Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, August 27, 1891, Page 7, Image 7

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    »««tsch« L«c«t»achrtchtt».
Provinz Brandenburg.
Ein zündender Blitzstrahl fuhr in die
Kirche zu Niemegk und zerstörte die
Orgel und den Altar. I» derselben
Nacht traf auf dem Gute Marienhos
bei Belzrg ein heftiger Blitzstrahl die
Jnspeclor-Wobnung. riß die an der
Wand hängenden Gewehre herab und
fuhr durch den Fußboden in d,e Ge
sindestube. dort zwei Knechte betäubend,
und einem dritien die rechie Seite läh
mend —Das SOOjährige Jubiläum
der Schneider Innung in Küstrin wurde
festlich begangen. In dem Festzuge be
fanden sich neben der Jubilarin histo
rische Gruppen, die alterthümlich ge
schnitzte Lade. Vertreter der Schneider-
Innungen aus Berlin, Franksurt a. 0.,
Seelow, Königsberg N.-M. und Neu
damm, sowie Abordnungen verschiede
ner hiesiger Innungen. Die Berliner
Innung stis'.ete der Jubilarin einen
goldenen Fahnennagel. D'e Jnnungs
lcde enthält demertenZwerihe Urkunden
von Johann Fnedrich, dem Großen
Kurfürsten, welcher der Innung dl»
Privilegien verlieh.
Ost. und Westpreußen.
Die Müller Innung in Friedland be
ging das Fest ihres 4Sojährigen Be
stehens l 1441 erwarben unter Hochmei
ster Friedrich von Brandenburg die
wenigen Müller Ostpreußens die ersten
Zunftrechte, und in Bartenstein hielt
Johanni 1441 die Müller-Innung ihre
erste Sitzung. Dieselbe zählt jetzt 134
Mitglieder. Die neuerbaute Kirche
in Snvniewo wurde feierlich eingeweiht ;
der hiesige Seminarchor wirkte bei der
liturgischen Andacht mit. Durch eine
Ehestands Tragödie wurden die' Be
wohner in Elbing in Ausregung ver
setzt. Die Gärtner Lehmannschen Ehe
leute lebten in einer keineswegs glück
lichen Ehe. Es kam öfters zu Streitig
keiten, die manchmal in Thätlichkeiten
ausarteten. In Folge dessen war von
Seiten der Frau der Antrag aus Ehe
cheidung gestellt. Der Mann, der dem
Trünke ergeben war, hatte sich vor etwa
4 Wochen nach Lauenburg in Pommern
abgemeldet. An einem Vormittag
fuhr, wie die Danz. Z. berichtet, der
Mann, von dort kommend, in einer
Droschke vor der in der Fischerstraße
befindlichen Blumenhalle seiner Fr"u
vor, in welcher dieselbe gerade anwesend
war, und feuerte aus einem Revolver
auf die Frau einen Schuß ab, der sie in
dcn Rücken traf. Einen zweiten Schuß
gab Lehmann gegen sich ab, der in den
Hals ging und am Ohr wieder heraus«
iam. Trotz dieser Verletzung behielt
L. noch so viel Kraft, um nach dem Bo
den zu flüchten. Hier öffnete er sich die
PulSadcrn am linken Arme. Blutüber
strömt fanden ihn die Polizeibeamten
und brachten ihn nach dem Krankenhause.
Die Frau befindet sich jetzt im Diacouij
senhauje.
Provinz Posen,
Die Ernte hat in Crone a. B. und
Umgegend begonnen und kann man den
Ertrag derselben im Voraus als sehr
befriedigend bezeichnen. Wenn der
Roggenertrag auch nicht so groß sein
wird, wie im Vorjahre, so haben wir
dasür eine Weizenernte zu erwarten,
welche die deS Vorjahres bei Weitem
übertrifft. Auf dem Anfiedlungsgute
Luborn ist die evangelische Kirche im
Rohbau vollendet; ein zweites evange
lisches Kirchspiel wird in Zerniki bei
Znin errichtet werden. Drei evange
lische Geistliche sind zur Pastorirung der
Kolonien in den Kreisen Wongrowitz,
Znin und Bliesen angestellt worden.—
In der Braunkohlengrube „Robert-
Seegen" bei Meseritz stürzte ein
Bergmann eiwa achtzig Fuß in die
Tiefe hinab, wobei er seinen Tod
fand. Ferner verstarb der Todten
gräder G. bei Ausübung seines Be
rufs in Folge eines Schlaganfalls.
Der Kassenabschluß über das Provin
zial Sängersest in Meseritz weist einen
von der Bundeskasse zu tragenden Fehl
betrag von «!S0 M. aus.—Einen Selbst
mordversuch. wie er nur im Wahnsinn
verübt werden kann, hat die Schuhma
cherssrau TuraSjski in Strelno unter
nommen : sie hat sich selbst mit einem
Beile den Schädel zu spalten versucht.
Der ehemalige Reichsbankvorsteher
Gottlieb Mayer aus Neisse verbüßt
seine zehnjährige Strafe im Strigauer
Znchihause. Er hat daselbst die Stel
lung eine« Buchhalters erhalten. —Die
Strafkammer in Wöllstein verurtheilte
den katholischen Vikar Oleinik wegen
Majesiätsbeleidigung zu vier Monaten
Festung. Derselbe hatte seinen Unwil
len darüber geäußert, daß in der Woh
nung einer Katholikin zwei Kaiserbilder
zwischen Heiligenbildern an der Wand
hingen.
Provinz Sachsen.
In Sckermen fand man die seit meh
rere» Tagen vermißte Handelsfrau
Wilhelmine Ernst in ihrer Wohnung in
einem R osser als Leiche vor, in dem sie
offenbar erstickt war. Man nimmt an,
daß sie in einem Anfalle von Geistes
störung aus diese absonderlich« Weise
den Tod gesucht und gesunden hat.
Au« der der Stadt Halle vor einigen
Jahren zugefallenen Hinterlassenschast
des Lieutenants Paul Riebeck, Sohn
des Begründer» der Riebeck'schen Mon
tanwerke, wird nunmehr seitens der
städtischen Behörden unter dem Namen
„Riebeckstistung" ein AlterversorgungS
heim für alte hilfsbedürftige Halle sche
Bürger und Wittwen, resp. Töchter fol
cher, errichtet. Für die Baulichkeiten
sind «00,000 M., für Unterhaltung
und Verwaltung 1,500,000 M. be
stimmt. Von dem Herzog von Cum
berland ist den Theilnehmern an der
SSjährigen Gedächtnißfeier der Schlacht
von Langensalza eine silberne Medaille
verliehen worden. Etwa 1200 Stück
wurden aus dem Schlachtfeld- vertheilt,
tS sollen aber alle noch lebenden Hanno
ver'schen Langensalza Kämpfer eine der
artige Medaille erhalten. Die sächsi
sche Regierung hat angeordnet, daß alle
Dörfer, die über 1000 Einwohner zäh
jen, eine eigene Feuerwehr besitzet»
müssen. Die Leute erhalten für ibre
Thätigkeit Vergütung. Die vom
Sultan für die Ueberschweminten des
SaalethaleS gespendeten 13.500 M.
sind dieser Tage in Naumburg eilige
gangen und zur Vertheilung gelangt.
Provinz Hannover.
Der 10. deutsche Turntag hat in Han
nover stattgesunden. Dem Turntag
ging eine zwei Tage währende Sitzung
deS Ausschusses der deutschen Turner
schast unter Vorsitz des SchuldireetorS
Maul - Karlsruhe voraus. Zur deut
schen Turnerschast gehören jetzt 42SS
Vereine mit 421,726 Mitgliedern. Der
Kassenbericht weist einen Bestand von
Stt.lW Mark aus. Mit dem Turner
tage waren verschiedene Festlichkeiten zu
Ehren der 533 Abgeordneten und des
Ausschusses der deutschen Turnerschast
verbunden. So fanden statt: Concerte,
Commerse, Festtafeln, Schauturnen,
Besichtigung von Sehenswürdigkeiten,
Ausflüge nach dem Hermanns-Denkmal
und Detmold u. f. w. Die Gewinn
liste vom 5. Deutschen Bundes - Kegel
feste ist >etzt abgeschlossen. Da« Resul
tat ist folgendes Auf der Meister
schaitsbohle errang H. Müller - Altona
die Meisterschaft mit 7 Gassen und 36
Holz und erhielt den Meisterorden. das
Diplom und 100 Mark; Lehrer August
Dreyer.Hannover erzielte als Zweiter
6 Gassen und 31 Holz (Diplom und 30
Mk.). Die Meisterschaft aus Asphalt
sechs Figuren und 179 Holz (Meister
ordc«, Diplom und hundert Mk.), der
zweite Preis fiel aus Mangels - Ham
burg, der dasselbe Resultat erzielte, aber
beim Stechen unterlag; er erhielt 80
Mk. und ein Diplom. Die Reihenfolge
der sechs Zieger im deutsch - amerikani
schen Turnier, an dem je 17 amerika
nische und deutsche Kegler theilnahmen,
st folgende: 1. Miller-New Aork i 2.
Lilde-Magdeburg; 3. Träber Berlin;
4. Kämmerer - New Mrk; S. Lüders-
Hamburg! K. Schmidt-Dresden. Auf
den Ehrenbahnen siegte Bade - Hildes
heim ; er hat bis zum nächsten Bundes
kegelfest das Recht, den Titel „Deut
scher Kegelkönig" zu führen. Der
allgemein beliebte Landgerichtsrath
Stoltz in Hannover erschoß sich in einer
Trojchle. welche er genommen hatte, um
nach dem Todtenhause zu fahren. Gei
stige Ueberarbeitung foll die Veran
lassung zur That sein. 112 In Celle
Freih. von Grote-Smega, einer der an
gesehensten Führer der Welsenpartei.
Rheinprovinz.
Bei Gelegenheit der Kirmesprines'
sion der Psarre St. Peter in Aachen
zericthen in d?r Comphausbadstraße
die leichten Kleider eines der vor dem
Sanctifsimum schreitenden Mädchens
durch eine» aus dem Weihrauchsaß flie
genden Funken in Brand, und erlag
das Kind am nächsten Tage den dabei
erhaltenen Verletzungen. Der durch
den jüngsten Orkan in dem von der
holländischen Grenze bis Aurath sich
erstreckenden?ändergebiete angerichtete
Schaden ist ein ganz enormer. Die
Vauerjchasten Loosen und Lind sind
vollständig zerstört. Im Kreise Kem
pen allein beträgt der Schaden an zer
störten Gebäuden eine Million Mark,
in Anrath 400,000 M. und in Süch
teln 70(1.000 M. Die Feld- und Gar
tenfrüchte sind völlig vernichtet 112 In
Toblenz der erste Commandant von
Zoblenz - Ehrenbreitenstein, General-
Lieutenant Gras zu Rantzau, in Wil
ielin«hohe bei Cassel. Anläßlich de«
)ojährigen Bestehens des Realgymna
siums in Düsseldorf ist von srüheren
Schülern der Anstalt ein Betrag von
IZ,OOO M- zum Zwecke der Unter
stützung von Lehrer-Wittwen und Wai
>en der Schule geschenkt worden.
Zin hochherzige« Geschenk von 30,000
Nark zu Gunsten der Armen ist der
Stadt Elberfeld feiten« der kürzlich ver
storbenen verwittweten Frau Commer
jienrath Aders gemacht worden. —Nach
»mtlichen Ermrttelungen beträgt der
zurch das Unwetter am 1. Juli im
Landkreise Essen angerichtete Schaden
mnähernd zwei Millionen Mark. --
Königreich Baiern.
Line merkwürdige Naturerscheinung
vurde bei einem Gewitter in München
beobachtet. Ein Augenzeuge berichtet
darüber: Von einem Gewitter, wel
heS von Westen heraufzog, war der
irste Donner um IS Uhr IS Min. zu
hören. Ich hatte mich eben mit ande
ren Herren über das Auftreten der ganz
eigenthümlichen Kupferfarbe besprochen,
velche man bei Hagelwolken manchmal
bemerken kann, als ich um II Uhr SS
Min. im Norden der Stadt nach
vor einer dunklen, in ihren äußeren
Umrissen merkwürdig zerfetzten Regen
ivolke einen schlauchförmigen Streifen
m schräger Richtung herabhängen sah.
ttlSbald zeigte sich in demselben e>ne
intensiv auswärts gerichtete Schrau
denbewegung, welche man deutlich wahr
nehmen konnte. Gleichzeitig machte
zber der Schlauch als ganzes sehr leb
hafte Bewegungen, die sich fast nur mit
>enen eines Reptils vergleichen ließen.
Schließlich wurde der ganze Schlauch
sehr rasch nach oben in die dunkle
Wolke hineingezogen, unter Bewegun
zen, welche ganz den Eindruck machten,
»l« ob sich ein Reptil in seinen Schlupf
winkel zurückzöge. Wenige Secunden
später trat diese Schlauchbildung an
jast der gleichen Stelle nochmals auf,
>och war die Intensität der ganzen
Lrscheinung und der Bewegungen viel
zeringer. Das ganze Schauspiel war
um II Uhr S«i Minuten wieder ver
schwunden. Um II Uhr S 7 Minuten
fiel Hagel, der zwar ziemlich heftig, aber
doch nur vereinzelt war. Die Tempe
ratur zeigte einen starken Abfall von L
Krad, nämlich von S 0 Grad um 11
Uhr bis auf 14 um 11 Uhr 30 Min»
en, hob sich aber bis Mittag bereits
wieder aus 17,0 Grad. Die Luftdruck
chwankung war sehr gering und trat
uch kein stärkerer Wind auf. Die Er
cheinung war eine so eigenthümliche,
»aß sich unwillkürlich der Gedanke aus-
drängte, eS mögen VolkSsagen von flie
genden Drachen manchmal durch einen
ähnlichen Anblick entstanden sein."
Königreich Württemberg.
Endlich findet auch in Deutschland
die Einführung von sogenannten Kar
tenbriefen oder, besser gesagt, verschließ
baren Postkarten, deu verdienten Ein
gang. Württemberg ist der erste deutsche
Staat, der solche einrührt, während
unsere Nachbarländer (Frankreich.
Oesterreich Ungarn. Belgien -c.) längst
!>ieseS praktische Postwerthzeichen besit
zen. — Wie in Bayern und Sachsen
werden auch dem Württemb. Armee-
CorpS 3 japanische Officiere zugetheilt
werden, und zwar je einer in die Gar
nisonen Stuttgart, LudwigSburg, Ulm.
Mit der Verleihung des bayerischen
Hubertusorden, den kürzlich Freiherr v.
Mittnacht erhalten hat, ist ein Jahres
einkommen von 1000 fl. verknüpft.
An der vom Kommerzienrat!, Stänglin
ausgerüsteten württembergischen Spitz
bergenexpedition, welche letzter Tage
aus dem Danipser „Amely" in Bremer
haven in See gegangen ist, betheiligen
sich Dr. Max Graf Zeppelin und Pro
fessor Baur (beide aus Stuttgart),
Bergreserendar Cremer (Berlin) und
Dr. Faber lStuttgart) als Schiffs
irzt. Außerdem hat sich Fürst Karl
von Urach, Gras von Württemberg,
ils Passagier angeschlossen. Die
Dauer der wissenschaftliche Zwecke ver
folgenden Expedition ist auf 4 Wochen
in Aussicht genommen. —f In Stutt
gart der Universität»'Professor Dr.
Fried, v. Reusch. Eine norddeutsche
Gesellschaft hat in Biberach in einer
Tiefe von 153 Metern ein mächtiges
Salzlager erbohrt. Das bereits er
worbene AuSbeutungSrecht dehnt sich
über eine Fläche von zweihundert Hek
taren aus.
Die vor wenigen Wochen in Eßlingen
verstorbene Frau Sophie Kienlin, Fa
brikanten-Wittwe, hat der Armenkasse
ZO.OOO Mark als Vermächtniß hinter
lassen. Die auf der Bahnhofsrestau
eation in Rorschach bedienstete Köchin
Rosa Egelhofer von Roth, O. A. Leut
lirch, hat hier ihr S—3 Wochen altes
knäbchen mittelst eine« um den Hals
geschnürten Taschentuches erdrosselt und
in den Abort deS Bahnhofs geworfen.
Nei ihrer Verhaftung machte sie einen
Versuch, sich in den See zu stürzen.
Zu Geldstrafen in Höhe von SO.SOO M.
wurde der Handelsmann Moses Nathan
in Laupheim wegen Steuerhinterziehung
oerurtheilt. Der jung verheirathete
ln Müllenstetten ansässige Arzt Dr.
häring hat sich ehelicher Differenzen
wegen vergiftet. Aus die Kunde von
»ein Tode ihres ManneS inachte die
junge Frau, eine SSjährige Nürnberge
rin, auf gleiche Weise ihrem Leben ein
Lnde. 112 In Leipzig, wohin er sich,
um Heilung von einem schweren Leiden
m suchen, begeben hatte, der demokrati
sche Landtagsabgeordnete sür Neuen
burg. Heinrich Bleyer. Der Silber
pokal des Königs, der von demselben
jum Bundesschießen in Reutlingen ge
stiftet worden ist, wurde von dem
Schützen Friedr. Schäfer von Tübingen
errungen. Die Gewerbeausstellung
Tübingen schloß mit einem Reinge
winn von nahezu SOOO M. ab. Das
von dem verstorbenen Stadtpfleger St.
In Tuttlingen hinterlassene Deficit be'
rägt ca. 80,000 M.
Broßherzogthum Baden.
Die Haßmann'fchen Eheleute, welche
tn Bruchsal ihre goldene Hochzeit feier
ien, erhielten vom Großherzog eine
hübsche Denkmünze. Aus dem Bahn
damm wurde die Leiche i5eS Johann
kolang von Hügclheim gefunden. Miß
handlungen seitens seiner Sohne sollen
den Mann in den Tod getrieben haben.
—Ein in Offenburg verhandelter groß
artiger Wucherproceß gegen die Han
delsleute A- Hammel und Sohn, W.
Dreyfuß, M. Kassewitz und S. Durla
her von Schmieheim und den Gärtner
I. Jsemann von Oberkirch hat durch
Lerurtheilung sämmtlicher Angeklagten
m hohen Hast resp. Zuchthausstrafen
seine Erledigung gefunden. ES han
delte sich um eine der modernen Bau
ermängereien, im Complott betrieben.
s In Ueberlingen ein einstiges Mit
glied des Frankfurter Parlaments und
Stuttgarter Rumpfparlaments, Dr.
med. Zimmer, früherßadearzt in Karls
bad. Er hatte s. Zt. wegen feiner frei
heitlichen Gesinnung in Oesterreich
Jahre im Kerker schmachten müssen.
Lom Oberreichspostamt in Berlin ist
die Genehmigung zur Erbauung eines
Reichspostamts in Walldürn ertheilt
worden.—ln der Rheinebene hat jetzt
Iberall die allgemeine Ernte begonnen.
Schaaren von Arbeitern aus dem hessi
schen Odenwald sind dazu eingetroffen.
Elsaß-Lothringen.
Strasburg, Die Regierung ist in
den Besitz der Statuten und der Mit
zliederliste eines Revanchevereins ge
langt, der seinen Sitz in Nancy hat,
etwa sechshundert Mitglieder zählt und
unter der Firma einer gegenseitigen
Hülfsgesellschast den Zweck verfolgt, die
Rückkehr von Elsaß Lothringen nach
Frankreich zu betreiben und in Handel
und Verkehr die sremde Concurrenz
fern zu halten. In Folge dieser Um
stände ist neuerdings in Elkaß-Lothrin
gen eine Verschärfung in der Hand
habung des Paßzwange« getreten.
In der Nähe der Stadt Diedenhofen
wurde vor vier Jahren ein gewisser Jo
seph Foufse aus dem Kreife Bitburg
ermordet aufgefunden. Jetzt hat sich
der Verdacht, den Mord verübt zu ha
ben, aus einen gewissen Jakob Back aus
St. Peter bei Diedendosen gelenkt.
Derselbe ist flüchtig. Die in der Um
gend von Forbach zerstreut liegenden
Soldatengräber von 1870 hat man ge
öffnet, die noch vorhandenen Gebeine
herausgenommen und in einem Massen
grabe auf dem Kirchhof beigesetzt.
In Fröschweiler wurde dieser Tage der
Gras Ferdinand Eckbrecht von Dörck
heim Montmartin zur letzten Ruhe be
stattet. Der Verstorbene gehörte zu
den Ersten, die in de ReichSlanden sich
der Neuordnung der Dinge rückhaltslos
anschlössen. Au» Eifersucht schnitt i»
einer Aastwirthschast in Lauterburg der
Tagner Michael Wagner, ein vielfach
bestraftes Individuum, dem ledigen
Tagner August Ho den Hals ab.
Mecklenburg.
Nachdem der Großherzog erklärt hatte,
von seinem Begnadigungsrechte keinen
Gebrauch machen zu wollen, fand am
17. Juli Morgen« aus dem umfriedeten
Hose des GefangenenhauseS in Güstrow
im Beisein des ersten Staatsanwalt«
Heydemann. Landgerichtsrath Paschen,
LandgerichtSrath Dr. Wigger. Land
gerichtSsekretär Köhn, Hausmeister
Baumgarten und Gesangenwärter Voß
die Hinrichtung de« am 17. März d. I.
wegen dreisachen Mordes zum Tode
verurtheilten Knecht« Gustav Busch aus
Sähle statt. Die Exekution, der außer
den oben genannten Herren vom Gericht
eine Anzahl Personen beiwohnten, voll
zog der Scharfrichter Reindel aus
Magdeburg. Ungefähr H Stunde vor
her. als der Prediger die Zelle verließ,
machte Busch noch einen Fluchtversuch,
indem er, mit einem Ruck aufspringend,
die Gefangenwärter bei Seite schob,
durchs Gefangenenhaus in die Wohnun.g
de» GefangeiiivärterS 80ß stürzte und
hier aus dem geöffneten Fenster sprang;
hierbei brach er das linke Bein. Die
Hinrichtung des gleichfalls wegen der
selben Verbrechen zum Tode verurtheil
ten Missethäters Richard Richter aus
Neustadt - EberSwalde ist einstweilen
verschoben.
Freie Städte.
Ein Hamburger Gesangverein unter
nahm jüngst seinen diesjährigen Aus
flug. Am Nachmittag, zu der festge
setzten Zeit, sollten sich die Mitglieder
am Berliner Bahnhose mit ihren Fa
milien einfinden. Ein dem Verein
angehörender Schlosser beabsichtigte,
ebenfalls an dem Ausflug theilzuneh
men. Seine Frau und beiden Töchter
hatten schon wochenlang an ihren
Ausflugsgarderoben gearbeitet und
sreuteu sich königlich daraus, durch
die neuen Roben beim Ausflug
die bewundernden Blicke der Fest
theilnehmer auf sich lenken zu kön
nen. In unbegreiflichem Irrthum des
Vaters, der seiner Familie da« Reise
ziel noch gar nicht mitgetheilt hatte,
ging man nicht nach dem Berliner, son
dern nach dem Pariser Bahnhof, und
wartete dort natürlich vergeblich auf da«
Eintreffen der übrigen Theilnehmer.
Hierüber erstaunt, besprach man die
mögliche Ursache des Ausbleibens der
andern und kam so im Gespräch
endlich darauf, daß man wohl nach
dem Berliner Bahnhof Hinüber
zehen müsse. Gesagt, gethan.
Dort angekommen, war der Zug mit
den Mitgliedern des Gesangvereins
bereits abgefahren. Das hätte nun
weiter nicht gehindert, denn man konnte
ja mit dem nächsten Zuge abfahren,
allein, da stellte sich ein neues Hinder
niß ein. Der zwölfjährige Karl war
verschwunden und trotz vielen Suchen?
nicht wieder aufzufinden. Während der
Bater die Bahnhofsräume absuchte, eilte
die Mutter nach dem Pariser Bahnhof
zurück. ResulratloS kamen Beide
zurück, als sich auch Karl plötzlich wie
der einsand. Er war ganz in der Nähe
umhergelaufen, gar nicht wissend, daß
man ihn vermisse. Als nun endlich der
Vater zum Schalter trat, um die Fahr
karten zu lösen, wurde Mama infolge
der vielen Ausregungen von einer Ohn
macht angewandelt und mußte nachdem
Wartesaal geführt werden, Nach so
viel Hinternissen beschloß man denn,
da auch die Zeit schon vorgerückt war,
von dem Ausflug abzustehen. Mit ge
mischten Gefühlen traten alle den Heim
weg wieder an.
Schweiz
In St. Gallen wurde ein Verbrechen
begangen, das die ganze Stadt in Auf
regung versetzte. Ein gewißer Johann
Georg Altermatt, Steinhauer von Vil
terS (St. Gallen), trat zur bezeichneten
Zeit in das Studirzimmer des Herrn
Dr. med. Guido Rheiner an der Post
straße und fragte nach der Rechnung
für die Behandlung seiner Frau, die
seit Anfangs Mai in der Irrenanstalt
Basel untergebracht ist. Während
Altermatt sprach, soll Dr Rheiner ge
standen und bei der Drehung nach dem
Fragesteller bereits beobachtet haben,
daß derselbe hastig ein Messer aus der
Tasche riß und öffnete. Wie wüthend
habe sich dieser nun aus ihn gestürzt und
so rasch als möglich nach ihm gesto
chen. Dr. Rheiner zog sich, mit den Hän
den abwehrend, zurikk und wollte entflie
hen, vermochte dem Attentäter auch für
einen Augenblick den bewaffneten Arm
festzuhalten, derselbe ließ aber erst ab,
als um Hilfe geschrieen wurde und Dr.
Rheiner mehrere Stiche an der rechten
und linken Hand und an der rechten
Schläfe und noch eine Wunde an der
rechten Seite erhalten hatte, und Beide,
der Angreifer und der Angegriffene, zu
Boden gestürzt waren. Da erhob sich
Altermatt wieder, versetzte sich selbst
noch vor den Augen Dr. RheinerS einen
Stich in die Brust und soll ssch mitten
ins Herz getroffen hoben. Er verließ
langsamen Schrittes Zimmer und Haus.
Bor der Gartenthür stürzte er todt zu
sammen. ES unterliegt keinem Zwei
fel, daß Altermatt, ein kräftiger Mann
von etwa 35 Jahren, in einem Anfalle
von Geistesstörung gehandelt hat.
Die „Schweizerische Bauzeitung"
hat die Urtheile einer Anzahl
auswärtiger Fachblätter über die Ur
sachen deS Mönchensteiner Unglücks
zusammengestellt und sagt dann zum
Schlüsse: „Wir müssen den erwähnten
Fachmännern die volle Verantwortlich
keit sür ihre Aussagen überlassen.
Würde sich die Richtigkeit derselben
»uch nur zum Theil erwahren, so müßte
daraus für jeden Unbefangenen der
Eindruck hervorgehen, daß die Mön>
chensteiner Brücke mit zahlreichen Con
struktionSfehlcrn behaftet war, von de
nen ein einzelner schon genügt hätte,
die furchtbare Katastrophe herbeizufüh
ren. Nach diefen Ausfagen wäre eS
also auch nicht mehr nöthig, zur Erklä-
rmig de» Zusammenbruch« nach dem
beliebte» Su«hilf»mittel einer Entglei
fung des Zuge» auf der Brücke zu grei
fen oder die Qualität de» Eisen» aus
den schlechten Unterhalt der Brücke mit
in Betracht zu ziehen. Für den Er
bauer der Brücke, die bezügliche Eisen
bahn Gesellschaft und unsere eidgenössi
sche Aufsichtsbehörde, bildet diese fach
männische Beurtheilung der Brücken
construetion eine schwere Anklage, und
wir haben keinen sehnlicheren Wunsch,
als den, daß eS gelingen möge, alle
diese Aussagen vollständig zu entkräs
ten." Ueber das Unglück aus
dem Neuenburger See wird dem „Bund"
geschrieben: Mitten in die Festfreude
deS letzten Sonntags wurde die Schrek
kcilSkunde getragen, daß auf dem See
ein schreckliches Unglück sich zugetragen
habe: Aus dem See suhren die beiden
Dampfer „L'Helvetie" und „Le Cygne",
auf welchen zahlreiche» Publikum Platz
genommen hatte, um das festliche Schau
spiel der beleuchteten Stadt sich vom
See aus anzusehen. Der „Cygne" be
fand sich außerhalb des Umkreises, in
welchem sich die kleinen Schiffe bewegen
sollen, als er sah, daß der kleine Dam
pfer .Lutin", der mit venetianifchen
Lampen illuminirt war, von der Seite
her gefahren kam. Der .Cygne" war
beinahe zum Stillstand gebracht, als der
„Lutin" anprallte und umschlug. Es
war der Mannschaft des .Cygne" nicht
möglich gewesen, die Insassen des „Lu
tin" rechtzeitig aus die Gefahr, welche
sie liefen, aufmerksam zu machen. Der
heftige Wind hals mit, die beiden Schiffe
auseinander zu treiben. Im „Lutin"
besanden sich drei Herren Bouvier, zwei
junge Engländer, zwei Heizer und drei
Damen. Die letzteren ertranken. Es
waren Wittwe Bouvier, deren Schwie
gertochter Frau Bouvier-Gerster und
e.in Fräulein Perrin, die von Florenz
nach Neuenburg zu ihrem Schwager aus
Besuch gekommen war. Herr Eugen
Bouvier hat mit diesem schrecklichen
Schlag seine Mutter und seine Frau,
die ihm vier unmündige Kinder hinter
läßt, verloren. Die drei Herren Bou
vier und ein Heizer konnten durch die
Schaluppe des „Cygne" gerettet wer
den. Der andere Heizer und einer der
beiden Engländer erreichten schwimmend
ein Schiffchen, auf dem ein deutscher
Osficier war. der sich in Neuenburg auf
hält. Der andere Engländer konnte
erst viel später gerettet werden, da er
sich an einen Schiffstheil geklammert
hatte und von der Strömung fortge
rissen worden war.
O e st e r r e i ch.
Dieser Tage ist die hier hochgeach
tete Dame, Frau Pauline Clairmont,
Schwester des Güterschatzmeifters de«
Oberhofmarschallamtes, Herrn Wil
helm Clairmont. im Gebirge bei Oeb
larm abgestürzt. Man fand den gräß
lich zerschmetterten Körper der Unglück
lichen im Walchenbach liegen. Ein
junger Mann von SS Jahren, wahr
scheinlich amerikanischer Staatsangehö
riger und seiner Angabe nach Med.-Dr.
Heinrich Angel, lernte in Atzgersdors
die Tochter eine» Kaufmannes, Fräu
lein Hermine Weiß, kennen, erwarb
die Neigung de« Mädchens und hielt
um ihre Hand an. Vor einigen Wo
chen wurde die Hochzeit gefeiert. Kürz,
lich jedoch wurde das Glück der Flitter
wochen jäh gestört, da der junge Arzt
mit der Mitgift und dem Schmucke
seiner Frau verschwand. Die Mitgift
betrug 2200 fl. Der Schmuck besaß
einen Werth von über 2000 fl. Die
Schauspielerin Jenny Psaller, welche
gegenwärtig ohne Engagement ist,
trank dieser Tage in ihrer Wohnung,
Maximilianstraße No. K. eine PhoS
phorlöfung. Fräulein Pfaller dürste,
da ihr sofort von herbeigerufenen Aerz
ten Hilfe geleistet worden ist, am Leben
erhalten bleiben. Die Gründe zu dem
Selbstmordversuche dürften darin lie
gen, daß Frl. Psaller sich wegen einer
Unterschiebung eines Kindes in gericht
licher Untersuchung befindet. Frau
Marie Schmucker, eine altersschwache
und lungenleidende Matrone von 83
Jahren, welche sich in einer hiesigen
Heilanstalt in Pflege befand, wußte sich
heimlich in den Besitz eines Taschen
Messers zu setzen und brachte sich meh
rere tiese Schnittwunden am Halse bei.
Obgleich Aerzte sofort zur Hilfe kamen,
war die Frau nicht mehr zu retten. Sie
starb kurz daraus. Der Student der
Zhemie Otto Roßin hat sich neulich in
seiner Wohnung, Garnisonigasse No. K,
mit Cyankali vergiftet. Roßin aus
przemysl gebürtig und der Sohn dkS
verstorbenen Direktors derCzernowitzer
Hypothekenbank, war ein ebenso talen
lirter als eifriger und fleißiger junger
Mann.—Der Stadtmaurer und Haus
besitzer Ludwig Schiegl, hat sich aus
Kränkung über den Tod seiner vor
Kurzem verstorbenen Gattin erhängt.-
Ohne daß ein Natur
ereigniß besonderer Art eingetreten und
mitten im Frieden, also keineswegs
durch feindliche Schaaken verwüstet, ist
dieser Tage in Böhmen ein Dorf vom
Erdboden verschwunden. Bei einer
freiwilligen Feilbietung wurde, wie
österreichische Blätter melden, das aus
zwei Nummern bestehende Dörfchen
Steindörsl, Bezirk Kaplitz, für baar;
fiebenundvierzig Gulden verkauft Der
Käufer hat diese zwei Häuser demolirte
lein Vorgehen hat also eine ganze Ort
schaft. welche in ihren zwei Häusern bei
»r letzten Volkszählung eine Bevölke
rung von neun Personen aufgewiesen,
ibenso gründlich zerstört, wie die
ilchaier Jlion und die Wellen Vineta.
In Palzmar (Gouverne
ment Livland) hat sich vor einigen Ta
ten der Millionär Baron von der
Osten-Sacken das Leben genommen, in
dem er sich eine Kugel durch den Kopf
iagte. Der Selbstmörder, der geistes
gestört gewesen sein soll, war ein Nach
komme des russischen Feldmarschalls
Fürsten von der Osten - Sacken. Der
yaron hat sich, wie er in einem wenige
Minuten vor seinem Tode geschriebenen
öriese anzibt, erschossen, weil „daS
Leben viel zu langweilig ist und zu
lange dauert."
EineScene auf einem der
AuSstellungS-Bankelte in Prag, welche«
kürzlich während der Sokolseier veran
staltet wurde, wird im „WarschawSky
Dnevnik" folgendermaßen geschildert:
.Als die Musikkapelle die russische
Volkshymne intonirte, begannen die
Czechen zu applaudiren und erhoben sich
von ihren Plätzen. Dasselbe thaten
auch die Südslaven. Die Polen dage
gen sprangen aus, der Eine pfiff, ein
Anderer lärmte, ein Dritter beeilte sich,
seine Oberkleider anzuziehen, und alle
sammt forderten sie die in ihrer Gesell
schaft befindlichen Damen aus, den Saal
zu verlassen. Die Czechen und Süd
slaven wußten sich nicht sosort zu erklä
ren, was dcn Polen sehle. Die polni
schen Gäste seien plötzlich närrisch ge
worden oder eine der polnischen Damen
se« in Krämpse gefallen. Erst dann be
gannen sie die Sache zu verstehen, als
die Polen in den allgemeinen Lärm Hin
einriesen : .Ihr jagt uns von hier
sort! Hier sind Moskowiter! Hier
können nur Moskowiter sein!" Der
Präsident des prager Sokol, Pod
lipny, bemühte sich, die Polen zu beru
higen, indem er sie aufmerksam machte,
welche Schande eS wäre, wenn die Deut
fchen erfahren würden, wie das Em
verständniß beschaffen sei, das unter den
Slaven herrscht. „Warum beleidigt ihr
uns also?" antworteten die Polen.
.Wollten euch nicht beleidigen", erwi
derte der czechische Präsident, „im Pot
pourri ist nicht nur die russische Hymne,
eS sind darin auch polnische und über
haupt verschiedene slavische Lieder."
.Nur daß die Moskowiter keine Slaven
sind" war die Antwort der Polen.
.Wir sind zu euch als Gäste gekommen,
und ihr tractirt uns mit der russischen
Hymne, um uns unseren Aufenthalt in
Prag zu verbittern."
Eine unverhoffte Erb
schaft ist einem armen Teufel von Zinn
gießer unter ungewöhnlichen Umständen
in Livorno zugefallen. Vor vielen
Jahren nahm ein reicher H:rr in Cascina
bei Pisa ein armes Mädchen aus dem
Waisenhause als Kind an und zog eS
auf, bis es zu einer Jungfrau von gro
ßer Schönheit herangewachsen war.
Doch da wandelten sich leider seine Em
pfindungen für sie; statt ihr auch wei
terhin ein sorgsamer Vater zu sein,
stellte er ihrer Ehre nach und beging ein
Verbrechen an ,hr, welches er mit 30
Monaten Gefängniß büßen mußte. DaS
gefallene Mädchen gab einem Knaben
das Leben, der im Findelhause zu Pisa
unter dem Namen Pietro Bernardetti
aufwuchs. Ein kinderloser Livornese
nahm sich später des Jungen an, ließ
ihn ein Handwerk lernen und ermüg--
lichte eS ihm, daß er nach Ableistung
seiner Heercspflicht sich in Livorno nie
derließ, ein Weib nahm und Familie
gründete. So lebte er in bescheidenen
Verhältnissen, wenn auch zufrieden, da
hin; auf einmal zu feiner größten
Ueberraschung erschien vor einigen Ta
gen ein Beamter in seiner Werkstatt
und eröffnete ihm, daß sein Vater in
Pisa, von dem er bis dahin gar nichts
gewußt, ihn als Sohn anerkannt und
zum Erben von 200,000 Lire eingesetzt
habe. Da dem Bernardetti das Glück
so seltsam am S 7. Juli 18S1 in'S HauS
geregnet war, so sind in den Kreisen
seiner Bekannten die Ziffern 27, 7 und
S 1 als Lottoziffern in höchste Schätzung
gekommen, und wir wollen allen denen,
die darauf gesetzt haben, von Herzen
wünschen, daß sie nicht ebensosehr von
Enttäuschungen betroffen werden, wie
vernardetti vom Glück heimgesucht wor
den ist.
Zwei Stücke deutschen
Bodens sind noch im Besitze Frank
reichs. So erzählt wenigstens die .Pall
Mall Gazette" in kurzer Ausführung,
die jedoch nicht so ganz unanfechtbar er
scheint. Dem General Desaix, der bei
Marengo fiel, hat die Rheinarmee ein
Denkmal Kehl gegenüber gesetzt, einen
Obelisk mit vier ReliesS. Im Frank
furter Frieden, so erzählt die genannte
Zeitung, wurden das Denkmal und der
Garten, in welchem eS steht, für franzö
sisches Eigenthum erklärt und find e«
noch heute. Bis vor acht Jahren be
wachte ein französischer Veteran, der ein
kleine« Hau« m den wohlgehaltenen
lagen bewohnte, den Besitz Frankreichs,
jetzt schildert dort nach sreundschastlichem
Uebereinkommen der deutschen Militär
behörde mit der sranzöfischen ein deut
scher Posten. Zu finden ist im Frank
furter Frieden kein aus diese« Stück
Land besonders bezüglicher Absatz. Auch
der andere sranzSsische Besitz ist ein
Denkmal eines Heerführers. Bei
Schern in Baden steht, wie die „Pall
Mall Gazette' angibt, ein den Platz,
wo Turenne, der berühmte Marschall
Ludwigs XIV. fiel, bezeichnender
Obelisk aus französischem Eigenthum,
dessen Obhut ein französischer Invalide
hat. Im Anfang de« Kriege« von
1870 sollen übereifrige Deutsche er
folglos verlangt haben, daß man die«
Stückchen Land annektire. Im Allge
meinen wird angegeben, Turenne sei bei
Saßbach gefallen, seine Eingeweide
wurden allerdings in der Acherner K irche
beigesetzt, der übrige Körper nach Paris
überführt. ES wird sich wohl bald
herausstellen, ob die Angaben des Lon
doner Blattes in dieser Form richtig
sind. Die Gräber und Denkmäler
tapferer Soldaten, die im Dienste ihre«
Raterlande» fern von der Heimath
fielen, werden ja allerdings auch bei
den frühere» Feinden stets die Pflege
und Ausmerkfamkeit finde», die sie ver
dienen.
Eine erheiternde Be
richtigung hat die in Soltau, Provinz
Hannover, erscheinende .Böhme - Zei
tung" aus ihre Meldung erhalten, der
dortige Mühlenbesitzer Kruse habe einen
Fang von Aalen im Gewicht von ISV
Pfund gemacht. Herr Kruse schreibt
dem Blatte wörtlich wie folgt. »Sol
tau, SS. Juli. Der verehrlichen Re
daetion der .Böhme - Zeitung" zur
Nachricht das mich der Mühbs Kruse
ISO Pfd. Able gesaugen sonder die
Red. ci> ? -s Ente erwitsch hat.
Wilb. >
7
SiervSse Psta«len.
Daß die gegenwärtige Zeit mit ihre»
Hasten und Treiben zu einem hohen
Grade von Nervosität gelangt ist, ist fo
vielfach ersichtlich und so häufig geschil
dert worden, daß wir es kaum zu beto
nen brauchen. Sehr Vielen aber wird
die Behauptung wunderbar klingen,
daß es auch eine Nervosität bei den
Pflanzen gibt. Freilich werden die
Manzen nicht, wie wir armen Men
schenkinder, durch Sorgen und Kummer
aus ihrer Ruhe gestört, weil sie ner
venlos sind. Aber neuere Untersuchun
gen haben gezeigt, daß man Pflanzen
so „nervös" machen kann, als wären
sie mit Nerven versehen. Die Mo
mentc nun, welche da« „Gemüth" der
Pflanzen hcrabdrücken. find Ueberrei.
zung und schlechte Ernährung. Wenn
die glühende Sonnenkugel am Hori
zont untertaucht, legen manche Pflanzen
ihre während deS TageS offen gehalte
nen Blätter zusammen, begeben sich
gleichsam zur Ruhe, um am nächsten
Morgen, wenn die Alles belebend?
Feuerkugel wieder emporsteigt, ihre
Blätter wieder zu entfalten. Zu diesen
Pflanzen gehören z. B. der Klee, die
Akazie, die Sinnpflanze, die jungen
Blätter der Bohne. Setzt man Tulpen
oder CrocuS dem Lampenlicht aus, so
öffnen sie sich, und reizbare Pflanzen
schließen, wie Naturforscher beobachtet
haben, bei eintretender Sonnenfinster
niß ihre Blätter, um diese beim Her
vortreten der Sonne wieder zu entfal
ten. Merkwürdig ist das Verhalten de»
australischen Süßklees: die Seitenblät
ter desselben schwingen während deSTa
geS auf und nieder und verbleiben wäh
rend der Nacht in Ruhe.
Werden sie in einen dunklen
Raum gebracht und auf diese
Weise absichtlich eingeschläfert, so kann
man sie durch künstliches Licht wieder
auswecken, selbst in der Nachtzeit; also
das Licht an und sür sich ist der Reiz,
welcher bei diesen Pflanzen Leben und
Tod hervorruft. Interessant ist die
Beobachtung, daß Chloroform- oder
Aetberdämpfe auf reizbare Pflanzen
ebenfo lähmend wirken, wie auf Thiere
»nd Menschen. Die Sinnpflanze zum
Beispiel fängt bei längerem Aufenthalt
in Chloroformdampf an, in ihrer Ent
wickelung stehen zu bleiben und zu krän
keln und geht schließlich zu Grunde.
Und was die Nervosität durch schlechte-
Ernährung anbelangt, so werden die
Pflanzen, aus deren Erdreich auf che
mischem Wege daS Eisen gewonnen ist,,
blaß und wie die Botaniker analog den
Medicinern sagen, bleichsüchtig: begießt
man sie wieder mit eisenhaltigem Was
ser. so schwindet die Bleichsucht und die
Pflanze gewinnt ihre frische, grüne
Farbe zurück. Bekanntlich ist daS Eisen
ein sehr wichtiges Mittel bei Behand
lung bleichsüchtiger Personen. Daß
schlechter, magerer Boden schlechte Pflan
zen liefert, ist eine allbekannte That
sache, aber eS ist erst eine neu gemachte
Beobachtung, daß auf schlechter Erde
wachsende Sinnpflan;en so empfindlich
werden, daß der leiseste Luftzug oder
Windstoß ibre Blätter schließt, wäh
rend dies bei gut ernährten derartigen
Pflanzen nicht der Fall ist. Gerade 112»
ist es beim Menschen. Kräftig genährt»
Menschen ertragen häufig ohne jede»
Schaden einen Sturm, während schwäch
liche Personen oft von dem leisesten
Winde eine Erkältung mit nach Hause
bringen.
»er Sprachretniger tm Waffenro»»
.Einjähriger, pennen Sie?"—
Herr Unterosficier!" .Na, denn bitte,
Helsen Sie mir mal een bisken bei »
Jermanisiren," sagte der Wachthabende
zu einem Marsjünger, der «S sich gleich
den anderen Wacheschiebern NachtS aus
der Pritsche bequem zu machen versucht
hatte, aber sich unruhig auf dem harte»
Lager hin und herwarf. .Hier hat
Eener in die Alljemeine Militär - Zei
tung die Idee anjeregt, die Fremdwör
ter in unsre Heeressprache zu verjerma
nisiren. Was halten Sie, jelehrteS
Huhn, von die Jeschichte?" fragte, dem
gähnenden Schnurträger eine Nummer
der „Allgemeinen Militär Zeitung" un
ter die Nase haltend, der Höchstcom
mandirende. ,Na, wat meinen Sie zu
dem geistreichen Vorschlag?" forschte
der Unterosficier weiter, als ihm der
Freiwillige nach einiger Zeit das Blatt
wieder zurückgab.
.Hm!" meinte der Einjährige, w»
rauf der Wachthabende fortfuhr: „For
die Jeneralität, rvot« Heerivarts ,di»-
Stabs- und Subaltern-Ofsiziere, oder
wie der Antikermacher die Herren Of
fiziere nennt: For die Wehrherrn wär'
nu detßichtige jesunden, aber an die Un
terosfiziere -c. hat der ZeitungSmensch
nicht jedacht, und dahab' ick denn foeben
det Fehlende erjänzt. Hören Sie: wenn
der Offizier „Wehrherr" benamst wer
den soll, denn müssen die Unteroffiziere
lojifch jefoljert .Unter-Wehrherrn" sind,
der Jefreite, ein deutsches Wort, bleibt
Jefreiter, bis erUnter-Wehrheri" wird.
DeS versteht sich v<> ip»> von selbst,
aber nu, Sie Sprachjelehrter, kalkuliren
Sie mal einen deutschen Begriff sor 'n
Sergeanten aus." .Scherge!" ant
wortet schmunzelnd der Einjährige.
.Na, Sie, det i» anstößig! Wissen Sie
nifcht Besseres?" - Unter-Feldwebel!"
„Det wäre eher wat for'n Vize-
Spieß!— aber weiter!" Der Einjäh
rige zuckte mit den Achseln. .Kon, denn
lassen wir das vorläufiig, und höre»
Sie weiter: Die Rekrute» würde ich
.WehrjungenS" tituliren." .Und
«nS Einjährig - Freiwillige?" scherzte
da« .gelehrte Huhn". .Euch Ein
jährige? Na, warten Sie mal! Fo,
Euch wäre det Wort .Wehrbaby" wie
gesunden." Da« laute Auflachen de»
Freiwilligen weckte die Pritfchenschläser,
die ohnehin bald zur Poftenablvsun»
antreten mußten.
Beinahe. „Denken Sie. Her»
Baron, wie merkwürdig! Meine Schwe
ster Elli ist am 30. Juni geboren, ich
am I. Juli und Dora am 2. Juli.-
brinshe Dnllmze^