Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, January 14, 1892, Page 3, Image 3

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    Sergius Panin.
Stoman von GoOtOsBVH««»»
IS. Fortsetzung.)
Im ersten Stock befinden sich Wohnun
gen für die Gäste: Zwölf reizende, mit
bedrucktem Kattun tapezirte Zimmer,
nebst den dazu gehörigen Ankleidekabi»
nets. Von hier bietet sich eine reizende
Aussicht auf den Park und die ganze
Landschaft. Im Vordergrund fließt ein
Bach, dessen reißende Strömung da«
rasenbedeckte Ufer bespült, da« sich dem
Walde entlang hinzieht. Die Bäume
tauchen ihre herabhängenden Zweige in'«
Wasser, auf dem sich glänzend weiße
Schwäne langsam hin und her bewegen.
Unter einer alte» Weide, deren blaß
grüne Zweige eine Kuppel bilden, liegt,
am Geländer eines Landungsplätze«
befestigt, eine kleine Flotte vielfarbiger
Kähne. Tief hinten im Pari ist ein
Ausblick aus gelbreifende FAver und am
äußersten Ende, jenseits einer Reihe von
Pappeln, deren zitternde Blälter wi«
-Silber glänzen, fließt zwischen niedrigen
Ufern die wasserreiche Ois«.
Am Abend des 14. Juli strahlte die
ser prächtige Wohnsitz in seinem voll
ste» Glänze. Die düsttrn Baumgrup«
pt» des Parks wart» durch Reihen
venttianischcr Laternen glänzend erleuch
tet; aus dem Teiche glitten mit Musikan
ten besetzte Kähne und die Töne der
Blasinstrumente riefen das Echo
wach. Unter einem im Mittelpunkt
der Allee aufgeschlagene» Zelte ta»zte
leidenschaftlich und unbändig die länd
liche Jugend, während di« bequ«m«ren
Alten, im Freien unter den
großen Bäumen sitzend, dem reichlich
besetzten Büffet Ehre anthaten. Eine
lärmende Fröhlichkeit tönte durch di«
Nacht und der gellende Schrei der Hör
die Neugierigen zum Tanzplatz hin.
Es war jetzt neun Uhr. Die mit
Gästen angefüllten Wagen zogen zum
lichtstrahlcilden Schlosse. Mitten in der
glänzenden Vorhalle, welche durch elekt-
Menschen, die sich ebenso sehr durch
ihre Ansichten, nie durch ihre Sit
te» voneinaüder unterschiede». Für die
Werth, die ander» schätzten nur die
vornehmt Geburt. Alle aber waren
hochniüthig, drängte» sich mit eiuer stol
ze» Sicherheit aneinander vorüber, benei
dete» sich gegenseitig insgeheim uud ver
lästerten einander nach Kräften. Man
sah hier Erben entthronter Könige,
Fürsten ohne Einkünfte, die sich Hoheit
tituliren ließen und die jetzt nicht ein
mal soviel zu verzehren hatten, al«
ehemals die Kammerherren ihrer Väter;
Millionäre, die mit nichts angefangen
hatte», nun aber einen großen Auf
wand machten und die gern die Hälfte
ihres Vermögens hergegeben hätten für
einen einzige» Ahne» jener vornehmen
Herren, die sie anscheinend verachteten.
Alle diese Leute sahen einander neugierig
iAclgius und Eayrol, die sich ver
vielsältigt »i haben schiene», gingen
von einer Gruppe zur andern; der
im Bewußtsein seines Erfolges brü
stend. Herzog war in Begleitung
seiner Tochter, eines reizenden Kindes
zog aber achtete nicht darauf, er war cm
das Ausseheu, das seine Erscheinung her
vorbrachte, schou gewöhnt. Er bemäch
tigte sich Eayrols, um ihm seine Glück
wünsche abzustatten.
Sergius hatte Micheline soeben dem
Grasen Soutzko vorgestellt, einen Greis
mit soldatisch kurz geichnittenei» weißem
Haar, dessen rechter Rockärmel leer war;
er war ein Veteran aus den polnischen
Freiheitskriegen u»d ein alter Freund
des Fürsten Panin, an dessen
Seite er die gräßliche Wunde em
pfangen hatte, die ihn zum Krüppel ge
macht hatte. Micheline hörte lächeliid
aus die sür Sergius so schmeichelhaften
Worte, die dieser alte Soldat an st«
richtete. Cayrol, der sich von Herzog
losgemacht hatte, suchte Jeanne auf,
wtlche in der Richtung »och der Terrasse
I» den Sälen herrschte eine drückende
Hitze und viele von de» Gästen hatten
sich bereits auf die Terrasse begebe».
An der Marmorbalustrade, welche den
Teich umgab, waren Stühle ausgestellt.
Hier sah.-» die Frauin in ihr«» Spi
tzenshawls gehüllt und genossen im
Halblicht der Girandolen, welch« d«n
Park erleuchteten, den Reiz dieser gött
lichen Nacht. Hinter den Fächern hervor
tönt« heimlich unterdrückte« Lachen, wäh
rend die H«rr«n flüst«rnd di« Damen
unterhielten. Aus der Ferne, wo die
Bauern tanzten, tönte noch der verhal
lende Klang der Hörner herüber, welcher
diese» leichtfertige Geflüster übertönte.
In einein dunkeln, einsamen Winkel
zurückgezogen, weitab von diesem Lärm,
der ihn ausregte, weitab von diesem
Fest, das ihn mit Schmerz erfüllte,
stand Pierre an eine Balustrade gelehnt
und träumte. Die Augen nach der
Illumination de» Park» gerichtet,
schauend, ohn« «twas zu seh«», dacht«
«r,an sein entschwundene« Glück. Ein
anderer war'S, den Micheline liebte;
einige Stunden noch, und «r sührt si«
triumphir«nd und jubelnd !»»weg.
Ein unermeßli-"-« Schmerz trsaßtt de»
jungen Man..-« Serlt; da« Leben
war ihm zum Ekel und er haßte d,e
Menschheit. Was sollte jetzt au« ihm
werdet Sein Ltben war gtbrochrn;
ein Herz wit das s«in« kann nur einmal
lieben und Micheline« Bild «ar so tief
hineingegraben, daß e« nie mehr ausge
tilgt werden konnte. Wozu hatten nun
all« dies« Anstrkngiingkn, sich über andr«
emporzuheben, gedi«nt? Da kam solch
«in nichtsnutziger Schönthuer, und sofort
hing Micheline sich an seinen Arm und
ging mit ihn, davon! Und nun war
alles vorbei!
Pierr« sragt« sich jetzt, ob er da» Le
ben nicht vielleicht von «inrr >alsch«n
Seite ausgesaßt hab«, und ob nicht viel
mehr die gleichgültigen, die saulen und
die genußsüchtig«» Mtnsihen den bessern
Theil erwählt hätten. Durch über
menschliche Anstrengungen seine Leben«,
kraft abreiben, den Gtist durch Grübe
ltitn über große Problem« ermüden
und alle« di«S, um fchlitßlich nicht« wei
ter zu «rrrichen. al» lee« Ehrenerwti
sungtn und «itlen Lohn! St« sind di«
wahr«n Weisen nicht, vielmehr di«>«»i
gen, welche nur nach Glück und Freude
haschen, die Epikuräer, welche alle
Sorgen, alle Mühsal von sich sch«uch«n,
die ausschließlich an ihr Wohlleben
denken und sich nur mit der heitern
Seit« des L«b«nS besassen! DaS L«b«nS
end« ist so nahe, und wenn die letzte
Stunde schlägt, wundert man sich,
daß man «igtnllich noch gar nicht g«.
lebt habe!... .Dann aber erwachte in
ihm das Gesühl seintr Würd« und
er sagte sich: wa« ist denn der
Mensch, welcher nutzlo« gtlebt, dtr nicht
durch Arbeit und nützliche Thätigkeit
eine Spur seine« Dasein» aus Erde»
hinterlassen hat? Und fieberhaft «rrrgt
schloß tr: „Ich will mich ganz und gar
d«r Wissenschast weihen, will meinen
Namen berühmt machen und die» un
dankbare Kind zwingen, meinen Verlust
zu beklagen. Sie soll b«n Unterschied
zwischen mir und Jenem, den sie mir
vorzog, kenne» lernen. Sie muß ein
sehen, daß er seine Bedeutung nur durch
sie und ihren Reichthum erhält, während
im Gegentheil sie nur durch mich eine
Bedeutung erlangt hätte."
Da legte sich eine Hand auf seine
Schulter und MarechalS Freundesstiinme
sprach zu ihm: „Nun, was stehst du hier
und gebärdest dich wi« «in Träumer?"
Pierre wandte sich um; in seine Grü
beleien versunken, hatte er des Freundes
Kommen überhört.
„Alle Gäste sind jetzt da," fuhr
Marechal fort, „ich konnte meinen Po
sten verlassen, um nach dir zu sehen.
Seit einer Viertelstunde suche ich dich;
weshalb ziehst du dich zurück, das ist un
recht und du machst dich auffällig.
Komm, wir wollen nach dem Schlosse
gehen: es ist besser, man sieht dich ein
wenig, sonst bildet man sich ein.. ..was
„Ach, mögen si« denken, waS sie wol
len, was geht's mich an!" rief Pierre
schmerzbewegt; „ich habe den Tod im
Herzen!"
„Man kann immerhin den Tod im
Herze» haben, das ist da« Recht eines
jeden, aber man muß möglichst dafür
sorgen, daß es Nieniand merkt. Laß
uns den jungen Spartaner nachahmen,
welcher lächelte, während ihm ein unterm
Kleid verborgener Fuchs die Eingeweide
zerfleischte. Wir müssen e« vermeiden,
uns lächerlich zu mache», Freund. In
unsrer alberne» Welt wird Niemand
mehr verlacht, als ein betrogener Ge
liebter, welcher die Auge» verdreht und
sich mit der Faust aus die Brust schlägt.
Du weißt- ja, daß Leiden der Menschen
Los ist; die Welt ist nun einmal ein
Kampsplatz und das Leben ist ein Kanipf.
Physische Beschwerden sowohl, wie auch
moralische Leiden, alles hemmt uns,
alle« drückt uns nieder; trotz alledem
aber war ich nicht wahnsinnig? So
wohl der Ehrgeiz wie auch jegliche Hoff
nung, alle« ist in mir erloschen."
„Der Ehrgeiz kommt wieder, sei nur
ga», unbesorgt; es ist jetzt eine intellek
luelle Lähmung bei dir eingetreten, aber
deine Kräfte werden zurückkehren, und
was die Hoffnung betrifft, so darf man
nie darauf verzichten. ..."
„Was könnte denn die Zukunft mir
noch bringen? ..."
„WaS? —Alles! Hier auf Erde» ist
alles möglich!" rief Marechal heiter.
„Vor allein, wer steht dir d«nn dafür,
daß die Fürstin nicht bald Wittwe wird?"
Pi«rre konnte sich eines Lächeln» nicht
erwehren.
„Ach. geh' doch, du schwatzest Unsinn!"
„Mein Lieber, "schloß Marechal, „nur
allein im Unsinn steckt noch gesunder
Menschenverstand. Komm, laß' uns eine
Cigarre rauchen."
Sie gingen an den Gruppen vorüber
und richteten ihre Schritte nach dem
Schlosse. Der Fürst, welcher «iner sehr
schönen Dame in prachtvoller Toilette
den Arm gereicht hatte, trat jetzt auf
di« Terrasse hinau«. Savinien, als
Mittelpunkt einer kleinen Gruppe von
jungen Stutzern, die sich unten am Fuße
der Freitreppe aufgestellt hatten, hechelte
mit seiner Listerzunge und seiner bekann
ten Frechheit alle Gäste durch, die unter
das Kreuzfeuer der Blicke seine« Freun
deskreises kamen. Pierre und Marechal
gelangten unbemerkt von ihnen hinter
diesen Kreis von jungen Leuten.
„Wer ist denn di« dort, am Arme un,
ser« litben Fürst«»?" fragt« «in in ein«
weiße AtlaSweste eingezwängter, kleiner
dicker Jüngling, der einen weißen Flie
derzweig im Knopfloch trug.
„Aber Le Brede, mein Junge, du
kennst auch gar niemand mehr!'
ries Savinien spöttisch, „und wohnst
doch im MaraiS im Familien
kreise, — das ist ja ganz unmöglich!"
„Etwa deshalb, weil ich diese stolz,
Blondin« nicht kenn«?' «rwid«rt« Li
Brede, «mpsmdlich b«rührt. „Ich bild«
mir durchau» nicht «in. dt« Nam«n all«r
Paris«r Schöiih«it«n zu k«nn«n "
„Pariftr! Dies« Frau .... «ine Pa
riserin? Du hast st« dtr wohl gar nicht
«ngtsehen? Schau' doch, mach' di« Augen
auf: d«r r«inst«, «nglisch« Ehic, li«b«r
Freund."
All« di« Stutzer fing«n an zu lachen
und wiegt«» sich dabei übermüthig in
den Hüsten. Sie halten natürlich
den «nglischen Chi- sofort er
kannt; sie gehörten nicht zu denen,
di« so etwa« nicht erkennen. Einer von
ihnen, «in groß«r Braun«r, NameuS
du Tremblay, nahm sogar «ine sorgen
volle Mi«n« an und rief: „Mein lieber
Le Brede, du machst un« Kummerl"
Der Fürst ging vorüber, lächelnd uud
leise mit der schönen Engländerin plau
dernd, welche die Spitzen ihrer weißbe
schuhten Finger auf den Arm ihres Ka
»alier« gelegt hatte.
„Aber wer ist sie denn eigentlich?"
fing L« Br«d« wi«d«r ungeduldig an.
„Eh, mein Lieber, das ist Lady Har
ton, »ine Cousine de» Fürsten. Furcht
bar reich! Ein ganz«» Londoner Häu
f«rvi«rttl!"
„Vor einem Jahr« soll ste gegen Ser
gius Panin gesällig geweftn s«in, sagl
man", fügt« du Tremblay vertraulich
hinzu.
„Warum hat er si« d«n» da nicht ge
heirathet, w«nn st« doch fo reich ist?
Vor «in«m Jahre war «r doch total abge
brannt, der lieb« Fürst."
„Si« ist verheirathet."
„Nun, das ist sr«ilich «in Grund
Aber wo ist denn ihr Mann?"
„D«r liegt ini äußersten Winkel «ineS
Schlosses in Schottland verborgen,
man steht ihn nie; «r ist geisteskrank
und lebt, umgeben von sorgender
Pfl-g- ..."
„Und »iner Zwangsjacke! Warum
läßt sich denn da« schöne Weib nicht
scheiden?"
„DaS Vermögen gehört ihrem Ge
mahl. "
„Dagegen läßt sich nicht« einwenden!"
Pierre und Marechal hörten dieses
kalte und doch schrecklich« Gespräch ruhig
an. Die Gruppe der jungen Leute zog
weiter. Beide Freunde blickten einander
an. So also wurde Sergius Pauin
von seinen lustigen Kameraden, von den
Slammgäst«n der Klubs, in denen er
einen Theil seine? LebenS zugebracht
hatte, beurtheilt! Für diese liebenswür
digen Lebemänner war e« selbstverständ
lich, daß der Fürst, als er „abgebrannt "
war, sich »ach einer reichen Fran um
sehen mußte. Da er aber Lady Horton
nicht Heirathen konnte, wandle er sich an
Micheline. lind dieses sanste Kind war
nun die Gattin eines solchen Mannes
geworden. Aber was war da zu machen?
Unterdessen waren Frau DeSoarennes
und Micheline auf der Terrasse erschie
nen. Lady Harlan zeigte dem Fürsten
mit der Spitze ihres Fächer« die junge
Frau, woraus er seine Dame verließ und
sich Micheline näherte.
an Lord Harton verheirathete Polin,
wünscht, daß ich Sie ihr vorstellen
möchte," sagte Sergius, „ist eS Ihne»
recht?"
„Gewiß," antwortete di« junge Frau
und wars ihrem Gatten einen zärtlichen
Blick zu. „Sie wissen, alle«, was mit
Ihn«» verwandt ist, ist mir theuer."
Die schöne Engländerin hatte sich
langsam genähert.
„Die Fürstin Panin!" sagte Sergius
ernst und wie« aus Micheline, die sich
artig verneigte. Dan» fügte er mil
einem Schatten von Vertraulichkeit
hinzu: „Lady Harton!" und zeigte aus
seine Verwandte.
„Ich habe Ihren Mann sehr gern,
Madame," sagte die Engländerin, „und
auch Sie zu litben. Erweisen Sie mir
die Gefälligkeit, dieses kleine Andenke»
von mir anzunehmen."
Bei diesen Worte» löste sie von ihrem
Handgelenk ei» prachtvolles Armband,
aus dessen Goldreis das Wort,,Kemper"
stand. Sergius runzelte di« Brauen,
da« vornehme Aeußere der Engländerin
ei»g«schücht«rt, antwortet« bescheiden und
mit gesenkten Augen: „Ich nehme eS
al« ein Zeiche» Ihrer Freundschaft an,
Mylady."
deutet.immer'! E» ist dies ein sehr
gewichtiges Wort. Am Arme Ihrer
Frau wird diese« Armband seine richlige
Stellt finden. Aus Wiedersehen, lieber
Fürst, ich wünsche, daß Sie glücklich
werden möchten."
Mit «iner wahrhaft königlichen Kopf
bewegung grüßte Lady Horton Micheline.
nahm den Arm eine» großen jungen
Mannes, den sie durch eine» Wink her
beigerufen halt«, und «ntf«rnt« sich.
Michtlin« b«trachtit« sprachlos da» an
ihrem weißen Handgelenk blitztnd« Arm
band. Ohn« «in Wort zu sprecht», nahm
Strgiu» den Goldrtiftn, löst« ihn vom
Arme feiner Frau, näherte sich hastig
dem T«ich« und wars ihn in » Wasser.
Wie ein glänzender Lichtstrahl flog
da« Armband durch s Dunkel d«r Nacht
und »«rsank in di« Fluth, di« «in
««»ig ausspritzt« und fich dann wi«d«r
glättet«. Mich«lin« blickt« bestürzt und
sragtnd auf ihren Mann. Dieser
nähert« sich ihr d«muth«voll und sagt« .
„Vtrzeih«n Si«!"
Di« jung« Frau antwortet« nicht, ab«r
ihre Augen süllt«n sich mit Thrä
nen; «in strahlende« Lächeln bewegte
ihre Lippen, sie ergriff den Arm ih,«S
Mann«» und zog ihn mit sich in d«n
Salon.
Hi«r wurde getanzt. DI« jungt»
Mädchen aus Pontoise und di« elegan
ten Damen au« Creil, welch« zum
F«st« gekommen waren, wollten di«
schön« Gelegenhtit, sich di« Füß«
etwa« zu vertr«l«n, nicht unbinutzt las-
s«n; st« sprangen, trotz d«r drückende«
Hitze, mit dem ganzen Eifer junger Pro»
vinzialinn«», welche nur selten die Freu
de» eine« Balle« genieß«« könn«n, unter
den Ii«beoollen Blicken ihrer an den
Wänden fitzenden Mütter lustig herum.
Währ«nd «iner Paus« zwischen zwei
Ouadrilletouren eilten Sergius und
Micheline durch die Säl« in » Gewächs
hau», welches als Boudoir d«r Frau
Hier herrscht« ein« wohlthuendeKühle.
Auch Eayrol hatte sich mit Jeann« und
Fräulein Susanne Herzog bereit« hier
her geflüchtet. Das jung« Mädchen,
welche» sich als Dritt« in d«r G«s«ll,
schast de» junge» Ehepaares unbehag,
lich sühlte, war herzlich srvh, al» sie
de» Fürsten und Michelin« «rblickt«.
Ihr Vater halte sie nur für einen Au
genblick unltr Cayrols Schutz gelassen,
und nun hatie sie ihn seit «iner Stunde
nicht »>«hr gesehen.
„Mein Fräulein," wandte sich der
Fürst heit«r zu ihr, „soebtn, als ich
durch die Salons ging, hörte ich die
Worte: Anleihe. DiSeont, Liquidation;
da niuß ihr Vater dabei gewesen sein.
ihn aussuchte?"
„Ich würde Ihnen dankbar sein,"
antwortete daS junge Mädchen.
„Ich «il«."
Glücklich, sür einen Moment ben
Blicken JeanneS intschlüpsen zu können,
sähen um und kehrte in die drückende
Hitze deS TanzsaalS zurück. Gleich b«im
erst«» Blick bemerkte er Herzog, welcher
mit «inein der ersten W«chselmakler von
Paris in ein«r Fensternische saß und sich
mit diesem unterhielt. Der Fürst ging
direkt aus ihn zu.
„Verzeihen Si«. daß ich das Vergnü
g«n JhrrS Gesprächs unterbreche," sagt«
«r lächelnd, „ab«r Ihr« Fräulein
Tochter wart«! aus Si« und ist ungedul
glücklich, einen Augenblick mit Ihnen
allein sein zu dürsen;" sagte Herzog mit
der Vertraulichkeit, der «r sich gewöhn.
prächtigen Rahmen haben müssen. Nun.
Sie haben ihn jetzl, Ihren Rihmen,
und «r ist gut vergoldet!"
als ob er sich über des Fürsten Glück
lauten doch die Bedingungen betreffs de«
Der Fürst betrachtete Herzog mit einem
gewiss«» Blick, d«r nicht gerade wohl-
Aber dieser Finanzmaiin
machte mit seinen niedergeschlagenen
Augen und seinem krummen Rücken eine
nicht umhin konnte, ihm zu antworten:
„Wir sind nach den, Dotalsystem ver
h«irath«t."
„Ah, ah! Wit's in der Normandie der
wohl, daß Frau Teivarennes ein ener
gisches Weib fei; sie hat eS bewiesen!
Ja, ja, das Dotalsystem! Ausschluß der
Gütergemeinschaft! Und Sie unterschrie-
Augeii, mein lieber Fürst! Auigezeich
»et, ausgezeichnet! Wie «in wahrer
Edelmann! ..."
Er sah ganz treuherzig au«. als er
diese Worte sprach. Dann aber schlug
er plötzlich mit «in«in klar«n Blick die
Aug«n aus und sag!« mit ironischrm Lä
cheln: „Sie sind angesührt, mein Bester,
missen Sie das?"
„Mein Herr!...." protestirt« Ser
giuS hochmilthig.
„Schrei«» Si« nicht, «s ist zu spät
und wär« dahtr nutzlos. Erlaub«»
Sie mir li«b«r, Jhn«n Ihr V«rhält-
Muttrr beeinflussen lass«n wird;
und die Mutter ist sehr energisch! Ah,
mein Fürst, Sie sind gründlich herein
manter Sie gefallen mir sehr.
E» wäre möglich, daß Si« b«i Ihr«»
mir bekannten Neigungen in kurzer Zeit
in Verlegenheit kämen. Besuchen Si«
mich dann, ich werde Ihnen G«l«g«n»
h«it g«b«n, Geschäfte zu machen. Aus
Wiedersehen, mein Fürst."
Und bevor noch S«rgiu« ihm aiitwor
t«n konnt«, ging Herzog in s Gewächs
hau», wo ihn seine Tochter ungeduldig
erwartete. Ihm solgte der mißmuthig
gestimmte Fürst. Herzog« Worte hat
ten lästig« G«dank«n in ihm «rw«ckt;
sollt« e« wirklich wahr sein, daß ihn
Frau Deivarenne» üb«rlist«t, daß sie
ihn, unter dem Anschein von Seelen
größe und Edelsinn, wie einen Einsalt»-
pinsel an di« Fingerspitze ihrer Tochter
angebundtn hatte? Er mußt« sich zu
sammennehmen, um seine Heiterkeit
wiederzugewinnen.
„Micheline liebt mich," dachte er, »«»
wird Alle« gut w«rd«n."
Auch Frau De«»arinn«s war j«tzt ge
kommen und hatte'sich den beiden jungen
Ehepaaren wieder angeschlossen. Di«
Salon« btgannin sich zu entleeren. Ser
gius nahm Eayrol bei Seite: „Wa» ge
denken Sie heute Abend zu thun, mein
Lieb«r?" sragt« «r ihn. „Sie wissen
doch, daß man Ihne» eine Wohnung im
Schloss« zur«cht gemacht hat?"
„Jawohl, ich weiß e», habe auch
Frau D«»varennt« berrit« dasür gedankt;
aber ich ziehe e« vor, nach Pari« zu
rückzukehren. Unser kleine» Parodie»
erwartet un» dort, ich will e« heut« ein
weihen! Ich habe meinen Wagen kom
men lassen und will nun meine Frau
mit Ertrapost nach Hause sahren."
„Da« ist eine förmliche Entführung!
Ganz im Stile der R«g«nschast und d«r
Hossitt«!'
„Ja, ja, mein lieber Fürst, so sind
wir Leu!« von d«r Bank!" erwidert«
Cayrol lach«nd.
Dann schlug er einen andern Ton an
und sagt«: „Wissen Sie, Fürst, ich zittre,
ich bebe, mir wird kalt und heiß. Ich
bin in einer wonnigen Ausregung! Be
denken Sie doch, daß mein Herz noch nie
geliebt hat, und ich liebe wahn
sinnig!"
Sergius mußt« unwillkürlich auf
Jtanne blicken. Sie saß da, sah etwa«
bleich und finster au» uud schien nicht«
wtnigtr al» frtudig gestimmt.
Frau DeSoarennes befand sich zwi'
schen Jeanne und Micheline und hatte
die beiden jungen Mädchen zärtlich um
schlungen. Bekümmerniß lag in ihren
Blicken. Sie fühlte al» Mutter, daß di«
l«tzten Augenblicke ihrer unumschränkten
Herrschast herangenaht seien, und wollt«
nur noch einmal im Genuß de» Besitze»
dieser beiden vergötterten Kinder schwel
gen, welche unter ihrem Schutze wie
zwei zarte, kostbare Pflanzen ausge
wachsen waren.
„Nun hat auch dieser wichtig« Tag
fein Ende erreicht!" sagt« sie. „Ihr seid
nun beide verheirathet, gehört nicht mehr
mir an. Ach, wie werde ich euch ver
misse»! Bor wenigen Stunden hatte
ich noch zwei Kinder, und jetzt ..."
„Jetzt hast du vier," unterbrach st«
Mich«kn«; „und beklagst dich noch!"
„Ich beklage mich ja nicht," «rwidirt«
Frau DesvarenneS lebhast.
„DaS ist richt!" rief die junge Frau
heiler. Dann trat si« zu Jeanne und
sagt«: „Aber du sprichst kein Wort, bist
tief in Gedanken oersunktn. F«hlt dir
«tivai?"
Jeanne zitterte und suchte Leben in
ihre starren Züge zu bringen.
„ES ist nicht»; nur ein wenig Ermü
„Und di« Gemüthsbewegung,' fügte
Micheline hinzu. „Was mich betrifft,
so sühlte ich heute srüh, als wir mitten
unter Blumen, von unsern Freunden
die Kirche betraten, daß ich weißer war
als mein Schleier. Der Weg bis zu
meinem Platze schien mir endlo«. ich
Alle nennen mich jetzt .Madame' und
.Fürstin'; da« belustigt noch!"
Sergius trat zu ihr heran.
„Sie sind >a auch Fürstin,' sagt««»
ISchtlnd, „und j«d«r muß Si« jetzt s»
nennen."
„O, wtder Mama, noch Jeanne, noch
Tie," erwiderte die jung« Frau lebhaft;
„n«nnen St« mich nur imm«r Michclin«,
da« ist zwar wtingir respektvoll, dasür
aber auch zärtlicher."
Frau DesoarenneS konnte dem Wunsch
nicht widerstehen, ihre Tochter nochmals
an'S Herz zu drücken.
„LicbeS Kind," sagte sie gerührt, „du
hast das Bedürfniß, geliebt zu weiden,
wie die Blumen de« Sonnenscheins be
dürfen! Ah, wie ich dich liebe!"
Sie machte eine Pause und fügte dann
hinzu: „Wir lieben dich!"
Und si« reichte ihrem Schwiegersohn
die Hand. Dann «inen andern Gedan
kengang oersolgend, sagte sie: „Aber,
Cayrol, eben fällt mir ein, da Sie nach
Paris zurückkehren wollen, könnten Sie
die Ordre«, welche ich für « Geschäst zu
„Wie? Geschäst«? Sogar an m«in«m
Hochzeitstage?" ries Micheline.
„Ach, mein Kind, Mehl wird alle
Tage gebraucht;" erwidert« di« Prinzi,
unterhalten. will Pari« «ssen, und
Pari« hat ein«n auSg«z«ichntttn Appktitl"
Mich«lin« trat >u ihr«m Gatt«n:
„Sergius." sagte sie, .e» ist noch nicht
spät. Wie wäre e«, wenn wir jetzt noch
aus den Tanzplatz. zu den Arbeitern
hingingen? Ich habe e« ihnen verspro
chen; die guten Leut« würden stchlo sehr
freuen!"
„Wik e» Ihnen beliebt, ich stehe ganz
zu Befehl. Wollen wir versuchen, un«
populär zu machen!"
Frau Desvarenn«» war in ihr Zim
mer zurückgekehrt. Eayrol, der sich
einigermaßen unbehaglich fühlte, be
nutzte den Moment, um hinauszugehen
und seinem Kutscher zu sagen, daß er
eine Fahrt um den Park machen und ihn
dann an der Psorte de» kleinen Ge
wächshauses erwarten solle. Auf dies«
Weise würden er und seine Frau nie
mand begegnen und sowohl die lästi.
gen AbschiediwoN« der Freund«, al»
auch die ntugierigen Blicke der gleich,
gültigen Menge vermeiden.
Micheline näherte sich Jeanne: „Da
du dich fortschleicheni.wlllst, so werd,
ich dich heute nicht mehr sehen. Leb«
wohl!"
Und sie umarmte sie mit heiterem Un
gestüm. Dann nahm si« ihres Man
ne» Arm und zog ihn mit sich in der
Park.
Z«hnt«» Kapitel.
Jeanne, die allein geblieben war,
blickte ihnen nach, wi« sie mit leicht be
flügelten Schritten der Liebe davon
eilten. Sergius neigte sich zu Michelin,
und flüsterte ihr zärtliche Worte in'»
Ohr.
Schwermuth und Trübsinn erfüllte«
JeanneS Herz; Sie war allein geblieben,
während derjenige, den sie liebte
ES bemächtigt« sich ihrer ein Gefühl
d«r Empörung. Unglückliche! Weshalt
mußt du an diesen Mann denken? Hast
du denn noch «in R«cht dazu? Du g«-
hörst nicht m«hr dir allein; ein andre,
Mann ist dein Gatte, ein Mann, der
gegen dich ebenso li«b«voll wi« jene,
undankbar ist. Diesen andern mußt
du nun zu lieb«» sucht»! So dachte si,
jetzt in aller Aufrichtigkeit ihres Gewis
sen«. Sie »ahm sich o»r, Eayrol zu
lieben. Diesen armen Jean, sie wollt»
ihn mit Zuvorkommenheit, mit Für
sorge, niit Liebkosungen überschütten,
damit Sergius eifersüchtig werde, denn
er konnte diejenige nicht so schnell ver
gessen haben, welche er noch unlängst
vergöttert hatte.
Es war, al« ob zwischen Jeanne und
Eayrol eine sympathisch« Verbindung
vorhanden sei. Al« ihn seine Frau in
Gedanken zu sich rief, erschien er.
„Ah, endlich!" rief sie.
Eayrol, den dieser zuvorkommend«
Eiilpsang überrascht«, lächelte. Jeanne,
welche dies Lächeln bemerkt«, fuhr fort:
„Nun. mein Herr, reisen wir bald ab?"
DaS Staunen de« Bankie»« wuchs,
doch war es freudiger Natur. Er erhob
„Weshalb diese Verzögerung?" sagt«
sind über zwanzig Equipagen im Schloß
hof; uns-r Kutscher soll daher durch den
Park fahren und wir steigen dann unge
sehen an der kleinen Psorte de« Ge
wächshauses eine.
„Nun gut, warten wir also."
Dieser Aufschub macht« Jeann« un
muthig. In, Eifer des von ihr gefaßten
so schnell und so weit als möglich von
Sergius entsernen. Ungcschickteiweis«
wurde dieser Drang einer stolzen Ent
rüstung durch Eayrol gehemmt, und sie
ein« sür ihn ungünstig« Veränderung in
ihr vollziehe; «r wollt« daher den üblen
Eindruck, den er hervorgebracht, bekämp
sen und ihrem Gedankengang eine ander«
Richtung geben.
gehört! Si« war«» einstimmig in ihren
Glückwünschen: Wa« doch dieser Cayrol
für ein Glück hat! Ihm gelingt alle«,
Sie sehe» also Jeanne, daß dank Ihnen
mein Glück in den Augen aller vollstän
dig ist. "
Jeane runzelt« di« Brauen und macht«
«ine verächtliche und hochmüthige Kopf-
Eayrol. der dies« Vorboten eines heran?
nahenden Gewitters nicht bemerkte, fuhi
fort: „Man beneidet mich und ich be
greife e«; denn ich möchte mit niemand
tauschen. Obschon unser Freund, Fürst
Panin, sehr glücklich ist und eine reich«
Frau bekommen hat, di« ihn li«bt und
di« «r anb«t«t, —so ist «r durchaus nicht
glücklicher al« ich."
J«ann« «rhob sich unwillig und
schmetterte ihren Mann mit ein«m von
Zorn sunk«lnd«n Blick ni«d«r: „Herr!"
ri«s sie wüthend.
„Verzeihen Si« mir." fing Cayrol in
besch«idenem Ton wieder an, „ich er
schein« Ihn«» vielleicht lächerlich, aber
ich kann meine Freude nicht unterdrücken,
e» geht über mein« Kräfte, und Sie
sollen sehen, daß ich Ihnen ewig dankbar
sein werde. Mein ganze« Leben soll
mit den Ansang zu machen, hab« ich
Ihnen ein« Utberraschung b«reit«t. "
„Und di« wäre?" sragt« Jeanne
gleichgültig. , g j,.
's z d d
nach Pari» zurückkehren, um dort aus
schlicht«, bürgerlich« Art unser« Flitt«r
woch«n zu verbringen."
Jeanne zitterte. Eayrol hatte offen
bar kein Glück mit seinen Worten.
„Nun, da« ist durchaus nicht der
Fall, " fuhr der Bankier fort. „Morgen
verlasse ich mein Comptoir; meine Ge
schäftsfreunde mögen sagen, wa« sie
wollen; ich lasse mein Geschäft im
Stich und wir gehen auf Reifen."
Die«mal war Jeanne befriedigt; «in
Fr«udenstrahl erleuchtet« ihr Antlitz.
Fortreisen von hier, w«it fort! Das
»ar eine Aussicht auf Ruh«.
„Und wohin reisen?"
„Eben darin liegt die Ueberraschung!
Sie wissen doch, daß auch der Fürst und
seine Frau reisen wollen?"
„Ja, aber da« Ziel ihrer Reise halten
sie geheim," unterbrach ihn Jeanne mit
beginnender Unruhe.
„Nicht vor mir. Ich weiß, daß sie in
di« Schw«iz gehen. Nun, wir werde»
st« dort aussuchen."
(Fortsetzung folgt.)
»ergda« der «rzet«.
Die Herren Bleichröder und Genop
sen zu Berlin, in deren Besitz geräusch,
lo» eines der großen Bergwerke naH
dem andern im erzreichen Michiga«
übergeht, haben seltsame und räthsel
hafte Vorgänger gehabt. Namentlich
auf der Halbinsel Keweenaw Point, di,
sich vom südöstlichen Ufer des Snperior-
Sees weit in di« blauen Fluthen bei
mächtigen Wasserbeckens hinein erstreckt
steht eS mit unumstößlicher Gewißh«
fest, daß die räthselhaften Urbewohne,
Nordamerikas, deren Blüthezeit viel«
tausend Jahre vor dem Erscheinen de»
rothen Mannes zurückreicht, bereit»
wenn auch nicht in einer nach moderne«
Begriffen regelrecht bergmännische,
Weise, daS Erz gefördert und daran«
das Kupfer gewonnen haben.
Allem Anschein nach sind diese Mine,
Jahrhunderte lang in Betrieb gewesen>
doch fehlen über die Menschenrasse
welche dort thätig war, alle Anhalts,
punkte. Die Kunst der hüttenmäßige»
Bearbeitung scheint unter derselben noch
nicht bekannt gewesen zu sein; den,
man fand nirgend Spuren geschmolze
nen Kupfers. Die Ausbeutung be
schränkte sich wahrscheinlich auf solch,
Stücke, welche in kaltem Zustande ver
arbeitet werden konnten. Doch habe,
jene vorgeschichtlichen Bergleute zwei
felloS die Kunst verstanden, durch An-
Wendung von Feuer die Gesteinmasse,
so weit zu lockern, daß eS ihnen mög
lich wurde, dieselben loszubrechen, un
zu dem Metall zu gelangen. Die Me
thode deS Bohren» war ihnen noch un
bekannt, dagegen gebrauchten sie Stein-
Hämmer.
Bon diesen Werkzeugen fand ma,
allein mehr als zehn Karrenladungen i»
der Nachbarschaft der Minnesota-Mine.
An einem Ort war eine sünfzig Fuj
tiefe Höhlung ausgearbeitet worden
und aus dem Boden derselben besän»
sich ein Balkeagerüst. Hier wurde auch
eine große Kupferplatte entdeckt. I»
einer anderen alten Mine fand man
eine Kupsermasse von 46 Tonnen in
Gewicht.
Ein seltsamer Fund wurde in eine,
18 Fuß tiefen Höhlung gemacht. Aus
einer fünf Fuß hohen Stellage von ein
gerammten Eichenpfählen lag hier ei»
6 Tonnen schweres Stück Kupfer, des
sen Oberfläche sorgfältig geglättet wor»
den war, zu welchem Zweck, ist nicht er,
sichtlich.
Daß viele Jahrhunderte vorüberge
rauscht sind, seit diese alten Bergwerk,
außer Betrieb gesetzt wurden, ist übe,
allen Zweifel erhaben. Die Oefsnungen
waren entweder völlig verschüttet, und
die morschen Leiber von Riesenbäumen,
welche seitdem gewachsen und nnede,
dem Zahn der Zeit zum Opfer gefalle»
waren, um einer neuen Generation Platz
zu machen, bedeckten die Spuren de»
Wirkens jener längst ausgestorbenen
Menschenrasse, die wahrscheinlich mil
den räthselhaften „MoundbuilderS
identisch ist.
St« «treitsSchttger.
DaS Schwurg»richt im Rhone-De.
partement hat dieser Tage einen alte»
Bekannten der Gerichtshöfe seines Be
zirks, den Optikus Verdelet, abgeur
theilt. Verdelet, ein unermüdliche«
Quärulant, hatte mit seiner Baterstadl
SS Jahre lang Processe geführt. E«
brachte seine Beschwerde vor alle mög.
lichen Gerichtshöfe, beklagte sich unauf
hörlich, daß er nicht zum Ziel gelange,
könne und zog die öffentliche Aufmerk
samkeit durch lärmendes Verhalten auf
sich. Im Jahre 1870 gab er in dem
Vorraum des Gerichtsgebäude« eine»
Revolverschuß ab, der akademisch Herrn
Sallantin galt, einem Richter, dem ei
die Verzögerung seiner Angelegenheil
Schuld gab. Im Jahre 187 a durch
löcherte er mit Revolverschüssen in de,
Garderobe alle Hüte der StaatSräthe.
Wegen Bedrohung mit dem Tode vo>
die Geschworenen deS Seinedeparte»
mentS gestellt, wurde er freigesprochen,
da die Geschworenen ihn für verrückl
erklärten. Die Verwaltung hielt sich
jedoch nicht ermächtigt, ihn einzusperren.
Im Juli diese» Jahre» ermordete Ver»
delet seinen früheren Lehrling und
nachmaligen Schwiegersohn Parisot.
Parisot hatte mit seiner Frau eine un>
glückliche Ehe geführt; die Frau wars
dem Maime Trunkenhaftigkeit, de,
Mann der Frau mehrfache Untreue vor.
Schließlich trennten sie sich. De»
Mann ging nach Pari», Frau Pariso»
blieb in Lyon, wo sie auf halbe Rech
nung mit ihrem Vater einen Laden mil
optischen Instrumenten unterhielt.
Endlose Processe entsprangen aus die
sem Verhältniß. Der alte Verdelet,
welcher seinen Schwiegersohn mit Droh
briesen verfolgte, wurde zu einem Mo»
nat Gefängniß und zweitausend Franc»
Geldbuße verurtheilt. Kurze Zeit da
rauf kam Parisot nach Lyon zurück, w«
er sich in sein Geschäft wieder einsetze»
ließ. Verdelet beschloß, mit seinem
Schwiegersohn ein Ende zu machen.
Am 30. Juli machte er sich durch ein«
Blouse, einen alten Hut vollständig
unkenntlich, bewaffnet» fich mit einem
Küchemnesier und mit einem Revolvei
und begab sich an die Thür de» Laden»
feines Schwiegersohns, der grade im
Begriff war. einer alten Dame ein«
Brille zu verkaufen. Dreimal stieß e,
dem Unglücklichen sein Messer m di,
Brust. Parisot fiel todt nieder, wäh
rend Vorübergehende seinen Schwieger
vater entwaffneten und tüchtig durch
bläuten. Verdelet ist ein kleiner, ganz
weißhaariger alter Mann, vollständig
taub, aber für seine sechsundsiebzig
Jahre erstaunlich rüstig. Während
der Gerichtsverhandlung benahm sich
der unverbesserliche alte Quärulant wi«
ein wüthender Narr und ries schreiend
den Himmel zum Zeugen seiner Un
schuld an. Nu« der Verhandlung ergab
sich, daß er seit 18S6 unaufhörlich Pro
ceffe geführt hat. Die Geschworenen
machten den Excentricitäten des gefähr
lichen Menschen allzu spät ei»
Ende, indem sie ihn wegen der Ermor
dung seines Schwiegersohnes zu acht
Jahren Gefängniß v-rurtheilten. 3