Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, May 21, 1891, Page 7, Image 7

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    .Deutsche Loea»««»chrichte».
P»ovinz Brandenburg.
Bodelsberg war dieser Tage der
Schauplatz eines blutigen Dramas.
Der Major a. D. Hermann Becker,
welcher im September v. I. zum Bür
germeister hierorts einstimmig wieder
gewählt war, hat sich von dem ca. S
Meter hohen, von einer metallenen
Gallerie eingefaßten Dache unseres
Rathhauses auf die Straße gestürzt, sc
daß der Tod infolge Zerschmetterung
»es Kopfes sofort eingetreten ist. Ein,
»nvermuthcte, aus Grund einer De
nunziation am gleichen Tage erfolgt«
Revision der Gemeindekasse hatte ei«
Deficit von 24,000 M. ergeben.
112 In Gassen Conimerzienrath Flöther.
112 In Königsberg Bürgermeiste,
Stirius. —Zu 6 Jahren Zuchthaut
verurtheilte die Strafkammer den Leh
rer Aloys Scholz aus Driesen, der be
schuldigt war, Sittlichkeitsverbreche»
begangen zu haben.
Provinz Ostpreußen.
Der verstorbene Rentier Wcrning bat
der Stadt Pillkallen ein Legat in Höhe
von 7800 Mark zur Unterstützung
armer hilfsbedürftiger Personen ver
macht. —Dem Ausschuß für die in Til
sit abzuhaltende Provinzial - Gewerbe
ausstellung ist behuss Deckung der Ko
stcn vcm Oberpräsidenten v. Schlieck
mann die Genehmigung zur Veranstal
tung einer Lotterie ertheilt worden.
's In B'ormditl der bekannte Buch
druckcreibesitzer Oskar Striese.
Provinz Westpreußen.
Der Maler Reich in Dirschau würd«
von der Strafkammer wegen Majestäts'
beleidigung zu drei Monaten Festung
verurtheilt. Die Renovirung de»
Marienburg betreffend, sollen die Fen>
ster mosaikartig und, um die reiche Ver
zierung des Saales wirkungsvoller zu
gestalten, in hellen Farben verglast wer.
den: die oberen Scheiben sollen farbig,
Darstellungen der Hochmeister des Or
dens enthalten, an den Wänden des
Berathungssaales werden 64 Rittersitz«
in reichem Schnitzwerk ausgebaut, de,
Hochineisterstuhl wird durch Reichthum
an Schnitzerei besonders hervortreten,
—-f In Thorn: Oberbürgermeister und
Geh. Regierungsrath Körner. Durch
Erschießen gaben sich den Tod de»
SchissSkapitän Beyer in Danzig (Mo
tiv: Gram über den Tod seiner Frau)
und in St. Eylan der Unterofsizie»
Meinke (Furcht vor Strafe wegev
Diebstahls).
Provinz Pommern.
i In Pafewalk Kaufmann F. West
phal. Der Lehrer Hollmichel in Ro
senselde, verheirathet und Vater mehre
rer Kinder, ist geflüchtet. Wege»
unsiüttch-r Handlungen, verübt an
Schulkindern, stand seine Verhaftung
bevor. In Ueckermünde wird für
den Kreis ein Gewerdegericht errichtet.
Provinz Schleswig-Hol
stein.
's In Altona Dr. med. Christian
Henop.—Aussehen erregte in Marne
die Jnsolvcn>,erklärung des Groß-
Kavsmanns k lopp. Die Passiva sollen
über H Million Mark betragen. Viele
kleineGeschüftSleule sind geschädigt.
Provinz Schlesien.
Großes Aussehen erregt in Breslau
die Verhaftung des Inspektors des Bo
tanischen Gartens, B. Stein. Derselbe
soll sich Wechselsälschungen in großarti
gem Umsange schuldig gemacht haben.
5 In Görlitz der General Karl
Dietrich von Rantzau. Wegen betrü
gerischen Bankerotts erfolgte in Grün
berg die plötzliche Verhaftung des Kauf
manns August Förster. Im Zorn
erschlug der WirthschaftSbesitzer Franz
Buchta in Landeshut seinen Knecht mit
«inem großen Holzschlägel. Der Knecht
hatte ein krankes Pferd bewachen sollen
und war dabei eingeschlafen. Um den
Verdacht von sich abzulenken, hatte
Buchta den Erschlagenen mit einem
Lederriemen ausgehängt. Es feier
ten: die goldene Hochzeit die Eheleute
Forstverwalter Hönisch in Hohlstein;
das SOjähr. Bürgerjubiläum der Huf-
und Wappenschmiedemeister Carl Gütt
ler in Hirschberg i das SVjähr. Amts
jubilänm der Postdirector Tischer in
Lissa! das 50jähr. Meisterjubiläuw
der Tischler Wilh. Krug in Lübeu.
Provinz Posen.
Wcgen schweren Sittlichkeitsverbre
chens wurde in Posen der Cigarren-
Händler Cajetan Andrzejewski zu 7
Jahren Zuchthaus verurtheilt. E«
feierten: die goldene Hochzeit die Ehe
leute Moses Collomon in Ostrowo; das
50-änrige Dienstjudiläum der Propst
Powlowski in Usch.
Provinz Sachsen.
Der verstorbene Kausm. Wilh. Porse
hat der Stadt Magdeburg 100,000 M.
zur Ausschmückung des zu erbauenden
Museums und 50,000 M. zum Besten
der Arme» letztwillig hinterlassen. Ein
weiteres Legat von 0000 M. wendete
die verstorbene Rentiere Julie Schal
lehn einer hiesigen Kirchengemeinde zur
Ausschmückung des Gotteshauses zu.
Anläßlich der Hochzeit des Lieutenants
Rauchsuß in Halle kam es zwischen die
sem und dem Stud. jur. Rauchsuß, dem
Bruder der Braut zu einem Wortwech
sel, in dessen Verlaufe der Lieutenant
seinen Schwager durch mehrere Säbel
hiebe auf den Kops tödtlich verletz-ie.
Bäckermeister Kranich in Ilversgehofen
ist unter Mitnahme von 2,200 M.
unterschlagenen Geldern und der Ehe
frau des Tischlers Müller, sowie Hin
lerlassung seiner Ehesrau mit 11 Kin
dern durchgebrannt. Wegen Unter
schlagung einer Summe von 000 M.
ist ler Kausm. Hugo Pflocksch aus Köt
tichau zu 6 Mon. Gefängniß verurtheilt
worden. In der Nähe von Hohengeiß
wurde eine Höhle mit reinen Trops
steinbildunge» entdeckt. Dieselbe soll
gleich der HermannShöhle bei Rübeland
elektrisch beleuchtet werden. Die weit
bekannte über IVO Jahre in Quedlin
burg bestandene Ernst'sche Verlags
buchhandlung wurde in diesen Tagen
ilach Halberstadt verlegt.
Provinz H«nn »ver.
112 In Hannover der Nestor der han
noverschen Maler, Prof. Dr. Karl
Oester!«). 112 In Cell» Justizrath
Dr. jur. Moritz Naumann. 112 In
Ringelheim Majoratsherr in Alt-Wall
moden, Freiherr Thedel von Wallmo
den. Bei einer Hochzeit in Stade
tam eS zwischen dem Bräutigam, Na
mens Ehlers, und einem frühere» An
beter der Braut, Namens Bohren, zu
einem Streite, in dessen Verlause
Ehlers von Bohren erstochen wurde.
Die Hochzeitsgesellschaft wurde in Hast
genommen. Der Auktionator Schacht
in Westen, welcher nach Unterschlagung
von 80,000 M. nach Amerika geflüchtet
war, bei seiner Ankunst in New Aort
jedoch verhaftet wurde, ist nach Bremen
zurückgebracht und von dort in das hi»
sige Gesängniß eingeliefert worden.
Provinz Westfalen.
Gymnasiallehrer Dr. Tobien würd
aus Anlaß seines 25jähr. Berussiubi
läums von der Stadt Schwelm bat
Ehrenbürgerrecht verliehen. Kausm.
Büsche, bisheriger Concursverwalter
der Caron'schen Masse in Langerfeld,
sowie der Brasselmann'schen Masse in
Schwelm, ist nach Unterschlagung enor
mer Summen geflüchtet. In den bei
den Concurssachen handelt eS sich um
mehrere Millionen Mark. —Der Sohn
des KleinschmiedS Lüsebrink aus Heu
siepen wurde aus Fahrlässigkeit von
dem Baiidwirker Robert Schmidt dort
selbst erschossen; unglücklichem Sturze
erlag der Maurer Bäwing in Lipp
stadt.
Rheinpro»inz.
Die verstorbene Wittwe Smitz i»
Arnsberg hat der Gemeinde ihr gesamm--
tes Vermögen in Höhe von 10,000 M.
zu Armenzwecken testamentarisch hinter
lassen. Die Zahl der Studirenden in
Bonn stellt sich in diesem Semester auf
1438. Unter dem Verdachte, sein
eigene? Anwesen in Brand gesetzt zu
wurde der Besitzer der „Rheini
schen Porzellan-Manusaktur" in Ober
rassel, Herrmann, verhaftet. Wegen
Meineids ist die Wittwe Gobiet in
Düsseldorf zu 9 Jahren Zuchthaus ver
urtheilt worden. —Der Kaufmann Lö
»enthal in Lennep, Inhaber einer Ma
nusakturwaarenhandlnng, hat sich we
gen bedeutender Wechselsälschungen frei
willig der Staatsanwaltschaft gestellt.
Provinz Hessen-Nassau.
Die Grundsteinlegung zum Blücher
denkmal in Caub soll am 13. Juni die
ses, und die Enthüllung am SV. August
eines noch zu bestimmenden Jahres
stattfinden. Am 18. Juni ISIS war
die Schlacht bei Waterloo und am 26.
August 1813 die an der Katzbach.
Aussehen erregt m Eschwege der Selbst
mord des Regierungsraths von Dahl
stroem. Derselbe hat sich durch Gist
in's Jenseits besördert. Terangirte
Lermögensverhältnisse sollen das Motiv
gewesen sein. In Rodenberg wurde
aer wegen eines Sittlichkeitsverbrechens
j. Zt. aus Wien geflüchtete österreichische
Oberlieutenant R. Lörrach verhaftet. —
112 In Wiesbaden der frühere Rectorder
höheren Töchterschule, Dr. Äilh. Fricke,
zer sich als Pädagoge und Begründer
einer neuen Orthographie in Teutsch
land einen bekannten und geachteten
Ziainen erworben hat.
Königreich Sachsen.
112 In Leipzig Dr. Fleischauer, Se<
»atspräsident beim Reichsgericht.
Lerechtigtes Aufsehen erregt in Leipzig
?ie Verurtheilung des Rentiers und
Sörsenspeculanten F. Boigtsberger,
-er vom Landgericht wegen schwerer
llrkundewälschung mit einer einjährigen
Zuchthausstrafe und 1500 Mk. Geld
itrafe belegt wu»he. Der Verurtheilte
latte nachträglich ohne Mitwissen des
stressenden Pächters in einen Pacht
vertrag eine Klausel betreffs der Ungil
iigkeit des Eontractes eingesügt. Der
n Frage kommende Vertrag bezieht sich
ms die Räume des am Löhrsplatz ge
legenen Fürstenhoses, dessen Besitzer
)er Verurtheilte ist, und in welchem bis
ietzt die hierselbst studirenden Prinzen
Zohann Georg und Max von Sachsen
Wohnung genommen hatten. Der
Lesitzer des Johannisbades i» Limbach,
>es größten und unstreitig schönsten
ÄesellschastS-Etablissements der Stadt,
dat seine Zahlungen eingestellt. Die
!öpsersachschule zu Altstadt - Walden
burg »st aus Ansuchen der Tipserinnung
»nd zu schwachen Besuches wegen, vom
Ministerium des Innern ausgelist wor
)en. Die Schule trat 1880 in's Leben
»nd hat mithin 11 Jahre bestanden.
Thüringische Staate«.
Rechtsanwalt Arno Siegen in Wei
mar ist verschwunden. Es liegt eine
Anklage wegen Urlundenfälschung gegen
ihn vor. Wegen betrügerischen Ban
krotts wurden die Besitzer der Bank
-irnia PH. Recknagel <K Co., Philipp
liccknagel und Paul Wohlsarth in Eis
ieben verhastet. Als Nachwirkung de»
io viel Aussehen erregenden ConcurseS
vird die Jnsolven.zerklärung der Fir
nen Heß Schlegel (Eisenwaaren
zandlung > dahier und Edwin Schmidt
m Fahrenbach (Kistenfabrik) gemeldet.
Die Stadt ist mit ca. 380,000 Mark
»«heiligt. Unter dem Verdacht der
tlrkundensälschung wurde in Gößnitz
>er Handelsmann A. Weise plötzlich
zerhastet. Eine heftige Feuersbrunst
zat am Marliplatz in Römhild binnen
venig Stunden 30 Häuser in Asche ge
egt. —E? ertranken: der Einwohner
liicol Bufs in Harras und der Flößer
Noritz Fischer in Wernshausen.
Hessen-Darm st adt.
Die verstorbene Wittwe Möller i»
Offenbach hat dem Alice-Frauenverein
ür Krankenpflege 5,000 M. vermacht.
Es feierten: die goldene Hochzeit die
kheleute Schulz in Dornberg, Kauf-
mann Huber in Friedberg and Eibman»
in Stockhausen; da» Svjährige Dienst
jubiläum der Obergärtner Pechler in
Darmstadt, der Gerichtsschreiber KlöS
in Hungen und der AmtSgerichtsdiener
Waldschmidt in Ofienbach ; das 50jähr.
Doktorjubiläum der Geh. Hosrath Pro
fessor Dr. Hoffmann in Gießen. Den
Tod durch Erschießen gab sich der Koh
lenhändler Demuth in Gießen (Motiv:
Furcht vor Strafe wegen Betrugs); der
Schlosser Heine in Offenbach erhängte
sich-
Königreich Bayern.
Die Eröffnung der Localbahn Forch
heim —Ebermannstadt ist sür den 1.
Juni 1891 in Aussicht genommen.—
Der Metzger Jos. Obermaier in Er
goldsbach, der aus dem Fleisch einer
lungenkranken Kuh Würste gemacht und
an seine Gäste verkaust hat, wurde zu
vier Monaten Gesängniß verurtheilt.—
DaS diesjährige Bundesschießen der
mittelsränklschen Schützenvereine wird
in Erlangen und das Verbaudsschießen
der Zimmerstutzenschützenvereine Fran
kens in Forchheim abgehalten werden.
Ein seltenes Fest wurde in Hagenau
gefeiert, indem 65 Personen dortiger
Gemeinde, welche über 60 Jahre alt
geworden sind und insgesammt 4488
Jahre zählen und zwar 38 Personen
60—70 Jahre. 19 Personen 70—80
Jahre und 8 Personen 80—90 Jahre
—unter sich ein Dank- und Freudenfest
abhielten. —Nach 1j Jahren ist nun ein
erstes Endurtheil in den von bayerischen
Beschädigten wegen des Röhrmooser
Eisenbahnunfalles gegen den Fiskus
geiührten Processes gefällt worden, und
zwar sind der Wittwe und der Tochter
des dabei getödteten Architecten Gg.
Stoll von Ingolstadt jährliche Renten
im Betrage von 2100 resp. 1400 M.
zugestanden worden. Der Fiskus
hatte im Vergleichswege nur 1000 M.
jährlich sür Frau Stoll und 666 M.
für Georgine Stoll gewähren wollen
In Diespeck geriethen am 9. Febr. d.
I. L. und Gg. Scherzer, Vater und
Sohn, vor ihrem Hause in Wortwechsel,
worauf der Vater aus dem Hause ein
scharfes kleines Handbeil holte und
damit dem Sohne den Schädel zertrüm
merte. Sodann lief er in's Haus zu
rück und erschoß sich mit einem bereitge
stellten Gewehr. Der Sohn lebte, der
Rede beraubt, da der Hieb das Sprach
centrum verletzt hatte und aus der einen
Körperhälfte gelähmt, noch 10 Wochen,
und wurde jetzt Berst »ou Lei
den erlöst. 1° In Etterzhausen de»
k. b. Kommerzieurath, vormalige Gene
raldirektor der Eisenwerkgesellschast
„Maximilianshütte," Ernst Fromm.
Der in München verstorbene,in SchamS
ried beheimathete Rechtsanwalt Rückerl
hat letztwillig seine Heimathgemeinde
zur Universalerbin feines Vermögens
im Betrage von 700,000 M. mit der
Bestimmung eingesetzt, daß die eine
Hälfte dieses Betrages zu Wohlthätig
keits-, die andere zu Erziehungs- und
Unterrichtszwecken zu verwenden sei.
Die Bäckerinnung kündigt eine Preiser
höhung sür das Roggenbrod an, so
daß von nun an der Sechspsuudlaib
um 3 Pfennig theurer ist. Den
Rechtsanwalt Weber in Schweinfurt
verurtheilte das Landgericht wegen
Unterschlagung im Amt zu 2 Monaten
Gefängniß Zwischen dem Sekonde
lieutenant Ableitner des 11. Inf.-Reg.
und dem Rechtspraktikanten Runk faud
in Straubing ein Pistolenduell mit
zweimaligem Kugelwechsel statt. Re
sultat: Vier Löcher in die Lust. Die
beiden Duellanten waren früher Freun
de, waren aber auf der Straße in einen
Wortwechsel gerathen, wobei Lieute
nant Ableitner den Rechtspraktikanten
durch Säbelhiebe verwundete. Das ge
richtliche Verfahren gegen den Officier
wegen Körperverletzung wurde vom
Gericht eingestellt. Die Strafkammer
hat den Buchdruckereibesitzer Ferd. Röhr
in Würzburg wegen Herstellung unsitt
licher Druckwerke zu 3 Monaten Gefäng
niß verurtheilt. Derselbe wollte nach
Amerika flüchten, wurde aber bei Mainz
verhastet.
Königreich Württemberg.
Es ist nun endgiltig beschlossen, daß
das Festschießen des mittelschwäbischen
Schiitzenverbandes Ende Mai in Hei
denheim stattfindet. Die Stadt gibt
einen silbernen Pokal als Ehrengabe.—
Vor der Straikammer in Ravensburg
wurde der frühere Armenfondsverwal
ter Rummele wegen erschwerter Unter
schlagung und Büchersälschnng zu drei
Jahren Gefängniß und fünf Jahren
Ehrverlust vernrtheilt. Der vor
malige Eifenbahnpraktitant Georg
Braig von Frankenhofen wurde wegen
Unterschlagung von 140 M. zu 7 Mo
naten Gesängaiß verurtheilt. Zur
Abhilfe des Mangels an kleineren
Wohnungen in Ulm, namentlich sür Ar
beiterfamilien, haben sich zwei größere
Etablissements, die Metallwarenfabrik
von Wieland u. Cie und di» Feuerwehr
geräthfchaften - Fabrik von Mazirus,
entfchtossen, eine größere Anzahl Ar
beiterwohnnngeil zu bauen. Auch die
Stadtverwaltung wird demnächst in
dieser Richtung vorgehen.
Großherzogth umßaden.
Die Altbürgernieister Schimps'schen
Eheleute inDittigheim begingen dasFest
ihrer goldenen Hochzeit, gleichzeitig trat
ein Sohn des Jubelpaares in den Ehe
stand. —Die Klagen über den ungünsti
gen Stand der Winterfrüchte sind all
gemein. Im sog. kleinen Baulande
steht die Frucht sehr dünn, und auch im
Winterhauch stellt dieselbe nur eine
geringe Ernte in Aussicht. Der Raps
istsast vollständig ersroren.—Den Bier
brauer Fey schen Eheleuten in külsheim
wurden von 5 Kindern während weni
ger Wochen 4 durch die DiphtheritiS
entrissen. Die bisherigen 14 Auffüh
rungen deS Lutherfestspiels in Lahr
wurden von annähernd 10,000 Personer
besucht.—Der srühere Redacteur der ir
Mannheim erscheinenden socialdemokra
tischen „Bolksstimme", Ferdinant
Thies, der bekanntlich nach der Schwei,
flüchtig gegangen war, sich aber späte»
freiwillig der Staatsanwaltschaft
wurde vom Schwurgericht wegen Preß-
Vergehens zu einer Geldstrafe von 100
M. vernrtheilt. DaS Vergehen bezog
sich auf einen in der „VolkSstimine" er
schienenen, mit „Haß" üverschriebenen
Artikel, den Thies einer anderen social
demokratischen Zeitung entnommen
hatte. —Wegen Wuchers wurde in Os
senburg der Handelsmann Jak. Boden
heimer zu 9 Mon. Gefängniß verur
theilt; vergeblich suchte er alle Schult
auf feinen nach Amerika geflüchteten
Schwiegervater, Samuel Auerbach«
von Lichtenau, abzuwälzen. Auch der
Vater des B. wurde im Jahre 1889
flüchtig.
Aus der Rheinpfalz.
sln Alberweiler Bürgermeiste,
Val. Juncker. Der erst vor wenigen
Wochen nach Dürkheim a. H. versetzt«
Amtsanwalt Frentzel ist spurlos ver
schwunden. In Darmstadt erschoß
sich ein Fremder, der sich als Werk
meister I. Schäfer aus Grünstadt ins
Fremdenbuch eingetragen hatte. Aus
einem von ihm hinterlassenen Briese
geht hervor, daß seine Frau ebenfalls
durch Selbstmord (Ertränken! ihrem
Leben ein Ende bereitete. Eine neue
Sekte hat sich in Kusel gebildet, deren
Glieder sich „Benedisten" nennen, zum
größten Theile dem Protestantismus,
aber auch den, Katholicismus und den
Israeliten entnommen sind nnd sich bis
jetzt hauptsächlich nur aus den Dienst
boten und Arbeiterstand erstrecken. Di«
öffentlichen Versammlungen sollen
regelmäßig gut besucht sem, dieselben
werden gewöhnlich von einem Schuh
macher geleitet, wobei Bibelstellen zu»
Verlesung kommen, Erklärungen gege
be» und Lieder gesungen werden.
Die Vereinigung der Stadtgemeindt
Ludwigshafen a. Rh. mit der über
4000 Einwohner zählenden Gemeind«
Friesenheim wurde einstimmig vom
Stadtrarh beschlossen. Selbstmord
durch Erhängen begingen: in Dürk
heim der Winzer I. F. 11., in Hirsch
that der Tagner Wacher; aus Furcht
vor Strafe, Unterschlagungen wegen,
hat sich der Steuereinnehmer Gars von
Niederauerbach erschossen. Unglück
lichein Tturze erlag der Ackerer Lan, in
Hirschthal, der Arb. Frz. Kiel in Nie
fernheim ist ertrunken.
Elsaß-Lothringen.
Straßburg: 112 Der Nestor der Uni
versität, Professor Reuß. Ferne»
starb der Bureaudirektor des Landes
ausschusses, Ministerialsekretär Otto.
Zur Zeit werden in Beblenheim
Nachgrabungen gemacht, um die Spu>
ren einer Schlacht zu entdecken, die
Julius Cäsar hier geliefert haben soll
112 In Brnmath Bürgermeister Zim
mer. Ertränkt haben sich: in Col
mar, im Irrsinn, die Frau des Büch
senmachers Güth und in Rcichenweier.
aus Furcht vor Strafe, die Tochter des
Tagners Maurer. Aus gleichem Mo
tiv hat sich in Sargemünd der Muske
tier Strzizow erschossen. Ja Ars a.
M. brach der Maurer Guillaume im
Sturze das Genick; der Schiffer Barthei
von Lisdorf ist ertrunken.
Braunschweig. Anhalt.
Lippe. Waldeck.
Die verstorbene unverehelichte Jean
nette Wilberg hat ihr Vermögen in
Höhe von 30,000 Mark der Stadl
Braunschweig zu Wohlihäligkeitszwek
ken hinterlassen. -f Gymuasialdirek
tor Pros. Albrecht in Braunschweig.
Letzter Tage wurde der erste Spatenstich
für den Bau der Bahnlinie Harzburg.
Jlsenburg gethan. Dem Kaufmann
Frick in Helmstedt, der sich der Wechsel
fälschung in sieben Fällen schuldig ge
macht, wutde vier Jahr Gesängniß zu
erkannt. Unter dem dringenden Ver
dachte, sein eigenes Wohnanwesen in
Brand gesetzt zu haben, wurde der Kaus.
maun Keitmann in Tellnau verhaftet.
Der in Sieden verstorbene Alten
theiler Garbers hat der evangelischen
Kirche in Borstel ein Vermächtnis von
6 000 Mark lctztwillig hinterlassen.
Der wcgen Unterschlagung geflüchtet«
Steinbrnchsausseher Gericke in Zerbst
wurde in Halle a. S. verhastet.
112 Bürgermeister a. D. Louis v. Hanx
leben in Corbach. Es feierten: di«
goldene Hochzeit die Eheleute Leibzüch
ter Fiefeler in Berutrup; das fünszig
jährige Dieiistjubiläum der Betriebs
werkmeister der kgl. Eisenbahn-Betriebs
werkstätte in Cöthen, Heinrich Grüne-
Wald.
Mecklenburg.
112 In Grabow der Senator Bibelje,
ES feierten: die goldene Hochzeit
die Eheleute Erbpächter Porthu» in
Gothmann, Händler Feldmann in Kra
kow und Steinsetzer Reimer in Schwerin;
das 50jährige Dienstjubiläum der Kut
scher Kasten in Kl.-Belitz; das 50,ähr.
Toktorjublläum der Medi;inalrath Dr.
Meyer in Rostock; das 50jährige Be
russjubiläum der Schriftsetzer Kählerl
dortselbst; das 50,äürige Bürgerjubi
läum der Tischler Müller in Schwaan
und das 50jährige Jubiläum der Ange
Hörigkeit zur Freimaurerloge der Kauf
manu Eduard Marcus in Schwer,».
OlAenburg.
Aus der Karl Grosse weiland Stisi
tung für bedürftige und unbescholten,
Personen kaufte die Stadt Barel das
Köhne'sche Grundstück an der Ächtern
striße als Bauplatz zur Errichtung
dreier Häuser im Sinne des Erblassers.
—Feuer zerstörte: in Avdernhauseu das
Wohnhaus des Landhäuslings Kaper,
in Emsteck das de» Eigners D. Heimann
und in Nellinghof das Gewese des Co
lonen Arnd Torbecke.
Unangebracht. Dr. A.:
„Nun, haben Sie Ihrer Frau von dem
Madeira eingeflößt, den ich ihr verord
net habe?" Krautsepp: „Nein, Herr
Doctor. sie ist den ganzen Tag nicht
beim Bewußtsein gewesen und da hab'
ich halt dacht, 's wär' schade, wenn sie
so theures Zeug trinken würd' und
wüßt'S net; nachher hab' i's lieber sel
ber trunken!"
DerGewtrtkrSmtrßa-
celet in Paris wollte an einem der letz
ten Abende seinen Laden schließen, als
ein fremder Mann eintrat und H Pfund
Kaffee verlangte. Vacelet wog das
gewünschte Quantum ab und bückte sich,
um eine Düte hervorzuholen. In die
sem Momente zog der Fremde aus sei
nem Ueberrock eine Hacke, um nach dem
Krämer zu schlagen. Glücklicher Weise
hatte jedoch, von dem Attentäter unbe
merkt, in einem Winkel des Ladens
Frau Vacelet gesessen, welche in diesem
Momente laut aufschrie. Der Gatt«
wurde dadurch aufmerksam, hob den
Kopf rasch in die Höhe und das mörde
rische Instrument fügte ihm nur eine
leichte Streifwunde bei. Der Atten
täter ergriff rasch die Flucht, der Ge
würzkiämer und dessen Frau mit lautem
Geschrei hinter ihm. Ein Nachbar, der
Weinhäudler Maillan, schloß sich der
Verfolgung an, als sich plötzlich der
Flüchtling umdrehte, die Hacke salleu
ließ, einen Revolver aus der Tasche
zog und aus demselben drei Schüsse auf
seine Verfolger abfeuerte. Eine Kugel
traf Maillan, einen früheren Schutz
mann, in die Brust, und während Herr
und Frau Vacelet und die Nachbarn
sich mit dem Verwundeten beschäftigte»,
gelang es dem unbekannten Angreifer,
zu entfliehen, wobei er seinen Revolver
verlor. Man brachte den Verwundeten
nach dem Hospitdl und der Gewürz
krämer begab sich sodann auf das Po
lizeicommissariat, um Anzeige von dem
Vorfall zu machen und den Revolver
dort zu hinterlegen. Man erkannte in
der Waffe einen Polizeirevolver, mit
welcher die Pariser Schutzmannschast
ausgerüstet ist. Die Nummer des Re
volvers ermöglichte die baldige Fest
stellung des Thäters in der Person des
Schutzmanns Anteran, welcher festge
nommen wurde und gestand, den Mord
versuch wegen Geldmangels ausgeführt
zu haben. Anteran war zwölf Jahre
bei der Polizei thätig.
Von einer großen Feilers
brunst ist am 24. April das Städtchen
Römhild in Sachsen-Meiningen heim
gesucht worden. Die Stadt bietet jetzt ein
trauriges Bild der Verwüstung dar, der
schöne und hochinteressante Marktplatz
mit seinen originellen Gebäuden ist nach
drei Seiten hin in einen rauchende»
Trümmerhaufen verwandelt, begrenzt
von im Zusammensturz begriffenen,
noch brennenden Häusern. Aus der
rechte» Seite des Marktes sind sämmt
liche Wohnhäuser und Hintergebäude,
Scheunen, Ställe u. s. w. ein Raub der
Flammen geworden. Aus der linken
Seite standen einige dreißig Wohn
hauser und eine noch größere Anzahl
Nebengebäude, die vollständig zerstört
und nun rauchende Schutthaufen find.
Ueber die Entstehungsursache des
Feuers ist nichts bekannt geworden;
Feuer ist in einer Scheune ausge
brochen und hat sich infolge des herr
schenden Sturmwindes mit rasender
Eile und Gewalt auf daS ganze Häuser
viertel ausgedehnt. Leider hat der
Brand auch ein Menschenleben gefor
dert. Das 77 Jahre alte Fräulein
Johanna Höfling hatte sich in ein bren
nendes Haus hineinbegeben, um ihre
„Papiere" zu retten. Sie kam be,
diesem Versuche in den Flammen um,
am Samstag Abend wurde ihre start
verkohlre Leiche aus de» Trümmer»
ausgegraben.
Anläßlich der Pulver-
Explosion, vo» der Rom heinigesucht
worden, erinnert daS Neue Wiener Tag
blatt an ähnliche Kargstrophen, die sich
bisher ereignet. Seit dem Schreckens
tage von Mainz, welches am 18. No
vember 1857 gleichfalls durch Aufflie
gen eines Pulverthurms in Trauer und
Bestürzung versetzt wurde, hat sich aus
dem alten Conlinent keine in ihrer Wir
kung so furchtbare Katastrophe ereignet.
Wohl wurden seither das englische
Reichsarsenal Woolwich und Antwerpen
von Pulver- oder Dynamitexplosionen
heimgesucht, wohl flogen in den ersten
Zanuartagen des Jahres 1878 der
Pulverthurm von Antioari, 1881 die
Zitadelle von Scutari in die Lust.
Antivari wurde durch montenegrinische
Brandbomben, der Pulverthurm zu
Scutari durch einen Blitzschlag in die
Lust gesprengt. Bei diesen Fällen lag
die Ursache klar zu Tage, während man
bei der Katastrophe von Rom sich au
genblicklich nur in Muthmas» igen er
gehe» kann. Auch Wien hat am Aus
gange des vorigen Jahrhunderts eine
Pulverkatastrophe in seinem schwarzen
Buche zu verzeichnen gehabt. De»
Pulverthurm nächst Nußdorf flog in die
Lust und heute erinnert noch eine Ge
denksäule daran, daß der die UnglückS
stelle in seinem Wage« passirende Prälat
von Klosternenburg wie durch ein Wun
der vom sicheren Tode errettet wurde.
Von höchst eigenthüm
lichen Meldungen aus dem Jenseits
erzählt eine Berliner Correspondenz
F»lgendes: An einem der letzten Sonn
abende, Morgens gegen 4 Uhr, wurde
der Bursche des Hauptmanns B. vom
64. Infanterie-Regiment, Richard Zie
sowsky, in feinem in dem Hause Worm
ferstraße 2 belegenen Zimmer todt auf
einem Stuhle sitzend aufgefunden. Z.
sollte von seinem Posten abgelöst und
zum Truppentbeil zurückgelchickt wer
den. Die Veranlassung hierzu suchte
er nu» aber nicht in seiner Person, son
dern maß außer einem Portier noch zwei
weiblichen Persönlichkeiten die Schuld
hieran bei »nd fühlte sich dadurch so ge
kränlt, daß er sich in der Lützowstraße
einen Revolver kaufte und eine Kugel
in die rechte Schläfe jagte. Am Tage
nach der That trafen bei verschiedenen
Militärpersonen Postkarten ein, in denen
Z. kurz vor Ausführung des Selbst
mordes ihnen Folgendes mitgetheilt
hatte: „Melde gehorsamst, daß ich mir
-rfchosse» habe, Schuld an die That
haben die" es folgen drei Namen.—
Gleichzeitig ging auch der Polizei eine
Karte zu. welche die Worte enthielt:
„Erlaube mir ergebenst mitzutheilen,
daß ich mir selbst erschossen habe", und
auf welcher ebenfalls den drei Personen
die Schuld an dem Selbstmord beige
messen wurde.
Die„Wien«rAllgemeine
Zeitung" berichtet über folgende selt
same Affaire: Auch König Milan
wußte, wie jeder ungekrönte Sterbliche
die schmerzliche Ersahrung machen, daß
„jede Schuld sich rächt auf Erden". Es
handelte sich aber dabei für ihn durch
'us nicht um heikle Gewifsenssragen,
so idern erfreulicher- oder betrübender
weise um jene Schulden, für die schon
im Diesseits die Vergeltung sich ein
itellt. Milan, der „abgefertigte König",
war guter Dinge nach Wien gekommen,
um jenen Theil seiner Abfertigung,
welcher ihm bei der Länderbauk ange
wiesen war, zu erheben, ersuhr jedoch
dort zu seinem Leidwesen, daß die
Bank ein besseres Gedächtniß, als ihr
souveräner Kommittent besitze. Diesem
scheint im Drange der Regierungssorgen
vollständig entfallen zu sein, daß er der
Länderbauk noch von früher drei Mil
lionen Francs schulde und war daher
unangenchm überrascht, als man ihm
von seinen Checks auf 600,000 Francs
blos die Hälfte honoriren und den Rest
als Abschlagszahlung gutbuchen wollte.
Gegen solche Güte remonstrirte anfäng
lich der König im Exil sehr energisch,
schließlich wollte er sich schon einen Ab
zug von 100,000 Frcs. gefallen lassen.
Allein die Bank besteht auf ihrem
Schein und die serbische Ex-Majestät
weiß sich nun nicht zu Helsen. So rächt
sich icde Schuld aus Erden, insbesondere
wenn sie „gebucht" ist.
Wieb wir „Science" ent
nehmen, belief sich der Weinertrag in
Frankreich für das Jahr IBVO auf an
nähernd 27,41«,000 Hektoliter oder
603 Mill. Gallonen, fo daß auf jeden
Hektar Weinland 330 Gallonen kom
men. Dies zeigt eine Zunahme um !»2
Mill. Gallonen gegenüber dem Vor
jahre und einen Minderbetrag von
50 Millionen gegenüber dem durch
schnittlichen Ertrage der letzten zehn
Jahre. Die Zunahme ist in 45 De
partements wahrnehmbar, während in
31 Departements sich eine Abnahme
zeigte. Im Vergleich mit dem Vor
jahre scheinen die Winzer viel größere
Mengen geringer Zuckersorten benutzt
zu haben, um ihre Erzeugnisse zu ver
bessern oder den Ertrag zu erhöhen.
Auch mußte, wie gewöhnlich, viel frem
der Wein eingeführt werden. Seine
Menge betrug während der ersten elf
Monate des Jahies 21S Mill. Gal
lonen. Davon stammen aus Spanien
150 Mill., aus Algier 38 Mill., aus
Portugal 4,180,000, aus Italien 3Sö
-000, aus Tunis 198,404. In Algier
macht der Weinbau große Fortschritte
Das mit Wein bebaute Land hat sich
1890 um 3V99 Hektar vergrößert, und
der Ertrag belies sich in diesem Jahre
auf «!L,568,000 Gallonen gegen 55-
Gallonen im Vorjahre. WaS den
Fruchtwein anbetrifft, so überschritt
der Ertrag in Frankreich 1890 den deS
Vorjahres um 162 Mill. Gallonen,
steht dagegen um 24 Mill. gegen den
durchschnittlichen Ertrag der letzten
zehn Jahre zurück.
In Meran so schreibt
die „M. A. Z." befindet sich eine
geschichtlich denkwürdige Stätte, an wel
cher Tausende achtlos vorüberschreiten.
In der engen, mit „Lauben" versehenen
Postgasse, die in ziemlicher Steigung
vom Pfarrplatz hinan
führt und eine Hauptverkehrsader Me
rans bildet, liegt rechts (vom Sand
platz gerechnet) eine fchmale, gewölbte
Einfahrt, durch welche man in einen
engen. Hinterhof des großen Gasthofes
„Erzherzog Johann" gelangt. In die
sem Hof, welcher jetzt einem Tischler zur
Aufbewahrung von Holzvorrätyen
dient, gewahrt man in einer Ecke ein
altes Portal, zu dem einige Stufen
hinanführen, darüber das in Steip ge
meißelte Wappen der Tiroler Adels
familie der Lachardinger und die Jah
reszahl 1697. Dieses Portal ist der
letzte Ueberrest des alten Meraner
Pfarrhofs, der an dieser Stelle stand
und im Lause der sechziger Jahre gänz
lich umgebaut wurde. Im alten Me
raner Widuin aber wurden in den
Jahren 1807—1809 die ersten Fäden
zum Widerstand gegen die bayerische
Regierung gesponnen und in seinen
Räumen versammelte sich zu wiederhol
ten Malen in jenen Jahren der Klerus
des Burggrasenamtes, vom Passeie,
und Vinstgau, um diesen zunächst pas
siven Widerstand zu organisiren. Es
kann somit der alte Psarrhos zu Meran,
von dem nur noch oben erwähntes Por
tal vorhanden ist, als die Wiege de»
Ereignisse von 1809 gelten, und somit
ist der enge, von hohen Gebäuden um
gebene Hof des „Erzherzog Johann"
eine der denkwürdigsten Glitten Tirols.
Dem wiedergekehrten
Frühling zum Grnß feiern die Züricher
alljährlich ein großes Volksfest, das
„Sechseläuten" genannt: weil die
Stadtglocken jetzt, wo die Tage länge,
geworden, wieder Abends um Sechs
geläutet werden. An jenem Festtag ar
beitet in Zürich Nachmittags kein
Mensch; Alles opfert dem neu erstan
denen Lenz. Seit Jahren werden ihm
sogar große, geschichtliche Umzüge ge
bracht, so auch diesmal und die Theil
nahme des Volkes war äußerst lebhaft:
über 30,000 Menschen strömten am 22.
April nach Zürich zusammen. Das
Eigenartigste an der Feier aber war
und ist die Verbrennung des „Bögg".
In der Nähe des Blauen Sees wird
ein runder, mit Petroleum getränkter
Reisighaufen errichtet und darüber auf
einer Stange ein ans Baumwolle an
gefertigter Schneemann, den schnee
bedeckten Regenschirm in der Hand.
Sobald die Glocken Abends 6 Uhr zu
läuten anheben, wird der Holzhausen
in Brand gesteckt. Schon brennt es
unten ringS, doch gleichmüthig und kalt
thront oben der Schneemann. Jetzt
aber leckt die Flamme bis zu einer
Zündschnur, nnd diese entzündet das im
Kopse des Schneemanns verborgene
Feuerwerk. In diesem Augenblick, da
der „Bögg" Feuer fängt, erfüllt riefiger
Jubel die Menge. Der Winter ist todt,
die sprühende, leuchtende Krast de-z
Frühlings rafft ihn hinweg.
7
A«r
Bom Nachtwächter alter und neuer
Zeit und verschiedener Länder weiß
Fr. Regensberg in den „Münch. R. N."
Ansprechendes mitzutheilen. Dem alte»,
frommen, väterlich ermahnenden Ruf
der nächtlichen Wächter wurde bald ei»
Ende gesetzt: entweder wurde er z»e
bloßen Angabe der Stundenzeit oder
er hörte ganz aus oder aber die neue»
praktische Zeit machte seine Poesie Bch
dienstbar. So sind von einem Wächter
zu Wohle» im Aargau in der Schweiz
folgende Rufe überliefert:
„Wer jetzt prächtiges Fletsch will kaufen
Soll zum Chappeli-MoseS lause,
Der gibt'S Pfund ohne Strapaze
Gut gewoge um fünf neue Batze.'
Am nächsten Abend aber lautete de?
Spruch deS nächtlichen Barden, jeden
falls auf Veranlassung eines Concur
-enten deS „Chappeli-MoseS":
»Laufet hin zum Metzger Seiler,
Der gibt AlleS viel wohlfeiler,
Fleisch vom Ochse, dicke Rieme,
Gibt er um fünfzig Centime."
Die Angabe der Stunden lag dem
Nachtwächter noch bis in unsere Zeit
hinein sast überall ob und ist vielfach
noch heute seine Pflicht. Schon zu sei»
ner besseren Controlle seitens des be
wachten Bürgers. Aus Salouichi be
richtet ein Oricntreisender von einem
türkischen „Nachtrath": „Von Zeit zu
Zeit hörte ich ein merkwürdiges Ge
räusch .- ein Ausklopfen aus das Pflaster
mit einer metallenen Keule. Ich hörte
e» in regelmäßigen Zwischenräumen
wieder und wieder und merkte nun, daß
es der orientalische Nachtwächter war,
der durch das Ausschlagen mit seinem
metallbeschlagenen Stocke schallend ver
kündete. wie gewissenhast er seines Am
tes walte."
Erwähnt sei hier, daß in der deut
schen Reichshauptstadt noch bis vor
Kurzem die vollen Stunden der Nacht
durch Pseiseu angegeben wurden, wa»
erst am 3. Januar 1778 ausgegeben
ward. In der „guten alten Zeit" ging
dort der Sommer offiziell mit dem Tage
des einstmals berühmten „Stralauer
Fischzuges" am 24. August zu Ende
und vom 25. August ab schlössen die
Wächter nicht mehr um 11, sonder»
schon um 10 Uhr die Hausthüren. Der
Nachtwächter des Schloßreviers aber
erschien noch unter Friedrich Wilhelm
IV. in der Sylvesternacht regelmäßig
im Schlosse und kündete der dort ver
sammelten Hofgesellschaft um Mitter
nacht den Anbruch deS neuen Jahre»
durch lii Hornstöße und Absingung
eines Chorals an, wofür er vom Kö
nige j des Mal einen blinkenden Frie»
drichso'or erhielt.
D»e Nachtwächter von London hatten
noch im vergangenen Jahrhundert die
Aufgabe, nach Mitternacht den Bewoh
nern der englischen Hauptstadt die Be
schaffenheit deS Wetters zu verkünden.
Indem sie durch die Straßen gingen,
riefen sie mit lauter Stimme ihr:
oder morninH", und
wer die Ankündigungen dieser eigen
artigen Wetterpropheten hörte und be
achtete, wußte beim Ausstehen, ob er
wasserdichte Stieseln anziehen oder sich
wärmer kleiden mußte. Ebenso rief
der Wächter in italienischen Städten
neben der Stunde auch das Wetter auS:
je nachdem es regnete, schönes Wetter
oder bedeckter Himmel war. In Spa
nien besteht dieser Brauch noch heutigen
Tages.
Die Wächter rufen dort die Stunden
von 11 Uhr Nachts bis Morgens srüh
um 4 Uhr in hohem, halbsingendem
Tone aus und fügen jedesmal eme An
gabe über das Wetter bei. So z. B.:
„Sei gegrüßet, heilige Jungfrau! Elf
bat'S geschlagen! Heiterer Himmel!"
Da nun in dem „schönen Land de»
Weins und der Gesänge" der Himmel
selten etwas Anderes aiS „(Ziels
8orviio!" (heiterer Himmel) zu rusen
haben, so hat ihnen das Volt schon in
alter Zeit den Spottnamen „Lorooo»"
gegeben, dessen Entstehung und eigent
liche Bedeutung aber längst »n Verges
senheit gerathen ist. Nein Nachtwäch
ter »n Spanien erwartet heute, wenn
seine Dienstleistung irgendwo begehrt
wird, eine andere Anrede, als »Lsooo?
Eine wichtige Entdeckung
wurde in der Oase El-Goleah der Sa
hara gemacht. Man fand in der ge
ringen Tiefe von 35 Metern einen na
türlichen Wasserbehälter. Bisher kön
nen demselben 180 Liter in der Minute
entnommen werden, ma» hofft aber,
noch größere Wassermengen erzielen zi»
können. Es ist dies der erste gall, daß
in der Sahara be» so geringer Tiese
Wasser gefunden wurde. ES fcheint sich
diesmal um ein bedeutendes unterirdi
sches Wasserreservoir zu handeln, wa»
mit Rücksicht auf seine große Ergiebig
keit nicht nur für die Entwickelung der
Oase selbst, sondern auch für die später
hin herzustellenden artesischen Brunnen,
die den Verkehr in der Wüste erleich
tern sollen, v»» großer Bedeutung
wäre.
Bei'mWort genommen.
Principal (zum Gehilsen): „Hier ha
ben Sie eine ausgezeichnete Eigarr»;
vorzügliches Kraut, echte Waare —darf
eigentlich nur nach einem guten Souper
geraucht werden!" Gehilse: „Herr
Principal sind sehr gütig und wann
dars ich mich dazu einfinden?"
Eine gure Ausrede.
Vater: Nanu, Du kommst jetzt schon
aus der Schule? Der kleine Paul:
Ja, wir haben Hitzserien bekommen!
Vater: Was? Im April? Paul:
Ja, unser Schuldiener hatte zu stark
eingeheizt!
Sehr zerstreut. A.: „Was
hat doch dem puder gefehlt?!" B:.
„Nix, nur a Bissel an verdorbene»
Magen hat er g'yabt!" A.: „Nun,
daran stirbt man doch nicht gleich!"
B.: „Der schon der zerstreute con
suse Menjch!"