Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, November 05, 1891, Page 2, Image 2

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Mi« Mms», f«ia« »»»»» »r» «»««»
La«n« »u «rhalt««»
In einer nicht weit von Berlin gel»
Sommerfrische wohnt« s«it Be
ginn di«s«r Saison «in« distinguirte Fa-
Mili«, deren Tochter glückliche Braut
War. Da« junge Mädchen war nat«?-
kch größtenthcilS von den Vorbereit M
» zur Hochzeit, die in einigen Mona
ten stattfinden sollte, in Anspruch ge
nommen, trotzdem aber fand e» noch
Zeit für eine andere Beschästigmig, und
diese war das Fischen. Unweit der
Villa, in welcher die Fainitt« wohnt«,
floß ein klarer Waldbach, an dessen
Usern da« Fräulein ost stundenlang mit
der Angel in der Hand zu sitzen Pflegt«.
Sie huldigte diesem Sport mit einer
solchen Leidenschaft, daß sie ernstlich
verstimmt war, wenn fie waS nur z«
»st geschah ohne Beute den Heimweg
»«treten mnßte, und selbst ihr Bräuti
gam, der allabendlich au« Berlin in der
Sommerfrische eintraf, bekam dann ein
Mürrische« Gesichtcken zu sehen.
Der arme Bräutigam war darüber
schier unglücklich und that sein Mög
lichstes, um die zeitweilige schlechte
Laune seiner Braut zu verhüten. Er,
der sich bisher nie mit dem Fischcrsport
beschäftigt hattc, stndirte nun eifrig den
.Katechismus der Fischerei", ging den
Waldbach ab, um „günstige" Plätzchen
»u finden, und sabricirte eigenhändig
die verschiedenen Lockspeisen,allein nicht»
hals, und auch, als da» Mädchen di«
Angel mit einem kleinen Netz ver
tauschte gab eS kein« Fische.
Da kam der Bräutigam aus ein«
famose Idee. Er suchte fich in der
Sommerfrische einen intelligenten
Lauernburschen, ließ fich von demselben
Verschwiegenheit über alles, was er
sehen und hören sollte, geloben, und
nahm ihn dann mit sich nach Berlin.
Hier sucht« er eine Fischhaudlung aus
und machte mit de» Eigenthümer der
selben einen aus so und so
viel lebende klein« Fische; abzuliefern
täglich Morgens 8 Uhr.an den Bauern
burschen.
Dieser dagegen erhielt folgende Jn>
Vruktion: Wenn er die Fische abgeholt
hab«, müsse er so schnell als möglich
wieder in die Sommerfrische zurück
eilen und bei dem Hanse der passionir
ten Fischerin unauffällig lauer«, bis
dieselbe mit ihrem Netze in d«r Hand
da» HauS verlassen würde, wa» ge
wöhnlich in den ersten NachmittagSstnn
de« geschah. Dann hab« er ihr zu sol
g«n und, wenn fie am Ufer Platz ge
nommen hätte, eine kleine Strecke au
dem dicht bewaldeten Bache»rande a«f-
Wärt» zu gehen und dort gemächlich
«inen Fisch nach dem anderen i« das
Wasser gleiten zu lassen; die Thiere
Würden sichsr in da« Netz des e,«ige
Hundert Schritt stromabwärt« sitzenden
Mädchen« getrieben werden.
Der Plan gelang vollkommen, und
durch mehr al» dr>ei Monate spielte
der Bauernbnrscke, der eine axßerge-
Wöhnliche Geschicklichkeit und Schlauheit
entwickelte, unentdeckt die Vorsehung
der Fischerin, die anfänglich über ihr
plötzliches Jagdglück nicht genug stau
nen konnte. E» war ab«r auch w»»'
derbar. Kaum daß si« am Ufer Platz
genommen und ihr Netz, da« sast die
ganze Breite d«S Bache» umspannte,
anSgebreitet hatt«, kamen plötzlich mit
d«n rasch dahineilenden Wcllen auch ein
paar größere oder kleinere Fische daher
geschossen, die scheinbar nur daraus ge
wartet hatten, bis sich das Netz in'S
Wasser gesenkt hatt«, um sich darin zu
fangen. DaS Mädchen war selig
vnd der Bräutigam auch; denn er sand
feine 'Verlobte nur mehr in der besten
Laune! Vor einigen Tagen nun sie
delt« die Familie der Braut wieder
nach Berlin über; ungern trcnnte sich
das Mädchen von dem lieben Wald
bache und seinen freundlichen Fischen;
der Bräutigam war aber gar nicht
böse, daß er endlich keine Fische mehr
»n besorgen brauche, und nachdem er
den geschickten Bauernburschen entlohnt
hatte, begab er sich zu dem Fischhänd
ler, theilte demselben mit, daß ihre „Ge
schäfts-Verbindung" aushöre, und bat
«m die Rechnung.
Er war darauf gefaßt, daß ihm seine
Galanterien ein hübsches Stück Ge.d
losten würde; allein seine Befürchtungen
wurden bei weitem üdertrofsen. Di«
Rechnung, die ihm präsentirt wurde,
War näniltch drei Mal so hoch, als er
erwartet hatte. Nach den einzelnen
Posten, welche die Nota enthielt, mußte
kine Braut alltäglich die werthvollsten
Kisch-Specialltätcn, die besser in ein
Aquarium, als in einen Waldbach ge
paßt hätten, anstatt simpler Weißfische
gelangen haben. Der Bräutigam wei
gerte sich, die Rechnung zu begleichen,
und eS kam zu einer he,tige» Scene, die
damit endete, daß der Fischhändler sei
«en unzusrieoenen Kunden zu verklagen
versprach.
Ter Bräutigam ist nicht besonders
beunruhigt darüber; denn er glaubt, in
seinem Rechte zu sein. Viel uuange
nehmer ist ihm, daß unterdessen die
Braut, die kleine Fischerin, durch einen
Kvsall die ganz« sond«rbare Geschichte
erfahren hat.
Kindliche Fürsorge. Fa«
«ilienvntcr: „Ich weiß nicht, waS mit
«einer Uhr ist, si« geht nicht mehr; ich
Maube, ich muß si« reinigen lassen."
Kind: „Das ist gar nicht mehr nöthig,
Papa,, ich und Baby haben sie erst kürz
lich gründlich mit S«»s« gewasch.o."
Sie kann es auch nicht.
Karlch«n (aus dem Stuhl kopsstthend):
„Sieh mal, Tante, was ich kann, oaS
kannst Du doch wohl nicht?" — Tante:
„Rein, Karl, aber ich werde e« der
Mama sagen!" Kärtchen: „Ach, die
kann es auch nicht l"
Papa, der Advls bat mir
einen Antrag gemacht!" „WaS, der
Adolf? Den verrücklei, Menschen wir»
Du doch nicht etwa deirathen? Zuern
ist er Maler gewesen, dann hat er ein
Luftschiff erfinden wollen, dann war ei
im Narcenhaus und >eyt macht er Til
gar eiiml Heirathsantragl"
s-NSMI 70«. «ufskhen 5«l, und darum fragt« «,
»> fei»«« schweigsamen Genossen: Sag
v°° «»»>««»,»,«»»«»» mal, Tvm, warum gingest Du heute
Der golden« Strahl der ausgehende, Traume erwachend.
Eoone fiel schräg über di« grünbewalde- einpor, blickte den Frage«,
tri, Höhen, an deren Fuße ein stattlicher und fragte: „Warum willst Du
Farnihos lag. Eine langgestreckt« stl- das wissen?"
bern« N«brlwolk«, hoch »m Sonnenlicht« «inrn wichtig«« Grund hab«
zerfließend, bezeichnete dtn Laus de, .„ade nicht dafür, ich «ragte nur so.
Missouri. Durch di« s«,erl,che Mor- uiid wenn Du es mir nicht sagen willst,
genstill« drang da» Krähen der Hahn« ich nichts dagegen haben."
»nd das ferne Rollen «,««» ZngeS. herrschte Schweigen.
Dann ein dumpse» Klappern. AuS Hann ««bmcte Tom ties aus, schaute
der „Barn" kamen die Knechte mit ihren Gefährten prüfend an und sprach»
Pferden, kräftig« G«stalt« m't sonnen- weiß nicht - aber ich möcht« Di»
v«rbranntm G«sichtern, breitrandi- die Geschichte erzählen. Es ist mir so,
gen Strohhüte »n den Racken gestülpt müßt« ich sie Jemand mittheilen,
«bn« Rock und Weste, di« dlauen „Over- Du—Well, ich glaube, Dir dars
allS" in den, l-hmsarbige« sch'csgctret«. «rzählcu. Du wirst mich ver
«en Stieseln. Plaudernd »nd sich ein- "
ander mit oft derben Späßen neckend. zzzi'lhelm machte blo» ein verwunder
drängte« sie sich m»t»hr«n Ttneren um und nickte,
dcn grotzen Wassertrog bei der Pumpe. Tom begann:
Mit diesen Worten t/at der Farmer Sechs
,u ihnen, und gab die nothwendigen De- schnell A Aeh,
tail» für das bevorstehende Tagewerk. und wir ist, al» sei es erst
„Wo sind denn unsere Darki«»?" Ich wohnte damals im
schauend" """UN"-" um- M'" wa'"ein gu!er Ar) ich
„Da kommt di« ganzc Bande!" rief war aus f«i»«r Farm geborcn und er
«incr der Knecht«, „und seht nur, all, U«"' " Kutscher be,
im vollen WickS!" " lieiltlgen Tage war eS,
Durch da» Thor b.» Drabtzaun.» d-war in Roev.lle, den. nächsten Städt
traten sechs Farbige. Die dunkelbrau- »"?tte.
nen Gesichter glänzten, Lebenslust leuch- Ich war eiocr Eriien am
tet« au» den schwarzen Augen; die vol- den beide» Musikanten, guten
l«n br«it«n Lippe« zogen sich >n sröhli- S«u°de,. u°" mir.-r.nhr ich daß eS
chem Lachen noch breiter und ließen dir etwas gäbe, nämlich
weiken qäbne i«ben Neuangekommene Schönheit, Miß
Nachdem sie dcn Farmer laut uud Tochter der Köchi« aus Villa
k>?r»tick dearllüt katten. trat einer von iskanconi.
Durch da» Thor d»« Drabtzaune»
traten sechs Farbige. Die dunkelbrau
nen Gesichter glänzten, Lebenslust leuch
tete au» den schwarzen Augen; die vol
len breiten Lippen zogen sich in fröhli
chem Lachen noch breiter und ließen dir
weißen Zähne sehen.
Nachdem sie den Aarme» laut und
herzlich begrüßt hatten, trat einer von
ihnen einen Schritt vor. Tief über sei
nen Wollkopi-.gedrückt, trug er einen
altmodischen Cylinder. Sein Rock mit
langen Schößen, woran dreiviertel der
Knöpfe fehlten, war von ehemaliger
schwarzer Färb«; um den hohen, steifen
Kragen trug er ein feu«rrothes Tuch
geschlungen. Di« Weste war ihm zu
kurz und ließ die Hosenträger sehen,
woran die Beinkleider mittel« zweizölli
ger Drahtnägel befestigt waren. Sein«
Knöpfschuhe ohne Knöpfe mit s«hr schie
fen Absätzen waren lange nicht mehr
mit einer Bürste in Berührung gekom
men, aber in der Hand trug er ein
Paar Glacehandschuh«, die er freilich
mcht anziehen konnt«, denn sie waren
ihm einige Nummern z» klein.
"Wsil, begann er, „wir
möchten heute .ablegen", in Hickory
town ist Picni«, «nd da möchten wir
hin!"
riAkt, Kov», dann müßt Ihr
hingehen, aber vaßt aus, daß Ihr Mor
gen früh rechtzeitig auf und hier seid,
keine Nachfeier; die Ernte ist da, und
da ist schon «in Feiertag zu vi«!!"
Lärmend und lachend cntsernte fich
die Schaar.
„Aber, wo ist denn Tom?" fragte
der Farmer, welcher die Abziehende«
mit seinen Blicken versolgte, plötzlich.
„Hier!" ertönte es hinter ihm.
„Was?" rief der Farmer erstaunt,
ol« er bemerkte, daß der Genannte in
seinen ArbeitSkleideru erschienen war,
„Du willst doch heute nicht arbeiten,
wo alle Anderen nach d?m Picnic ge
hen!?"
"Vss, Siiz, ich arbeite!"
„Well, Tom, Du warst immer ein
m-rkwürdiger Kauz; mir soll eS aber
recht sein, wenn D» arbeiten willst,
kannst mit Wilhelm gehen, Ihr könnt
da« Unkraut im Kartoffelfelde mite« am
Fluß mähen!"
Einige Minuten später schritten Wil
helm und Tom, die Sense über die
Schulter in'S Feld hinein.
Wilhelm war ein junger Deutscher,
ein entsernter Verwandter des Farmer»,
und bei diesem schon über ein Jahr im
Dienste.
Tom war von alle» seinen farbigen
Mitarbeitern die i»ieressanleste Persön
lichkeit. Mit seiner gelblichen, fast
weißen Gesichtsfarbe, seinen intelligen
te» Zügen, den dunkeln, schwermüthigen
Augen, seiner schlanken, elastischen Ge»
statt, war «r weit und breit dcr Schönst«
seiner Rasse, und nicht umsonst nannt«
man ihn den „Pretty"-Tom. Doch
nicht nur an Wohlgestalt und Schicklich
keit war er seinen StammeSgenossen
überlegen, sondern such an Kenntniß
u»d Bildung.
Unterdessen hatten die Beiden die
Mitte de« Feldes erreicht. Ein Frem
der hätte hier von dem Vorhandensein
von Kartoffeln kein« Ahnnng gehabt.
Da« üb«r sünf Fuß hohe Untraut, hier
und da von einem halbverkohlten Baum
stumpf überragt, bildet« an beiden Sei
ten des schmalen Fahrweges ein fast
undurchdringliches Dickicht. Erst bei
gimaucm Zuschauen gewahrte man ans
dem Boden die gelblichen Kartossel-
SS war keine leichte Arbeit, diese»
hziziqe Unkraut abjnniäheu oder viel
mellr zu hacken. Wilhelm schritt voran«,
absichtlich, we,l er wnßte, wie vi l >!rait
auswand und Schweiß es kostete, mit
Tom gleichen Schritt zu halten, wenn
dieser vorausging. Wie erstaunte er
ober, als er endlich, um sich den Schweiß
von der Stirne zu wischen, inne hielt,
und gewahrte, das, Jener eine bedeu
tende Strecke znrückgevliebcn war. Er
gab sich auch keine Mühe, dks wieder
kinzuholen, sondern blied ost stehen, und
blickte eine Weile, in tiesem Sinnen ver
loren, vor fich hin.
Tie Sonne stieg HSHer; durch kein
Wölkchen gemildert brannten ihre Strah
len nieder. Die dichte, grüne Mauer
des Unkraut», obscho« eine tü'.liz«
Bresche hlneingemäht worden, hielt je
den kühlen LNitzug serne.
ES wurde Mittag. Die Beiden nah
wen ihren Lunchtopf. schritten zum
Fluß hinunier und ließen sich dort am
'kjgen User unter höh n S-jkamsre«
nieder.
uXil leisem Geimirmek zogen die Flu
tte» vorbei, und ihr helle« Zchiu mcr»
ermüdete die Äuge«. Dazu lai» o>- ei»
niüdende Schwüle, das Summen der
Bienen und Schwirren der ikä er.
Wilhelm accr ivoUie nicht schlaien, weil
»r wußte, wie schwer ihm daan da»
Ich muß bekennen, ich war damals
ein leichtfinniger Bursche; auf jedem
Picnic hatte ich ein anderes Mädchen,
ich hatte nun einmal Glück bei ihnen,
und eine gefiel mir so gut wie die an
dere, bis ich Bella gesehen hatt«.
Da dachte ich an kein andere» Mädchen
mehr, dachte überhaupt nicht» mehr, nur
»>» fie.
Bella war eine Ouadrone, kaum
sech«zehn Jahre alt. Braunschwarze
Locken quollen unter ihrem weißen, von
rothen Bändern um flatterten Strohhute
hervor, und umrahmten ein wunder
reizivde» Antlitz. Au« ihren kohl
schwarzen Augen leuchtete Heller Son
nenschein, und jedesmal, wenn ein
Strahl darau» mich tras, überlief eS
mich ganz heiß. Ich tanzte nur mit
ihr allein, für mich exiftirte kein ande
res weibliches Wesen mehr. Die Minu
ten, während welchen sie mit einem An»
deren tanzte, waren Stunden der Qual
siir mich. -
ES wurde Abend. An den Aeste»
der Sycamore wurden chinesische La
ternen angezündet. DaS Jauchzen und
Lachen wurde immer ausgelassener, lau
ter «nd lärmender das Gestampfe der
Tanzenden.
Da fragte mich Bella leise, ob ich sie
nach Hanse geleiten wolle, «» werde ihr
ngst in dem Getümmel.
Langsam schritte» wir, Arm in Arm,
unter den dunkeln Bäaiue» hin, welche
sie einsame Landstraße säumten.
Wenn ich sonst ein Mädchen nach
Haufe brachte, konnte ich so viel erzäh-
allerlei witzige Einfälle, aber
.etzt konnte ich keine Silbe über die Lip
pen bringen. Eine unsägliche Seligkeit
durchströmte meine Brust, eS war mir,
»lS ginge von ihrem weichen runden
Arm eine warme Gluth aus, die fühl
bar meinen Körper durchströmte.
Ich wünschte, der Vollmond, welcher
im Osten über schattige» Wäldern stand,
mög« dort stehen bleiben, uud ich köunte
ewig so sortwaudeln mit Bella durch
die träumende Nacht.
Viel zu srüh tauchten die dunkeln
Umrisse de« Franconi'schen Hause« vor
in» aus. Wir mußten uu» trennen.
Ich hielt ihre Hände in den meinen,
»der sprechen konnte ich immer noch
nicht, mein Herz war »n voll. Auch sie
sprach kein Wort, selbst dann uicht, al»
sie an meiue Brust zog, und unsere
Lippen in heißem Kusse sich fanden.
Später sanden wir Worte, aber wa»
mir einander sagten, weiß ich nicht
mehr, nur, daß ich ihr zum Abschied
oersprach, so bald wie möglich bei Mister
Franconi in Dienst zu treten, welcher,
wie sie mir versicherte, einen Kutscher
suche.
Mister Jone« und mein Bater Ware»
sehr erstaunt, d«ß ich sie verlaflea
wollte, sie wollten mich nicht gehen las
sen, aber e» hals ihnen nichts, keine
Macht der Erde hätte mich zurückhalten
können und—einige Tage sväter wohnte
ich mit Bella unter einem Dache.
Wer war glücklicher al« ich? —Bella
»ar die Dienerin Blanche'«, dcr einzi
,eu Tochter Franconi'», die ein Jahr
«lter war wie st«, und sie mehr wie eine
Freundin al» eine Dienert» dehan
telte.
Eine« nur mißfiel Mir an Bella,
lämlich ihre große Vorliebe für
muck »nd schöne Kleiner. Ich war
»einahe eifersüchtig aus die Gegenstände,
sie ich ihr schenkte, «ei! ihre Augen so
strahlend und ost darauf rnhien, und
soch sparie ich all mein Geld, um ihr
Aeschenke dafür zu kamen.
Bier Wochen war ich da, al» Besuch
kam. Harry Franconi, der Neffe mein««
Herrn, ein junger Mann von 2t« Jah
ren, dessen Eltern gestorben waren und
der jetzt bei seinem Onkel eine z>oe>te
Heimath sand.
Ich ko..nte ihn nicht leiden, vom ersten
Augenblick an »icht, doch hätte ich einen
bestimmten Grund für diese Abneigung
nicht angeben kSnnen. Als ich aber
einmal den lüsternen Blick gemab-t«,
womit er Bella verfolgte, da wußte ich
sS und fing an, ihn zu hasse«». Er aber
war sehr sr,undlich gegen mich, so seh»
jreundlich!
Eines Tage«, aks ich mit ihm znr
Stadt inhr, meinte er im Laase des
Neipcächs:
,Hsr' mal, Tom, ein Bursche wie
Tu. dcr so geschickt ist und auch etwa
zelernt bat, sollte doch eigentlich nickt
sür lt» Dollars monatlich ven ,änlicher
bock drücken. Dabei kannst Du niemals
«>« eigenes H»im gründen."
Blut stikg mir zu Kopfe, ich war
zornig, «nd doch mußte ich mir sazrn,
daß «r Recht hatte. Der Gedanke an
die Zukunft bei so geringem Lohn halte
mich schon ost mit geheimem Unbehagen
erfüllt. Eh« ich nock wußte, was ich
eigentlich erwidern sollte, suhr er fort:
„WaS meinst Du, Tom, ich habe da
gester» einen Brief von meinem Freund
in Lexingtou bekommen, er sragt mich,
ob ich keimn aufgeweckten, zuverlässi
gen, jungen Mann wüßte, den er al«
Clerk in sein.'ni großen Store gebrau
chen könne. Da hab? ich gleich an Dich
gedacht, Du eignest Dich vortresslich für
dem Platz. Zum Ansang würdest Du
zwanzig Dollars monatlich verdienen,
später mehr. In kurzer Zeit könntest
Du einige hundert Dollars sparen, ei»
kleines Geschäft gründen und Hei
rath««. Ein hübscher Bursche wi! Du
bist, kann jeden Tag Eine kriegen, , B.
würde Miß Bella ein nettes Weibchen
für Dich sein Also was soll ich mei
nem Freund schreibin? Ich habe keine
Lust, das ganze County »ach einem
Clerk für ihn z» durchsuchen, wenn Du
die Stelle annehmen willst, gut, wenn
nicht, mag cr selbst sehen, daß er Je
manden bekommt, Und was ich noch
sagen wollte: die Reisekosten werden Dir
vergütet werden."
Ich wußte wirklich nicht, was ich
denken oder sagen sollte. Aergerlich
war ich und schämte mich über mich sel
ber, daß ich sriiher so schlecht von ihm
gedacht, er meint« es diich augenschein
lich sehr gut mit mir. Ich war damals
eben noch ein ganz unerfahrener, dum
mer Junge, und wußte noch nicht, daß
ein Halluut« gerade dann am nieder
trächtigste« ist, wenn «r gut zu sein
scheint. Also stotterte ich endlich «t
-was von Bedeukzeit hervor.
„Gut," sprach er srsundlich, „es hat
Zeit bis morgen, überlege Dir die
Sache nur erst reiflich."
Einer langen Ueberl«gung bedurste
«» freilich nicht, da» Anerbieten war
viel zu verlockend, als daß ich es hätte
ausschlage» können, doch wollte ich zu
vor mit B-lla reden. Sie ivollte mich
anfangs durchaus nicht gehen lassen,
Lexington war ihr doch zu weit. Al»
ich ihr aber so dringend und schön aus
malt«, wie durch ein Jahr der Trennung
unser heißester Wunsch ersüllt werden
könne, willigte fie endlich ei«.
Unter Thränen lächelnd, sprach sie:
„Nicht wahr, Tom, wenn D» wieder
kömmst, bringst Du mir «ine goldene
Uhr und «in gelbseidencs Kleid mit, wie
Miß Blanche eins hat?"
Diese Frage in diesem Augenblicke
verursachte mir ein schmerzhaftes Em
pfinden. doch als ihre zanberischen Au
zen mich so stehend anblickten, war Alles
vergessen, ich suhlte nur, daß ich Alles
thun müßte, was sie von mir ver
langte.
Mit einem Schreiben Harry Fran
«oni'S in der Tasche, reiste ich ab, nnd
fand Alles so. wie er mir versprochen
hatte.
Bei meinem neuen Herrn, welcher
mir bald sein volle« Vertrauen schenkte,
zesiel es mir sehr gut. Den Schmerz
der Trennung von Bella milderte der
Gedanke an eine glückliche Wiederver
riniqnng nach einem Jahre.
Anfangs schrieb ich ihr lange Briefe,
i»och erhielt ich unr kurze Antworten,
sie schrieb nicht gerne und hatte mir da«
schon im Voraus gesagtj sie meinte, sie
wüßte nicht, was sie eigentlich immer
schreiben sollte. So wurden denn auch
allmälig meine Briefe kürzer, zudem
hatte ich nicht viel Zeit zum Schreiben.
Endlich, als ich kaum aus jeden drit
ten Brief einige flüchtige Zeilen von ihr
erhielt, wurde ich ärgerlich und schrieb
ihr einen langen Brief mit Vorwürfen.
Sitten und Befehlen. Darauf erhielt
ich gar keine Antwort.
Jetzt wurde ich ernstlich böse, ich
wollte sie strafen und auch »icht mehr
schreiben, wenigsten« nicht eher, bi« st«
schrieb, da« nahm ich mir fest vor.
Ich litt sehr unter diesem Vorsatz,
»eun Be la schrieb nicht. Fortwährend
miälle mich eine seltsame Unruhe, doch
schreiben ivollte ich nicht. Al« über der
54. August nahte, der Jahrestag unse
re« ersten Zusammentreffen», nnd ich
Immer noch kein Lebeuszeichcn von ihr
hatte, konnte ich e» nicht länger aus
halten, ich muß«« heim, ninßie sie sehen.
Es war um die Mittagszeit, al« ich
Mich der Franconi'schen Besitzung nahte.
Da« Herz klopste mir zum Zersprin
zea, als ich »or dem kleine« HSlNch:»
stand, worin Bella mit ihrer Mutter
Nchnte. Alles war noch so. wie ich es
verlassen hatte. Bor den rebenuinrank
ien Knistern hingen noch dieselben wei
ßen Spitzenzardiue», durch deren Ma
scheu mir einst die «Hluthangen Bell S
«ntgegenstrahlten. Doch jetzt regte sich
Nicht« hinter de» Gardinen, und im
Hause war eS so seltsam still.
Ich ging zweimal um da« Gebäude
herum, und tlopste, al» ich kein Leb.-nS
zeichcn vernahm, zaghast au die Thüre.
Innen regte sich nichts. Al« meiu
Wackeres Utopien dasselbe Resultat
hatte, öffnete ich.
In der Küche neben dem Heerde saß
ig-llaZ Mutter, welche bei meinem Ein
treten mit einem lauten Schrei in die
Höhe suhr. Sie mußte geweint haben,
ihre Augen, welche mich seltsam
kich anstarrtea, waren roth uud ange
schwollen.
„Wo ist Bella?" fragte ich.
Sie brach in ei» laute« Schluchzen
au«, und sank in den Stuhl »urück.
Von einer furchtbare» Atmung er
griffen, riß ich die Thür zur Wohnstube
auf.
Und da in der Mitte stand, aus
zwei Stühlen ein Sarg und da
rin lag Bella, bleich und starr
ti« schmic« Auge» geschlossen für
>«mer.
Durch mein« Brust zog etwas KaKe»,
Schikidende«, ich mein Herz
müsse stille ste!»e».
Mit magischer Gewalt zog «z mich
Näher —zu dem Sarg. Und dann
erharrte mir ptSclich da« But i« d«n
>de ». Reben kem Sarge st.in» noch
eiu.r, aber ein ganz ganz k.«ü>» ,
Und n»ch ewus sah ich.
Ans dem Tisch« lag «in« zierliche gol
dene Übr, und an der Wand hing
«in gelbseidencs Kleid. Ich wußt«
Alles.
In meinem Kopse hämmerte eS, in
meiner Brust zuckte ein dumpser Schmerz,
mir war, cil« sei in mir alles zerrissen
und gesto b n.
Doch elwu. lebte noch in mir, und
loderte glühend auf, al« ich Harry
Franconi wiedersah das Gekühl der
Rache.
Wie ich mich an dem Mörder meines
Glücke« rächen wollte, wußte ich noch
nicht, aber es sollte etwa« Furchtbare!
sein, ich wollte mir Zeit lassen, den
Moment abwarten, wo ich ihn am här
testen treffen könnte!
Zu diesem Zwecke gab ich mei»«
Stelle in Lenngton ans, und trat wie
der beim alten Franconi in Dienst, der
mich von jeher sehr gut hatte leiden
können, »nd mich mit Freuden wie
der aufnahm.
So sehr ich mich auch zu beherrschen
versuchte, konnte ich doch nicht verhüten,
daß mein Blut auswallte, wenn ich in
die Nähe des jungen Schurken kam, und
eine heiße Gluth mir in die Augen stieg.
Er mochte meine Gesühle wohl errathen
haben, er vermied eS augenscheinlich,
allein mit mir zusammenzutreffen.
Eines Adends, es war schon ziemlich
spät, wurde an msine Thüre geklopft.
Ich öffnete, und Sam, einer der » nechte,
stand vor mir. Wir waren niemals
Freund« gewesen. Er hatte früher Bella
nachgestellt, doch meine Fäuste hatten
ihm diese Gelüste ausgetrieben, und da!
halte er mir nie vergeben können.
Jetzt aber bot er mir freundlich „Gu
ten Abend" und svrach: „Der alte
Mister Franconi schickt mich, er möchte
Dich sehen, ich glaube, «r hat Dir «twas
Besonderes mitzutheilen. Du sollst zu
ihm aus sein Schlafzimmer komnen,
Miß Blanche »nd Mister Harry sollen
nichts davon wissen!"
„Aber welches ist Mister FranconiS
Schlafzimmer," fragte ich, weil ich vie
seS unter de» anderen Familienzimmern
im «estlichen Flügel nicht herauszufin
>en wußte.
„Da« Eckzimmer ist «»," entgegnete
Sam, die letzte Thür links von der
Halle. Aber Du möchtest lese gehen,
daß die Andern e» nicht hören, ziehst
besser Deine Stieseln aus!" Damit
ging er
Ter u'trag kam mir zwar etwa«
sonderbar vor, aber ich wußte, daß e
alte Herr große Stücke aus mich hiei»,
und mich oft, wenn es galt, seiner Toch
ter eine Ueberraschung zu bereiten, in
sein Vertrauen zog.
Also schlüpfte ich in mein« Pantof
feln und verließ das Zimmer, welches
sich in einem Anbau besand.
Die Hausthüre stand offen. Leise
tastete ich mich an den Wänden des
dunklen Flures entlang, und erreichte
die bezeichnete Thüre.
Ich klopfte leise.
Innen regte sich nicht».
Weil ich aber wußie, daß der alte
Herr etwa? schwerhörig war und ich
nicht so sehr laut klopfen durste, Sssuete
ich.
Ein kleines Nachtkämpchen mars einen
dämmerigen Schein durch das Gemach,
welches von einem lieblichen Dust erfüllt
war, ohne mir indeß weiter auszufallen.
Nur wunderte ich mich, daß Mister
Franconi fich schon im Bette besand,
dessen Vorhänge dicht zusummeiigezogen
waren. Ich lustete leise, um mich be
mc>kb»r zu wichen, und trat näher an
das Bett, um zu lauschen, ob er schon
schlafe.
Da regte sich etwas hinter den Gar
dinen uno auf einmal erscholl ein schril
ler, weiblicher Hilferuf.
Im selben Moment wurde die
Thüre ausgeriHen, und über die
Lch drängten fich Harry Franconi
«liis Sam. Ehe ich mich von meinem
Schreiten erholt hatte, waren sie ans
mich gestürzt, hatten mich zu Boden ge
worfen und mit einer bereit gehaltet»«.,
Schlinge meine Hände zusammenge
schnürt.
Bon dem Lärm aufgeschreckt, eilte
das ganze Dienstpersonal herbei.
„Was giebt'S? Was ist los?" riej
es durcheinander.
„Di.bel Räuber!" riefen einige
„Nein!" rief Harry Franconi mit
teuflischem Triumph aus mich nisdcr
dlickend, „viel schlimmer! Der elende
Bursche hier wollt» die Tochter Eures
Herrn hier vergewaltigen! Bringt ihn
nach dcr Waschstube, seht aber vorher
nach, ob auch die Stricke fest genug siad,
damit er nicht emwischt; morgen wird
er nach deat Eoiuitygesäiigniß gebracht!"
Ich wnrde nach dem bezeichneten
Raum geschleppt. Sam umwand unter
Späten noch meine Hände und
Füße mit einer starken Waschleme, und
Ueß mich auf dem Boden liegen. Bald
entfernten sich die Neugierigen, die
Thüre wurde abgeschlossen u«z ich war
aüein.
Ich hatte di« ganze Zeit meinen Mund
nicht ausgethan, ein Versuch, mich zu
rechtfertigen hätte ja auch nicht« genützt.
Eine bittere, ohnmächtige Wuth, daß ich
so bliadting« in tue stille gegangen
r> ir, preßte mir die Thränen an« den
A igen. O, hätte ich nur noch einen
A. zenblick srei sein können, ihn zn zer
m imen. An meinem Leben war mir
nicut« mehr gelegen. Ltualvoll laug
sam schlichen die Stunden hin. Da«
bleche Lickit de« Boliwo ide« fiel durch
hoh>n Fmster; es mußte Mitter
nacht seir,
Plövu»q hörte ich ein leise« Klirren,
der Schlüssel wurde herumgedreht. Die
Thüre ösfnete sich und eine verhüllte
Gestalt trat herein. Ein „Pst"
mahnte mich, still zn sein. Al« die Ge
statt in den Bereich de« Mondtichi«
trat, erkannte ich Blanche, die Tochter
graneoni'«.
S»e bengte fich z« «ir nieder und
flüsterte! .Sei ruhig, ich will Dich be
freien! Ich weiß, Du bist unschuldig,
mein armer Tom. Doch Ein« mußt
Du mir versprechen, mir schwören: Du
mußt fort von hier, weit fort —darsfl
nie wiederkehret« und mußt auf Deine
Rache an Harry Franc»»« verzichte«»;
I willst D« da» ?"
Währ«nd fie sprach, schaut« ich si« an,
ich hatte st« noch nie so nah« g«s«he».
Da» schöne Gesicht kam mir aus einmal
so seltsam bekannt und vertraut vor,
und plötzlich fiel eS mir wie Schuppen
von d«n Auzc», «S war das Antlitz
Bella's; dieselben Augen, dieselben
Züge, nur daß die Farbe ihres Aul'
litzes weiß war. in diistm Augenblicke
weiß wie Marmor.
Bon seltsamen Gefühlen bewegt, hatte
ich vergessen, was sie gefragt hatte.
Ihr mahnendes: „Hast Du mich «er
standen, Tom?" erinnerte mich wieder
daran.
Da kank wieder das ganze bittere,
glühende Haßgesühl über mich, und ich
murmelte: „Ich kann eS sticht, entweder
er muß sterben, oder ich!"
Sachte legte sie ihre weich« Hand aus,
meine Lippen, schaute mich eine Weil«
mit großen, feuchten Augen so seltsam,
so bittend an, und sprach ganz leise:
„Erfülle meine Bitt«, Tom, thue eS
meinetwegen I"
Und da schwur ich, AlleS zu thun,
was sie von mir forderte.
Mit einem kleinen scharfen Messer
löste sie denn meüie Fesseln, ergriff
meine Hand, führte mich durch dunkle
Gänge und Zimmer und öffnet« ein«
nach dem Garten führend« Thür«.
„Jetzt gehe, Tom," sprach sie, „hier
sieht Dich Niemand, und vergiß Deinen
Schwur nicht!"
Eiit befremdendes heißes Gefühl
durchströmte meine Brnfi. Einem un
widerstehlichen Drang« folgend, zog ich
ße die Treppe herunter in'S hell« Mond
licht und schaute ihr in'S Antlitz. In
ihren dunklen Augen schimmerten Thro
nen. Ich preßte meine Lippen aus
ihre zarte Hand, ein heißer Gluthstrom
zog durch meine Adern.
„Geh, Tom!" mahnte sie, und ihre
Stimme bebte leise.
Noch einmal schaute ich sie an, preßte
ihre Hand an mein stürmisch klopsende»
Herz, dann schritt ich hinan« in die still«
Mondnacht.
Tom schwieg.
Wilhelm athmete tief auf, und mur
melte: „i?oor l<'s!lo^."
„Das Merkwürdigste ist," suhr Tom
nach eine Pause sort, „daß ich Bella
ganz vergessen habe. Nur da« Bild
meiner Retterin lebt unauSlitschlich in
meiner Brust, immer muß ich an sie
denken, mit ihrem marmorbleichen Ant
litz und dunklen, seuchtschimmernden
Augen erscheint sie mir in meinen Thrä
nen. Und immer wieder sinne und
grüble ich darüber nach: warum mußte
ich ihr schwören, nie zurückzukehren, sie
nie wiederzusehen?"
Wilhelm wußte hieraus nicht« zu sa
gen, und jeder hing stumm seinen Ge
danken nach.
Von der Stadt erscholl der Ton einer
Dampspseike herüber, es war ein Uhr.
Da erhoben sich die Beiden und be
gaben sich wieder an ihr mühseliges
Tagewerk.
DaS Eirkular.
KommisstonSrath L. ist ein glücklicher
Mensch, denn er hat eine hübsche Frau
und einen guten Freund. Letzterer ist
natürlich Baron und heißt Walter von
.... ich weiß nicht recht, ob ich I. oder
on Z, sagen wir von H F. und
A. gehören einem vornehmen Klub an,
in welchem Ersterer als Vorstandsmit
glied fungirt. Der Tag der VorstandS
wihlen ist nicht mehr sern, Daher sitzt
der Koinmissionsrath zu Hause und
versendet gedruckte Cirkulare, in wel
kem es heißt : „Der Wahltermin ist
aus de» kommenden Montag Abends 6
Uhr seftgesetzt" u. s. w. Das liebe
Frauchen hilft dabei, e« packt die Eir
culare ein und schreibt die Adressen.
Endlich ist alles sertig. Da fällt dem
Eommijsionsrath ein, daß er seinem
freiherrtxheii Freunde noch eine private
Mittheilung zu machen hat. Er erbricht
da« betreffende Couvert und finlt
v rnichtetzusammen. Dastand: „(Der)
W >(h)iter-(,»in) (ist auf de») komm
(enscn) Montag Abend» 8 Uhr (fest
gesetzt.)" Tie eingeklammerten Worte
waren durchstrichen, so daß es nun hieß:
„Walter, komm Montag Abends 8 Uhr."
Während atso der gute KommissionS
rath im Klub die VorstandSwahten lei
tete, sollte der Baron die Sitzung
schwänzen. Nach acht Tagen war das
Ehepaar geschiede«.
Undankbare Ausgabt
Ein Gutsbesitzer, dessen Sohn in einer
ferneren Universitätsstadt studirte, wollte
sich genau von desfem Lebenswandel
überzeugen. Er beauftragte also einen
dort wohnenden Freund, in die Kneipe
zn gehen, in welcher sein Sohn zu v rkeh
ren pflegte. Nach einiger Zeit schrieb
der Freund dem Gutsbesitzer : „Es thut
mir leid, Ihrem Wunsche nicht ent
svrrchen zn können. Denn so oit ich die
Kneipe besuchte, tranken mir die Stu
denten derartig zu, daß ich immer schon
unter dem Ti ch lag, wenn Ihr Herr
Sohn ans der Kneipe erschien."
Old England. Dialcg zwi
schen einem glänzenden Lebemann, de»
sber schon em wenig
ist, und einer jungen Miß: „Ich wäre
glücklich, wen» Sie mir erlanbien, bei
Ihrem Laier um Sie anzuhalten."
„Aohl Sie wisse»« nicht, ua« das ist sü»
ein Mann, dec Papa von mir."—„Ja,
aber was könnte er mir denn thun,
wenn ich zu ihm käme unÄ um Ihr«
Hand bäte?" „Er uäre im Stande,
mit seinen Fuß zu treten in einen Theil
von Ihnen."
Unerwartete Antwort.
Standesbeamter (zu eiuein bäniishen
Brautpaar, seierlich): Sind Sie sich
anch bewußt, welch' einen tmchtigen
Schritt Sie jetzt thun, welch' ein unzer
reihbare« Bans Sie für « ganze Leben
knüp «n? Braut: Jessez, nein!
Auch ein Pfänderspiel.
Fräulein (beim Pfänderspiel): „Fi«
müssen ein geben, Herr Pn» p-r.
Ihre Uhr!" Stuö«»t (verlegen): „Die
ist mir gestern bereit» gep änset wor
den, meine Damen, man hat sie mir
aber noch nicht wieder zurückgegeben!"
I«r ««schichte d«» V»»r,«»ffta»d«»
Zur Geschickt« de« Märzaussta»d««
und de» Zurückziehen» der Truppen'»»
Berlin im Jahre 184 S geben die soebe«
in Berlin erschienenen Denkwürdigkeite»
de» Generals Leopold v. Gerlach ei»««
Beitrag, Gerlach war damals General
adjutant des König». Räch den Denk
würdigkeiten soll Minister v. Bodel
schwingh die ihm vom Könige ertheilten
Aufträge hinsicktlich der Veröffentli»
ckung der weltberühmt gewordenen
Proclamation „An meine lieben Ber
liner" und die Befehle, betreffend di«
Zurückziehung der Truppen au» dem
aufständische» Berlin überschritt«! ha
ben. Die Scene, welche fich im könig
lichen Scklosse zwischen dem Prinzen
von Vreufen, dem befehligenden Gene
ral v. Prittwitz, den Officieren einer
seits und dem Minister v. Bodel
sckwinqb andererseits abspielte, besitzt
eine wirkl'ch gesckich liche Tragik. Der
Prinz erklärte, der RückzugSbeiehl steh«
im Widerspruche mit der königlichen
Proclamation. General v. Prittwitz
meinte, daß dpS Verschwinden der
Truppen von allen Straßen und Plätzen
eine bore Unmöglichkeit sei. Der Mi
nister „donnerte" dem Prinzen und dem
General entgegen, „an den Worten de»
König» darf nicht gedreht und gedeu
telt werden." Und al» der Prinz di«
Frage stellte, ob denn auch „die Schloß
plätze" darunter einbegriffen seien,
„donnerte ihm der Minister noch einmal
dieselben Worte entgegen". Bodel
schwingh wendet sich nun an die an
wesende» Lssiciere und rost ihnen zu:
„Run lausen uud reite» Sie, mein«
Herren, die Befehle de» König» zu
überbringen, die Truppen sollen mit
Singendem Spiele abmarschiren."
Der Flügeladsutaut Branchttsch wei
gert sich, da» Geschäft auszuführen, und
General Prittwitz übernimmt dt? Be
stellung. Der Prinz von Preußen de
aiebt sich indessen sosort in das Kablet
des Königs. Er findet ihn daselbst
dock nickt. „In dem rothen Zimmer
tresfrn sie zusammen. Der König sah
di« allgemeine Konsternation. Der
Prinz erzählte ihm den Austritt mit
Bodelschwingh, worauf der König er
klärt«, er hätte keinen anderen Austrag,
keinen anderen Befehl gegeben, als de»,
dcr in der Proklamation enthalten ist,
und eS müßte das fos»rt geändert wer
den."
Eine Abänderung der Anordnungen
war jedoch ganz unmöglich geworden.
„Während dieser entscheidenden Krisis,"
so fährt Gerlach erzählend sort, „saß
der Gras Arnim und kompouirte sein
Ministerium. Der Prinz von Preußen
tras ihn dabci und sagte, als er die Na
men Anerswald und Schwein laS:
„DaS ist ja ganz wie in Paris, warken
Sie doch damit noch." „Rein," war
die Antwort, „eS ist die höchste Zejt."
Ueber die Reise des Prinzen von
Preußen, späteren Kaiser Wilhelm»
nach Helgoland im Jahre 1848 geben
die Denkwürdigkeitcn des Generals v.
Gerlach einige nähere Auskunft. Die
Reise erfolgte, wie der Prinz später aus
dem Bodelsbergs dem General erzählte,
aus die Veranlassung der Grafen Ar
nim, Stolberg und des Herrn v. Mas
sow.
„Als der Prinz nach feiner Rückkehr
fie um dcn Grund ihrer Besorgniß ge
fragt, erwiderte Arnim, „er hätte kein«
eigenen Nachrichten gehabt, sondern nur
aus Andere gehört! Massow bezog sich
aus Stoiberz und Stolberg auf Reden,
die er aus dem Schloßplätze gehört."
Stolbeig sagte, als der Prinz sich der
Abreise widersetzen wollte, „die Sicher'
heit des König« erfordere die Abreise.'"
Prinz Wilhelm suhr in der Equipage
von Nostiz »ach dem Karl«bade und
stieg dort mit der Prinzessin bei dem
Regierung«ruth v. Schleinitz ab. Vincke
als Dritter auf dem Be
diententritt. Montag, den xv. srüh,
fuhr er nach Spandau nnd blieb daselbst
zwei Nächte in der Citadelle. Dann
fuhr ihn der Lieutenant Tietzen al«
Lutscher nach der Pfaneninseü Hier
verlieh ihn di« Prinzessin, um sich zu
ihren Kindern nach Potsdam zu bege
ben. „In der Nacht vom Mittwoch
zum Donnerstag sqll fie, so verlangt e»
der Prinz Karl, Potsdam verlassen, sie
sei nicht sicher, und ihr Aufenthalt ge
fährde die ganze Familie. S<e weist
die Zumuthunz scharf ab, und die Gene
räle Priit'vitz, Hirschfeld, Unruh unter
stützen ihre Weigerung." Die Reis«
d«S Prinz?» Wilhelm geht über Perl«-
berg. Dort wurde sein Wagen an der
Bezeichnung eines Felleisen« bei der
Bisitirnng der Pässe erkannt. Der
Prinz geht zn Fuß fort bis zu einem
Prediger, welcher ihn mit seinem Wagen
nach Hagenow schickt, von wo ihn der
Vossische Inferior ül>er die Grenze
fahren läßt. Dann geht er mit der
Eisenbahn nach Hamburg und bleibt
dort im Landhaus« des EonsulS bis zu
ieiuer Abreise nach England."
Zu spät. Graf von X. komm»
zum Psandlciher und verlangt Sv.tXX)
Francs leihweise «uf die Juwelen sei
ner Frau. „Wollen Sie," sagte eF,
„gefälligst Imitationen onsertigen las
sen, damit meine Frau nichts merkt."—
.Ich bedauere sehr, Herr Graf," ant
wortete der Psandlciher, „die Frau
Gräsin war schon vor 14 Tagen hier.
Die Steine sind bereit» Imitationen."
Erklärlich. Alter Herr:
„So schrei doch nicht so, Kind; sei doch
eil Mann." Kind (weinend): „Ich
kann doch kein Mann sei», ich bin ja ei«
Mädchen."
RauchschwacheS Pulve»
im Manöver. Der alte Hase: „Kin
der. 'S Leben wird immer schwerer; ka
Ranck, ka Knall, ma weiß vimmer, wo
hin ma laufen soll. Da soll der Teufel
a Has' sein.
Die Mama ist beim Backen.
Der kleine Fritz: „Mama, Tu redest
ja gar nicht beim Backen!" Mama:
„Nun, was sollte ick denn auch sagen,
mein Junge?" Der kleiue Fritz: ,»jum
Beispiel: Fritz, willst Du nicht ei«
Stückchen Kuchen haben?"