Vergebens. Roman von Eonrad Mühlw«nz«l. (I. Fortsetzung.) ES war an einem Freitag Abend Im Küiutserhause. In Hein vergrößerten und kürzlich erst neu dekorirten Saale standen »nd saßen eimge Mitglieder deS Künstler vereinS zwanglos umher. „WaS sage» Sie zu der Leinwand, di« sie u»S da von Wien auf den Hals ge schickt haben?" sagt« «in kahlköpfige« Herr, der in dem Kreise als Humorist geschätzt wurde, zu seinem Nachbar, rilienz jnngc», hohlwangig«», dunkel, mistigen Bicinnt. „G«tt, diese Amoretten! Di« richtige, himmlisch« Kind«rb«wahr anstalt." „Ich bitte Sie, Huld", rief der Pho tograph üb«r den Tisch herüber, de» sich durch ein brauueS Sammetjaquct ei» möglichst künstlerisches Ansehen zu geben suchte, da er im Grunde doch nur halb zur Zunft gehörte, „wie können Si, firanzeSk überhaupt ein Urtheil übe« etwas so rosiges, lebensvolles zutrauen. andres malt er ja nicht. Darin aller dings ist fein Urtheil kompetent." „Bitte, Werner, augenblicklich bin ich Augen und einem Glanzlicht darin—l Ich sage Ihnen, großartig!" vertheidigt« sich >d«r Angegriffen«. wär'S?" Ehe Franzesk dem Photographen noch antworten konnte, trat der Bildhauer „Räumer, Mann, wo waren Sie? Wo'kommen Sie her?" klang eS ihm entgegen. und ließ sich an einein der Tische nieder. „Das sieht mir gewiß Niemand von' Ihnen an.'' „Ich komnie aus der Kirche. " „Hört, hört!" rief Huld, „Raume« war in der Kirche. Schade, daß ich nicht „Was in aller Welt hat Sie dorthin stcführt?" fragte Werner. „Ist die Ihr« „Wie, die Brant selbst?" fragt, erstannt. „Der Mann gefällt bei der Frau eines Andern am besten «hu»." „Sie werden sich einst auch noch zu der belrcssende Ehemann sich ja nur ge schmeichelt fühlen, wenn ein Kenner in Fraiienschönhcit, wie ich, seinem Ge schmack Beifall zollt. In diesem Falle also Skarnow." „Skarnow? Wie? Skarnow?" rie fen die Künstler durcheinander. „Ist denn heute feine Hochzeit?" feine Braut wirklich eine solche Schönheit? Hat sie auch Geld? Teil» Skarnow, glaube ich, verdient nicht all- LleußereS entbehrte jedes künstlerischen vlnürichs. Und was ihn in diesen Kreis geführt, war auch weniger sein Kunstsinn in dieser Beziehung, ging sein Verständniß nicht über den korrekten Stich der Kas senscheine hinaus sondern vielmehr seine Bereitwilligkeit, Künstlern, die in Geldverlegenheit gerathen waren, her- Ueber RaumerS Gesicht ging ein eigenthümlicher Zug bei NeumannZ Worten. Er öffnete den Mund, al> wolle er antworten, schloß ihn jedoch wieder, ohne gesprochen zu haben, da Ocharriidors ernst sagte: „Ich fürchte, Skarnow hätte desser ge, than, während der nächsten zehn Jahr, noch Junggeselle zu bleiben. Er ist ein großes Talent, aber er ist noch zu sehr in der Eiltwicketuiig.' Wenn er jetzt anfan, gen muß, des Verdienstes, des täglichen Brotes wegen zu arbeiten, wird er nie mals zur völligen Entfaltung kommen. Aber freilich," setzte er dann, sich ab wendend, fast unverständlich mnrnielnt hinzu, „im Grunde ist es gleichgiltig, wcm man entsagt, dem Ruhm oder dei lahren Maricche» zu meinem Weibe ge macht ich Hütt« jetzt nicht den großer Preis gewonnen. So habe ich meinen Lorbeerkranz aus ihr Grab legen müssen.' „So ist SkarnowS Frau also arml d ' ck d' N hs-l l vorausgesetzt die Frau wär jung und kräftig —" Wieder richteten sich RaumerS Augen mit einem eigenthümlichen Blick auf de« Geldmaun. Der ließe sich vielleicht ge brauchen. Vielleicht ließ sich durch fein, Vermittelung die Dankbarkeit der fchö« neu >!rau gewinnen. Seit TageS Anbruch schon tanzten dt< großen, glitzernden Schneeflocken durH die kalte, klare Winterluft und schmieg ten sich um das kahle Geäst der Bäum« deS Thiergartens, ihm einen flimmern den Glanz verleihend. In der obersten Etage eines jener eleganten Hänser, di« den Blick aus den mächtigen Park frei geben, an einem jener breiten, hohen Fenster, denen man eS schon von außen ansieht, daß ein Künstler dahinter sein« Werkstätte aufgeschlagen, lehnte ein« junge Fra». Ein' dunkles Morgenkleit floß in weichen Falten an der herrlichen Gestalt nieder, der schön- Kops mit den schweren Flechten war leicht in den Nacken zurückgelegt und di« großen Augen hinge» voll Entzücken an der einfache« Landschaft zu ihren Füßen. „O, Du lieber, grauer, trüber deutschet Winterhimiuel," sagte sie. „Eigent lich hast Du gar kein Recht, schon solch ein grimmiges Gesicht zu zei gen, aber ich liebe Dich. Zeigst Du mir doch so erst die ganze Traulichkcil meines HeimS. Trieft, Venedig, Bel lagio, Lnzern, ihr wäret schön, abei was seid ihr mit aller eurer Herrlichte!! gegen dies kleine Reich, in dein ich herr schen soll!" Dabei erinnert sie fiel plötzlich, daß sie in diesem Reich noH ziemlich eine Fremde ist. Am später Abend von der Reise zurückge kehrt, ist si« nur einmal flüchtig durch die Räum« geschritten. Jetzt erß will sie mit jedem einzelnen Stück Be kanntschaft machen. So geht sie umher, läßt sich prüfend in die Polster einet Sessels nieder, öffnet dort eine Schrank thür, hier ein Schubfach. Nichts iß emsig zusammen getragen, während si, mit Arnold die Schönheit der Welt draußen genoß und in ihrem Glück wenig Gedanken für die sorgend« Schwester daheim übrig behielt. Ih> mußte sie doch gleich heute ihren Will kommcngniß bringen, gleich nach den Frühstück. Frühstück! Das erst« Frühstuck heut, im eigenen Heim! „Arnold!" Malutcnsilien entnimmt, währen! Melanie in glücklicher Ungeduld den Kliugclzug an der alten Mädchenheimath zieht. Sie nickt der öffnenden- Magt fröhlich zu, legt den Finger ans die Lip pen und huscht an ihr vorbei den Kor- Dem Mädchen gelingt es aber, noch einen Zipfel ihres Mantels zu erhasch» und sie zurück zu halten. „Nicht da hinein, Fräulein Lany, gnädige Frau, wollte ich sage»," flüstert« sie dabei. „Weshalb, Mine? Ach, h inein, ! hinau« in den Thiergarten und da in dee c kalten Wohnung stundenlang herum , gekramt, und dabei Füße und Händ« . schlimmer wie die Eiszapfen." „Also wieder meinetwtg«»," flüstert, di« junge Frau. , Der Schall einer Klingel aus dem , Srankenjiilimer unterbrach daZ Gespräch. Als Mine die Thür vorsichtig öffnete, rief die Kranke in sichtbarer Erregung: „Melanie, weshalb kommst Du nicht herein?" Im nächste» Augenblick schon hielten die beiden Schwester» sich umschlungen. Melanies besorgter Blick fiel aus ein Antlitz, dem die Fieberröthe den täu schenden Anschein der Gesundheit ver lieh, und beruhigt drückte sie ihre Lippen aus Mund und Wangen der Schwester. ' „Wie Mine mich erschreckt hat durch die Nachricht, daß Du krank seiest." Die Kranke lächelte. „ES ist durch, aus kein Grund zu irgend welcher Be forgniß. Du weist ja, Unkraut vergeht nichts was ihr nicht gefiel. „Ich habe Dich noch nie bettlägerig gesehen, Hanna. Da ist cS kein Wunder, wenn eS mich ängstlich macht. Ist eS auch ganz ge wiß nichts weiter als ein vorübergehen des Unwohlsein?" „Ich danke, liebes Herz. Aber selbst sind erfüllt. Ich sehe Dich glücklich, Deine Zukunft von einem starken, treuen Manne versorgt und beschützt. Ich habe noch Helsen dürfen, Dir Dein Nest recht traulich und heimlich zu gestalten uud habe Dich »ach diesen zwei Mona ten der Trennung mit solch strahlende» Glückslächeln wiedergesehen. WaS soll ich jetzt noch auf der Welt?!„ „Aber Hanna, wie kannst Du so sprechen?! Weißt Du denn nicht —" „Freilich weiß ich, daß Du mich lieb hast, lieb genug, um mich an Deinem Glück ein wenig theiliiehnen zu lassen. Aber ich weiß auch, daß Du mich nicht vermisse» würdest, sollte ich jetzt abge rufen «Verden. Ich mache Dir keinen Vorwurf daraus, liebes Herz, gewiß nicht. DaS ist nun einmal so der Lauf der Welt. Und dann ist mit alledem noch gar nicht gesagt, daß eS mit mir zu Ende gehen muß. ES gedeihen in GotteS Menschengarien so viele Kräut lein, deren Zweck und Nutzen man nicht begreift, weshalb sollte er mich gerade ausjäten wollen? Aber nun erzähle mir, wie es Euch ergangen und weshalb Arnold nicht mit Dir gekommen ist?" „Ich hatte ihm versprochen, Dich mit nach Hause zu bringen, Du solltest an unserm ersten Mittagbrod daheim theil nchnien. Hät'te ich Dein Unwohlsein freilich geahnt —". Und dann erzählte sie mit glänzenden, entzückt in eine un bestimmte Ferne gerichtete» Auge» von all der Herrlichkeit, die sie in der weiten Welt geschaut. Aber der immer wieder kehrende Refrain in ihren Be>chreibun gen lautete: ,'J» unfcrem Heim, in uufereu vier Pfählen hier ist's doch am schönsten." nie sich endlich erinnerte, daß es Zeit, hohe Zeit sür sie sei, zurückzukehre». „Das erste Mittagbrod heute, denke doch! Ich muß ihm ja die höchste Sorgfalt zuwende», wenn ich Arnolds gleich heute für immer einbüßen soll. Mir die zu erhalten ist jetzt doppelt schwer, nachdem daS Hotellcben unS so verwöhnt hat." Dann noch ein inniger Kuß, daS Versprechen, schon morgen wiederzu kommen, ein Händedruck, eine Ermah nung zu schneller Besserung, ein Kuß singcr zwischen de» Falten der Portiere ken sinkt müde tieser in die Kissen zurück und die trockenen Lippen flüstern: „O, du selige, o, du fröhliche, gnadeiiber gende Jugendzeit! Nichts als Liebe, Vertrauen und Hoffnung —. die Liebe Athemzüge werden unhörbar und die Augen schließen sich ganz. „Sie s.chläst," sagt Mine einige Mi n»lcn später, als sie dem Arzt dic Thür öffnet. und Hände der Kranken und schüttelt den Kopf; „Dos ist kein Schlaf, das Aber wie da? gewöhnlich ist, blieben seine Bemühung-», zu trösten, vollstän dig erfolglos. „Ich hab' sie so lieb gehabt, so lieb," schluchzte Melanie. „So laß »uch hie Erbschaft dieser Liebe antreten, Lany, und ich will ver suchen, HannaS Platz bei Dir auszu füllen so gut ich kaun." „O, Du!" Und sie barg ihr thränen überslrömtes Gesicht noch näher a» sei. nun endlich wieder wissen, daß ich eine Ihr Kopf fuhr in die Höhe, die Thräne» hörten auf zu fließen und mit ihm ins Gesicht. „Ich ich hab' Dich vernachlässigt, verzeih mir Arnold! Von jetzt an sol le» alle meine Gedanken nur Dir gehö re», n»r Dir und meiner Pflicht." Damit richtete sie sich au» seinen Ar» wen aus, trocknete die Augen und trat hat immer so viel für mich gethan, daß ich ihr in dieser letzten Zeit gern ein wenig von ihrer Liebe heimzahlen wollte. Aber daß ich Dich darüber vergessen konnte!" ES klang eine sotraurigeSelbst anklage aus dein Ton, daß Arnolds Stirn sich wieder glättete und ein fast mitleidiges Lächeln sich um fe«nen Mund legte. Doch che er noch etwa? erwiedern konnte, hatteMtlaiiie, mit einem schnellen Mick auf die Uhr, da« Zimmer bereits AIS er eine Stunde später mit Mela nie an der offenen Gruft stand und den Worten des Predigers lauschte, der di« selbstvergessene, opferfreudige Liebe der „Ja, sie war ein« gute Seele, die schon noch ein paar Jahre hätte leben können." Diese Ansicht mod i spute «r aber am nächsten Tage, nach der Testamentseröfs nung, dahin: „Eine verschrobene alte Jungfer, wie alle anderen, ihr ganzes Bischen Hab' und Gut dem Heimaths hans für alt« Lehrevinnen zu vermachen und die eigene Schwester zu übergehen!" lvr wollte diesem Gedanken Ausdruck geben, aber ein Blick aus daS traurig« Gesicht seines jungen Weibes, dessen Blässe durch die schwarze Kleidung noch durchsichtiger erschien, ließ ihn schwei ge». Er zog ihren Kops zu sich nieder, strich ihr sanft das schimmernde Haar Dich sehr vereinsamt, Lany?" Sie schlang leidenschaftlich beide Arme um seine» Nacken. nold." Er bedeckte ihr Gesicht mit Küs- Strahl in ihre feuchtschiminernden Auge». Wie ihre Schönheit ihn noch imtticr berauschte! seiner Gottheit zu führen!" Das Roth aus Melanies Wange» wurde leuchtender. Ihre Augen strahlten noch Heller. Sie löste selbst die Nadel daß die schimmernden, leicht gelockten Massen wie ein Mantel um ihre Schul tern flösse». „Es ist die herrlichste Beleuchtung heute, die man sich wünschen kann," Dann nahm er daZ verhüllende Tuch von einer der Stasseleien, an der ein großes Gemälde lehnte. von glänzenden Sommerrefleren geheiin nißooll durchleuchtcten Walde schwebt die Poesie hinaus in die sonnige Früh lingspracht einer blühenden Wiese. Die hochausgeschossenen Blumen scheinen sich vor ihr zu neigen. Glänzende Vögel flattern herbei, schim mernde Falter umschweben ihr Haupt und buute Schlangen ringeln sich z-i ihr empor. Die ganze Scenerie ist vollendet ausgeführt, nur die Gestalt Nur daS Antlitz sieht dem Beschauer in herrlicher Vollendung entgegen; ein Ant litz von sonniger lugendsrische, von dem schuldigen und doch geheimnißvollen Lä cheln uni die schwellenden, verführerischen Lippen und jenem abgrundtiefen, sehn suchtsvollen Blick. iieil Werkes in sich hinein »nd vergleicht sie dann wieder mit der seines jungen Weibes. dellcS und dies Modell ist seiner Kunst würdig! Das Schassen an diesem Wert macht ihm jeden Tag zum Fest, verleiht jeder Stunde ihre besondere Weihe. Eifer verleiht, ist der Gedanke. Me gönnt.» ES sollte seine schönste Belöh uie— sie war stolz und glücklich, durch die täglichen Sitzungen an der Kunst ihres Gatten theilnehmen zu dürfen, können, was zur Erhöhung feiner Be geisterung, seiuer Schafsenslust beitrug. Hanna hatte Recht gehabt: das neue nicht vermißte. Wenn sie jetzt ihrer gedachte, so geschah es mit einem Gefühl sanster Wcbiiiuth. Tie «ritte Hanna, hätte es' »och für sie beigen können! Den Verlust, den sie selbst durch de» Tod der Schwester betroffen, eni init einem letzte», lange», prüfenden Blick befriedigt den Pinsel aus der Hand legte und nach einem liefen Athemzuge sagte: „Fertig!" gegeben: Werthester! Bedürfniß cS mir ist, dann und wann i» Ihrem Atelier den Flügelschlägen der Göttin Kunst zu lauschen. Ganz der Ihre Isidor v. Raumer. Das Bild war fertig, aber jetzt Räumer hierher bescheiden oder ihm das Bild sofort zu schicken, —nein, daSwa» unmöglich, so schnell konnte er sich davon nicht trennen; und iver weiß, vielleicht ! fand er morgen noch dies oder jenes ! daran zu bessern. Er erbat deshalb in ein paar flüchti gen AntwortSzeilen noch sür einige Tag, Geduld und eilte, Melanie herbeizu rufen. Ais sie dann mit einem leisen AuSruf der Bewunderung, beide Händ, gegen die Brust gedrückt, den entzückte» Blick auf dem ruhen ließ, ohn, gleich Worte zu finden, da glaubte Ar nold den süßesten Triumph seiner Kunst zu erlebe». „DaS bin ich ja selbst," rief die jung« Frau endlich, ohne dic Augen von dem ich eS nicht!" „Sie ist taufendchal schöner als ich. O, Arnold, wie häßlich muß ich Dir jetzt vorkommen »eben dieser berückenden Gestalt." Er schloß sie lächelnd ln die Arme, lieber, als die märchenhafte des Bilde» dort, Lany. Aber sprich, eS gefällt Dir?" „Gefallen! welch' Wort einem solchen Kunstwerk gegenüber. Es entzückt, eS begeistert." Arnold war sich völlig bewußt, daß e? kein kunstverständiges Urtheil war, d«S da von den rothen Lippen seines jnngen WeibeS kam, und doch hatte ihn »och keines so froh gemacht. Welch köstliche Stunden der Weihe und deS herzinnigen in einander Aus gehenS brachten die beiden jetzt aus dein kleinen Sammtdivan vor dem Bilde zu! Melanie hatte sich ihr junges Leben hindurch bis aus sehr we nige Stunde» immer froh und glücklich gefühlt. Trotzdem war eS ihr, als lerne sie erst jetzt kennen, was Glück sei, in diesen stillen Stunden. So war seit Vollendung des Bildet etwa eine Woche vergangen, als Arnold bei einem kurzen Gang durch den Thier garten mit Herrn von Raumer zusam mentraf. „Hören Sie, Verehrtester, ich sterbe vor Ungeduld Ihr Kunstwerk zn bewun dern. Wann werden Sie es vollendet haben?" Mit diesen Worten berührte Herr von Räumer flüchtig die Hand des Künstlers, den, er wußte selbst nicht warum, der Anblick Räumers peinlich berührte, wi« etwa der eines Gläubigers. „Ich war soeben im Begriff, Ihnen Nachricht zukommen zu lasse», daß es vollendet ist," entgegnet« er, und schritt langsam neben dem Andern hin. „Wenn Sie wünschen, halte ich es in den näch sten Tagen zur Abholung bereit," „Warum erst in den nächsten Tagen? Gleich heute »och werde ich eS bei mir aufstellen lasse». Sie wissen nicht, wie ungeduldig mich das Hinzögern von sol chen Sachen machen, und wie die Neu gierde mich plage» kann." Als Arnold gegen Mittag zurück kehrte, bemerkte Melanie zum ersten M«il seit ihrer Verheirathmig eine tiefe Unmuthssalte ans seiner Stirn. Sie strich mit ihrer weichen Hand sanft dar über hin und schaute ihm mit lachenden Auge» ins Gesicht. „Woher kommt den die, Arnold? Laß sehe», ob es mir, gelingt, si« fortzu/üssen." Dabei versuchte sie, seinen Kopf zu sich nieder zu ziehen, aber er wehrt« sie von sich ab und sagt« in wenig freundlichem Tone: „Laß mich!" Dann ging er in sein Ätelier. Melanie schaute ihm erschreckt »ach. muß Dir geschehe» sein, das Dich so betrüben kann?" Und statt zu schmol le», verdoppelte sie ihre Herzlichkeit, ohne ihn weiter durch Fragen zu quälen. Doch weder ihr munteres Geplauder, besser». Gleich nach dem Mittagessen griss :r wieder zum Hut. „Willst Du mir wohl den Gefallen thun und das Fortschaffen des Bildes etwas überwachen, Lany?" fragte er, nachdem er flüchtig ihre Stirn geküßt. „Das Fortschaffen des Bildes?" Wie den» verkauft?" „Es ist ja auf Bestellung gemahlt", entgegnete er mit einem nerv-öscn Ton. schlniigencn Händen inmitten desselben stand. Doch sie war nicht die Natur, sich Schnell holte sie eine Vase herbei und stellte de» Strauß frischer Herbstblumen, de» sie von ihrem Msrgenausgang zu- rückgebracht, darin auf. Dann schln sie die Vorhänge noch weiter zurück unc ging ordnend in dem hohen, weite Raum umher, ihm ein möglichst sröhl> cheS Aussehen zu verleihen. Als Arnold gegen Abend zurückkehrt erwartete ihn der ziehrlich gedeckte Abenst tisch in dem traulich erleuchteten, behag lichen Zimmer. Am Kamin, in dem ein lustiges Feuer prasselte, stand ein Stuhl fü, ihn bereit und davor saß seen junge. Weib und streckte ihm lächelnd beiv Hände entgegen. Ei» inniges Behagen durchströmte, ! nach der Kälte draußen, alle sein, l Glieder. „Mein süße« Weib," sagte er zärtlich nid drückte den blonden Kops an seine Lrust. „Wie, heute Wein?" fragte er dann rstaunt, als sie bei Tische saßen und Nelanie geschäftig eine Flasche ent korkte. Sic nickte fröhlich, wies ihm die vor zügliche Marke und sagte stolz: „Noch >on unserer Hochzeitstafel!" „Ach! Und warum denn heute so eierlich?" „Der alte Kuhlmann, Du kennst hn ja, erzählte mir einmal, daß jeder Nalcr das Ereigniß eines Bilderver !anss feierlich begeht. Deshalb habe ch heute auch alles so festlich gemacht, >e»n heute" und sie ergriff ihr Glas „heute beginnt ja die Poesie ihre Wanderschaft, um, je weiter in die Welt umherreist, desto mehr Ruhm und Wohlstand in das HauS ihres Schöpfers 5» bringen. Deshalb lautet mein Wunsch für Schöpfer und Schöpfung: „Vorwärts!" Darauf leere ich mein Glas mit fröhlichem „Glück auf!" Als die Gläser hell aneinander klan gen, rief Melanie erfreut: „War das nicht ein richtiger, echter Toast? Der erste in meinem Leben. Dn siehst, wie die Poesie mich begeistert!" Arnolds Gesicht war aber nicht so froh, wie Melanie es zu sehen gehasst, und mit all ihrer herzigen Plauderei gelang es ihr doch nicht, den letzten Wolkeufchattcn von seiner Stirn zu äls Melanie längst schlief, wanderte er ruhelos durch das Zimmer „Wohlstand und Ruhm!" wieder holte er bitter. „Sie könnte damit vielleicht Recht habe», wenn wenn es eben anders wäre." „DaS Bild ist sehr gut, wirklich gut. Es hätte meinen Namen vielleicht be kannt gemacht und mir Bestellungen eingetragen Ruhm und Wohlstand! Aber nun ist es in ein Privathaus ver graben, Ivo Niemand es zu sehen be kommt unS das Geld dafür ist fast ver braucht. Ach, bei Gott, es verlohnt der Mühe, feine Kunst und Kraft auf solch ein Werk zu fetzen!" Die große, alte Uhr, ein Andenken aus Hannas Häuslichkeit, ließ zwölf helle, laute Schläge ertönen. „Mitter nacht!" sagte Arnold. „Die Zeit ver geht, glucklich, wer sie so sorglos aIS möglich hinzubringen versteht. Versuchen wir es auch!" „Laim, ich hab' einen Entschluß ge faßt." „Welchen?" „Ich will ein berühmter Mann wer, Sie lachte ihr Hübsche-Z, herziges La chen. „DaS würdest Du kaum mehr verhindern könne», Liebster, Du bist es ja schon und die' Poesie wird dafür sor gen, daß Du es —" „Laß'das," sagte er in herbem Ton und eine tiefe Uiimuthvsalte, wie Melanie sie in letzter Zeit nur gar zu oft an ihm gesehen, legte sich zwischen seine Branen. Dan» fuhr er ruhiger uud freundlicher fort: „Ich habe ein prächtiges Motiv zu kiuem Kolossalgeniälde, von dem ich hoske, daß es vielleicht von der Gallcrie angekauft wird, wenn mir d!e Aus führung so gelingt, wie mir daS Ganze jetzt vorschwebt in seinem Figurenreich thum, seiner Farbenpracht." „Sich!" dabei trat er vor eine der Stasseleien, ans der ein Karton stand und skizzirte mit wenigen schnellen Stri chen das Motiv zu seinem Gemälde. „Entsiunst Tu Dich.der Geschichte der Ostgothen und des JreudenkönigS To tila? Sein Sicgcssest, nachdem er Beli sar und in diescin lustinian geschlagen und die ByzantiM L»S Julien vertrie ben hatte, ist mein Vorwurf." Im Vordergrund die Tiber, von deren Usern bis zu dem alten Eäfaren palast aus dem Hügel eine Marmortrepp«/ führt. Auf der Terrasse vor dein Palast, ist der eigentliche Festplatz. Dort stehts Totila, von den Großen seines Hoses umgeben, an der Seite seiner Braut, einer Römerin, und begrüßt König Harald von Thulcland mit seinerSchwe ster Harald«, deren Boote unten vor der Marmortreppe liege». Die NordlandSrecken sind gekomme», de» bedrängten Stammesbrüdern in Kriegsgefahr beizustehen. Statt der Bedrängten aber finde» sie Sieger beim F-st. der Haralds sollst Tu mir sitzen, Laiii), sie soll Dein Gesicht haben, die Gestalt nur ein wenig walkürenartiger. Tie Rüstung wird Dich gut kleiden. " Melanie entsinnt sich dieses Theils der Gotheiigeschicht« sehr genau, hatte sie doch kürzlich erst die herrlichen Schil deruugcn Dahns aus jener Zeit gelesen. „Ich, die Harald»," sagt sie stolz. anders und doch —" Sie mußte dem schöne» Könige doch eine Aehnlichkeit mit Arnold beimesse», um ihrem, der glühenden Liebe geben zu können, von der der Dichter erzählt. Die Beiden waren so vertieft in ihr« (Fortsetzung folgt.) Zl Der Reiseonkel am St »»«tische Wirth (seinen Hund rufend): Tmh hier! Weinreisender: Haben Sie das alt« Thier immer noch? Wirth: Natürlich, von dem trenn« ch mich nicht- Ich sage Ihnen, so ein lugeS Thier findet sich nicht wieder, Ls weiß ganz genau, wer von meine» kästen bezahlt hat oder nicht. Wenn iner, ohne zu bezahlen, hinausgehen oill, stürzt sich Ami aus ihn und Mt ihn fest. CigarrenreM'ender: ,Alle Achtung > >lber ich besaß einmal einen Hund, der alle Morgen sür mich zum Bäcker ging, oaS Frühstücksbrot holen. Als er ein mal mit einem Markstück gegangen war, oekam ich eine Depesche, infolge deren ich Knall und Fall verreisen mußte. Nein Hund kommt vom Bäcker zurück, bindet mich nicht zu Hause, ersieht au» der Depesche, daß ich verreist bin, nimmt vie Depesche in'S Maul, läuft aus den Bahnhof an den Billetschalter, zeigt di« Depesche vor und legt das vom Bäckei herausbekommene Geld hin, kriegt rich tig ein Hundebillet, springt damit in das Hundecoupee und langt glücklich bei mir an. Weinreisender: Ich hatte einmal einen Hund, Namens Polls. Da> Thier hatte ein merkwürdiges Verständ niß sür fremde Sprachen. ES verstand französische und englische Befehle genau so wie deutsche und befolgte sie ebenso. Da ich nun aber ein Mitglied de» Sprachreinigungsvereins bin, suchte ich mich selbst dem Hunde gegenüber nur der deutsche» Sprache zu befleißigen. So sagte ich „Nieder" statt „vouol««" und „Such" statt Einmal waren einige Herren bei mir zu Besuch und wollten die Talente des Hunde» prüfen. Einer warf einen Stock hin und rief Mein Polio sieht ihn zuerst ganz verblüfft an, dann bellt er sreudig auf, eilt an die Stubenthür, und bleibt stehen. Alle Zurufe helfen nicht, Pollo läßt den Stock liegen und bleibt an der Thüre, Schon greife ich nach dem Stock, um das scheinbar wider spenstige Thier zu prügeln, da fällt mil plötzlich ein, Pollo hat verstanden: ,» norts", was aus Deutsch allerdings »an der Thüre" bedeutet. Und so war eS z wenn man rief: „Such", dann brachte er den Stock, rief man: „Sports", dann eilte er nach der Thüre. Wirth: Und wo blieb der merkwür dige Hund? Weinreisender: Er bekam eine fix« Idee, er bildete sich ein, ein Bernhar» diner zn sein, wurde toll und mußte er schossen werden. Ja, es war ein schnei diger Hund. Eigarrenreisender: Schon mehr auf» schneidig! «ine fatale »«sellschaftsgrschicht«. 1. Bei Rechtsanwalt». Mann: .Jetzt können wir eS nicht länger aufschieben, wir müssen Amts richters, GerichtSrathS und Gerichts directors einladen." Frau (seufzend): „Wenn ich eS doch vermeiden könnte, mir diesen Trubel auf den Hals zu laden und dazu hi« Kosten!" Mann (nachdenkend): „Ja, so geht'S! Nächsten Sonntag ist Masken ball in Dingshausen. Ich bin dessen sicher, daß alle drei Familien um keinen Preis die Theilnahme am Fest aufge ben. Wir laden sie also zu Sonntag ein. Jeder wird sich einzeln entschul digen und glauben, wir hätten eine große Gesellschaft. So haben wir unserer Pflicht genügt, ohne unS anzustrengen. 2. Bei Amtsrichters. Mann „Ja, was ich Dir noch sagen wollte, liebe Frau, eS ist ein« Einladung von Rechtsanwalts zu Sonn tag gekommen. Ich habe natürlich so fort abgeschrieben. TaS fehlte noch, daß wir oezhalb unser MaSkenvergnü- Aen aufgeben." Frau: Aber Mann, das ist unmög lich, wir müssen hingehen, wenn wir Rechtsanwalts nicht tödtlich beleidigen wollen. Du weißt ja, wie sie sind. Welchen Grund hast Du denn beim Ab sagen angeführt?" » Mann: „Daß Du jetzt immer jo hef tig an Migräne leidest." Fra>t< „Das werden sie nicht glau«. l'vl. Ich '«de >a nur ün Migräne, wenn i»e Badezeit kommt. Ich werd» also plötzlich wieder gesund werden, und wir überraschen sie damit, daß wir doch kommen." (Nach längerem Hin- und Herrede» behält die Frau natürlich Recht. Sehn liche Scenen mit demselben Resultat spielen sich bei Gerichtsraths und Ge richtet rektorS ab.) Sonntags bei Rechtsan walts. Amtsrichters, GerichtSrathS und Ge> richtsdirektors läuten bei Rechtsan walts. Das Dienstmädchen öffnet. Gerichtsdirektor: „Bitte, meldet» Sie uns!" Dienstmädchen: „Bedaure, die Herr schaften sind heute nach Dingshausen zum Maskenball gefahren, da alle Ein geladenen abgesagt haben. ( Allgemeines Verblüfftsein l) Ungerechter Vorwurf. Ba ter: .... Du mußt Dich «inschränken. Karl! Du hast ja Passionen wie der Sohn eines Millionärs!"— Karl (Stu dent): „Willst Du etwa mir die Schuld beimessen, daß ich eS nicht bin?!" Ein Fehler. GutSherrin: Sind Sie in der Siadt auch im Museum zewesen, Anneniarie? Annemarie: Ja, aber da hängen so viele Bilder, daß man die Wände nicht zu sehe» iriegt. Gegen die Regel. ~ ...Wissen Sie denn auch, Herr Dok tor, daß die baare Mitgist meiner Schwester L00,0(X1 Mark beträgt?" .Sie spaßen, meine Gnädige! Gar ,«cht möglich! Dazu ist sie j» diel zi» schö»!'
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