Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, November 19, 1891, Page 3, Image 3

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    Das Fritzche.
«rjählung von Gräfin M. a«ys»rlt«g,
(l< Fortsetzung. >
„Ach sol" sagte Asten uu« ließ Si«
Peitsche um Jobs Mähn» lausen. TaS
lhiei rast« davon.
Friederike war jusammengekahren
o!S s>« den spottenden Ruf de« Vogel«
vernommen hatte Nachh«? drückte si«
sich schweigsam uiid fröstelnd in ihr«
Ecke.
D«r Heimweg wart in unfreundliche,
Eile zurückgelegt. Die Sonne ging
während d«ss«lben unt«r, und di« Lust
Asten, besorgt um Friederike, trieb des
halb Job zu immer heftigeren Laufe an.
Im Hofe befahl «r seinem Burschen,
das Thier auszuspannen und warm zu
reiben, und begleite!« Friederike in'S
HauS. Als si- im Flur eilig an ihm
vorüber wollte, oertrat er ihr jedoch den
Weg »nd sagte: „Ich muß nun doch
um eine «utscheidende Unterredung
bitten."
„Doch nicht heute," murmelte sie.
„Gewiß; heute und gleich jetzt. DaS
heißt, sobald Sie umgezogen sind."
Wieder traf ihn ei» verjweiseltcr Blick
ihrer
haoe."
Wirklich betrat er wenige Minuten da
nach ihr Zimmer. Der Diener brachte
beitStisch, doch schloß er die Läden nicht.
herein, und die Schneeschichten glänzten
auf den breiten, schwergesenkten Zweigen.
Aste» trat an « Fenster und blickte hinau«.
WaS für einen SchicksalSspcuch raunten
ihm di« rauschenden Zweige zu? Seine
Stimmung war keine hoffenSfrohe. Daß
er sein Glück auch jetzt noch werde er
kämpfen müssen, dünkt« ihm ziemlich
sicher. Wenn es ihm nur gelang, seine
Liebe endlich zum Siege zu sühren!
Schwelle, und Asten drehte sich uui. Aber
oor ihm stand Tante Mathilde mit dem
zrünc« Strickbeutel und kramte darin.
In Asten regte fich ein unsreundlicheS
Gefühl gegen den grüne«, daß er un
höflich genug auf dessen Herrin übertrug.
I« dieser Stunde wünschte er beide in
ZNdere, unwirthliche Gegenden, welche i»
sicherer Ferne oo» ihm lagen. Er be
>s«teindcssen den unmenschlichen Wunsch,
als die alte Dame »ach etlicher Mühe
damit zustandekam, ihrem großen Helser
>:i« Fläschchen zu entziehen, und dasselbe
mit kummervoller Miene dem vor ihr
Stehenden zeigte .Es ist Eibisch mit
Honig und Schwarzwurzel," sagte sie,
„uud soll unfehlbar gegen Brustleiden
lein. Ich habe eS selbst gekocht und die
Mischung ist gut: d« steh' ich dafür ein.
Jetzt wollen «ir'S dem armen Wegmeier
'tingedc. Komm« Sie, er hat schon nach
Ihne gefragt; denn er möcht' gern seine
Partie spiele. Der Aermste war bis
jetzt allein. Da» Fritzche will jetzt aber
auch zu ihm."
Asten fühlte einen leisen Vorwurf in
Hch, daß er de« Kranken über
svnem eigene« Geschick vergessen hatte.
Gk suchte kei«e Entschuldigung, um die
gutmüthige akte Dame lo« zu werde»,
sander» schloß sich ihr an und gab dem
Niger selbst die unfehlbare Arznei.
Friederi?« trat bald danach ein, und
mqn setzte sich zu dor von dem Kranken
erbetene» Partie. Asteu spielte zerstrent
und mußt« die Gedanke», wie an Bän
dern flatter»de Vögel, mit G»walt z>
den Karten zurückführen; denn auch seine
Augen sahen HSnfiger als auf auf
das stille, feine Gesicht, das sich nebe»
ihm aus die Blättchen neigte. DaS Uchte
Haar schloß sich in der warmen Luft
scho» wieder zu kurzen spielendenßingel»
zarte Mund, de» Asten geküßt hatte,
faßte ihn eine neue Unruhe. Der
Kranke saß, in eine von Mathilde ge
strickte Deck« gewickelt, in Kissen gestützt,
Worte aus den Lippen. Geist und Wille
bannten eine helle Lebenslust in da«
junge, lachende Gesicht, aber eine stärkere
Macht schrieb jene geheimen Zeiche»
darin, welche vo» einem nahenden, lange»
Schlafe sprachen.
Als da» Spiel endlich beendet war,
entfernte sich Friederike, und Tante Ma
der alte Enkerle mit de» WirthschastSbe
«ichten kam, für welche seine Herrin jetzt
so wenig Theilnahme zeigte, welche er
lcher trotzdem immer noch abstattet«.
Asten konnte als« 'sitzt nicht hoffen, un
gestört zu bleiben. Er nahm die Skiz
zenmappe und blätterte darin. Weg
meier arbeitete an den Bilder», sobald
er eine günstigere Stunde hatte und nie
mand sucht« ihn daran zn hindern.
Gab ihm doch di« Freude, die er an der
Arbeit fand, zum Theil jene wohl
thuende Laune, mit welcher er all« Lei-
Gleich da« erste Bild, «elches in sein«
HSnde fiel, kannte Aste« »och «icht »nd
e« fesselte seine» Blick nach dem, »a« er
kurz zuvor erlebte, mächtig. Der Kopf der
Zigeunerkathrin lachte ihm daran» ent
gegen, überraschend ähnlich in wenige»,
leicht hingeworsenen Farbentine»: die
luftathmende» Appen, der keck begehr
liche Blick der lodernde» schwarze»
Auge», der Trotz in de» frischen Züge»
.... So lebendig stand st« vor Asten,
daß er nicht begriff, wie er den
thümlichen Kops so rasch vergessen habe.
Ein rothe« T»ch »ar n« die zerzaust
herabhängenden Flechte« gebunden, «in
bunte« Mieder hob di« »ollen Forme«
de» schönen Körper». Hinter einem
Baume, welcher die kahlen, schneebedeck
ten Beste starr in ein« graue Luft hin
ausstreckte, lugte« dieser Körper und der
blühende Kops hervor. Ein französischer
Offizier hatte offenbar di« Fliehende zu
haschen versucht und stand, jetzt «in paar
Schritte weit oon ihr. mu sorgebreitetr»
Armen und verdrießlichem Lachen, wd«
ein geprellter Zuchs, während sie >h»
ipottend in» den braunen Zinzern ein
Rübchen ichabre
„WaZ bedeute! diese Szene?" tragt«
Asi«n.
..Em« Charakrer'tudie,' antwortet«
der Bayer lächelnd
.Ja, aber kennen Ii« da» Mädchen?"
„Nicht mehr al» den Kapitän. Si«
schon öfters »erführt, abseits vom Wege
zu schweifen."
Asten bemerkte nichts weiter, sondern
betrachtete die übrigen Skizzen, und als
der Bayer sich «rinüdet zurücklegte und
in Schlaf verfiel, blieb er bri dem
Bilde, welches Friederitens liebliche
Züge darstellte.
Da öffnete sich ganz leise die Thür.
zu. Sie hatte sich so wenig oerändert,
als sei kaum ein Tag verstrichen, seit er
sie zum erstenmal gesehen, und unter
dem dunklen Pelzbarett sah ihr Gesicht
frisch wie ein Maienröschen au«. Doch
lag ein seierlicher Ernst in den frischen
Zügen, und si« legte den Finger an die
sie lautlos hinter sich di« Thüre ein
klinkt«.
.Ich such'Si«", slüst«rt« sie daraus,
Herrn Wegmeier sind'. Wir wolle in
die Fensternische trete und leise spreche,
amit wir den Kranke nit störe. "
»Nein," antwortete sie entschieden,
.da» Fritzche darf nicht wisse, daß ich ge
kommen bin. Es würd' sich zu sehr er
schrecke. "
»Weshalb?" fragte er betroffen.
„Herr von Ast«, Sie müsse fort," sagte
sie, die guten, blauen Augen beschioörend
zu ihm erhebend, »je eher, je besser, da
mit es kein Unglück gibt. Sie werde
doch das selbst oerstehe?"
Sein Gesicht nahm eine ruhige Streng«
an, als er erwiderte: »Ich wüßte nicht,
was mich dazu veranlasse» würde. "
Seine Ruh. brachte sie um die ihrige.
»Herr oon Aste." stammelte fie wie
der, mit einer in welcher es
wie Thräne« der und Aufregung
bebte, »wie könne t»i« noch frage? Sie
sind im Walde gesehe worde, wie Sie—
nun, wie Sie das Fritzche küßte!....
DaS durste Sie doch nit...
»Und wer will e» mir verbieten?"
sragte er, und seine Brauen runzelte«
sich.
»Einer, der ältere Rechte hat wi«
Sie! Einer, der das Fritzche lieb hat
wie Sie! Einer, der..." rief sie außer
sich und unterbrach sich : »O Gott i ich
sag' Ihne, mein Bruixr leidt'S nit! Er
läßt eher ovm Lebe al« vom Fritzche, das
er liebt..."
Er neigte sich ein klein wenig von
seiner Höhe zn der heftig Bewegten :
.Fräulein Tonchen, es thut mir lehr
leid, Ihnen diesen Kummer z« machen,
Ihnen und Ihrem Herrn Br«der. Aber
wen» wir oon Liebe reden, ich glaube,
die Fräulein Friederiken« lst nicht bei
Die Thränen liefen jetzt wirklich über
Doncheu« Wangen hin. Sle den
Schleier unter das Barett und drückt«
khr Taschentuch an de« Mund, »m ihr
Schluchzen zu ersticken. Dann, al» ihr
dies gelungen war, sagte sie: .So wolle
Sie nicht zurücktrete? Aber ich bitt'Sie,
Herr »o» Aste! . . Denke Sie doch
Julius wird daraus bestehe, daß alsdann
die Pistole entscheide... Und wen« einer
wenn einer von Ihne siel .. "
.Da« hoffe ich nicht, " sagte er fest,
daß wir zu solch einer gewaltsamen
Entscheidung greise» inüjscti. Eck^liegt
oon Waibachs Wille genügt, um ein«
solche aus friedlichem Wege herbeizu
sühren, und ich werde mich ihm unbe
dingt fügen."
Sie schüttelte den blonden Kopf:
»Ja, daS sage Sie, weil Sie meine, Sie
seie Ihrer Sach'gewiß! Aber glaube
Sie eS »it. Der Julius läßt es fich
»it gefalle, wenn daS Fritzche Sie jetzt
«och ihm vorziehe wi11..."
.Nicht?" fragte er ein wenig »«ge
duldig. .Und auf welche Rechte beruft
sich Ihr Herr Bruder?"
«ußte offenbar nicht gleich, wa« sie ant
worten sollte; aber sie wischt« entschlossen
die Thränen vo» den Wiinper» und
sragte Sie? Und ist daS etwa kein Recht,
«orde ist, «ur dem Mädchen z« Gefalle,
a»d St« find g«kom«e u»d habe ihm
da«Herz abwendig gemacht, i» dreiTagen,
Asten« Blick wnrde warm: .Ich habe
selbst, Fräulein Tonche»; «»d da soll ich
dem «S nicht» wisse» will, überladen, al»
läge mir «ichtS an ihm? Kränlei» Toi»-
che», Sie hätte» d»n» recht, sagte» «Me,
ich sei dieser Liede »icht werth."
Da« Tonche» arbeitet« an seine«
Txche, da« es z» einem kleine» Balle»
dreht«, »«d seukte di« Augen daraus.
Endlich «ur«elt« «s: »tlnd wen»
wenn er sich darei» ergäb', er wird so
unglücklich werde und da« Fritzche
gar nit glücklich «it Ihn«! E« paßt
gar nit nach Preuße hi» und auch »it zu
Ihne.«
Em Lächeln flog über Asten« GefiHt.
.Fräulein Tonchen, glauben Sie ernst«
Uch, daß «in PMzer Mädchen mit einem
Preußen nicht glücklich werden könne?"
sragte er.
Sie wurde roth über das ganz,
hübsch« Gesicht, hob es aber tapser und
sagt« mit einem Zucken der frischen
kippen, das zwischen Lochen und Weinen
schwankte: „Ach, ich wesß, woraus Sie
anspiele! ES Ist ja wahr. Ich selbst hab
ja einen Preußen gern. Aber, Herr
oon Aste, wahrhastig ich hätt mir Müh
Hegebe ihn zu vergesse, dem Juliu« zu
lieb, und ich glaub' gewiß, e« wär' mir
glücklich geworde wär'. Aber wie ich
da« «rsahr« hab, daß «r um seine Glie
der gekomme ist und nun nicht« hab aus
ihrem Schutz hergegebe hat? Und
das hab ich mir überlegt und
danach meinem Herzen nit mehr wider
«ie so sehle, wie ich jetzt dem Manne
gefehlt hätt', der mich Uvbt, wenn ich
ihm nit treu gebliebe wär'."
Asiens Blicke leuchteten: „Fräulein
Glück zu Ihrem Besitz. Ein so kosi-
Einzeln« sein Blut sreudig für sie hin
geben. Auch kann ich Sie versichern,
«ch würde mich glücklich schätzen, gerade
Ihnen einen Dienst zu erweise«, wäre
nur der, welch«» Si« von mir verlangen,
nicht ein solcher, de« z» leisten mir
giradezu unmöglich ist.'
»Ach." sagte das Mädchen traurig,
„dann «ütze mich auch alle Ihre Bersi-
von Freundschaft und Achtung
nichts. Denn ich will ja nicht« für mich;
ich bin ja glücklich, aber ich möcht' auch
die andere glücklich sehe...." Und die
Augen »ach dem Kranken richtend, der
stch hustend in den Kissen herumwarf
arme Mensch, " seufzte sie, .der
ist auch geq«Slt, und man möcht' ihm
helfe, u«d weiß «it «ie und womit."
Sie machte einc k»rz«Panfe und fuhr
sart, au« der Rische etwa« »ach vorn tre
tend: .Da« Fritzche hat seinetwege an
mich geschrie He. Er soll ja so hübsche
Sache mal«, kS«»t' ich «It »t»a« vo»
Gm sehe?"
»Gewiß," sagte Asten und zeigte ihr
Sie aus dem Tisch« liegend« Skizzen.
Sie trat Hera« «»d war offenbar
überrascht, wie er «S bei dem An
blicke der Bilder Bewese« war.
Besonders da« Blatt, ans «elchem
de« RirchenS Entzücke« a« der jungen,
schönen, «ohligen Welt au« Friede
cllenS Züge« lachte, seilte la»ge ihre
Blicke.... Ja, fie sah saft bestürzt da
rauf hi« uud konnte eine» Au«rüs de«
Staune«» nicht unterdrücke». Der
Kranke erwachte.
Er richtet« sich «es »nd sah die Dom«
«si vcrwiuidert, dann lächelnd an.
,AH, FrSxlei« von Galtc»eckl Wie
scho», daß Sie getomme» st»d, u»d
wie gut, daß ich Ihren Betznch »icht ver
schlaf«« habe," sagte er.
Sie schüttete ihm die Hand: »Aber
ich habe Sie »it «ecke wolle. Rur bi»
ich indiskret gewese »»d hab hier Ihre
atlerlicbste Malerei Und das
BUd hier, Herr Wegmeier, da» müsse
Sie mir lasse. Ich will'« dem Julius
mitnehme. E« stellt ja da» Fritzche dar,
»ber so nun, wie soll ich sag«? so
kindlich froh, in einer so herrliche Welt,
in der daS Glück überall in Blätter,
Blume, in der Luft, auf Erde und im
Wager ist. Herr Wegmeier, wie bringe
Sle'S nur fertig, so eine glücklich« Wett
Er lächelte wieder: »Vielleicht, indem
Fräulein Fritzche. Aber wen» Sie das
Blatt behalten ivollen, bitte. Es macht
mir ein« große Freude, es Ihnen zu
Sie dürfe nit, was Ihne so viel
schenke; ich weiß, es wird ihm lieber
als irgend sonst et»a« sein. Wenn sie
also de» Preis nenne möcht'; ich würd'
Das junge Jägers Gesicht verdun
kelte sich: »Warum sagen Sie das,
»Was soll denn mir »och da» Geld?
Ich werd' bald eiue Reif' antreten, ans
der man sich nicht mit so unnützem Ge
päck beschwert. Nein, «einen Sie nicht,
Fräulein Tonchen, ich sterbe für
niei» Baterland, ich sterbe gern; »ber
wenn der bayrische Jäger sortist, dann
möchte ich, daß Sie noch ma,ich
mal sreundllch an ihn erimnert »erden
gerade Sie, Fräulein Tonchen, i»»d
daru« oermeiger» Sie mir » nicht, da«
Bild al« ei» Geschenk «nzunehme»."
U« de« Mädchens frische» Mund
z»ckte es so oerrät herisch, daß auch der
Schleier dem Jäger »icht «ehr verheim
lichte, »ieviel Mühe et hatte, die mit
leidsvollen Thrä»en zu bewältigen. St«
streckte ih« eilig die Hand hin und a«t»
drückt«: .Wen» Sie das sage, dann
freilich «eis' ich das Bild »ich! mehr zu
rück, und ich dank' Ihne, dank Ihne recht
sehrl Aber da« müsse Sie »it glaube,
d«ß Sie »it «ehr gesund werde. Gott
ka»» Ihne gewiß noch Heise, und
»»d wir könne dann hier auch noch sreu
lich in Ihrer Heimath lebe ..."
Wöh>eod er schrieb, rlickte da» Ton-
chen sein Barett zurück und trocknete sich
verstohlen die Airgen. Dann nahni e«
einen eiligen Abschied und ging. Asten
aber, der «Z hinausbegleitete, händigte
es draußen drei Hundertguldenschein««,»
und sagt«: „Ich bitt' Si«, schicken Sie
die seiner Mutter und schreibe Sie ihr.
Er soll's nit wisse, aber Sie hätte heim
lich von seine Bilder welche verkauft und
kl« sollt' das Geld als Reisegeld nehme.
Und sie mög sich beeil« und herkomme,
denn ich sürcht', sie hat kein«Z«it zn v«r
liere."
Alien oersprach den Austrag auszu
sühren und blieb nachdem er das Geld
an sich genommen, an der Seite der
„Wo wollen Sie hin?" fragte st«, oor
der Hausthür« stehenbleibend
„Sie werden mir gestatten, Sie bi«
in di« Näh« Ihre« Hauses zu begleiten."
„Ich bitt' Sie," siel sie «rschrocktn
keine Ursach'dazu."
„Kann sein, aber Sie müssen sich mein
Geleit nun trotzdem gefallen lassen. Sie
Absicht; es ist deshalb nur in der Ord
nung, daß Ich mich dafür erkenntlich
che!» b i diesen W t d
schritt unbeirrt neben ihr her. Sie ließ
ihn nun auch gewähren, «S faßte sie
aber wie eine Beklemmung im Herzen
an. Denn wie sie die ruhige Festigkeit
seines Schrittes, die männliche Haltung
der Gestalt, den freundlichen Ernst
in den schönen, offenen Zügen gewahrte,
drängte sich ihr di? schmerzliche Ueber
zeugung anf, daß da» Fritzchen dieses
Mannes Liebe erwidern müsse u»d eine
lange und bittere Zeit gebrauchen würde,
um diese Liebe zu vergessen »der auch
nur zu überwinden. Konnte doch da»
Tonchen selbst, das mit Tadel und Bor
einer zunehmenden Theilnahme für ihn
nicht erwehren.
ES «ar diese Ueberzeugung, welche fie
in «in kummervolles Rachdenken versink
ken li«ß, und si« fuhr erst daraus
auf, «l» Asten nach dem Befinden Gro
nau» frug Etwas stockend berichtet« sie,
e» ginge ihm besser, viel besser, seit er in
E«ser»»eil läge, als vorher im Laza
reth; er stünde schon bisweilen aus »«d
mache versuche, am Stocke zu gehen, sei
aber immer noch matt und müsse vor
werden. Asten sühUe au» ihren Wor
te« di« Furcht heraus, er könne di« unbe
sonnene Absicht haben, seine Begleitung
zu einem Besuche auszudehnen, u»d
s»chte sie alsbald zu b«ruhig«n, indem
er sie bat, dem Kranken »»arme Grüße
des einstigen Untergeber» z« bestellen.
Eine Weile gingen beide wieder still
nebeneinander her. Da« Dunkel
sank dichter über die Schneelandschast,
und au» der weißen, »erschwimmen
den Fläche wuchsen die unbestimmten
Formen der grauen Sträucher und
Bäume in'S Gigantische auf, Schaar««
vo» schwarzen Krähe» zogen schreiend in
schwerfälliger Eile noch am Himinel hi»;
so»st war alles still. Ais ihr Weg fie
aber durch ein Wäldchen sührt«, «ollte
es Asten scheinen, als höre er die Schritte
eines dritte« seitn»ärtS hinter de« Büschen,
welche den Pfad einsäumten. Er blieb
»«willkürlich stehe«.
»Gebe« Me einmal acht", sagte er zu
setner Begleiterin, »ist e« nicht, all
folgte uns jemand hier?"
Das Tonchen erblaßt«.
»Kehre Sie u»," jagte «S, »h»e sich
oon der Wahrheit seine« Verdachtes »u
überzeuge», .ich bitt' Sie. vk? wird
hier nir geschehe, wenn ich allein
aber, wenn Sie bei mir flud, ich weiß
»Ich glaube z« wiffen,
wer es ist, der uns solgt," antwortete
gesehen habe, die Zigennerkathrin.
Meine Person scheint isre Neugierde
ebensosehr zu erregen, wi« die Fränlein
von WaibachS ihren Spaß, sie belästigt
unS beide daher sehr oft. Bo»
ihr sind Ihnen ja wohl auch heute Ihre
Rachrichten in Bezug aus unsere Schlit-
.Ah, das fchwarz' Kätherche," sagte sie,
.freilich, das könnt' UNS leicht nachspüre.
E« ist so seiue unoerstäudige Art."
.Sollte e« nicht möglich sei», eS an
ein« v«rständtg«re zu gewöhnen?" fragt«
Aste». .Seiue Belustigung«» i« Freie«,
z» denen diejenigen Pferd« scheu zu ma->
chen und nach Mensche», welch« e« nicht
mag. Stein« zu werfen, zählt, find doch
keineswegs ungefährlich. Ihr Einfluß,
ich «eiue».'
»ES ist mit d«m Kätherche »it viel an
zusange," antwortete daS To»chen trau»
feres LooS bereite wollte, al« es bei sein«
»ändernd« Genosse gehabt, dann, sagt
es, wär ihm da« Wandern ebe auch lieber
zende Kleider. Und wenn da« Fräulein
einmal auf sich ge»omme, für es zu
sorg«, so soll- sie'» jetzt auch au« dem
»olle thun. D«S hat sich « in de»
Kops gesetzt und bleibt dabei."
,U»d rächt sich an Frä»i«!» Friedertk«,
ersüllt," sagte Alle» ironisch. .Da
kann ich e« dem Fräulein nicht verden
ken, wenn es die Geduld mit de» lästi
gen Geschöps verliert."
.Das weiß ich »It, »b da» richtig ist,
»err Major," bemerkte da« Tonche
nist. .Gott, der doch die Mensche er
haffe hat und sie gewiß gern volkomme
cbe, unvollkomme, wie sie sind. Nu»,
! »t wenn er « thut, der doch so viel des-
Serist wie wir, und hat Geduld mit alle,
weshalb sollte wir'« nlt könne, di« wi>
selbst voll F.hl«r sind?"
Asten war überrascht. Di« schlicht«
seine großen und schönen Grundsätzi
bethätigte, flößte ihm wieder eine bewiiN!
dernde Ehrfurcht ein.
„DaS ist ein schöne« Wort, Fräulein
von Salteneck," sagte er, .das ich mii
merken werd«. Und hier verlasse ich
Sie, denn in dem Dorfe, durch da« Sil
jetzt noch gehen, sind Sie von Freunden
umgeben, die Sie ja In allen Häuftro
haben müssen."
Sie standen am Ausgange de« Wäld
chen», und oor ihnen glänzten die Lichte,
in de» Fenstern des Dorfe«, währent
über dem grauen Geflechte der Beste sich
der Vollmond hob und einen rother
Schein über die Schneefiäche zog. Da«
Tonchen zögerte eine« Augenblick »kd
hob die blauen Augen zu de» Offizier,
der ihm die Rechte bot. E« stand der
Wunsch in» diesen Augen, den e« ihir
schon ausgesprochen hatte »nd gern «och
einmal ausgesprochen haben würde, »bei
als «S in die schönen, entschlossenen Züg«
sah, verzweifelte e« an der Wirksamkeit
seiner Worte und wandte sich mit nieder
geschlagener Miene fort. „Behüt Sie
Gott," sagte e« kurz und ging eilig übei
den Schnee dahin.
Er wartete, bi» sich die zierliche Ge
stalt zwischen den Häusern de« Dorfe«
verloren hatte, uns trat dann langsam
den Rückweg an. Sobald er unter den
Stämme» de« Wäldchen« war, deren
Häupter jetzt mit breiter ausgreifendem
Schatten gegen daS Mondlicht kämpf
te«, horchte er; denn abermals knirscht«
deutlich eine« andern Schritt neben dem
seinen. Uud nicht lange, so klagte ein
Käuzchen zu seiner Linken, und et
meinte, eine dunkle Gestalt hinter den
Bäumen »orbeihuschen zu sehe».
Er war darauf gefaßt, daß di«
sch«arze Kathrin ihn auf'« neue «agrei
sen würde, und suchte sich im voraus
mit jener Geduld zu wappnen, welch,
ihm das Tonchen als Pflicht der Mensch
lichkeit in mahnend« Erinnerung ge
bracht hatte. Borderhand prüfte di«
Zigeunerin dies« jedoch nur durch «Äkend«
Laute, deun bald tönte da« Locken eine«
Rebhuhns, bald ei» munterer Wachtel
schlag; dann das Balzen eines
Auerhahn« oder da« Meckern der
Moosschnepfe durch die «interlich,
Landschaft. Da er aber bei al' diesem
lenzlustizen Lärm gleichmüthig unt
ohne Antwort zn gebe«, weiterschritt,
trennten sich plötzlich die Zweig« eine?
Dorngehecks zu seiner Seite, und ei«
Wachholderzweig schlug dem Schreiten
den in'S Gesicht, so daß er wider Willen
innehielt und die Hand »ach der Stirne
hob, weil ihm das stachelige Grün die
Augen peitschte.
»Ah, grüßt d» n«n, Herr?" jauchzt«
die Zigeunerkathrin oor Hin. »Du
wolltest mich ja nit sehe, nir wiHe oon
dem schwarze Mädche, weil du die blonde
Haar lieber hast, nit?"
.Ich bitte dich," sagt« er, ihre Haut
mit dem Zweige beiseite schiebend,
.wen» du mir etwas zu sagen hast,
wie ein menschliche« Wesen »ebe» mir
z« gehen und nicht «ie eia« wild«
Katze um mich her zu springen. E« ist
nicht gut möglich, dich zu sehe», wenu
du hinter den Bäume« stockst, und dich
st.'
Sie lacht« mit ihrer hohe», ein wenig
schrillen Stimme .Willst, ich so< mit
dir gehe?" ries sie, ,»i ja, ich will —.
Aber warum, Herr, ivarn« gehst du al«
so geschwind?"
Er antwortet« nicht und mitßigt« auch
nicht den Schritt. Sie tänzelt« mehr
als sie ging neben ihm her.
Plötzlich blieb sie vor ih« stehen, brei
.Hör' den Schrei de» Schuhu«, Herr!
das Rufen der Eule! Hör es vor dir
auf dem Wege! Der Weg, den du gehst,
bringt kein Glück."
.Nu», dann gehe ich ihn oh«e das.
Mache nur Platz und laß jetzt de» kln
sinn. Ich habe Eil«."
.Hast du?" fragte sie, während sie
küsse die Blonde im Waid, hast du auch
Zeit zu küsse die Sckivarzel .... "
Asten biß sich ärgerlich auf die Lippen.
Arme «it einem Schlage z» entfernen,
bezwang sich aber und schlüpfte geschickt
unter ihn«« hindurch. Kaum aber hatte
er ein paar Schritte gethan, so war sie
wieder an seiner Seite.
Weißt du", sagte Asien, .d» thätest
besser, du ließest mich jetzt allein. Wenn
d» die Gab« hast, di« Gedanken der
Menschen zu errathe», sollte sie dir sa
gen, daß ich zur Unterhaltung nicht auf
gelegt bin."
Sie stieß «i» schla»ge«la»täh«licheS
Zischen des Uninuthes au«, ergriff eine
Handvoll Schnee und schleuderte sie ihm
i»'« Gesicht.
Er sah ein, daß er so »«cht «a ihr
loskam, und blieb unwillig wieder ste
he». .Um welche» Preis läßest du «ich
gehe»?' fragte er.
Sie lachte laut, s» dsß e» §«<le»d
durch den stille» Wald schrillt«, «»d «
zog sein Geldtäschchen heran«. Sofort
hielt fie ih« auch die Hand hi», t» welch«
er einig« Kronenthaler legte: »S«", sagte
er, .bin ich »u» sicher?" Als
Antwort erscholl wieder ihr gellendes
L»chen, gleichzeitig «ber schloz sie die
Haud fest u« da» Silber u»d sprang
hinter die den Weg «»fassende» Stämme
zurück. Von dort au« sauste» ei» paar
Tan»enzapsen ih« «n die Stir».
.Herr!" rief fie «it spottender Stimme,
.bist Dummkopf, großer Rarrl Ist
Zigeunerin klüger «ie du, viel klüger!
Wirf G?ld gleich fort in'n Schnee,
we»n d» üoSwerde willst. Vielleicht
findet eins, das d,r lieber di«»t, «i«
Zigeunerin thun wird ...»
Aste« giiuz aber, »hu« etwa« zu «i
widern, den sreigewordenen Weg ent
lang. Bald aber trafen ihn aber
mals Schneeballen und Tannenzweige
Wie eine Brems« schwirrt« di« g«>
schm«idig« Gestalt um ihn her, jetzt zu
seiner Recht«», j«tzt zu sriner Linken,
ihre listigen Geschosse nach ihm wer
fend. „Geh nur nicht so schnell, Herr!"
Der Major fühlte, wie das Blut ihm
wollender zu Kopfe stieg, und hatt«
Müh«, äußerlich ruhig zu bleiben. Wa»
trieb die tückisch« Teufelin, in solcher
Weise mit ihm um den Weg zu streiten?
Jetzt trat Asten au« dem Wäldchen,
und der kurze Feldweg der hinter dem
Dorfe bis hinter den Schloßhof von
Ebir«sch«nau führt«, li«s ung«d«ckt in g«-
«igen«n Schritt«, bis «r ganz in d«r
Näh« d«s Schloßhos«« den französischen
Kapitän antraf. Er wollt« mit ihm
machte, daß die Stunde de« Abendbrote«
nahe sei» müsse, kehrte der Franzose dicht
vor'm Hause um und rannte, eine un
verständliche Entschuldigung murmelnd,
in « Feld zurück. Vorher hatte «r Asten
aa«gifragt, wo er gew«s«n war, und e«
schien diesem, al« ob er einen Argwohn
aus den forschende» Morien herausge
hört. „Vielleicht," dachte er, .hat
Jener die Begegnung gesucht, di« mir
so unliebsam genesen...."
Asten hatte knapp Zeit gehabt, den Bries
an WegmeierS Mutter zu beenden
läutete di« Glocke zum Abendessen. Als
man fich zu Tische setzt«, fehlte der Fran
zose; er kam erst, während nian beim
Essen «ar. Er entschuldigte sich, indem
»r vorgab, er habe einen Brief zur Post
getragen und sich dabei verspätet. Auf
geregter al» gewöhnlich, schwatzte er
binnen kurzem alle übrigen still, brach
aber dann selbst mitten in dein Rede
strom ab, erklärte, sein Bein sei wieder
schlimmer und verabschiedete sich. Er
woll« in den nächsten Tagen auch einmal
«ach Germersheim. um den dortigen
Chirurgen um Rath zu fragen.
Herr Enkerle ging mit ihm. Herr
oon Waibach oerschwand stets ein«
halb« Stund« nach eingenommenem
Abendbrote in seinen Gemächern, und
Tante Mathilde übernahm eS, bi«
Mitternacht bei Wegmeier zu bleiben.
Aste» war endlich wieder mit Friederike
allein. Er hatte diesem Augenblicke mit
Ungeduld entgegengesehen, während si«
vor ihm zitterte. Auch machte sie einen
letzten Versuch, sich thm zu entziehen,
indem sie ein undeutliches „Gute Nacht"
murmelte und sich anschickte, nach Tant«
Mathilde au» dem Ziminer zu gehen.
E« gelang ihr jedoch nicht, den« Asten
nahm ihre.Hände und zog sie zu sich.
.Sie wissen, daß ich sie sprechen will,
Friederike, und werden mich hören,"
sagte er und drückte sie aus ein kleine«
Sofa neben sich.
Sie wagte nicht, den Blick auf ihn zu
richten, aber ihre Lippe» murmelten
wieder: »Muß e» denn heut' sein? Ge
rad' scho» heut'?... Wenn Si« nur
bis morgen warten möchte.
»Nicht eine Minute mehr warte ich,"
antwortete er und neigt« sich ttcs zu ihr
.lch will das Recht haben, diese
süßen Lippen, di« sich stets zu so thörich
ten Bitte» öffne», in jeder Stunde zu
küssen, ohne daß sie sich mir surchkkam
entziehen, wie «S heute geschehen ist.
Friederike, geben Si« mir dies Recht?"
Sie schluchzte und drückte die kleinen
Hände vor das Gesicht, daß die blonden
Locken ganz darüber fielen. Er sucht«
unter diese» die HSnde zu entfernen und
vernahm unier ihrem Schluchzen die
Worte: .Ich kann ja nicht! ich darf ja
nicht!"
Unwillkürlich bog er sich erbleichend
ein wenig zurück: .Warum nicht, Frie
derike? Wer kan» Sie daran hindern?"
wie vorhin. Da legte er seinen linken
Arm um ihre Schulter und zog sie dicht
zu sich: „Kind, haben Sie doch nur den
del« und sprechen.... "
Aber sie befreite sich von ihm wie in
jähein, tödtlichem Schrecken: „Nein,
«ei«! nur das thun Sie nicht! Das ist'S
ja gerad', was ich meiden möcht'.. .. "
te« Ungehalten«: .Sie machen es mir
recht schwer, Friederike, geduldig zu
bleibe»," sagte er, .und ich kann nicht
Gtuth überzog ihr Gesicht, während aus
de» gesenkten Wimper» sich neu« Thrä
ne» drÄngte».
»Ha, ja, Sie müsse fort!' murmelte
pe, .ich wollt's Ihne ja a»ch sage....
Morge «orge müsse Sie gehe.... -
Sei» Blick umfaßte st« mit wärmerem
Ernste. .Das ist ein Rath, den ich
schwerlich befolge» werde, solange Sie
ih» mir unter soviel Thränen geben,"
aus ihren lockige» Scheitel legend: .Ich
wüßt« «:r em«, was uns jetzt »och schei
de» könnte, »nd da« wäre, wenn Sie
einem ander» Ihr Wort gegeben hätte».
Ich ko»» aber nicht glauben, daß das
geschehe» ist?'
<ZÜe antwortete »icht, sondern legt«
den Kops seitwärts auf die Lehne deS
Kanapees und drückte ih» daran.
Ein kaltes Unbehagen erfaßte ih».
.Friederike,' sagte er heftig, »haben
Sie einem andern dies Wort gegeben?
Antworten Sie! Ich muß eS wissen)
Ja »der nein?-
sFortsetzullg folgt.)
»er Werth »«r Ha«darheit,
ES liegt ein tiefer Sinn und höchst,
Weisheit in dem von Bielen al» wun
derlich verlachte» Gebahren de» Graf«»
Leo Tolstoi, des bekannten russische»
Schriftstellers und Reformator«, bei
von der Höhe de» Leben» und sein«
gesellschaftlichen Stellung herabstieg,
um im Arbeitskittel und im Schweiß«
seine» Angesicht» da» mühselige Tage
werk seiner Bauern und Feldarbeiter z»
theilen, und der durch die harte Arbeit
seiner Hände das Glück, d. h. die inner«
Befriedigung, wiederfand. Er ist dei
Apostel der Arbeit und Bedürsnißlosig
kcit, der Prediger der Rückkehr zur Na
tur. Die Jugend wird ihn nicht be
greifen können; für sie heißt die Lo
sung: wenig Arbeit uad viel Leben»'
genuß! Belächeln wird ihn auch der
vornehme Müßiggänger, drr Vergnk
gungSsüchtge, beächeln werden ih«
alle diejenigen, die noch ziel- und ge
dankenlos die Welt durchWandel». Ver
standen aber wird er werden von si
manchem, der den Becher de» Dasein!
ausgekostet hat uud am Ende mit KO--
nig Salomo sprechen mußte: „ES ist
alle« eitel unter der Sonne!" Begriffe»
auch von denen, welchen ein SchiclsalS
schlag ihr Innerste« vernichtete und di«
einen Halt nur fanden in ihrer Händ«
erster Arbeit und strenger Pflichterfül
lung. Begriffen in erster Linie vo«
den Unglücklichen, den Kranken un>
Siechen, die von ihren Kräften verlas
sen oder des Gebrauch» ihrer Gliede»
beraubt, das Loo« deZ ärmsten Tage
löhners neiden, der da hart arbeite»
darf mit gesunden Hände«!
Die Lust und Freude am Schaffen,
bestehe dasselbe nun in geistiger Arbeit
oder in körperlicher Bethätigung, kön
nen wir mit Fug und Recht als Vorrecht
der von Jugend auf zur Geschicklichkeit
erzogenen Hand besitzen, einer der we
nigen Punkte, der uns einen Vorzug
vor den Männern einräumt, so sind
wir glücklich dadurch, daß wir uns stet»
zu beschäftigen wissen. Unsere Händ«
brauchen, vorausgesetzt, daß wir nicht
zu den Arbeitsscheuen gebvren, nie mü
ßig zu feiern; denn für Frauenhand
gibt eS unausgesetzt etwa« zu schaffen.
Ja, selbst die wahrlich zeitvergeudenden
l und augenverderblicheu »feinen Hand
arbeiten" der jungen Mädchen, sogar
auch unser liebes altmodisches Strick
zeug, so tvenige reelle Borzüge beide
noch besitzen in unserer Zeit der Maschi
nenarbeit, sie haben und behalten ihren
ideellen Werth. ES ist ein Unterschied
zwischen maschinengewebten Strümpfen
und selbstgestrickten, ein Unterschied,
möchte ich sagen, der hauptsächlich in
der Idee liegt. Die eigengestrickten
sind uns lieb und werth, die gekaufte»
gleichgiltig.
Ebenso verhält e» fich mit Geschen
ken, die eigene Arbeit de» Geber« sind.
ES ist nicht dasselbe, ob der klein«
Teppich vor Deinem Schreibtische ein
gekaufter ist oder das Werk einer gelieb
ten Freundin; denn im letzteren Falle
ist er ein Gegenstand, den Du oft mit
Rührung betrachtest: die unzählige«
Stiche hat sie für Dich gemacht. Du
denkst an die liebe Seele, zu der di«
fleißige Hand gehört, und eine Kette
holden Erinnern» fügt Glied an Glied
sich zu einander. Und so eine Hand
arbeit braucht gar nicht einmal beson
der» schön oder besonder» praktisch zu
sei», und hat doch ihre innere Mission;
denn immer predigt sie .Erinnerung I*
G«rade in der mechanischen Arbeit
liegt eine unglaubliche Heilkraft ver
borgen; sie ist der wahre Arzt der
Seele. Nicht immer verfügst Du über
geistige Anregungsmittel, die Dich
Deiner gedrückten Stimmung entrei
ße», so greife zu einer Arbeit, die
»nter Deiner Hand wächst und gefördert
wird, stelle Dir selbst eine Aufgabe, und
Du wirst sehen, Deine Unlust schwin
det, Du hebst Dich geistig empor an der
rein mechanischen Thätigkeit. Die Ar
beit ist das Paradies der Erde, und
glücklich der, welcher im Bollbesitz aller
Kräfte ein reiche» Arbeitsfeld sein eigen
nennt:
»Daß er im innern Herzen spüret,
Wa» erschafft mit seiner Hand."
(»D. 81. geh. d. Hausfrau.")
Travestie.
Droben stehet die Kaserne,
Schauet still in'S Thal hinab.
Drunten singt bei Wies und Quelle
Froh und hell der Hirtenknab' I
Schauerlich tönen Flüche nieder,
Fürchterlich brüllt der Korporal,
Hirtenknabe —Hirtenknabe Dich auch
drillt man dort einmalt
Unangenehm. Junge Frai»
(zu ihrem Gemahl, der soeben von der
Jagd heimkehrte): .ES ist doch wirk
lich prächtig, daß Du für da» morgige
Souper elf Hühner geschossen hast. Hät
test Du aber nicht gleich ein Dutzend
dekotnmeil können?" Gemahl: „Un
möglich, liebe» Kind, ich bin ei» bische«
zu spät hinausgegangen!" Köchin
it»'« Zimmer tretend): .Gnädige
Frau, «ine Empfehlung vom Wildpret-
Händler, er hätte leider vor -ine.
Stunde die letzte« elf Hühner verkauft."
Junge Fraa: »ES ist doch ein
Glücks Eduard, daß Du nicht später ans
die Jagd gegangen bist, sonst hätt' ich
fie Dir vor der Nase wezgeschossen!"
Eine edle Seele. »Geh',
O»car, trinke doch nicht gar so viel!
In der kurzen Zeit, die wir hier sitzen,
hast Du bereit» da« dritte GlaS!"
.Aber ich bitt' Dich, Emma, wir
find die einzigen Gäste in diesem großen
Locale der Kellner stirbt ja vor
Langeweile, wenn ich ih». nicht be
schäftig«."
Veränderte Sachlage.
Kurpfuscher: fühlen Sie Ihren
Schwindel noch?" —Patient (der wie
derholt theure und wirkungslose Mitt»l
emgemnnmen): .Meinen nicht mehr,
ade? Ihren!"
Nicht Die, die am festesten
austreten, sondern Die, deren Stiefel
am meisten knarren, erregen zuerst un
sere Aufmerksamkeit.
s