Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, December 25, 1890, Page 7, Image 7

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    l»L,,tsche ». otalnachrichten.
Provinz Brandenburg.
Dcr Sch» des MühlcnbcsitzerS Lie
big in Vicrrade». ist in Sausibcr dem
Fieber erlern. In den Persrne» der
Brüder Wilhelm :md Üarl R'.bback, 12
rcsp. UZ Jahr- alt. sind die Anstifter
der Brände ermittelt worden, welche in
neuerer Zeit Sommerfeld und Umge
gend stattgefunden haben. Ertränkt
haben sich - in LandSbcrz a. W. die
Frau des Neniners Steinhaus? und in
Woldenberq d?r gelähmte Invalide
Tank: an-j gekränkiem Ehrgefühl hat
sich der Sohn des Barbiers KSrncr in
Hochzeit erhängt. Tödtlich verun
glückten: in Berlin der Hutmacher
Stnmpel (von der Maschine getödiet),
in Cöpenick die bei dem Wäschereibesitzer
B. Israel in der Glienickerstrege be
schäftigte Wirthschasterin Karol. Haus
mann.
Prrrinz Ostpreußen.
Die Provinzialsynode beschloß, dahin
zu wirken, daß VerwoltuugSordnung
sür das in den Ost
provinzen im Sinne größerer Selbst
ständigkeit und Freiheit der Kirchen
organe abgeändert werde. Die von
Professor Rensch niodellirte Büste des
verstorbenen Ophthalmologen Professors
lich enthüll!.— s- Der Generalarzt des
ersten preußischen Armeecorps. Dr.
Pieper. Unter entsprechenden Feier
lichkeiten sand die Einweihung des aus
Kosten der Stadt Lotzen erbanken Schul
hauseS sür das Progymnasiuni statt.
Wegen der in Ragnit grassirenden
Halsbräune, der bereits eine große An
zahl Kinder zum Opfer gefallen sind,
wurde die öffentliche Schule geschlossen.
Unter der Anklage, sein eigenes Ge
höft in Brand gesetzt zu haben, wurde
der Besitzer Anton Knhnigk in Thalbach
dem Gerichtsgesängniß in Braunsberg
«ingeliefert, Es erhängte sich in Kö
nigsberg der Candida» d. Theol. Carl
Groß.
Provinz West Preußen.
In dem Sensationsproceß gegen den
früheren Landesdirektor Dr. Wehr in
Danzig, sowie dessen Mitschuldigen, den
Gutsbesitzer Holtz Blumenseldc, wurden
die Angeklagten aus die Anschuldigung
der Untreue. Unterschlagung und Be
stechung zu l Jahr resp. 9 Monaten Ge
fängniß verurtheilt. —Die Diphthcri
tis grassirt in Mewe in so furchtbarem
Maße, daß die Hälfte der Schulkinder
an dikser heimtückischen Krankheit dar
niederliegt. -- Große Freude in den in
teresfirtcn Kreisen erregt die Nachricht,
daß der Bau der Bahnlinie Marien
werder Bischofswerder-Kanernik - Lau
tenburg icitcnS der Regierung geneh
migt wurde. - - Es erschoß sich, weil er
SO,OSO M, bei einem Bankkrach ver
loren hatte, der Rittergutsbesitzer Frhr.
v. JackowSki in Sedziy. —Es ver
brannte die Wittwe Marschall in Bösen
d»rf und ertrank die ledige Henriette
Borchen in Elbing.
Provinz Schlesien.
Die Ehefrau des Gastwirths Kiese-
Wetter aus Trattaschine, wurde durch
zahlreiche Messerstiche erniordet, aufge
funden. Als der That dringend ver
dächtig, wurde der Ehemann der Er
mordeten, der mit ihr keine glückliche
Ehe geführt hat, verhaftet. Infolge
eines ehelichen Zwistes warf der Schnei
dermeister Gottlieb Scholz in Glogau
seine Ehesrau aus dem Fenster in den
Hof hinab, wobei dieselbe lebensgefähr
liche Verletzungen erlitt. Den cnragir
ten Ehemann brachte man nach Nr.
Sicher. Die Auswanderung nach
Westfalen nimmt in Groß Görzütz der
artig zu, daß weder Knecht, noch Magd
aufzutreibe» sind und die Arbeitslöhne
unerschwinglich werden. Der Häus
ler Kittelmann ans Krobsdorf, welcher
die Näherin Mende erschossen hat, wur
de dem hiesigen Gefängniß eingeliefert.
Man vermuthet in ihm auch den Mör
der des Försters Weniger. Mit Noth
entging er der Gefahr, von der Menge
gelyncht zu werden. -s- In den, Alter
von 103 Jahren in Mirchowitz der
Schäfer Ochmann. Der Kaufmann
Emil Nowak ans Beneschau wurde we
gen Meineids zu 5 Jahren Zuchthaus
verurtheilt. Das bei dem in Sprot
tau abgehaltenen XIII. Schleichen
Bundesschießen entstandene Deficit be
trägt in runder Summe 2000 Mark.—
Durch unglücklichen Sturz endeten der
Lehrer N asper Gogolin und der
Schneider Mosqua in Ratibor, von
einem Eisenbahnzug wurde todtgefah
ren der Gärtner Hoffmann in Neustadt,
durch das Getriebe einer Maschine
wurde getödtet der Lehrling Tuck i»
Oppeln.
Provinz Posen.
Die letzte Statistik des Schulwesens
weist nach, daß im Königreich Preußen
die stärkste Verbreitung der polnischen
Sprache im Regierungsbezirk Posen
existirt. Der König hat genehmigt,
daß die im Landkreise Bromberg bele
witzblotl und Alt- und Neu-Rohrbruch
und ») Kobelblott, Prosuiouka und
Grünwalde zu je einem Genicindebezirke
und zwar zu -») mit dem Namen „Wei
Benfelde" uud zu l>) mit dein Namen
„Grünwalde" vereinigt werden.— Ver
haftet wurden die Brüder Stürmer aus
Schloßhauland, welche den Besitzer
Adam und den BesitzsrSsohn Grabowski
aus der Chaussee überfallen und mit
Messerstichen traktirt hatten. Es tr
schoß sich der Privatsörster Wegner in
Bromberg (Motiv: zerrüttete Verinö
genSverhältuiss«); durch Erhängen löd
iete sich der Ztadtkapellmeister Natur iu
Posen.
Provinz Sachsen.
Zum Andenken an den in Freiburg
verstorbenen Turnvater Jahn wird eine
Turn »nd RuhineShalle, verbunden mit
einem Jahn Museum errichtet, und sind
zu diesem Behuse 7000 Mark gesam
melt. Der Redacteur Jllg? vom so
cialdeinokratischen „Bolrsblatt" m Halle
a. d. S- wurde von der Strafkammer
wegen Berächtlichung des BolkSschulwe
sens zu -»nein Monat Gefängniß ver
nrtheilt. - Wegen Meineids wnrde der
Klempnermeister Wagner, Bauuiiter
nehüier Fcrd. Seicrt nnd Schnciderinstr,
Friedr. Seicrt, sämmtlich aus Sachsa,
1 Jahr, bczw. 3 bezw 4 Jahre Gesang
nlßhaft zuerkannt. Der kürzlich ver
storbene Privatier Gustav Dippe in
Quedlinburg hat eine Million Mark
an Wohlthätigkeits- Anstalten testamen
tarijck vermacht. Die Inhaber der
Zuckerfabrik Fr. MeyerS Sohn in Tan
germünde schenkten der Stadt ein Capi
tal von 100,000 M. zu gemeinnützigen
Zwecken.
Provinz Hannover.
s In Ajchendors der letzte Veteran
unseres Kreises aus de» Freiheitskrie
gen, der Landwirth Hermann Wiebben.
Ganz unerwartet wurde der Stadt
schreibcr G. Meyer in Bremervörde ver
haktet. Es soll der Verdacht, öffent
liche Gelder unterschlagen zu haben, ge
gen ihn vorliegen.—Der Musikus Schu
chard in Gieboldehausen feuerte plötzlich
während des Mittagessens einen Rcvol
verschuß auf seine Braut, eine Tochter
der Wittwe Sondirinann, und verletzte
dieselbe lebensgefährlich. Schnchard ist
verhaftet. Ei» eigenartiger Streitfall
beschäftigt augenblicklich das Schöffen
gericht in Lüchow. Zu der Beerdigung
eines welfifchen Parteigängers, des
Bürgervorstehers Hennings, hatten in
feierlichem Aufzuge IL Bürger einen
vom Herzog von Cumbcrlaud gefandten
Lorbeerkranz nach dem Grabe Hennings
getragen und auf demselben niederge
legt. Jnsolge dessen von der Ortspoli
zeibehörde wegen Theilnahme an einem
ohne polizeiliche Genehmigung siattgc
fundenen Aufzuge mit der Zahlung von
je 3 M. Strafe belegt, haben sie Wider
spruch beim Gericht erhoben. Mittels
Einbruchdiebstahls wurde» dem Kauf
mann Leiner in Wittmund 2000 Mark
ren entwendet.
Rheinpr o v i Ii z.
Gustav Thönuessen, Inhaber der
Firma Gebr. Thönnessen in Viersen,
welcher erst nach Holland geflüchtet war,
sich dann aber freiwillig der Staatsan
waltschaft gestellt hatte, wurde wegen
Wechselsälschung, verübt in SV Fällin.
zu 3 Jahren Gesängniß verurtheilt.
Der Central-Gewerbeverein hat eine
.Anstalt sür Kunststickerei und Frauen
erwerb" in Düsseldorf in's Leben ge
rufen. Der verstorbene Einwohner
Neuhöffer hat der Stadtgemeinde Kalk
ein Capital von 6,000 M. testamenta
risch mit der Bestimmung vermacht, daß
die Erträgnisse zur Bekleidung armer
Schulkinder verwandt werden. Die
Ehefrau des Bürgers Joh. Man» in
Kreuznach, die durch fortgesetzte Miß
handlung ihres zweijährigen Stiefkin
des den Tod desselben verursacht hatte,
wurde gefänglich eingezogen. Wegen
öffentlicher Beschimpfung einer Einrich
tung der katholischen Kirche, verübt
durch srivole Aeußerungen über die
Frohnleichnamsprozession, erhielt der
Seilermeister Tillmann Klein aus Mer
zig 6 Wochen Gefängniß zudikrirt.
Es feierten: die goldene Hochzeit die
Eheleute Joh. Siefen in Küppersteg,
Joh. Jak. Lövenich in Neuß, H. Trapp
mann in Ruhrort, Kretzschmar in Wülf
rath und Baucrinann in Solingen.
Provinz Hessen- Nassau.
In Niederzwehren wurde ein ISjäh
riges Mädchen, die Tochter des Bauern
S. daselbst, von ihrem 22jährige» Lieb
Haber, einem Tischler Namens Härtung
aus Hertunghausen aus Eisersucht er
drosselt. Unter Mitnahme von 15,000
M. veruntreuten Geldern verschwand
unlängst der Pserdehändler Löwenstein
von Hadamar. Man vermuthet, daß er
eine Reise nach dem Dollarlande ange
treten hat. Das große und älteste
Bankhaus Zickendrath in Hersseld hat
sallirt. Der Inhaber ist mit Hinter
lassung einer Schuldenlast von 500,1.00
M. flüchtig geworden. Der in das
Untersuchungsgesängniß eingelieferte
Phil. Kohl in Hochhcim a. M,. der im
Verdachte stand, den Tod zweier Fischer
verursacht zu haben, hat sich in seiner
Zelle erhängt. Die Leiche des einen der
Fischer, Namens Peter Neuheimer.wur
de dieser Tage bei Kostheim aus dem
Wasser gezogen. Die letztes Frühjahr
in Wiesbaden verstorbene Mutter des
Ministers a. D. Dr. Lucius, welche ein
Vermöge» von 40 Mill. Mark hinter
ließ, hat, da die einfach und zurückgezo
gen lebende Dame Niemand für fo reich
hielt und dieselbe mit einem weit gerin
geren, als ihrem wirkliche» Einkommen
abgeschätzt war, der Stadt viel zu ge
ringe Communalsteuer bezahlt. Nun
mehr hat Minister Lucius nach erfolgter
Regelung der Erbschaft mit Zustim
mung der Miterben der Stadt als Ent
schädigung eine bedeutende Stiftung
vermacht. Es endeten ihr Leben:
durch Ertranken der Hanvlungscommis
Wilh. Herbock in Frankfurt a. M.: durch
Erhänge» der Eisenbahn - Betriebs-Se
kretär L. in Cassel; durch Erschießen der
22jährige Wilh. Stamm ans Staffel
und durch Vergiftung der Commis Au?
Wenzel aus Wiesbaden.
Königreich Sachsen.
In Wehrsdors sind durch de» Kon
kurs der Firma I. G. Weber nahezu
500 Weber brotlos geworden, die mit
Baugen dem kommenden Winter entge
gensehen. Vom Landgericht Chemnitz
wurde der Redacteur Gladewitz von der
socialdemokratischen „Presse" Wege»
Verächtlichmachung des Osficiers und
Unterosficiersstaildes zu «! Monate»
Gefängniß verurtheilt. In Borsten
dorf ist ein angesehener Spielwaaren
Fabrikant wegen verschiedentlich??
Wechselsälschungen verhaftet worden,
denen man infolge der durch die Eppen
dorfer Vorgänge hervorgerufene» Son
dirungen aus die Spur kam. Die ver
wittwete, vor einiger Zeit verstorbene
Gattin des ehemaligen Professors der
Pharmakologie, Geheimrath Dr. Ra-
oius in Leipzig, hat der Stadt die an
sehnliche Summ: von 4VV.VW M. zu
wvhlthütigen oder gemeinnützigen
Zwecken vermacht. Die schmaljpurige
Secundäreisenbahn Mügeln - Geising-
Altenberg wurde letzter Tage feierlich
dem Verkehr übergebe», In dem in
Oschatz verstorbene» Koimnerzienrath
Ambrosius MarthauS hat die sächsische
Industrie einen ihrer bedrnt«ndstcn
Vertreter verloren. Der vormalige
Schulgeldeiunchmer und Vollstreckungs
beanite Herm. Otto Merbt von Striesen
ist wegen Untreue im Amt zu 2 Jahren
Gesängniß verurlheilt worden. Er hatte
amtliche Gelder in Höhe von ca. 4OVO
M. veruntreui. - Der frühere Vieh
händler und Fleischer F. H. Köhler von
Waldenburg, der sich mit Vorliebe sür
den außereheliche» Sohn des Fürsten
von Schön bürg anSgeaeben, wurde we
gen Beleidigung des Fürsten zu einem
Monat Gesängniß verurtheilt. Ihr
Leben endeten sreiwillig: aus Schwer
muth über einen Verlust der Hausdie
ner Trg, Hunger in Annaberg, infolge
geistiger Gestörtheit dcr Hausbesitzer
Wendler in Geithain, schwerer Leiden
wegen der Colporteur Ernst Hohlseldt
in Glauchau, aus Lebensüberdruß die
Wittwe Holzel in Mülsen St. Jacob.
Thüringische Staaten.
DeS Morde- angeklagt, stand der
Landwirth Baum ans Löberschütz b.
Bürgel vor den Schranken des Schwur
gerichts, Während der Krankheit seiner
Frau hatte derselbe mit der ledigen
Emilie Pörsch ein Verhältniß ange
knüpft. das nicht ohne Folgen blieb.
Da er die verlangte Entschädigung nicht
zahlen wollte, beschloß er, die Pörsch
aus dem Wege zu schaffe». Er lockte
sie dazu in seine» Weinberg und tödtete
sie daselbst mittelst Kolbenschlägen und
mehreren Revolverschüssen. DaS
Schwurgericht verhängte über ihn die
Todesstrafe. Der seit einiger Zeit
vermißte Glaserineister Uhrlau in Jena
ist in der Nähe der Schützenbrücke todt
aus der Saale gezogen worden. —Zu
zwei Monaten Zuchthaus wurde der
Redakteur der freisinnigen „Thüringi
schen LandeSzeitnng", H. Gamolka in
Ohrdruf, wegen Beleidigung des Her
zogs von Coburg verurtheilt. Kauf
mann Emil Bischoff in Soirneberg
wurde zum Cousul der Ver. Staaten
an Stelle des ausgeschiedenen Consuls
Emil Heß ernannt. Unter dem Ver
dachte, sein eigenes HauS in Brand ge
setzt zu haben, wurde der Messerschmied
I. Sachs in Wasungen gesänglich ein
gezogen.— Der Buchhändler Krausche
in Gößnitz hat sich erschossen; die
Wittwe Samuel iu Ronneburg durch
schnitt sich in einem Anfalle von Geistes
störung den HalS.
Hef fen -Da r iu stad t.
Der Schreiber Phil. Herbert, der als
Agent der Brüsseler Centralbank in
Darmstadt eine ganze Reihe von Betrü
gereien verübt hat, wurde zu Z Jahren
22 Wochen Zuchthaus verurtheilt. —In
Effolderbach hat sich eine Spar- und
Darlehenskasse (eingetragene Gcnossen
schast mit unbeschränkter Hastpflicht)
constituirt. Als Director wurde der
Kausman» Wols gewählt. In voller
Rüstigkeit beging kürzlich die verwitt-
Ivetc Zerline Brandt in Grünstadt ihr
IWjährigeS GeburtstagSsest. Unter
der Anschuldigung der Wechselfälschung
wurde der Fabrikant Arens In Kostheim
aus auswärtige Requisition verhaftet. —
Der Gemeindesteuer-Einnehmer Diehl
'V. in RüsselSheim flüchtete, als eine
Visitation der von ihm. verwalteten
Kasse vorgenommen werden sollte.
Ueber seinen Verbleib und über den
Stand der Kasse verlautet noch nichts.
—ES feierten: die goldene Hochzeit die
Ebelcutc Briefträger Arnold in Bingen
und Kantor Nanz in Schlitz. Es er
hängten sich: der Schuhmacher Adam
Born in Birkerts uud der Maurer P
Bauniann I. in Groß Rohrheim.
Königreich Bayern.
Der Unterhändler Sander in Altdors
wurde zu acht Tage» Gefängniß verur
theilt, weil er einen Lehrer dadurch be
leidigt habe« soll, daß er ihm den
Titel ..Schulmeister" gab. 112 In
Augsburg der Redacteur des „Augsb.
Tagebl.". Ludwig Schaurer, der Dich
ter des sinnigen patriotischen LiedchenS
„Weiß »nd blau". Dem in Bamberg
im Jahre 1799 geborenen Reichsrath
nnd Stiftspropst Johann Joseph Jgnaz
Dr. v. Döllinger will man an seinem
Baterhause eine Gedenktafel widmen,—
In Martinsbuch hielt gelegentlich des
PatroziniumS Psarrer Lorenz aus
Waldsasse» die Festpredigt, in welche er
u. A. folgende Erzählung einflocht:
.ES starb einst ein großer Lump, wel
cher eine Menge schlechter Schriften und
Werke verfaßte, die jetzt »och vielfach
verbreitet sind und von den modernen
Lumpen gelesen und verherrlicht wer
den. Dieser Lump war Göthe!"
In Bildhausen wurden nach gewalt
samer Ocffnuug des Schlafzimmers der
Gutsbesitzer Kreger mit Ehefrau und
zwei Kindern insolge KohlengaSaus
ströinuiig todt im Bette ausgesunden.
Die größere Tochter, im Nebenzimmer
schla'end, kam von der Familie allein
mit dem Leben davon.
K ö ii i g r e i ch W ü r t t cm b e r g.
Die zwei Söhne des Metzgers Locher
in Ehingen. 2» und lv Jahre alt, be
kamen beim Nachtessen Händel, wobei
der ältere, ein Metzger, nach seinem
Messer griff und seinen Bruder durch
einen Stich iu's Herz sofort lödtete.
Der Thäter, welcher über seine That
bittere Reue zeigt, ist verhastet. —Unter
Mitnahme des BaarbestandeS der von
ihm verwalteten Krankenkasse ist der
Schutzmann Halbrucker von Göppingen
verschwunden. Das bekannte »schla
fende Mädchen" in Salzstetten ist nach
etwa acht Wochen erwacht, aber bis jetzt
stumm geblieben, obgleich sei» sonstiges
Befinden gut ist. Innerhalb der
letzten ach! Tage sind in Ludwigsburg
drei Gemeinderäthe gestorben. Dem
vor einer Woche dahingeschiedenen Ge
meinderath A. Mack sind jetzt die Ge
meinderäth: Huß und Schreiber im
Tode nachacsolgt. Selbstmord durch
Erhänge» beyingcn: in Gcchlngen miß
licher Faniilicnverhältnisse wegcü dcr
Schneide? F., in Hosen 0.-A. Besig
heim der dtlu Trünke ergebene Stein
brecher G,, !» Knittlingen dcr SchSscr
H. Lorenz, iu MarkgrSningc:! aus
Furcht vor Strase wegen eine» Dieb
stahls; der Weber Wilh. Reck; erschossen
haben sich: in Gaildorf der geisteS
gestörte OberanitSthicrarzt Noller, in
Waggershausen bei Friedrichshasen in
der Ki«he während des Gottesdienstes
dcr Pslcgesohn dcS Bauern R.
Groß h cr zogt h >i m Baden.
Der seit einiger Zeit vermißte Land-
Wirth Graininelspacher in Bollschweil
wurde im Walde als Leiche aufgesuu
den. G. hatte sich er litt au Ver
solgungswah» dorthin geflüchtet,
versteckt gehalten nnd ist vermuthlich
verhungert. Eine TabakauSstellnng.
verbunden mit Preis- und Diplomver
theilung, sand in Büchenau statt. Die
Zahl der aus der Freiburger Hochschule
immatrikiilirten Studenten beträgt gegen
900. Dem Vernehmen nach wird noch
vor Jahresschluß der Erbprinz von
Nassau die hiesige Universität beziehen,
um staatSwissenschasllich«» nnd juristi
schen Studie» obzuliegen. Die neu«
Uhrmacherichule in Furtwaugen ist nntcr
Dach gebracht. Das Gebäude macht
schon jetzt einen imposanten Eindruck
»nd wird »ach gänzlicher Fertigstellung
eine Zierde F«rtwange»s sei». Freu
dig begrüßt wird allerseits die in Aus
sicht stehende Verwirklichung des von
den betheiligten industrielle» Kreisen
Württembergs und Badens lebhast be
triebenen Plans einer Murgthaleisen
bahn von Gernsbach (Weissenbach) bis
Frcudenstadr. Die Gcsammtzahl der
Studirenden der Heidelberger Univer
sität beträgt sür das Winterhalbjahr
970. DaS Scheffel-Denkmal in Hei
delberg, das auf dcr großen Schloß
terrasse seinen Platz finden wird, zeigt
den Dichter im besten ManneSalter in
schreitender Stellung, die Wandertaschc
auf dem Rücken, mit Lodenrock u«d
hohen Stiefeln. Bekanntlich hat sich
über diese Auffassung s. Zt. ein starker
Streit entsponnen. DaS Monument,
ein Werk deS Karlsruher Bildhauers
Adols Heer, soll im nächsten Jahr zu
einer Zeit, wo aus möglichst vollzählige
Betheiligung dcr Studentenschaft ge
rechnet werden kann, enthüllt werden.
Betreffs der Tieserlegung des Boden
sees hat der Konstanzer Stadtrath, von
den badischen Usergemeinden unterstützt,
an das Ministerium des Innern eine
Petition gerichtet, die Regierung möchte
mit den Regierungen der intercssirte»
Userstaaten ein Emverständniß zu er
zielen suchen, zur baldige» Ausführung
der Tieserlegung der Hochwafferstände
des BodenseeS. Der durch das letzte
Hochwasser im Septkinber 1890 in der
Konstanzer Gemarkung verursachte
Schaden beziffert sich aus 43,000 M.
Ueber das Vermögen des Orchestrion
sabrikaiiten G. Keller in Lenzkirch, dcr
im Juni d. I. plötzlich mit einer
Karonsseldame mit Hinterlassung von
Familie und Geschäft verschwand, war
aus Antrag eines Gläubigers der Kon
kurs eröffnet worden. Dabei stellte sich
heraus, daß dic Passiva um 41,000 M.
Aktiva überschritten wurden, so daß die
nicht bevorzugten Gläubiger etwa 109
Prozent erhalten hätten. Der wieder
heimgekehrteK. wurde jetzt weg«» Nicht
sührung von Geschäftsbüchern zu vier
Wochen Gefängniß verurtheilt. Die
Entsestigung Rastatt'» wird, nachdem in
den jüngsten Monaten die bezügliche»
Arbeiten geruht hatten, neuerdings wie
der energischer betrieben. Seitens der
Bürgerschaft wird aus Beseitigung der
durch die Entsestigung verursachte»
Nachtheile gedrängt. 112 In Schopf-
Heini Fabrikant Karl Wilhelm Grether.
Aus dcr Rhein Pfalz.
Im Kreise ihrer Angehörigen feierte
Zerline Brandt in Grünstadt ihren 100.
Geburtstag. Der Redacteur dcr de
mokratischen „Nordpfälzischen Bürger
zeitung", Leander Oswald Philippfon
in Kirchheimbolanden, wurde wegen
Beleidigung des Gerbereibesitzers S«Y
ler zu 8 Tagen Gefängniß verurtheilt.
Selbstmord durch Ertränken begin
gen: iu Ludwigshasen der Fabrikarbei
ter Adam Soine und die Wittwe deS
Schutzmanns und späteren WirthS
Blanth; erschossen habcn sich: aus
Furcht vor Strase, dcr Unterossicier
Oskar Schuhmaun in Gcrmcrsheim und
aus Liebeskummer der Schreiber Fr.
Gauin aus Frankenthal; aus der Bahn
strecke Ludwigshafen-Reustadt warf sich
der Bahnwärter Bäk. Krämer von
Schifferstadt auf das Schicuengeleife
und wurde von dem daherbrauseuden
Eisenbahnzug surchtbar verstümmelt.
Unglücklichen! Sturze erlagen der Ackerer
Pet. Nohr in Fehrbach und dcr Spital
psründner L. Steinhübel in Zweibrük
ken: in Speyer ist der Redacteur Stark
( „Speyerer Zeitung") Nachts aus dem
Heimwege im Speyerbach ertrunken,
Mecklenburg.
Als Sieger a»S dem Wettbewerb sür
ein Fritz Reuter-Denkmal in Staven
hageii ist Bildhauer Martin Wolfs in
Berlin hervorgegangen. Sein Entwurf
stellt den Dichter dar, in ungezwungener
Haltung aus einem alterthümlichen
Lehnsessel sitzend. ES feierten: die
diamautene Hochzeit die Eheleute Gro
now in Mierow; die goldene die Ehe
leute Schlatow in Carlow, Bohn in
Domern, Kretzel in Friedland, Millahn
in Teterow und Trost in Wendisch Pri-
Oldenburg.
In der Gemeinderathssitznng wurde
die von Vertretern Varels entworfene
Petition uni Crbauung einer Eisenbahn
von Nordenham nach Varel, mit Ab
zweigung »ach Eckwarderhörne, verlesen,
genehmigt und unterschrieben. Mit
Hinterlassung namhafter Schulden ver
schwand der Zimmermeister Gromberg
von Bürgerfelde. Zu den seilen« der
Regierung projecürten Bahnbauten ge
hört auch eine Verlängerung der Linie
Essn» Löhningc!:.
Die Stickcrei beschästig: in dcr
Schweiz etwa Lv.iX») Arbeiter: au Löh
nen werde» jährlich etwa 5V Millionen
Franken ausbezahlt und der Werth al
lcr Stickmajchineil macht zusammen
etwa 4V Millionen Fr. ans. Der
RegiernligSrath hat dem Münsterbau
vcrei» in Bcr» die Erlaubniß ertheilt,
die sür den vollständigen AnSbau des
Müusterthurnis noch nöthigen 24,000
Fr. durch ein von einem Finanzkonsor
tium zu patronisirendes Lotterieunter
nchnicn auszubringen. Im Berner
Oberland wurden in den letzten drei
Jahren, hauptsächlich zur Hebung des
Fremdenverkehrs, 14 Eisenbahnlinien
gebaut oder konzesjjonirt, bezw. deren
Koiizejsionirung nachgesucht. Die Ko
ste» beziffern sich auf über SdH Millio
nen Franken, wobei die neuesten Pro
jekte dcr Großen Scheideck-Bahn uud
der Bah» Lauterbrunnen-Visp mit ihren
etlichen Millionen »och »icht mitgerech
net sind. Im Kanton Aargau wird
Alkoholzehntcl sür eine Anstalt für
jugendliche Verbrecher uud Taugenicyise
verwendet werde. Die Anstalt soll in
die ohne alljugroße Auslagen zu erwer
dende alte Festung Aarburg gelegt wer
den. —lm Kantonsrath hat Psarrer
Burkhart vorgeschlagen, dem Kaiser
von Oesterreich zum NamenSseste die
Habsburg zu schenke», sofern der Kaiser
das Versprechen gebe, die Rheinkorrek
tion und den Rheindurchstich in Jahres
srist beginnen zu lassen. Der Große
Rath in Baselstadt gestattete die Einfüh
rung der fakultative» Feuerbestattung
und ermächtigte die Regierung zur
Erstellung von Einrichtungen sür
Feuerbestattungen, wenn Vereine und
Private einen angemessenen Beitrag an
das Anlagecapital zusichern. In
Liestal ist d«r Leichnam des Stände
raths Dr. Birmann ausgegrabe» wor
den und, dem Wunsche des Verstorbenen
gemäß, aus dem Gottesacker seiner
Heimathgemeinde Rünneberg in Kilch
berg beigesetzt worden. Die Univer
sität Gens war im letzten Halbjahr von
mehr als 600 Studenten besucht; dckh
deutsche Element zeigte sich stärker als
je bisher vertreten. Der Wasser
schaden im Kanton Graubünden, den
der letzte August angerichtet hat, beläuft
sich nach amtlicher Schätzung aus nahe
zu 1,000,000 Fr. —ln Klosters ist die
Fabrik Jann Maag abgebrannt.
Zahnarzt Häflinger in Schwyz, der an
geklagt war, seine Frau vergiftet zu
haben, wurde vom Criniinalgericht zu
lebenslänglichem Zuchthaus verurtheilt.
In Lausanne starben Professor de la
Harpe, sowie der schweiz. Cousul von
Melbourne Guillaume de Pury. —ln
Martinach gab eS Unruhen; etwa 150
Radikale stürmten Nachts um 10 Uhr
die Wohnung deS Probstes von St.
Bernhardt. Die Regierung sandte
eine Abtheilung von zehn Landjägern
hin. fln Zürich der berühmte Phy
siker Pros. Dr. Mousson. Mit dem
weltbekannte» Botaniker Prof. Heer
und dem Geologen Prof. Escher von
der Linth, die ihm längst im Tode
vorausgegangen, bildete er einst das
ost genannte Züricher Kleeblatt.
O e st e r r e i ch.
Aus Grund einer kaiserlichen Ver
ordnung wurden 200,000 fl. zur Linde
rung des Nothstandes der durch Ele
mentar Ereignisse betroffenen Bewoh
ner Mährens ans Staatsmitteln bewil
ligt. Die in Graz lebende Kammer
sängerin Marie Witt inachte anläßlich
ihres Scheidens von der Kunst eine
Stiftung bei der Statthalter«! in Höhe
von 100,000 fl. mit zehn StiftSplätzen
für Grazer und Wiener UniversitätS
hörer. Die Kaiserjäger in Innsbruck
errichten Andreas Hofer ans dem nahe
gelegenen Jselbcrg ein sehr schönes
Denkmal, welches Bildhauer Natter au
fertigen wird. In einem Hotel der
Wiener Leopoldstadl hat dcr Bauaus
seher Leop. Urban aus Klagensurt, ein
verheiratheter Mann, seine Geliebte, die
20jährige Joh. Jeyni von dort, durch
einkn Schuß tödtlich verletzt und hieraus
sich selbst erschossen. In hinterlassenen
Briese» bitten beide um Verzeihung sür
die „grausige That". Sie seien unzer
trennlich, und da sich ihrer Verbindung
Hindernisse entgegenstellten, hätten sie
beschlossen, gemeinsam zu sterben. Ur
ban bittet »och insbesondere um Ver
zeihung sür den „Mord aus Liebe".—
Peinliches Aufsehen erregt in Oester
reich ein gegen das Königreich Italien
gerichtete Kundgebung deS dortigen
Bischofs Doppclbauer, in welcher der
selbe behauptet, die mit der Freimaure
rei verbundene italienische Regierung
arbeite unausgesetzt nnd zielbewußt da
hin, die katholische Kirche, wenn mög
lich, gänzlich in Italien auszurotten. —
Meran ist fast verödet; der größte
Theil der Kurgäste ist nach Berlin ab
gereist. Eine daselbst schon sür unrett
bar erklärte Frau, die sich trotzdem nach
Berlin begab, starb unterwegs. Pro
sessor Schnitzler machte in der Polikli
nik die ersten Versuche mit dem ans
Berlin mitgebrachten Quantum Lymphe
I n der Wohnung des Wech
selstuben Besitzers I. H. Singer in
Wien erschien unlängst ein Herr, welcher
sich der Gattin des Bankiers als Pvli
zei Coinmissär vorstellte nnd der er
schreckten Frau erzählte, daß ihr Mann
soeben verhaftet worden sei, weil man
bei ihm salsche Banknoten gesunden
habe. Er sei auch beaustragt, Nach
schau zu halte», ob nicht auch die ande
re» Banknoten, die sich in dcr Wohnung
befinden, falsch seien. ES waren 700
Gulden in Banknoten vorräthig, irelch«
die Frau dem Schwindler auslieferte.
Auf ihr Bitten, «r mög« ihr zur Fort
führung ihres Haushaltes 100 Gulden
lassen, ließ der Gauner großmüthig
dies« Summe zurück. ES wird eifrigst
nach dem Schwindler gefahndet.
Bertha Rother, welch«
gegenwärtig als Sängerin in DanzerS
Orvhcum in Wien auftritt, ivar vom
dortigen Landgericht in dringender
Weise ausgefordert worden, eine Gast
rolle als Zeugin in einem Civilproceß
zu übernehme». Die eigensinnige K unst
leri» entzog sich jedoch bisher beharrlich
dieser Verpflichtung, Der Streitkall
erinnerte sie vielleicht allzu schmerz
lich an ihre kurze Brautzeit, die mit
dem vorzeitigen Witlwenthum dcr in
teressanten Dame ans dem sür sie er
kauften mecklenburgischen Ritiersitz ihr
Ende sand. Im Jahre 1887 wollte dcr
junge MillionärSsohn. Joseph Edler
von Schroll, wie man sich erinnern
wird. Fräulein Bertha Rother hei
rathc». Seine Eltern wollten diese
Verbindung nicht zugebe» und setzten es
durch, daß Joseph von Schroll wegen
Verschwendung unter Curatel gesetzt
wurde. Kurze Zeit vor der Curatel
Verhänguug hatte Joseph von Schroll
seiner Geliebten in dcr Gußhausstraße
eine elegante Wohnung herstellen lassen,
wozu er 4800 Guldeik sich von einem ihm
bekannten Lohndiener des Hotel Sacher
vorstrecken ließ. Mittlerweile wnrde
der junge Schroll unter Curatel gesetzt,
und dessen Curator bestritt die Ver
pflichtung zur Bezahlung des Betrages
von 480(1 Gulden. Der Hotellohttdie
»er brachte nun beim Landgericht iu
Civilsache» die Klage gegen Joscvh von
Schroll ein, der in dieser Rechtssache
Nachdem die Verhandlung bereits drei
mal vertagt werden mußte, weil Bertha
Rother ihrerZengenpflich! niibt nachkam
»nd auch eine ihr diesfalls auscrlegie
Geldstrafe nichts fruchtete, wurde nun
deren zwangsweise Vorführung zur
Verhandlung, welche nächstens stattfin
den soll, angeordnet.
Während der ga uz e» Un
tcrsiichuilg in der Affaire Cyraud Bom
pard in Paris ließ der Untersuchungs
richter Doppsen die beide» Mörder des
Gerichtsvollzieher Gouffe im Polizeige
wahrsam des JnstizpalasteS, um sie
stets bei dcr Hand zu haben. Cyraud,
und Bompard haben nun das Gesäng
niß verlassen ; er wurde nach Maza»
sie nach Saint - Lazare gebracht.
Der Grund dieser Maßregel ist folgen
der: Vor drei Tageu brachte mau Ey
raud einen Absührthee. Kaum hatte
der Mörder davon gekostet, als er aus
rief, man wolle ihn vergiften, und dies
sei ohne Zweifel das Werk GarangerS.
Die beiden Wächtet konutcn ihn nur
mit Mühe beruhigen und ihn veranlas
seil, deu Thee zu trinken, indem sie selbst
davon tranken. Am nächsten Tage
mußte man die beiden Wächter ins
Hospital bringen. Sie litten an furcht
baren inneren Schmerzen und zeigten in
der That alle Symptome einer Vergif
tung. Eyraud ging es ebenso. Er
ließ seine» Advokaten kommen »nd er
zählte ihm den Vorsall mit dem Zusatz,
daß man ihn habe umbringen wollen.
Der Advokat begab sich zum Untersuch
ungsrichter, der in Eyrauds Uebersicht
riliig nach MazaS einwilligte und die
Bompard «ach Saint - Lazare schickte.
Gabrielle war wüthend über diesen
Wechsel ihres Ausenthaltes und schrie
in tragischem Ton: ..Was, man wagt
«S, mich in ei» Gesängniß zu bringen,
wo nur verlorene Weiber sind. DaS
ist gemein! Ich bin nicht die erste Be
ste. Man soll mehr Rücksicht sür mich
haben". Und sie weinte bitterlich. Bei
dieser Gelegenheit sei es nicht uner
wähnt, daß ein großer Schneider vom
Boulevard dem Vertheidiger Eyrauds
de» Vorschlag gemacht habe. Letztcrem
einen eleganten Anzug für die Verhand
lung vor de» Geschworene» anzuserti
gen, selbst bis zum Preise von 300
Francs. Ein Barnuin soll sich erboten
haben, den Anzug, de» der Mör-'
der vor Gericht trage, mit Gold aufzu
wiegen.
Aus dem Wa sich elist e i n
hat man unlängst Ausgrabungen vorge
nommen. Der Wasichenstein ist die sa
geiiberühmte Burg aus der Grenze der
Psalz und Lothringens, nach welcher
Waltarius ost genannt wird. Bei die
er Burg sollen auch die zwöls Kämpse
zwischen WaltariuS und den Manne»
des Königs Gunther ausgesochte» wor
den sein. Die Ausgrabungen werden
auf Kosten der rcichsländischen Regie
rung vorgenommen. Auf der Ober
fläche der Felfenburg legte man eine
Randfläche von 24 Meter Länge blos.
Unter der Schuttdecke wurden die Spu
ren eines runden, drei Meter dicken
Wartthurms sichtbar. Ferner «ntdeckte
man eine Felsentreppe deren 25 Stusen
auswärts führten zu einer Oeffnnng im
Frlsen. Diese Oeffnnng wieder sührte
zu zwei iu den Fels hineingearbeitet«»
Gemächern, von denen aus man de»
ganze» Umkreis der Biirg weithin über
schauen kann. Wie Herr Dr. Mehlis,
der den Ausgrabungen beiwohnte, in
der neuesten Nummer des „Correspon
denzblattes der Westdeutschen Zeitschrift
sür Geschichte und Kunst" darlegt, muß
der Dichter des Waltariliedes diese neu
ausgegrabene Stelle des WasichensteinS
im Auge gehabt haben, als er die Oer!
lichkeit schilderte, an der Waltari seine
Schätze vor den beutelüsternen Burguu
deaii barg.
Tagtäglich wächst die
Zahl der Aerzte, welche die Kvch'sche
Entdeckung nach Berli» gesührt. An
einem einzigen Ta<>e sind wieder gegen
15« eingetroffen. Weit über die Halste
besteht aus Ausländern. Aus Kope»
Hage» kamen sechs, aus Stockholm zwei,
ans Petersburg drei, ans Warschau und
Lemberg je zwei, andere kamen ans
Wie» (drei), Prag. Innsbruck (Uni
versilätS-Assisteiit Dr. Ganner», aus
Ungar» (ackit>. ans Fiiime l Hosarzt
Jiseljac), Ge»ua (u. A. Professor
Grisfani), Neapel (drei), Piacenza
Padua (Professor Borgherini), aus
Sa» Nemo, Turin, Paris < Dr.
Guane), Gent izwei), London i2>,
Birmingham (drei). Dublin, New
Kork (zwei), ja sogar aus San Fran
eisco.
jüngst berichtete c>»
Provinzialblatt, d.iß ei»
zewiffer Roquet von einem Rollwagen
überfahren und furchtbar zugerichtet
worden sei. Angesichts seines hoss>
liiingsloseii iiild qualvollen Zustandes
habe der Führer des Wagens, um den
Schmerze» des Verunglückten ein Ende
tu mache», ihm sein Messer in's Herz
zestoßen uud den Leichnam dann »ach
Sem Heilnathdorse zurückgefahren.
Hierüber erschiene» lange Betrachtun
zen in Pariser Blättern und hervor
ragende Juristen wurden befragt, wel
cheS Schicksal nun den „Mörder aus
Mitleid" erwarte. Mit großem Aus,
vand von Scharfsinn kamen sie zu ver,
ichiedenen Schlüsse», doch werde» sie
üicht in die Lage kommen, dieselben?
vor Gericht zu vertheidigen, da das,
Provinzialblatt, das die Sache berichtet
hatte, unnmehr mit der spöttischen Er»
llärnng hervortritt, daß der Uebersah >
rene und dann hingemordete keineswegs,
vie es scheine, ein Arbeiter Roquet,
sonder» ein ganz gewöhnlicher Hund
(roczuot —Spitz) gewesen sei, über des
sen trauriges Ende es in etwas feierli
cher Weise berichtet habe.
Dcr Erzbifchofvon Ean
lerbury hat fein Urtheil über den des
Ritualismus angeklagten Bifchof von
Lincoln abgegeben. Der Spruch ist„
vie zu erwarten stand, sehr milde aus-,
zesallen. Nach der Entscheidung des
Erzbischoss verstößt das Mische» des.
Weines im Kelche mit Wasser in dcr
Kirche selbst gegen die Ordnung der
englischen Kirche, Die Stellung des
gklebranten, ob nach Osten gerichtet!
sder nicht, beim Abcndmahl, ist kirchlich
licht vorgeschrieben. DaS Brechen
SroteS „vor dcr Gemeinde" ist so zu,
»erstehen, daß dic Gemeinde nicht daran
zcrhindert wird, es zu sehen. Das Ab
jingen des I>si könne nicht als
papistisch angesehen werde» und ebenso
oerstoße der Gebrauch von Kerzen aus
>em Altar nicht gegen die Satzungen,
>er Kirche. Erlaubt ist es dagegen
»icht, wie es dcr Biichos von Lincoln
zethan hat, das Zeichen des Kreuzes
sei der Absolution und dcr Segen
iprechung zu mache». Dcr letztere
Punkt istsast der einzige, in welchem
>as Urtheil gegen den Bischof ausge
ialleu ist, während eS ihn, was das
örechen des Brotes „vor der Gemeinde"
«ilangt, nur eines Mißverständnisses
leiht.
In einigen Blättern
vor die Rede von einer, dem Minister
». Lucius zugefallenen ungeheueren
Erbschaft, welche sich srüher dcr Bestene
luiig entzogen habe. Hierzu bemerkt die
,Post": „Frau Souchay, englische Un
:«rthanin, Schwiegermutter des Mini
iters, ist im vergangenen Januar unter
Hinterlassung eines beträchtlichen Ver
nögens in Wiesbaden, wo sie seit länge
rer Zeit lebte, verstorben. Dieselbe
var, wie vom Vorsitzenden der Bezirks -
Linschätzungscommission in Wiesbaden
bestätigt worden ist, bis zum volle» Be
lage ihres steuerpflichtigen Einkommens
nngeschätzt und demgemäß sür Staats
»nd Commiinalzweckc besteuert. Uebri -
zeus erreicht dir Hiutcrlassenschaft nicht
mtseriit dic von phantasievollen Repor
irrn angegebene Höhe." Dic „Freis.
gtg." theilt dagegen Folgendes mit:
Zreiherr v. Lucius hat im vorigcn
Zahrc aus sciucm Vermögen eine große
zidcikommißstiftung gemacht und bei
ieiueu College» im Staatsministerium
deantragt, sich bei dem Kaiser dahin zu
»erwenden, daß ihm im Gnadenwege
)er Fideikommißstempel von 3 Procent
»«s Fideikommißvermögens crlafle»
verde. Das Staatsministerium ist in
öetreff der Befürwortung dieses Steuer
drfreiungSgksuches scineS College» gc
chcilter Ansicht gewesen. Man hat be
schlossen, es aus dic persönliche Entschci
»ung des Fürsten Bismarck aiikonimen
ju lassen. Fürst Bismarck abcr bat zu
Nunstcn dcr Stcucrbcsrciung cntschic
d«n, und ist insolge dessen Freiherr
o. Lucius durch königliche Verordnung
»on dcr Zahlung des Fidcikoinmißstem
pels befreit worden.
Aus dem von Thorn
!ommenden Frühzuge wurden jüngst in
verlin zehn Personen zwei Männer,
Ans Frauen und drei Kinder aus
zesetzt, weil sie in einem Wagen vierter
Klasse ohne Billets betroffen wurden.
Die Leute kamen aus Russisch Polen,
ind wollten nach Brasilien auswandern.
In Thorn hatte sich dem „Berl. Tage
»latt" zusolge ein «och junger Mann zu
>en Auswanderern gesellt und ihnen,
»achdcm er den Zweck ihrer Reise ersah »
ren, vorgcspiegelt, daß er selbst bereits
in Brasilien gewesen sci: er erbot sich,
»en Leuten Billets und das sonst Noth
vendige sür die Reise zu besorge», und
»ahm ihnen die Papiere und dic gc
jammtc Baarschast ab, die allerdings
»ur 92 Mark betragen hat. AIS die
ü«ute in Nakcl ankamcn <in Brombcrg
>altc cinc Revision nicht stattgefunden)
ind ohne Fahrkarten betroffen wurden,
»erleuguetc sie jener Mann, und die
Lermsten wurden während des zwei
Minuten dauernden Auseuthaltes aus
;e>etzt, während dcr Schwiudlcr in dcr
Ziichtung nach Bcrlin die Fahrt fort- ,
jetzte. Die Leute, ländlich- Tagelöh
!ier, sprechen und verstehen kein Wort
Deutsch. Der Bürgermeister in Nakcl,
>n den die Verlassenen sich wendeten,
vies sie ad, veranlaßt« aber, daß dem
Nauner ei» Telegramm nachgesandt
«urdc, welches ihn den Behörden sig
»alisirte.
lii Columbien liegt der
!!rt Tona, dcr nngesähr ZOO Einwoh
ner zählt In Folge verschiedener
Korsälle ließ dic Rcgicrung deu Orr
iür einige Monate kein Bürgermeister,
Richter, Polizeidiener, Amtmann, Gc
richtSschreiber und kein Geistlicher zu
finden. Als man cincu der Bürger
l'ragte, wie eS ihnen ginge, sagte er:
»Seit wir keine» und
habcn, geht eS uns ganz gut, und wen»
mal Jemand etwas zu ties ins Glas
zeguckt hat, dann stecken wir ihn alle
veil selber ei» paar Stunden in'»
Loch,"