Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, December 11, 1890, Page 3, Image 3

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    Sarah's Dplrr.
Wil»«lm S«rg«r.
<7, Fortsetzung )
" «lrn» unttrbrach ihn. „Aus den Vor«
mit d«r Si«
Irin Vorwurf sör Sie erwachsen. Un»
»at ist Ihr« Ansicht über di« Krankh«it?"
„Ich will Ihr«m Urth«il nicht vor
»reifen," «rwlkdtit« Gosala. „Frcui
W-dcncr hat sich sehr verändert."
E« war etwa» in Gosala'» Benehmen,
da» wie «in dunkler Schatten sich au>
vrn»'» Gemüth legt«.
will nicht weiter fragen." sagt,
»r hastia, zur Brücke eilend. „Morgen
früh s.hen wir un« im Comptoir. Ode,
wenn Ei« nichts vorhaben, sahren Si,
vielleicht nach Tisch hinaus."
„Ich werde kommen," antwortete Go
sala einfach.
Arno'« Wagen wartet«. Als er durch
die Stadt fuhr, war es ihm, als »b e>
»ar nicht abwesend gewesen sei. Es wa,
dasselb: Bild, daS er so wohl kannte, das
selbe bunte, geräuschvolle Treiben, ar.
das «r sich schon gewöhnt hatte. Gleich,
schaute er hinein. Dies Menschen
gewimmel, waS war eS ihm 't Wem di,
Sorge am Herzen nagt, dessen Sinne sint
derschlvssen ; er nimmt keinen Antheil an
fremd«» Leben, und unbeachtet kreist da«
ganze Weltall um ihn.
Zwischen den Säulen der Hall« stant
Frau Warburton als Arno's Wage«
vorfuhr. Die blonde Frau, sonst leicht
füßig und lebha t, ging ihm schwersällij
und still entgegen. Em stummes Hände
schütteln das war der Empsang.
Und Olmnpia?"
Frau Wa.burlon wandte sich ab, „Ge
hen Si« hinein; Si« werden erwart«!.'
Aber sie solgte ihm nicht.
Arno's Augen schwammen, als er ein
trat. Unbestimmte Umrisse sah er von
einer Weißen Gestalt, die in einem Ses
sel ruhte. Nun wurde sie ihm deutlich
Sie hatte sich sür ihn geschmückt - jene»
Kaschmiikleid trug sie, worin sie ihn einst
«mpsqngen um ihre Hüsten schlang sich
«in blaue« Atlasband, von ihrer Brust
leuchtete ein Strauß Kame
lien.
Aber jene Olympia, deren Nähe da
mal« sein Blut in Wallung brachte, si,
war e» nicht mehr. Ein abgezehrtes,
bleiche« Gesicht neigte sich ihm auS de,
Kiffen entgegen: zwei schmale weiß«
Händ« hoben sich langsam, un, ihn,
Willkommen zu bieten. 'Nur die Augen
ja, es waren die alten Augen »och,
wenn auch größer, milder, gleichsam ver
klärt, Augen, die Niemanden mehr hcch>
müthig anblitzen konnten und doch das
Schönste behalten hatte, WaS ihnen je
mals eigen war.
„Mein theur«S Weib!"
Arno sank vor ihr nicder und küßt,
Ihr« Hände. Mit allen Kräften rang e,
nach Fassung.
„Ich f.eue mich, daß Du wieder bei
mir bist," begann sie leife. „Du siehst
gut auS; die Luft Europa's hat Di,
wohlgethan. An mich wirst Du Dich ge
wöhnen müssen i ich bin abgefallen un»
von meiner Schönheit kannst Du kcin
Mhmens mehr machen."
„Sprach nicht so." steht« Arn«, aus
das Ti«.ste «rscküttert.
„Warum sollte ich nicht, mein Lieber ?'
rrwieteite st« sanft. „V«rloren habe, ich
WaS doch zu welken und zu »ergehen be
stimmt war, nur etwas früher.nur etwa»
raschcr, als dies im gewöhnlichen Ver
lauf der Tinge geschehen wäre. Ich
gräme mich nicht darum; schon vorher,
«he sie schircr d, hatte die Form keinen
Werth mehr sür mich. Und auch Du mein
Freund: wünsch« nicht zurück, was Du
allzu hoch geschätzt hast. ES ist der Lieb,
Bestimmung, daß si«, ansang« am
Aeußcren ha'tend, sich allmählig ver
tiefe, bis sie alle» Körperliche überwun
den hat."
Erstaunt blickte Arno auf; mild« unt
Urkundlich weilten Olympia's Augen aus
«hm, ihren Mund umspielt« ein himm
lisches Lächeln. Welche Wandlung war
dies! Noch konnte «r sich nicht darin fin
den.
„Die Einsamkeit hat Dich alt gemacht,
«nein armes Weib !" sagte er. „Dv
»iehst schon die Bilanz des Led«nS un>
p«hst noch in der Mitte tzarin. Warl«
nur. bald werden Deine Gedanken wie
der «iae blühendere Farbe gewinnen.
Ich führe Dich zurück auf die lachend,
Flur freudenvolle.» Daseins. Alte Zei
len sollen uns wiederkehren, besser genos
sen durch neue Erkenntniß."
Olympia schüttelt« langsam daS Haupt
„Sieh' aus und setz« Dich zu mir,
Sieh, mein Lieber, die Menschen träu
»en immer von ter Rückkehr srühere,
Tag«. Es ist ein Traum, der mit dem
Unmöglichen spielt. Die Welle wendet
sich nicht rückwärts; in gebundenem
Laufe fließe» wir der Vollendung zu.
Doch genug von di>fen Ding«n ach ich
denke j«tzt so vitl, so vitl Arno! Erzäbl,
mir von D«in«r Reise, Deiner Mutter,
von jener Base, die Du aussuchen woll
test."
Und Arno berichtete beklommenen Her
zens. D«nn j tzt, dieser Slympi.r gegen
üb-r, ter reinen, der geläuterten, schämt,
er sich dcr Lüg« von d«r Erbschaft, mit
welcher er einst leichten Sinnes sein Ge>
Wiste» belastet hatte. Und während e,
noch von London und Manchester unt
Biriiiii'gham plaudert«, «ist« d«r Ent
schluß in ihm. Alles zu b«k«nn«n Alles
Doch wurde «r in stiner Erzählunx
unterbrochen, noch ehe er dieselbe bis zu
seiner Ankunst aus dem Kontinent geführt
hatte. Frau Warburton trat «m unt
bat ihn, die Kranke zu schonen de,
Arzt habe für das Wiedersehen höchsten«
«inc halbe Stund« gestattet.
„Füg« Dick', m«in Li«b«r," sagt,
Olympia, „Tu siehst, wie w«>iig man
mir zutraut. Hernach werde ich Tich
wieder rufen lassen; noch Manches hab,
ich Dir zu sagen."
Arno berührte mit den Lippen ihr«
Stirne und entfernte sich. In sein
Schlafzimmer rannte und schloß sich
«in. Er suchte in seinem Herzen nach
Hoffnung und fand keine. Ueber de,
verfallenen Gestalt schwebt« d«r Geniu»
m>t der Fackel, und sie sie lächelte ihm
entgegen als einem Befreier. Da» wa»
da« Unbegreifliche, dasjenige, was ibm
«m tiefsten, am schmerzlichsten in di«
Lejle schritt.
Olympia'« Eltern kamen; An»
Würd« h«rabgerufen ; Frau Warburton
hatte si« nicht zu der Kranken ««lasten.
Au« der Art ihrerßegrüßung merkte Arno,
daß auch sie die Tochter aufgegeben hat
ten. Doch virfuchten sie, ihm Muth
einzureden ihm und sich selbst. Ein ge
drücktes, häufig stockende« Gespräch wa,
e«, mit gedämpfte» Stimme» geführt.
Kaum wurde der Abwesenheit Arno's ge
dacht ; die Furcht vor dem Kommenden
hielt Alle in ihrem Banne.
Nicbt lange waren si« g«gangen, als
auch Robert Brooks seinen Besuch bei
dem Zurückgekehrten machte.
„Ach was, Herr Wiedener, lasten Si»
den Kops nicht hängen !" sagte er in sei
ner derben Art. „Si« wird eS durchho
len, sage ich Ihnen. Olympia hat meh,
Leben in sich, als die Anderen ihr zu
trauen. Nur ziehen diese schlcichcndcn
Kitber so verdammt langsam ab. DaS
Einige, was mich ein bischen stutzig
maH, ist d-r ganz neu« Charakt«r, d«n
lhr« Milde ist «-stauiilich,
nicht üb«r«in. Jctzti wenn ich 'mal zu
ihr durchdringe, zeigt sie mir eine Lieb«
wahrhaftig, Wiedener, es wird mi,
weich dabei, wa« eigentlich nich, mein«
Art ist."
Stiefelab.
»Ist Ihnen vielleicht über jene verun
glückte Reife nach Dardschipani ctwai
sich Arno.
Robert Brooks fuhr in die Höh« und
warf «inen raschen, verlegenen Blick auf
den Fragenden. „Daß ich es nur ge
stehe," erwiederte er, „ich hatte so mein«
Gedanken über dies« R«ise. Einerlei
welche; ich hab« mich derselben hinter
drein geschämt, und nun, sie gehen
Niemanden etwas an. Kurz: die Neu
pier trüb mich, auf eigene Faust ««> bis
chen nachzuforschen. Dies unter uns»
natürlich."
„Und das Ergebniß?"
„Ich bin zur Station hinaufgefahren.
Der Palkibcamte erzählt« wir, ai, dem
detrcsfenden Abende hab« «r Olympia und
ihr« Dienerin Radha mit ter doppelten
Anzahl Kohars nach Dardschipani expe
dirt, was er, beiläufig gesagt, niemals ge
tban haben würde, wenn er gesunden
Mcn'chenverstand besäße. Nun wollt»
das Unglück, daß ein schweieS Gcwitte»
auf die Reisenden niederging. Die Ko
harS verlo en den Kopf und ließen beide
Palkts im Stich. Erst nach Sonnenauf.
gang daS Wasser war mittlerweil«
zwei Fuß gestiegk» wuide Olympia
von einem Schiffer geborgen. Derselbe
hat Radha, das schwache Ding, todt in
ihrer Palki vorgesunden. Na, waS da
in jener lange» Nacht vorgefallen sein
mag ich ziehe vor, wir'S nicht auszu
malen. Weder Si« noch ich würden mit
heiler Haut davongekommen sein."
Robert Brooks stand auf, bot Arno di»
Hand zum Abschiede und ging.
Arno ließ fragen, ob er zu seiner Frau
dürft. Olympia schlaft, war die Ant
wort, Und es wurde Abend, ehe sie ihn
rufen ließ. Auf einer Matlatze ruhte
sie, die über ein Drabtgestell gebreitet
war ; eine wollene Decke reichte ihr bi«
zur Brust hinauf^
„Verzeib, daß ich Dich so lange Hab-
Warten lasten," sagte sie. „So gut habe
ich geschlafen, so tief ; ich konnte mich
kaum wieder ermuntern. Seitdem friere
ich ; eS ist ein l>äßlich?r kalter Schauer,
der mir durch den Körper zicbt. Setze
Dich n«b«n mich und nimm meine Hand
in die Deine, das wird mir gut thun,
Warte die Lampe blendet mich; setz«
sie hinter mir auf den Schrank, Dich
möcht« ich beleuchtet haben. Und noch
eins: löse mir di« Spangen von den
an den Knöcheln."
Wäbrend Arno sich vorsichtig bemühte,
ihren Wunsch zu erfüllen, sagte er : „Du
trugst sie, als Du Dich mir verlobtest.
Anch das Kl id. auch einen Kamelien
strauß, ähnlich wie dieser."
„Du lieblest mich damals sehr, nicht
wahr?"
„Nicht mehr, wie heute."
Sie strich ihm mit leichter Liebkosung
bber die Hand. „DaS war eine liebe
Antwort. Etwas fiiiher freilich, in dc,
ersten Zeit unserer Bekanntschaft, haltest
Du eine gelind« Furcht vor mir. Ich
habe recht gut bemerkt, wie Du mir
»uswichest. Dadurch zogst Du mich an ;
Deine Zurückhaltung war kränkend sü,
mich. Und als ich, 'ermüdet von Wer
bungen, di« mir mißfi«len, den Entschluß
faßte, einen Gatten zu wählen, entschied
ich mich für Dich. Ich zeigte m,ch Di,
freundlich und kam Dir «ntgegen, wi,
nie zuvor einem Manne. Was ich ge
hofft hatte, geschah: Du entflammtest
Dich sür mich. Ich spielte, Du ant.
Wortes, mit dem Erlist der Leidenichast,
Doch zu nieinen Gunsten muß ich beken
nen : Dein Stolz machte einen großen
Eindruck auf mich. Ich empfand, wir
seien verwandte Seelen. Tu seiest mci
n,r wertb, dachte ich in eitler Anmaßunz
und freudig reichte ich Dir mein« Hand."
„Weshalb dies« B-kenntnijje?" fragt,
llrno vorwurfsvoll,
„Es foll vor Sonnenuntergang hell
werden zwischen uns. Höre weiter.
Tu hast Dich in mir getäuscht. Da«
Weib, daS Du Tu gewannst, war nicht
, die rau, deren Du beduift<ft."
! „Leugne es, wenn Du kannst! Was
mir sehltt, um Dich glück.ich »u mache»
und an Deiner Seite mein Glück zu sin
ersabren I abe, dies Dir mitzutheilen, ist
! daS letzte schwerste Opfer, das mir noch
j oblirgt. der Wahrheit darzubringen,"
! Sie hielt inne; so schwer hatte sie sich'«
soch nicht gedacht, ihre Verirrnng zu be
kennen.
Arno «der ließ sie nicht wieder zr
Worte kommen. BeschämtdurchOlympia'4
Selbstanklag«, ohne Ahnung von, dein
wa» sie noch zu entbüllen beabsichtigte,
»zählte er von Sarah « Opfer, von Sa
rah's Liebe, Aufmerksam bcobachtet,
Olympia seine hellbeleuchteten Züge,
i während er bastig sprach, wie um sich
möglichst rasch von einer quälenden Burd»
zu b«sreien.
, „Früher hätte ich Sarah nicht verstan
den, übermenschlich wäre mir ibre Thal
erschienen," sagt« sie sinncnd. „Jetzt be
greif« ich si«o wi« gut l Laß mich ih?
vil» noch einmal sehen."
hol« «s Dir."
«IS Aino daS Zimm«r verlassen hatte,
pr«ßt, Olympia beide Hände auf da»
Herz. „Nein, vor ihr will ich nicht nied
rig erscheinen, vor ihr nicht," entschied.
Verbirg Dich, mein Geheimnis in de,
Tiefe der Brust !"
„Das Bild ist vor s«ch» Jahren aufge
nommen," erklärte Arn», zurückkehrend.
„Sarah war damals kein hübsche» Mäd
chen ; si« ist es auch heute nicht. Aber
si« gewinnt ungemein, wenn sie spricht,
durch die HcrzcnSgüt«, die dann in ihren
Zügen zum Ausdruck kommt "
Lang« betrachtet« Olympia das Bild
In «ine Zukunft flogen ihre Gedanken,
eine Zukunft, an d.r sie keinen Theil
haben würde Hinter ihr schwebte schon
die Gestalt ihrer Nachfolgerin langsam
aus dem Dunkel der Zeiten.
Arno sah, dch si- zusammenschauert« ,
er hi'rt« ihr« Zäyn« aneinander schlagen.
Besorgt beugte er sich über sie.
„Es Ivar unvorsichtig von mir. Dich
aufzuregen. Was kann ich für Dich
thun ? Ist leine Arznei da die Dich beru
higen würde? Soll ich Dir noch ein«
Decke liol.ii lassen ?"
~O dieser Fr-st l" hauchte Olympia
noch immer bebend. „Tavoi befreit
mich nichts: kei 't Arznei der Welt, kein
Berg von Decken. Laß nur beun.
ruhige Dich nicht es geht vorüber, bit
das Nirwana erreicht ist."
Arno verstand sie nicht; fragend blickt«
er sie an.
„Ein alter indischer Spruch kam mi,
in den Sinn," erläuterte sie. „AuS Go
sala's Erzählungen ist er mir im Gedächte
niß verblieben."
In diesem Augenblicke meldete cm Die
ner, Herr Gosala lasse jragen, ob er ein>
„Tu kannst ihn jetzt nicht empfangen,"
kam Arno ihrer Antwort zuvor.
„Doch, mein Freund. Ich bin Wiedel
ganz wohl. S-nde ihn nicht hinweg;
Mit dem leichten Schritt, der ihm eigen
war, trat dcr Jndier an da« Lager der
leise Entschwebenden. Olympia reicht«
ihm die Hand. „Si« wollen sehen, wi,
es mir geht. Ich danke Ihnen. Besse»
viel besser. Im Lande des Friedens bin
ich angekommen; zu ewigem Schlummer
sandte ich daS Vergangene."
Eixe fahl« Blässe lag auf deS Indieks
Antlitz. Lein Blick sucht« und sa >d de»
ihrigen ; er verstand die Bedeutung ihre,
Worte.
Hastig trat Frau Warburton ein, die
soeben von dem Besuch vernommen hatte.
„Aber, meine beste Frau Wiedener,"
machte sie ihrer Besoigniß Luft, „Si«
Muthe« sich zuviel zu zuviel für emen
Tag —"
Olympia lächelte. „ES hat nicht,
mehr zu b-teuten, meine treue Pflegerin,
Die Stunde dcr Verwandlung naht.
Siech s>hc ich euch Alle, doch laygsa^
Wie tastend stt«cktc si: dic Hände aus.
Und von demselben Impulse getrieben,
ergriffen Arn» und Ramoschai jccer ein«
dieser wächsernen, kalten Hände.
„Streb« zu uns bleib« noch —»
Gott!"
Es war Arno, dem sich diese Worte
entrangen.
Frau Warburton eilte hinzu und beugt,
sich über das Antlitz Olympia'S. Ein
Blick in die brechenden Augen genügte
ihr.
„Sie ist todt." sagte sie.
Und behutsam legte si« den leblosen
Körper >n di? Kissen.
. *
Ncch an demselben Abend verbrannte
Gosala den Brief Olympia'S. „Zu ewi
gem Schlummer sende ich das Vergan
gene," sagte er düster, als der schwarz,
Aschenrcst sich zusammenballte. Und
einige Tage später nachdem Olympia's
Leiche bestattet worden war, traf er An
stalten, sich von Arno zu lösen, dessen
'Näh.' und unbesangene Vertraulichkeit ihn
peinigte.
„Sie werden dieses Landes überdrüssig
sein." äußerte er gegen ihn. „Aus
mich brauchen Sie keine Rücksicht zu neh
men, salls Sieir Ihr Vaterland zurück
zukehren wünschen. Ter Vertrag, den
wir miteinander abgeschlossen haben, soll
Sie nicht länger binden. Innerhalb ei
nes Jahres kann ich mit Ihnen ab
rechnen."
Dieser Vorschlag Gosala's entsprach
ganz Arno'S geheimen Wünschen. Einen
Monat später kehrt« «r aus immer dem
Lande de» Nucken, worin er au« schmerz
lichen Erfahrungen unvergängliche Leh
ren gewonnen hatte.
Em Jahr verging, «he «r sich nach
Viereggen wandt«. Unreif in die Fremde
verpflanzt, um au« taubem Gestein blin
kendes Erz zu schlagen, war er mit sei
nem eigenen Vaterlai.de, mit seinem eige
nicht, wie di- von jenseitS des Meeres zu"
rückgekehrten wohlhabenden Kaufleute
meistens zu thun pflegen, lediglich von ei-
Belustigung,,» suchend, sondern reiste in
Süd und Nord bedächtig umher, überall
geistiges L«b«n ausspürrnd und sich 1,1
Art und Besonderheit der verschiedenen
Stämme liebevoll vertiefend. Darin
war Sarah seine B-ratherin aew-s.-!«.
tüchtigen Manne »nebr sein, als
nur «in geographischer Begriff oder etwa
dasjenige Reich, welches ihin das be-
Mann zur Erhaltung seiner leibliche» und
geftigen Gesundbeit durchaus erforderlich.
Und Arno schob jetzt nicht mehr
Sarah's Mahnungen unwillig beiseite :
er ließ nick>t mehr ibre Fragen unbeant
wartet. Vi:le Briefe von ihm fanden
den Weg nach V erregnen alle an Sarah
gerichtet. Frau Wiedener aber klagt«
nicht über Vernachlässigung; sie erfreut
sich auf ihre W«ife an der neuen Ent
wickeiuna, die der Sohn durchmachte, und
hütet« sich wohl, laut die Frag« aufzi»
w«rsen, wohin da» führen wird«.
Nur «inmal k«l ihr Sarahs« verändert««
Auss«ke» auf, und sie konnte den Ausrus
nicht unterdrücken : „Kind, Du wirst von
Tag zu Tag hübschrr l" '
Da wurde Sarah brennend roth un>
wußte keine Antwort.
Und endlich kam ein Brief Brno,»
besten erste Seite sie durchflog und dan»
eiligst in den Park hinauiliek, ohn« sich
die Zeit zu nehmen, den St, hhut aufzu
raffen, der aus dem Stahle neben ihi
lag. Als sie nach einer Stund« noch
imm«r nicht zurück war, ging Frau Wie
dener, sie zu suchen. Fern an der Grenz,
des Park« saß Sarah unter einem alten
Ahornbaume, und bemerkte die Heran
kommende erst, als sie dicht bci ihr war,
„Rothe Augen l Ein verweintes Ge
ficht?" rief Frau Wiedener erstaunt
„Was bedeutet tas?"
„Glück, unaussprechliches Glück! Mor>
gen kommt Arno, und Tante Mut
ter: ich darf ihn al« Bräutigam b«,
End«.
<?in Reiscab«nten«r.
Es war in jenen romantischen Zeiten,
wo man, hätte man von Dampfmaschinen
g«sproch«n, höchst«ns den Theekessel dar
unter veistanten hätte und wo man du
Kraft des Dampfes allenfalls von dc»
dampfenden Punschbowle schätzte mit
würdigte, in jenen Zeiten, wo also noch
nicht an Locomotiven und Eisenbahnen
gcdacht wurde, wo eS noch Aeiseabenteue»
gab, die man bei zerbrochenen Achsen ode»
Steckenbleiben in einem Moraste erlebte,
es war in jenen Zeiten, wo eine Livre«
'»on d r Farbe dcr friedlichen Sänger de,
canarischen Inseln im heiligen römischen
Reiche deutscher Nation nur als Privile
gium, so als Symbol unergründliche»
Grobheit galt, als sich eines Tages eine,
jener mörderischen, fast auf den Axen auf
fitzender Karren, die man „ordinäre Post"
nannte, im Sant« der Chaussee zwischen
Treuenbriezen und Belitz dahin wälzt«.
Das Coupe war völlig besetzt, eben so da»
Cabriolet. Es war ein« glühend« Juli-
Hitze, es „wechelte", wi« man in Chur
sachsen zu sagen pflegte und kein Lüstchen
verscheuchte auch nur auf Augenblicke di»
dichten Staubwolken, in welche das Kne
ten d«r Postgäul« im f«in gemahlenen
Sande der Mark Brandenburg das ganz«
Geiährt mit fein«,, Passagieren beständig
verhüllte.
Im Cabriolet saßen zwei männliche
Individuen, deren essentielle Verschieden
heit beim ersten Blicke grell in die Augrn
stach. DaS eine war ein Fleischcoloß mit
einem Schmeeibauche, der jedem Bier
brauer Ehre gemacht haben würde. Auf
diesem Bauche saß mittelst eines unsicht
baren Halses ein Kopf auf, welcher di«
Fern» eine« mächtigen Kürbisses hatte,
de» man auf seinen Bauch gelegt; di»
dicken Wampen der Backen legten sich übe«
den Rockkragen, das Gesicht war hochrotb,'
glänzend, vom staubigen Schweiße trie
fend ; ein stattlicher breiter Nafenerkcr
mit zwei eben fo stattlichen Schloten
ragte aus ihm hervor und da« Ganze wa»
mit einer nur von wenigen blonde» Haa
ren umsäumten Glatz: gekrönt. Der
Nachbar duses Rhinoceros und und des
sen Reisegefährte war ein schmächtiges
Männlem von einigen 40 Jahren, klein
und zart von Gestalt, im Gesicht mit
jenen Züge» und Farben, die Hunger oder
Kummea, oteS beides zusammen, auizu
drückcn pflegen, zaghast und schüchtern in
seinem Benehmen, aber unbedingt dci»
gebildeten Ständen angehörend. Sein
Rock war, wenn auch fadenscheinig, doch
saubcr und nett und fein Haar bed. ckl«
eine stattlich« Perücke mit mächtigem
Haarbeutel. Es war mit einem Worte
er» ehrsamer Magister libsrali'uru srtinm
der guten damals noch blühenden Uni
versität Wittenberg, der in einem vorneh
men Hause zu Berlin eine Jnfonnator
stelle anzutreten und die Ncise an seinen
Bestimmungsort mit dem „Ordinairen"
zu vollenden im Begriffe stand. Bis
Treuenbriezln war dies« nach den Um»
ständen recht leidlich von Stalten gegan
gen, denn der Kleine hatte allein im
Cabriolet gesessen und es sich darin mög
lichst bcquem machen, auch seine Pcrücke
es Ivar ein riesige« Exemplar mög
lichst schonen können. Mit dieser B>
queinlichktit war es vorüb«r, als!«r Post
tarr-n vor dem Posthaus« in Treuenbrie
zen hielt und sich ter beschriebene Dicke
es war der Obermeister ter dortigen Bä
ckerzunft auf den «iozig«n noch unb--
setzten m da« Cadriolet h,..ciu
ichrotet«. Noch hatte ter Kleine keine
Aynung von den Drangsalen, die seiner
warteten, al» sich die Karrete wieder in
Bewegung setzte. Kaum wa? si, aber
wied«r auf d«r Landstraße angelangt und
mahlte mit ihren schwerfälligen Rädern
den Churmärkifchen Sand, al» di« kl«in«n
Zlu?,«n des Dick«n zufielen und sein Ober
lörper, den Uneb«nhcit«n des Bodens sol
zend, zunächst in jene schwankende Bewe
gung gerieth, di« einen sesten Stütz- und
sucht. Und merkwürdig, die
se» Rubepunkt war allemal die linke
»vörpcrfläch« des kleinen Magiste.».
„Mein Herr,/ rief dieser endlich, „ich
habe garz unv gar nichts dawider, daß
Sie schlaien, allein ich wollt« Sie doch
zanz gehcrsamst gebeten haben. Sich da
»ei nicht so gewaltsam auf mich zu legen,
ich kann ja wahrhaftig keinen Athcm
nehr schöpfen." „Sie irren sich," ent
zegnet« der Dicke, „ich schlafe nicht im
Geringsten und wüßte gar nicht, wie ich
sie incommodirte." Kaum aber hatte er
neß gesagt, als ihm wieder die Augen zu
ielen und die Last seines Oberkörper«
ibermals auf dem kleinen Magister lag.
Kein Bitten, kein Fliehen lalf, zuletzt
)örte der Dicke nicht einmal mehr und ter
Kleine lag „ringeleilt in drangvoll fürch
:erliche Enge" äckzend und stöhnend in
eine Eecke gequetscht unter dem Riesen
eibe de« Bäckers. Endlich nach zwei
Stunden, in denen man Ein« Stund«
KZeges zurückgelegt, hielt tie Karrete vor
nner Dorsschenke. Di« Pferde mußten
letränkt werden und die Passagiere be
lutzten diese Zeit um, wenn auch nur auf
urze Dauer, dem Marterkasten sich zu
ntwinden, frische Luft zu schöpfen und
ne Glieder zu recken. Auch der Dicke,
»on dem Stillstehen deS Karrens erwacht,
oälzte sich aus dem Cabriolet um einen
Schnaps zu trinken. Ihin folgte der
kleine, dessen Perücke völlig derangirt
var. und bat fast unter Thränen die !
Passagier« deS Coup««« um eiq«n Tausch
der Sitze. Abc» d«i «in«m Mick ausßd«n
Dicken würd«» die Herz«n der Paffagier»
wie Stein, man w>«s ihn ab und ein»
bei dem Postillon höflichst angebracht,
Beschwcrd« hait« keinen andern Erfolg
als «inen gotte«läft«rlich«n Fluch und di,
Nesolutto», daß Pafsagi«ren das Schla
t«n nicht verwkbrt sei und daß sich Jrde»
h«lf«n muff«, wi« «r könn«. Damit blies
d«r Schwager in» Horn zum Z«ich«n, das
»i« Passagiere wieder einzusteigen hätten
and wohl oder üb«l d«r Kl«me mußt»
wi«d«r in t«n Jammnkasten hin«in, hatt»
aber doch wenigsten« den Dicken dahin
rechte Wagenecke setzte, in der er meinte,
sein Körperbau beding« die ihm so außer
ordentlich lästig« Neigung nach recht«.
Fort ging die Reise. Aber kaum hatl,
sich der Wagen in Bewegung gesetzt, alt
ter Dicke wieder einschlummerte. Dei
Kleine beobachtete mit ängstlicher Auf
merksamkeit, wohin der Schwerpunkt sei
ne« Nachbars sich neigen würde und be
merkte zu seinem Schrecken, daß sich die
ser, wie vorhin nach rechts, so jetzt nach
links senkte und es dauerte nicht lange,
so lag der Dicke wahrh.'/tig wieder wi«
«in Mehlfack mit s«incr ganzen Last aus
deni unglücklichen Magister, dem nun
crnstlich sür sein Leb.n vang wurde. Sa
weit ihm der Raum dieß gestatt«!«, bcar>
beitctc «r nun mit seinen Ellenbogen di«
Seiten uns den Wanst seine« Alps, aber,
als ob letzterem dieß nur angenehme Ge
fühl« «rrczt«, em behagliches Grunzen
und ein momentanes Aufschlagen der Au
ge» war der ganz« Erfolg von eine,
Veränderung der Lag« war gar k«in«
R«d«. Noch «in« v«rzw«ifelte Kia'tan
strengung macht« der Kleine, zugleich den
freien link«n Arm zu Püfscn und Stöß«n
auf den Cadaver, der ihn zu ersticken
drohte, benutzend und wirklich der Dick,
schien zu erwachen, wenigstens schlug e»
die Augen auf und richtete sie, ohne übn
gens seine Stellung zu verändern, fra
gend aus sein Schlachtopser. Da wai
war das? Hatte er recht gesehen ode»
täuschten ihn seine Sinne, der Kleinc bij
mit den klappenden Zähnen um sich, wi«
«in wüthendes Thier und grinzte dabei
auf eine höchst fatale Weife.
„Herr, wa« treiben Sie hier sür Pos
sen ?" fragt« ter Dicke, sich aufrichtend,
„Ich ? Posten ? Ich wüßte nicht!"
entgegnete der Kleine, sein Beißen wieder
holend und dabei merklich nach der Nase
des Dicken schnappend.
„Um Gottes Willen, sind Sie denn
krank?"
„Ich j krank? kein»swcgs schnapp
aber da fällt mir ein schnapp
daß mich in der letzten Station schnapp,
schnapp vor Treuenbriezen ein kleine»
Hund in die Wade gebissen hat schnapp,
schnapp die Leute sagten, er wäre toll
gewesen, aber schnapp,
schnapp Hau! Hau! —"
„Postilloon! Schwaaagcrrr!" kreischte
letzi der entsetzte Dicke, der sich bei den
letzten Worten des Kleinen immer mehr
in seine Eck« zurückgezogen nnd zuletzt zu
sammengeballt hatte wie «in Igel, „halt
an, halt an, um Gotle« Willen, hall
an!"
Das Gefährt stand. Mit einer Be
hendigkeit, die nian ihm nimmermehr zu
getraut, schwang sich der Dicke zum Ca
briolet hinaus, wais dann «inen Blick
rückwärts, Himmel! da zahnte der Klein«
schnapp, schnapp zum Schlage heraus und
nun ging's fort querfeldein, bis an di«
Knöchel in Sand versinkend, »nd nicht
eher Rast machend, als bis er mcrlte, daß
dcr Wagen sich wieder in Bewegung ge
setzt hatte. Da warf er vnen scheuen
Blick nach rückwärts, Gott sei Dank, da
saß der infame, unglückliche Mensch, den
cr auf seinen Fersen glaubte, im Cabrio
let, und mit dcr Mütze dem Postillon
winkend, daß er fortfahre, sah er so lang«
«r konnte dem Wagen nach und ver
wünschte zwar sein Schicksal, das ihn nö
thigte, bei der Hitze wenigstens zwei
Stunden Weges zurück laufen und das
Postgcld einbüßen zu n ü-sen, dankte aber
gleichzeitig der Vorsehung, die ihn aus so
augenicheinlichcr Lebensgefahr Wunder
barlich «'reitet hatte.
Der kleine Magister aber fuhr, seine
zur Unk«stalt «ntforint« P«rücke nach
Möglichkeit ausbessernd, allein iinCahLlA,
let wshlgemuth nach Belitz."
Ja s°.
Zu einer Dame kam einst ein
.rnieS Madchen und bat um Nüttagbrot
sür die erkrankt« Muter. Die« wurde
ihr auch gegeben und zugleich die Erlaub
niß ertheilt, so lang« di« Frau bettlag»«
rig sei, da« Essen iür sie abzuholen. El
vergingen nun mehrere Wochen, da fragte
die Dame, ob den» di« Mutler immer
noch krank sei, weil da» Mittagbrot noch
mit gleicher Regelmäßigkeit abgeholt
würde? Ach nee, Madamche" antwor
tete !as Mädchen, krank i« se nich mehr
aber essen thut se doch noch !
Au» der Schul«.
Lehrer: „Sag'mir da» Imperfectum
Schüler : „Er Kalb!"
Gute Sorte.
Herr (zum Tiencr): Kerl, ich
Du rauchst von meinen Cigarren ?
Diener: Ja, aber nit alle Tag'!
an den Werktagen l
Zur Entscheidung.
Redakteur: Wir werden Ibre Arbeit
veröffentlichen, aber wie gesagt, honori
ren können wir lrrisch« Gedicht« nicht.
Lyriker: Ach ja, mit der Lyrik heut'
zu Tage >st's zum Verhungern! Aber
nicht wahr, mein Name darunter wird
wenigsten« selt gedruckt!
Motivirt.
Hauptmann: Gesr«it«r Huber, Si,
gingen i'.eslern Abend an mir vorüber,
total belassen, und sörmlich di« Straß«
abgemessen, bald rechts bald link« gestol
pert, ich hätte gut« Lust Si« «inzusper
een!
Huber : Verzeihen Herr Hauptmann >
Zuerst habe ich im Waizenbrauhau« sech»
iNaß weiße« Bier, und nachher im Lö
wenbrau fünf Maß Braunes getrunken.
DaS Weiß« hat mich hin- und da« Braun«
hat mich hergeriffen, so ist halt di« R«i«
b«r«i fortgegangn»« bis ichin die Kosern»
».»kommen bin!
vacherverf«rt!<»«a in Z«pa«.
Wie in Japan Bücher angesertigt
werden, beschreibt Jbcling W. Müller
in dcr Moiicitschrist sür Buchbinderei in
einem längeren Aussatz, dem wir Nach
stehendes entnehmen: Hat der Japaner
den Entschluß gesaßt, ein Buch zu „ma
len", —cr gebraucht dazu einen Pinsel
und keine Feder —so verbirgt er sich in
seinem Arbeitszimmer, welches von dem
sausten matten Licht einer viereckigen
weiße» Papierlaterne voll erleuchtet ist;
vor ihm steht ein lackirter Tisch, etwa
ein Fuß hoch, und darauf befinden sich
seine Schreibmaterialien, welche ebenso
idyllisch sind, wie seine ganze Umgebung.
Sein Papier hat eine angenehm gelbe
Farbe mit blauen wagerechlcn und senk
rechten Linien: das Tintensaß ist eine
ans Ebenholz verfertigte und reich ge
schnitzte Platte, welche an einem Ende
kine Aiishölung für Wasser hat, in Ivel
chem cr die Würfel dcr indischen Tinte
r-ibt; auch trägt die Platte die prächtig
oerzierten vier oder fünf B—Spinsel,
die den, Autor als Feder dienen. Wie
schon bemerkt, schreibt er die Novelle
nicht, er malt sie. Beginnend am Ende
des Ganzen, links auf fedcr Seite, ge
hen seine braunen Hände oben bei de»
senkrechten Linien gerade herunter zwi>
schen den blauen Parallelen mit schnel
len, delicaten, dunkeln Pinselstrichen.
Obgleich eine solche „Eopie" einem
Fremden als dcr Inbegriff allcs Zier
lichen erscheinen mag, läßt dcr Autot
doch immer ein Duplicat von einem
„Künstler" anfertigen, che er sein Buch
dein Verleger sendet; in solchen! Maß»
hängt der Erfolg des Werkcs von de,
künstlerischen Fertigstellung ab. Tcr
„Künstlcr", dem nnn die „Copic" an
vertraut wird,beginnt von einem Ende di«
lange Reihe Wortbilder zu bemalen mit
einer professionelle» Geschicklichkeit, die
in Erstaunen sctzt. Tie wunderlichen
Schriftzüge, die man nicht ganz un
schicklich mit „gekreuzten Knochen, die
Cricket spielen", verglichen hat, werden
mit einer geradezu verwirrenden Leb
haftigkeit auf das Papier geworfen. Ei
nem solchen „Artisten" muß die auf
iind abgehende, spritzelnde und kratzelnde
Bewegung einer abendländischen Feder
einigermaßen ungeheuerlich erscheinen.
Ter nächste Schritt zur Herstellung des
Buches besteht darin, die tünstlerische
Rcprodnetion der „Copic" de - Autors
einem Holzschneider zu übersenden, der
die Relief-Holzplatten zu bereiten hat,
eine Aufgabe, die cr mit wundcrbarer
Geschicklichkeit und mit einer außeror
dentlichen Treue zum Originale voll
führt.
Der Druck ist äußerst einfach, die
Tintc wird mit einem Pinsel aufgcstri
chcu, das Papier, Blatt um Blatt, aus
die Platte gelegt, eine Feder, auS eiucm
Palmblatte geformt, darüber geführt,
uud die Arbeit ist vollendet, Ter Ein
band ist von der einfachsten Art. Im
Gegensatze zu den Bücherliebhaberu des
Abendlandes sragt der Japaner wcnig
nach dem Acußeren; eine schlichte Pa
pierdecke mit dem Titel in der linken,
oberen Ecke genügt ihm. DaS Arran
gemenl mit dem Vcrlcgcr ist von ent
zückender Leichtigkeit. Ein Autor Ja
pans beanlworlctc eine darauf bezügliche
Hragc cincS Europäers mit den Wor
teil: „Ich bezahle meinen Verleger
selbst; ich mache mir nichts daraus, bci
meinem eigenen Werke zn verliere»;
aber ich werde Niemandem erlauben,
Held damit zu verdienen!" Das ist
ülntorwürdc. Abcr der Oftcn und der
Westen, die zugleich aus Japans Eigen
»rt unaufhaltsam einstürme», werden
auch diese Produktionsweise bald genug
beseitigt haben.
WcSanken tiein.
Tic Liebe einer Fra» ist viel leichter
ju erwerben als wieder zu erwerben.
sind die bescheiden sie
Vollen immer nur das letzte Wort
habe».
Wer nicht schon unzählige Enttäu
schungen erlebt hat, kann »och lauge
suchen, bis er die Wahrheit findet.
* » *
Sich selbst erkennen heißt gar ost, sich
selbst vernichten.
Man findet unter den Menschen eher
einen erbitterten Feind und zehn edle
Wohlthäter, als einen wahren Freund.
Der Kla ps a » slrrthuin
Herr Meier spaziert auf der Leipziger
Straße und bemerkt vor sich einen
Herrn, den er irrthümlich für seine»
Freund leckel hält. Mit diesem ivill
ihm von hinten mit der stachen Hand
einen kolossalen Klaps auf den Rück«!
gibt. Ter Getroffene dreht sich cr
schrecken um. Herr Meier bemerkt seinen
Irrthum und sucht sich zu entschuldigen,
„Ach, verzeihen Sie, mein Herr, ich
habe geglaubt, es sei leckel." „Nun,
und wenn es Herr leckel wäre," erwidert
der Fremde, „müssen Sie denn dem so
einen furchtbaren KlapZ geben?"
»Erlauben Sie mal," sagt Meier grob,
„was ich mit leckel mache, das geht Sie
gar nichts an!"
Höret, ihr schnöden Spot
ter, die ihr die Ehe selbst als Buße bc
zeichnet, höret, was der hl. Synod in
Petersburg jüngst für Diejenigen be
stimmt hat, die zum dritten Mal des
Glückes der Vermählung theilhaftig
werden! Damit sie das Uebermaß an
Seligkeit nicht übermüthig macht, haben
sie sich Alle, ohne Ausnahme einer drci
bis fünsjährigen Buße zu unterwerfen.
Tie Geistlichen können diese Frist unter
Umständen abkürzen. Wittwen von
mehr als 00 Jahren aber muffen di«
Freuden einer zweiten Ehe mit zwei
jähriger Li irchenbuße erkaufen.
—Kaser n e n h of bl ü t he, Un
teroisicier: Mensch, wenn Ihre Dumm
heit Geld wäre, dann möchte ich bei Ih
nen einen Conto haben!
„Do, Bual" sagte ein Baner
in Mnndingen zu seinem Sohn, „dring'
de Säu »mol die Kartossle do!" Der
Junge gehorchte und ging in de» Hof.
Als er jedoch eben im Begriff war, die
Thür des Schweinestalls zu öffnen, sah
cr au« einer Ritze desselben ein mächtig
langes, gelbgraueS Ding herausbau
meln, welches sehr verdächtig hin und
her züngelte. Entsetzt ließ er sein«
Erdäpsel fallen und lies zurück in die
Stube. „Herr Jeses, Herr Jeses!"
schrie er seinem Vater entgegen, „im
Saustall ischt a wüthig grause Natteyf"
Dem Bauer blieb bei dieser Nachricht
«in Rädle Stuttgarter Wurst, welche»
er eben zum Nachtbrot verzehren
wollte, im Halse stecken. Doch faßte er
bald wieder Muth, fagte einen gottes
fürchtigcn Spruch vor sich hin und ging
mit einer Heugabel und einem Beil
versehen, in Gottes Namen aus de»
Schweinestall IoS. Richtig, da schwän
zelte das wüste Ding immer noch aus
dcr Ritzc heraus. So groß und giftig
hatte er eS sich aber doch nicht gedacht
und der Gedanke, es ohne Beihilse um
zubringen, verging ihm bci dcsscii An
blick ganz und gar. „Laus was d»
kannscht, zum Schmied!" ries er deshalb
seinein Jungen zu, „und sag ein, er soll
tapser mit a paar Zange komme."
Dcr Juugc lies, was er lausen konnte,
uud kam iu wenigen Minuten mit dem
Schmied und Nachbarslenten
außer Athem zurück. Jetzt ging da»
„Debattiren" los; kein Mensch wagte
sich an das gefährliche Ding heran;
bis sich endlich der Schmied dreimal
räusperte, die Augen zukniff und mit
einem mächtigen Stemmeisen dlrans los
hieb. In diesem Augenblick sing die
San im Stalle d'rin ein mörderisches
Geschrei an. Man riß die Thür ans
und sah, wie das Thier unter jämmer
lichem Grunzen herumlies und sich ver
geblich an dem Schwanz zn lecken suchte.
Alle standen da nnd sperrten Maul und
Nase aus; aber Niemand sprach ein
Wort. „Vater!" sagte endlich der
Sohn, „des Ding, des do aus dem Loch
'ranSgllckt Hot, ischt, glaube ich, der Sau
lchwauz gwea und koi Natter!"
Zeitgemäße Annonce,
„Junge vermöcende Tamm finde» zu»
Erlernung de« Haushaltes und ,u ihre«
Weileren Ausbildung kreundlche Aus
nahme in xuter Familie. Prima N scren
zcn, bist- Chancen, vier heirathüfahiz»
Cohn« im Hause.
Schlechter Spaß,
Handwcrksbursche in der Kneipe z»
einem Bauern : Sagen Sie 'mal, guter
Herr, versteten Sie >^paß?
Bauer: Spaß? Nun ja, war nicht!
Handwerksbursche: Na, das ist mn>
ein Glück, ich hab Jhna nämli ebe da»
Bier ausgetrunken l
SichereQuell«.
Rentier Rundlich (zu seiner Köchin):
Elise, wissen Sie, w.nn unser Regimen«
diese« Jahr zum Manöver ausrückt ?
Elise: Gewiß, Herr Rundlich, Mitt«
August!
Stündlich: Stimmt das auch ganz
genau?
Elise: Ganz fenau! Ich habe es vo»
wohlunisvrmilt.'r Seite!
Ein starker Hoffnungs
strahl.
Hören Sie. best« Schwiegermama.
darf rch Jhnrn eine Bitte vertragen <
Nun, was »verde ich da wieder
hören?
Eigentlich «ine Kleinigkeit für Sie!
Mein Sludimncund, von dem ich
Ihnen schon erzählt, sch'äst schon dre»
Tage an der neuen Kranlheit, der Nona,
die Aerzte wissen nichts zu thun möch
te» nicht 'mal Sie mit ihm reden ?
Ballgespräch.
Lucia: Den Herrn Bernhardt lahn
kennt man jetzt gar nicht wiever. Al»
Einjähriger war er vor vierzehn Taien
noch der Äu»gelass«nst« un» Liebenswür
digste von Allen, aber seit er zur Reserv»
entlassen....
Elsa: Verhält er sich selbstverständlich
reservirt!
Durch die Blume.
S,: Sie rauchen gar nicht mehr?
B.: Nein, ich hab« es mir schon vor
sechs Jahren abgewöhnt!
A.: S» lange sind Si» schon verhei
rathel!
Pünktlich.
Ein Hauslnecht erhielt den Austrag
»ine« Re senden, ,hn um fünf Uhr früh
zu wscken. Um vier Uhr llopst« der
Hausknecht an. Ter Reisend« fuhr Srger
lich auf und fchri« : „Warum Wecker»
Si« mich schen so früh?" „Wollt»
znädigem H«rrn nur sagen, daß Sie kön
»«n noch ein» Stunde schlafen," enischul
»,gt« sich der Hausknccht.
Gute» Mittel.
AIS alle Versuche vergeblich waren,
den Redner einer Wählerversamnrlung
>um Schweigen zu bringen, verfiel plötz
lich ein Geschäftsfreund von ihm aus di»
»ute Idee, zurufen „Schluß! Bitte ab
klingeln!" Et ras verdutzt brach der
Sprecher ab, rief gleichfalls .Schluß!"
»nd setzte sich.
HSchsterGeiz.
Kanntcn Si« d«n alten Herrn Kel
ler, d«r g«sl«rn da» Zeitliche gesegne»
»at?
Ja. der ist aus lauter Geiz xestor
den, damit er keinen Laut mehr von si<
>u geben braucht l
philologischetßedenken.
He>r Theurer: vs macht mir groß»
Kreude, Herr Professor, daß Si« mein»
Iccht«r zur Lebeiisgesährtin erwählt ha
Profepor: Aber ein« Bedingung müs
sen sie mir gewähren, lieber Schwieg««
Papa.
Herr Theurer: Und di« wäre?
Proftssor: Bei der VerlotungSanz«ig»
»ruß Ihre Tochter d«n Namen ohne tz
schreiben.
:t