6 vom «ffen. Ein Thema, da» Jeden interesfirt, beim jeder ißt. Aber die Essenden zer fallen doch in sehr verschiedene Klassen. Die Einen essen nur. um zu leben. Da« sind zunächst die Armen, die im Kampf um » Dasein ringen und nichts errei chen, als sür des Leibes Nothdurft zu sorgen. Dann die Stoiker, die daS Essen hinunterschlingen, ohne einen Ge nuß davon zu haben. Essen, um zu«genießen und essen, weil es so sein muß, das ist der Unterschied. Aber gerade gegen daS Essen als Ge nuß wenden sich die Weisen mit auffal lender Einstimmigkeit. Besonders die Alten, wahrscheinlich weil die Genuß sucht damals auffälligere Dimensionen annahm. Es ist auffallend und geradezn komisch, wie eifrig und einstimmig die Alten Mäßigkeit predigen. Epikur, der berühmte Begründer einer genußsüchtigen Lebensphilosophie sagt: Wer aus Brod und Wasser seine Be dürsnisse beschränkt, wag mit Jupiter» selbst an Seligkeit wetteifern. Und Demolrit: Beim Essen und Trinken das Maß überschreiten. Heißt's: Vergnügen daran zu Grabe geleiten. Tann Aristoteles: Unmäßigkeit ist die Mutter der Auf legung nnd Verwirrung, der Schwäche und Krankheit, der Furcht und aller übrigen Leidenschaften. Wir citiren hier noch einige Aus sprüche berühmter Römer: Mit den Seinigen lebt glücklich, wem der Väter Salzfaß auf dürftigem Tische blinkt. Weder Furcht noch schnöde Begier Vkscheuchen alsdann den Schwmmer. Horaz 11. 1V Ode. Vielfach Gemengfel beim Essen, das schadet dem Leib und dem Geist selbst, Drückt den beseelenden Hauch der Gott heit herunter zum Staube. Weißt Du denn gar nicht, wie Du Dem Geld besser verwendest? Horaz. Die Bedürfnisse des Körpers sind gering: er will durch Nahrungsmittel de» Hunger und Durst stillen und sich vor Kälte schützen. Was man noch über diese Bedürfnisse verlangt, kommt nuc den sittlichen Fehlern zu Gute. Seneca. An Helo. Hier geht man zu den Sternen, hier aus dem Wege der Genügsamkeit, der Mäßigung, der Willenskraft! Seytius, in SenecaS 73. Br. an Luci liuS. Wenig kostet der Hunger, viel ein ekler Gaumen. Seneca, 17. Br. an LnciliuS. Lerne mit Wenigem zufrieden sein und rufe muthig das große Wort auS? Wir haben Wasser, wir haben Brod! Seneca. Mäßigung und Genügsamkeit gebä ren Willenskraft, diese aber geleitet auf den Weg zu den Sternen. Seneca. Die moderne Welt, mit anderen Auf gaben beschäftigt, hat sich mit der Ma genfrage in anderem Sinne beschäftigt in dem wirthschastlichen, allgemei nen, menschlichen. Aber auch aus der modernen Welt gibt es zahlreiche com peteilic Aeußerungen für die Mäßi gung. So sagt Franklin, den wir meist nur oIS Erfinder des Blitzableiters kennen und der doch ein geistvoller Mann von umfassender Bildung war. nebenbei auch ein berühmter Staatsmann: In der Reihenfolge der Tugenden setze ich die Mäßigkeit obenan, weil sie den Kops kühl und die Gedanken klar erhält. Und: Ter Mcüsch ißt seit Ausartung der Küche zweimal mehr, als die Natur ver langt. Hufeland sagt: Man kann mit Wahrheit behaupten, daß der größte Theil der Menschen viel mehr ißt, als er nöthig hat. Der berühmte Hygieniker konstatirt damit, daß der Genuß am Essen regel mäßig zu Ausschreitungen sührt er schaff! den häßlichen Typus der Fresser und der prosejsionSmäßigen Gour mands. UebrigenS wollen wir noch einen an dern Ausspruch des berühmten Hufe land zitiren, der ein scharfes Verdikt gegen das moderne Genußleben ent hält: Das beste GetKink ist Waffer, und ich trage kein Bedenken, es sür ein großes Mittel zur Verlängerung des Lebens zu erkläre». Wir könnten diese Citate im Sinn« der Mäßigkeit und Enthaltsamkeit noch weiter ausdehnen, aber das Vorstehende genügt, um festzustellen, daß Vernunft und Weisheit gegen die sich im Essen äußernde Genußsucht wenden. Warum ? Ist die Sache so schlimm? Ist es wirklich eine Schande und ein Schade, gern gut und viel zu essen? ES muß doch einen Grund habe», daß so ehrenwerihe Herren wie Epikur und Aristoteles,Horaz und Seneca,Hufeland und ssranllin sich gegen das Essen so «»sie nn? Das Essen ist zweifellos ein Genuß, wenn man Appetit und einen guten Hopven hat. Warum also nicht genie ßen? Warum den Gaumen ächten,wenn man die anderen Sinne pflegt? Rückert weiß darauf zutreffende Ant wort: Tbu' deinem Bauche nichts zu gut, »Er ist ein undankbarer Gast: Wer »lim am meisten gütlich thut, Dein sollt am meisten er zur Last. Da 4 gute Essen rächt sich nämlich, «s bruizl leicht allerlei Gebresle im Gefolge mir »ch, besonders Gicht und Verdauungsstörungen. Auch stumpft man sich durch die Gewohnheit dagegen ab, und eS ist ganz sicher, daß einem hungrigen Feldarbeit» sein Schwarz drod mit Zveck denselben Genuß berei t, wie einem blasirten Feinschmecke» ...r gelrüffelt« Zaja». Ja, der Arbeiter hat sogar unter Umständen größere Genußchancen'für sich, weil er sicher Hunger hat, während der Feinschmecker vielleicht an Appetit losigkeit leidet. E» ist eine irrige An nahme, daß gute» und reichliche» Essen einen absoluten Genuß bietet. Während Kunstgenüsse sich niemals abnützen kön nen, im Gegentheil dem geübten Sinn lmmcr neue Reize erschließen, verlieren materielle Genüsse durch die Gewöh nung. Sie hängen von einem gewissen Niveau ab, das man sich aneignet. Wer «ine einfache Hausmannskost gewöhnt ist, für den ist ein DurchschnittSgericht im Restaurant ein Hochgenuss. Wer zu Haufe eine sorgfältig zubereitet« Tafel hat, dem ist dasselbe Gericht im Restaurant ein Gräuel. Den Fein schmecker ärgert ein Zusatz von Gewürz, daS er nicht liebt, er merkt, daß eine Speise mit minderwerthiger Butter zu bereitet wurde, wo der ungebildete Esser nichts merkt, sondern vergnügt'einHaut. ,Man ersieht also, daß die Weisen so ganz Unrecht nicht haben. Da» „gute Essen" ist ein trügerischer, unzuverläs siger Genuß, der regelmäßig fortgesetzt sich rächt und den Esser leicht ganz und gar im Stiche läßt. Es ist sehr banal, Mäßigkeit zu predigen, aber immer sachlich begründet. Wer wenig und einfach ißt, wird aller Wahrscheinlich keit nach gesund bleiben und sich den Gaumen empfänglich erhalten für ein gelegentliches Festmahl, sür einen guten Bissen. Der Mäßige bleibt genußsä hig, der Schlemmer nicht, das ist der Unterschied. UebrigenS ist die Nei gung zur Feinschmeckerei auch national. Die Franzosen sind die geborenen Gourmands, die nicht nur die feinste und leckerste Küche erfunden haben, son dern auch barbarische Küchenbräuch«, wie z. B. unser gekochtes Rindfleisch verschmähen. In Frankreich ißt jeder Arbeiter sein gebratene» Kotelett, aber freilich entbehrt er die bei uns landes übliche „Brühe". Die Engländer essen rationell, aber nicht seinschmeckerisch. Sie haben da» beste Fleisch, den köst lichsten Schinken, die trefflichsten Fische, sie essen die meisten Eier. Aber sie kennen das Raffinement der Zuberei tung nicht. Die „Nation der Denker" leistet nichts Hervorragendes in der Küche. Ihre „Hausmannskost" ist ziemlich reizlos, das Restaurationsessen schlecht. Etwas höher steht die süd deutsche, besonders die österreichische Küche, besonders was die Abwechslung und die Spezialitätspeisen betrifft. Der Norddeutsche hat kein National gericht, welches dem wiener »Back hähn'l" und „Schnitzel", der böhmi schen „Mehlspeise", dem ungarischen „Gulyas" und anderen Nationalgerich ten an die Seite zu setzen list. Der rich tige Feinschmecker aber ist international. In seinem Menu fehlt ebensowenig das französische Ragout, wie das englische Beefsteak. Wir wissen hier keine deut sche Speise anzufügen, trotz der jetzt verdeutschten Speisezettel. Aber das ist keine Schande. Man kann ein tüchtiger Mann sein, ohne französi sche Ragouts beurtheilen zu können, ohne zu wissen, in welchen Temperaturgra den Bordeaux und Schaumwein am besten getrunken werden. Und auch eine Nation kann es zu etwas bringen, ohne eine eigenartige „Küche" zu be sitzen. DaS hat die jüngste Weltge schichte bewiesen. Und wird man fragen, warum äußern sich die Weisen unserer Zeiten nicht ebenso, wie Epikur und Seneca über das Essen? Weil sie wichtigeres zu thun haben. Ab und zu tbun sie eS auch. So z. B. antwortete Moltke auf die Frage irgend eines wissenschaftli lichen Vereins, die an verschiedene wohlerhaltene Greise gerichtet wurde: „Was meines Wissens zur Erhaltung meiner Gesundheit und meines Lebens beigetragen hat? Ich habe wenig ge gessen und viel gearbeitet." Man kann nun mit Sicherheit an nehmen, daß die Weisen unserer Zeit, ebenso wie die alten, sür die Mäßigkeit plaidiren würden. Vielleicht predigen sie manchmal Wasser und trinken Wein, aber im Princip haben sie recht. Nun, wie gesagt, eS gibt heute gar so viele andere Fragen zu lösen, und im Allgemeinen darf man sagen: Heutzu tage ißt Jeder, wie ihm der Schnabel gewachsen ist! Rttter AuS dem Textbuch zu der Strauß schen Oper „Ritter PaSman", das Doczi ursprünglich ungarisch geschrie ben, dann ins Deutsche übertragen hat, fischt der Wiener Berichterstatter der »Frktf. Ztg." neben andern folgende ge schmackvolle Wendungen heraus. „Beim Mann ist die Welt stet» frisch und bunt. Beim Weib ist Alles rund, rund, rund. » * » O, nur auf Adler» Sitzen Erscheint uns das Dasein lebenswerth! » « Nur aus den Fluren Giebts Glückskreaturen. , » Heil! Wir singen unsrer Königin! Weil mit ihr die guten Engel zieh'». Trost. »Vater, mir thut der Bauch weh.." »Laß' gut sein, Sepperl, am Sonn tag fahr n ma »mal mit 'isen bahn!" Vetter »«r»tch«t. .5. «»»«»»«1 ii»«»». I. Al» Herr und Frau Malenpied Tentier» in Batignolle») den Brief er hielten, in welchem Vetter Barbichot ihnen sein Eintreffen ankündigte, sahen sie sich bestürzt an. Unmöglich, um den Vetter Barbichot herumzukommen. Mehrere Jahre hin tereinander war Malenpied bei ihm zur Eröffnung der Jagd gewesen; er war mit offenen Armen empfangen worden. Die Malenpieds konnten eS sich nicht ersparen, ihm seine Gastfreundschaft zu erwidern. Ein Dachziegel, der ihnen auf den Kopf fiel! Nicht als ob die Malenpied'S etwa auch nur im Geringsten geizig gewesen wären! Der AuSgabenzuwachS, den der Besuch des Vetter» ihnen verur sachen würde, kümmerte sie wenig. Aber sie waren zartbesaitete Leute, welche etwa« auf ihre Behaglichkeit hielten und denen ein kleiner Gegenstand, der von der Stelle gerückt wurde, ein Staubkorn, da» aus ein Möbel fiel, Ohnmachtsanwandlungen verursachte. Madame Malenpied besonder» schau derte bei dem Gedanken, daß das liebe kleine Interieur, daß sie so koquett, so sauber, so blitzblank erhielt, dem Vetter Barbichot versallen sollte, einem großen normännischen Teufelskerl, der immer hochroth im Gesicht war, den W.'in ohne Wasser trank, mit überlamer Stimme sprach und, al» Jäger ohne Furcht und Tadel, stets Ledergama schen trug. Sie sah bereits die schmut zigen Stiefel des NimrodS aus allen FauteuilS ausgestreckt.... Doch nein, und nochmals nein: eS war unmöglich, Barbichot abzuweisen. „Felice", sagte sie zu ihrem Stuben mädchen, »Sie werden überall die Mö belüberzüge auflegen!" Und sie fügte hinzu, indem sie ihren Gatten mit einem herzzerreißenden Seufzer anblickte: „Wenn er nicht etwa auch seine Hunde mitbringt gerechter Gott im Him mel!" 11. Barbichot brachte seine Hunde nicht mit. Er benahm sich in höchst konve nabler Weise. SeiickinzigeSUnrecht war, daß er sich verpflichtet glaubte, Felicie freundschaftlich in die Wange zu kneipen, als sie ihm die Thür öffnete. Sieht man von dieser kleinen Ver traulichkeit ab, die weiter keine Folgen hatte, so war er wirklich vollkommen. Er zerquetschte Malenpied nur einen Finger, als er ihm gar zu herzlich die Hand drückte; er umarmte die Cousine ohne ihre Frisur über Gebühr in Un ordnung zu bringen und seine großen eisenbeschlagenen Stiefel blieben am Teppich nur ein mal hängen, nur ein einziges Mal! Da er wußte, daß das Malenpied'- sche Ehepaar sehr empfindlich in Bezug auf die äußeren Formen war, hatte er geschworen, sich in Acht zu nehmen und er nahm sich in Acht. Er trieb das Zartge'ühl sogar so weit, daß er ausging ein Versteck für seine Pfeife zu suchen, eine wunder bar angerauchte, dessen aus der Tasche seines Sommerrockes hervorragender Stiel die Augen der Hausherrin hätte verletzen können. Er entdeckte auf dem Piano ein kleines Kästchen und bettete darin heimlich „Virginie" (der Kose name, den er seiner Pfeifelgegeben». Es ist freilich wahr, daß dieses Kästchen nichts anders war, al» eine Handschuh- Schatulle aus wohlriechendem Holz; aber zur Entlastung des Vetters muß hinzugesügt werden, daß Barbichot sich in vollständiger Unkenntniß dieses be sonderen Umstand?« besan>» ' 7 Kurzum, Madame Malenpied wandte sich der Ansicht zu, daß der erste »Choc" nicht so schrecklich gewesen sei, als sie vermuthet hatte, allerdings war sie weit davon entfern», auch nur zu ahnen, wel chen Ort „Birginie" sich zu ihrem Wohn sitze erwählt hatte. Man setzte sich zu Tisch. Barbichot that dem Essen alle Ehre an, trank noch besser und bekundete die tiesste Verach tung sür die Wasserflasche. Dieser Flüf sigkeitsbehälter bot ihm sogar Gelegen heit, ein geistreiche» Mot von einer ge radezu antiken Delicatesse anzubringen. »Sie trinken da» Zeug da, Cousine?" sagte er, als er bemerkte, daß Madame Malenpied sich Wasser einschenkte. »Sie sind also ein Frosch?" Trotz des dröhnenden Gelächter», mit dem er seinen Scherz würzte, hatte die ses Epitheton „Frosch" in seiner An wendung auf die gestrenge und tu gendsame Persönlichkeit,welche Madame Malenpied ausmachte, nichts beson ders Schmeichelhaftes. Aber Bar bichot meinte eS nicht böse; und Ma dame Malenpied hatte den guten Ge schmack, zu thun, al» ob sie nicht» gehört hätte. Endlich endete da» Diner ohne einen anderen widrigen Zufall al» einen leich ten Verstoß gegen die gute Sitte von Seiten BarbichotS, welcher die bekla genSwerthe Gewohnheit hatte, die ab genagten Knochen unter den Tisch zu schleudern. Beim ersten Knochen hu stete Madame Malenpied; beim zweiten zuckte sie zusammen; beim dritten schellte sie und forderte Felicie auf, »diese Bruchstücke" aufzuheben. Barbichot entschuldigte sich in höch ster Verwirrung. »Das geht über meine Kraft," sagt« er. »Zu Hause auf dem Gutshofe bin ich so sehr daran gewöhnt, die Knochen den Hunden vorzuwerfen." „Wir haben hier keine Hunde," be merkte kurz und trocken Madame Ma lenpied, welche den „Frosch" noch nicht verdaut hatte. Der Vetler wurde hierauf so klein laut, daß Malenpied alle Mühe der Welt aufwandte, um die Heiterkeit wie der in sein Antlitz zurückzubringen. Madame Malenpied ihrerseits, welch« die übergroße Schärfe ihrer Erwide rung bedauerte, stürzte sich in alle Un kosten der Liebenswürdigkeit. Mit ei» nem Wort: der Gemahl and die mahlin zeigten sich so beflissen, so zuvorkommend, daß der Zwischenfall mit den Knochen untrr dem T,isch in Vergessenheit gerieth. Ja, al» man nach dem Essen in den Salon gegange» war, um dort den Kaffee zu trinken, verstieg Madame Malenpitd sich sogar zu dem unerhörten Grade der Gunst, daß sie dem Vetter vorschlug, ihm ei» wenig Musik zu machen. „Wie Sie wollen, Cousine.... Wenn ich ei ischlafe, wirst Du mich aufwecken, Vetter Malenpied!".... 111. Trotz dieser, jeder Ermunterung ba> ren Antwort setzte sich Madame Malen pied an» Piano. Al» sie die Kerzen zu beide» Seiten des Instruments angezündet, schnüf felte sie in der Lust nach der Richtung des Kästchens, welches auf dem Teckel des Pianos stand. „WaZ sür ein eigenthümlicher Ge ruch!" „Ich weiß, was daS ist, Cousin«", sagte Barbichot gelassen, „da» ist Vir ginie!". Man stelle sich da» Entsetzen der Cousine vor, als sie sah, wie der Vetter aus ihren parsümirten Handschuhen einen schrecklichen, kohlschwarzen »Na senwärmer" hervorzog. Aber Madame Malenpied war jetzt voll Resignation, bereit, alle Höllenquahlen zu erdulden. Sie erhob die Augen zum Himmel wie eine den wilden Thieren zugeworfene Märtyrerin. Und al» sie des Aus drucks von Bedauern gewahr wurde, nut dem „Barbichot „Virgmie" in seine Tasche steckte, seufzte si« melancho lisch: »Oh, Sie können auch rauchen". „Wahrhaftig?Da» genirt S>« nicht?" lchrie Barbichot, strahlend vor Selig keit. Und während Madame Malenpied auf den kleinen Tisch eine Flasche Char treuse niederstellte, senkte sich Barbichot lies in seinen Fauteuil, stopfte mit vieler Methode seine Pfeife, zündete sie an und begann, stillen Glückes voll, fürch terliche Rauchwolken auZ ihr herauszu ziehen, während er die gute Cousine segnete, die ihm zu rauchen gestattete, sich dabei aber feierlich schwur, sein Be nehmen aus das strengste zu überwachen, um nicht wieder eine Ungehörigkeil gleich der beim Mittagessen zu be gehen. Anstatt also, wie er e» gewohnt war, mit großem Lärm um sich herumzu spucken, that er das in einer sehr distin guirten Weise, ohne Geräusch, höflich, wie man in der vornehmen Welt spuckt, »litten auf das gewichste Parquet rechts von seinem Fauteuil. Malenpied sagte kein Wort, sondern schob nur in oiskreter Weise einen Spucknavs zu Barbichot hin einen allerliebste» Spuckuaps aus lackirtem Mahagoni mit vernickelter Innenseite. Der Vetter hatte diese Operation nicht beachtet, aber als er sich vorsichtig zu seinem Fauteuil herauslehnte, um von Neuem auszuspucken, und zu seiner Rechten daS unbekannte Utensil be merkte, wendete er sich ab und spuckte nach links aus. Malenpied schob den Spucknapf nach links, Barbichot spuckte nach rechts; er stillte ihn wieder auf die rechte Seite, Barbichot spuckte nach links. Dieses kleine Chasse-Croise dauerte "einige Mi nuten. Während dieser Zeit zirpte Madame Malenpied am Piano: „Röse!ein fein Und Grünsblümelein Der Frühling zieht ein...." In diesem Augenblick fand Barbichot zum zehnten Male den Spucknapf vor seiner Nase. Jetzt hatte er es aber endlich satt! Er nahm die Pfeife aus dem Munde und brach ungeduldig in die lauten Worte aus. welche die Sängerin dröh nend unterbrachen: „Teufel noch eins. Vetter! Nimm doch das kleine Möbel da fort!.... Ich werde am Ende noch wirklich hinein fvucken. so sehr ich mich auch in. Acht nehme!" »ertedrt« Welt. Halloh! Wie geht'» denn, Alterchen? Was machst Du denn, Junge? Der Prinz von J»in> ville, der geradezu in Feindschaft gegen die Engländer „machte", äußerte ein mal zu einem britischen Seeosfiner: »Mein ähnlichster Wunsch wäre, in einem Kriege mit meiner Fregatte SV Minuten längs eines englischen Kriegs schiffe» von gleicher Stärke zu liegen". Der Engländer antwortete höflich: »O, bitt«, Königliche Hoheit, zehn Miaute» würden vvllstcia>u«t genügen". «erfi«g»n»» »a»q«tll«>». Immer häufiger ertönen die Klagen über die Abnahme, ja, da» endlich« Versiegen der ErdgaSquellen. Bei Toledo im Staate Ohio ist der Druck um SS Procent herabgegangen. Do die sp«cifisch« Schwer« des Erdgase» der der atmosphär. Lust entspricht, so steigt dasselbe in den Röhren nicht empor, obwohl dir Meng« d«S unterirdischen GaSvorrath» imm«rhin noch sehr er heblich sein mag. Erleuchtet« Farmen. Diese Klagen sind an sich kindisch, in sosern als die Farmer selbst an der Ab nahme der ErdgaSquellen schuld find. Die Verschwendung, welche man mit diesem Geschenk der Natur getrieben hat, ist geradezu unglaublich, aber echt amerikanisch, und erinnert lebhaft an die analoge Ausrottung de» Bison» und an die entsetzliche Waldverwüstung, die noch heutzutage mit ungeschwächten Kräften in der sinnlosesten Weise be trieben wird. Die kurzlebige Herrlich keit der Fabriken und elektrischen An lagen von Findlay, Fostoria, Tiffin, Bowling Green und anderer Oertchen ist schnell verblüht. Und doch geht di« Verschwendung immer weiter. MMW Dorfbeleuchtung mit Naturgas. Tausende von großen Flammen bren nen völlig nutzlos Tag und Nacht. Dutzende elender, schmutziger, unge pflasterter Dörfer strahlen in einem Lichtglanz, gegen dem Chicago oder New Jork sich verkriechen müssen. Die meisten Farmer, die ihren Grundbesitz an die ErdgiiS-Gesellschaften verpachte ten, haben sich da« Recht reservirt, so viel Gas, al» sie zu ihrem eigenen Be darf gebrauchten, „abzapfen" zu dür fen. Natürlich beuten sie die» in sinn los thörichter Weise auS. So ein Far mer muß mindestens eine ungeheure Flamme draußen am Kutschpfahl, ein« am Brunnen und zwei ebensolche für seinen WirthschastShof haben. Doch damit noch nicht genug, müssen in jedem Zimmer mindestens zwei Gasflammen brennen und zum Ueberfluß ist auch noch der Pferdestall tageShell erleuchtet. Selbstredend brennen diese Flammen die ganze Nacht hindurch. So unsinnig und rücksichtslos wird mit dem Licht umgegangen, daß die Versicherung? - Gesellschaften gegen FeuerSgesahr ihre Policen in der Oel region längst gekündigt haben. Di« Zeiten »ndern (Bei Delmonico). Guloseton zu seinem Freund Rarebit: Wa» Tausends Du hier? Ich dachte, Du wolltest den Danksagungstag bei Deiner Mutter feiern? Rarebit: Da» wollte ich auch, aber al» ich hörte, sie wollte wieder die Pumpkin-Pie» backen, die mir al» Schuljungen so gut geschmeckt haben, zog ich mich rechtzeitig zurück! »r»«««t» Frau: »Wie, Du willst morgen auf die Jagd grhen? Morgen am Fest tag?" Mann: »Da» schadet doch nicht»!" Frau: »Nun, da triffst Du ja doch keinen Hasen, weil dann alle Geschäft» geschloffen sind. Herr und Diener. .....Mit einem Worte, Johann, Si« werden immer dümmer!" »Ich seh'» selber ein, gnädiger Herr! Aber so geht'» immer, wenn Einem geistiger Umgang fehlt!" Schmierenschauspiele» (dem in einer Wirthschaft zwei faule Eirr gebracht werden): »Weh mir, ich diu erkannt!" „«»«rnst»». „Drei Hasen keinen mehr »nd keinen weniger?" höhnte der dicke Amtsrichter Schmerbauch, indem er einen verachtungsvollen Blick auf sein vi?-».vis, den ebenso spindeldürren Apotheker Lannhammer warf; »drei Hasen Sie, Sie.... Sonatag»- lchütz " „Keine Persönlichkeiten", wenn ich bitten darf, meine Herren", unterbrach hier der Wirth zum »grünen Wald" den Redefluß des Dicken, indem er lang sam hinter dem Büffet hervorkam; der angegriffene Apotheker ab«r lehnte sich so breit, wie eS seine schmächtige Gestalt erlaubte, in den Stuhl zurück und warf einen womöglich noch verachtungsvolle ren Blick auf den Amtsrichter. „Natürlich; wenn man wie der Herr Amtsrichter in einer Jagdsaison drei angeschossene Hunde mit nach Hause bringt " s"'»Jetzt schweigen Sie aber auch, Langhammer," sagte der Wirth nach drücklich, indem er seine breite Recht« zwischen die streitenden Parteien hielt; die Umsitzenden am Stammtisch aber waren in ooi-pors aufgesprungen, und von diesen nahm der Posthalter, al» der Nestor, da« Wort. „Donner nnd Doria, wozu dies« Maulsechtereien und Streitigkeiten un ter alten Knaben; ein Borschlag." Die Anderen hatten stA wieder nie dergesetzt, worauf der Posthalter fort fuhr: „Unser Freund Langhammer, beab. sichtigend, demnächst im Kreise feiner Familie sein Wiegenfest zu feiern, bat da« Gelöbniß gethan, zur Verherrli chung des stattfindenden Mahles mor gen dreien Lampen daSLrbenslicht aus zublasen; Kon, der Ersolg mag entscheiden. Morgen Abend, wenn die Glocke neun geschlagen, hat der Apothe ker seine Bälge hier vorzuzeigen, wo raus Freund Schmerbauch sich bequemen wird, eine pikfeine Bowle auffahren zu lassen, während im auderen Fall« natür lich...." Der Posthalter warf einen Blick über die Runde und auch der Amtsrichter und der Apotheker sahen sich an, worauf der Letztere die Achseln zuckte und lang sam ausstand. „Meinetwegen, ich bin nicht Derje nige, der sich zurückziehen wird." AIS ihm dann der Amtsrichter mit einem „Abgemacht" die Hand hmüber reichte, sah er nach der Uhr. „ES ist gerade zwölf, in neun Stun den werde ich zur Stelle sein; angenehm« Ruhe, Ihr Herren!" Die Zurückbleibenden rieben sich ver gnügt die Hände, und nur der Amts richter zuckte noch etwas ärgerlich die Achseln. „Drei Hasen wird er schon auftreiben können; wer sie aber geschossen hat..." „Darüber wird er natürlich sein Ehrenwort geben müssen/ sagte der Posthalter, indem er auch seinen Hut nahm.— ES war am Abend folgenden Tages. Im „grünen Wald" saßen sie schon beisammen die alten Herren, und nur zwei noch fehlten am Stammtisch: der Apotheker und der Posthalter. Jetzt öffnete auch dieser die Thür, indem er schnurstracks ans den qualmen den dicken Amtsrichter zuging. „Ich kondolire Amtsrichterchen, der Apotheker ist mir auf den Füßen!" „Mit oder ohne ?" hieß e« achemloS in der Runde. Ter Pusthalter ließ sich bchaglich nieder. „Drei wahre Kapitalhasen baumeln cm seiner Jagdtasche; das ist alles, was ich mittheilen kann!" Man warf einen halbrnitleidiqen Blick qualmte und nur einen verstäiidnißm vigen Blick mir dem Wirth austauschte. „Erst seben und dann die Bowle!" In diesem Augenblick wurde die Thür ausgerissen, und auf der Schwelle hielt der Apotheker triumphirend, sein« Jagdtasche empor. Alle im Zimmer waren aufgesprun gen, nur der Amtsrichter nickte gleich giltig nach dem Büffet hinüber. „Ich habe verloren; Wirth, die Bowle!" I tln fims Minuten stand sie auf dem Tisch, und hell klänge» die Gläser zu samme». Als der Apotheker mit dem Dicken anstieß, grinste er höhnisch. „Werden jetzt wohl nicht mehr von Sonntagsschützen und dergleichen reden, Amtsrichterchen, nicht wahr?" Der Amtsrichter aber that, als ob er in Hedanken sei, plötzlich aber richtete er sich empor. „ prvpos, waren Sie in der Nähe der Holzhütte heute?" „Gewiß, gegen Mittag!" „Und hatten Tie da schon etwa» ge schössen?" erste Balg baumelte an meiner Seite." „Hm!" Der Amtsrichter versank wieder in sein Stillschweigen, die Runde um ihn her hatte aufgehorcht. „Was gibl's denn, Schmerbauch; ist etwas vorgefallen?" Erst wollte der Dicke nicht heraus damit, er murmelte etwas von Amts qeheimniß nnd dergleichen, endlich aber ließ er sich nöthigen. „Mich wundert nur, daß Ihnen t«r Vorfall noch nicht bekannt ist," sagte er; „die Sache ist kurz die, daß heute gegen Mittag in der Nähe der Holzhütte von einem unbekannten Jäger ein Mädchen, wahrscheinlich auS Fahrlässigkeit, er schaffen worden ist!" Der Avotheker war bei den letzten Worten aufgesvrungen. „In der Mhe der Holzhütte... .da wollten Sie wohl eben...." Der Amtsrichter zuckte mit den Achseln. „Ich suchte nach Zeugen m der Sache, das ist alles!" Er wandte sich dann plötzlich zum Büffet. .Da» Abendblatt schon da, Herr Wirth!" Der. stand schon damit fertig, and der Dicke schlug e» sogleich au»einan« der. »Richtig, da steht'» ja schon.« Sein Nachbar, der ihm über die Schul ter gesehen hatte, la» laut vor. »Die Nachricht von eiarm schrecklich«» Errigniß durchläuft unsrrn Ort. Heute gegen Mittag wurde bei der Holz- Hütte wahrscheinlich au» Fahrlässig keit—ein vierzehnjährige» Mädchen von einem unbekannten Jäger erschossen. Bon der Person de» Tbäter» hat man weiter keinen Anhaltspunkt, al» daß er ein großer und ziemlich schmaler Mensch war, der in der Richtung nach oem Dorf« das Weite suchte. Man will an seiner Jagdtasche einrn Hasen baumeln gesehen haben!" Eine peinlich« Stille «ntstand nach den Worten; die beiden Nachbarn de» Apothekers waren weit von ihm abge rückt und dieser selbst saß da mit weit ausgerissenen Bugen. »Da« ist allerding» «ine merkwür dige G«schichte," sagte er endlich, indem er mit seinem leeren Glase nach dem Büffet hinüber ging. Al» ihm aber der Wirth eingeschenkt hatte, war er verschwunden. Am Stammtische drüben aber schlug der Posthalter plötzlich eine laute Lache auf. „Wa» ist denn da», die Zeitungsnum mer ist ja bereits sech» Jahre alt!" „Ganz richtig, zu der Zeit wurde ja auch die Holzhauer»tochter erschossen," erinnerte sich jetzt sein Nachbar. Alles sah voll Erwartung auf den Dicken, und Einigen schien bereit» ein Läternenlicht aufzugehen. Der Amtsrichter aber ging grinsen» mit seinem Stummel hinau«, und al» er nach zehn Minuten zurückkam, da wartete seiner bereit» ein kebeu abge gebener, verschlossener Brief. ES war nur ein Zettel, den er ent hielt, aber dieser rief eine stürmische Heiterkeit amltammtifch hervor, an dem er gleich darauf kursirte. Der Zettel enthielt Folgende»: „Dem Herrn Apother Langhammer bescheinige ich gerne, daß derselbe heute gegen sünf Uhr ohne Beut« von der Jagd heimkehrte und sich a»S meinem Wildpretladen drei Hasen entnahm. A. Müller, Händler". »Schicken Sie die Rechnung für die Bowle nur bin", sagte der Amtsrichter beim Ausbruch zu seinem Stammwirth; »er selbst wird sich wohl einstweilen nicht sehen lassen!" Volttthümltche Raturdetrachiung. Ueber volksthümliche Najurbetrach» t»ng hielt unlängst Oberlehrer Dr. Müllenhos, der Sohn des berühmten Germanisten, im Verein für Volkskunde zu Berlin einen Vortrag, in welchem er nach der „National-Zeitung" u. A. aus führte: Da» Volk, die Bauern haben gewisse botanische und zoologische Vor kommnisse viel früher richtig erkannt, als die zünftigen Naturforscher; ande rerseits liebt es das Volk, sich Geschich ten und Fabeln zu construiren, um be merkenswerthe Dinge in der Natur zu erklären. Während der Naturforscher vom Stiesmütterchen, der bekannten Blume, einfach sagt, die Blume habe ungleich sitzende Blumen und Kelch blätter, hat sich da« Volk eine ganze Geschichte von einer Mutter mit zwei rechten Töchtern und zwei Sliestöchtern konstruirt, die überall in Deutschland er zählt wird und sogar über unser Vater land hinaus, in Italien z. B-. auch volksmäßig. Neuere naturwissenschaft liche Beobachtung hat gelehrt, daß die Bienen bei dem rothen Klee sich ver geblich abmühen, Honig es liegt das in der eigenthümlichen Konstruktion des Kelches. Die Bauern haben da» längst be merkt und erzählen: als die Welt er schaffen wurde und am siebenten Tage Alles ruhte, habe die Biene sich noch bei dem rothen Klee beschäftigt, Honig zu sauqen zur Strafe aber sei ihr Be mühen ein vergebliche» geblieben. Fin den wir hier und bei audern volkS thümlichen Naturbetrachtungea, wie bei der Roggenmuhme u. s. », daß da» Volk durch seinen innigen Berkehr mit der Natur in Sinnen und Sagen in Beobachten und Erkennen dem wissen« schastllchen Ergründe? vorausgeeilt ist, so gibt es daneben wiederum eine groß«, Anzahl von Fällen, wo die volkSmäßi gen Bezeichnungen und Betrachtungen ganz fehlerhaft, schief und phantastisch sind. Man spricht von Neunaugen, obwohl diese Fische nicht mehr Seh werkzeug« haben, al» andere Fische, da« Volk zählt die 7 Kiemenlöcher al» Augen; man spricht von einem Tau sendfuß. obwohl diese» Thier nur IS Paar Füße besitzt; man nennt ein harmloses Insekt Ohrwurm, dem e» nie beikommt, einem Menschen in» Ohr zu kriechen; man nennt einen kleinen grü nen Käser »spanische Fliege, der weder eine Fliege ist, noch etwa» «it Spanien zuthun hat;man spricht vom Todten vogel, der Todtenuhr u. s. w. ohne daß man diesen harmlosen Geschöpfen irgend etwa» Gefährliche» nachweisen könnte. Dr. Müllenhof schloß seinen anregenden Vortrag mit einer Erklä rung der überall Sage vom »Wilden Jäger", M er naturwissen fchastlich tinfach mit drn nächtlichen Zügen der großen Eulen identifizirte, die eine menschenähnlich« Stimme be sitzen. Folgen der Anstren gung. Mama: Aber, Fritzchen, willst Du denn gar nicht ausstehen? Fritz chen: Ach, Mamachen, ich bin noch müde vom Schlafen. Richter: , Den Diebstahl haben Sie Mit einer so rasfinirten Schlauheit ins Werk gesetzt " —> Anqekl. (ablehnend): Herr Ge richtshof — keine Schmeichelei I" Ließen sich Berge ver setzen, so würde jedes Leihhau» bald von mächtigen Gebirge« umgeben sein.