Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, April 09, 1891, Page 2, Image 2

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Lorbeer» u«d «overeiga».
Man hat einmal ausgerechnet, wie
viel Adelina Patti, die 1882 für einen
Musiksestabend in Cincinnati 32,000
Mark bekam und überhaupt gegenwärtig
die höchsten Gagen und Honorare de
zieht, für jeden Ton erhält, der während
einer Theatervorstellung oder eines
Concerts über ihre Lippen kommt. ES
ergab sich dabei ein ganz ansehnlicher
Betrag.
Ohne Zweifel stehen die übertrieben
hohen Summen, welche manche Divas
und Ritter vom hoben L einheimsen, in
keinem vernünftigen Verhältniß zu
ihren Gegenleistungen. Anerkannter
maßen bilden die immerfort gesteigerten
Gagen solcher .Lieblinge des Publi
kumS" einen Krebsschaden der modernen
Theater und dienen dazu, in einzelnen
Künstlern einen Hochmuth zu erzeugen,
der an Verrücktheit grenzt.
Als Catterina Gabrielli (1730 bis
1736) nach Petersburg kam, verlangt«
sie ein Gehalt von 20,000 Rubeln.
„Aber dafür kann ich ja zwei Feldmar
fchälle halten", rief Katharina U. auS,
woraus die Diva kaltlächclnd meinte:
„Dann können sich Ew. Majestät ja
von ihnen auch etwas vorsingen lassen."
Dem italienischen Heldentenor Ta
magno bot der Impresario Ferrari
kürzlich ein amerikanisches Engagement
um die Summe von 750,000 Francs
an; der Sänger aber lachte:
.Dem Mimen flicht die Nachwelt kein»
Kränze,
Drum muß er geizen mit der Gegen
wart",
and forderte nicht weniger al« eine
Million.
Dabei fällt Einem unwillkürlich der
alte Fritz ein, der im Grimm über die
Geldgier zweier Sängerinnen schrieb:
.Die Astrua und Taristini sordern den
Abschied; eS seindt Druffels Croup, ich
bin sie tauhsentmahl müde, ich muß
Geld vor Kanonen ausgeben und kann
es nicht vor Hahselauten vertun. ES
seindt Kanaillen, hol' sie der Druffel."
Nicht von jeher sind natürlich di«
Künstlergagen fo hoch gewesen, doch
klagten die Württemberger z. B. schon
unter Herzog Ulrich (1438 —1550)
über die allzu kvstbaren Tonkünstler,
deren hohe Besoldung nicht wenig zu
dem Elend-des Landes beitrage. 1516
gab der Fürst dann der Landschaft di«
ausdrückliche Versicherung, daß er den
großen Auswand für die Sänger, Pfei
fer und Trompeter möglichst einschrän
ken werde. Unter Herzog Christoph
1550 —1568) waren bei seiner Ka»
pelle verschiedene „Singer" mit Gehäl
tern von 20 —4O fl. angestellt. Zu
Ende des 16. Jahrhunderts erhielt de»
italienische Sänger Pergamin am Hof«
des Landgrasen Moritz in Kassel jährlich
250 Gnlden. Die Summe erscheint
uns geringfügig, war jedoch für die da
malige Zeit sehr hoch und kam der eines
gut bezahlten Ministers gleich.
Unter Herzog Eberhard Ludwig
<1677 —1733) zählte die Stuttgarter
Sybilla Boex (Beck), die ein Gehalt
von 1000 Gulden bekam. In Dresden
bezogen unter Johann Georg lU.
(s 1631) die berühmten Primadonnen
Margherita Salicola und Rojana San
tinelli je 1500 Thaler. Die kaiserlich«
Kapelle in Wien hatte unter Karl VI.
(s 1740) acht Solosängerinnen, vor
denen manche ein Gehalt von 6000 fl.
bezogen.
Jemehr die italienische Oper mit
ihren Virtuosenrollen überall der ver
hätschelt» Liebling zuerst der Höfe und
dann dcv Publikums überhaupt wurde,
desto höher stiegen auch die Preise von
Primadonnen, Rouladen und Kastra
ten- und Tenoristentrillern. Nament
lich wurde seit dem Ansang des 18.
Jahrhunderts das Land der Pfund
Sterling und SovereiguS das Dorado
aller Geiangskünstler.
Die Cuzzoni wies 1725 einen italie
nischen Impresario, der ihr 240,000
Lire für eine Kunstreise bot, ab, weil
sie in England mehr verdienen könne.
Sie starb übrigens im tiefsten Elende,
nachdem sie Stimme und Schönheit ver
loren und Unsummen vergeudet hatte.
Gertrude Elisabeth Mara (geborene
Schmeling) bezog in Berlin als Hof
fängerin Friedrichs des Großen 3,000
Thaler Jahresgehalt, wogegen man ihr
von London aus 1,600 Pfund Sterling
(32,000 Mark) für 4—5 Concerte und
dazu 2,500 Psund (50,000 Mark)
Reiseentschädigung bot. Da ihr der
König den Urlaub verweigerte, ging sie
ihm 1780 durch und heimste nun eine
lange Reihe von Jahren hindurch den
aus sie niedergehende» Goldregen ein.
Als die Catalani zweimal vor Napo
leon >. in St. Cloud gesungen hatte,
ließ er ihr dasür 5000 Francs baar aus
folgen, verlieh ihr eine lebenslängliche
Pension von 12,0Q>') Francs jährlich
uud stellte ihr de» Opernsaal in Paris
für zwei Concerte zur Versüguug, wel
che eine Reineinnahme von 50,000
Franc» brachten. Alles das schien
jedoch der Sängerin »och lange nicht
genügend. Als er sie in St. Cloud ge
hört hatte, kam der Kaiser in ihre Gar
derobe und sragte: „Wohin gehen Sie
von hier, Madame?"—„Nach London,
Eire." —.Binden Sie in Paris! Sie
Vierden 100.000 Francs und zwei Mo
nate Urlaub haben." Die Catalani
verneigte sich schweigend und ging—
—nach London, wo sie für die Saison
mit 250,000 Francs engagirt war;
ebenso viel brachte ihr Urlaub ein. Man
zahlte ihr in Soireen 5000 Francs sür
die Absingung des 'Lcxi »lis
Xinx" und vergötterte sie geradezu,
unterließ jedoch nicht, sich nebenbei
allerlei ergötzliche Anekdoten über ihren
in wahrhaft seltener Weise ausgebilde
ten Sparsinn zu erzählen. Zu den
begeistertsten Verehrern der „göttlichen
Angelika" gehörte damals der Marquis
von Buckingham, der sie und ihren Bat
ten, Herrn von Balabregue. einen ehe»
«öligen französischen Capitän, nach
smnm prachtvollen Familienbrfitz,
«-schloß Stowe, einlud.
Wenn dort Abends der Wunsch lau
ward, die große Sängerin möge die
anwesende Gesellschaft doch durch einen
Vortrag erfreuen, so zierte sie sich nie
mals, sondern sang stets bereitwillig
ein Lied. Endlich mußte das Ehepaar
von dem gastfreundlichen Marquis Ab
fchied nehmen, um eingegangenen Ver
pflichtungen nachzukommen. Dabei
drückte Herr von Valadreguc mit dem
selben liebenswürdigen Lächeln, mit
dem seine Gattin täglich gesungen hatte,
dem Hausherrn ein Billet in die Hand.
Der Marquis war nicht wenig über
rascht, als er las: „Für das Singen
von 17 Liedern 1700 SovereignS", aber
er verzog keine Miene. Er gab ihm
eine Anweisung auf 1700 SovcreignS
für „siebciizehii Arbeitstage" der Ma
dame Catalani, konnte dabei aber doch
nicht die Bemerkung unterdrücken, daß
er bedaure, nicht früher gewußt zu
haben, Monsieur de Balabregue sei der
Kassirer der Firma Catalani. Uebri
genS that dieser Vorfall in England
dem Rufe der großen Sängerin doch
wesentlichen Abbruch, ähnlich wie die
Berliner gegen die auf dem Gipsel ihres
Ruhme» stehende Mara ausgebracht
wurden, al» sie in einem 1803 von der
dortigen königlichen Kapelle zum Besten
d«S Wittwen und WaisensondS veran
stalteten Concerte nur mitwirken wollte,
wenn thr die Hälfte der Einnahme zu
gesichert würde. ES ließen sich ähnliche
Züge auch von einigen vielgenannten
„Stars" der Gegenwart berichten, doch
foll dabei ausdrücklich hervorgehoben
werden, daß die meisten unserer großen
Sänger und Sängerinnen eine immer
offene Hand haben und ihre Kunst bei
jeder Gelegenheit bereitwillig in den
Dienst der Wohlthätigkeit stellen.
1827 wurde Virginia BlasiS, die im
„Don Juan" mit gleicher Vollendung
die Donna Anna, wie die Zerline zu
singen wußte, für die Pariser Oper mit
einem lebenslänglichen Jahresgehalt«
von 36,000 Francs engagirt; sie starb
elf Jahre nachher an einer Luugenent»
zündnng. Die heute gänzlich vergessene
Sängerin Gloslop hatte einen ähnlichen
Vertrag mit der Pariser Oper zu
25,000 Francs jährlich. Sie trat
aber in drei Jahren nur ein einzige»
Mal aus, verdiente also an diesem
Abende 75,000 Francs, vielleicht die
höchste Summe, die eine einzige Vor
stellung jemals einer Sängerin einge
bracht hat. Denn die höchste Einnahme,
welche Henriette Sontag, die nachherige
Gräfin Rossi (112 1854) je machte, er
zielte sie in London, wo ihr einßenefic
abend 50,000 Francs brachte. 1843
bekam sie sür eine einzige Londoner
Saison mehr als 500,000 Francs.
Die Malibran erhielt in Paris 75,-
000 Francs Gage, ein Benefiz und einen
Urlaub, der ihr ebensoviel brachte.
1833 wnrde sie vom Londoner. Drury-
Lane-Theater für 40 Vorstellungeu ge
gen eine Gage von 80,00«? Franks und
zwei Benefize mit einer garantirten Ein
nahme von 60,000 Francs, zusammen
140,000 Francs für zehn Woche» enga
girt. In dem darauffolgenden Jahre
erzielte sie auf einer Kunstfahrt durch
Italien bei einem Auftreten in 185
Forstellungen 720,000 Francs, und
kurz ehe sie starb (112 1836) unterzeich
nete sie noch ein Engagement von 600,-
VOO Francs.
Auch Rußland streute einen ver
schwenderischen Goldregen über alle die
Künstler und Künstlerinnen au», die
kühn bis zum Norden vordrangen. Ge
gen das Ende der vierziger Jahre
bekam die Viardot in Petersburg für
einige Monate 50,000 Rubel und ihr
Benefiz brachte 12,000 Rubel nebst
einer Masse von kostbaren-Geschenken.
Rubini nahm in einem einzigen Con
certe dort mehr als 50,000 Mark ein,
und ähnliche Beispiele ließen sich in
Menge aufführen.
Dann begann auch die neue Welt die
künstlerischen Berühmtheiten zu sich
herüber zu locken, indem sie dieselben
statt mit SovereignS mit Dollars über
schüttete, und von dort stammen die
enormen Sängerhonorare, welche nach
dem Zeugniß von Moritz Strakosch (in
seinen Erinnerungen eines Impresa
rio" in der alten wie in der neuen
Welt, das Verderben der Theaterunter
nehmer geworden sind und überall den
Ruin der einst so blühenden „italieni
schen Oper" herbeigeführt haben.
Jenny Lind hatte sich bei ihrer be
rühmten amerikanischen Reise (1850 —
1851) mit Barnum für 150 Concerte
ein Honorar von 80,000 Dollars nebst
sreier Reise und Verpflegung auSbe
lmngen. Ihre Erfolge waren jedoch so
riesige, daß sie bald den Contract löste
tind ans eigene Rechnung reiste. Mit
mehr als dl« Millionen Dollars bela
sen, konnte die „schwedische Nachtigall"
-»ach kaum Jahresfrist uach Europa zu
rückkehren.
In der Gegenwart ist eS, wie schon
zesagt, die gefeierte Adelina Patli,
velche die großartigsten künstlerischen
nnd klingenden Erfolge Lorbeeren
and Sovereigns aufzuweisen hat.
Ihre höchste Einnahme für einen einzi
zen Abend waren jene 32,000 M. in
Lhicago; auf einer anderen Kunstreise
durch die Neue Welt bekam sie sür jeden
Abend 20,000 M. Das finaneielle
Zrgebniß ihrer vorletzten Tournee durch
Spanien, Portugal und Südamerika
nar: In Lissabon 80,000 Francs und
in Madrid 70,000 Francs, in Buenos
Aires 657,352 Francs, in Montevideo
213,735 Francs, in Summa 1,021,147
Francs, abzüglich des Verlustes beim
Wechseln. Auf ihrer letzte» Amerika
reise hat die Diva 43 Mal in vier Mo
naten gesungen und dasür 800,000
Francs cingciiommen. Jetzt ist sie nach
St. Petersburg für ein dreimaliges
Auftreten in Opern und zu drei Con
certen engagirt, wofür ihr 1000 Pfund
Sterling (20,000 M.) für jeden Abend
contrakliich zugesichert sind.
Es wird unseren Lesern von Interesse
sein, zur Vergleichung auch die Gagen
einiger der berühmteste» Tenoristen zu
erfahren.
Heinrich Vogl, der noch immer ju
gendlich-frische Jubilar, bezieht in
München ein Jahresgehalt von 32,000
M.; in New Uork erhielt er monatlich
tkvov, also 24,000 M.
Emil Goetze war bis vor Kurzem dem
Kölner Theaterdirector I. Hofmann ge
gen eine JahreSgage von 60,000 Mark
verpflichtet. Er hat jetzt eine Einla
dung erhalten, an 50 Abenden in den
Hauptstädten Amerikas aufzutreten, wo
für er außer vollständig freier Reise
u. f. w. die Summe von 120,000 Mark
bekommt.
Jean de Reszkc bezicht an der Pari
ser Oper monatlich 15,000 Francs, was
allerdings nicht übermäßig hoch erscheint,
wen» man bedenkt, daß selbst der Bän
kelichläger Paulus in Paris eS als Cou
pletsängcr und Dichter bis zu JahreS
cinnahmeu von 100,000 FrcS. gebracht
hat.
Alexander Girardi erhält vom Thea
ter an der Wien für acht Monate eine
Gage von 16,800 fl. und noch ein Spiel
honorar von je 70 fl.
Berühmte Sänger und Sängerinnen
können heutzutage mit einem Gefolge
reisen, wie früher nur Fürstlichkeiten.
Als der italienische Tenor Masini 1887
von Mailand nach Buenos Aires zu sei
nem dortigen Engagement reiste, beglei
tete ihn ein Leibarzt, ein Privatsecretär
und zwei Kammerdiener, voraus ging
ein Courier, der alles besorgte. Für
ein 50maligeS Auftreten waren dem
Sänger aber auch 600,000 Francs ga
rantirt, träte er jeden Abend auf, so
wäre das ein Jahreseinkommen von
etwa 3 Millionen Mark.
Der ca«a»!sche Samson.
Louis Cyr, angeblich der stärkste
Mann in der Welt, dessen Bild wir
bringen, ist ein französischer Canadier.
Er wurde durch ein Kraststück berühmt,
welches er verübte, als er 17 Jahr alt
war. Ein mit Backsteinen beladener
Wagen war tief im Schlamm stecken ge
blieben. Cyr kroch unter den Wagen und
hob denselben ganz allein auf's Trockene
Cyr hat vor kurzem in New Jork
3536 Psund Eisen aufgehoben. Er
will jetzt eine Wette machen, daß er
4500 Psund heben kann.
Dieser Samson ist 27 Jahre alt und 5
Fuß 11j Zoll hoch. Er stammt von
einer „starken" Familie. Seine Mutter
konnte bequem zwei Faß Mehl die
Treppe hinauftragen. Sie wog 2SS
Pfund. Sein Vater war ebenfalls
baumstark. Cyr spielt mit einer 35
Pfund schweren Kanonenkugel, wie An
dere mit einem Gummiball. In New
flork hob er neulich eine 261 Pfund
schwere Platsorm auf, aus welcher 20
Männer standen, deren Gesammtgewicht
mit der Platsorm 3790 Pfund betrug.
Dieser Samson raucht nicht und
trinkt keine Spirituosen, ißt aber täglich
S—6 Pfund Fleisch.
Plo« PI««.
Der kürzlich verstorbene Prinz Je»
rome Bonaparte besaß eine sprechend«
Aehnlichkeit mit seinem großen Onkel
Kapoleon l. Hauptsächlich dieser Aehn
lichkeit hatte er es zu verdanken, daß er
»och immer Anhänger besaß.
FrühltugSalinung.
schon fällt der Sonnenblick mild in'S
Land
lind lauer wehen die Lüste und linder,
OaS sind die Boten, vom Frühling ge
sandt,
Als seines nahen Einzugs Verkünder.
Wie ist meine Seele so gern bereit,
Der frohen Botschaft Glauben zu schen
ken,
Vald hoff' ich, im kühlen Ueberkleid
Die Schritte zur Gartenwirthschast zu
lenken.
Dort will ich, was ich lang nicht ge
than.
An einem guten Trünke mich letzen;
Der Glaube, der Berge versetzen kann,
Hann auch den Winterrock versetzen.
Fatal. JneinerGesell
schast werden Pfänderspiele gespielt.
Ain jovialer Onkel des Hauses nimmt
:in Lied zu singen, und nachdem sie sich
dieser Ausgabe entledigt, will sie ihr
Pfand in Empfang nehmen. Schnell
springt aber das Söhnchen des Hauses
dazwischen mit den Worten: „Gieb
nichts heraus, Onkel, ohne Pfandschein,
Mutter muß im Leihhause auch immer
den Pfandschein zeigen!"
Weit gebracht. Geck: Habe
es doch wirklich weit gebracht. Bor ei»
neu» Jahr war ich noch ein ganz schäbiger
lkerl ohne einen Pfennig Geld, jetzt habe
ich bereits IV.OOV Marl Schulden.
Sie «he i« «hta».
V-» De. ».
Wenn man eine Chinesin nennt, s»
denkt man zunächst an die verkrüppel
ten, kleinen Füße und man stellt sich
darnach das ganze Wesen verkrüppelt
vor.
Die Chinesinnen haben vor den Eu
ropäerinnen etwaS vorau-Z, eS gibt
nämlich keine alte Jungfern unter ihnen I
Ledige Männer und Frauen gehören in
China zu den fabelhaften Erscheinun
gen, denn die Ehelosigkeit gilt dort
als etwas Unsittliches. Der Chinese
heirathet mit höchstens zwanzig Jahren.
Nicht selten vermählen sich sechszehnjäh
rige Jünglinge mit vierzehnjährigen
Mädchen. Der ausnahmslose Fleiß der
Chinesen setzt sie srüh in die Lage, sich
einen eigenen Hausstand zu gründen.
Das Klima hat mit der frühen Ehe
nichts zu thun, denn diese Sitte herrscht
im ganzen himmlischen Reiche, welches
sich bekanntlich durch die verschiedensten
Breitegrade erstreckt. Allerdings weiß
man- dort wenig von der „Wahlver
wandtschaft." Die Eltern verheirathen
ihre Kinder, sobald diese heranwachsen
und die jungen Paare lernen sich häufig
erst bei der Eheschließung kennen.
Dennoch ist dies keine Gefahr für die
Ehe, wie das bei uns kommen müßte,
ebenso wenig, wie bei den orientalischen
Juden. Es scheint, daß es Völker mit
so viel natürlicher Sittlichkeit, so unver
dorbenen Jnstinctcn gibt, daß jede Ehe
alle Aussicht hat, einen glücklichen Ver
lauf zu nehmen.
Das Hofmachen ist also in China
ebenso unbekannt, wie die unverstanden«
Frau.
Schließlich lernt man sich in un
serem übliche» Brautstande wirklich
kennen? Oberst Tscheng-Ki-Tong, des
sen Ausführungen wir hier folgen, sagt
unbedingt: „Nein." Und wer unter
uns wagt ihm zu widerprechen?
Die Eheschließung in China ist ein
bloßer Familienakt, an welchem, wohl
gemerkt, weder der Staat noch die
Kirche den mindesten Antheil nehmen.
Die Formalitäten sind die folgenden:
Die Ehepakten werden von den Eltern
des Brautpaares geschlossen und unter
zeichnet. Der Bräutigam sendet, und
dies bedeutet die Verlobung, seiner Er
wählten einen oder mehrere Körbe voll
Putz- und Toilettegegenstände, darunter
zwei Armbänder, welche die Rolle un
serer Verlobungsringe spielen. Die
Braut spendet als Gegengeschenk ei»
Kostüm oder eine Uniform, welche dem
Range des Bräutigams entspricht.
Die Vorfeier der Vermählung wird
in beiden Häusern gesondert durch Gast
mähler begangen. Am Vorabend des
Traiiungstages sendet die Braut ihr«
Aussteuer in das Haus des Bräuti
gams, dieser der Braut eine rothe
Sänfte, in welcher sie am folgenden
Morgen in feierlichem Auszug, gefolgt
von den Verwandten, von Spielleuteii
u. s. w. in das Haus des Bräutigams
getragen wird. Dort verläßt sie di«
Sänfte und bei dieser Gelegenheit sieht
sich das junge Paar meist zum ersten
Male. Der Bräutigam geleitet nun
die Braut in das beste Gemach des Hau
ses, wo aus einem Tische Weihrauch zu
Ehren der Gottheit brennt. Das junge
Paar kniet vor diesen» Tische nieder und
verrichtet ein Gebet. Dann stellt der
Bräutigam die Braut seiner Familie
vor, womit die Trauungsceremonie be
endet ist. Nun wird, ganz wie bei uns,
geschmauset. Das Hausthor bleibt, de»
chinesischen Sitte entgegen, den ganzen
Tag offen, eS kann eintreten und an
dem Feste teilnehmen wer will, sogar
der Fremde von der Straße.
Ani folgenden Tage setzt sich die Feie»
in gleicher Weise im Hause der Braut
fort. Hier und dort wird das junge
Paar von einem älteren, längst Verhei
ratheten geleitet, welcher männliche
Nachkommen besitzt. Es entspricht dies
etwa unseren „Trauzeugen."
Man wird zugeben, tag die Einfach
heit dieser Ceremonie, welche sich aus
schließlich im Familienkreise zuträgt,
ihres gleichen sucht. Trotzdem gilt die
Ehescheidung, besonders in den oberen
Schichten, als eine Ungeheuerlichkeit.
Aber gerade das ist der Punkt, wo
der Staat einsetzt. Die Eheschließung
überläßt er getrost der Familie. Di«
Scheidung veranlaßt er, wenn es ihm
geboten scheint, d. h. wenn der natür
liche Zweck der Ehe sich als uuersülll
erweist.
Der Gatte darf die Scheidung »er
langen, wenn die Frau sich nach Ablans
einer gewissen Frist als unsruchtbar er
wiesen hat. Aber in den seltensten
Fällen wird von diesem Rechte Ge
brauch gemacht. Um der traurigen
und gesürchteten Kinderlosigkeit zu ent
gehen, adoptirt man häufig sremd«
Kinder.
Die Frau selbst hat das dringende
Interesse, jeden Anlaß zur Scheidung
zu vermeiden, denn in ihrer Gesellschaft
hat sie außer der Ehe keinerlei Chance.
Sie theilt alle Ehren, welche ihr Gatte
genießt, aber ohne denselben ist sie nichts,
da die Frauenemanzipation in China ein
unbekannter Begriff ist. Nun werden
die „schönen Leserinnen" triumphirend
ausrufen: „So sind wir denn doch bes
ser dran!"
Aber die Chinesin hat einen unge
heueren Vortheil vor der Europäerin
voraus—sie wird ohne Mitgist ge
hcirathet. Die Mitgift ist ein unbe
kannter Begriff in China. Ja, die
Frauen erben nicht, haben kein eigenes
Vermögen und werden niemals des
Geldes wegen geheirathet. Bei der
Brautwahl wird nichts geprüft und er
wvgen, als die persönlichen Eigenschaf
ten der Braut, ihre Bildung und Er
ziehung. Und hier mag die Ursache
liege», daß die meisten Ehen glückliche
sind.
Die Frau darf im Namen ihres
Mannes Verträge schließen, kaufen und
verkaufen, frei über das gemeinsame
Eigenthum verfügen. Die Verhei
rathllng und die Aussteuer der Kinder
bedarf ihrer Zustimmung, ebenso wie die
Erziehung derselben in ihren Händen
ist. „Und wird diese Musterfrau nicht
betrogen?" frägt die verehrte Lese
rin. „Nein, so gut wie niemals"
nur auS sehr gewichtigen Gründen Hai
der Gatte eine Geliebte. Dies geschieht
dann mit Zustimmung der Frau und
die Geliebte ist dieser Gehorsam schul
dig. Das ist Alles sehr, sehr vernünf
tig, aber gar nicht romantisch. Die
Romantik überhaupt ist dem bezopften
Volke im Reiche der Mitte fremd ge
blieben, und wen» dort auch zahlreich,
glückliche Ehepaare gedeihen Rome»
und Julia dürfte es dort niemals ge
geben haben! Andererseits ist die soge
nannte „Bernunftehe", welche bei uns
als die Wurzel so mancher kranken Be
ziehung gilt, kaum mehr zu Ehren zu
bringen, als durch die Ehe in China ge
schieht.
Der Stil Laut« XVI.
Der Stil LouiS XVI. fällt nich,
allein in die kurze Regierungsepoch
dieses Herrschers, die durch die hereinl
brechende Revolution hinweggesegl
wurde. Schon in der Mitte des acht
zehnten Jahrhunderts, unter
XVI., begannen die Naturfreunde ein,
starke Opposition gegen den
geltend zu machen. In dieser Zeil
fällt die Erscheinung des neuen Stils,
der allerdings unter LouiS X VI. sein,
höchste Blüthe erreichte, um dann von
dem Geschmack des Empire vernichtet zu
werden.
Wie die Perrücke von dem natürlicher
HaarH nuck verdrängt wurde, so mußt,
auch der pomphaste Stil Louis XVI.
dem koketten Kunstsinn des Boudoiri
weichen. Man suchte die Motive süi
die Kunst nicht mehr in dem Hofleben,
sondern in der intimen Häuslichkeit de»
Reichen.
Die starre Form der Rokkokozeit würd,
abgestreift und es wurden die Grazien
für das Leben maßgebend, und das Gra
ziöse bildete den Grundton in dem neuen
Stil, der eine ungeahute Feinheit er
langte.' Die Feinheit finden wir in
dessen nur in Frankreich ausgeprägt,
während bei uns eine gewisse Steifheit
ohne Beigabe der blumistischen Anmuth
in jener Zeit niemals abgestreift worden
ist.
Zunächst machte sich die Reaktion in
der Baukunst geltend. Die geistbegabt,
Frau v. Pompadour hatte schon gesragt
„Warum nimmt man nicht die Motive
aus dem Volksleben?" und trug viel
zur Vernichtung des Rokkokostils bei,
Bei der Baukunst war derselbe aller
dings nur dekorativ thätig gewesen
Die Verehrer des StilS LouiS XVI.
verfielen aus die Darstellung der arka
dischen Bilder, und der Keim, der di,
Blüthen aus die Literatur und Kunst
jener Zeit trieb, äußerte sich in einei
Empfindelei, unter der selbst Goethi
stand, und die er erst durch Werther'-
Leid?» abzustreifen versuchte.
Die Hochburg, der höchste Ausdruc!
des Zopfstils, war das Schloß Trianon.
jenes reizende Schmuckkästchen, welches
durch die jugendliche Königin Mari,
Antoinette geheiligt worden ist. die dort
ihre glücklichsten Tage verbrachte. Ii
dem Vortrag über den Rokkokostil ist
gesagt worden, daß sich, als Louis
XIV. zu altern begann, allgemein dai
Bestreben kund gab, die Prunksäle i«
Versailles zu fliehen und die intim«
Häuslichkeit auszusuchen. Louis XIV,
vertauschte deshalb Versailles mit Groß
Trianon. Dieses Schloß, eine Mi>
niaturnachbildung von Versailles, wa,
indessen dein König noch zu groß und e>
ließ Kleiu-Trianon erbauen, welches
Ludwig XVI. seiner Gemahlin Mari,
Antoinette schenkte. Frei von höfischem
Ccremoniell etablirtc hier die junge Kö
nigin ihren Hofhalt.
Marie Antoinette änderte wenig ar
dem Aeußern und Jniern ihres Schlos
ses. Nur der Garten, der noch di«
steifen Hecken des Nokkokogeschmackes
trug, erfuhr eine gründliche Abände
rung. Im Sinne der Zeit wurden Pa
villons, Zierlauben, Meiereien, Gärt
nereien und dergleichen Spielereien an
gelegt. Auch da- Leben, welches man
in Trianon führte entsprach dem bür
gerlichen Geschirack. Die Hofdamen
fertigten Handarl«eiten, spielten Billard
und dergleichen. Der König und fremde
Fürsten wurden »hne Ceremoniell, wi,
Gäste empfange» und die Letzteren wa
ren von der Natürlichkeit entzuckt. Di«
Idylle wurde so »eit getrieben, daß di«
Hosdamen sogar die Kühe molken, und
das Alles, währmd in Paris das Un
Wetter grollte, irrlches binnen Kurzem
die ganze Hofgesellschaft hinwegfegte.
-1783 empfing d e sorglose Marie An
toinette die Nachricht wie einen Blitz
aus heiterem Himmel, daß der Pöbel
hausen aus Versailles marschire. De,
König war aus der Jagd und die Köni
gin entfloh ans ihrem idyllischen Schloß,
um nie mehr dahin zurückzukehren.
Wenn ein Ort Zeuge von geschichtlichen
Momenten gewesen, so ist es Trianon.
Maria Antoinette floh von hier, um
aus das Blutgerüst geschleppt zu werden.
Napoleon I. speiste am Abend vor seine,
Scheidung zum letzten Mal mit Jose
phine in Trianon. Karl X. verbracht«
hier seine letzte Nacht, und Louis Phi
lipp schlief zum letzten Mal, bevor e»
Thron und Vaterland den Rücken wen
dete, in dem reizenden Schloß.
Das Ornament des Stils Louis
XVI. hat viel »om pompejanischen
Stil aufgenommen und zeigt sich als ein
Aufleben der raphael'schen Antike, ge
mischt mit blumistischen Motiven. Da«
Eigenthümliche der Zeitrichtung ist du
naturalistische Anordnung der Blumen,
die sich auch den Mobilien ausprägt.
Die Formen werden gerade, das Ge
schweifte fällt weg, es lreten die glatte»
Flächen hervor und die Stützen bekom
men eine gerade Richtung. Den Mö
beln wird dadurch eine gewisse Mager
keit aufgedrückt. Ein beliebtes Motiv,
welche sast an keinem Möbel fehlt, ist
ein Bündel verschlungener Pfeile.
In technischer Hinficht trat der Stnä
in den Hintergrund und man wendet,
mit Vorliebe vergoldete Schnitzarbeii
an. Der Geist der Zeit, der sich be-
sonders als ein gewisse» Zurückziehen
kennzeichnete, bekundet sich in zierliche»
Festons und Blumensträußen, sowie iu
zarten zierlichen Profilen.
Auch die Webereien bringen die Rück
kehr zur antiken Form zur Geltung.
Die schweren Farben schwinden und die
Gewebe zeige» Darstellungen der rei
zendsten Idylle. Besonders beliebt
war die bekannte Borde » I»
In den Vordergrund traten helle lichte
Farben, besonders für Damenkleider.
Die Goldschmiedekunst leistete in un
serer Periode ganz Erstaunliches. Auch
hier waren es vorzugsweise Tosen, die
von so einer unendlichen Schönheit auf
kleinem Raum sind, daß sie noch heute
unfere Bewunderung herausfordern
und jetzt oft mit Frcs. 50,000 per Stück
bezahlt werden. Hervorragend sind in
dieser Beziehung die Arbeiten van La
genbergh's.
Die Porzellane au» der Zeit Loui»
XVI. sind in Bezug auf Stil wahre
Meisterwerke, die den antikisirenden Ge
schmack besonder» hervorheben. Na
mentlich Wiener Fabrikate zeigen das
Blumeuornament im Abwelken begrif
fen, fodaß nur das antike Ornament
bleibt.
Einen besonderen Fleiß legte man
auf Herstellung von Fächern, deren auch
unser Museum in schönster Elfenbein
schnitzerei mehrere besitzt.
Außer auf das Kunstgewerbe übte der
Stil Louis XVI. auch großen Einfluß
auf die Anlage der Gärten. Die Rok
kokozeit hatte die steife Manier der Re
naissance, steife Hecken und beschnittene
Bäume, beibehalten. Mit dem moder
ne», aus das Naturgefühl berechneten
Geschmack kam man davon zurück und
zwar kam wunderbarer Weise der An»
stoß ans China. Indessen war das,
was für natürlich gehalten wurde, doch
keine Natur, denn man suchte aus klei
nem Raum Alles, was die Natur bietet,
zu vereinen, schmückte die Gärten mit
Monumenten, welche ihnen das Aus
sehen eines poetischen Hains gaben und
das ist unnatürlich.
Je mehr die Aufklärung in Paris
Ausbreitung fand, desto mehr ver
schwindet der Stil Louis XVI. Ein
Hauptgegner war der Maler David,
dessen Gemälde an die reine Antike an
knüpften. Während man bisher die
Helden der alten Welt mit der Perrücke
darstellte, bekundete David das Streben
nach Wahrheit. Diese Darstellungen
kennzeichnen die Zeit, sie haben vom
Kleinbürgerthum zu heroischen Thaten
geführt. Es ging damals eine bewußte
republikanische Strömung durch das
Volk, und man suchte die Motive na
mentlich in dem republikanischen Rom,
während Napoleon I. auf das römische
Kaiserreich zurückgriff.
Zu allen Zeiten, insbesondere auch i»
der unseren, hat sich die Kunst nach de»
Politik gerichtet. Zu keiner ;cit fand
dieses aber einen so prägnantem Aus
druck, als in der unter Louis XVI.
Amerikanischer Humor.
Erkannt. Die theure Gattin:
.Ach, lieber Mann! Es passirt sicher
etwas Unangenehmes! Nein, gewißl
Ich habe eine bestimmte Vorahnung
und meine Ahnungen betrügen mich,
nie." Der gute Gatte (kennt sein«
bessere Hälfte gründlich): „Diesmal
täuschst du dich doch wohl, mein Kind.
Während deiner Abwesenheit war näm
lich die Schneiderin hier, und ich ich
habe die Rechnung bezahlt." De,
theuren Gattin fällt der sprichwörtlich«
Stein vom Herzen und sie sagt: „Du
bist doch der beste aller Männer!"
Grausam. Er (vor ihr auf den
Knieen, stotternd): „T —t—t—t—theu-
res F—f —f —s-—fräulein —!" Sie
(unterbricht ihn): „Bitte, mein Herr,
sparen Sie sich jede weitere Bemühung.
Ich danke für eine Liebeserklärung aus
Abschlag!"
Unentschlossen. Mr». BogyS:
„Ja, ich bin zum zweiten Male Witt
we." Miß Jagg: „Uud werden Sie
wieder Heirathen?" Mrs. Boggs:
„Nun, ich bin noch nicht mit mir einig,
ob eS weise sein würde, eine solche Thor
heit zu begehen."
Das Mädchen für Alle».
Madame (fröstelnd in den Parlor tre
tend): „Marie, der Heater ist doch im
Gang?"— Marie (ans Berlin): „Im
Jange nicht, aber auSjegangen is mich
das infame Feuer!"
Der gebildete Office-Boy.
Advokat (zu der Mutter des Knaben,
welcher sich um die Stelle eines Office-
Boy bewirbt): „Ihr Sohn kann doch
schreiben und lesen, Madame?" Di«
Frau: „Ja woll, mein Herr, er kann
seinen Namen schreiben. Und (sich stolz
in die Brust werfend) dann kann er ihn
auch lesen."
Abgefertigt. Kunde: „Was
kosten Ihre Veilchen?" —Blumenhänd-
ler: „Anderthalb Dollars das Hun
dert."— „Bitt' um eins."—„Einhun
dert Stück?"—„Nee, ein Veilchen."
„Wir verkaufen niemals eins!"
„Das nimmt mich auch nicht Wunder,
bei Ihren Preisen."
Der musikalische Wacht
meister. Wachtmeister (zu der zum
Appell versammelten EScadro»): „'mal
vortreten, wer musikalisches Gehör hat I
(Nachdem circa IS Mann vorgetreten
find): .So viel brauch ich nicht nur
drei.' (Sucht sich drei heraus, welch«
ihm nochmals versichern, daß sie wirk
lich musikalisches Gehör haben). .So,
Jlir Drei seid heute um halb >eun Uhr
pünktlich an der Garnisonskirche und
läutet die Glocken."
Ein Pessimist. „ Am
Rhein und an der Mosel ist man noch
aufrichtig da sagen sie doch „Rhein
loein" und .Moselwein"; aber in an
deren Gegenden deuten sie nicht im Ge
ringsten an, aus welchem Fluß sie das
Wasser nehmen!"
Wirthshausweisheit.
.Was ist ein schlechtes Bier?" „Eine
gute Ausrede, einen Schnaps daraus zu
trinken!"
»»t«»er»u« a« »aiser «tltzel».
Zum Hauptquartier des Kaisers
Wilhelm im französisch-deutschen Feld
t»ge gehörte —so schreibt man
auch der Hofrath Schneider, der beim
Monarchen in hoher Gunst stand. Sie
kannten sich fchon seit Ansang der zwan -
ziger Jahre, als Prinz Wilhelm noch
Hauptmann und Schneider Schauspieler
beim Berliner Kgl. Theater war. Er
hatte damals seinen Schwank „Der
kurmärker und die Picarde" geschrie
ben, der zu den Zugstücken des Schau
spielhauses zählte. Den .Kurmärker"
gab Schneider und eine kleine, zierliche
Französin vom Ballet spielte „die Pt»
carde". Hernach wurde der Dichter und
Künstler Begründer und Leiter des
„Soldatenfreund", und später mit dem
Titel „Hofrath" Vorleser des Königs.
Dies blieb er auch unter König Wil
helm, zu dessen Lieblingen er zählte.
Er mußte während des letzten Krie
ges täglich in der Frühe beim Kö
nige erscheinen, theils um auS den
eingelaufenen Zeitungen vorzulesen,
theils um zu erzählen, was sonst gesche
hen war.
Zwei Tage nach der Kaiserproclama
tion nun, am 20. Januar, erscheint
Schneider, wie immer Punkt 7 Uhr
früh, der Kaiser begrüßt ihn mit Hän
bedruck und sieht ihn prüfend an.
„Nun, Schneider, was ist Ihnen denn?
Sie sehen ja heute so ganz anders aus?
Gute Nachrichten von Frau und Tochter
auS Potsdam?" .Dies auch, Maje
stät...." .Nun, und was noch?" —
„Ich müßte wcit ausholen, Majestät,
und dann ist es auch nur eine ganz
lleine Sache " „Schadet nichts I
Erzählen Sie nur."— „Nun, Majestät,
ich habe gestern Nachmittag hier meine
„Picarde" wiedergesehen." „Aber
l Ichneider, die Pollin? Die wohnt
' hier in Versailles?" —„Ja wohl, Maje
stät, gar nicht weit von der Präfektur.
drüben in der Avenue Paris." „Wie
geht es ihr denn?" „Majestät, ich
! hörte schon in Berlin, sie hätte sich in
! Versailles niedergelassen; gestern bin
ich zum Maire Ramcau gegangen und
der hat mir ihre Wohnung an--
zegeben." „Nun, wie fanden
Sie sie denn?" „Eine alte Dienerin
meldet mich an; eine Dame, zierlich
und behend, kommt mir entgegen. .Hab'
lch recht gehört? fragt sie, Monsieur
Schneider? Schneider der Kurmärker?
Ja, Mademoiselle, erwidere ich, und
Sie, Fräulein Pollin, meine werthe,
liebe Picarde. Aber wie kommen Sie
nach Versailles, mein lieber, alter
Freund? Ich bin Vorleser bei Sr.
Majestät, dem Kaiser Wilhelm.
Wilhelm, Wilhelm kenne ich den.
lieber Schneider? Ja, gewiß, der
hieß damals Prinz Wilhelm und er
ivar nicht selten im Theater. Ich bin
hocherfreut, Sie wiederzusehen, mein
Kurmärker, mein Anbeter von ehedem.
Zehen Sie dort uns Beide ini Spiegel,
alt geworden, sehr alt. Aber, liebe
Pollin, im Herzen noch jung, nicht
wahr?" Hier machte Schneider
-ine Pause und der Kaiser fiel
ein: „Dos ist ja köstlich, was
sie mir da erzählen. Lebt die Pollin
sorgenlos? Ist sie noch körperlich kräf
tig?"
„Sie machte ganz auf mich den Ein
druck, als hätte das Alter ihr wenig
angethan, und weil sie gut Haus zu
halten verstand, so lebt sie jetzt von
einer leidlichen Rente. Sie ist schon
seit zehn Jahren nicht mehr am Thea
ler."
„Aber sagen Sie mir mal, lieber
Schneider, können wir ihr nicht irgend
e»ie kleine Freude bereiten...."
„Majestät, Eins wüßte ich: sie er
zählte mir, das Säbelklirren mache sie
ganz nervös, sie litte unter der Unruhe
der Einquartierung ungemein...."
„Nun da soll doch gleich eine Ordon
nanz kommen, klingeln Sie, bitte, ich
brauche ja nur an Voigts-Rheetz sagen
zu lassen, die Wohnung der Pollin.
Avenue Paris, bleibt von dieser Stunde
ab während des Krieges frei von jeder
Einquartierung."
Tags darauf erhielt Schneider ei»
zierliches Brieschen folgenden Inhalts
„Sie sind sehr liebenswürdig gewesen,
mein Herr, und Ihr Kaiser war sehr
gütig gegen mich. Ich bitte Sie, ihn»
sagen zu wollen, daß ich für sein Wohl
wollen ihm sehr dankbar bin. Bewahr
ren Sie. lieber Kurmärker, «in freund
liches Andenken Ihrer Picarde." Als
der Kaiser am 10. März 1871 in früher
Stunde mit dem Hauptquartier auf
brach, um in di« Heimath zurückzukeh
ren, fragte »Schneider scherzend: „Ha
ben Sie die Pollin beim Abschied auch
oon mir gegrüßt?" „Ganz, wie
Majestät befohlen haben", erwiderte
?er Hofrath. So endeten die ruhm
vollen Tage von Versailles mit sreudi
zen Erinnerungen au Jugendscherz und
lugendlust.
Im Zweifel. Herr Freier: „Ja
ich bin zum zweiten Mal Wittwer..
perr Brcier: „Und wollen Sie wieder
Heirathen?" Herr Freier: „Ich üder
lege schon seit gestern, ob es von mir
»uch klug wäre, so ein Narr zu jciu."
Angewandte» Sprich
vort. Zahnarzt: Nur Muth, mei»
Zräulein! Frisch gewagt, ist halb ge»
sonnen. (Er bricht den halben Zahn
»b.) Nu« sehen Sie, halb gewonnen
haben wir schon!
Leiser Wink. Herr: Es ist
natürlich, daß bei einer so vorzüglichen
Behandlung, wie sie bei mir eingeführt
st. der Lohn kein großer sein kann
Diener: O, ich bitte, mich möglichst
schlecht zu behandeln.
Genau. Sie sind also Köchin
»ei Herrn Müller, Hauptmann a. D.—
)a, aber bitte, Herr Standesbeamter,
chreiben Sie: Hauptmann a. D. mir
Lrlaubniß zum Tragen der Uniform.
Borgegriffe«. vürger
neister (der eine Begrüßungsrede Hai
5n soll): Durchlaucht, die ganze
Fürst ( schnell unterbrechend ): Bitte,
iasZea Sie sich kürzer.