Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, February 19, 1891, Page 2, Image 2

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    s
»i« Mus«.
Schon ihre erste Bekanntschaft war
sehr poetisch gewesen, schöner als Edith
je bei den Romanen der „älteren Schule"
geträumt.
Die Sache hatte sich folgendermaßen
zugetragen:
Im Goetheverein Jphigenia", den
Edith'S Vater, ordentlicher Professor
der deutschen Literatur, begründet hatte,
wurde eine große Feier znm Andenken
des Altmeisters veranstaltet. Edith
eröffnete das Festspiel als „Muse".
Mama, seit mehreren Jahren Wittwe und
«ine sehr ängstliche, überzärtliche Mutter,
hatte sich lange nicht entschließen können,
das siebzehnjährige Töchtcrchen so zu
„exponiren."
Aber das Zureden der Herren vom
Comite besiegte schließlich ihre Beden
ken. Erstens handelte es sich um etwas
Klassisches, EdleS, Rühmenswerthes ;
zweitens um eine Schöpfung des „Seli
gen" ; drittens war Edith'S Costüm ja
nur sehr mäßig „dekolletirt"; viertens
hatte Edith in der höheren Töchterschule
immer in Literatur und Deklamiren
vorzügliche Censuren gehabt, und schließ
lich „plagte" das Töchtcrlein die
Mama, denn eS wollte gerne „Muse"
sein.
Und so wuxde, wie es ja der Lauf
der Welt ist, die vernünftige Mutter
Wie es sich später herausstellt:, war
«S diesmal aber doch ganz gut so.
Edith sah geradezu entzückend ans in
dem weißen Musengewande; das Haar
stilvoll srisirt, deklamirte sie tadellos,
ohne das mindeste „Gictserchen", wenn
auch ein wenig befanden. Aber die
Befangenheit kleidete der jugendlichen
Muse.
Zu verwundern war es nicht, daß der
Dichter des Festspieles sich in die lieb
liche Muse verliebte.
Es war einer von jenen Autoren,
welche Edith niemals halte lesen dür
fen, ein „realistischer" Schriftsteller. Er
erklärte Ediths Mutter sehr prosaisch,
wie er „komischerweise" Dichter dieses
„schwungvollen" Festspieles geworden
war. Er hatte nämlich Geld gebraucht
nnd die „Iphigenie!" hatten ihn an
ständig bezahlt.
Dus war eine kleine Touche für
Cdiths weihevolle Stimmung. Aber
ganz fiel sie doch nicht ans ihren Him
ineln.
Man denke: zu Ostern war sie erst
cm; der Schule gekommen. Und nun
war sie „Muse", war stürmisch applau
dirt worden nnd ein wirklicher -Dichter
huldigte ihr den ganzen Abend hiii
durch.
Es war ein großer, schöner, sehr
ernst aussehender Man». Aber seine
Auge» leuchtete», so ost sie aus ihr ruh
ten. Einmal sagte er:
„Äenn Goethe solche Muse hatte,
konnte ihm die Jphigenia nicht sauer
werden!"
Natürlich fand sie keine Antwort.
Was hätte sie sagen sollen? Ihr war
so eigenthümlich zu Muthe, wie nie vor
her im Leben. Ihre Wangen brann
ten und ihr Herz pochte zum Zersprin
kZen.
Wenige Wochen später waren sie
Braut und Bräutigam. Es war ganz
wie von selbst gekommen, wie ein uu
tviderstehlicheS Schicksal. Ihn, den
Ernsten, Besonnene», hatte eine heiße
Leidenschast. gleich einer verzehrenden
Flamme ersaßt; sie, wie hätte sie wider
stehen solle»? Sie sah die süßesten
Träume ersüllt, die sie ganz im Gehei
me» geträumt; ja, diese Träume
waren übertrossen, denn sie gehörte dem
«Herrlichste» von Allen"; es war kaum
zu sassen. Edith hatte uicht geglaubt,
daß mau so glücklich werden lönne!
Mama hatte freilich einige Bedenken.
Edith sei noch gar zu juug, ein reines
Kind und ohne rechte Borstellung von
den Pflichten der Ehe. Albert aber
meinte lächelnd, das werde sich schon
finden.
Was Edith betrifft, so hatte sie keine
Spur von Bedenken. Sie wollte Albert
unendlich glücklich machen, das war die
einfachste Sache von der Welt. Ihr
kleines Herz war ganz voll von den
besten Vorsätzen, den heiligsten, hoch
slrebendsten Empfindungen.
In Versen und in Prosa hatte er eS
ihr schon versichert, wie glücklich er war.
Ihr gemeinsames Leben sollte auch aus
lauter seligen Momenten bestehen.
Edith war ja wirklich seine Muse,
sie fühlte sich als solche uud war ganz
ersüllt von dieser Mission. Freilich,
von der Hauswirthschaft verstand sie
noch wenig. Aber Mama war ja nicht
ferne, um einen Rath einzuholen, und
eine tüchtige Köchin war auch angewor
ben. Sie hatte glänzende Zeugnisse, ein
hochiilüthiges Wesen und bekam LS
Mark monatlich.
Die Küche sah reizend aus mit all den
neuen Geräthen; aber zum Kochen und
Wirthschaften würde Edith ohnehin
keine Zeit haben, denn sie mußte ja die
Muse ihres Gatten sein.
Die Hochzeitsreise war in eitel
Wonne verlaufen. „Es ist die höchste
Zeit, daß ich wieder ernstlich an die Ar
beit gehe," sagte Albert, als der letzte
Coupo» des RundreisedilletS abgerissen
war.
Edith freute sich über diese Worte,
obgleich sie sich für sein gegenwärtiges
Werk uicht voll begeistern konnte.
Er schrieb einen Roman aus dem
Berliner Arbeiterleben. Edith konnte
nicht recht begreifen, warum er sich ge
rade eine» Stoff aus diese» Kreisen ge
wählt hatte, aber schließlich sand sie,
daß auch Arbeiter interessante Menschen
sein und schöne Gesühle haben können.
Albert lächelte zu dem Alle», eben wie
man über das Geplauder eines reizen
den K indes lächelt. Edith war ihm ein
solches.
Sie hatte sich vorgestellt, daß er mit
sinnender Miene an seinem Schreibtisch
sitzen würde, während sie mit einer Ar
beit an seiner Seite Platz nahm. Sie
befeuerte ihn durch einen Blick, ein
Wort; er las ihr dann eine Seite vor,
und sie lohnte ihm mit einem Kusse.
DaS kam aber doch ganz anders. Vor
erst lief Albert in verschiedenen Werk
stätten, Branntweinkneipen und Arbei
terwohnhäuseru herum, um Studien zu
machen.
Edith konnte das gar nicht begreifen.
Diese Dinge mochte er nur beiläufig
schildern, und wenn er sie etwas ideali
sirte, so schadete das gewiß nichts. Sie
mußte dabei zu Hause sitze» uud sich
langweilen er that sicher Unrecht mit
den „Studien". Das erste Mal, als
sie ihm diese Vorstellung machte, lachte
er. Das zweite Mal brach er das Ge
spräch mit einer ungeduldigen Handbe
wegung ab; das dritte Mal sagte er in
einem unfreundlichen Tone, den Edith
nie von ihm gehört: „Davon verstehst
Tu nichts." Die junge Frau brach in
heftiges Schluchzen aus. Albert wurde
davon sehr ergriffen und eS gab eine
rührende Versöhnungsseene.
Der Gatte hatte seine Vorstudien be
endet und ging nunmehr an die Arbeit.
Aber das war auch ganz und gar nicht
so schön, wie Edith sich vorgestellt. Sie
setzte sich zu ihm aber nachdem sie
eine Weile neben ihm gestickt uud ihn
dazwischen angelächelt hatte, wurde er
unruhig und sagte:
„Mein Herz, so lieb mir Dein An
blick ist. aber Du störst mich. Ich muß,
um arbeiten zu könne», absolute Ruhe
haben. Scho» das Klappern Deiner
kleinen Scheere ist mir unangenehm
bitte, setze Dich doch an das nächste Fen
ster."
Ihre Scheere war ihm unangenehm
beinahe wäre sie wieder in Thränen
luSgebrochcn. Aber er sprach sonst so
zütig sie verschluckte ihren Schmerz
und setzte sich an das andere Fenster.
Ihr reizender Traum war schon halb
zerstört. Es vergingen einige Tage.
Albert war verstimmt, seine Arbeit ging
ihm nicht nach Wunsch vorwärts.
Ztun hätte Edith ihre Mission ausüben
sollen.
Ja, es gelang ihr auch, ihn zu zer
streuen, zum Lachen zu bringen, aber
seine Arbeit kam nicht in Fluß. End
lich bat er sie mit ihrer Arbeit in
das andere Zimmer zu gehen. Er hatte
nun einmal die Eigenthümlichkeit, sich
zar zu leicht stören zn lassen. Sie
raschelte mit ihrem Strickzeug, summte,
machte Ausrufe über das, was sie auf
der Straße sah, genug, er konnte dabei
nicht arbeite».
Jetzt schmollte Edith. Wozu hatte er
doch an feiner Arbeit theilnehmen, sie
fördern, aber er unterbrach sie.
„Tu förderst meine Arbeit, wenn Du
meine Eingenheiten schonst."
Ja, sie hatte aber nicht geahnt, daß
er so unleidliche Eigenheiten hätte!
Nun sitzt sie halbe Tage lang allein,
während er drinne» arbeitet. Biswei
len fand sie einen Borwand hineinzuge
hen, bisweilen stürmte sie aus Achtlo
sigkeit hinein. Manchmal lachte er,
manchmal küßte er sie, manchmal aber
ivnrde er auch ärgerlich. Es gab kleine
Scenen. Er beschuldigte sie, ihn nicht
zn verstehen, und sie berief sich aus ihre
gute Absicht, ihn zn begeistern. Aber
sie versöhnten sich immer wieder, inner
lich jedoch blieb Edith verletzt und ent
täuscht, Albert ein wenig ärgerlich über
ihr Gebühren.
Eines Tages fand Edith ihren Gat
ten besonders verstimmt. Sein Roman
neigte sich dem Ende zu, war auch zur
Zufriedenheit des Autors ausgefallen,
»ur fehlte ihm eine treffende Schluß
ivendung. Und diese Wendung wollte
ihm nicht einfallen. Er stürzte fort,
lim auf einem einsamen Spaziergang
Stimmung zu finden.
Edith blieb sehr bekümmert zurück.
Nun war der Augenblick gekommen, um
Alberts „Muse" zu sein! Ihm rathen,
ihm Helsen! Sie setzte sich hin und
zrübelte, um dem Gatten auf die Spur
zu Helsen, denn sie kannte sein Werk in
»llcn Einzelheiten. Aber ihr fiel nichts
-in, das Dichten war doch recht schwer.
Da kam Albert nach Hause, noch immer
oerstimmt. Sie war bereit, auf seine
»ichterischen Bekümmernisse einzugehen,
ja, sie brannte nur darnach.
„Sag' mir doch, Albert", bat sie,
.welche Wendung Du suchest, ich weiß
- nicht genau, nur so iingejähr, viel
icht fällt mir etwas ein."
„Nein, nein," wehrte er „Du weißt,
Venn ich über meine Arbeit spreche,
»ergeht mir vollends die ganze Stim
nung. Ich kann es nun einmal nicht.
Aber bring mir elwas zu essen, asch,
ind störe mich nicht weiter.
„Möchtest Du den kalten Braten von
Mittag?"
„Meinetwegen. Aber dann etwas
Saures dazu am liebsten Kartoffel
salat."
Gott, wie prosaisch war dieser Albert!
Zetzt dachte er ai.'S Essen, und zwar an
»eu dummen Kartoffelsalat, den sie nicht
mochte.
Die Köchin war nicht da, es war ja
loch nicht- eigentlich Abendbrodzeit.
Ldith hatte nicht nur keine Lust Kar
»sfelsalat zu machen, sie wußte, auch
licht Bescheid damit. Allerdings war
>as Kochbuch da. Aber Albert konnte
»och wohl nicht warten, bis die Köchin
kam.
Sie brachte also Albert ein Stück
grate», ohne saure Zuspeise.
Er sagte nichts weiter als: »Nun,
ditte, störe mich nicht."
Edith sah immer und immer wieder
»urch das Schlüsselloch: er saß miß
inuthig da und schrieb nicht. Also er
hatte noch immer nicht das Richtige.
Was soll» sie nur thun? Wie leicht be
geistert war er damals gewesen, als
ge sich ketznen lernten, wie flog ihn, da
LerS üMProsa von der Hand!? Wenn
sie ihm diese Zeit znrückries?
Ei» lühner Gedanke reiste in ihr.
Sie g»ß «ach der kleinen Gadrerobe
ftube, wo noch ihr Musengewand hing
»nd zog es rasch an. Dann löste sie ihr
schönes Haar auf und steckte einen fri-
schen grünen Zweig vom Blumentisch
hinein. So trat sie lächelnd bei Albert
ein und sagte: „Laß mich bei Dir wei
len und mit Dir sinnen und suchen."
Anfangs sah er sie ganz verdutzt an,
dann begriff er ihre Absicht und sagte
barsch: „Der Salat wäre mir lieber
gewesen, Du bist eine überspannte När
rin!"
Edith war, weinend vor Entrüstung,
geflohen, hatte nur rasch einen großen
Regenmantel über ihr Muzengewand
geworfen und sich mittelst einer Droschke
zn ihrer Mutter begeben. Sie wollte
von diesem herzlosen Barbaren nichts
mehr wissen. Zwar die Mutter hatte
sie mit sanfter Gewalt zu dem GattKN
zurückgebracht und war da geblieben,
um eine Versöhnung zu vermitteln.
Aber diese Friedensmission war bis
heute unersüllt geblieben. Edith war
zu tief gekränkt— sie trotzte sie wollte
nicht den ersten Schritt thun. Und
Albert wiederum fand, er habe nichts
zu bereuen. Edith habe aus seinem
Munde nichts als die Wahrheit, nichts
als eine wohlverdiente Zurechtweisung
erfahren, Und so blieben sie einander
ferne, schmollend, trotzend, feindselig,
kaltgesinnt.
Mehrere Tage waren so vergangen.
Da stand Edith wieder wie neulich an
der Thür zum Arbeitszimmer ihres
Mannes, und lugte durch das Schlüssel
loch. Er war sichtlich heftig erregt nach
Hause gekommen und war direkt in sein
Zimmer gegangen. Da saß er nun, den
Kopf in die Haud gestützt, offenbar tief
bekümmert.
Edilh wußte, daß er bei dem Zei
tungSverleger gewesen war, der feinen
Roma» veröffentlichte. Was sie aber
nicht wußte, war, ob Albert seinen Ro
man fertig hatte. Natürlich halte er
nicht weiter darüber gesprochen. Der
Abschluß in der Zeitung war nahe,
vielleicht hatte Albert darum schwere
Unannehmlichkeiten gehabt.
Die letzten Fortsetzungen in der
„Volkstribüne" waren ausfallend kurz
gewesen.
Gewiß, er war nicht fertig, man hatte
ihm Vorwürfe gemacht, eS gab emen
rauhen Zusammenstoß.
Und unwiderstehlich regte sich die lie
bende Theilnahme für den Bekümmer
ten in ibrem Herzen.
Jetzt stand er auf und drückte an den
Knopf der elektrischen Klingel.
Aber Jette war auch heute nicht da?
sie hatte Mama in die Markthalle be
gleitet.
Edith öffnete nur einen Spalt breit
die Thür und frug hinein: „Wa-Z wün
schest Du?"
„Etwas zu essen, bitte, ich habe
seit dem Frühstück keinen Bissen geges
sen."
Tiekmal ging Edith willig nach der
Speisekammer. Es war gekochter
Schinken da und hier standen gelochte
Kartoffeln, die von Mittag geblieben
waren. Wenn sie Albert nun Kartoffel
salat machte? Rasch sah sie in das Koch
buch. Man sollte frisch gekochte Kar
toffel benutzen, aber wenn keine da wa
ren? Sie wollte es riskiren.
Sehr ungeschickt war sie; sie begoß
ihre Schürze mit dem röthlichen Essig
und bekam fettige Finger. Aber Albert
durfte ja nichts merken; er würde sie
ja auch nicht ansehen! Er schmollte ja.
Am besten auch, er meinte, Mama oder
Jette hätten den Salat bereitet.
Sie glitt sachte in ein Zimmer, stellte
rasch das Tablett hin und ging wieder.
Erst in der Thür sagte sie halbleise:
„Der Salat wird vielleicht nicht
gut sein; er ist aus kalten Kartof
feln!"
„Wie gut Du bist, Edith, Kartossel
salat!"
Ganz erschrocken blieb sie stehen; er
hatte also sofort bemerkt, daß sie
den Salat bereitet hatte mit Liebe,
aus Liebe.
Aus einmal stieß er einen freudigen
Ausruf aus: „Ich Hab's!" Sie fühlte
sich von seinen Armen ersaßt.
„August Brand kommt nach Hause,
und die Wirthin, die ihm gestern das
Logis angekündigt hatte, bringt ihm
seine Lieblingsspeise —Kartoffelsalat."
Edith begriff, daß es sich um die ge
suchte Stelle handelte. August Brandt,
Alben's Held, ei» junger Arbeiter, war
mit Welt und Menschen zerfallen, weil
man seine reformatorischen Pläne nicht
verstand. Er hatte seine Stelle verlo
ren, stand vor dem Ende.
„Weißt Du nicht, Edith, Brandt ver
zweifelt an der Menschheit, und gerade
ein kleiner, einfacher Zug der Güte
soll ihn dem Leben wiedergeben. Du
hast mir diesen Zug gezeigt. So wird's
gemacht. Und so kann ich noch heute
das sertige Mauuseript abgeben: ich
hatte schweren Verdruß, schwere Sorgen
deshalb. Aber Tu bist wirklich meine
Muse, Edith."
Er stürzte, ohne das Essen zu berüh
ren. an den Schreibtisch. Ganz wort
los stand das junge Frauchen da.
Nun war sie auf einmal feine Muse,
in ihrer schniutzsleckigen Schürze und
wegen des dummen Kartoffelsalats, nur
weil sie ein bischen gut und nach
ziebig gewesen war. Ja, derlei mußte
man freilich erst lernen. Sie schlich
!eiie hinaus, um ihn nicht weiter zu
stören: das gehörte ja auch zu ihrem
Musin hum. Nachher würde er essen,
und, sie wußte eZ genau, alles war gut
Aber eiue saubere Schürze wollte sie
umbinden und von Jette frische Kartos
-eln aufsetzen lassen.
Der verwandelte Fluch.
Zin Opernsänger hat am Schluß ei
tler Arie die Stelle zu singen: „Euch
-reff' der Fluch !" In der Probe er
klärt der Regisseur die Stelle für miß
lungen, da der Säuger außer Staude
sei, auf dem duukelu Vokal u in „Fluch"
die hohe Nole zu halten und fügt hinzu -
„wenn Sie da ein a hätten, ging es viel
besser!" Der Sänger denkt darüber
nach, wie er das u in ein a verwandeln
könnte, und singt am Abead in der Vor
stellung musikalisch uad ganz sicher:
.Euch trefs der Schlag
«lltegqptische» Fr«u»nlebe«.
Nach Lr.
Die Nachrichten über die Frauen Alb
egyptens erstrecken sich über einen Zeit
räum von mehr als dreitausend Jahren
und es ist erklärlich, daß wir mehr übe>
die Königinnen und hochgestellt:» Dame,
erfahren, als über die Frauen aus den
Volke. Wie recht die Italiener in«
ihrem Sprichwort haben: °-'l'uttc> i
monclo <z (etwa: „Nichts Neue!
unter der Sonne"), davon müssen wv
uns mit Verwunderung fchon im alte,
Egypten überzeugen; mir stoßen da
manche Sitten und Gebräuche, die wi>
bisher vielleicht für eine Besonderhei
der moderne» Kulturstaaten und -Epo
chen gehalten habe». Die egyptische»
Bildwerke, die man gewöhnlich zu sehe,
bekommt, haben einen stereotypen Cha
rakter und verleiten zu dem Schluß, alj
ob darin ein sür alle Male das Wesei
des altegyptischen Volkes begriffen sei.
Dem ist aber ganz anders. Wie überall
so brachten auch bei ihn, andere Zeit?»
ander- Gebräuche und Auschauungei
mit sich. Wie heutzutage bei uns, wai
es auch im späteren Egypten beliebt
Kindern die Namen des herrschende,
Paares zu geben, und die kleinen Rham
ses und SesostriS liefen dort so zahlreich
herum, wie bei uns die Wilhelme uul
Fritze.
Obwohl das heiße Klima ja immei
eine möglichst leichte Kleidung erfordert
fo wechselten doch ihre Zusammensetzung
und ihr Schnitt. In den frühester
Zeiten wurde ein einziges faltenloses,
bis auf den Knöchel reichendes Gewant
getragen. Aber gegen die Milte dei
zweiten Jahrtausends v. Chr. ist z,
diesem noch ein Mantel hinzugekommen,
der zu gefälliger Drapirung Gelegen
heit bieten mochte. Die auf dem Feld,
mitarbeitenden Frauen müssen wir uu>
freilich nur mit dem nothwendigste«
bekleidet denken. Auch die Haartrachi
erfuhr, je nach der Mode, einschneidend,
Wandlungen. Die ältesten Bilder zei
gen das Haar der Frauen in der Mitti
gescheitelt und zwei (wohl oft falsches
Zöpfe, die hinter dem Ohre über di,
Schultern bis auf die Brust
später hingegen wurde offen und frei
über den Nacken herunterwallendes
Haar das Uebliche. Ja, man hör,
und staune, sogar die vielbesungene«
Ponyhaare unserer Tage waren de«
Egypterinuen nicht fremd. Männei
legten übrigens nicht mindere» Werth
auf den Besitz schlier Haare als du !
Frauen, wie sie denn überhaupt in all
de» kleinen uud großen Eitelkeiten de»
sogenannte» schöneren Geschlecht nichts
nachgeben. ES wird berichtet, wie ei»
kahlköpfig gewordener Mann voll Angst
zu seinem Arzt laust und denselben
dringend um Haarwuchsmittel angeht,
eine fürchterliche Salbe von sechserlei
verschiedenem Thecrsett, worunter selbst
verständlich das vom Krokodil, Wirt
ihm ."i. Auch Schminkelustig
gleich den Weibern waren die Männer,
die also auch dort, wie es scheint, nichts
Menschliches an sich fremd meinten.
Die Ehe war hochgehalten bei der
alte» Egypter»—ja sie galt, so zu
für der Weisheit letzten Schluß. „Wenn
Du weise bist, so gründe eine» Haus
stand und liebe Dein Weib," wird deir
Manne gepredigt. Der in Turin auf
bewahrte PapyruS enthält viele Liede,
Liebender, uud dieselbe» überraschen
häufig durch die überaus tiefe Inner
lichkeit ihrer Empfindungen. „Den«
Du bist mir Gesundheit und Leben,"
rust da z. B. ein Liebender seiner Er
wählten zu, nnd ein Anderer singt
„Wo immer ich Dich sehe, ist mir woh
ler, als wenn ich esse und trinke." Uebe,
die Hochzeitsfeierlichkeiten ist. leide,
nichts Gewisses bekannt; aus griechi
scher Zeit weiß man nur, daß man ii
den vornehmeren Familien Ehepaeteii
aufzusetzen pflegte. Merkwürdig und
besremdend berührt uns das üblich«
Probejahr der Ehe. »ach dessen Verlaus
der Mann sich von der grau ohne Wei
teres trennen und sie fortschicken konnt«,
wenn es sich ergeben hatte, daß sie nicht
für einander paßten. Oh, schöne Sitte,
wird hier Mancher ausrufen benei
denswerthes Volk! Jawohl, so übe>
würde vielleicht die Sache nicht sein,
wenn das Zusammenstimmen der Cha
raktere das einzig Ausschlaggebend«
wäre; aber in wie unzähligen Fällen
würde—diese Möglichkeit, die Frau nach
einem Jahre fortzuschicken, bei uns vor
ausgesetzt eS nicht darauf hinauslau
fen, was das veneziauische, von Paul
Heyse so schön übersetzte Berschel! davon
sagt:
Wie Manchem wär' die Ehe nicht zu
wider.
Würd' Alles ans ein Jahr nur abge
macht.
Man schickte dann die Frau den Eltern
wieder.
Sobald man ihre Mitgist durchge
bracht !
Also: Bedenke das Ende.
Unter den Kosenamen, die sür di«
Frau gebraucht werden, kehrt die Be
Zeichnung „geliebte Schwester" immer
wieder. Die Schwesterchen waren in
der That nichts Seltenes; ans der
römischen Zeit ist bekannt, daß in einer
egyptischen Provinzialstadt die meisten
Bürger mit ihren Schwestern vermählt
waren. Daß die Liebe zwischen den
Ehegatten oft eine wahrhast rührende
gemein, davon gibt unter Ander», eine
im Turiner Papyrus enthaltende Ge
schichte Zeugniß: Einem Manne ist
seine Frau g-storben, und er kaiin über
diesen Verlust nicht hinwegkommen;
alle Mittel, sich zu zerstreuen, erweisen
sich als unzureichend, das Lebe» ist ihm
feil, er wird krank. Da empfielt ihm
der Priester, eine» Bries an seine ver
storbene Frau zu schreiben und ihr den
selben auf's Grab zu legen. Dieser
Bries lautet:
„Was habe ich denn gethan, daß Du
die Hand wider mich erhebst? Seit ich
Teil, Gatte wurde, bis heute, habe ich
nichts begangen, das ich zu verhehlen
hätte. Tu wurdest meine Frau, als ich
lloch jung war. Ich verließ Dich nie
und schuf Dir kein Leid. Als ich Os>
ficiere der königlichen Fußtruppen und
seine Wagenkämpser unterrichtete, ließ
ich sie herbeikommen, damit sie sich Di,
zu Füßen ivarsen, und sie brachten allee
Gnte sür Dich. Als Tu dann in Dein,
Krankveit verfielst, bin ich zum besten
Arzt gelaufen, und er hat Dir Medizin
gemacht und alle Deine Wünsche ersüllt.
Als ich später mit dem König auf Rei
scn ging, weilten meine Gedanken bei
Dir, nnd ich konnte acht Monate wede,
essen, noch trinken. Und als ich heim
gekehrt war, bat ich um Urlaub und be
weinte Dich sehr mit meinen Leuten vo,
meinem Hause."
Tiefere, liebevollere Empfindungen
kann gewiß kein moderner Ehemann an
den Tag lege», und ein reineres Gewis
seil wird auch keiner haben! Freilick
solche Musterehen werden nicht häufig
gewesen sein! Besonders scheint dai
Eheleben der niederen Volksschichten
an vielen Schäden gelitten zu haben,
Tie nach dem Probejahr wieder alle!»
stehenden Frauen durchzogen das Land,
neue „Freunde", neue Verbindungen
suchend. Dieselben mögen häufig genug
zu bösen Anfechtungen sür die Berhei
ratheten Männer wie Frauen
geworden fein. Die uns erhaltenen Er
zählungen weisen daraus hin und lassen
in voller Klarheit erkennen, daß Vor
fälle wie der von der Bibel berichtete
zwischen Joseph und Potiphar auch in
Egypten keine Seltenheit waren.
Die Vielweiberei, obwohl nach dem
Gesetz gestattet, blieb, wegen des davon
unzertrennlichen Aufwandes, anf ver
hältnißmäßig wenige Beispiele be
schränkt, Im Allgemeinen herrschte
thatsächlich die Einzelehe; aber auch der
Herrscher, der nicht genug Frauen be
kommen konnte, ehrte nur eine als sein«
rechtmäßige Gemahlin, die analog der
ihn, selbst beigelegten Bezeichnung,
„Gemahlin des GotteS" hieß, nnd die
nach seinem Tode al» Königin-Mutter
viele und hohe Ehren genoß, ja ost so
gar bei Lebzeiten göttlich verehrt wurde.
Ueber die Wohnung und alltägliche Le
bensart der Königin ist leider so gut
wie nichts bekannt; über den Harem
hingegen liegen verschiedene Mittheilun
gen vor. Hunderte vo» Frauen waren
darin dem unwürdigsten Müßiggang
und der Langeweile preisgegeben, ans
der sie sich durch Thorheileu aller Art,
durch die kindischsten Spielereien, nicht
selten aber durch die allerbedenklichsten
und geiährlichste» Anstiftungen zu ret
ten suchten. Müßiggang ist aller Laster
Ansang ganz wie bei uuS!
beklagenswerthen Sklavinnen im Ha
rem, häufig Kriegsgefangene (einer der
egyptischen Könige erhielt z. B. auf
ein Mal 217 der schönsten Mädchen
für seinen Harem von einem königlichen
Freunde als Geschenk) stammten ost
malz aus den besten Familien.
Auch damals schon, wie in spießbür
gerlichen Kreisen noch heute, galt es sür
ungehörig, daß Frauen sich sür Politik
intercmrcn und mit ihr sich besassen.
Auch damals scho» haben sie, aus Man
gel an richtiger und eingehender Sach
kenntniß, viel Unheil dadurch angerich
tet, und politische Verschwörungen, die
im Harem ihren Ursprung hatten, sollen
nicht zu den Seltenheiten gehört haben.
Einer solchen entging einst der Pharao
»ur mit Mühe und Noth: die vor
nehmsten Frane» hatten an der Spitze
gestanden, hatten ihre nächsten männ
lichen Verwandten in die Verschwörung
verwickelt und mehrere der höchsten Be
»inten, darunter einen Aufseher der kö
niglichen Ochsen. Nach erfolgter Ent
deckung des Planes und der Verhaftung
sämmtlicher Betheiligten bestimmte der
König in einer Kabinetsordre, daß die
Schuldigen sich selber tödten sollten,
aber so, daß er nichts davon wisse: denn
nicht wenige derselben hatten seinem
Herzen allzu nahe gestanden
Während den Haremsfrauen die Er
heiterung uud Belustigung des Königs
durch musikalische Aufführungen uud
durch Tänze ?e. oblag, hatte die eigent
liche Gemahlin ungleich ernstere Pflich
ten ; sie war bei den AuSsahrte» des
Königs osfieielle Begleiteriii und wid
mete sich der Kindererziehung, die in
Egypten überhaupt keine geringe Sache
war; den» bis zu», dritten Jahre wurde
von der Mutter das Kind aus dem
Nacken getragen und ebenso lange ge
nährt. Bis zun, dritten Jahre ließ
man auch die Kleinen völlig nackt her
umlausen und mit ihrem Spielzeug, ge
machten Thieren und dem Ball »e. sich
unterhalten. Bei den Knaben der höhe-
Die Art, wie der vorwiegende An
am Gedeihen der jungen Generation,
welchen die Frau als Mutter hat, im
alten Egypten anerkannt wurde, gibt
Zeugniß einer unbeirrt sachlichen Ge
rechtigkeit, wie wir sie vergebens unter
den moderne» christliche» Kulturvölkern
suchen. Denn bei uns Christen trägt
das Kind den Namen der Mutter, der
es das Dasein verdankt, nur als ein Ab
zeichen der öffentlichen Schande; im al
ten heidnischen Egypten ist es ihr Name,
der von Rechts- und Gesetzeswegen sich
forterbt in der Familie, wie solches auch
noch heute der Fall ist im östliche»
Rsrika, wie die Spanier es vorianden,
scheu Landestheilen und wovon auch bei
dielen anderen Völkern, z. B bei den
»lten Arabern und Israeliten, die
Spuren nachzuweisen sind. Dieses
.matriarchalische" System äußert sich u.
11. auch darin, daß, wie bei den TuarckS
im nordwestlichen Afrika, die Würde
»eS Häuptlings nicht aus dessen eigenen
Sohn übergeht, sondern auf den Sohn
«iner Schwester, und daß nicht die Kin
xr eines Mannes denselben beerben,
jondern die Mutter oder die Kinder
«iner ältesten Schwester.
„Ehre die Mutter und vergiß nie,
»aß sie dich geboren und was sie sür
»ich gethan hat," so mahnt die egyptische
Noral. „Folgst du ihr nicht, so wird
ie ihre Hände (daß er dich strafe) zu i
!! Gott erheben und Gott wird ihr Gebet
I! erhören."
In den altegyptischen GräbergemSl
, den findet sich fast ausschließlich daß
i Bildnis, von des Verstorbenen Mutter
i und fast niemals dasjenige des BaterS.
Gibt ein Egypter seinen Namen, so be
zeichnet er sich einfach als Sohn der Z;
j höchstens und ausnahmsweise nennt e»
i den Namen des Vaters nebenher.
Aus alledem ergibt sich, daß die Stel
liing der eigentlichen Ehefrau im alte»
i Egypten eine hohe war; ohne Ein
jchränknng war sie die gleichstehend,
, Genossin des Mannes.
, Die Blüthe der K ullur dieses Landes,
wie diejenige aller Länder, denen de»
Islam seine Herrschaft aufzwang, ist zu
, Boden getreten: die Frau, einst gewür>
j digt und hochgeachtet, ist durch ihn zur
, Sklavin herabgesunken. Aber, obgleich
in enge» Fesseln, sängt sie hier und do
schüchtern an, sich auszurichten und du
Ketten zu schütteln, deren sie sich be-
wußt wird. Auch ihre BesreiungS
, stunde wird schlagen, zum Segen ihres
Geschlechtes, ihres Volkes, ja aller Völ
ker, und zu Ruhm und Ehre der Me-ich
lichkeit.
JngallS Nachfolger.
D e r S e n ato r P 112 e 112 112 e r »»»
Kansas.
Schattenbilder.
India ne r H ptl i« z.
Farmer.
Schachmatt.
Sergeant: Aber, LaddieS, warum
tragt ihr denn die beiden Leute? Di«
habe» ja gesunde Beine und könne»
lausen!
Feuerwehrmann: Wenn wir sie aber
nicht mit Gewalt herausgetragen hätten,
wären sie elend verbrannt. Sie hatten
sich nämlich in eine Schachpartie ver
liest.
?«„-t» ein GlaSltcher.
Pastor (sich vergnügt die Hände rei
tend): Da habe ich einmal heute els
Leutchen in einer Stunde glücklich ge
macht, meine Theure! Füns Paare ge
traut, denke nur!
Gattin: Elf? Wie reimt sich daS«it
süns Paare»?
Pastor: Du hast mich vergesse»,, mit
zuzählen. meine Liebe; jeder Ehemann
?at mir nämlich die Kleinigkeit »o« zehn
Vollars überreicht.
Der Weg zum Glück.—.
.Ueberall wo Damen sind, ist doch auch
>er Müller zu finden: auf dem Eise, in
illeu Gesellschaften, auf allen Bälle»—"
.Ja, wissen Sie, der sieht sich nach einer
srau um, nnd ist jeden Morgen über
,lücklich, daß er keine passende gefunden
>at."
JnWien ergab die Volk»-
Zählung sür die Stadt ohne Vororte
tvS.44:! Einwohner, d. h. um 104,687
„ehr, als vor zehn Jahren.
«ichelittt-Anekd^tea.
l Vom Cardinal Richelieu, dem stolzen,
harten, gewaltigen Richelieu, erzählen
' sranzöfische Blätter eine kleine Geschichte,
die der Vergessenheit anheim gefallen
' ist. Man weiß, daß er als erster Mi
» nister fein Auge auf die Königin Anna
' von Oesterreich warf. Diese aber brachte
i ihn. um ihn von seiner Leidenschast zu
' heilen, aus das Anrathen ihrer Freun
din, der Frau von Ehevreuse. in eine
' bedenkliche Lage. Sie sorderte von
' ihm, daß er als spanischer Possenreißer
' verkleidet in ihrer Gegenwart einen
' spanischen Volkstanz ausführe. Der
Cardinal ging darauf ein, er bedang
> sich nur auS, daß bei diesem Auftritte
' nur Boccau, ein Musiker in seinen
' Diensten, aus dessen Verschwiegenheit er
' sich verlassen konnte, zugegen sein sollte.
' Die Königin glaubte nicht, daß er kom
> mcn würde.
Außer der Vertrauten waren zwei
Edelleute aus ihrer Umgebung, Van
thier und Beringen, an dem sestgesetz
ten Abend in ihren Gemächern. Da
' hörte man Tritte, die Königin ließ die
Anwesenden hinter einen Schirm sich
verbergen, die Thür öffnete sich und mit
dem Glockenschlage meldete Boeeau. die
Geige unter dem Arme, Sc. Eminenz
au. Zehn Minuten spchter erschien eine
vermummte Gestalt am der Schwelle,
trat mit tiefer Verbeugung vor, schlug
den ungeheuien Mantel, in den sie ge
hüllt war, auseinander, und der Pre
miermiuister Frankreichs, Cardinal Ri -
chelieu, stand vor der Gattin des Mo
narche.i in enganliegendem Wams und
grünsammtucu Beinkleidern mit silber
nen Glöckchen an den Knien undKastag
nette» in den Händen. Die Königin
mußte alle Krästt aufbiete», um bei die
ser Erscheinung ihrer mächtig zu bleiben
und nicht »I lautes Gelächter auszu
br.'chen.
Es gelang ihr. die gehörige Fassung
und den nöthigen Ernst zu behaupten,
um den seltsamen Liebhaber mit an
muthigem Kopsnicken zu empsangen und
ihn in höflichen und angemessene» Re
! densarten zu ersuchen, daß er seiner
Ausgabe genüge. Er gehorchte und sie
sah eine Zeit lang neugierig und ver
gnügt den Bewegungen und Gliederver
renkungcn des Cardinalt zu; aber der
tiefe Ernst, den er dabei fortwährend
bewahrte, machte den Austritt zulept so
grotesk, daß sie ihre Fassung nicht län
zer zu behaupten vermochte, sondern in
?in hestiges Lache» auc-brach. Dies
Gelächter sand aber in demselben Augen
blicke eine» noch lauteren Widerhall hin
ter dem Scbiruie und Richelieu, der
schnell e-i''-,'.!, daß er verrathe» worden
iille wüüz.'nd a»? dem Zimmer. Uu
,,?S Gelächter gab ihm da'
Geleite. Die vier Ausgelassenen ließen
ts sich nicht i» den Sin» komme», daß
sie eine Schlange gereizt hallen, deren
Stich sicher und unheilbar war.
Fahrende Süngcr.
Freude und Leid der fahrenden Sän
zer des deutschen Mittelalters schildert
Joses Sittard in seinen „Studien und
Charakteristiken." Hier etwas von den
Fahrenden geistliche» Standes. Sie
wirkten ursprünglich bildend und för
»ernd ans die wandernden Spielleute
and Gaukler, denen sie sich anschlössen,
znd erhöhten das Ansehen der fahrenden
Leute. WaS sie sauge», waren vorwir
zend lateinische Lieder, die sie vpn Klo
ster zu Kloster, von einem geistlichen
Hofe zum andern trugen. Viele Kleri»
ker aber schlössen sich auch jenem Schwärn,
von Landstreichern aller Art an, welcher
iuS armen Rittern, entlassenen Sold
aern, Marktschreiern und Tasciienspir--
lern, Haudwerksgesclle», Bettelleuten
lind fahrenden Weibern bestand. Sie
durckschwürinten Nord Frankreich und
England derart, daß t3L3die Londoner
Stadtbehörde sie aus der Stadt peit
schen ließ. Besonders zahlreich waren
sie in den Donaugegciidcn und im Salz
burgische» vertreten, denn nirgends fan
den Lichter und Spielmaun dankbarere
Zuhörer und reichlichere Belohnung als
in Oesterreich.
Ende des 13. Jahrhunderts waren
diese Vaganten endlich auch hier zu
Synoden schritten gegen sie ei», und so
fiel das letzte Vorrecht, welches die
geistlichen „Golliardeu" uo.h gegenüber
den gewöhnlichen „Fahrenden" besaßen.
Ron der Kirche verstoße», vom Staat
für rechtlos erklärt, sanken sie immer
tiefer in Verwilderung und Rechtlosig
keit. Wenn sich jetzl Einer gegen sie an
Leib oder Leben verging, wurde ihnen
»der ihren Erben nur eine Scheinbußc
jewähitt. Im gothländischen Recht be
jagt Capitel 16 Folgendes: Wer einen
Spielmann erschlägt, soll ein drcijähri
zes Kalb und neue Handschuhe kauseii;
letztere hat er mit Fett zu bestreichen
znd de» Erben des Erschlagene» auSzu
»neu Berg geführt, und der Erbe muß
>en Schiva»; des Thieres in die Haut»
»Innen. Nanu er mit den fetten
pandschuhe» das Thier halten, wenn
»er Bauer demselben drei Streiche mir
>er Geißel gibt, so ist eS sein, wo nicht,
o hat er sei» Recht auf anderweitc Buße
'crloren,
li, einer Gefellfchaft.
«n welcher Uhlaud theilnahm, kam das
Nespräch aus ei» Gedicht von Plate»,
daS den Ausdruck „bediademt" enthält.
Wand tadelte das als „a ganz wüescht'S
Wort", während einer seiner Freunde
Llaten eifrig in Schutz nahm Als
später aus dem Heimweg eben dieser
Zreund einige Male stolperte, meinte
Ilhland trocken: „Du bischt wohl bedia
suselt?"
Schlagfertig Also,
Zhr seid die Katheriua Beseler?"
,Ja, Herr Verwalter, die bi» i'!"
.Euer gewöhnlicher Name aber ist die
.roihe Käthe" nicht wahr?" „Ja.
Herr Verwalterl So heißet mi'alle
ing'hobelte Kerle, die net wisset, was
L g'hört!"