßig. Neuere naturwissenschaft
liche Beobachtung hat gelehrt, daß die
Bienen bei dem rothen Klee sich ver
geblich abmühen, Honig
es liegt das in der eigenthümlichen
Konstruktion des Kelches.
Die Bauern haben da» längst be
merkt und erzählen: als die Welt er
schaffen wurde und am siebenten Tage
Alles ruhte, habe die Biene sich noch bei
dem rothen Klee beschäftigt, Honig zu
sauqen zur Strafe aber sei ihr Be
mühen ein vergebliche» geblieben. Fin
den wir hier und bei audern volkS
thümlichen Naturbetrachtungea, wie bei
der Roggenmuhme u. s. », daß da»
Volk durch seinen innigen Berkehr mit
der Natur in Sinnen und Sagen in
Beobachten und Erkennen dem wissen«
schastllchen Ergründe? vorausgeeilt ist,
so gibt es daneben wiederum eine groß«,
Anzahl von Fällen, wo die volkSmäßi
gen Bezeichnungen und Betrachtungen
ganz fehlerhaft, schief und phantastisch
sind. Man spricht von Neunaugen,
obwohl diese Fische nicht mehr Seh
werkzeug« haben, al» andere Fische,
da« Volk zählt die 7 Kiemenlöcher al»
Augen; man spricht von einem Tau
sendfuß. obwohl diese» Thier nur IS
Paar Füße besitzt; man nennt ein
harmloses Insekt Ohrwurm, dem e» nie
beikommt, einem Menschen in» Ohr zu
kriechen; man nennt einen kleinen grü
nen Käser »spanische Fliege, der weder
eine Fliege ist, noch etwa» «it Spanien
zuthun hat;man spricht vom Todten
vogel, der Todtenuhr u. s. w. ohne
daß man diesen harmlosen Geschöpfen
irgend etwa» Gefährliche» nachweisen
könnte. Dr. Müllenhof schloß seinen
anregenden Vortrag mit einer Erklä
rung der überall Sage vom
»Wilden Jäger", M er naturwissen
fchastlich tinfach mit drn nächtlichen
Zügen der großen Eulen identifizirte,
die eine menschenähnlich« Stimme be
sitzen.
Folgen der Anstren
gung. Mama: Aber, Fritzchen, willst
Du denn gar nicht ausstehen? Fritz
chen: Ach, Mamachen, ich bin noch
müde vom Schlafen.
Richter: , Den Diebstahl
haben Sie Mit einer so rasfinirten
Schlauheit ins Werk gesetzt " —>
Anqekl. (ablehnend): Herr Ge
richtshof — keine Schmeichelei I"
Ließen sich Berge ver
setzen, so würde jedes Leihhau» bald
von mächtigen Gebirge« umgeben sein.