s Gemüthlich und ungezwungen ging e« noch vor wenigen Jahren in den englischen Theatern z», »nd uiibesangene Extempores der darstellenden Künstler gestalteten das Verhältniß zwischen die sen und dem Publikum noch vertrauli cher. Im Adelphitheater zu London— so schreibt man Zeit, von zum ersten Male über die Bretter. Ne benbei bemerkt, ist das Stück nichts An dereS, als eine etwas ungeschickte Nach bildung des Scribe'schcn „Glas Was ser" und spielt in Spanien. Als der Schauspieler Dütes (in der Rolle dei Herzogs von Olivarez) eben eine herz erschütternde Tirade gegen die Königin losließ, sing aus der Gallerie ein zwei jähriges Kind auf dem Schooße seine, Mutter jämmerlich zu schreien an uni wollte sich durchaus nicht beschwichtigen lassen. Das Publikum begann bedrohlich z>> mnrren. Da trat MeS-Olivarez ur plötzlich an die Lampen vor und ries „Meine Herren und Damen, hier haben Sie durch den unvorhergesehenen Zwi schensall die Moral unseres Stückes, di« besagt, daß kleine Ursachen große Wir kungen hervorbringen, wie der Funki die Flamme. Wenn das Wüthen dies« kleinen Teufels nicht bald sich legt uni dadurch Ihr Unwillen noch höher ge steigert wird, so müssen Stück, Verfasse« und Direktor, welche Drei ich sür de» Augenblick in meiner Wenigkeit dar. stelle, elend zu Falle kommen. Darum, meine Herren und Damen, wenn Si« mich vernichten wollen, so thun Sie eS lieber gleich, auf daß wir wenigstens eim.s schnellen Todes sterben!" Dies« gut angebrachte Standrede verfehlt« nicht ihre Wirkung. Das Publikum rief Bravo und klatschte dem Schau spieler Beifall. Ermuthigt durch den Erfolg, wandte Uates sich gegen der immer noch tobenden Schreihals und riej der Mutter zu: „Madame, Sie sind ei? Muster mütterlicher Zärtlichkeit uni besitzen einen hoffnungsvollen Sohn, dessen glückliche Stimm-Anlagen mar nicht genugsam hegen und pflegen kann Doch wollen Sie die Güte haben, sich für jetzt an ein anderes Gestade zu ver fügen, so werde ich mir eine Ehre daran» machen, Ihnen für morgen vier Ein trittskarten zu überreichen." Worauf Kates sich wiederzu der Majestät wandte, um in seiner Tirade fortzufahren. Das Stück nahm von da an den besten Fort gang und sand den ungetheiltesten Bei fall. Der Herr Doktor. Aeltcre Berliner werden so schreibt man der „T. R " sich noch einer vor trefflichen Wirthschaft in der Nähe der Charite erinnern, die ihrer Lage wegen viel von Studirenden der Medicin be sucht wurde. Nicht wenig trug dazu der freundliche joviale Wirth, Herr T., bei, der sich gern mit seinen Gästen un terhielt und mit dem die Studenten hau fig ihren Spaß hatten, den er bei feiner harmlosen Natur fast niemals übel nahm. So wurde ihm einstmals vor gestellt, wie hübsch eS klinge» und wi« sehr es ihn in den Augen des Publi kums heben würde, wenn er den Dok tortitel erhielte nnd seine Gäste ihn dann mit „Herr Doktor" anreden müßten, Als er hieraus meiiite, das wäre ja recht schön, aber er sehe nicht ein, wie das möglich zu machen sei, wurde ihm aus einandergesetzt, „Doktor" könne Jeder werden. ES sei nur dazu nöthig, bei ei ner philosophischen Fakultät eine Disser tation einzureichen, nnd die werde ma» ihm machen, überhaupt die ganze Ange legenheit be'orgen, wenn er ein paar Bowlen fpeildiren wolle. Der Wirt» that dies wirklich. Nachdem aber die Bowlen längst vertilgt waren, erhielt er eines Tages eine gerichtliche Vorladung ünd als sich nach seinem Erscheine» ein Herr eine Weile mit ihm unterhalten hatte, bekam er den ihn höchlichst über raschenden Beicheid, er könne wieder nach Hau e gehen, denn man habe sich über zeugt, daß er nicht geisteskrank sei. Der erstaunte Wirth erkundigte sich natürlich »ach der Ursache einer solchen Vermu thung nnd ersuhr nun, daß bei einer d»»tichcn Universität von Herrn T. zwei Abhandlungen eingegangen seien über „Die Kunst, Fliegen zu zähmen und Maikäser durchzuwintern", verbunden mit der Bitte um Verleihung des Dok tortitels. Beider betreffenden Fakul tät waren darob Zweisel an der Zurech nungSfähigkeit des Einsenders entstan den und man hatte das Gericht gebeien, denselben aus seinen Geisteszustand hin untersuchen zu lassen. T> war natür lich anfänglich sehr ungehalten über den ihm gespielten Studentenstrcich, aber sein Zorn legte sich bald, und später er zählte er selbst die Geschichte oft mit vielem Vergnügen seine» Gästen. Der soeben abgelehnte Vorschlag des französischen Abgeordne ten Emile Moreau, die Führung des AdelltitelS käuflich zu machen depo, zu besteuern, hat auch für Frankreich nicht Ken Reiz der Neuheit. Die BourbonS trieben schon im 17. Jahrhundert mit Titeln Schacher, Allen voran Ludwig XV., der „vielgeliebte". 1706 ver lauste er 21,0 Adelstitel für je Zvov LivreS, I'.oB ernannte er SVO neue Ritter, die daS Doppelte zahlen muß ten. Im Ganzen soll er 1l)0 Millionen Franken bei solchen Geschäften einge nommen haben. Dafür nahm die Re volution ciiieiu dieser Ritter nicht nur seiuen Adel, sondern auch seinen Namen und schließlich daS Leben. Es war Herr de Saint Cyr. „Wie heißen Sie?" fragte ihn der Richter. „De Saint Cyr." „ES gibt keine de mehr." .Also einfach Saint lsyr." „Es gibt keinen Saint mehr." .Run, oann Chr." .Hier darf man Nie mand Sire nennen." Armer de Saint Cor! Sa» »ttb w der A»«sch«. «-» z. »«« »„»«Wl. Er hatte endlich wieder einmal einen größeren Auftrag. So saß er denn und zeichnete an dem Plane zu einer Villa, die sich der reiche Bojar Bipescn her stellen lassen wollte. Er zeichnete und dampfte dabei aus einer langen Pfeife. Em vorwitziges Bündel blon der Haare hing ihm über die Stirn nnd schwankte störend vor die Augen nieder, bis er eS mit einer nervösen und stolzen Bewegung zurückschauderte. Wenn er sich aber wieder über das Reisbrett beugte, dann fiel es wieder vor. So mochte er in immer erbittertem Kampfe mit dem eigenen Schöpfe an zwei Stun den gelegen haben, als die Thüre hastig aufgerissen wurde. „Kurt! Du mußt mir helfen ! Es handelt sich um einen Rath, um de» Rath, den der Freund dem andern schuldet!" „Schuldet? Ich weiß mich nicht z» erinnern, von Dir einmal einen guten Rath empfangen zu haben." „Nun denn, so mache Du den An fang und ich werde Dir guten Rath schulden." „Ich bin nicht abgeneigt, mit Dir in ein solches Schuldverhältniß zu treten. Aber muß das sosort sein? Ich habe dringende Arbeit." „So? Dringende Arbeit? Nimm an. Dein ältester, bester Freund sei in's Wasser gestürzt. Du russt ihm zu: warte ein wenig, zapple, ich habe drin gende Arbeit; wenn ich fertig bin, will ich Dich zu meiner Erholung, weil ich dann gerade nichts wichtigeres zu thun habe, retten." „So ernst ist's also? Gut, sprich, erzähle! In was bist Du den» hinein gefallen? Laß Dich nicht stören, ich zeichne weiter." „Also höre. Vor zwei Monaten reis« ich nach Italien. Ich war der glück li-hste Mensch der Welt. Als ich end lich wieder einmal dem herrlichste» Lande entgegeneilte, bemächtigte sich meiner eine übermüthige Stimmung. Und doch war ich dabei recht melancho lisch, Du kennst doch derartige Miß stimmungen. Ich dachte mir nämlich, wie nett es wäre, wenn ich diese Kunst reise nicht allein, mutterseelenallein machte. Nach Italien reisen ja nicht nur Künstler, Kunstkenner uuv Schwind süchtige. sondern auch Hoch eitsreisende Mich überkam eine stille nnd tiefe Sehn sucht nach einer Hochzeitsreise, Und während ich dieser Schwärmerei nach hing. leerte ich eine Flasche Wein. Als die Flasche mich an einen todten Körper zu gemahnen begann, dem Geist und Seeie entflohen, wollte ich sie durch s Fenster des Coupes auf de» Bahndamm werfen. Da fiel mir ein, daß Seesah rer, die sich in Noth befinden, Schiff brüchige, die an eiusame Küsten ver schlagen sind, eine leere Flasche, in der eine Bitte um Hilfe eingeschlossen ist, denFliithe-i anznvertrauen pflegen. Auch ich befand mich in Noth, auch ich war einsam, denn ich fühlte ja die Noth, welche die Einsamkeit mit sich bringt. So »ahm ich denn eine Visitkarte, schrieb auf die eine Seite unter den Namen meine genaue Adresse nnd aus die andere in deutscher, französischer, englischer und italienischer Sprache eine seltsame Auslobung. Den Welle» gab ich mein LebenSglück anheim, das Loos des Zusalls möge entscheiden; ich wolle Jene heirathen, die mir diese Karte vorweise. In meiner Brieftasche sand sich eine Jahreskarte der Tramway, welche meine Photographie enthielt. Ich löste die Photographie mit dem Federmc'ser ab. In der Reisetasche be wahrte ich ctnen klemm Beutel aus Wachsleinwand, in den ich ans Reisen meine Seife zn bergen pflegte. Photo graphie und Visitkarte wurde» über ei ne» Bleistift zusammengerollt, in das Veutelchen gethan und das ganze Pack chen sein säuberlich durch den Flaschen hals gestoßen. Dann korkte ich zu; ich entdeckte unter meinen Habseligkeiten anch Siegellack; ich siegelte die Flasche sorgsältig, drückte mein Siegel ein und wars noch einen zufriedenen Blick auf das Wunderwerk, das ich geschaffen, Schon wollte ich an das Coupesenster eilen, ilin die Flasche meiner Liebe den Fliühcii anzuvertrauen, den Fluchender Drau näin'.ich, über die der Zug eben sehte. In diesem Augenblicke erst be merkte ich, daß ich nicht mehr allein w ir. Eine ältere und eine junge Dame, Muncr und Tochter, waren, »iciil Vorhaben vertieft gewesen. 'Ver weiß, wie lange sie mich beol>. achtet haben mochten. Doch uun frommte lein Zögern. Unter u»S dröhnt die eherne Brücke, fernhin schimmerte das silberne Band des Flusses; eine rasche Bi weguug und wirbelnd flog die Flasche in die Tiefe. DaS Fräulein sah mei nem Treiben befremdet zn, es lächelte und schaute mich fragend an. Es ist selbstverständlich, daß ich mich beeilte, mich vor ihr zn entschuldige». Denn kälte ich geschwiegen, sie hätte mich viel leicht sür verrückt gehalten nnd ich war doch nur närrisch gewesen. Bald ent wickelie sich eine anmuthige Plauderei zwi-chen uns. Sie war neugierig, sie erkundigte sich »ach dem Inhalte des Schreibens, daS ich an eine unbestimmte Person abgesandt hatte, und ich war aufrichlig genug, ihr den Wortlaut des selben zu verrathe». Diese Art der Werbung schien ihr ob ihrer Seltsamkeit wohizugeiallcn. Das Mädchen war sehr hübsch, sehr ausgeweckt, sehr amü sant. Ich ersuhr von der Frau Mama daß das Reiseziel Abbazia sei. Sofort faßte ich den Entschluß, zu lügen: auch ich nannte Abbazia als den Endpunkt meiner Fahrt. Diese Lkge legte den Grund zn meinem Glücke, denn das Weitere dürfte Dir bekannt fein; ich hab« Dir ja erzählt, daß ich meine Braut in Abbazia kennen gelernt habe. Ich bin mit Claire seit zwei Wochen «erlobt, ich schwebe in allen Himmeln des Entzückens. Jene Flasche, so dachte ich mir, hat ihre Adresse nicht verfehlt, sie, Claire, ist das Weib in der Flasche!" „Nun, was soll ich Dir dann da ra then? Du bist glücklich. Du bist nicht mehr an die unwirthliche Küste der Ein samkeit verschlagen. Wie kann ich Dir helfen, der ich noch ganz nnd gar Ro binson bin?" „Nur noch einen Augenblick schenke mir Gehör uud Du wirst alsbald die peinliche Verlegenheit begreise», in der ich mich befinde. Claire ist nämlich nicht das einzige Weib in der Flasche. Ich habe soeben einen Besuch erhalten. ES ist ein Bojar mit seiner Tochter. Die Tochter diese Rumänen sind eigen artige Geschöpfe die Tochter ist ein wahres TeufelSmädchen. Sie ist excen trifch, kapriziös, prickelnd, so prickelnd, daß Pfeffer in ihrer Anwesenheit wie Limonde schmecken dürfte. Papa Pi pescu setzt mir in französischer Sprache auseinander, feine Tochter habe wäh rend eines BadeS in der Donau meine unglückselige Flasche ausgefischt; eine so abenteuerliche Art des Freien? macht auf ihren glühenden Geist den tiefsten Eindruck; sie glaubt in dem Umstände, daß gerade sie berufen gewefen, meine Sendung zu finden, den unmittelbaren und segensreichen Einfluß einer gött lichen Macht zu erblicken, welche ihr einen ihren Träumen entsprechenden Gemahl aus wunderbare Weise zusührt; die Photographie, ich muß auch dieser Einzelnheit Erwähnung thun, entflammt ihre Einbildungskrast vollends. Und nun ist Papa Pipescu mit seinem Töch terchen da, das Töchterchen ist da mit meiner verteufelten Visitkarte und be steht aus ihren Schein. Und während mir Papa PipeScu den Standpunkt klar macht, sitzt Marfa mir gegenüber und starrt mich, bleich nnd schweigsam, mit ihren großen, dunklen, leidenschaftlichen Auge» an; langsam und kundig senkt sie Blicke in die Tiefe meiner Seele, die mir zu Kopfe steigen und meine Sinne ver wirren." „Nun, und was sagt sie?" „DaS ist es eben, sie sagt nichts, gar nichts, sie gehört zu jener dämonischen Gattung von Weibern, die schweigen, wenn sie lieben, die schweigend beseli gen und erforderliche» Falles auch schweigend tödten. „Und Du willst nun meinen Rath höre» ?" „Gewiß. Deswegen suchte ich Dich „Nun denn, ich rathe Dir, Heirathe sie nicht alle Beide, denn ich hab: mir sagen lassen, daß dergleichen nach unse ren, in meinen Augen verwerflichen Ge setzen mit gewissen Unannehmlichkeiten verbunden sei." „Das ist Alles. waS Du mir sagen !annst?" Alles. Warum erklärst Du denn Deinem Papa Pipescu nicht einfach, die Zffentliche Auslobung Deines Herzens sei ein Scherz gewesen, ein Scherz, der seiner ganzen übermüthigen Art und Weise nach nicht geeignet sei, ernst ge kommen zn werden ?" „Das ist es eben. Ich wollte es schon lhun. Aber ich bringe eS nicht ibers Herz!" „Ei, Du liebst die Tochter des Bo aren?" „Ach Gott, nein! Du bist unaus stehlich! Aber als ich sie so vor mir sah, so jung, so schön, so leidenschaftlich, als ihr Aug- lechzend und verzehrend in dem meinen hing, als ich fühlte, daß mich Augen küssen könnten, da fand ich liicht den Muth, nicht die Kraft, ihr iinen Korb zu geben. Ich liebe ClairG lber ich kann das Marfa nicht gestehen, ch kann es nicht." : „Siehst Du diesen Villenplan? Ja? Weißt Du, sür wen er bestimmt ist? Mr Dich, mein Freund! ES ist Pipescu, »ein ich denselben ausgearbeitet habe, :S ist PipeScu, dem ich denselben nnn übergeben werde. Ich muß fort. Be reite mich. Vielleicht kann ich Dich aus Leiner peinlichen Situation retten, wenn ch Marfa gesehen habe. Ein guter Tinfall kommt meist unversehens und lngernsen." Die beiden Freunde machen "sich ans zeii Weg. Der Architekt fncht Herrn PipeScu auf, Kurt wartet im Kaffee- Haufe, das sich im Hotel befindet. Er wartet, wartet, wartet. Endlich »ahzwei Stunde« steht der ersehnte Rathgeber nieder vor dem Verzweifelte». „Du kannst von Glück sagen, lieber Kurt, daß Du einen Frennd, wie Ich iiner bin, Dein nennen kannst, einen .-reuen, zu jedem Opfer bereiten freund. Du bist gerettet; Du kannst. Deine Claire heirathen; ich Heirathe Deine Marfa." „WaS? Ist's möglich?" „Sie liebt mich!" „Wie hast Du denn das gemacht ? Du bist ein Hexenmeister!" „Ganz einfach. Ich gehe hinauf und finde den Papa Pipescu mit seiner Tochter. Ich breite meinen Plan vor IZapa Pipescu aus. Er ruft lein Töch -rchen herzu, denn das LandyauS sollte ,a für sie bestimmt sein. Ich sehe die Vortheile des beabsichtigten Baues ins Licht uiid füge hinzu, daß ich gekommen sei, mir in der Nähe von Wien eine zanz ähnliche Villa zu erbauen, um vaselbst mit meiner Frau zu wohnen. Daraus Marsa: „Verlobt?" Ich. .Nein!" Marsa: „Verlobt?" Ich: .Nein! Aber ich hoffe bald eine Frau zu finden; ich habe nämlich vor einem Monate eine Flasche in die Denan ge ivorfen, in welcher ich mich anheischig inachte. Jene zu heirathen, die sie auf findet." Großes Erstaune». Ich fahre oann plaudernd fort: Einer meiner freunde, den ich nicht nennen will, hat viese Idee aufgegriffen und sie recht praktisch in'S Werk gesetzt. Er hat nämlich zwölf Flaschen den Wellen des Stromes anvertraut. Vergebens be merkte ich ihm, daß dies nicht anständig sei, da er auf diese Art mehr verspreche, als er halten könne. In der That bat er sich, Kurt, mit der ersten, die ihm seine Visitkarte vorwies, vor vierzehn Tagen verlobt, drei Andere aber wieder heimgeschickt, nachdem er lich mit ihnen ein wenig zerstreut hatte. Ich bin über zeugt, daß ihm noch andere aufsitzen wer den. Ich aber, ich harre no-y des Lohnes, den die Tugend finde» soll Meine Visitkarte ist mir noch nicht va> schöner Hand gebracht worden; da ersehnte Weib in der Flasche ist inir nu.. nicht erschienen. Ach, setzte ich Hinz», wenn eS nur er schiene, mein Fräulein, wenn eS nur in Ihrer holden Gestalt erschiene, ich wür de es nicht bedauern, das Glück eines redlichen Herzens den trügerische» Finthen überliefert zu haben.... Di« Wirkung meiner Worte war eine er staunliche. Papa Pipescu bebte vor Zorn; Marfa vor Scham. Pipescu zog sich sosort ins Nebenzimmer zurück, um, wie er sagte, eine» wichtige» Brief zu schreibe». Ich blieb mit Marfa allein Marfa schwieg. Sie hielt den dunllen, glühenden Blick gesenkt, ihre Wangen waren geröthet, ihr knospender Busen wogte. Sie ist ein reizendes Geschöpf, DaS Schweigen ist auch eine Beredsam keit, denke ich mir, lasse mich aus ein Knie nieder, umfasse daS Mädchen und küsse eS. Sie läßt eS ruhig geschehen. Da kommt Papa PipeScu wieder her ein, in der einen Hand einen Brief, ir der anderen eine Pistolenkassettc. Nun findet Marfa ihre Sprache wieder, saß das, Vater, sagt sie; es war ein Irrthum; ich habe aus der Donau ein Wesen herausgezogen; ich habe gemeint, es ist ein Mensch: es ist ein Affe-; ich werfe ihn wieder hine«. Mit einew Affen schlägt inan sich nicht. Dies hiei ist mein Herr, mein Bräutigam, mein Gatte. Nur dem eigenthümlichen Men schen wollte ich ja angehören, der jenen Einfall gehabt hat, mcht dem Affen, der ihn nachgeahmt hat. Papa PipeScu, offenbar ein Pantoffelvater, legte unser« Hände ineinander nnd so bin ich denn Dein Nachfolger, lieber Kurt, der Nach folger eines Äffen. „Der Affe eines Affen vielmehr!" lautete die ärgerliche Antwort, „Wie? Ich rechnete auf Dein« Dankbarkeit, da ich Dir aus der Ver legenheit geholfen, denn nun kannst Du Deine Claire beglücken und brauchst mir nur Marfa zu lassen." „Du scheinst sie nicht zu kennen, di« Feindschaft, die aus der Dankbarkeit quillt!" rief der Andere und stürmt« fort. Der Architekt schaute ihm lächelnd nach: „Nnn kenne sich Einer aus in der menschlichen Seele!" Kleine philiströse Balladen. 1. Der Erlkönig. .O, Vater, reit' nicht durch die finstere Haide, Der Erlkönig thut mir sonst noch was zu Leide." So flehte der Knabe, der Vater sprach: „Schön. Ich kann Deine Aengstlichkeit woh! schon versteh'u. „Die Nacht ist so dunkel, 's ist windig und kalt, Da holt man sich Husten und Schnnpsen gar bald." D'raus ging auf den Bahnhof er hin mit dem Sohn Und nahm zwei Billets bis zur nächsten Station. Im Zuge war'S warn« und behaglich und schön, Sie kamen nach Hause des Abend'- um zeln. 2. Der Taucher. Der König wirft den Bechen hinab I» die brausende, schäumende Flulli. „Den Becher mag haben der wackere Mann, Der ihn zu holen hat Mnth," ES meldet sofort sich ein junger Mann, Legt Taucherkleidung und Maske an. Und wirklich bringt er den Becher hinauf, Der König aber, er spricht: .Willst Du meine Tochter zum Weibe gleich, So zaud're zum zweiten Mal nicht. Bringst Du mir den Becher uoch einmal her, So kriegst Du sie sammt der Mitgift schwer." Mit Lächeln darauf der Jünzling sprach: „Ich tauche, so ost eS gefällt, Denn dieser Taucheranzug ist Bei der ersten Firma bestellt." DaS sah der König auch wirklich ei». Gab ihm den Becher, die Tochter darein. Z. Lenore. Lenore kam nach Abendbrod Zum Commandeur gegangen, „Verzeih'» Sie, ist der Wilhelm todt. Ist er vielleicht gefangen? Wo ist der i.'ump geblieben? Er hat nicht 'mal geschrieben," Ist Wilhelm, nein, er ist vielmehr Zum Feind übergegangen. Er lwt ich sag' eS offen Die Löhnung stets versoffen. „DaS sagt Dir Jeder, der ihn kennt Man muß sich feiner schämen, Doch kannst aus meinem Regiment Du einen andern nehmen." Das that sie augenblicklich Und lebt noch heute glücklich, M axHirschseld. —Fa l sche A»ff a ss uii g. Mut ler (am Geburtstages: „Nun, freust Du Dich denn nicht über de» praktischen Deinen Wunsch hat kommen lassen?!" Tochter i tiefausfeufzend): „Ach, ich hatte mir ja einen lebendigen ge wünscht !" Dt« DonbondSte. H »»» z»ai»e, Adelaide Barnan, die gefeierte Gastin in der Residenz, die glänzende Dar stellen» tragischer und heroischer Gestal te», hatte ihr mchrwöcheitlliches Gast spiel am Hofthealer beendet. Die Hul digungen, welche der scheidende» Künst lerin in verschwenderischem Maße von allen Seiten entgegengebracht worden waren, zeigte» deutlich, wie außer ordentlich gern man sie gehabt, wie manches Herz sie durch ihre Kunst, durch ihre bestrickende Liebenswürdigkeit sich errungen hatte, und die bewegten Worte, mit denen sie am Schlüsse dem Publi kum dankte, waren wirklich keine hohlen Phrasen, sonder» kamen aus den ver borgenste» Tiefen eines aufrichtig ge rührten KünstlerherzenS. Und so saß sie denn in ihrer Garderobe beim Aus kleiden vor den schimmernden Lichtern ihrer Toilette, und rund um sie her blühte uud grünte ein ganzer Garten herrlicher Veilchen und Rosen, deren Hauch sich mit dem angenehmen Ruh mesdust der mächtigen Lorbeerkränze zu einem für die Künstlerin höchst angeneh men Weihrauch vereinigte. Plötzlich lachte die kleine, geschäftige Zofe, di« mit dem Ordnen und Einpacken dei verschiedenen Bouquets und sonstigen Liebesgaben beschä'tigt war, hell auf, uud, vor dem großen Korbe auf den Knieen liegend, reichte sie Adelaide ein« mächtige Bonbondüte mit hellblauer Seidenschleise, aus welcher mit Gold lettern gedruckt war: „ZinS und ZinseS zins süßer Erinnerungen aus goldeuei Jugendzeit." Mit leichtem Stirnrunzeln nahm di, Künstlerin das anonyme Geschenk aus der Hand des Mädchens! Eine Bon bondüte, ihr, der Gefeierten, der Prie sterin der ernsten Muse! —das schien ihr im ersten Moment wie ein frisolei Spott, wie eine Taktlosigkeit, auch ver letzte sie die sonderbare Inschrift, sül welche sie durchaus keine Erklärung fand. Es uar kein Zweifel, es hatte sich mit ihr Jemand einen kleinen, wenn auch vielleicht nicht bös gemeinten Scherz gemacht. Sie öffnete die Düte, wirklich Bonbons, und wie es schien, recht gute, namentlich viel Chokolade, die sie in der That außerordentlich liebte. Sie versuchte eine Bonbon, während sie das Schleppgewand der unglücklichen Schottenkönigin mit einer eleganten Soireetoilette vertauschte, denn obgleich sie recht herzlich abge spannt war, mußte sie doch uoch eine« Einladung zur Gräfin N. Folge lei sten, da dieselbe nach dem Theater ihr zu Ehren ein kleines Souper gab, dei welcher Gelegenheit die Creme der Ge sellschaft sich persönlich von der lieb gewordenen Gastin verabschieden wollte, Der Bonbon schmeckte vortresflich, eben so der nächste, und als sie de» letzten Blick i» dc» hohen Stehspiegel geworfen hatte und die Zofe ihr den weichen Fnchspelz um die schöngeformten Schul ter» hing, steckte sie lächelnd nnd ver söhnt die ganze Düte in die weite Man teltasche. Sie stieg die Garderobetreppe hinunter, drängle sich drückend durch das Spalier jugendlicher ttilnsteiithiisiasten, die am BühnenauSgang trotz des hef tigen Schneegestöbers Posto gefaßt und ihr ein brausendes Hoch zuriefen, der Kutschenschlag flog zu, und leicht und elastisch rollte das elegante Gespann sei nem Ziele zu. Der große Empsaugssalon der Gräfin in der kleinen Villa der vornehmen Straße im GeheimrathSviertel, de« üppige Wintergarten »nd die übrige« GeseUschastSrälline strahlten in blenden dem Licht, und ein auserlesener Kreis hatte sich versammelt, um den Abschics der großen Künstlerin würdig zn feiern, die beim Sonp«r mit einer Fluth von Huldigungen und Ansprache» in ge reintter und ungereimter Form über schüttet wurde. Unter den befrackten Herren befand sich anch der noch junge Doctor Berg, der schneidigste und competenteste Kunst kritiker, der über Fräulein Barna« die geistreichsten nnd eingehendsten Referat« geschrieben. Er war kaum 26 Jahre alt, doch hatte er schon durch mehrere sehr bedeutende Werk' sich die allgemeine Hochachtung und sogar den HanSorVen feine» Fürsten zu erringen gewußt, und dabei sah er noch bei Weitem jung« aus, als er wirklich war, ein Umstand, mit dem er von seinen Freunden viel geneckt wurde, was er aber durch bei ßende Satire und schlagsertigen Witz reichlich vergalt. Als '»an sich nach dem Souper in dem gemüthlichen Theezimmer zu einer traulichen Plauderei zusammengesetzt hatte und das wolkenlos glückliche Lebcu einer großen Künstlerin pries, sagte Adelaide lächelnd, daß das Publikum doch nur die Außenseite der glänzenden Welt kenne nnd zn beurtheilen vermöge, daß Niemand wisse, wie manches Trübe in der schimmernden Hütte ruhe, wie die Schlange unter den dustigeu Blättern indischer Blumen. Zuweilen seien cS ja anch nur kleim Nadelstiche, die aber gerade im Augen blicke höchster Freude doppelt empfind lich erschienen. So habe sie sich sogar heule Abend mitten in ihrer Rührung einen Moment recht herzlich geärgert über eine kleine, im Grunde vielleicht ganz harmlose Bonbondüte. Bei Er wähnung derselben stammte über Dok tor Bergs Gesicht eine tiefe Nöthe, »ud liinier Adelaidens Stuhl sich zu ihr niederbeugend, sagte er mit leiser, bit tender Stimme: „Wenn die arme Bonbondüte Ihnen einen trüben Augenblick verursachte, so bitte ich für dieselbe reuevoll um geduiig. denn ihr unvorsichtiger Geber war ich!" Alles schaute ihn verwundert an nnd als man von allen Seiten ihn drängle, ftine Unthat zu beichten, als Fräulein Bar na» ihm gebieterisch mit dem Fächer drohle, begann er, in seinen Fa.iteuil zurückgelehnt, seine Erzählung. „Es sind einiqe Jahre her. daß Fräulein Barnan, damals noch ei» blut- junges Mädchen, an imserem Stadt theater in M. engagirt war. Ich war zu jener Zeit bereits Schüler der Unter prima unseres Gymnasiums, sah aber »och so verzweifelt knabenhaft und kind lich ans, daß mir einmal ein alter, würdiger Herr im Promenadegarten, als ich bei der Lektür? ans einer ein samen Bank eine Morgencigarre rauchte, ganz ernsthaft sagte: Dummer Junge, Du solltest lieber Deine Voka beln lernen! In dieser Zeit feierte Fräulein Bar nau ihre Triumphe, und im Stehpar quet fehlte an keinem Abend, wo sie spielte, der kleine Berg, ja, eine tiese heilige Begeisterung ergriff mich, so ost ich an ihrem Hause vorüberging, das mir als der Tempel alles Hohen und Erhabenen erfchieu. Ich theilte allmä lig das Schicksal des ganzen Gvinna siums von dep untersten Quinta bis zur obersten Prima: ich schloß mich dem Heer derer an, die in unsere reizende sentimentale Liebhaberin sterblich ver narrt waren. Natürlich war die Künst lerin meine allererste Liebe, ich dichtete sie an, ich träumte von ihr, kaufte mir ihre Bilder, die ich m alle Schulbücher legte, und da ein richtig Verliebter doch möglichst schwärmerisch nnd melancholisch sein muß, so vernachlässigte ich meine Examenarbeiten natürlich auf's Gewis seiihasteste und verzehrte mich in stillem Gram, ein echter Ritter Toggenburg einer heimlich angebeteten Dame. Endlich faßte ich mir ein Herz! Ich kaufte einen besonders schönen Brief bogen, rosenroth mit Goldschnitt, und theilte der so verzehrend Angebeteten mein stilles Leid mit. Ich schrieb ihr, daß meine kühnsten Wünsche darin gipfelten, ihr eine einzige Viertelstunde gegenüber stehen oder sitzen zu können, ihr nur einmal mein tiefes Leid zu ge stehen. Ich bat sie um die Erlaubniß, ihr in ihrer Wohnung einen Besuch machen und ihr meine Huldigung dar bringen zu dürsen. Die Antwort erbat ich mir postlagernd, aber daß ich eigent lich noch Schüler sei, verschwieg ich, da es ja nicht absolut zur Sache gehörte. Mochte sie mich für einen jungen Künstler oder Redacteur halte». Drei Tage später ging ich zum Postamt, sragte schüchtern wie ein Verb rech-r nach dem erwarteten Brief und errölhete bis an die Stirnwurzeln, als mir der Post beamte wirklich ein zierliches kleines Billet aushändigte. Mein erster post tagernder Brief wie romantisch! Mit zitternder Hand öffnete ich daS Couvert, eine Karte lag darin, auf der einen Seite der geliebte Name und da runter ganz klein geschrieben: „erwartet Herrn Berg morgen Vormittag zwischen 12 nnd 2 Uhr!" Wie ich die Nacht durchlebt, weiß ich nicht mehr. In den Unterrichtsstunden bis zwöll Uhr saß ich da wie ein Hypnotisirter, dann stürmte ich »ach Hause, zog mei nen Konfirmationsrock an und eilte raschen Schrittes nach dem Hause, wo sie mich erwartete. Stolz und sieges bewußt stieg ich die Treppe hinan und hatte dabei nur den einen Gedanken: so mußte Cäsar einst die Stufen des jiapitols hinangestiegen sein. Ich klin zelte aber trotzdem ziemlich bescheiden, ein etwas schnippisch aussehendes Dienst mädchen öffnete, sragte nach meinem Be gehr und fah mich dabei von oben bis unten an, was mich tief empörte. Mit stolzer Verachtung und unnachahmlicher Grazie reichte ich ihr meine Karte. Ich wartete einen Moment, dann erschien sie wieder und führte mich direkt in den Himmel, in den Salon der Künstlerin. Sie saß am Schreibtisch in einem mir iinvergeßlich gebliebenen Morgenkleid von psaueublauein Pluche und sah mich lächelnd an, indem sie sich graziös er hob, während ich verlegen an der Thür stand, meine hoffnungsgrüne Schüler niütze zwischen den Fingern drehend. „Mein Name ist Berg," hauchte ich end lich mit Ausbietung alles moralischen Muthes, worauf sie mich mit einer liebenswürdigen Handbewegung zum Sitze» einlud. Ich fah aber nichts i,n der Nähe, als riesige Kissen, Felle und malerisch geordnete Decken und ganz, ganz in der Ferne ein paar winzig kleine Fa itenils, die mir aber für meine Ver legenheit unerreichbar weit standen. Ich fetze mich also beschcidentlich aus einen kleinen, dreibeinigen Schemel, der neben der Chaiselougue stand, ivurde aber sosort wieder emporgeschreckt durch ihr lächelndes: „Bitte dort, nicht aus >«! t Theetisch", den ich wirklich in seiner unendlichen Kleinheit und Niedrigkeit für ein Sitzmöbel gehalten hatte. Ich mußte mir also einen Stuhl holen aus dem entlegene» Winkel, wobei inir zu meinem Eutfetzeu meine Schülerniütze entfiel und demüthig bis zu ihren Füßen rollte. .Ich beiß- Berg!" wiederholte ich, als ich endlich ohne weiteren Unfall ihr gegenüber saß und eine» möglichst geist reichen Ansang unserer Conversation unter ausbrechenden Schweißtropfen suchte. „Warum ist denn Dein großer Bruder nicht selbst gekommen?" fragte sie mit so liebenswürdiger Natürlich leit, daß ich tau in wagte, mich init stal lenden Worten zur Autorschaft des ro senroten Billets zn bekennen. Und nun plauderten wir, das heißt, sie plan derte nnd ich hörte zu, deim was ich bis jetzt geredet, war ja Alles nur sehr pri mitiv gewesen, Sie plauderte reizend, von Weihnach ten, vom Christbaum, vom Osterhasen, lauter naive Dinge, die „uS ihrem Munde so reizend klangen, wie das schönste Elfeuiuärchen, ja sie sragte so zar nach meinen Censuren und sand es zar nicht passend, wenn ich über dem Theater meine Schularbeiten vergäße, nnd sie würde sich ewige Vorwürfe ina trn, w-iin ich etwa ihretwegen zu Ostern nicht verfetzt würde oder zu Weihnachten kine schlechte Censur bekäme. Ich schwieg—und biß mir die Lippen blutig, »nd wie eine Erlösung erschien mir jicht die kleine Zon,, die leise das Zimmer betrat und meldete, daß es Zeit sei, zur Probe Toilette zu machen. Schnell er zob sie sich, reichte mir lächelnd die Hand, die ich ehrfurchtsvoll küßte, und ging dann zum Schreibtisch. Mei« Herz schlug hörbar, denn jetzt mußte die Erfüllung meines sehnlichsten Wunsche« kommen, ein Bild mit einer Widmung von ihrer Hand. Sie blickte mich schel misch über die Schulter an, griff in ein offenes Fach ihres Schreibtisches nnd sagte, als sie wieder auf mich »So, und hier hast Du auch ein süßes Andenken, Du lieber, kleiner Bub," und dabei klopfte sie mir mit der weiche» Hand auf die Backen, wie einem kleinen Jungen, und drückte mir eine große Äonbondüte in die zitternden Hände. Noch ein freundliches: „Adieu, Kleiner, grüße die lieben Eltern!" und die holde Erscheinung war verschwunden, nur di« kleine impertinente Kammerkahe war zurückgeblieben und öffnete mir mit be leidigender Zuvorkommenheit sämmtliche Thüren. Da stand der arme Cäsar mit seiner grünen Schülerniütze und seiner Bonbondüte und kletterte langsam die Stusen seines Kapitals wieder hinunter. Aber ich war nicht etwa böse oder ga, empört, obgleich ich in der folgenden Nacht blutige Thränen geweint, im Gegentheil, die wohlverdiente, herbe Lektion hat ihre glänzenden Früchte ge tragen, ihren Zweck gewissenhaft »fällt. Ich fetzte mich beschämt künftig dahin, wohin ich gehörte, hinter meine Bücher, bestand mein Examen glänzend und bin auch später als Student, Doktor und Kunstkritiker keiner Künstlerin wieder lästig gefallen. Und an ollem Schuld war doch nichts Anderes, als die lieb« kleine Bonbondüte. Und wenn ich hent« Ihnen dieselbe mit Zins und ZinseSzins in vergrößertem Maßstabe zu Füßen gelegt, meine Gnädigste, so geschah eS. um Ihnen durch ihren Inhalt zu be weisen, daß wir Kunstkritiker keine räch süchtigen Charaktere oder undankbar« Naturen sind und für edle und wahre Kunst stets die gleiche Hochachtung und Bewunderung hegen, denn Sie haben Ihre Tüte noch nicht bis auf den Grund geleert!" .Ich habe sie unten im Mantel!" rief Adelaide aufspringend; derselb« wurde gebracht, und von der ganzen neugierigen Gesellschaft umringt, öffnet, sie vorsichtig die Umhüllung der Düte und fand ein kleines gedrucktes Ma nuskript mit seidenen Bändern verschlos sen und dem Titel: Die Bonbondüte? Ein Lustspiel in einem Act. Beim Scheiden Frl. Adelaide Barnan ehrfurchtsvoll gewidmet von Doctor Berg. Dankbar, mit glückstrahlcndemGesichl reichte sie dein Dichter die Hand zu einer echten rechten Künstlerfreundschaft für's ganze Leben, und die kleine originell, Bsnbondüte und ihr geistvoller Verfas ser sind durch die herrliche Darstellung der großen Künstlerin später noch sehr berühmt und oft stürmisch applaudirt worden. -—Von allen Garnisonspla gen der guten alten Zeit so schreibt man war der Zopf die beschwer lichste. Waren Pferde, Reitzeug, Waf fen und Alles geputzt, dann blieb noch die mühsame Kopftoilette übrig, uni gerade bei dieser mußte die größt, Pünktlichkeit und Sorg'alt beobachtet werden. Jeder hatte das bestimmt. Maß sür die ganze Länge des Zopfes, für die Länge der Bandwicklmig uni wie weit diese vom Nacken entfernt sei« durste. Sogar die Länge de? am End, befindlichen Haarbüschels war genau bestimmt. Die hinter den Ohren her> abhängenden nicht in den Zopf einge bundene» Seitenhaare mußte» genau bei de» Ohrläppchen abgeschnitten wer den. Wer sie nur einen halben Zoll länger wachsen ließ, war ein „Seiltän> zer", „Scherenschleifer" nnd „Kvmö diante". Das waren aber nur die Ehren prädikake, das gewöhnliche hieß: .Ver damintcr Windbeutel". Die Soldaten srisirte» sich selbst, aber eS gab unter zehn kaum einen, der einen tüchtigen, Parade mäßigen Zopf mit kinem schönen Kamm strich von Pomade zuwege brachte. D« mußten nun Manche stundenlang war ten, bis die Reihe an sie kam, dabei vcr> lies die Zeit, wo zur Parade oder zu» Exercieren ausgerückt wurde, und es sei oft »och mancher arme Teusel in Höllcn angst, ohne daß sein Zopf gemacht Iva«; und ein Kamerad erbarmte sich endlick noch seii er und wickelte ihm ein schlech tes Diug zurecht, bei dessen Vollendn»; ost nicht so viel Zeit übrig blieb, de« überflüssigen Puder aus dem Gesicht zu entfernen, was gewöhnlich ein Paa> Fuchteln mit den allzeit fertigen Klinge« des Wachtmeisters oder Lieutenants ein trug. Mit dem Putzen der Waffe« wurde es bei Weitem uichd so streng ge nommen, wie mit den Zöpfen, «md hiei ließ sich der Wachtmeister eher eine Ent fchuldigung, mitunter aucheinenSchwan! als Ausrede gefallen, wenn sie nnreigen artig war. DieFraucninH«ndosta> besitzen so gut wie die Männer ihr eige nes Gesetzbuch, worin ihre Recht, schwarz auf weiß verzeichnet stehen Sieden weise Frauen sind die Verferti sämmtliche Männer in drei Classen ge theilt: in „anständige", in .halbe"' und in „Hulpul Hupla". Unter den An ständigen versteht man solche, die im Stande sind, eine Frau vollständig zu ernähren. Die .halben" vermöge» dies nicht? ihre Frauen müssen selbst mit Hand anlegen, das tägliche Brot zu erwerben. Sie können also auf gleich« Achtung wie die „anständigen" keinen Anspruch machen. Die Frcm, wenn si, von dem „halben" geschlagen wird, hat das Recht, wieder zuzuschlagen; auch darf sie dem Manne Haare aus den, Bart zupfen. Am schlimmsten habe» es freilich die „Hulpul - HuplaS". Di> Frauen derselben können zehn Tag, lang außer dem Hause bleiben, di« Männer dürse» sich nicht einmal er kundigen, wo sich die Frau Gemahlin währeuv der Zeit ausgehalten hat. Der Einzige, dem blind lingS Liebe entgegengebracht wird, ist der Kaffee, denn er wird ohne Grund g» liebt.
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