Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, July 16, 1891, Page 3, Image 3

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    «in-
Kind des Meeres.
Noman von Lil«a itndhe.
f4. Fortsetzung.)
aber es wurde ihr so wunderbar traurig
zu Muth, als sie seine schön«» Züge be
trachtete.
Seine Augen folgten jeder Bewegung
ihres ausdrucksvolle» Gesichts; sie ver
stand e» nicht, ihre Gefühle zu verbergen
voll Zwang erleiden mußt?" fuhr er fort.
„Ich will der Prinz im Märchen sein,
der das schlummernde Dornröschen zum
Leben und zur Freiheit weckt."
Wenn »iä»< er es thäte, wer würde e«
wohl sonst thun? Diese Frage hatte sie
sich mehr als einmal vorgelegt. Hierher
würde ni« Jemand kommen, als nur der
Adjunkt, der Landarzt und einige der be
nachbarten Gutsbesitzer.
Oh, wie diese sie bei dem letzten Feste
angesehen hatten! Sie erröthete bei dem
bloßen Gedanken.
Liebe, Leben und Freiheit!
Ein warmer Glanz schimmerte in
ihren Augen, sie stieß einen tiefen Seuf
zer der Erleichterung aus und legte ihre
Hand in die seinige. Er beugte sich
über dieselbe und küßte si«.
Sie lachte und blickte sich um. Wie
war doch die Welt so schön! Ueber ihr
jubelten die Lerchen, die Schwalbe» flo
gen aus und ein zu ihrem Nest imter
Alles freute sich des Daseins! Warum
sollt« sie es nicht auch thun?
„!lnd Du willst bald meine Gattin
werden?" flüsterte er, sie in seine Arme
schließend und einen heißen Kuß auf ihre
aus seiner Umarmung sie war viel
stärfer als er.
Es war ein Impuls. Sie machte es
sich nicht klar, was sie sühlte war es
Zorn, Abscheu oder Scham ' — oder eine
Mischung von diesem Alle»?
„Verzeih' mir!" bat er demüthig,
„aber ich liebe Dich so unsagbar,so gren
zenlos- "
TLefen dunklen Glanz, der seine
Augen größer erscheinen ließ, hatte sie
schon öster gesehen.
ist so süß, geliebt zu werden, und ich
möchte gern eine gute, treue Gattin wer
de»— aber sieh'mich nicht so a», und
«S njcht. Kann man nicht auch ohn«
diesiK lieben?"
d s Sch
blickt hatte.'
nenschci» und ging gleich au die Herrich
tung der Aii'Zftattiing. Die Hochzeit
sollte bereits im Horbst stattfinden-, sie
war ebenso »»geduldig wie der Bräuti-
nicht ruhig und leidenschaftslos küssen,
«ie der Vater es früher zu thun pflegte?
Ellen hatte die Gegend verlassen, um
suchen und würde nicht vor Weihnachten
zurückkehren das war das einzige
Wölklein am Himmel der Braut.
Sie hatten sich nicht gesehen seit An
fang Mai bei drrVerlobungSseier, zu der
die Jugend der ganzen Umgegend geladen
war. Man hatte getanzt und im Freien
und Ellen war die Fröhlichste
von Wen gewesen, sich selber ganz un
ähnlich, inuthwillig und vuSgelassen,
mit Fieberröthe aus den sonst so bleichen
WaMen.
Oleandra liebte vorzugsweise Spiele,
bei denen e» galt, sich zu rühren, und sie
besah große Fertigkeit in denselben, aber
Elleei, die leicht ermüdete, hatte sich bald
»>"M-z»gen.
Erst al« da« Spiel zu Ende war,
»ermißte Oleandra ihre Freundin und
ihrekl Bräutigam.
„Ich sah sie bei einander im Garten»,
sagte ein Mädchen, aber Oleandra be
merkte nicht das eigenthümliche Lächeln,
das die Worte begleitete.
Mauritz trat in demselben Augenblick
aus dem Hanptgebäude herau«; eine
Hinterthür führte vom Garten aus dort
hinein.
Sie eille ihm entgegen und legte fröh
lichen Sinnes ihren Arm in den feinigen.
„Wo hast Du Ellen gelassen?" fragte
fie scherzend.
„Ellen? ich weiß nichts von ihr," er
widerte er heftig.
Ein neues Spiel, an dem er sich eifrig
betheiligte, nahin feinen Anfang;
Oleandra aber durchsuchte den ganzen
Garten, ohne ihre Freundin zu finden.
Endlich fand sie dieselbe im Garderobe
zimmer, fast ganz von Mänteln und
Gesicht in die Kissen eines Bettes ver
grabend da, schluchzend, daß ihr Körper
erbebte.
„Was giebt's, geliebte Ellen?" flü
sterte Oleandra und warf sich neben ihr
auf die Knie.
„Bist Du mir böse?"
Sie stieß die Worte heftig heraus.
„Ich begreife D»ch nicht, aber Du
thust mir weh. Kannst Du mir nicht
sagen, was Du hast?"
„Nichts, sage ich Dir ja ich bin
nur müde und es ist so schwer, Dich
zu verlieren."
„Oh, weiter nichts!" Es wurde
Oleandra plötzlich ganz leicht um's Herz.
„Du verlierst mich darum doch nicht,
weil ich heirathe. Dann werde ich <a
erst recht frei und kann thun, was ich
will, und dann kommst Du und besuchst
mich auf lauge Zeit. Glaubst Du,
Mauritz könnte Dich ersetzen das
glaubst Du doch wohl nicht? Darfst
Ellen richtete sich auf. „Sprich nicht
so, es ist sündhast. Ihr Beiden sollt
«inander jetzt Alles sein Alles
Niemand darf sich zwischen Euch drän
ge». "
Oleandra half Ellen die verweinten
Augen baden, und dann gingen sie mit
einander in den Hof zu der übrigen
Gesellschaft hinab.
Ein paar Tage später halte ein Bries
chen, zierlich und nett, wie Ellen selbst,
di« Nachricht ihrer plötzlichen Abreise ge
bracht.
Oleandra fuhr sogleich nach Kielen,
aber die Freundin war schon Abends zu
vor abgereist. Seitdem hatten sie sich
nicht gesehen, und auf ihre kurzen,
charakteristischen, mit großen ungleichen
Buchstaben geschriebenen und unbeholfen
zusammengefalteten Briefe erhielt Ole
andra mir selten Antwort.
Dies Alles erfüllte ihre Gedanken,
«ls sie im Vrautschinuck dastand.
Der Herbst hatte die Bäume entlaubt;
«S herrschte Frostwetter ohne Schnee bei
holprigen Wegen; Wage» Wagen
fuhr vor »nd in Pelzwerk eingehüllte
Menschen stiegen aus.
Wie gleichgiltig sie ihr Alle waren!
Ellen hätte ihre Brautjungser sein sol
len —es war so bitter, sie zu missen!
Und Mutter und Geschwister!
ja das Leben beginnen -- war das nicht
Veranlassung genug, fröhlich zu fein..!
Mauritz hatte ihr noch am Morgen
unter den zärtlichsten Liebkosungen ge
sagt, daß sie zum Frühling reisen woll
mehr Ruhe in seinem Wesen hätte sie
gern gehabt, aber es war süß, sich so
geliebt und si« wollte auch
! Der Patron war sehr erregt und
> schneuzte sich unaufhörlich, aber di«
! Gnädige war stolz und glücklich. Das
An der Thür des festlich erleuchteten
Medaille auf der Brust.
auf's Höchste.
gesehen zu hab«», als die hohe Gestalt In
dem weißen Atlaskleid. Der Schleier
legte sich mildernd über die stark ge^öthe
' .dieses ist's, was mich über manche
schwere Sünde hinweggeholfen hat. "
! Der Frühllngswind fuhr rauschend
den Gräbern und Hecken. Regen und
Schnee wechselten in kurzen Zwischen
»Lumen.
rechten Flügels, der für die Neuver
mählten eingerichtet war —e« begann zu
dämmern.
Die Zimmer, vier an der Zahl, wa
ren zierlich möblirt, denn Mauritz hatte
nach seinem Geschmack gewählt und
und öde war'S in dem Flügel, nie ver
nahm man fröhliches Wirthschaften,
denn für die gefainmte Haushaltung
war ei» entsetzlich langer Winter gc-
Sie hatte solchen Ueberfluß an Zeil
zum Denken, und ihre eigene» Gedanken
fürchtete sie mehr als alles Andere.
Aber einige Fragen kamen immer wieder
und ließeii sich nicht abweisen.
War dies Alles? War das Liebe?
War das die Ehe?
Oh, so unwissend und so unersahren
in dieselbe einzutreten!
Wenn sie daran dachte, verbarg sie
ihr Gesicht und schämte sich vor sich sel
ber.
War dies Leben? War dies die Frei
heit, die cr ihr versprochen? War sie
nicht tausend Mal mehr gebunden, an
Leib und Seele gebunden?
ärmsten TaglöhnerS gewesen, der für
ftin Brod arbeitet, und wie stolz hätte
sie auf eine» Mann fein können und
Warum hatten sie keine gemeinsamen
Interessen und Gedanken?
War das immer so? Hatten die El
tern in derselben Weise geliebt? Oh,
Rettungsanker.
Aber was sollte sie nur vornehmen,
sie, die nichts gelernt hatte?
Warum hatte sie nicht dableiben dür
fen, wo sie sich zu Hause fühlte, warum
nicht sür's tägliche Brot arbeiten, mit
Sie hatte gelobt, ihn zu lieben! That
sie es denn nicht? Si« erschrak über
diese Frage und dann antwortete sie
sie zu Hause, stielte WW, las Ro-
Wünsche.
Gesühl jubelnder Freud« hatte sie selbst
habt.
wirklich singen lernen müssen. "
Am nächsten Abend wollten sie abrei
sen. Sie hatte bereit» Petrus adieu
wirst Du si« empfangen."
Mit hastig«« Schrittin «ilte sie von
tannen. Der Buchenwald siand bereits
in seinem saftigen jungen Grün, »äh-
Stimmen schlugen an ihr Ohr. Si«
trat an's Fenster. Aus der Bank säße«
Ellen nnd Mauritz neben einander.
Sie wollte sich eben durch einen fröh
lichen Zurus bemerkbar machen, als si«
gewahr wurde, daß Ellen weinte, wäh
rend Manritz sie umschlungen hielt.
Oleandra trat zurück, sie wollte nicht
lauschen es war so unbeschreiblich
nichtswürdig.
„Du darfst nicht, Du darfst nicht!"
hörte sie Ellen schluchzen.
„Es ist sündhast, so zu reden, sünd
haft gegen Gott sowohl als gegen An
dra, und sündhaft war eS, was Du mi«
früher Alles sagtest, weil Du mich be
trogst," fuhr die schluchzende Stimm,
fort.
„Aber ich liebe Dich, Dich allein, dat
weißt Du!"
„Und dennoch brachst Du Dein Wort
und machtest mich so grenzenlos unglück
lich. "
„Glaubst Du denn, daß ich glücklich
bi», daß der Gedanke an Dich mich je
mals verläßt?"
„Nein, ich will Dich nicht anhören.
Jetzt darfst Du an nichts Anderes alz
an Andra denken, Du hast auch gegev
sie unrecht gehandelt."
„Beunruhige Dich ihretwegen nicht,
ich werde immer zärtlich und gut gegen
sie sein."
„Ach wenn sie wüßte!.... "
„Aber sie braucht nichts zu wissen!"
„Oh, wie ich mich selber verachte!
Wenn ich ihr nur Alles sagen könnte uni
nicht gezwungen wäre, es zu verheim
lichen und aus alter Freundschaft mit
unter herzukommen. Tausendmal bes,
ser wäre es, zu sterben, als sich so ernie
drigen zu müssen."
„Jedes Wort, das zwischen uns Bei
de» gewechselt wird, ist ja eiue Sünde."
„Es war nothwendig, daß wir uns
aussprachen und wir werden uns wenig
stens ein Jahr lang nicht wieder treffen."
„Nein, gottlob!"
„Aber ich kann ohne Deine Vergebung
nicht abreisen. Du darfst mich nicht
verdammen, Geliebte. Es war di«
Tante, die mich mit Vorstellungen und
Bitten bestürmte. Wäre ich reich ge
wesen, ich wäre meiner Neigung gefolgt,
aber es handelte sich um das Geld, den
Namen, der zu Ansehen gebracht werden
sollte, und zudem sah ich Andra all«
Tage. Ich begreise selber nicht di«
Macht, die sie über mich hat und schon
als kleines Kind über mich gehabt hat.
Sag', daß Du mir verzeihst, daß ich
nicht mit dem niederdrückenden Bewußt
sein Deines Zornes und Deiner Veracht
tung wegzureisen brauche."
„Du weißt sehr gut, daß ich nicht zu
den Frauen gehöre, die hassen und ver
dammen können aber laß unS nun
Abschied für « ganze Leben nehmen
wenn Du wiederkehrst, werden wir, so
hoffe ich, einander mit ruhigeren Ge
fühlen gegenübertreten können."
Er beugte sich zu ihr herab und drückt«
einen Kuß auf ihre Schläfen.
„Sei Andra treu, versuche wieder gut
zu machen.. .. " flüsterte sie, indem si«
sich erhob und an seiner Seite den Gar
tensieiz entlang ging ganz wi,
Oleandra selbst dies vor einem Jahr«
gethan hatte, als cr um ihre Hand an
hielt.
Als sie außer Sicht waren, schloß
Oleandradas Fenster, riß ihren Hut an
sich und eilte dnrch den Hinterhof aus
Gegen Mittag kehrte sie zurück, reicht,
Elle» eine kalte, seiichti Haiid und sagte,
sie sei halbtodt vor Müdigkeit und hab«
so entsetzliches Kopfweh.
Die Stimmung war gedrückt unt
Ellen nahm frühzeitig Abschied, .ohn,
daß viele Worte zwischen ihnen gewech
selt wären.
Es war ein lauter, milder FrühlingS
abend, Oleandra saß auf der Bank unter
den blühenden Ahornbäumen.
„Kommst Du bald herein?" ries
Mauritz von der Thür ans.
„Nein," erwiderte sie, „ich werde hie«
bleiben, so lange es mir gefällt. "
Sie blieb sitzen, die Blüthen regneten
auf sie herab »nd die Luft war mit dem
Dust derselben gesättigt.
Also um das Geld daß sie da«
nicht begriffen hatte! Aber nicht allein
»ni das Geld, noch ein Weiteres hatt,
ihn bewogen. Schamröthe brannte aus
ihren Wangen. DaS erste konnte si«
Was sollte sie thun? Sie war zu stolz,
unwicderruflich gebunden durch das Sie
gel der Kirche noch hielt sie mit der
den Naturmenschen eigenen Treue fest an
sprechen heilig sei.
Wie hatte er so niedrig, so erbärmlich
gehandelt! Wie sie ihn verachtetet
Sie stieß mit dem Fnß einen Stein
Dann dacht« sie an Ellen arm«
kleine Ellen ihr konnte sie nicht zür
nen.
!Lesen Ellens. Ach, hätt« st« S damals
aiese Beiden l Sie hatten ihr« kleinen
gemeinsamen Interessen, ihr« Musik g«-
Welch' elendes Leben für sie Alle!
aber nach und nach wurden sie trübe und
ausdruckslos. Es sollte also fortgesetzt
werden, dieses öde, unthätige Leben
fortgesetzt werden „bis an's Ende".
Am folgenden Morgen, eh« Mauritz
erwachte, war ihr Koffer wieder ausge-
Er zürnte, bat, machte ihr Vorstel
lungen, Alles umsonst, st« gab kein«
Gründe an, erklärte nur, daß sie da
Wie sehr wünschte sie, daß er es thäte!
Und dann schlichen die Tage dahin,
furchtsamer Scheu, und ein einziger
Blick sagte ihm, daß er in ihren Augen
nicht mehr derselbe sei, wie zuvor.
Mutter fühlte, und nun wurde sie außer
sich. Sie hätte es sich als das größte
Glück auf der Welt gedacht, ein kleine«
Kind ihr eigenes Kind au ihr
Herz drücken zn können aber jetzt war
jetzt' vermochte sie eS nicht. ES dänchte
ihr, cr habe ihre Ehre, ihr Glück, ihren
Glauben, ihr Vertraue», ihre Zukunft
gestohlen und, schlimmer noch als
alles Andere, ihr die heiligen Gefühle
der Mutterliebe geraubt und sie zu einem
elenden, erbärmlichen Geschöpf gemacht,
das nur Haß und Bitterkeit zu empfin
de» vermochte.
Das Kind stillte sie selbst und wartet«
Sie sühlte, wie das Blut siedete, si«
symmetrischer Schönheit und Kraft be
wußt.
Mitunter dachte sie an die Möglich
keit, die Liebe ihres Mannes zu gewin
ne», ihn wieder aufzunehmen in ihr
Herz, aber sie fühlte, daß der bloße
Wunsch Heuchelei sei. Es war nicht
möglich, sie verachtete ihn zu tief, und
sie verachtete sich selbst noch viel mehr,
weil sie mit ihm zusammenlebte, als sei
nicht« geschehen, nur um des Hausfrie
dens, des Scheines willen.
Thea so hatte sie das Kind nach
ihrer Schwester genannt war immer
gesund, eben wie si« selbst, schlief, aß
und gedieh, verrieth aber früh eine hef
tige, unbändige Gemüthsart und Ole
andra erkannte mit steigender Unruhe,
daß sie selbst nicht den Gleichmuth und
die kluge Besonnenheit besitz«, di« erfor
derlich ist, um «in Kind zu erziehen.
In allem dem, was die leiblich« Pfleg«
betraf, zeigt« sie sich ihrer Ausgabe ge
wachsen; aber wie sollte sie ihr Töchter
lein erziehen können dasselbe gut und
glücklich machen. Da« Kind war erst
zw«i Jahr« alt und schon w«int« di«
Mutter vor schwerer Besvrgniß in Betreff
seiner Zukunft. See erkannte, daß es
ihre eigene heftige, heiße Natur geerbt—
sie erkannte dies an den stürmischen
Aeußerungen der Zärtlichkeit, mit denen
die Kleine sie bisweilen überhäufte, an
dem Trotz und den wechselnden Launen,
die sie zeigte. Richtig angeleitet .würde
sie sicherlich einst ein« gute und brave
Frau werden sie fühlte, daß sie eS
selbst hätte werden können, aber nie
hatte sie so wie jetzt über ihre eigenen
Mängel getrauert.
Oleandra war jetzt zmeiundzwanzig
Jahre und stand in voller Jugendkraft
und Blüthe. Ihre Gefühle waren ruhi.
Ger geworden »nd hatten sich gleichsaa
abgestumpft; sie ging zumeist schweigen!
umher, gesenkten Blickes nnd mit einer,
müden, schlaffen Z»g um den Mund.
Sie hoffte nicht länger etwas von de,
Zukunft, dachte nur an das Kind und
daran, wie sie Tag für Tag verbringe,
zufrieden und geduldig.
Thea schlief in ihrem Korbwagen im
Schatten eines Holz/loßes, das Kinder
mädchen saß daneben mit ihrem Strick-
Die Sonne schien warm, kein Lüft
chen regte sich; ein Vogel flog hin
und wieder zwitschernd über die reifen-
Jhr Blick fiel aus die Landstraße. In
sichtbar.
Sie erröthete tief und lächelte übe»
den Titel „Fräulein".
Ber als sie.
„Bitte haben Sie die Güte, ein
rung.^
„Mein Name ist Adamsfon," sagte
er, sich selbst vorstellend, „ein Nesse des
.Brukbpatron' wie man ihn hier
.Wie so?"
gepflückt.«
sagen. i'ch si d dch
„Hier bringe ich Dir Jemand, der
Dich zu sprechen wünscht. " Si« stand
Im Begriff, wie gewöhnlich das Wort
Papa hinzuzufügen hielt aber plötz
spielte.
»John, ach du lieber Gott, John,
'st ja nicht möglich!"
„Das war ich vor fünfzehn Jahren."
Er lachte wiederum, wobei seine ge
sunden weiße» Zähne zum Vorschein
kamen.
(Fortsetzung sorgt.)
z
SchwSbischer Humor.
Nuch der Humor im guten Lande
Schwaben verdient volle Beachtung, die
ihm eigentlich »och diel zu wenig seitens
des deutschen Leserpublikums zu Theil
wurde. Als Beweis, wie originell und
witzig schwäbische Dialectdichtungen auch
uns Nord- und Mitteldeutsche zu berüh
ren vermögen, entnehmen wir dem
„Wiener Humor" die folgende schwäbi
sche Soloscene Rud. Wollers, in welcher
dieser den „Hanesle" also seine Erleb
nisse schildern läßt:
Nau! Nau! Mir wollet jetzt S
Schöpple trinke un i will ällz verzähle,
wie Mersch in Stuagart ganze isch.
Letzti Sundäg bin i ns Stuaz«rt nei',
w» i mei' Leablig nia bi' gwea. Und
wia i ällz g'mächli' so bin rum'laufe, so
siech i viel Frana und Herra, die gauhd
all in a graußes Haus, bei a grauße
Thür nei'. Ich srag' den Mann, der
mit na Kaprolstock dasür steiht! ,'S
muaß da wol a Kerch sei'?" Da lacht
er und sait: „Du bist wohl's aischtmal
dahia? No, gang nei' und guck, da hin
na thut ma Schosköpf' verkauf«!"
„WaS ?" sa/ i, „Schosköpf', no Du bist
no' da?" Da lacht der Greanrock
und sait: „Willst au do rei? Zahl' drei
Batze, no lass' t Di' nei'!" — „Ja",
sag' i, „was soll denn hinna g'scheah?"
„Comedi", sait er, hast nia noiz so
was gseah?" I zahl' drei Batze.
D'raus sait er: „Gang still dui Stugia
naus, so weitas ma' ka', dert steht t
Mah', dem zeihst Du des Zettle na."
I geh' naus und wia i de Gang sürra
gauh, in dem 's greuli senschter gwea
iS, weil koi Finfchter da gwea is, da
Potz Blitz, werd wer ganz warm, i
han uf emal e Maidli im Arm. Di«
hat aber ällz so lant g'schria, daß i
glaub, sie hätt sie net amol küssa lassa,
wenn i no' so g'schmeichlat hätt'. Doi
ganget ufamal e kloinS Thürle uf und
da Hat'S blitzt und g'funklat, daß nie»
fan vor lauta Gncka d' Augs verganga.
I schrei, itzt blitzt. Da lacht Aner, der
neba mia steiht und sait: »Des ifcht der
Kronleuchta und die Ampla, die an
zunda worn sind." I schau' um und
um und stach die Leuta wurla, wia d'
Ratta; Fraua sitze do mit HuitS, wia
pie Fuirkübla und vonna ihnra Schöpf'
is abag'hangt allerzei Firlefanz und us
am a jeda a Gokatarschwonz.
Unner die Musikante es oaner g'fesse
mit ma Skecka und hoat sie auf die
Köpf g'haut, damit sia z' geige und z'
blase ansanga. Und Ouna sitzt vor»
in a Häusle und Böchle vor sich; das
ischt g'wi» e Deliqnent, der da ein
g'fperrt ist, damit cr sich nicht rühre
kann. Uf emol rollt das groiße Für
tuch af und da wert mers Gucke zum
Graus, 's zerrt Omer e Maidle usscm
Haus. Dui schreit gottsjammerle:
„Land mi gau." Aber der Kerl will nit
von er lau. Da lummt e alter Mann
und fanget mit dem Kerle z'sechte an.
Der Kerl sticht ein tand. No glaubet,
von denna Hundert regt si' Oaner? A
Na l Sie pseiget und geiget ast, war
no' noiz g'schea, ich han nischt g'seah vor
Angscht. Uf emol hair i a lustig's
Stückle Pseifa, da tanzet All, wie uffera
Kirmes, hent rothe Kleider an und
rolhe Bäckli. Da kummt der Kerla
Wieda und schmeichlat an Maidli und
sie wellet richtig mit em fort. Da
kommt en Andra, dui lest ihm d'Levitta,
nennt em vi' Schlarafseng'sries und
machet oi Skandal, fe send aber bald
wieder lusti', bis oiner „Mordiou"
schreit. Kurz, eS geiht kauderwelch zui
in dem Haus. Der Kerla geiht noi z'
Friedhof da is a stoinerne Reiter gwea,
der hat, i Hab's g'wih g'seah, mit de
Maul g'schwätzt und dem Kopsg'wunka.
Ten hat der Nerle g'svppat und g'lachl.
Bald aber hat's ent's Lacha verbittert;
der alte Mann, i han sölber zittert, iS
in d' Stuibe komma und hat den Kerle
mit sein' Pratz dapple g'nomma. Derno'
send ällige Tuisel komma, und hont em
mitg'nomma in d' Hüll. Ten Schwc
selphuhl han i richti' g'schmeckt und han
die Hand vor die Auga g'halta. No
und glaubet sie, Oiner im ganze HauS
hätt' bet, ns>' in d' Händ' han sie
g'haut, und e Jubel ist g'west, älls
wie bei oincr Hochzeit. I han bei mir
denkt: Stuagart isch do a recht „So
doin und Gomorrha" und 's bescht werd
sei' iner geiht niinma nsi und ißt z'
HauS in soi Stüble Späzli mit Kraut,
wie i jetzt thun werd'. Guli Nochtl
Ootenloy».
In Pcrsicn leble einmal ein Kadi,
der weise und gerecht, aber wegen seiner
Atrenze beim gemeinen Aolle nicht de
liebt war.
Nun gab es zwei Männer, welche
verieindel waren: Ab» Jshak und Al
Hassan. Ersterer läiierte den Ka?i auf
visenem Markte, und Al Hassau hatte
nichts Eiligere; zu thun, als alle diese
Lästerungen dem ttadi wiederzuerzählen.
Nach kurzem Nachdenken sagte der Kadi:
»ES ist wahr, Freund Hasjan, daß Abu
Jshak nicht recht daran gethan hat,
mich aus offenem Markt zu lästern,
Allah ivird ihn dasür bestrafen. Du
aber sagtest mir alle» in's Gesicht, da
für erhältst du 30 Ban,buShiebe.'
Uno also geschah es.
Vergaloppirt. Ein Pro
fessor lägt seine Schüler öfter freie Vor
träge halten, be» welchen sie vom Kathe
der aus sprechen müssen, um sich an den
Anblick der Zuhörer zu gewöhnen. Ein
Schüler, der soeben einen Vortrag von
seinem Platze in der Schulbank recht
gut gehalten, muß nun denselben auch
vom Katheder aus Probiren. Kaum
aber hat er angefangen, so wird er
durch die ungewohnte Situation ver
wirrt und findet nicht we)r die rechten
Worte. Da tritt der Herr Professor
heran und spricht, in der Absicht, den
praktischen Werth solcher Vortrags-
Übungen recht eindringlich Aug,»
zu sühren: „Sehen Zie, wie leicht mau
dummes Zeug vorbringt, wenn man da
oben steht!"
Es gibt Leute, die ihre
Grundsä:.e leichter änZern, als ihr«