Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, April 02, 1891, Page 3, Image 3

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    Acrgcbrus.
»ioman von <lonrad Viühlwenjtl.
(2. Fortsetzung.)
Gesicht in dem sich die Bewunderung
ihrer Schönheit deutlich spiegelte. Diese
fchmcichclhaslcste, weil wortlose Huldi
gung verwirrte sie ein wenig. Und sich
gegen de» Gast »erneigeii'd, berührte sie
den Arm ihres Mannes, seine» Blick aus
Jenen zu lenke».
Arnold ließ den Stift fallen »nd rief
fröhlich: „Ach, sieh da, Herr von Nau
mcr ! Sind Sie wieder einmal zu mei
nem Olymp hinangestiegc»?"
„Ja wohl, um nicht nur de» Künst
ler, svndern zugleich seine Muse zu fin
de», aus deren Anblick er Begeisterung
schöpst. Wollen Sie die Güte habe»,
lieber Skarnow, mich mit der Dame be
bewegung »nd Raumer, der inzwischen
näber getreten, ergriff die herabhängende
Hand Melanie«, führte sie an die Lippe»
und sagte: „Ich bi» sehr glücklich, gnä
dige Krau, heute nachhole» zn dürfen,
aiigeiichmer Art. Doch es war
wohl kann, denkbar, daß der Freund
ihres Mannes, der vielgepriesene K»nst
läsiigen.
Sie mußte sich doch wohl irren, trotz
ihres sonst so treuen Gedächtnisses.
gut zu machen.
Arnold flüsterte ihr zu, doch eine
Flasche Wein kommen zu lassen »nd
sagte: H
„Ich gefall« Dir? Aber, Arnold,
'ie veHolgl«?
„Versprich eS mir, Arnold," bat sie
,och einmal, „er ist mir so unangenehm
!b» ,richt besonder« zu Deine» Sitzungen
auffordern, n»«iii er aber zufällig
kommt, kann ich ihn nicht zurückweisen,
weil meine Frau nicht gelaunt ist, ihn
lind Ronnier kam zufällig mit einer
Regelmäßigkeit z» ihre» Sitzungen, daß
jeder "nicht so ganz von sich »nd seinem
Werth durchdrungene Ehemann doch
stutzig geworden wäre über diesen Kunsi
enthusiaSmus. Skarnow aber wurde
nicht stutzig.
Und doch war eS eine schöne Zeit für
Melanie. Arnold war fröhlicher ge
stimmt, als seit langer Zeit, auf ihre»
Wanderungen »ach der Akademie, wo er
l» «liiein Saal sei»« Stafsellci ausge
schlagen.
Da« Gemälde machte schnelle Fort
schritte. Die Scenerie war'bald skizzirt
pen.^
Wenn Räumer sah, »ie großartig
lortresflich Bild anaeleat »gx.
würde er genast behülflich sein,
ihm eine kunstj.clcchiliche Ausführung zu
erniöolicht». >?r halte bisweilen schon
davon gesproch'n, daß er nicht übel Lust
hätte, noch ein Md von Skariioiv zu er
werben. Nul-'l>atte er noch iiicht schlüssig
werden könne», welche«. Aber das würde
doch einmal geschehen.
Wenn dann auch Löschwitz ihm noch
eins abkaufte/ würde der Erlös hinrei
che», ihm einiii mehrmonatlichen Aufent
halt in RoM zu ermöglichen, die nöthi
gen SkizzenUind Studien sür die «Sze
nerie seine« Gemälde« an Ort und Stelle
zn machen. , So arbeitete er denn frisch
und fröhlih und »oller Begeisterung
„Bist Du bereit, Lanie?" rief Ar
nold, zum Ausgehe» gekleidet, in die
Küche hinein, wo die junge Frau mit der
Köchiii verhandelte.
da»» i» ihren Auflräqe» fort: „Fragen
Sie auch beim Gcflügelhäiidler »ach
einem selten Kapaun." Sie griff dabei
in ihr Gcidbcntclchen, aber die darin
enthaltene Baarschast reichte zur Bestrei
tung all' ihrer Ansträge nicht aus.
„Ich bringe Ihne» gleich das nöthig«
Geld," sagte Melanie und ging in das
Schlafzimmer, schnell de» Maiilel limzu-
bin Ich fertig! Aber bitte,
gestehen müssen, daß ich eine gute Haus
hälterin gewesen bin." Daniit streckte
sie ihm lachend die offene» Hände hin.
zelnd sein Portemonnaie hervor und gab
ihr etliche Geldstücke daraus.
„Soll das Alle« sein?" sragte Mela-
die Stimmung, die ich zu meiner Arbeit
brauche. Hast Du Dein Kostüm be
reit?"
Da« Wiithschnstsgeld, welches er ihr
ruft Melanit, „Ah, hat Frau von Lösch
zu verwenden.
„Äh, und dort binter ihrem Sessel.
Du, Arnold? Herzog Giiiitjeris!" Ein
eignes Gefühl von Eifersucht, das ihr
„Willst Du Dein Kostilm nicht anle
gen?" Sie nickt »nd tnit schnell in ein
kleines Nebcngemach, ihr Kleid gegen
Arnold bc'.eit«, Palette und ivtalstock iu
der Hand, vor der Staffelei. Sonst
pflegte ihr Erscheinen, in einem derarti
gen Kostüm, ei» Lächeln zärtlicher Be
wunderung auf seinem Gesicht hervorzu
rufen, heute aber vermochte sie die Un
muthsfaltc» auf feiner Stir» nicht zu
glätte». Er prüfte lange, ließ sie ihre
Stellung hundertmal wechseln, machte
zu scin. hib h N
Ans dem Rückweg mühte Melanie sich
reit und s»agte, ob sie ihn nach der
Akademie begleiten solle. Vielleicht
würde heute die Beleuchtung besser, und
bewundern werden."
Seine Stirn verfinsterte sich noch
mehr.
„Ich kann die Tiber nicht malen, ohne
sie gesehen z» haben."
Das also machte seinen Kummer aus!
lkr litt unter der Sehnsucht nach dem ge
lobte» Lande der Kunst. Diese zu stillen,
konnte sie ihm freilich durch ihre Sticke
reien nicht ermöglichen.
Arnold Palette und Pinsel bei
Seite warf.
„Du kannst nach Hause gehe»," sagte
rr. „Ich mache noch eine» Spazier
gang. "
Melanie wollte bitten, ihn begleite»
;u dürfen, aber da siele» ihre Stickereien
hr ei» und sie ging nach Hause.
Slickcrcicn die Augen sehr angreife».
Slber auch die größere» Summe», die
sie damit verdiente, wollten nirgends
»ung gebildet, da begannen ihre Augen
>u schmerzen, so daß sie zu der noch
schlechter bezahlten Stramin-Stickerei
lurülkkchren innßle. So sah sie sich ge
zwungen, auf andere Weife Geld her
davon, ei» Bild von Arnold zu kaufe»,
und auf eine direkte Bitte dcS Künstlers
hatte er geantwortet: „Es thut mir leid,
lieber Skarnow, aber ich habe jetzt selbst
kein Geld."
Gesucht:
Maler, die da« künstlerisch Bemalen
Da bot sich ja eine Möglichkeit, Geld
zu verdieneil! Und schnell entschlossen
machte er sich aus den Weg,
„Gnieu Tag, Skarnow! Sind Sie
kärbte.
"""Ich'?""''
„Ich kann nicht."
Franzesk lachte. „Ich hätte eS
Ihnen früher gar nicht zugetraut, daß
her. »Wer weiß! Jedensalls sehlt«
„So überlege» sie sich bis dahi», ol
»ich sich hin
sumtticnd, trat er ins Haus.
Arnold Skarnow blieb stehen unk
schaute dem Andern nach und sachte sich:
„Die personisizirte Mittelmäßigkeit geht
nach Italien, während ich zum Hand
werker werde» muß! Ich, dessen Talent
„Weshalb mußte FranzeskS Vater
Sohn armer Handwerker?"
Er wandte sich »nd eilte die Straße
hinab. Wie eine Ecntncrlast drückte ihn
das leichte Packet in seiner Rocktasche.
Er, mit seiner Kunst, mit seinem Können
Geld, daß er für das so eben abgeliefert«
Dutzend erhalte», brannte ihn. Zu
Hause angelangt, fand er Melanie vor
eincin Tisch mit Rechnungen.
Auf seine unwirsche Frage, was si,
treibe, deutete sie nur auf die Blätter
und seufzte.
Er warf seinen Geldbeutel vor sich
hin: „Da hast Du de» Jammerloh»
sür meine Handwerkerarbeit. Sieh, was
Du daniit ansangen kannst." Damit
ging er i» sei» Zimmer, fügte ein Blatt
mit einigen ablehnenden Zeilen zu dein
soeben mitgebrachten Pakete, rief das
Dienstmädchen »nd schickte c« damit in
die Handlung zurück.
Er konnte es nicht fertig bringen, sich
länger so z» erniedrige». Lieber wollte
er sich »»Spfändcn, crmittiren lasse»,
lieber Hunger»!
Er ging unruhig mit langen Schritten
in seinem Atelier auf »nd nieder, dann
und wann blieb er vor einem Bilde ste
hen. Er fluid selbst Manches daran zu
tadeln, aber er mußte doch selbst sagen,
daß sie iminerhiii von seinem ausgespro
chene» Talent zeugte». Franzesk dage
gen seine ganz« Kunst bestand in
einiger Fertigkeit der Farbenmischuug
und Piiiselsührung hatte alles unge
lernt.
Er trat in das Wohnzimmer zurück.
Dort am Nähtisch vor dem F«ister
pflegte Lany um diese Zeit zu sitze», mit
irgend einer merkwürdig geschmacklosen
Stickerei beschäftigt. Was machte sie nur
mit all dein Zeug? Da lag richtig wie
der ein großes Stück Stramin mit einem
Muster. Er ließ sich vor dein Tische
nieder. Was mochte iu dein großen Pa
ket Hiersein? Stramin, Wolle, Mu
sterblältcr
Ah sie arbeitet für Geld. s e«i » e
Frau sür Gold! Deshalb also war sie so
verlegen geworden, als er einmal scher
zend geäußert: Die Frau eines MalerS
schon durchaus welche machen wollte.
Da wurde draußen die Thür geöffnet
und Melanies Schritt auf dem Korridor
hörbar.
Arnold mochte jetzt nicht mit ihr zu
sammentreffen. Es verletzte feineu Stolz
empfindlich, sich sagen zu müssen, daß
seine Frau sür Geld arbeitete. Aber
sollte er e« ihr verbieten? Vielleicht wai
da« die geheime Hilfsquelle, die es ihr
bisher ermöglicht hatte, den Haushall
zu führe». Sollte er diese jetzt verstop
fe»? Nein! Doch mochte sie wenig
stens glaube», daß <r nichts davon ahnte.
Er ging schnell in sein Atelier zurück
und blieb dort in recht unaiigenehiiicn
Gedanke» vertieft, bis eS Zeit war, in
den Verein zu gehen.
Es war der letzte Abend, an den»
FranzeSk zugegen war, also durste Ar,
nold annehme», die Mehrzahl der Mit
etwaS kleine« Geld bei Dir?" fragte ei
kurzem Ausblick ihre» Geldbeutel. Ar
nold entiiahm ihm einige Thalerstücke.
legte ihn ans das Tischchen vor Melani«
zurück lind ging.
DaS war Arnold. Melanie täuscht,
schob sie das Kästchen i» das Fach und
verschloß eS.
Da stand Arnold bereits in der Thür.
„Hu? Hast Du etwas vergessen?'
ftagte Melanie.
„Ich komme, Dich zu holen. Fran
zesk ist heute zum letzte» Mal im Ver
ein er geht a»s ein Jahr »ach Italien
und da soll eS ei» wenig feierlich zu
fehlen, besonders da FranzeSk ein leiden
schaftlicher Tänzer ist. Ich tras Rau-
Die finstere Falte, die Melanie sc
sehr fürchtete, legte sich zwischen seine
Braue». „Ehe ich gi»g, warst Dil ge
jetzt wohlverwahrt im Leihamt lagerte.
Daß sie eS aber anch gerade heute dahin
bringen müßte! Doch das war nun nicht
mehr zu ändern. Schnell wechselte sie
den Anzug und trat kurze Zeit darauf im
Mantel und Kapuze gehüllt mit Arnold
auS dem Hanfe.
„Bei Gott,
sagte doch Nauiner diese Augen, die
noch nichts Böses gesehen! Der Mensch
hat immer treffende Bezeichnungen."
Vertraulichkeit giebt. „Es ist Abend
und soeben geht mir die Sonne aus."
Dabei heftete er seine sonst stets halb,
es ihr zuflüsterte, mit diesem Lächeln,
diesem Blick!
ertheilten allerlei Rathschläge. Als
seil über Aquarell-, Pastell- und Ocl
heiider Blick Arnolds ließ sie dieselbe
Talent zu linterhalte». Er galt allge
mein sür den besten Gesellschafter, so
bald er nicht zu träge war, seine große»
schien ihn» daran zu liegen, seine Tisch
nachbarin recht gut zu unterhalten.
Ohne selbst zn wissen w!e, gegen
ihre» Wille», sah o!e junge Frau sich
durch seine Erzählungen gefesselt.
Er ging auf ihr Interesse an der Li
leratnr ein, verglich die der verschiedenen
Völker miteinander, bxwies seine aufge
stellte» Behauptungen durch die verschie-
das unverständlich. Ihr Herr Gemahl
aber scheint auch dieser Geschmacks
richtung zu huldigen, denn di» Polinnen
Dame gelegt, sich lachend vorneigte, ihr
:in paar Worte zuzuflüstern.
Sie versuchte, zu lächeln, indem sie
entgegnete: „Die Künstler habe» den
Vorzug, jede Art von Schönheit aner
brachte, worauf die meisten der jungen
Künstler sich zu diesem drängten, initj
ihn, anzustoßen. AIS Skarnow dabei
dort unten. Wie die schwarzen Attgen
der Polin blitzten und ihre roth«» Kip
pen leuchtete», wenn sie lachend die klei
nen Zähne ein wenig sehen ließ! Und
Arnold schien alles »»> sich herum zu
vergesien bei«, Anölick dieses pikante»
Gesichtchkiiz.
(Fortsetzung folgt, j
»
»er S«t»aba«ettru»r.
Zu allen Zeiten haben die Kriege?
aller Böller etwas Außerordentliche« im
Trinken geleistet, und unsere Vorjahre»
waren nicht die einzigen, welche sich d»>
rauf verstanden, sondern in ganz Eu
ropa ließen die streitbare» Mannen kei
nen edlen Durst verloren gehen und
tranken des Weines, Bieres und Meth»
niemals genug. Die Kunst des Zechen»
aber war eine deutsche, und trank bei
uns nicht um des Trinkens und der Be
rauschung willen, sondern zur Mehrung
von Heiterkeit und Behagen, und darum
dursten Musik und Gesang, Humor,
Witz >md Scherzwort auch nicht bei den
Gelagen unserer Vorfahren fehlen.
Bon diesem überschäumenden Kneip»
Humor zeugt noch die Mühe, Sorgfalt
und Kunst, sowie die unerschöpfliche
Laune, die sich in den mannigfaltige»
Formen der Schleiskannen, Humpen,
Krüge, Becher, Gläser und anderer
Trinkgcsäße kund gab, welche bei de»
Gelagen unserer Altvordern auf de-
Tafel erschienen und manchmal mit lufti
gen und launigen Sprüchen verziert »nd
mit allerlei humoristischen und neckende»
künstlichen Vorrichtungen versehen wa
ren.
Wer heutzutage eine Sammlung von
geschichtlich?» und kunstgewerbliche»
Alterthümern besucht, der staunt über
die Schönheit, Mannigfaltigkeit und
fröhliche Laune, die sich in den noch so
zahlreich erhaltenen Trinkgesäßen unse
rer Vorfahre» kundgibt. Ein derarti
ges Trinkgeschirr von altdeutscher Ar
beit ist ein gläserner Humpen zum
Steigbügeltrnnk aus dem lö. Jahr
hundert. Der Steigbügeltrunk ist der
seit undenklichen Zeiten übliche Ab
schiedstrunk beim Davonreiten, mit
welchem der Scheidende seinem Wirth-
Bescheid that und der gewöhnlich erst
auf dem Pferde und im Sattel genom
men wurde.
Dieser Humpen enthält reichlich zwei
Liter und war also eiu tüchtiger Schluck
für den Scheidenden, der ihn bis zur
Nagelprobe leeren mußte. Aber ma»
war damals gewöhnt, noch einen tüchti
gen Tropfe» mit in den Sattel zu neh
men, wie wir aus der verbrieften That
sache wissen, daß damals ein paar Maaß
Wein, auf einen Zug zu sich genommen,
den Mann noch nicht auS dem Gleichge
wicht brachten. Ist es ja doch urkund
lich erwiesen, daß der tapfere Bassom
pierrr, welcher der Gesandte Königs
Heinrichs IV. von Frankreich bei der
schweizerischen Eidgenossenschast war,
einmal einen Steigbügeltrunk that, der
selbst den unerschrockensten Trinkern
jener Zeit imponirte. Als er nämlich
nach Beendigung sciner Gesandtschast
von Bern abreiste, kamen noch die Ab
geordneten der elf Kantone, um sich zu
verabschieden und tranken ihm jeder
in einem Quart Wein „Glück auf den
Weg" zu. Bassompierre aber zog sei
nen Reitstiefel aus, ließ in denselben
els Quart Wein gießen und trank diese
auf das Wohl und Gedeihen seiner lie
ben Freunde von der Eidgenossenschaft
als Steigbügeltrunk,
Deutscher Durst.
Ein Ereigniß, das als einzig sowohl
in der preußischen Kriegsschichte wie in
den Annalen deutschen Durstes verzeich
net steht, gleichwohl aber ziemlich unbe
kannt geblieben ist, gehört dem denk
würdigen Jahre 1814 an. Eine Ab
theilung von mehreren Regimentern der
verbündeten Heere, zum großen Theile
Ostpreußen, belagerte die Festung
Chalons. Der französische General
Macdonald hielt die Stadt besetzt und
verweigerte hartnäckig die Uebergabe.
Uork befahl demgemäß das Bombarde
ment. Von Zeit zu Zeit machte der
Feind Ausfälle, die aber stets zurück
gewiesen wurden, woraus die Be
schießung ihren Fortgang nahm. All
mählich aber wurde eiues Tages 5aS
Feuer schwächer und schwächer, bis eS
zuletzt ganz aufhörte. Der komman
dirende General befand sich damals mit
seinem Stabe in einem Bauerhause vor
der Stadt. Er hatte gerade seinen
Reitknecht nach St. Memniie geschickt,
um elwaS Wein für die Tafel zu holen.
Plötzlich kam dieser ohne Wein mit
bleichen Wangen, den Ausdruck des
Schreckens im Gesicht, zurück. „Alles
todt, Excellenz, Alles todt!" stammelte
er.
Der Feldmarschall sandte sofort einen
Adjutanten ab. Als dieser in St.
M»mmie auf dem Lagerplatze ankam,
überraschte ihn ein Schauspiel, das ihn
in der That zuerst erstarren machte.
Hunderte lagen da in und außer der
Reihe, ohne sich zu regen und zu rühren.
Der Tod mußte hier furchtbare Ernte
gehalten haben. Allmälig gewann der
Adjutant seine Fassung wieder und nun
gewahrte er, daß aus vielen Kehlen
dumpse, gurgelnde Laute drangen, die
anders klangen als das Gerüchel von
Sterbenden, und dazu bemerkte er ring»
aus dem Boden Splitter Und Trümmer
von Tausenden von Flaschen. Da und
dort traf sein Auge jetzt auch Gruppen
von schwatzenden, lachenden und zechen
den Soldaten. Nun klärte sich da»
Räthsel ans. Die braven Ostpreußen
hatten ein paar Champagnerkeller ent
deckt und das „Weißbier", wosür sie e»
irrthümlich gehalten, in überreichem
Maß genossen Manche von ihnen wa
ren im tollen Rausch mit der Flasche in
der Hand gegen die Mauern gestürmt
und hatten dort den Tod gefunden, die
meisten lagen mitten im feindlichen Feuer
im süßesten Schlummer.
Der Adjutant eilte zurück und mel
dete, was er gesehen. „Eine nüchtern«
Brigade zur Ablösung!" commandirt«
Kork. Der Feind hatte zum Glück von
alledem nichts bemerkt, sonst wäre es
ihm leicht gewesen, den Gürtel der Be
lagerer zu durchbrechen. Dies war auch
der Grund, warum ?>ork die Sache nicht
tragisch nahm und sich mit einer derbe»
Strafpredigt begnügte.
i —Nimm dem Dummen seine Dumm
heit und Tu nimmst ihm sein Glück.