Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, April 02, 1891, Page 6, Image 6

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    v
Herr »r»wn verlangt ein« Ge
haltszulage.
John Brown bekleidete bei der
Grand Central-Bank in New Dork den
Vertrauensposten des KassirerS und
bezog dasür ein monatliches Gehalt von
fünfzig Dollars.
Diesen Posten hatte er schon feit emer
Reihe von Jahren inne, i'eit der Eröff
nung der Bank, die gleich nach Beendi
gung des amerikanischen Bürgerkrieges
in ö Leben gerufen, aus kleinen Ansän
gen sich zu dem Range eines der ersten
Institute der amerikanischen Metropolis
emporgeschwungen hatte. Leider hatte
sich Herr Brown nicht mit emporge
schwungen. Allerdings erfreute er sich
des vollen Vertrauens seiner Vorgesetz
ten und war als erster Beamter eines
so bedeutenden Instituts eine sehr ge
lichtete Persönlichkeit. Doch hatten sich
seine Hoffnungen auf Gehaltszulage
trotz der vielen Jahre seiner Treue noch
immer nicht erfüllt. So war wiederum
mal d:is heilige WeihnachtSsest heran
gerückt. kleiner war diesmal die
Beschecrung in Browns Familie ausge
falüen, denn in einer Beziehung war
ihm des Hiniinels Segen nicht ausge
blieben: der Kindersegen, der den mei
sten armen Familien zu Theil wird,
war auch in überreichlichem Maße aus
,hn gekommen, und mehr als ein halbes
Dutzend kleiner Browns waren am hei
zigen Feste des Christkindleins zu be
schenken. Auch der erste Januar des
Jahres 188- brachte Herrn Brown die
übliche Enttäuschung. Das neue Jahr
sah wiederum für die sünszig Dol
lars pro Monat an seinem Pulte, ge
waltige Stöße von Banknoten zählend.
Die wohlgenährten, sauber rasirten
nnd fejn gekleidete» Herren Direktoren
der Grand CentraUßank hatten soeben
ihre erste JahreSsitzung beendet, und
waren im Begriff, ihre Ueberröcke an
znzichen, um ihre vor der Thür warten
den Equipagen zn besteigen, als der
Präsident, sich langsam seinen eleganten
Pelzrock zuknöpfend, noch einmal an
seine Collegen mit gleichgiltiger Miene
die Worte richtete:
„Noch eins, meine Herren! Da ist
mir von unserem ersten Clerk John
Brown, den wohl einige von Ihnen
kennen, ein Brief um Gehaltszulage
übergeben worden. Na, wo hab' ich
ihn gleich! Hier nicht, hier auch nicht,
wahrscheinlich habe ich ihn verlegt, oder
verloren. Alter das thut ja nichts zur
Sache. Ich würde überhaupt dieser
Angelegenheit gar nicht Erwähnung ge
than haben, wenn besagter Herr Brown
nicht unter Anderem als Gründ sür seine
Forderung die geradezu lächerliche Be
merkung gemacht hätte,daß bei dem gestei
ftertenGejchäste vonJahr zuJahr größere
Eiiinmen durch seine Hände gingen und
?r dadurch größere» Versuchungen aus
gesetzt sei. Man solle doch mit Rücksicht
darauf seine Ehrlichkeit nicht solch' gro
ßer Gefahr aussetzen und ihm wenig
stens so viel gewährt», daß er seine
Familie iivthdürftig -ernähre» könne.
„Ich. meine Herren," fuhr der Herr
Präsident im trockenen GeschäftSlone
fort, „sehe gar keine Veranlassung dazu
vorhanden, den Wünschen des Herrn
Brown Folge zu leisten. Für die weni
geil Stunden seiner mechanischen Arbeit
wird er reichlich bezahlt. Und wenn der
Dummkops glaubt, daß er ?afür ertra
delohnt werden müsse, weil er uns nicht
destiehlt, so werde ich ihn einfach daraus
aufmerksam machen, daß wir, Gott sei
es gedankt, in einem civilisirten Staate
mit recht gmen Gesetzen leben, welche
Spitzbubeil mit gehörige» Zuchthaus
strafen belegen. Ich brauche wohl nicht
erst eine Enrasitzung des Direktoriums
deswegen einzuberufen und werde Herrn
Brown schon die nöthige briefliche Ant
wort zukommen lassen!"
„In, ja!" ries einer der Herren Vi
ctoren, sich an der Thür umwendend,
„sühren Sie ihm nur den Paragraphen
deS Strafgesetzbuches über Unterschla
gung und Diebstahl an; das wird wohl
genügen."
„Sie können ihm auch »och schreiben,"
bemerkte sarkastisch ein anderer wohl
genährter Gentleman, „daß es einem
Manne in einer so untergcordnete»
Stellung gar nicht zukomme, eine so
jaylreiche Familie zu haben."
Herzloses Lachen schallte durch das
luxuriös eingerichtete Directorenzim
mer, das wenige Minuten daraus leer
war.
Ta S Darauf fand Brown ein
Schreibe» »rügenden Inhaltes aus sei
icm Pull»:
„Herrn John Brown
Werther Herr! Vom Direktorium
unserer Bank bin ich beauftragt wor
den. in (Erwiderung Ihres gestrigen
Gesuches inn Gehaltszulage dasselbe ab
schlägig zu bescheiden. Wir können auch
mit der gelinde ausgedrückt eigenthüm
liche» Begründung Ihres Gesuches uns
nicht einverstanden erklären. Es ist ja
wichtig, daß in Folge des gesteigerten
Gelchäs'es größere Summen durch Ihre
Finger gelien, doch ist dadurch Ihre
Arbeit kaum eine größere geworden.
Ihre Arbeitsstunden sind keineswegs
vermehrt worden, auch thun Sie nicht
«ehr, als Sie zu leisten im Stande
find und was hundert andere Clerks sür
-dasselbe Gehalt oder noch gar weni
ger in anderen Geschäften leisten.
Ihre Bemerkung in Betreff der
gesteigerten Anforderungen an Ihre
Ehrlichkeit ist geradezu lächerlich. Wir
werden uns hüten, Ihnen eine Extra
j.rhlung dafür zu gewähren, daß Sie so
zütig sind, uns nicht zu bestehlen. Ihre
Ehrlichkeit gilt von vornherein als
-selbstverständlich, sonst hätten wir
Ihnen nicht so lange Ihr tägliches
Prod gewährt Auch würden wir Sie
'ki der geringsten Unregelmäßigkeit un
barmherzig der Staatsanwaltschaft
«bergeben. Ihre Beziehungen zur
Vauk, so unangenehm sie auch sonst per-
Jülich sein mögen, sind rein geschäft
licher Natur, und Sie erhalten für eine
»eslimmte Arbeit den dafür bestimmten
Lohn, der laut Directionsbeschlnß nicht
erhöht werden darf. Ihre Familienan
gelegenheiten können daher absolut keine
Berücksichtigung ersahren. Ohne daß
eS mir 'persönlich einsallen könnte, mich
in Ihre läuslichen Angelegenheiten
mischen zn wollen, kann ich doch die Be
mcrkung nicht unterdrücken, daß die
meisten Leute in abhängiger Stellung
gerade in unserer Zeit über ihre Ver
hältnisse hinaus leben, ohne daran zu
denken, etwas sür spätere Tage zurück
zulegen. Weise Oekonomie in kleinem
Haushalte würde auch Ihnen bei Ihrem
jetzigen Jalair eS ermöglichen, behag
lich zu existiren.
Achtungsvoll..
Einige Tage später fanden sich die
Herren Direktoren abermals zu einer
Sitzung zusammen, welche der Herr
Präsident einberufen hatte, um vorzu
schlagen, wie man gerade vorhan
denen Baarüberschuß der Bank am nutz
bringendsten anlegen sollte. Die Sit
zung hatte kaum begonnen, als Herr
John Brown, ohne anzuklopfen, plötzlich
eintrat, dem Präsidenten einen Bogen
Papier überreichte und ebenso plötzlich
wieder verschwand. Kaum eine Minute
nach seinem Verschwinden hörte man im
Sitzungszimmer heftiges Durcheinan
derreden, dann wurde schnell die Thür,
die nach dem Kassenzimmer führte, auf
gerissen, und man hörte die erregte
Stimme des Präsidenten: „Brown,
bitte."
„Ich werde sogleich erscheinen," eri
schallie eS ruhig von dem Pulte Browns,
der eben einen Check an einen Kuuden
auszahlte. Langsam zählte er noch
mals die einzelnen Banknoten durch,
schob sie ruhig dem Harrenden hin, trug
ebenso langsam den Betrag in sein
Kassabuch, legte ein Löschblatt aus das
soeben Geschriebene, legte seinen Feder
halter aus seinen gewohnten Platz und
verschwand gemessenen Schrittes hinter
der Thür des Directorenzimmers.
„Was heißt denn das, was auf dem
Zettel steht?" „wir verstehen nicht"
„was machen Sie den» für Geschich
ten?" so schallten ihm mehrere Stim
men entgegen, die ihn gar nicht anZ
der Fassung zu bringe» schienen.
Endlich sagte der Herr Präsident:
„Aber ich bitte, meine Herren, so kom
men wir ja nicht durch. Höre» Sie
mal, Brown, wie verstehe ich das? Sie
übergeben mir da einen Zettel mit dem
Bemerken, daß sich nur !)647 Dollars
und 80 Cents an Baargeld in der Bank
befänden und daß ich schleunigst für Be
schaffung von weiteren Baarmittetn sor
gen müsse, sonst gerathen die Auszah
lungen ins Stocken?"
„Jawohl", sagte Brown, „Sie haben
eS ganz richtig gelesen und ich brauche
Geld, sonst muß ich die Kunden abwei
sen."
„Aber, Mensch, sind Sie denn auf
einmal verrückt geworden? Nach Ihrem
gestrigen Ausweise hatten wir doch
Ä59.648 Dollars an baarem Gelde vor
räthig, und ich habe extra die heutige
Sitzung dazu zusammenberusen, um
einen großen Theil dieses Ueberschusses
profitabel anzulegen. Was ist denn
aus der Viertelmillion geworden ?"
„Die profitable Anlage ist seit gestern
überflüssig geworden", erwiderte der
Kassirer in etwas sarkastischem Tone,
„es ist genau so viel vorhanden, wie auf
dem Zettel dort steht, ich habe die
profitable Anleihe selber besorgt; frei
lich wohl nicht nach Ihrem Geschmacke,
auch nicht zu Ihrem Vortheile, denn ich
habe das Geld einfach gestohlen. Sie
werden finden, daß außer der Viertel
Million noch 20 Cents an der Summe
fehlen; als ordnungsliebender Mensch,
als welchen Sie mich ja seit Jahren
kennen, muß ich Ihne» gesteh 'n. daß ich
diese Ll) Cents sür Pserdedahnbillets
.verausgabt habe, am die gestohlene
Summe in Sicherheit zu bringen."
„Aber Mensch, ich glaube wirklich,
daß Sie wahnsinnig geworden sind,"
schrie ganz entsetzt der Präsident.
„O nein. Herr Präsident; bernnruhi
ge» Sie sich nicht unnützer-Weise übe,
meinen Gesundheitszustand. Ich er
kläre Ihnen nochmals, daß ich das
Geld gestohlen habe. Alles La.nentiren
nützt Ihnen hier nichts; doch gebe ich
Ihnen den guten Rath, sosort für Geld
zu sorgen, denn sonst müßte die Bank
noch in der nächsten Stunde ihre Zah
lungen einstellen und wäre somit banke
rott. Wir können ja später in aller
Ruhe über seinen Diebstahl weiter ver
handeln."
Wohl oder übel mußten sich zwei der
Herren Directoren dazu verstehen, zu
ihren Privatbanken zu eilen, um Geld
herbeizuschaffen, während bis zu deren
Rückkehr unter der Versammlung die
größte Bestürzung herrschte und man
Herrn Brown nicht aus dem Zimmer
ließ und in ihn vergebens drang, sich
doch näher über den Verbleib des Gel
des zu erklären. Brown war der Ein
nicht, das; die Bank in's Stocken geräth,
lassen Sie also vorerst die zw«i Herren
Directoren mit dem nothwendigen Gelde
zurückkehren. Dann werde ich Ihnen
weitere Aufklärungen geben."
Nach einer weiteren halben Stunde
der bangsten Erwartung waren jene
zwei Hrrren mit dem nöthigen Gelde
zurückgekehrt, welches dem Stellvertre
ter des KasstrerS mit dem Bemerken
übergeben wurden, die Zahlnngen zu
besorgen, da Herr Brown nothwen
digerweise bei der wichtigen Direktion?-
jitzung zugegen sein müsse.
Zwar schüttelte der zweite Kassirer
bedenklich den Kops, denn noch nie war
eS vorgekommen, daß Herr Brown zu
einer DirectionSsitzung hinzugezogen
wurde, dock war er ja nur eine automa
tische Zahleninaschine und hatte kein
Recht, über etwas Unerhörtes lange
nachzudenken. Als die Directoren wie
der vollzählig beisammen waren und
mit Entsetzen an den Lippen des Herrn
KassirerS Brown hingen, begann der
selbe wie solgt:
„Ja, meine Herren, ich wiederhole
es. ich habe die Biertelmillion gestoh-
len. Als ich diesen Brief hier" da
bei zog er die vom Präsidenten erhal
tene Antwort hervor „erhalten und
daraus ersehen hatte, daß Ihne» meine
seit fast einem Menschenalter geleisteten
treuen Dienste absolut keinen Heller
werth waren, daß Sie mich im Gegen
theil nur wie ei» altes Inventarium,
wie eine Maschine behandelten, und daß
Sie nur meine mechanischen Dienstlei
stungen gtaublen honoriren zu soäe»,
da sagte ich mir: „Für Dich gibt's nur
zwei Wege, entweder Du bleibst die
Maschine bis zum Ende Deiner Tage
und darbst mit Deiner Familie kümmer
lich i.eiter, während Deine Brodgeber
im Ueberflusse schwelgen.
Oder Du machst mit einem Schlage
Deinem Elend ein Ende und zwar durch
eine unehrliche Handlung. „Sie sehen,
meine Herren, ich habe das Letztere ge
wählt; eS war ja auch so leicht, ich
brauchte nur meine Hand auszustrecken,
um in den Besitz eines bedeutenden Ver
mögens zu gelange». Ja, ja, meine
Herren, starren Sie mich nnr so ver
zweifelt an, eS hilft nichts; ich h ibe das
Geld und werde eS nicht wieder heraus
rücken. Ich hätte ja, um mich weiter
keinen Unannehmlichleiteii ans zusetzen,
einfach nach Kanada flüchten können und
wäre in Sicherheit gewesen, ehe Sie
überhaupt etwas von Ihrem Verluste
gewußt hätten. DaS kanadische Klima
ist aber etwas zu rauh für mein: schwäch
liche Konstitution. Uebergeben Sie
mich nur ruhig dem Staatsanwalt.
Man wird mich vor die Geschworene»
stellen, ich werde, weil ja unsere per
sönlichen Beziehungen, wie sich der
Herr Präsident auszudrücken beliebte,
immer so angenehme gewesen, mich
schuldig bekennen, »m Ihnen alle wei
teren Instanzen und kostspielige Advo
katen zu sparen.
Man wird mich unter Ausschluß von
mildernden Umständen verurtheilen und
zwar zum höchsten Strafmaße, das nach
»en Gesetzen diese- Staates zehn Jahre
Zuchthaus beträgt. Bei guter Ausfüh
rung werden mir davon anderthalb
Jahre erlassen; ich bin ja daS ruhige
Sitzen und die gute Aufführung bei
Ihne» gewöhnt, habe ich eS doch in den
siebzehn Jahren, welche ich in der Bank
thätig bin, zur Genüge gelernt. Die
Zeit im Gefängnisse werde ich dazu be
nutzen, mich noch weiter in der Mufik
auszubilden, welche Kunst ich bisher
stets geliebt. Leider hatte ich zu wenig
Zeit, mich ihr gehörig zu widmen. Auch
werde ich inzwischen einige moderne
Sprachen erlernen, namentlich schwärme
ich sür d»S Italienische, weil besonders
Gesang in dieser Sprache so wohllautend
klingt. Ich werde, wenn ich aus dem
Gefängnisse entlassen werde, erst Ende
der vierziger Jahre, also noch in voller
ManneSkrast stehen. Dann werde ich
mit einem Veryiögen von einer Viertel
million Dollars ein gemachter Mann
sein; ich werde fremde Länder bereisen,
in welchen mir meine Sprachstudien
sehr gelegen kommen werden. Man
wird mich dort mei»er Freigebigkeit
wegen schätze» und achten lernen, denn
Niemand wird meine Vergangenheit
kennen.
DaS Geld, das ich jetzt an einem so
sicheren Orte untergebracht habe, daß eS
der besten Spürnase eines DetectivS
nicht gelingen soll, eS zu finden, wird
mir dann eine ununterbrochene Reihe
von Vergnügungen und Genüssen eröff
nen, die mich für die paar Jahre Zucht
hauS reichlich entschädigen werden. ES
ist allerdings traurig, daß ich während
meines Aufenthaltes dort die Zinsen
eines so großen Capitals verlieren muß.
Rechne ich, daß ichdaS Geld ganz hübsch
mit viereinhalb Procent per Jahr hätte
anlegen können, so betrübt mich die,
Thatsache, daß ich gezwungen bin, ein
so colossales Vermögen von 80,625
Dollars wegzuwerfen. Andererseits aber
tröstet mich wieder der Gedanke, daß,
wenn ich ein ehrlicher Mann und hier
in meiner Stellung geblieben wäre, ich
selbst nicht einmal die Zinsen jener Zin
sen in den nächsten achteinhalb Jahren
würde sparen können, selbst wenn ich
und meine ganze Familie gar nichts
essen, nackt gehen und mein ganzes Ge
halt jährlich bei Seite legen würde.
Somit kalkulire ich, daß ich eine ganz
gute Spekulation gemacht habe, und be
danke mich bei Ihnen, meine Herren, die
Sie mich durch Ihre Hartherzigkeit klug
gemacht haben."
Die Stille und Bestürzung, die nach
dieser Rede sich einstellte, spottete jeder
Beschreibung. Hatten doch die Herren
Direcloren im Lause von Browns Aus
einandersetzung Zeit genug gehabt, zu
der Ueberzeugung zu komme», daß sie
eS nicht etwa mit ciilyn Irrsinnigen zu
thun hätten, sondern daß Brown allen
Ernstes gesprochen hatte. Auch war eS
ihnen sosort klar geworden, daß ein
Drohen mit den Gerichten ganz zweck
los wäre, daß sie serner wirklich um ihr
Meld kommen würden, wenn sie ihre
Drohungen zur Aussührung bringen
wollten. Man legte sich daher aus'S
Bitten ; er solle doch seine Familie be
denke», die im Elende verkommen würde,
wenn ihr Ernährer in'S Zuchthaus
!äme. Doch auch daraus war Brown
vorbereitet und erklärte ihnen einfach,
daß seine Frau zu ihrem Vater, der
eine Farm besitze, zurückkehren und
durch ihrer Hände Arbeit ihren Lebens
unterhalt sür sich und die Fainilie schon
erwerben würde. Alles Zureden, Fle
hen und Bitten schien vergebens, als
endlich Herr Brown, der Alles mit
zrößter Ruhe über sich ergehen ließ,
nochmals das Wort crgriss:
„Meine Herren! In Rücksicht daraus,
daß unsere persönlichen Beziehungen
»ich gerade sein allzugroßeS Verlangen
danach empfinde, achteinhalb Jahre im
Zuchthaus« zuzubringen, will ich Ihnen
em Kompromiß vorschlagen. Ich bin
bereit, Ihnen die Halste der entwende
ten Summe, also hundcrtjüiisundzwan
zigtausend Dollars unter folgende» Be
dingungen zurückzugeben:
Erstens: Sie geben mir eS schrift
lich. daß Sie mich nicht gerichtlich ver
ioiaen werde,!.
»
Zweitens: Sie nehmen in einer ab
zuhaltenden Directorensitzung einen Be
schluß zu Protokoll, in welchem Sie
Ihrem Bedauern Ausdruck geben, daß
Herr John Brown, der Ihnen so viele
Jahre hindurch in größter Treue ge
dient und sich Ihres außerordentlichen
Vertrauens in jeder Weise würdig ge
zeigt hat, in Folge einer soeben gemach
ten Erbschaft aus Ihren Diensten aus»
scheidet.
Drittens: Sie veröffentlichen dieses
Vertrauensvotum in zwei der gelegensten
Zeitungen der Stadt."
Darob erhob sich ein mächtiger Ent
rüstungsschrei in der ehrenwerttien Ver
sammlung der biederen Herren Direkto
ren, doch '»a sie bald sahen, daß sie
nichts Anderes aus dem unerschütter
liche» Herrn Brolvn herausbringen
würden, singen sie bald an zn berathen.
Hundertfünsundzwanzigtausend Dollars
läßt man doch nicht so leicht fahren, und
was wäre eS sür eine Genugthuung ge
wesen, wenn sie den Kassirer einsperren
und dadurch den ganzen Verlust erleiden
müßten? Einige der Herren waren
zwar vorerst noch hartnäckig, man müsse
einem solch' groben Diebstahle nicht
noch obendrein eine goldene Brücke
bauen, sondern ein furchtbares Exempel
statüiren. Und was sonst der schönen
Phrasen und Redensarten noch waren,
die da in der Wuth ausgestoßen wur
den. Doch die narren Zahlen im Ver
ein mit dem eindringlichen Zureden der
anderen Kollegen brachten endlich die
Annahme des gemachten Compromisses
zu Stande. Man wollte sofort an die
Ausführung desselben gehen, doch ganz
bescheiden, sast schüchtern bemerkte Herr
Brown, eS wäre ihm doch peinlich,
wenn er bei der Abfassung der lobenden
Auslassungen über ihn zugegen wäre.
Auch könne er momentan die Bank
nicht verlassen, da die laufenden Ge
schäfte seine Anwesenheit nothwendig
machten, zudem müsse er erst seine
Bücher in Ordnung bringen, da er doch
morgen nach Ueberlieferung der hun<
dertfünsniidzwanzigtausend Dollars sei<
nein Nachfolger Alles in bester Ordnung
übergeben müsse. Auf morgen wollten
sich die Herren Direktoren erst zar nicht
einlassen, sie mußten sich aber schließlich
fügen, als Herr Brown bestimmt, aber
etwas ironisch bemerkte: „Sie werden
mir schon bis morge» trauen müssen,
haben Sie mir doch so viele Jahre Ihr
»»getheiltes Vertraue» geschenkt, und
traue ich Ihnen ja auch bis morgen, daß
Sie mich nicht inzwischen einsperreu las
sen werden."
Damit zog sich Kassirer Brown ruhig
wieder in sein Zimmer zurück, setzte sich
an sein Pult und arbeitete so ruhig, wie
er eS die letzten siebzehn Jahre gethan
hatte, bis die übliche Stunde des Schlus
ses auch ihn in gewohnter Weise hin
austrieb.
Am nächsten Morgen hatten sich
sämmtliche Directoren außergewöhnlich
frühzeitig eingestellt und fragten den
stellvertretenden Kassirer zu wiederhol
ten Malen, ob „Herr" Brown noch
nicht erschienen sei. Der Nichtsahnende
schüttelte verwundert den Kopf ob de,
ungewöhnlich höflichen Nachfrage nach
„Herrn" Brown, war er eS doch ge
wohnt, daß die Herren Directoren ihre
Angestellten wie Dienstboten einfach
ohne jede HöslichkeitSphraje beim Namen
riefen.
, Endlich erschien unser Herr Brown,
begab sich sosort in das Directorenzim
mer und nadln den Revers uud die
schriftlichen Resolutionen mit Würd,
entgegen. Nachdem er sie langsam
durchgelesen, wandte er sich an den Prä
sidenten mit den bescheidenen Worten:
„Ich danke Ihnen wirtlich von ganzem
Herzen, Ihre Lobesbezengungen sind
mehr, als ich erwartete. Hier händige
ich Ihnen I hr Geld ein!"
Mit zitternden Händeu öffnete der
Vorsitzende das Packet, und Aller Au
gen hingen daran mit gieriger Erwar
tung. In schönen neuen Tausend
dollarnoten zählte er die ersten Hundert
tausend auf den Tisch, dann solgten Be
träge in kleineren Noten, und es dauerte
wohl an die fünfzehn Minuten, bis die
Einhundertfünfundzwanzigtaufend Dol
lars auf dem Tische lagen. Aber »och
war das Packet in den Händen des Prä
sidenten nicht erschöpft. Fast bestürzt
zählte er weiter und wieder folgten
hundert Tansenddollars-Note» und noch
weitere sünsundzwanzigtausead Dollars
in kleineren Werthen.
„Aber" riefen er und die Anwesenden
in sreudiger Ueberraschung aus, „das
ist ja Alles. Sie habe» ja die ganze
Viertelmillion zurückgebrocht!"
„Ja, freilich," erwiederte Brown fehl
trocken, „ich habe auch niemals nur im
Entferntesten daran gedacht, Ihnen
etwas zu stehlen. Ich wollte Ihnen
nur eine Lektion geben und Ihnen den
Beweis lieiern, welch' falschem Prinzipe
Sie huldigen, einem Menschen einen
Bettellohn zu gewähren, den Sie Ihres
vollen Vertrauens würdige» und der
mit einem Griffe sich ein Vermögen zu
eigen machen kann- Der erste Kassirer
einer Bank sollte nicht als bloße Ma
schine behandelt werden, dessen Stunden
man bezahlt; nein, sein Vertrauens-
Posten verdient eine besondere Berück
sichtigung in einer dementsprechenden
Honorirnng."
„Nach dem Vorgefallenen," fügte er
hinzu, „wird )vohl die Bank kaum noch
eine Verwendung sür mich haben. Ich
bin daher bereit, meine Stellung auszu
geben n»d meine Bücher, die ich gestern
abgeschlossen, meinem Nachfolger zu
übergeben, denn daz» brauchte ich den
gestrigen Nachmittag u»t> nicht etwa,
iveil ich das Geld weit herzuholen hatte;
eS lag ruhig in Ihrem großen Schranke,
und wen» Sie nicht so bestürzt gewesen
wären und nachgesehen hätten, so hätten
Sie sich davon schon gestern überzeugen
können."
Herr Brown verließ festen Schrittes
das DirectionSzimmer und setzte sich
ruhig wieder aus seinen alten Platz,
aber er arbeitete nicht, denn sein Haupt
ruhte sinnend in seiner gestützten
Hand, tkaum fünf Minuten hatte er
so dagesessen, als er erstaunt vor der
Thür des DirectionSzimmer» sei»e»
Namen rufen hörte. Als er aufblickte,
winkte ihm der Präsident, der in der
Thür stand: „Ach. Herr Brown, bitte
noch einen Augenblick!" Wieder befand
er sich im ehrwürdigen Kreise seiner
Vorgesetzten, als der Präsident ihn mit
folgenden Worte» anredete:
„Allerdings. Herr Brown, war die
Art und Weise, in welcher Sie unS eine
Lehre zu Theil werden ließen, eine
etwas derbe. Es liegt nun »icht in un
serer Absicht, Sie dasür büße» zu las
sen. Doch würde wohl das gegensei
tige Verhältniß zwischen Ihnen und
den Vorgesetzten i» Zukunft ein unhalt
bares sein. Um nun einen so sähigen
Menschen nicht in einer ihm nicht pas>
senden untergeordneten Stellung zu
lasse», habe ich mich mit Vergnügen
entschlossen, meine Stellung, die ich noch
nebenbei als Direktor der XX. Versiche
rungsgesellschaft bekleide und die ein
JahreSgehalt von fünftausend Dollars
einbringt, zu Ihren Gunsten niederzu
legen. Es wird mir ein Leichtes sein,
die Herren Direktoren der Versiche
rungsgesellschaft zu Ihrer Aufnahme als
meinen Nachfolger zn bestimmen. Doch
dürften darüber »och einige Wochen ver
gehen, welche Sie als Ferien der Ruhe
widmen können."
Der Scneralstabsesel.
Der bekannte österreichische General-
Feldmarschall Montecuculi, derselbe,
dem die Worte in den Mund gelegt
wurden, daß zum „Kriegsühren erstens
Geld, zweitens Geld und drittens Geld"
gehört, hatte in seinem Stabe einen Ad
jutanten, Camillo de Cicogna, den er
nur auS Familienrücksichten in seiner
Nähe behielt und ver nicht im Stande
war, die Functionen eines Fähnrichs ge
hörig zu erfüllen, da sein ganzes „Ver
dienst" in den drei Buchstaben von,
und einer schönen Körperfigur be
stand.
Oft schon hatte dieser Jüngling durch
kopfloses Benehmen dem Dienst Schande,
der Armee Schade» gebracht. Dagegen
ließ er sich auch wieder gutwillig und
stets bereit die größten Lasten ausbür
den, erduldete ohne Murren Strapazen
und achtete die Gesahr schon oft um des
willen nicht, weil es ihm an Uebersicht
fehlte, sie zu beurtheilen und zu erken
nen.
Montecuculi nannte ihn deshalb ver
trauten Personen gegenüber schlechtweg
seinen „Generalstabsesel", einen Scherz,
der sich zugleich auf Cicogna'S Wappen
bezog, in dessen Mittelschild ein Esel
prangte.
Nach der denkwürdigen Schlacht bei
St. Gotard in Ungarn am 1. August
1K64, in welcher Montecuculi den be
rühmten Großvezier Mahomed Kiu
perli schlug, wollte er am Nachmittage
nach der Schlacht um vier Uhr, als dcr
Sieg entschiede» war, gleich auf dem
Schlachtfelds dem Kaiser selbst Bericht
erstatten, und verlangte deshalb einen
Tisch nebst Schreibmaterialien. Bevor
man dies herbeischaffte, nahm der alle
zeit dienstbereite Cicogna seine Schreib
tasel, riß daS weiße Pergament heraus,
überreichte eS dem General Feldmar
schall nebst Schreibstift, trat dann vor
denselben in tiesgebeugter Stellung und
bat, seinen Rücken statt des Tisches zu
gebrauchen.
Montecuculi lachte, nahm daS Per>
gament, legte eS auf Cicognas Rücken
und schrieb:
„Kaiserliche Majestät!
Von heute Morgen nenn Uhr hab
ich mich mit den türkischen Bestien
herumgcbissen und endlich den Haupt
hund Kiuperli aus's Haupt geschlagen.
Ich hoffe, es wird Ew. Kaiserlichen
Majestät nicht unlieb sein.
Morgen ein MehrereS.
Geschrieben auf dem Rücken eine»
EfelS, im Lager von St. Gotard, den
1. August 1364.
Montecuculi, G.-F. M."
DaS Pergament gab er Cicogna mu
dem Befehl, das Weitere durch einen seiner
Lieblinge, den Adjutanten des Generals
Spöck, zu besorgen, vorher aber ja die
Schrift nochmals nachzuziehen, damit
sie dentlich sei, und sich nicht so leicht
verwische.
Natürlich mußte Cicogna den Bericht
lesen. Als er an den '„Rücken des
Esels" kam, warf er das Pergament
wüthend zur Erde, und verlangte, lieber
auf der Stelle erschossen zu werde«, als
solche Schande zu erdulden.
„Na, was macht'S halt da mit dem
Bericht?" fragte der Feldinarschall.
Cicogna konnte vor Erregung und
innerer Wuth kein Wort hervorbringen
und zeigte mit zitternder Hand auf den
„EselSrückeu" und fragte, ob solch' ein
Spott etwa der Lohn für treue Dienste
sein sollte?
„Na, was Hat'S halt zu wundern von
wegen des Esels? Wär' der Cicogna
ein Esel, könnt er des Montecuculi Ad
jutant nicht sein. Weiß der Cicogna
nicht, daß Pergameirt Eselshaut ist?
Sieht Er, mein lieber Adjutant! So
hab' ich's Halter gemeint, und meng' Er
sich künftig nicht wieder in meine Be
richte, das will ich Ihm rathen!"
Der scheinbare Ernst des Feldmar
schalls besänftigte schnell den armen
Licogna. Mit vielen Entschuldigungen
bat er um gnädige Nachsicht, und eilte
mit dem Pergament von dannen, dessen
Beförderung zn besorgen.
Die umstehenden Offiziere mußten
sit Gewalt das Lachen unterdrücken,
»nd während Cicogna das Pergament
icrsiegeltc, schrieb Montecuculi, dem
«an unterdessen einen Feldtisch und
Ichreibmaterialien gebracht hatte, einen
inderen Bericht, welcher, statt des Per
gaments, dem Spock'schen Adjutanten
tbergeben ward, und dieser machte sich
,us den Weg nach Wien.
Cicogna erfuhr nichts von diefem
rausche, und brüstete sich bis an sein
Ende damit, daß Montecuculi auf fei
lem Rücken den Sieges-Bericht der
Schlacht von St. Gotard geschrieben,
ivährend er vom Ofsiziercorps stets als
Veneralstabsesel, wenn auch heimlich,
bezeichnet wurde.
«onknrreni-Ntid.
E schlicke! au« der fröhlich Pfalz.
Nee, Leitcher. wann ma so was er
lewe muß un wann ma so neisallt, wie
ich mit e paar College »eig'salle bin, da
hört Alles nss. Erjcht bin ich selwigS
mohl schier verknallt sor Wuth, nn hin
nenoch sin mer a noch dazu ausgelacht
worre. Nit genug, daß mir Bäcker vun
wcge »nsre Corbulenz 's ganz Jahr
geuzt werre, innß a noch e Mitglied vun
de Zunft eem en heemdickische Schtrech
spiele. No, mer hawen em schpäter
heeingeleicht, wie mer in de Znnstkneip
zamme kumme sind. Verworre hätt ich
en kenne den Heemdicker, den gschwollene.
Loßt's Eich emol verzähle, Leitcher:
Kummt vor e paar Tag unser Pfarrer
zn mer in de Bäckerslade un lad' mich
ei zu de Kircheeiweihung. Gleichzeitig
froogt er mich, ob ich nach der Kerch
nach dem Fefchtesse beiwohne wollt. Nu,
ich habb mich erjcht e Vissel verereknsire
wolle, awer 's Hot nix gemkht. Sie
müsse sich a bedeilige, Herr Hefner, secht
er, Hot er gesacht, denn alle angesehene
Berchersleut hawe sich unnerschriwe.
Jwrigens, uner uns gsacht, de
Bäcker Breimann, de Bäcker Bauer un
die annere Herrn College von Ihne
hawe sich all unterschriwe, do denk ich,
werre Se a nit sehle. Na, was wollt
ich mache, ich hab mich halt a iliiner
zeichnet; das heeßt Herr Psarrer,
haw ich gsacht, in die Kerch werd's nit
ganz lange, do kumm ich e annerS Mol,
awer 's Feschtesse mach' ich mit. Freut
mich secht der drus. Aprobo, fährt
er fort, unfer Schutkinner kriche bei der
Gelegenheit Bretzle geschenkt und do
bschtell ich bei Ihne a IVO Schtick zu
15 Pf.» nit als gschenkt, verschdanne?
No, sag' ich, schenke allerdings kann
ma's nit, awer größer wie sunscht will
ich se mache, un so is a kumme.
Un jetztert kummt de Schbitzbube
schtreech vun meim Kolleg Breimann.
Der is nämlich a zum Feschtesse einge
lade worre, awer Bretzle Hot er keeni
bschtellt kricht, dann es sinn »n Ganze
4t1l) Kinner und fünf Bäcker gewest, un
do jeder Bäcker 10V Bretzle bschtellt
kricht Hot, Hot mei Breimann leer aus
gehe müsse.
Nu beim Feschtesse hawe mer uns
zammengsetze, dann wan ma a so en
heemliche Konkorrenspick uf ennanner
hawe, dhune mer doch bei alle Gelechen
heite unser Stande Sehr hochhalte un so
hawe mer »ns am End vun de Tafel
vereinigt un hawe nit vum fchlegfchte
gepetzt.
Uss eemol vun Kirchege
meinderath uff, kleobert an's GlaS un
secht: Meine Herren - secht er mir
sinn jetzt so schöne beisamme un des
Fescht Hot so en herrliche Verlauf ge
numme, un des werden ewige Gedenk
tag bleiwe un aach unsere liewe Jugend
hawe mer heit e klein« Freed mache
wolle. Mir hawe heut aus dem Grund
40V Bretzle Verdeelt, awer meine Her
ren, Sie wisse, daß de Kerchenseckel ewe
schtark in Anspruch genumme worre iS
un do bin ich vun e paar Herre usge
sordert worre, for Deckung der Bretzel
koschte e Sammlung zu veranschtalte.
Un dann is er rum gange mit em Det
ter un mir süns Bäcker Hot enschtimmig
jeder e Markschtickel in de Deller nei
salle lasse.
Während der Deller rumgange iS.
seh ich, wie mein Breimann niver geht
zum Herr vum Comite«. Was er mit
dem gschbroche hat, haw' ich leider erseht
hinneiivch ersohre. Er hat nämlich
gsacht: „Here Se, des ,S nit recht, daß
Se mich bei de Bretzle umgange hawe ;
sis mer nit wegem Verdienscht,
awer norr wcge de Ehr." No, secht
der Herr druff, was liegt Ihne dra,
awer nix destoweniger kenne see gnt
Werk schtiste, gehne Sie an ihr'» Blatz,
Herr Breimann, un sache Se, daß Se
for de Bretzle, die Sie gelieffert, nix
abnemme däte." Wie gsagt, ich
habb vun dere Unerredung nix ghört!
mei Breimann kummt zurück, klebbert
an s Glas und secht:
„Meine Herren mir feire heit e
schönes Fescht un mer misse unserm
liewe Kerchevorschtand allen Dank zolle.
Mir sinn jetzt hier so vergnügt bei
samme. un wenn a die Bretzle durch die
Dellersammluug bezahlt werre könne,
so will ich sor inein Deel noch « Jwri
ges dhun, —meine Herren, ich verzicht'
geliessert hab' und erlaube mir, uff's
Wohl vum Kerchevorstand ein dreifaches
Hoch auszubnnge."
So hat er gsacht, ich hab gemeent,
mich rihre de Schlag. Wie kannscht
Du, elender Ticksack, sag' ich zu cm, for
Dich allee so en Vorschlag mache! Du
hätsäjt doch zersten mit uns als Deine
College Ricksprach nehme solle. Dei
Coni'urrenzmanöwcr helfe der awer nix.
Mir annere vier Bäcker hawe also den
Kerl mit Verachtung geschtrost un hawe
uns schnell entschlösse, die Ehr' vum
Bückergewerb' zu rette.—
„Meine Herrn," sag' ich, „ich bin nit
so im Redde durch, wie mein Vorred
ner, awer des dhut nix; in nieim Buse
schlächt e gudes deutsches Herz, uns
ewejo in de Buse min diesen drei Her
ren do vom Bäckeigewerke. Meine Her
ren, Herr College Breimann hat eben
öffentlich erklärt, us den Bstrag vun
seiner Rechnung zn verzichte. Es war
die? selbstverständlich auch bei unS be
schlösse, mir hawe mir des nit gerade so
öffentlich ausposaune wolle, awer weil
jetzt doch emol de Weg der Oesscntlich
keit beschritte iS, so erkläre» wir vier
andere College», nicht norre us die Zah
lung der Rechnung verzichte zu wolle,
sondern es gibt noch jeder vun uns viere
sünf Mark in die Arme-jiasse, No
hätt' mer awer daS Hoch höre
solle. Unser Bäcker solle lewe, hoch, hoch,
un noch emol hoch. Alles iS uff mich
zukomme un Hot mit mer gedrunte un
Hot mer gratlirt. Aach der Herr mit
der Brill, so en Schubladezither, wu den
ganze Streech angschtellt Hot, iS zu mer
her komme. Hesner, secht er, alle
Reschbekt vor Ihne awer schinne
Se'S norr nit Widder an unsre Weck'
raus.
No, wie ich schbäter gehört hab, ich
an die annere drei, wie die Gschicht
zange iS, kennt er Eich denke, w»e ich
mich geärgert hab. 'S schenschte war
noch, daß mich mei Fraa gjchennt Hot
un Hot mich e Rindvieh gheeße, weil
ich's nit gemerkt hab'. Sie Hot recht
zhatt, awer so was kann bassire, wan»
ma e bissel agedrunke is, un Ende gut,
Mes gut, haw' ich doch e gutes Wert
gedhmi.
Awer dem derre Schubladezieher mit
seiner Brill, haw' ich's gsagt, sor drei
Satze. „Nochber," sag' ich, „droh»
will ich ihm nit, awer wann Er mer am»
abgelegene Ort uuner vier Aage begeg
net, so hau' ich Ihn durch, daß er all'
sei Knoche zamme suche kann." .
Des is die Bretzekgeschicht', un s»
kann mer neifalle, Leitcher, in seiner
Gutmitigkeit.
St«e »eutsche Reichs - Aabel «h««
Moral.
patt' einst ein Gärtner mtt reichem Ge
schick
nen Park wohl hergerichtet:
Bald aber wurde das Dickicht zu dick,
s wär besser, wenn man es lichtet
Und da der Alte, entrüstet tief,
sich weigert, das Werk zu erfüllen.
Der Herr einen anderen Gärtner be
rief
Wahrhaftig wider Willen!
Maulwürfe nun gab'S in der grüne»
Au,
Die schadeten Wurzeln und Keimen;
Der Alte konnt' ihre Schliche genau,
ikonnt' leicht aus dem Wege sie räumen;
Zr aber saß in friedlicher Ruh
Mit schadenfrohen Gefühlen
Tr schmaucht seine Pseise und lacht daz»
llud freut sich, wie sie wühlen!
War auf 'nein Schiff einst ein Steuer
mann,
Befahren in vielen Ländern;
Und da der Wind sich zu drehen begann
Er wollte den Kurs nicht ändern.
Doch da der Sturm stieg riesenhaft,
Der Capiiän beordert
Hilm Steuer eine willigere Kraft,
Wie's dringend die Lage erfordert.
Wohl war manche Ratte aus de»
Schiff
Man hörte ihr Kratzen «nd Nagen;
Der alte Bootsmann kannte den Pfiff»
Die Bestien zu verjagen.
Der aber hat in friedlicher Ruh
Das Ding sich angesehen
Zr kaut' seinen Priem und lachte dazar
DaS Schiff mag zu Grunde doch gehen t
War da ein Maurer, vielgewandt,
Berufen ein Haus zu errichten;
Der Bauherr aber hatte erkannt:
Das Dach sei praktisch mit nichte».
Tr heischt von dem Maarer mit alle«
Fug,
Tin anderes herzustellen:
Und da der'S weigerte schroff genug,
Berief er 'nen jüngeren Gesellen!
Nun saß ein HauSschwamm in Keller»
Grund,
Roch klein und ohne Bedeutung;
Dem Altgesellen das Mittel Kar kund,
gu hemmen des Uebels Verbreitung.
Der aber saß in friedlicher Ruh
Und hagte sich indessen.
Und schnupft seine Priese und höhnt
dazu:
Mag er das Gebäu doch zerfreffen!
Der Gärtner, der Maurer, der Steuer
mann
War jeder in seiner Art tüchtig;
Und doch, wie ich eS erwägen kann.
Find' ich ihr Gehaben nicht richtig!
Weiß nicht, wie Andern zu Sinne ist;
Doch mir scheint, ich will'S nicht ver
hehlen .
gu einem wahrhaften Meister müßt'
Den Dreien etwas noch fehlen;
Denn jederzeit und allerwärtS
Hab' ich e? verkünden hören:
Der hat für sein Werk kein rechtes Her^,
Der'S ruhig kann seh n zerstören!
Erhöhter Aufwand.
Mann (unzufrieden ober den Thee):
„Sag', wie viel Thee nimmst Dil denn
gewöhnlich?" Frau : „Einen halben
Kaffeelöffel » Person!" Mann:
„Und wenn wir einen Gast haben?"
Frau: „Mehr Wasser!"
„Ich war gesund, und wollte noch ge
sünder werden,
Und durch die viele Medicin kam ich ia
kühle Erden."
Neueste Hunde-M»de.
„Wohin gehen Sie?" „Zu Geheim
raths." „Wissen Sie denn, da» die
Diana von GeheimrathS sieben Junge
bekommen hat?" „Was? Da muß
ich mit meinem Pollo umkehren »nd ihm
zu Hause erst einen reinen Stehkragen
und eine weiße Kravatte umbinde»."
Angenehme Unterhal
tung. Na, Kleiner? Man sieht Dich
ja gar nie! Was macht ihr denn immer
zu Haus' an den langen Sonntag-
Nachmittagen? Der Vater.wackelt
nnt seinen langen Ohren, und die Mut
ter und ich lachen dazu!
Der überangestrengte
Parlamentarier. Abgeordneter:
Herr des Himmels! Ich sollte heute
eine Rede halten aber wo? Im
Reichstage, im Abgrordnctenhause, in
»er Fraktion, im Bezirksverein oder beim
Fraktionsdiner?
Bei der Rekrute n v i 112 i
tation. Osficier: „Haben Sie eine»
Fehler anzugeben?" —-Rekrut: „Ja,
ich habe einen kurzen Athem." Offi
zier: „DaS macht nichts, wenn er
Ihnen mir nicht ausgeht!"