Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, November 12, 1891, Page 7, Image 7

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    »«««?«« «»«alnachrichten.
Provinz Brandenburg.
fln Berlin: Der Geh.
rath Dr. Karl Lehk-ldt, der frühere
Buchhändler und Buchdruckereibefitzer
dieinhold Kühn, der Oberstabsarzt und
RegimentSarzt deS Kaiser Alexander-
Regiments, Dr. Gustav Hahn, dcr
Geh. KciegSrath a. D. Rudolph Paulr,
der Schulvorsteher a. D. Dr. Friedrich
Brüllow, der Leiter der 144. Genieinde
schule, Rector August Wickmann, d?r
emerirte Professor Dr. Herin. Eichhorn,
der frühere Präsident deS Allgemeinen
deutschen Arbeitervereins Bernhard
Becker. In Schöneberg ist der Ar
beiter Gesangverein „Rothe Nelke" auf
Grund de§ BereinSgesetzeS geschlossen
»vorden. Der Verein hatte seine social
demokratischen Gesinnungsgenossen zur
Feier eines SommerfesteS öffentlich ein
geladen und bei dem Fest selbst war
von einem sozialdemokratischen Führer
eiue Ansprache gehalten worden, woraus
der Amtsvorsteher gefolgert hat, daß
der Verein eine „Einwirkung aus
öffentliche Angelegenheiten- bezwecke,
was nach dem Bereinsgesetz verboten
ist. —-Ter erste Prediger der evangeli
schen Kirchengemeinde in Weißeniee,
Pastor Härder, ist spurlos verschwun
den. v r war seit etwa sechs Jahren
dort al» Seelsorger angestellt »nd cr
fr. Ute sich eines vortrefflichen RuseS,
bis in letzter Zeit von Knaben, denen
er lZonsiriiianden - Unterricht ertheilt
hatte, äußerst schwere Beschuldigungen
gegen ihn erhoben wurden. Man glaubt
in Weißensee an Selbstmord.
Provinz Ostpreußen.
-f In Königsberg der Geueralmajo»
0. D. Gustav 0. Wedell. Wegen g»
weibSniäßiger Verbreitung falscher
Rubelscheine in den Jahren 1878 bis
1880 wurden in Allenstein verurthcilt
dcr Kaufman» Mah Grand aus Köln,
srüker in Friedrichshof zu 2H Jahren;
dessen ehemaliger CommiS Wolf Micha
lowSki und der Wirth Martin Grabeck
zu je einem halben Jahre Gefängniß.
Tcr hochangesehene Justizrath'
Podlech von Bartcnstein, welcher kürz
lich durch Selbstmord endete, (P. reiie
nach Königsberg und machte daselbst
seinem Leben durch Gist ein Ende) hat,
wie sich jetzt herausstellt, seit einer lan
gen Reihe von Jahren große Summen
der ihm anvertrauten Gelder, besonders
viele Kindergelder, anstatt dieselben
hypothekarisch unterzubringen, zu sei
nem Nutzen verwendet und verschwen
det. Ueber IS«>,oo<> Mark sind bei
dem iiiciigen Gericht bereits angemeldet.
Uedcr den Nachlaß deS Betrügers ist
der ConcurS eröffnet, doch wird äußerst
wenig sür die betrogenen Gläubiger
vorig bleiben. Aus dem Hose des
GerichtsgesäuznisseS in Memel würd?
durch Scharfrichter Reindel die Alt
sitzersrau Grickicha mit dem Richtbeil
hingerichtet, über welche das Schwur
gericht wegen Giftmord in zwei Fällen,
darunter die Vergiftung ilireS Eheman
nes, die Todesstrafe verhängt hatte.
Der l l Jahre alte Sohn des Müllers
Siilk in Neuffen zeigte dem 9 Jahre al
ten Sohne deS Einwohners LibcwSki
das Gewehr seines Vaters und forderte
ihn auf, in den Lauf zu sehen. Im
Augenblicke, als der Kleine dieser Auf
forderung nachkam, gtng ein Schuß IoS,
her den armen Jungen sofort todt nie
derstreckte.
Provinz Nestpreußen.
Gutsbesitzer Eduard Wessel in Stüb
lau seierte mit seiner Gattin das SU
jthrige Ehejubiläum. Der geplante
Vau einer Eisenbahn Gollub Schönsee
icheint seiner Verwirklichung näher zu
trete». Wegen Bankerott» wurde in
Elbing der Rittergutsbesitzer Arthur
lkcldzio au« Slagnitten zu 4 Monaten
GesSngniß verurthcilt. Kürzlich kam
«i»e alte Frau aus R»sßsch-Polen in
den Laden deS EisenhäudlerS Hirsch in
Gollub, um 40 Kopeken für einen eiser
nen Tops zu bezahlen, d»u sie vor 40
Jabren in diesem Geschäft gekauft, aber
»tcht bezahlt hatte. Die Frau «rzählte,
He sei vor 40 Jahr«» ihrem nach Sibi
rien verurthcilten Mann« gefolgt und
mit ihm jetzt zurückgekehrt. Die Schuld
hat sie während der Zeit nicht verges
sen. Das Provinzial-Sängersest de»
vromberger Provinzial-SängerbundeS
Wird im nächsten Sommer in Kulm
stattfinden. Zu diesem Bunde gehören
auch di« Städte Thsrn, Kulmjee »nd
Schwetz.
Provinz Pommer».
In Stettin hat der verstorbene Kauf,
manu Ludwig Karkutjch in seinem
Testament über eine Million Mark
«msgeietzt, für die Stadt Stettin 30H
«jpv M. zu einem milden Stift, 300,-
GNO M. zu einem Museum, 10,000 M,
ftr das HanslungS-Armen-Jnstitut uud
400,000 M. zur Erbauung eines Kar
kutjch-Stift« in s«in«r Vaterstadt CSS
lm.—ln Anklam feierte Pastor Pippow
lein 50jähriges AmtHubiläum.
Provinz Schlesien.
In Lüben erreg» große« Aufsehen
der Selbstmord der Schauspielerin
Fliegner ans Berlin, die sich im Hotel
.Grüner Baum" »xgeu verschmähter
Lieb« erschaffen l«t.— I» Oppeln
s>nd die feierliche Enthüllung de« von
Eladt und KreiS Oppeln gestiftet«,
Denkmal« für weiland SaiserWilhelm I.
statt. Die schon früher in Anregung
gebrachte G«werb«-AuSstell»ng sür den
HaudtlSkammerbezirk Schweidnitz soll
im nächsten Jahre zur A»«füyrung
kommen. Sämmtliche Formerei und
Gießhallen der Falvahütte, dem Grase»
Donnersmarck gehürig, find »iederg«.
bra»nt. 112 D«r ordentlich« Proseffor
in der philosophischen Fakultät Dr.
Eduard Julia« Magnu» in Breslau—
Der langjährige Präsident de» hiesigen
Zandgeruht», G«h. Ober-Justiz-Rath
Vnton ist in Ruhestand getreten und
»ach Görlitz übergesi-delt.—Die Ge
»eine der 18S» in Fr«iburg vrrstorbe
«en Krieger hatte der Kameradenverein
aut gegrab«» uud it» Massengräber
ncbm da« ihnen auf öem Friedhose ge
jetzt« Denkmal dri.'g«tt lassen, dessen
W«He dieser Tag« »»klzogen «vrde,
E5 hatten fich zu der Feier die Vereise
Braunau in Böhmen, Freiburg, Puls
nitz und Zirlau eingefunden.
Provinz Sachsen.
In Nordhausen ist der ISjährig»
Frhr. Hugo v. Grothe, de, i» Ilfeld
seinem Lehrer ein Tintenfaß an den
Kopf geworfen hatte, zu einer Geld
strafe von 100 M. verurtheilt worden.
Der Kaufmann Amthauer aus Gam
städt und der Dachdecker Ludwig a»S
Nordhausen, die sich im Gesängnisse zu
Heiligenstadt kennen gelernt und ge
meinsam mittel» Einbruchs in den Dom
in Nordhausen die Monstranz und den
Abendmahlskelch gestohlen hatten, er
hielten eine Zuchthausstrafe von je sechs
Jahren zudiktirt. fln Roitz der
Rittergutsbesitzer und Amtsvorsteher
Bernhard Grobe. Er war lange Jahre
hindurch Vertreter der Kreise Lteben
werda und Torgau.
Provinz Hannover.
Zwischen dem HauptmannS-Assisten
ten G. und dem Hilfslehrer Dr. B. in
Osnabrück fand im April ein Pistolen
duell statt, wobei Letzterer im ersten
Gange einen glücklicherweise nicht
lebensgefährlichen Schuß in den Hals
erhielt. Während G. als Reserve-
Lieutenant der Militärgerichtsbarkeit
untersteht, hatte sich B. kürzlich vor der
StrasgerichtSkammer de» dortigen Land
gerichts zu verantworten. Der Ge
richtshof vernrtheilte den Angeklagten
zu vier Monaten Festungshaft. Der
durch da» Hagelunwetter im Anfange
de» Monats Juli den Landbewohnern
im Kreise Peine verursachte Schade»
wird aus 2,500,000 Mk. veranschlagt.
Dabei sind ausgeschlossen diejenigen
Feldsrüchte, die gegen Hagelschlag ver
sichert waren und bezüglich der eine
durchaus Entschädigung
seitens derHagcticrsicherungSgesellschaf
ten gewährt worden ist. —In Wittmund
ist um das Nachtwächterhorn ein Con
flict zwischen dem Gemeinderath und
dem Landesrathsamt entbrannt. Die
Fleckenvertretung will von dem ange
stammten Tuten nicht lasseu und bei der
königlichen Regierung in Aurich vor-
Äellig werden.
Rheknprovinz.
Aug. Waldthausen und dessen
Nemahlin in Esten schenkten dem Kran
kenhause „HuyssenS-Stiftung" zur Til
gung der Bauschuld 15,000 Mark und
eine gleiche Summe zu milden Zwecken
dem „Martin Wilhelm Waldthausen-
Stist". Der Redacteur der conser
vativen „Bürger - Zeitung- in Duis
burg, Lieutenant a. D. A. Ohly, früher
Redacteur der Hagener„Westl. Post-,
wurde wegen Meineid» verhaftet.
Bei vorgenommenen Ausgrabungen in
Hermetkeil wurden die Spuren eine»
römischen Tempels, eine gut erhaltene
Statue eines römische» Knaben, sowie
eine überraschend schöne VenuSstatue
aufgesunden. In Merzig fand in
diesen Tagen die landwirthschastliche
Ausstellung de» 11. Gauverbande» der
Kreise Merzig, Saarburg, SaarlouiS,
Saarbrücken statt.
Provinz Hessen-Nassau.
-s In Dausenau Heinrich Schneide»
11. Dem Reichstage soll eine Vor
lage zugehen, welche Ausgrabungen im
lilnvs roniki»,» in großem Umfange
ermöglichen soll. Zu den von den RS
mern angelegten Grenzstaaten, welche
die genaueste Controlle des Grenzver
kehrS möglich machten, gehörte der ober
germanische Grenzschutz, welcher den
Taunus, die Mainebene bis in die Ge
gend von Friedberg umfaßt, den Main
bei Großkrotzenburg oberhalb Hönau
trifft und dem Main bis Wörth folgt,
den Neckar unterhalb Wimpfen erreicht
und ihn nicht wieder verläßt. Dieser
Grenzschutz hat «ine Länge von 353
Kilometer.—Der ehemalige Kurdirector
von Bad Homburg, Schulz-LeiterS
hofen, wurde von der Frankfurter
Strafkammer wegen Unterschlagung
von 10,000 M. der Kurverwaltung
gehörigen Geldern zu S Monaten Ge
fängniß verurtheilt. — D«r Lehrer Bo
diger von Offlede» wurde wegen Sitt
lichkeitSverbrechen» in Limburg ver
haftet.
Königreich Sachsen.
Her Exportausweis de« amerikani
sche» ConsulS in Annaberg constatirt
für da« abgelaufene Quartal eine Mehr
«nSsuhr von ca. IjMilliouenMark nach
Amerika. Den Hauptantheil an diesem
Mehrexport haben Posamenten und
Spitzen mit mehr als einer Million
Wart. Ein Raub der Flammen
wurde in Auerbach die Gardinensabrik
von A. Knoll <k Co. Durch diesen
Brand find ISO bis IVO Arbeiter brot
los geworden.—ln Weisa starb kürzlich
die Kramladenbesitzerin Seifert, welche
die Eigenheit hatte, in ihrem Leben mit
Niemanden zu verkehren, selbst mit
ihrem Sohne nur selten. Bei Durch
ficht ihrer Wohnung fand man nunmehr
einen Sack mit über SO,(IVO Mark, von
Velchem Reichthum auch der Sohn keine
Kenntniß halte. —Der Redacteur Emil
Illing von der sozialdemokratischen
.Presse" in Chemnitz wurde wegen eine«
park verläumderischen Artikels über den
Meraner Schützenkönig z» IOH Mo
»aten, Tischlermeister Kirmse m Me
iane, der den Artikel geschrieben hatt«,
zu 1H Jahren Gesängntß »erurtheilt.
Die Weber Johann Renbauer und
Ed. Jeschke in Fraakenberg begwgeu
gleichzeitig die Feier ihre« 50-jährigen
Meister- uud BürgerjudiläumS, Zn
di« Collektion von Sal. Oettel in Glau
chau ist ein Gewinn von 40,000 Marl
»»« der 4. Klaffe der sächsischen Lotterie
Gefallen. An diesem Gewinn haben fast
«»«schließlich SU—«O Arbeiter einer
dies, mechanischen Weberei Theil.
Thüringische Staat«».
Unter d«n Vermißten der Expeditio»
gelewski befindet sich auch der Unter
osfici«r, Unterbüchs««macher Hengel.
Haupt von Zelle St. Blasii, welchcr erst
im Mai diejeS Jahre» von Europa ab
»ereist «v»r. I« Herzogthum Mei-
ningen herrscht augenblicklich auffällige'
Lehrermangel. Infolgedessen wurden du
untersten Lehrerstellen der Städte Kam
bürg, Wasungen und Gräfenthal vom I.
Oktober ab durch Lehrerinnen besetzt.—
s Der Oberbau- und RegierungSraik
Hoppe in Meiningen. Für die durch
dir Ueberschwemmung im v. I. betrof
fenen Camburger sind jetzt 45,000 Mk
zur Vertheilnng gelangt. Kranichselt
wählte Herrn Ernst Steinmetz, welchem
feither die Funktionen deS Fnedensrich
lerS und StaatssteuereinnehmerS obla
gen, zu ihrem Bürgermeister.—Gegen
über den Berichten au«G«ra, Glauchau,
Krimmitschau u. s. w., daß die Geschäfts
läge in den meisten Webereien eine seh,
ungünstige sei, erhält die „Pößn. Ztg.'
die Mittheilung, daß die Pößnecker Fla.
nellfabriken bis auf einige mit Aufirä
gen für dieses Jahr oder die kommend,
Saison wieder versorgt sind. Es wird
daher a» Arbeitsgelegenheit sür di,
nächste Zeit hier nicht sehlen. Di«
Verhandlungen wegen Einverleibung
Jüdeweins in die Stadtgemeinde Pöß
»eck haben zu einem günstigen Resultat
geführt.
Hessen-Darmstadt.
Dir beiden Inhaber der Getreive
Handlung Joseph Stern Söhne in Bin>
gen find bei Nacht und Nebel von hier
abgereist, ohne von ihren Gläubigern
Abschied zu nehmen. Ueber das Ver
mögen der Firma, sowie über dasjenige
der Inhaber Isaak Stern und Davi«
Stern ist nun daS ConcurS verfahre«
eingeleitet worden. Die Lese dei
Frühburgunder in Büdesheim bei Bin
gen ist nun allenthalben im Gange.
Quantitativ fällt dieselbe sehr gering
aus. ES wird nur auf j Herbst ge.
rechnet. Der Preis stellt sich aus 2!i
bis 2V Mark pro Aische (je 50 Liter)
gegen 13 bis 20 Mar? im vorigen
Jahre.
Königreich Baiern.
Wegen Unterschlagung amtlicher Gel
der ist in Forchheim der Postadjunct
Drffner verhaftet worden. 7 Lorenz
Heinlein, der Jahrzehnte lang in Wil
lcrsdorf das Geschäft de» Einrichten»
von Arm- und Beinbrüchen, Luxationen
u. dgl. unter unglaublichem Vertrauen
de« ganzen FranlenlandeS schwunghaft
betrieb. Premierlieutenant Gramich
des 2. Feld-Artillerie - Regiments in
Fürth hat sich in seiner Wohnung er
schossen. —DaS vom Baumeister Kißkalt
nach den Plänen des Architekten Bür
ger-Nürnberg erbaute LogenhauS in
Fürth wurde unter Theilnahme von
etwa 100 auswärtigen Deputirten ein
geweiht. Die Feier umfaßte Frühmahl
im Bankettsaale, Festact mit Festrede
des Meisters vom Stuhle, Festdiner
mit 160 Gedecken und Gartensuite mit
Concert der Stadtlpelle.—f In Hart
kirche» der „Wunderdoktor- Drechsler
Baumeister, zu dem täglich 40 50
Kranke kamen. Aus den obersränki
schen Weberdistricten wird ein großer
Nothstand gemeldet. E» herrscht an>
dauernd Arbeitslosigkeit; die Kartoffel
ernte ist theilweise mißrathen, sodaß
Staatshilse angsrufen wird.—Der frü
here Postbote Joh. Lackl von Hohen
linden wurde wegen Verbrechen im Amt
zu zwei Jahren sechs Monaten Gefäng
niß verurtheilt. Der CommiS Albert
Müller von Kempten, ein wenig geüb
ter Bergsteiger, ist in der HöffatS abge
stürzt. Er wurde mit zerschmetterten
Schädel als Leiche ausgesunden. Der
Gesangverein „Liedertafel" >n Kempten
beging sein 50jädrigcS Jubiläum in
seitlicher Weise. —-112 In Krouach Justiz
rath Adolf Kahr. —Actuar Stadler in
Landshut, der wegen verschiedener Un
terschlagungen vor das nächste Schwur
gericht zur Aburtheilung verwiesen
worden war, wurde im LandgerichtSge
sängnisse von einem Schlaganfall be
troffen und starb aus dem Transporte
zum Krankenhause. Der Postbote
Johann Stenglein von Berneck, der al»
„blinder Passagier- aus der Vorspann.
Maschine eines PostzugeS mitfahren
wollte, sprang, als er sich entdeckt sah,
ab und wurde von der Maschine gelös
te». Der Kansmann Julius Poehl
man» in Münchberg hatt« sich vor etwa
vier Jahren beim Schneiden von Läse
mit dem hierzu benützteu Messer eine
kleine Handwlmde zugezogen, welche
bald wieder heilte. Dieser Tage nun
traten an der betreffenden Stelle hestige
Schmerzen auf und bald zeigten sich die
Symptome von Blutvergiftung, welcher
der kräftige Mann bereits erlegen ist.
Königreich Württemberg.
Der seit mehreren Tagen vermißte
Regierungskopist Letsch in LudwiSbnrg
ist am Rechen der Mühle bei Großin
gersheim als Leiche ansgesunden wor
den. Ans der Fahrt nach Unterjet
tingcn stürzte der von dem Postillon
Georg Engelhard von Haiterbach ge
sührte Wagen um, wobei der Postillon
das Leben verlor. Der unlängst aus
der Degmarner Jagd durch cinen von
seinem Sohne abgegebenen Schuß ver
letzte Sonnenwirih Sandelist seiner
Verwundung erlegen. —Die mit einem
Kostenaufwand von rund M)0,0Z0 Mk.
errichtete Fachschule sür Spinnerei, We
berei, Wirkerei und Färberei in Reut
lingen, ist jetzt eröffnet worden.
Commcrcicnrath LouiS Gmiuder in
Reutlingen, Mitvorstand der Stutt
garter Handelsbörse, seierte mit seiner
Gattin, geb. Bauer, das Fest der silber
ne« Hochzeit. s In Tübingen Prof.
Holland, in den weitesten Kreisen be
kannt geworden durch seine Ausgaben
von UhlandS Werke», Präsident de«
literarischen Verein« Stuttgart-Tübin
gen. Bannwart Klein in Lüllingen
stürzte im Gasthaus „Zur Traube- die
Trepp« hinab und erlitt einen Schädel
bruch, dem er »ach wenigen Stunde»
erlegen ist. De? Gemeinderath be
schloß, der „Ulmer Schnellpost" wegen
antisemitischer Agitation den Titel
Städtisches Amtsblatt zu entziehen.
Der Bremser Hengerle wollte in Geis
lingen auf «inen schon m Bewegung be
findlichen Güterzug ausspringen, ver
fehlte aber das Trittbrett und fiel unter
di« Räder, die ihm beide Füße abschnit
«. Der Unglückliche starb auf dem >
Transport nach dem Spital.—Der seit
längerer Zeit an Schwermuth leidend«
W«ingärtner Gottlieb Effenwein in Un
tertürkheim hat fich erhängt. 112 Da
selbst der Flaschner Paule jun., nachdem
vor vier Wochen sein vierjähriges Töch
terlein und wenige Tage später sei«
Schwiegervater beerdigt worden waren.
—Das diesjährige Gauturnfest der Ver>
eine deS Mittleren NeckargaueS wurde
in Waiblingen abgehalten. Der Gau
umfaßt 23 Vereine mit 4072 Turner».
Bei dem Wettturnen wurden 12 Kränz«
vertheilt.
Gr 0ß her zog th u m Baden.
Der katholische Hauptlehrer an de»
Volksschule in Eberbach, Johann Mar
tin Rotb, gebürtig aus Philippsburg
und bekannt als Vorstand der Junker
fchule hier, «st zum Protestantismus
übergetreten. Ein Trompeter des
DragonerregimeutS in Bruchsal, Paul
Witting mit Namen und aus Pasewall
gebürtig, hat sich in der Kaserne durch
einen Schuß in den Mund getödtet,
weil er eine Strafe von drei Tage«
Mittelarrest antreten sollte. Anlaß zu»
Strafe hat er durch Trunkenheit im
Manöver gegeben. Die Strafkamme,
in 'Karlsruhe vsrurtheilte den Sozia
listenführer Wirth aus Kalnbach wegen
Majestät«beleidigung zu drei Monate»
GesSngniß.
Aus der Rheinpfalz.
Der neben der „Burg- in Kaiser»
lauter« wohnende Schlosser Josef Kö
nig hat seine Ehefrau mit einem Kar
toffelstSßer fchwer verletzt, so daß Le
benSgefahr für die Frau befürchtet wird.
Der Mann ist verhaftet. DaS Pro
jekt der Erbauung eines Kurhause» aus
dem Schillerhain in Kirchheimbolanden
geht seiner Verwirklichung entgegen.
Der Rentner Philipp Schach hat nun
mehr auch die Erben des verstorbenen
Gutsbesitzer» Jakob Rheinheiiner gehö
rigen zwei Waldparzellen, an den Sulz
bacher Pavillon angrenzend, durch den
Kauf erworben, 112 Daselbst dcr in wei
ten Kreisen bekannte pensionirte Rent>
beamte Wolfs. Wegen mehrerer Sitt
lichkeitsverbrechen wurde die Frau des
TagnerS Peter Dreyer, Marie geb.
Rafsenfoß in Landau sie hatte noch
nicht 13 Jahre alte Knaben verführt
zu 3 Jahren Zuchthaus verurtheilt.
112 Der Oberinspektor der Garnisonsver
waltung in Landau, Johann Wagner.
112 In Ludwigshafen Bürgermeister
Wendelin Hoffmann jun. Ter Buch
halter Max Richter des Seilereige
schästS L. Renther (vormals PH.
Wilde) in Ludwigshafen, wird vermißt.
Richter wurde mit 500 M. zu einem
Bankhause geschickt, hat aber diesen Be
trag nicht abgeliefert. Auf der Schil
lerhalle in Neustadt a. H. hat sich der
Briefträger Merz erschossen. 112 Der
Pens. Bahuhofaujseher Michael Siegrist
in Neustadt. Handelsmann Benja
min Kleiuberger in Odenbach ist wegen
Anstiftung zum Meineid zu 4j Jahren
Zuchthaus, und der Dienstknecht Joh.
NicS und der Tagner Wilh. Milz we
gen Meineids zu je 1 Jahr GesSngniß
verurlhnlt worden.
Elsaß-Lothringen
Nach den letzten statistischen Auswei
sen sind etwa 200,0v0 eingewanderte
Deutsche in Elsaß Lothringen. In
dieser Zahl sind «0,000 Mann Trup
pen einbegriffen. 1885 belief sich diese
Ziffer erst auf 109.372. Die Bevöl
kerungsabnahme in Elsaß-Lothringen
beträgt seit 1385 33,000 Personen,
von welchen die Mehrzahl nach Frank
reich ausgewandert ist. Oberlehrer
Abbe Schuster in Hagenau beging sein
50>ähriges Dienstjubiläum. In
Bossendors sind Wohnhaus und Oeko
nomiegebäude des AckererS Gräner,
Bruder des Bürgermeisters niederge
brannt. Die Weinlese hat in Kolmar
bereits begonnen. Ter Ertrag wird
an den meisten Orten ein mittlerer sein,
hingegen dürfte die Qualität eine gute
werden. DaS Weingeschäft geht zur
Zeit nnr flau. In Leberau wurde
die 54jährige schwachsinnige und hart
hörige Rosalie Stanisiere von einem
Etseilbahnzuge übersahren. Der in
Metz ansässige praktische Arzt Loui»
Levy hat seinen in Nancy als Rentner
wohnenden 70jährigen Oheim Michel
Levy erschossen, weil derselbe eine von
ihm verlangte Geldunterstützung ver
sagte. Dr. Levy wird jetzt in der Ir
renanstalt Mareville auf seinen Geistes
zustand untersucht. Die Vereinigung
zur Schmückung und fortdauernden Er
haltung der Kriegergräber und Denk
mäler bei Metz beabsichtigt, in nächster
Zukunft den 30VU tapfere Solda
ten bergenden Kriegerfriedhos Grave
lotte durch Anpflanzung und Anlagen
in einen .Ehrenhain- umzuwandeln. —
Der Schloßbau auf dem Gute Urville,
welche» der Kaiser erworben hat, ist
nach Außen hin vollkommen fertig ge
stellt. ES erübrigen nur noch die AuS
schmückungsarbeilen der inneren Räu
me, mit denen Tapazierer, Maler und
Bildhauer jetzt beschäftigt find. ES
wird angenommen, daß der Kaiser im
Laufe des nächsten Jahres seine
lothringische Besitzung jedenfalls be
suchen wird.
Mecklenburg.
s In Lübz Oberamtmann a. D.
T. Schlaaf im Aller von 82 Jahre.
112 In Neubrandenburg Rentier Pätow,
Kassier des RettungShauseS Bethanien.
Wegen Unterschlagung von Geldern
der Gemeindekiffe in Höhe von 2278
Mk. ist der Kassenberechner Kaufmann
Emil Schrei in Neukloster ro n Güstro
wer Schwurgericht zu 16 Monaten Ge
fängniß verurtheilt worden. DaS
RathhauS in Neustrelitz ist niederge
brannt. s Daselbst der zweite Oberleh
rer am Gymnasium, Julius Bock.
Schweiz.
Ueber einen Finanzskandal in Zürich
schreibt ein zürcherische» Blatt: „Friedr.
G. Ludwig Turrich, alias Dürrich, der
schwäbische Gentleman vom Rennweg,
VaterlaudSmedaillenfabrikant, Bank
directot und Schwindler ersten Range»,
hat unter Mitnahme größerer Summen
au« dir Lombard- »«d Diskontobank
Zürich daS „kleine Land der Corrup
tion- Verlaffen.—Jüngst konnte man in
jyoerdon einc Schaar jugendlicher Aus
wanderer schen, die nach Amerika ver
reisten. ES waren 15 Töchter im
Alter von lg—2o Jahren und 3 junge
Burscheu. Mit Ausnahme einer Toch
ter, die zu einem Oheim nach St.
LouiS ging, waren all« ohne festen
Platz. Sie verreisten auch nicht aus
Noth, sondern einzig aus Abeateuerlust.
In Schwanden ward zur letzten
Ruhestätte begleitet Herr Gemeiuderath
Kaspar Blumer, Schreinermeister. Zur
SonderbundSzeit und auch noch eine
Reihe Jahre nachher funktionirte er im
Militär als Tambourmajor. Mehrere
Amtsdauern gehörte Herr Blumer dem
Gemeinderath an. 112 In Altdorf
Färberninster Jos. Nüeßli. 112 In
Sempach Fürsprech und Gemeinde
schreiber Theodor Herzog von Münster.
Infolge von fahrlässigen Ausbe
wahrens von glimmender Asche feiten»
der Frau eines Miethers brannte das
Doppelhaus deS Rudolf Rufer, Bahn
wart in Schönbühl, Kirchgemeinde Je
genstorf, gänzlich ab. Unter dem
Vorsitz des Centralpräsidenten, Herr»
Amtsschreiber G. Schwab in Langnau,
fand am 4. Oct. in Hoswil die Eröff
nung eine» Curse« von Gesangsvereins-
Direktoren statt. An demselben nah
men etwa 80 Teilnehmer Theil. Prä
sident der CurSleitung ist Director
Munzinger in Bern. Ein ebenso sel
tenes als schönes Familienfest würd,
am 23. Sept. im Pfarrhuuj« zu Bättrr
kiuden gefeiert, nämlich die golden«
Hochzeit deS Herrn Pfarrer Steck mit
seiner treuen Gattin. sln Krön
bühl Herr Ob«rstlieutenar.t Hafner, ge
wesener BezirkSammann von Tablat,
Nationalrath, Präsident des letzten Ver
fassungSratheS. 112 In Goßau infolge
eines SchlaganfalleS Hr. Dekan Ruzgle,
der streitbare Pfarrherr von Goßau;
mit diesen beiden Männern verliert der
st. gallische Große Rath zwei seiner
markantesten, charakteristischen Gestal
ten. Zu Wyl ist unter großer Theil
nahme Hr. Hermann Schmidweber be
erdigt Worten. In Starkenbach, Ge
mrind« Alt St. Johann erhängt« sich
in ihrem eigenen Hause eine Frau We
ber, ged. Tobler. Vor einigm Wochen
starb ihr der Mann. Von dieser Zeit
an sühlte sie fich, weil kinderlos, ganz
vereinsamt, bekam Heimweh und verfiel
in düstere Schwermuth.
Oesterreich.
Wien: Am Burgring ist dieser Tag»
das Kunsthistorische Museum, der
Zwillingsbruder des Palastes der Na
turwissenschaften, eröffnet worden. Nach
fast zwanzigjähriger Arbeit steht der
herrliche Bau nun innen und außen fer
tig, da. Derselbe bedeckt «ine Fläche
von 10,778 Quadratmetern, von denen
8719 Quadratmeter verbaut sind, der
Rest entfällt aus die beiden Höfe. Die
Gesammthöhe des Baues beträgt 54,32
Meter, die Höhe bis zum Hanptgesimse
von der Ringstraße aus 27 Meter. Ge
schmückt ist derselbe von den hervor
ragendsten Künstlern der Monarchie.
Der kürzlich verstorbene Hosrath Prof.
Karl Wedi hat der mathematisch natur
wissenschaftlichen Abtheilung der hiesi
gen Akademie der Wissenschaften sein
ganzes Vermögen vermacht. Dasselbe
soll sich auf ungefähr hnnderttausend
Gulden belaufen. —Dieser Tage wur
den die Särge mit den Gebeinen And.
Streichers (gestorben 25. Mai 1333),
des Freundes von Friedrich Schiller,
und seiner Frau Nanette Stretcher
(gestorben 18. Januar 1333), der
andere mit der sterblichen Hülle des
Sohnes, des berühmte» Klavierfabri
kanteu Johann Baptist Streicher (ge
storben 23. März 1871) mit einer ein
fachen Trauerseier in der Ehreugrust
unter den Anlagen für historisch denk
würdige Persönlichkeiten aus dem Cen
tralsriedhose in der Gruppe der Must
er, neben Herbeck, beigesetzt.
Ein schrecklicher Un
glücksfall, welcher drei Menschen das
Leben kostete und auch den Verlust eine»
vierten nach sich ziehen dürfte, hat in
Liverpool große Aufregung hervorg«-
rufen. Et war am Sonntag früh, als
der in Park Street ansässige John
Brown, seine Frau Mari» und ihre
zwei Kinder sich zur Ruh« begaben.
Der Mann nahm eine Petroleumlampe,
um noch etwas von unten heraus zu
holen, stolperte jedoch an der Thür«
über einen Gegenstand und fiel zu B»-
deu. die Lampe mit sich reißend. ES
erfolgte eine Explosion und im N»
stand Brown S Kleidung in Flammen.
Die erst unlängst entbundene Frau
warf in ihrer Ausregung den Sauglinz
zum Fenster hinaus und sprang dann
selbst nach. DaS Kind w»rde von einem
untenstehenden Manne aufgefangen,
war jedoch in Folg« de» Sturze» aus
einer Höhe von 30 Fuß bereits todt.
Die Mutter trug bei dem Fall so schwere
Verletzungen davon, daß an ihrem Auf
kommen gezweifelt wird. Der Gatte
ergriff das andere Äj Jahre alte Kind
und versuchte, sich mit diesem zu retten ;
beide wurden jedoch von den Flammen
so arg verbrannt, daß sie bald darauf
im Hospital ihren Wnuden erlagen.
Das HauS selbst wurde nur wenig be
schädigt.
Ein« junge Frau von S»
Jabren, Namen« Lucie DreyfuS, in
Toulouse, hat sich am 10. Oktober auf
eine furchtbare Weise zu tSdten gesucht.
Mit ihrem jüngst geborenen Kinde,
einem sechsmonatlichen Baby, allein in
ihrer Wohnung gebliebeu, hat sie wäh
read der Abwesenheit ihres ManneS
ihren ganzen Körper mit Petroleum be
strichen, und sich dann selbst in Brand
gesteckt. Auf die furchtbaren Schmer
»ensjchreie der Aermsten liefen die Rach
barn hinzu und versuchten das Feuer zu
ersticken. Mit schweren Brandwunden
bedeckt und halb verbrannt wurde die
unglückliche Frau, die diese schauerliche
That in einem An'all von GeisteSstS
tung begangen zu haben scheint, in das
Lazareth ge,chajst. wo man an ihrem
Auskommen zweifelt.
Rache e»«er g-ra«.
' A. ».
a
Kon Miß Dorothy S mpson, 17 Po
mona Gardens, B an S 1
Reginald Foyle, Baronet, Baccarai
Club. Pall Mall, 8.
20. Juli 1885.
Mein liebster Regy! Ich bin mir
oollaus bewußt, daß ich nach der Art,
mit der D» mir auf dem gestrigen
Salle bei Lady Cheltenham entgegenge
treten bist, Dir nicht zuerst schreiben
sollt«, auch nicht «inmal, um Dich um
«ine Erklärung Dei»«S auffälligen Be
nehmens zu bit!e». Statt mich zu dem
Tanz abzuholen, den ich Dir zugesagt,
hast Du erst Deine Tanzkarte nahezu
vollgeschrieben, ehe Du Dich entschlössest,
uns aufzusuchen, wiewohl MamaS Er
wiederung aus Deinen Gruß Dir jeden
Zweifel an ihrer sowohl wie meiner An
wesenheit nehmen mußt-. Und als ich,
wie doch nur natürlich war, mir die
Bemerkung erlaubte, daß Dein Be
nehmen etwas ungewöhnlich sei, ent
ferntest Du Dich aufgebracht und ließest
ein paar Redensarten über „sich nie wie
der sehen" und ähnliche Anzüglichkeiten
fallen.
Nun, Regy, weißt Du wohl, daß ich
Dich liebe. Obgleich Du eine Menge
Geld durchgebracht und ein einiger
maßen leichtfertiges Leben geführt hast,
bin ich dennoch bereit, zu warten, bis
Du Deine Anstellung bekommst, und sür
ZZapa haben wir aus alle Fälle den Trost
bereit, daß Du im Grunde ein herzens
guter Junge bist. Gar zu unliebenS
würdig dürftest Du mich nach alledem
kaum noch finden, nicht wahr? Dies ist
unser erster Streit, laß eS unseren letz
ten sein.
Ich denke, Du kommst morgen Nach
»ittag, Dir Deine Verzeihung zu ho
>en. Wie immer
Deine Dollie
« « «
Bon Sir Reginald Foyle, Baronet, av
Miß Dorothy Sampson.
21. Juli 1885.
Mein geehrtes Fräulein! Ich em
pfange soeben Ihren sehr sreundlichc»
Brief, sür den ich Ihnen ausrichtig
danke. Vielleicht werden Sie sich in
zwischen gesagt haben, daß ich nach Al
lem, wie Sie mich kennen, kein Mann
bin, der leichtfertig Entschlüsse saßt,
»der Sie leichtfertig fallen läßt, wenn er
st« einmal gefaßt hat. Ich habe in
letzter Zeit (und besonders auf dem
vorgestrigen Balle) die bedauerliche
Unverträglichkeit unserer Charaktere
vahrgenommen. ES sei ferne von mir,
Sie für die MißHelligkeit zwischen uns
verantwortlich zu machen I Im Gegen
theil dürfen wir Beide Gott danken, daß
Sie noch nicht unwiderruflich an einen
Mann gebunden find, dessen empfind
liches Herz auch nicht die geringste
unverdiente Beleidigung von dem Be
anstand seiner Neigung zu ertragen
vermag.
Ich erachte eS demnach für weitaus
gerathener „da» Beste sür Dich und
daS Beste für mich- —daß wir au« ein
ander gehen. Die Briefe, die Sie mir
geschrieben, und das Cigarrenetui sind
beigesaltet. DaS Uebrige sei Ihrer
DiScretion überlassen. Die Briese von
meiner Hand weiß ich bei Ihnen bestens
liusgehobcu.
Wollen Sie meiner Versicherung
glauben, daß ich allezeit von der tiefste»
Achtung für Sie durchdrungen sein
werde. Und so wird hoffentlich das
Ende unseres Verlöbnisses nicht auch
das Ende unserer Freundschaft sein,
«verzeihen Sie mir, sallS ich Ihnen
«inen Schmerz bereite» sollte. ES ge
schieht nur, Ihnen größeres Unglück zu
ersparen.
Mit der herzlichsten Aufrichtigkeit
petS
Ihr Reginald Fohle.
8. Ich begegne wohl keiner Miß
beutung bei Ihnen, wenn ich Ihne»
mittheile, daß nach dem, was man mir
sagte, Ihr Herr Papa allerding» einer
der geschätztesten Kaufleute in Leed«,
ober gleichwohl der allbekannte Mr.
Sampson au» Leed» nicht ist. Nun
bitt' ich Sie, wie hätten wir auskomme»
sollen? Ich, mit der eutsernten Aus
sicht aus eine Anstellung von 800 Psund
jährlich— Sie, mit dem Geschmack, den
Gewohnheiten und den Ansprüchen einer
luxuriösen Dame- Unmöglich!
. '
von Miß Dorothy Samhson
an Sir Reginald Foyle, Baronet.
21. November 183».
Mein lieber Sir Reginald! So er
freut ich war, Ihnen neulich in Picca
dilly zu begegnen, that e» mir doch leid,
den bekümmerten Ausdruck Ihrer Mie
ne» wahrzunehmen. Mein kleiner Irr
thum, Ihnen mein LebenSglück anver
trauen zu wollen, wird Ihnen doch
hoffentlich keine Beschwerde mehr ma
chen ? Ich versichere Sie, daß mir Ihr
tz chreiben nach dem Ball bei Lady Chel
tenham jede derartige Mädchengrille
aus dem K»pf getrieben hat.
Wa» hat Sie übrigen», beiläufig ge
sagt, veranlaßt, von einrr bestimmten
Anstellung mit 8000 Psund jährlich zu
sprechen, wenn e» fich doch nur um eine
unbestimmte von 800 handelte?
Nun aber, um mit dem Schauspieler
zureden, „mögen di« Waffen ruh'nl-
Ich habe «ich riefig amüprt und hoffe,
daß Si« trotz Ihrer kummervoll«»
'lick« daSf«lb« gethan habe».
Unser Empfaug»tag ist alle Mittwoch.
Sitte, sprechen Sie »inmal vor, da«
heißt, wen» da«, wa» Sie i» Ihre«
vriefe von .Freundschaft- sagten, kei»e
iloße Redensart war.
Ihr« aufrichtig«
Tvrotky Sampson.
S. Da wir von Freundschaft re
»eu, mache ich mich anheischig, Ihne«
>ie meinig« für Sie zu beweisen. Pas.
sen Sie also aus! Miß Thompson hält
fich mit ihren beide» Töchlern im Grand
Hotel zn Brighton aus. Die Eine ist
sehr hübsch, die Andere häßlich Aber
der Einen ist ioeben von ihrer Pathin
> ein Legat von 150,000 Psund Sterling
«ermach« worden. Leider höre ich, daß
die häßliche die Erbin ist. Wie wär'Sj
wenn Sie nach Brighton hinunterfüh
ren und ihr den Hof machten? Sie ist
sehr romantisch veranlagt, wenn e«
Ihnen also glücken soll, so verlieren
Sie gefälligst kein Wort von Mitgift.
Glückt eS Ihnen und Sie Heirathen sie,
so vergessen Sie nicht, daß Sie daS de,
Freundschaft Ihrer allen Freundin
Dollie verdanken.
. *
Von Sir Reginald, Foyle, Baronet,
Grand -Hotel, Brighton an Jamei
Similler, Esqn,
Baccarat Club, Pall Mall, SW.
5. Januar 188 S.
Lieber Jimmy! Empfange soeben
Deinen Brief. Ich kann nur sagen,
«lles in Ordnung. In ein, zwei Tagen
Ist die Geschichte abgewickelt. Thut
mir leid, daß ich Dir augenblicklich
nichts versprechen kann, denn das Mä
del ist so absonderlich, daß sie von nicht»,'
was irgendwie mit Geld zusammen
hängt, etwas hören will. Aber die«'
mal denk' ich, ist mir der Spaß gelun
gen. Sie ist entschieden in mich ver
schossen. Die Schwester ist eins der
süßesten Geschöpfe, die ich je gesehen,
und von entzückender Schönheit, „allein
mein Herz muß dort sein, wo der Schatz
ist!" Meine Sarah (hübscher
was?) ist ausgesprochen häßlich, abeH
ihre Vergoldung ist nicht schlecht.!
150,000 Pfund Sterling wollen
bedeuten, meinst Du nicht, alter Junge?!
Du bekommst den Betrag, den ich
Dir schuldig bin, sobald die Hochzeitj
vorüber ist.
Stet« Dein Regh.
8. Ich hätte Dir gern ein« An-,
zahlung geleistet, aber die Ausgaben sür
Hochzeit und Flitterwochen werden eil»
kleines Loch in meine Kasse machen.'
Und so lange wir nicht verheirathet
find, kann ich doch unmöglich über ihr
Geld Versilgen.
Bon Sir Reginald Fohle, Granh
Hotel, Brighton, an Miß Sarah
Thompson, Grand Hotel, Brighton/
g. Januar 188 S. j
Ich liebe Sie mit wahnsinniger Lei»
denschast, und Sie wissen eS. Halt«»
Sie mich sür toll, sür sür was Siij
«ollen, aber glauben Sie an meine
Wahrhaftigkeit, wenn ich Ihnen gestehe/
daß ich nicht länger hier, ja daß ich
nicht in England zu bleiben vermag
wenn Sie mich meiner tödtlichen Unge
wißheit nicht entreißen.
Soll ich gehen oder bleiben? Be
stimmen Sie, theuerste Sarah.
Ihr ewig getreuer Reginalde
* . *
Au» der „TimeS" vom 26. Februar
tS»S.
Am 23. d. M. in der St. VituS-
Kirche, BaySwater, getraut von Hoch
würden AloysiaS Brown, Onkel det
Braut, unter dem Beistand de» Herrn
CanonikuS Anttwell, BezirkSvicar, Sir
Reginald Foyle, Baronet, von Foyl«
Hall, Brokenshire, mit Sarah, älteren
Tochter John Thompsons, ESq,, Mod
derit Square 15, BaySwater.
* » *
Von Miß Dorothy Sampson an Sir
Reginald Foyle, Baronet, Hotel det
, PriuceS, Paris.
29. Februar 188 S.
Lieber Sir Reginald I Gestatten Sie
mir, Ihnen gelegentlich Ihrer Hochzeit,
die ich in der „Times" vom 25. ange
zeigt finde, meinen Glückwunsch darzu
bringen.
j Wie mir aber scheint, sind Sie ein
Mann von entschieden wankelinüthigem
Charakter. Ich erinnere mich, daß Sie
mir einmal schrieben. Sie könnten nur
eine junge Dame mit Vermögen Hei
rathen. Weshalb verliebten Sie sich
alsdann in Miß Sarah Thompson, da
e« doch ihre reizende Schwester Miß
Blanche Thompson ist, welcher die
IS«,ovo Psund Sterling vermacht wor»
den sind?
Einen Mann von Ihrem empfinden
de» Herzen muß allerdings der bloße
Hinweis auf ein unfeines Motiv un
aussprechlich widerwärtig berühren.
Somit lassen Sie mich Ihnen nur noch
da» Eine sagen daß Ihre uninteres
firte Wahl Ihren Kops wie Ihr Herz
gleichmäßig «hrt. Ihr«
Dorothy Samson.
?. S. Ich kann mich nicht besinnen,
ob ich in meinem letzten Bries an Sie
behauptet habe, daß die Hinterlassen
schast an Sarah fiele. Oder hätte ich'«
Gethan?
Kaffeeklatsch-Rede der
grau mit den 54 Dienstmädchen pro
Jahr. —„Ja, sehn'n Sie, nieine Damen,
die Rieke zerschlug mir jeden Tag ein
paar Teller, außerdem eine kostbar«
Vase halt, nein, die Vase zer
schlug die rothe Hanne, die mir auch
den Kalbsbraten anbrennen ließ—oder
war das die Karoline? Nein, nein,
die mit dem Kalbsbraten war die
lange Marie. Denken Sie sich, die
traf ich vor der Hausthür mit drei
Soldaten. „Aber Lotte," sagte ich
richtig, cS war die Lotte, nicht die
Marie—die Lotte hat so viel Sommer
sprossen— wenn das nicht die Anna ge
wesen ist oder gar die schwarze Dort
nein, wie mir das Alle« durch den
Kopf geht, jetzt weiß ich gar nicht«
mehr!"
Sonderbare Gewöhn
heit. Bei den jüdischen HochzeitS
feierlichkeiten in Aleppo herrscht de,
Gebrauch, daß der Braut vor der Hoch
zeit die Augenlider mit Gummi zuge.
klebt werden. Der Bräutigam hat ihr
dann, kurz nachdem die Ceremonie der
Trauung vorüber ist, die Augen wieder
zu öffnen. Ob er sie ihr im Lause der
Ehe dann und wann vielleicht wieder
einmal zuklebt, wissen wir uicht.
Kann schon sein! Frau
(Zantippe, zum Dienstmädchen): Geh'
nur sort, Du undankbare« Geschöpf,
wirst schon sehen, ob D» wieder so ein
gute« Plätzchen findest. Dienstmäd
chen: Hab' keine Angst, wer bei Ihnen
zwei Jahr auSg'halten hat kommt
überall unter I
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