Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, January 29, 1891, Page 2, Image 2

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    2
Heinrich »chliem«n«.
Der plötzliche Tod des durch sein»
bahnbrechenden Ausgrabungen im Ge
biete der Antike hochbedentenden deut
schen Gelehrten Dr. Heinrich Schlie
mann hat eine schmerzliche Lücke in
den Reihen der Alterthuinsforsche,
gerissen. Dr. Schliemann war noch
nicht ganz K 9 Jahre alt er war am
«. Januar 1822 zu Neu - Buckow in
Mecklenburg geboren—, als ihn in Ber
ti» der Tod ereilte.
Schliemann hat thatsächlich der For
schung eine ganz neue Welt eröffnet.
Seine Ausgrabungen in der Gegend des
alten Mykenä bewiesen das Vorhanden
sein einer alten Cultur, welche die
Grundlage der homerischen bildet, und
von welcher die gelehrte Welt bis dahin,
keine Ahnung gehabt. Der sabelhafte
Eoldreichlhum dieser Königsgräber und
der später ausgefundenen Schatzkammer
des Atreus bildet zugleich eine glänzende
Rechtfertigung des Homer, in dessen
Gesängen belanntlich selbst die gewöhn
lichen Geräthschaslen der Vornehmen
aus gediegenem Golde hergestellt sind.
Man hatte dies gewöhnlich als „dichte
rische Freiheit" belächelt.
Se.nc 12 Jahre lang (von 1870 bis
1887) in Kleinasien mit unermüdlicher
C-cdnld in der Gegend von Hissarlik
svrtgeietz'en Ausgrabungen wurden
durch glänzenden Ersolg gekrönt. Man
halte bis dahin häufig die Existenz des
a.ren Troja, des Schauplatzes der Home
rifchen Iliade, angezweifelt. Ja,
Gladstone war sogar so weit gegangen,
den ganzen Kamps der Trojaner und
Griechen sür ein allegorisches Gedicht zu
erklären, welches die Verwüstungen der
wilden Verzwnsser darste >en svll. Hein
rich Schlieman» brachte nun bei seinen
Ausgrabungen die Ueberreste „lcht von
einer Stadt, sondern von sechs Städten
t» Tage, welche eine nach der ander»
ans den Trümmern der vorigen ausge
baut waren.
In den Resten der zweiten von
»»iten, welche durch eine snrchtbare
Katastrophe uuterge.'angen war und
sich durch einen märchenhaste» Reich
thum an getriebenem Golde auszeich
»ele, erkannte Schlieman» die Reste des
alte Troja. Al o auch hier hatte er die
Ehre des alten Vaters Homer glänzend
gerettet.
Schneinann hatte bei seinen Anscira
bunge» mit dem Aberglauben, dem
Fremdenhaß, dem religiösen Fanatis
mus und vor Allem mit der schmutzige»
Habsucht der verlommenen Shrier, der
Bewohner Hisfarliks, unausgesetzt zu
kämpfen. Durch bewunderSwürdige Ge
buld uud durch seine kaufmännische Ge
tvandlhcit im Umgänge mit Menschen
Oller Rasse» uud Kulturstufen überwand
er schließlich alle dieie unüberwindlich
scheinenden Hindernisse. Auch ermög
lichte es ihm sein Neichlhnm, vielsach
die Wahrheit des Leibsprnchs Philipps
von Macedvnien zn ervroben, daß näm
lich ei» mit Gold betadener Esel selbst
tilxr die höchsten Mauern der stärksten
Festung z» sieigen vermag.
Seine Gattin, elne geborene Griechin
ans edler Familie, war seine begeisterte
Eefähnin und Gehilfin. Auch sie war
gleich ihrem Galten von Liebe und Be
geist-rung zur Antike beieelt. Schlie
man» war ein zwetier Winckelmann,
Winckelmann hatie die griechische und
römiiche Antike an- ihrer Blüthezeit
wieder zun, Leben erweckt und sich um
»e gesaininte »unst ein unendliches Ver
dienst « rnvibeu Schliemaun, w,e Je
«irr ein Svlm des »ebl gen Nordens,
diedes untergegangenen Troja
«nizusiu>en. Mit euer Cnergir lind
Hähigkeit sonder gleichen bereitete er
krwcnb si>u ei» großes Vermögen unS
m>r zu dein Zwecke, seinen lang und
t,en gehegten Plan znr An-lührung zn
Vollem Maße gelungen, und wenn über
haupt Jemand vor seinem Tode glücklich
ju vreisen ist. io ist es sicher Jener,
welche, e n ideales Ziel, das er sich vor
gesteckt, erreicht und e >e .'zngendträume
,m vollsten Maße venvirlliclit hat.
In Sä, iemanii werden wir einen der
wenigen ideal angetezien Menschen der
Neuze.t stets bewundern.
Tie hr, ra ths lusti g e ~
Mäd iien »i Haute Vienne so lesen
wic ii sranzösiichen Blättern ziehe»
an gewisse» Tagen in Prozession »ach
Caui "zunien les Combes. wo sie den
heilige > C».ltopius um einen gulen
Mann bitten. In der Nähe der don
ir.be ist ein »i renz ernch
tet: diese' umwalle» sie in lanaen-
Zuge, '.in ' znl- tzt binSct jedes Mädchen
da»an >» tinkes Strunipsbaud. Das
jN e z i - meistens von Snum,abändern
s„ t>e ' n, d iß man kaun, ein sreie?
'n d r n findet.
,ue Eutichuldigung
„Aber, Huberbäuerin, ich muß
Mick, 'el r wnndern. Euer Mann kommt
ja n cht zur Kirche! Hat er denn seinen
Glauben abgeschworen?" Bäuerin:
Ach nein, Herr Pfarrer, dös net, aber
5r ichn rcht halt so laut!"
GesundfttitSpflege.
Erfordernisse für dieKr an
te n p 112 l e g e.
Schwach und hilflos tritt der Mensch
in's Dasein, schwach und hilflos auch
streckt ihn die Krankheit aus'S Lager.
Gelähmt ist die Kraft des Schaffens,
die fuße Freiheit in Gefangenschaft, der
laute Frohsinn der Familie in dumpsen
Mißmuth und stumme Sorge verwan
delt. Glücklich Der, an dessen LebenS
statte, rastlos nach jeder seiner Mienen
»nd Bewegungen spähend, das Auge
der Liebe wacht. Ihr Ohr lauscht auf
jedes Geräusch, ihre Hand waltet unab
lässig, un, den Lechzenden zu erquicken,
Schmerz und Pein von ihm zu scheu
che,,. Nur eine Spanne Zeit ja weilt
der Arzt cnn Krankenbett, aber die
Pflege umgibt es beständig. Daher
bildet die Krankenwartung eine hoch
wichtige und unentbehrliche Ergänzung
des ärztliche» Beiraths. Das pünkt
liche Einnehmen der Medizin allein
thut es „och lange nicht. Um dem Wir
ken des Arztes den rechten Ersolg zu
sichern, kommen noch viele andere Dinge
in Betracht, als da sind: die geeignete
Beschaffenheit des Zimmers nnd seiner
Lust, die Lagerung. Bedeckung, Klei
dung. Wäsche und Geräihe des K ranken,
die Obhut über Schlas und Wachen, die
Zubereitung seiner Speisen und Ge
tränke, die Gewandtheit in den Hand
reichungen, die Abwehr von Störung
und Unrnhe, das sichere Verständniß der
ärztlichen Vorschriften, Umsicht und Un
crschrvckniheit, Geduld und Sanftmut!)
der nächsten Umgebungen.
In der Urankenpflege gibt es keine
Kleinigkeit: selbst das Knarren einer
Thürangel oder eines Stiesels, der
Dampf einer Cigarre, das Ticktack nnd
Schlagen einer Uhr, das Summen einer
Fliege.kann den Schlaf unterbrechen,
Unwillen und Aufregung hervorrufen,
eine Krisis zerstören und dadurch Un
heil herbeiführen. Umgekehrt mag eine
zarte Aufmerlsanikeit, eine Blume, die
der Erwachende aus dem Bett findet,
eine wohlznbereilele, Appetit erweckende
Suppe leicht höchst wohllh itig wirken.
Die Gattin des Präsidenten JameS
Gan'ield trug wahrend seiner töa Uchen
Erkrankung sortwährend helle Kleider,
um sei» Auge zu erfreuen und sein Hof
fen zn beleben.
Zu den wichl'-gsten Gegenständen der
Krankenpflege gehört ein zweckmäßig
eingerichtetes Krankenzimmer. Es ist
eine alte »läge der Aerzte, daß schon in
gebunden Tagen unter all' unserenKohn
räumcn die Schlafzimmer den Anforde
rungen der Gesundheitspflege meist am
wen,g'ten entsprechen. Anstalt dazu
das heilste und geräumigste der Ge
mächer zu wähle», verstecke» wir uns
m.l ttnseren Kindern in die engste und
duukelste Kammer, wo die Sonne kaum
hiul'lickt. die Luft stockt und sich mit den
Ausdünstungen der Schlafenden voll
saugt 3v>< Liter Luft athmet ein Er
wachsener in der Stunde aus, darunter
12 Liter Kohlensäure. Bekanntlich
aber ist dies Gist ein wahres Lungen
g>st, da? so schnell wie möglich aus un
seren! Bereich fortgeschafft werden sollte.
Wollen wir jede Ansammlung desselben
in der Lnstsänle, die wir einathmen,
verhüten, so dürsen wir vor Allem mit
unsei ein Schlasraum, demjenigen, in
dem w r mehr als ein Drittel unseres
Leben? zubringen, nicht geizen. Ver
gegenwärtigen wir »nI stetZ, daß ein
gesun'-cr Erwachsener sür seine Per
son wenignenS 800 Kubiksuß Wohn
raum, ein K' aliker aber deren, in Folge
seiner erheblich stärkeren Ausdünstungeit,
mehr als ldl)V braucht! Zur dauern
den Erhaltung einer gulen Luft «u be
wohnten Räumen ist es »ach v. Petten
koser nothwendig, daß auf die Menge
der darin von den Bewohnern
ltthmeien Lust in der gleichen Zeit das
üvosache Maß frischer Luft in den
Wohnraum einströme.
Es leuchtet daber ein, daß beim Aus
bruch einer erusten Krankheit das K ran
teiizim er alsbald durch einen möglichst
zeräumigen uud durch Oefsiiuiig und
c'Segenöffiiung leicht zu lüftenden Theil
?er Wohnung verlegt werde, eine Noth
wendigkeit, welche mit der zunehmenden
ilranlenzahl sich selbstverständlich stei
gert. I», Sommer kann man die Fen
ster einer «rankeilitube meistcilthcils
Tag und Nacht offen lassen, voranS
zefetzl, daß der Patient nicht unniiitel
dar vo», Lustzug getroffen wird. Auch
in der kühleren Jahreszeit ist ein mehr
maliges, möglichst stundenlanges Oeff
neu der Fenster und zeitweise auch der
Tt'ür dringend z» empfehlen, besonders
wenn man während dessen den Kranken
in ein anderes Zimmer bringen kann.
Ächt das nicht a,, so ist während der
unumgänglichen iMtung eine Schirm
ivans vor das B«tt des Krankel» zn
stellen.
Lust nnd Licht, die Erhalter des
LebeuS, dürsen auch im Krankenzimmer
nicht fehlen! Nur keine Krsn.'enstnbe
»räch Norden, wohin selbst am längsten
Tage kaum e „ lonnenschimmer dringt!
Vor blendenden Strahlen allerdings
iwnß das Auge durch grüne oder bl-iue
Borhänge geschützt werden. Im übri
gen aber ist die vielverbreitete Ansicht,
daß es im Krankenzimmer pechsciMiarz
„n müsse, grundsatsch. Wis sehnt sich
»er Kranke nach dem Licht des Mor
gens! Soll ihm d« endlose Nacht noch
künstlich verlängert werden? Nur bei
Leiden des SeuorzanS un,» solchen, wo
das Gehirn auiger.-gt ist, svll man
das Zimmer angemessen vtrduuleln.
Auch die 'Nacht darf des milden
Lichtscheines nicht entbehren. Petro
leumlampen brennen entweder zu hell,
oder hauchen, wenn niedergeschraubl,
schädliche Kvhlendü»ste aus. MaK hat
jetzt Gestelle v-en Meterhöhe, die einer
spanischen Wand ähnlich sind und das
Licht vortrefflich abhalten. Auch eignet
sich ein Glas mit einem aus Oel schwim
menden Nachtlichtchen, neben welchem
aber sür alle Fälle eine Kerze und ein
dunkler Lampenschirm bereit zu hallen
sind.
Zum Weiteren erfordert die Kranken
stube eine vom Straßenlärm möglichst
entfernte Lage. Klavierpanker und
Geiger werden um einstweilige gütige
Bezwingung ihrer Kunstticbe unter dem
Versprechen der Gegenseitigkeit höflichst
ersucht.—Hunde sind anS HauS uud Hof
! nach Möglichkeit zu entfernen,
j Die Wohlthat, die jedem Gesunden
!»irch Bewegung und Arbeit allmälig
zu Theil wird, der Schlaf, flieht daS
- Auge des Kranken. Die sanfte Hand
' der Pflegerin ist doch nicht unmächtig,
den zögernden Freund an das Bett des
Kranken zu zaubern. Es herrscht um
dasselbe eine tiefe Stille, Nachts ein
fast vollständiges Dunkel. Oft iit eine
schlechte Lage des Patienten die Ursache
seiner Schlaflosigkeit, es drückt vielleicht
eine Falte des Bettlakens, die Kissen
liege» zu niedrig oder zu hoch, es quält
irgend Etwas.
j Durch Ausmerksamkeit und Umsicht
lassen sich diese Uebelstände entdecken
nnd okt beseitigen. Manchmal bringt
ein Schluck frischen Wassers oder etwas
Selters, ein Täßchen Milch, ein kaller
Umschlag aus die Stirn, ei» hydropathi
scher um de» Hinterkopf Ruhe.
! Auch das Kapitel der Krankcnvüiten
verdient noch eine besondere Erwäh
nung. Um die Theilnahme an dem
Mißgeschick unseres 'Nächsten ist eS ge
wiß eine schöne Sache. Aber nicht im
mer äußert sie sich in der rechten Weise.
Darf ein Kranlenziminer sich in einen
Taubenschlag verwandeln, wo liebe
Freunde beständig ein- nnd ausgehen?
' Gar nicht seilen streifen die AntheilSbe
w ise der guten Freunde und Freundin
l neu an empörende Gransamkeit. Anstatt
dein Kranken Muth und Hoffnung zuzu
sprechen. wissen Manche ihre Theilnahme
nicht anders zu bestätigen, als daß sie
ihm geradezu den Tod propheziren. Re
densarten, wie „Du hast nicht mehr viel
ans der Mühle", „Du wirst'S nicht mehr
lange machen!" kann man auf dem
Lande alle Tage zu hören bekommen,
s Schon um solchen Ausbrüchen von
Unverstand und Rohheit zu begegnen,
sollte man Niemand in's Krankenzim
mer lassen, bevor nicht der Arzt aus
drücklich die Genehmigung dazu ertheilt
hat. Die beste Erholung für den Kran
ken ist die Langeweile. Eine Aus
nahme mache» allenfalls äußere, ohne
Fieber verlaufende Krankheiten, die
s einen Patienten kürzere oder längere
Zeit an'S Lager fesseln, wie z. B. Kno
chenbrüche: hier bringt Gesellschaft kei
nen Nachtheil. Äe, ansteckenden Krank
heiten, als Tnphns, Blattern, Schir
lach, Tiphtherilis ist Vorsicht bei Be
suchern schon im eigenen Interesse des
Besuchers geboten.
! Selbst bei sichtlich eintretender Ge
nesung nach schweren Krankheiten kön
nen Besuche Ausreguug, Fieber uud
Rückfälle hervorbringen. Die Pflcge
rin weist daher theilnehmende Freun
vcsfchaaren lieber rund ab, der Krank«
wird es ihr danken. Die Frennde aber
mögen eS sich gesagt sein lassen, daß si«
einen schwer krank Gemc'enen so spät, ss
selten nnd so kurz als möglich besuchen,
Niemals aber in der Abendzeit. Poli
tische Nachrichten, Bücher und Zeitungen
sind auch als Krankenbesuche zu behan
deln! man genieße sie nur in der voll
sten Rekonvaleszenz, und auch da nur
die leichteste Waare, lese nicht aufrecht,
! >md nur je ein halbes Stündchen Vor
nnd Nachmittags!
ttnsere Jndianerpolizei.
Aus den Indianerreservationen ist
tine Polizeimacht ausgebildet worden,
welche aus auserlesenen und zuverlässi
gen Rothhänlen besteht. Dieselben
tragen eine hübsche kleidsame Unisoam
aus grauem Tuche und sind mit den
Waffen unserer Cavallerieregimenter
ausgerüstet.
Diese Polizisten haben einen schweren
Dienst, da sie von ihren Stammesge
nossen als Verräther betrachtet werden.
Es kommt auch in Friedenszelten nicht
l selten vor, daß diese Polizisten niederge
schössen u«) skalpirt werden. In
5 Kriegszeiten ist ihre Lage doppelt ge
sährdet, denn sie werden dann als
rachsüchtigen Stammesgenossen ausge
setzt, als die Truppen. Die Jndianer
! Polizei hat der Regierung recht gute
! Dienste geleistet und sich in de» meisten
Fällen als zuverlässig und pflichtgeireu
! erwiese,». Ans diesem Grunde hat
man de» Vorichlag gemacht, eine irregu
ttosackenichwadrone», aus Rothhäuten
zu reirutiren.
Ach, mein Fräulein, ohne
Sie kann ich nicht glücklich sein! Sie
müssen die Meine werden für s ganze
Leben!"— „Thut mir leid, aber ich
Heirathe nächstens." »Nun denn,
»ach Ihrer Scheidung!"
! —Der Mensch pflegt erst dann
j seine Haare, wenn er keine mehr hat.
H a u s s e r.
Der Schnee.
Wie manche andere Poesie ist im mo
dernen großstädtischen Leben auch di,
des Schnees zum Theile verloren ge
gangen. Denn was in einer Schnee
landschast vor Allem anmuthet, daS
fleckenlose Weiß und die eigenthümlich,
Ruhe, welche uusere Sinuc empfinden,
wenn das weiche flaumige Elemenl
Alles gleichförmig überzieht und ein,
allgemeine Harmonie über die Gefild,
ausbreitet gerade das pflegt der
rastlose Stadtverkehr stets sofort zu zer
stören. Auch die Zeiten, da in unseren
Städten im Winter lustiges Schlitten
gellingel ertönte, sind längst dahin.
Die Straßen waren damals vonviegent
eng und in Winkeln gebrochen, also den
thauenden Sonnenstrahlen weniger zu
gänglich. Es rasten serner ni.ht so viel«
Geiährle ans dem weißen Estrich dahin,
wie heute, wo die durch die Reibung
der Wagenräder nnd die Tritte de,
zahllosen Passanten erzeugte Wärm«
hinreicht, den Schnee oberflächlich zu
schmelzen und ihn, binnen wenigen
Stunden ein mißfärbiges Aussehen zu
verleihen.
Vor Mein aber hielt sich der Schnei
»nst darum länger, weil man ihn eben
ruhig liegen ließ »nd wartete, bis ihn
die Sonne schmelzen würde, während er
heule stets fosort weg muß. Der Tram
way wegen versetzt man sogar sein«
spärliche» Reste au? dem Pflaster künst
lich mittels Salzlösungen in den
Zustand des Thauens. So verwandelt
sich das schöne Weiß, kaum daß eS ge
fallen, in em Kolh.neer, und nur in den
Gärte», sowie auf den Dächern liegen
Fetzen des „weißen Leichentuches" län
ger und bieten dem Naturfreunde Gele
genheit zu Beobachtungen, llebrigeus
gewahrt schon das Fallen des Schnees
einigen Zeitvertreib, wenn man sich z.
B. damit beschäftigt, die verschiedenen
Formen der Flocken näher zu betrach
ten. Wie bekannt, sind dieselben zuerst
von dem im vorigen Jahrhunderte le
bendeii Walfischsänger Scoresbh eiuge
hender beschriebe» uud abgebildet wur
den. Score:b > fand, daß der Schnee
in den Polarländern im Allgemeinen
ro t . U icroidenilich fe.ner Beschaffen
heit sei, uud zwar um so feiner, bei je
größerer Kälte er fällt.
Auch Payer erzählt, daß bei Tempe
raturen, welche das Quecksilber zum Er
starren brachten, die Luft über den, Po
larm ere von einem aus feiusteu Schnee
krystallen gebildeten Nebel eriulli gewe
sen sei. Herrschte dann zugleich Wiud,
so gab es kein Kleidungsstück, welches
dem Eindringen dieier Kniställchen Wi
derstand geleistet hatte. Aus der Haut
des Gesichtes brannten sie wie glühende
Kohlen. Toch bemertt Plher, daß
Schneestürme in den nge itlichen Polai»
ländern, die sich ja gerade durch Ruhe
der Luft, oft sogar durch unheimliche
Grabesstille auszeichnen, selten seien.
Dagegen bilden die russischen, sibirischen
und mongolischen Steppen Gebiete, wo
d,e Schneestürme, dorr Burane genannt,
häufig ausireieu und wie der Samum
der Sahara gesürchtet werden. Im ost
sibirijch-mongollschen Grenzgebiete zählt
man ihrer in jeden, Winterhalbjahr ein
Dutzend und der russische Oberst Prze
walsli hatte aus seinen Forschungszü
gen durch Hochasien manche» zu beste
hen, der seuie Karawane zu begraben
drohte.
Die Kraft jener Luftbcwegnngen er-'
> klärt Przewalski damit, daß die Burane
znnl Theil über Hochebenen dahinrasen,
welche die Seehöhe der Ortlesspiye ha
berU Die Lust ist dort schon sehr dünn
und im Winter wenig mit Wasserdainps
gesättigt; nmso seiner müssen die Schnee
slocken werden, wir leicht erhellt, wenn
man sich vergegenwärtigt, wie der Schnee
entsteht.
Schnee, welcher in großen Flocken
sällt, ist es hauptsächlich, welcher Plasti
zität, d. h. », größeren Massen Bieg
samkeit und Zusammenhang besitzt und
zu allerlei speziellen Erscheinungen An
laß gibt. So kommt eS z. B. vor, daß
die Schneckniste, welche nach jede»
Schneefall die Oberseiten der Banmäne
bedecken, insolge ThaueuS sich theilweise
absenken und die Form von Guirlanden
annehmen. Trifft es sich dann noch,
daß Nachts Reis einsällt und jedes Aest
chen und Zweigchen mit mattem Silber
grau umkleidet, von welchem sich die
Weißen Schnceguirlanden abheben, so
sieht der ganze Wald wie von freund
lichcn Schnee-Elfen gefchmückl aus.
Eine andere, auf der Plastizität des
Schnees beruhende, aber allerdings viel
seltenere Erscheinung sind die sogenann
ten Schneerollen. Sie entstehen znwei
,en auf geneigten Feldern, wenn flan
siiger Schnee durch Windstöße partien
iveise in Bewegung gefept wird. Dann
bilden sich nämlich Schneewalzen, ans
welchen während der Bewegung ,eitl,ch
Schneestücke herausfallen, und eS sieht
aus, als ob sich der Wind de» Spaß
gemacht hätte, Damenmuffe aus Schnee
auszuwalzen. Wie der englische Meleo
rologe Schmonrs berichtet, hat man auf
sehen, welche I Meter Länge und H
Meter im Durchmesser hatten! Das
muß dann freilich ein interessanteres
Phänomen gewesen sein, als der Schnee
in unseren Straßen, der sich hier meist
von feiner ästhetisch schwächsten Se.te
zeigt, foimloS, eine Mesalliance mit
dem Straßenkoth, und selbst an geschütz
ten Orten wie Gärten und Dächern
rasch von Staub- und Rußtheilcheu grau
gefärbt.
Daß diese Theilchen zn seiner rasche
ren Schmelzung bettragen, ist erwiesen.
Denn indem sie als dunkle Körper sich
erwärmen, schmelzen sie den Schnee in
ihrer Umgebung, sinken etwas ein und
bilden Kanälchen, in denen das gebil
dete Schmelzwasser zu Boden sickert
Jede einige Tage alte Schneedecke sieht
daher durch das Mikroskop betrachtet so
zernagt »nd zerfressen ans, wie ein
Mondgebirge. Dasselbe ist nach etwas
längerer Zeit auch mit der Schneedecke
im Freien selbst im Gebirge der Fall.
! Von den Arsten der Bäume, von den
Kräutern der Alpmatten und vom Ge
stein selbst werden durch den Wind fort
während Partikel abgerissen und ans
den Schnee getragen, wo sie außer zu,
Schmelzung desselben auch zur Nah
rung der organischen Wesen dienen,
welche den Schnee bevölkern.
Weile Flächen des Firns der Glet
scher sind oft roth gesärbt von der ein
weiche zur Entstehung der Mär vom
„Blntregen" Anlaß gegeben hat. Auck
der Gletscherfloh ist ziemlich häufig, ii
Abarten sogar auf dem Tieslandschner,
wo sein Auftreten von den Bauern nock
immer dahin erklärt wird, daß di,
„Schneewürmer" vom Himmel gefalle«
seien.
Wovon sich jene Thiere wohl in de»
Schlicewüsten des Hochgebirges, stun
denweit entfernt von jeder Vegetalions
fläche, ernähren mögen? fragten schor
Viele, und ein Weiser aus Berlin er
klärte, die kleinen Wesen seien erst durch
die Touristen aus die Gletscher ver
schleppt worden und nährten sich dort
von der beim Gehen abgestreiften
Schmiere der Bergfchnhe! In Wirk
lichkeit besteht natürlich ihre Nahrung
in den durch Winde aus den Schnee ge
tragenen organischen Staubresteu.
Reinhard E. Peter mann.
Betnaft« erkannt.
Dame: Ach, garnicht ge
wußt, daß Sie reiten. Ich sah Sie
gestern auf dem Reitwege neben der
Promenade.
Herr (verlegen): Um welche Zeit
denn?
Dame' Ungefähr vier Uhr mußte es
gewesen fein.
Herr: (sür sich): Gott sei Dank, da
saß ick noch oben! (laut): Ja, ich reite
sehr viel!
Appetitlich.
-
Wirth (aus dem Laude): Ah, gnä-<
dige Frau, die Zenzi kaun ich Ihnen als
beste Köchin mit gutem Gewissen em
p'ehlen. Fleißig iit die. Des Mor
gen? kämmt sie sich mit einer Hand
die Haare, mit der andern knetet sie's
Brod.
Grande vo» Spanien.
Ein Eorrespondent schreibt: „Be
kannt ist das Privilegium der spanischen
Granden, iu Gegenwart des Souveräns
das Haupt zu bedecke». Das Privile
gium dcnirt aus dem Mittelalter, und
in „Don EarloS" läßt Schiller ganz
korrekt im dritten Akt in der siebenten
Scene die Prinzen und Grande», da der
König eintritt, die Hüte abnehmen und
dann über Aufforderung des Königs
wieder aussetze», nachdem dieser, wie das
Scenarium besagt, vorerst en >i reis
sich zu überzeuge», daß lauter Priinen
und Granden erster Klasse zugegen sind.
ES gibt nämlich drei Klassen von
Granden; >cne der ersten n lasse i bedek
len sich noch, b-vor sie der König anae
sprachen, jene der zweiten »lasse, nach
dem sie der König angripr.chen, und
jene der dritten erst, wenn der König
geantwonet hat. Im Mittelalter wnr
jetzt soll es au.h Grand n gehen, die
zivar sehr lange Titel, aber sehr kurze
Geldbeuiel habe» Aehnliches soll
sein, daß es in Oesterreich zum Theil noch
aus der Zeit, da die Habsburger in
Spanien herrschten, adelige Familien
gibt, die die „Grandezza", die Granden
würde besitze», i, B. die Grafen Alrhan,
dann (ans späterer Zeit) die Metter
nich, dann die Fürsten v. Croa, v. Khe
veiihüller. Auch der verstorbene Graf
Julius Andrassh war Grand von Spa
nien; König Alfons halte ihn dazu er
nannt, und der einstige Minister hatte
jedenfalls das Aeußere für seine Würde.
Bei einigem guten Willen tonnte man
ihn sür einen Kastilianer halten."
Aus Zug in der Schweiz
wird dem „Hunde Sport' berichtet, duß
ein dortiger Einwohner seinen Bern
hardinerhuud in einer >!iste wohlver
oackt etilem Freunde »ach Brüssel ichickie.
Einige Tage nach der Anknnsj war das
Thier entlaufen, um nach I-t Tagen
todtmüde »nd abgemagert, um Einlaß
ivinselnd, vor der Thür seines früheren
Herrn in Zug anzukommen. Der treue
yund erlag aber nach wenigen Zagen
den Folgen der ausgestandenen Eniveh
eungen und Anstrengungen. Was ist
in diesem Falle mehr zu bewundern, die
Treue oder die erstaunliche Orienti
cnngSgabe und die zähe Ausdauer des
Hundes?
„Schnei »ig!"
Wegen thätlicher Beleidigung hatt«
sich jüngst in Berlin der Referendar
Becker vor dem Schöffengericht zu ver
antworten. Der Anklage lag eine un-
aiigenchiue nächtliche Straßenscene zu
Grunde. Eines Nachts im Anfange
dieses Jahres befand sich der Regie
rungsbaumeistcr H. mit seiner Gattin
und einer andern Dame in der Pots
damerstrahe aus dem Heimwege nach
seiner in der Nollendorfstraße belegenen
Wohnung. In der Nähe der Pots
damerbrücke verließ er die Damen aus
einen Augenblick und begab sich in die
Mitte des TamnieS, um nach der Pferde
bahn Umschau zu halten, und als er wie
der ans das Trottoir zurückkehrte, theilte
ihm seine Gattin mit, daß sie soeben von
einein jungen Herrn, der mit zwei Be
gleitern an ihr vorüber gegangen, in
pöbelhafter Weise beleidigt sei, indem
derselbe mit seiner Hand ihr in's Gesicht
gefaßt habe.
Frau H. zeigte zugleich auf drei Her
ren, welche in einiger Enlferniing zu
sehen waren, und als Herr H. nun
etwas laut sich über das unanständige
Betragen beschwerte, drehte sich der An
geklagte herum, trat aus Herrn H. zu
und stellte denselben in sehr schneidiger
Weise zur Rede, indem er ihm sehr
energisch zu verstehen gab, daß er Refe
rendar und Reserve-Osficier sei »nd ent
schieden bestreite, die Dame belästigt zu
haben.
Frau H. glaubte sich aber nicht zu
irren, daß sie in dem Angeklagten den
Thäter wieder erkenne, und so erwiderte
denn Baumeister H., haß er sich kann,
denken könne, daß sein Gegner Reserve
Osficier sei, da sich ein solcher anders
benehmen würde.
Herr H. wollte sich mit seinen Damen
znm Weitergehen wende», der Ange
klagte ging nun aber mit ihm, belästigte
ihn fortgesetzt, indem er seine Karle an
bot, ihn beim Rockärmel faßte und im
mer wieder Nachdruck darauf legte, daß
er Reierve Officier bei den Dragcnern
fei.
Um ihn los zu werden, suchte Herr
H. schließlich die Unterstützung eines
Schiltzmannspostens nach. Ans dem
W.ge zur Wache machte Herr Baiimei
ster H. in Folge vielfacher Anzapfungen
des Angesagten nochmals die Bemer
kung, daß er kaum daran glaube» könne,
einen Reserveossicier vor sich zu haben,
tuid als Antwort erhielt er plötzlich
einen wuchtigen Fausthieb gegen den
Kops, welcher die Hutkrempe zerstörte
und eine blutende Stiniwunde zur Folge
hatte. Der Angeklagte, welcher behaup
tete, zwar etwas angetrunken, aber nicht
betrunken gewesen zu sein, versicherte,
daß von ihm eine Belästigung der
Dame nicht ausgegangen, und der Ge
richtshof hielt dies auch zum Mindesten
nicht sür erwiesen. DieTa,stellnng des
Angeklagten wich auch stark von derjeni
gen des Zeuge» ab, nanientlich behaup
tete er, durch Worte wie „Ircchbeit",
.Lüge", sowie durch die Verweigerung
der Karte seitens des Zeugen gereizt
worden zu sein, was der Zeuge energisch
bestritt. »
Schließlich äußerte sich der Ange
klagte so, als wenn er von dem Ge
sichtspunkte der Cavalierekre aus
verpflichtet gewesen wäre, seinem Geg
ner, -er ihn beleidigte, diesen Schlag zu
versetzen. Staatsanwalt Benedix machte
ihn daraus a» m> rksa»i, daß ein tapfe
res Schlagen vor dem Feinde einen
Oisicier gewiß ehre, daß aber weder ein
Beamter noch ein Oftzcier durch eine
Schlägerei auf der Straße seiue Ehre
wiederherstellen könne. Im Uebrigen
war der Staatsanwalt der Meinung,
daß der Angeklagte, welcher auf dem
Polizeiburcau de» Schutzmann ste s
mit „Herr Kamerad" angeredet, doch
deshalb l»0 Mark Geldstrafe. Ter
Gerichtshof verurtheilte den Angeklag
teii zu derjenigen Strafe, zn deren frei
williger Zahlung sich derselbe bei seinen
nachträglichen VeriöbmmgS Versuchen
bereit erklärt hatte, uamlich zu St) M.,
genden Fische durch die Lust ist von
! Professor Möbius dahin erllärt Wör
de», daß dieselbe keine Flugbahn, son
dern eine Wursbabn sei. Durch Zu
iammenziehnngen ihrer sehr starken
Seitenruiiipfmuslclsasern sahren jene
Fische mit großer Geschwindigkeit aus
rem Wasser und die aufgespannten
Brustsloi eu dienen als St »er und
Schwebeplallen. Die Muskeln der
I sind »ach 'Ansicht von Pro
iessor Möbius nicht gros; genug, u»>
die Last des »lvrpers iu die Lust zu er
hebe», denn ihr Gewicht beträgt nur
U 32 der ganzen Korperlast, während
die Brnsimaskeln der Vögel im Durch
schnitt Ij»i und Sie der Fledermäuse Ijl3
cer ganzen Körperlast betragen. Auf
Grund eine - überaus reichen Beobach
tung ömaterials kvmiilt dagegen A. seih
zn den» Ergebnisse, da» die Brustflossen
der Fische sich auch aciiv an dem Fluge
belheuige». Der fliegende Fisch, iagt
Seiy, springt durch die Wirkung seiner
Seite,„nuSculatur aus dem Wasser lier
vor und unlerstüvt dreien Sprung durch
eine äußerst lebhaste Flatterbewegung,
deren Umsang bei 0,2 i» lange» Flug
sinie ausgebreitet, oder, was häufiger ist.
etwas nach oben gerichtet, und so er
folgt das Turchilicgen des absteigenden
Astes der äußerst lang gezogenen Flug
bahn ohne eine rcgelinäkige Beivegung.
Nur wen» ein nochmaliges späteres
Heben der Flugbahn ersolgt, treten von
neuem Flatterbeweg-.ngen ein. Die
Anzahl der Flossen schlägt ist nach Seiy
bei den versch edenen Fi,che» verschieden,
sie schwankt zwischen 1t) und 30 in der
Secunde. Die Fluggeschwindigkeit be
trägt 7 —l4>», die längste Dauer des
Fluges war 13 Secunden, die kürzeste
a»r ein Bruchtheil von einer Secunde.
Vor leere« Btaken»
„Chambers Journal" erzählt ein«
Reihe von Theater Anekdoten, welch«
an den Ersakrnngssatz anknüpfen, daß
Theaterdirektoren niemals eine Vor
stellung absagen lassen und Schauspieler
niemals schlecht spielen sollten, so lang«
ein Zuschauer vor dem Vorhang sitzt.
Der berühmte Kean spielte zu Beginn
seiner Carriere vor einem ichlecht besetz
ten Hause aus übler Laune so erbärm
lich wie möglich und war dann nicht
wenig erichrocken, als er nachträglich er
suhr, der Director des hochangeschene»
Drury Laue Theaters sei anwesend ge>
Wesen, nm ihn spielen zn sehen. ES wa,
daS für ihn eine Lehre, die er später ge
treulich beherzigt hat. auch vor einem
spärlich besuchten Hause sein Bestes zu
geben.
Als Macready in einem englische»
Provin.ziaitheater sich für die Rolle des
Birginius aukleidete, trat der Director
mit langem Gesichie zu ihm und mel
dete. daß das Haus ganz erbärmlich be
sucht sei. „Sind fünf Personen da?"
sragte der Tragöde. „Ja. füus sind
es schon". „Tann wollen wir ansan
gen : wir haben kein Recht, den Stolzen
zu spielen." Und nach seiner eigenen
Meinung hat Maereadh den Virginins
selten besser gespielt, als vor einer Zu-
Hörerschaft, die er an den Fingern eine«
Hand abzählen konnte.
Ein anderer englischer Schauspiele,
berichtet, er habe einmal vor einer ein
zigen Person gespielt. „Das war", so
erzählt er, „aus den Sandwich Insel».
Als der Vorhang aufging, war nur ein
einzigor farbiger G.ntleni,n anwesend,
der mit eine n weißen Hute angethan,
in einer der Loge» saß. Ans die Bühne
tretend, verbengie ich mich vor ihm, was
er mit geziemender Würde erwiderte.
Wir gaben ein dreiaktigeS Stück, das
ich zu Ehr»» des Auditoriums von dt»
ersten bis zur letzten Scene durchspielte.
Nachdem der Vorhang zum letzten Male
gefalle» war, hielt ich mich für ve»
pflichtet, den einsamen Znsckau r, d>i
während der ganzen Aufführung nicht
gelächelt und sich nicht gerührt hatt«
und »ach immer in seiner Loge saß, a»s
zusuchen und ihm zu erössiien. daß di«
Geschichte »un zu Ende wäre. Er
lächelte, drückte mir die Hand und
sragte. wovon denn das Stück eigentlich
Im Cholera-Jabre 1832 ereignete «s
sich einmal im Pariser Odeon. daß iin,
e n emziger Zuschauer erschienen war.
Die Schauspieler weigerten sich, zu spie
len uud verlangten, daß den. Mann«
sein Geld zurückerstattet würde. Dieser
aber bestand aus seinem Rechte, und da
er das Gesetz ans seiner Seite hatte, so
innßtc die Vorstellung wühl oder übel
ihren Anfang nehme». Die Schauspie
ler rächten sich, indem sie so jämmerlich
wie Möglich spielten, eine Zeit lang ließ
der Zuschauer sich das gefallen, dann
aber drückte er durch kräftiges Zischen
nnd Pfeifen seine Mißbilligung ans.
s Hierauf hatte der Direetor nur gewar
tet,' er ließ den einsamen Gast durch di,
Polizei wegen „Störung der Vorstel
lung" hinausweisen. '
Zuvorkommeuder Handel«? der Diree
tor einer amerikanischen Bühne in einem
ähnlichen Falle. Er wandle sich an ei
nen seiner Schauspieler und beauftragte
ihn. dem muthigen Theatergaste das be
zahlte Eintrittsgeld zurückzugeben und
ihn im nächsten Gasthruse zn tractiren.
Der Schauspieler sühne feinen Auftrag
zu allseitiger Zufriedenheit aus und
verließ seinen Schützling erst, nachdem
er mehrere Flaschen Champagner mit
ihm geleert hatte.
Vor einem Matronen, der die Taschen
voll Geld, nach PorlSmouth zurückge
kehrt war, spielte Stepheu Kemble ein
mal sür 30 Psd. Sterling den ShakeS
peare'schen Heinrich IV. Eine ähnliche
Geschichte erzählt der amenk. Schau
spieldireclor Foster wie folgt: „In
Bnc»rus, 0., faß ich in der liestanra
tion, als ich in meiner Behaglichkeit von
einem Fremden gestört wurde, der mit
dem Theaterzettel iu der Ha id eintrat
und mich anredeie: „Sie gebe» heute
Abeud Richard III.; ich h ibedas Slück
noch niemals gesehen, kau» aber nichl so
lauge bleiben. Wie viel fordern Sie,
wen» Sie inir allein heute Nach nittag
Richard 111. vorspielen?" Ich glaubte,
der Manu scherze und forderte auf Ge
radewohl HÄZ. „Und wenn Sie den
„Ungeschliffenen Diamanlcn" dazu ge
ben?" „Zehn Dollars mehr." Zu
meiner Bcstüriiing zog mein Unbekann
ter 35 Dollars hervor, legte sich vor
mich hin, bestimmte trocken, das, die Vor
stellung um 2 Uhr beginnen sollte nnd
verließ mich. Als ich meiner Gesellschaft
den erstaunlichen Handel mittheilte, den
ich eingegangen war, machte er ihnen
so viel Spaß, daß sie mit dem besten
Willen von der Wett darauf > ingingen.
Punkt zwei Uhr erschien der Zuschauer
und suchte sich den besten Platz aus, wo
bei er die Füße aus die Lehne des vor
ihm befindlichen Sitzes legte und die
Borsteilung begann. Sie verlief znr
vollen Zufriedenheit des Auditoriums,
welches die Hauptdarsteller hervorrief
und mit dem Zuge um die Stadt
verließ."
Recht erheiternd klingt auch die Ant
wort, die der Leiter eiues kleinen Lon
doner Theaters einem Freunde ertheilte,
als dieser sich darüber wunderte, daß
der Direetor so verdrießlich»der die be
vorstehende Eröffnung der Saison der
italienischen Oper wäre. „Ihr macht
einander doch keine Conenrrenz?"
meinte er. „Ja, gewiß," erwiederte
der Direetor. „Meine Gäste gehen
. freilich nicht in Ihrer Majestät Theater
- als Zuschauer, aber um den Zuschaueru
die Taschen zu leeren."
Weidmann, der bekannte
und beliebte Hofschauspieler, gab den
Bettelstudenten. Als er bei der Gei
sterbeschwörungsscene theils um sich
selbst, theils um die Umstehenden einen
Kreis zu ziehen hatte, zog er auch einen
um den Souffleurkasten mit den Worten:
„Wenn diesen der holk, so wäre»
wir Alle verloren!'