Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, October 09, 1890, Page 6, Image 6

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    «
Unter de« SluSsStztgeu.
Eine ganz eigenthümliche Lebensauf
gabe hat sich eine junge Engländerin ge
bellt. deren Name der Leser heute wahr
ischeinlich nicht zum ersten Male hört.
!Kate Marsden, die schon für ihre Dienst!
-als Krankenpflegerin im letzten russisch
türkischen Kriege von der Zarina die
'Decoration der Gesellschaft zum Rothen
Kreuze erhielt, hat sich der Pflege und
de», Dienst der mit der entsetzlichsten
Kaller Krankheiten, dem Aussatz, behaf
teten Unglücklichen gewidmet.
Miß MarSden hörte während ihres
Äufenlhalts in den russischen Hospitälern
,viel von den Aussätzigen in der Krim,
wo die Krankheit epidemisch ist, von de»
dortigen Aussatzhäusern und Lepro
-serien, d. h. Hospitäler», wo die Äus
!satz Kranke» gepflegt werden, und be
ischloß, das Studium deS schrecklichen
«Leidens zu ihrem Beruf, die Ver
lbesserung des Zustandes der davon be
fallenen. von der Gesellschaft ausge
schlossenen Menschen zu ihrer Lebens
aufgabe zu machen.
Zu diesem Behufe erlangte sie vom
Kaiser von Rußland die Erlaubniß, alle
Theile des weiten russischen Reiches zu
iiejuchen, wo Aussatzkranke weilen, in
den Lepra Colonien sich aufzuhalten und
eingehende Studie« zu machen, von wel
cher sie ausgiebigen Gebrauch gemacht
hat. Der Kaiser stellte sie unter den
Schutz eines hohen russische» Arztes von
englischer Abkunft, Dr. Dunean, welcher
sie ans allen Reisen begleitete. Die in
Rußland gefainineltcu Erfahrungen und
Kenntnisse will Kate Marsden jetzt ver
werthen, indem sie sämmtliche Lepra-
Col onicn der Welt besucht und überall
längere Zeit verweilt. Sie wird in
ihrem Unternehmen von der Gesellschaft
zum Rothen Kreuze uud mehreren briti
sche» philaiitropischeu Vereine» ttnler
stützt und hat bereits mit Pasteur in
Paris uud Birchvw und Kock in Berlin
Conferenzc» bezüglich der Jmps-Me
Fälle» Erfolg verspricht.
Zuerst geht sie nach Skandinavien,
wo der Aussatz unter der ärmeren
Küstenbevölkernilg im Norden vorkommt
und als Radesyphe bekannt ist. Von
dort wendet sie sich noch Italien, der
Tann begibt sie sich nach Spanien,
wo eine als Asturisclie Rose bekannte
Horm deS Aussätze? linier der »ord-
und Vertraute vou Florence Nightin
gale, welche ihr Helsens und berathend
zur Seite steht, und ersreut sich der Pa
tronage hoher Persone» nnd wissen
schaftlicher Autoritäten in England.
So kann man sich von ihrem Unterneh
men Gutes versprechen und praktische
Resultate.
Der Phonograpl».
Farmer Petersen Wolitc alle» Ernstes
wieder hcirathe». Zwar mußte es dem
ehrlichen Bill, wie man ihn gemeiniglich
und der Kürze halber nannte, einen
recht schweren Entschluß gekostet haben,
denn damals vor Jahressrist, als seine
erste Liebe in ein besseres Jenseits ab
gerufen wurde, da hatte er sich hoch »nd
lieilig. oder vielmehr bei allen Tenfel»
verschworen, daß eS nun des grausamen
Spieles genug sein solle. Uud der liebe
Herrgott konnte ihm gewiß den sünd
hafte» Schwur nicht übel genommen ha
ben. Hatte sich Bill doch volle sieben
Jahre mit der bösen Sieben, die ihm
wußte nur zu gut, was das bedeuten
wollte.
Na, gehabte Schmer-c», dr: hat man
gern!
So hatte auch Petersen gedacht, als sie
ihren letzten böse» Hauch gethan, aber
damit basta.
Zehn Monate blieb's dabei. Bill
wurde wieder fett uud vergnügt, wie
er'S vor jenem unglückseligen siebenjäh
rigen Krieg gewesen, dann ging's wieder
bergab. Zuerst nur mit der Wirth
schaft, dann auch mit ihm selbst. Das
dauerte so lauge, bis er nachdenklich
wurde, und das' Resultat dieses Nach
denkens war, daß er doch nochmals eine
vorsichtige Umschau unter den Töchtern
des Landes hielt.
Ader immer wieder mußte er den
Kopf schütteln. Jede nanntc wenigstens
eine von den trefflichen Eigenschaften
seiner Seligen auch ihr Eigen.
Da hatte just eine junge Wittwe ani
dem Westen eine benachbarte Farm be
zogen.
Bill lernte sie zufällig kennen ; sie wai
nicht zu reich und nicht zu arm, sreuud
lich, bescheiden und reinlich; kurz, in«
allen jenen Gaben ausgestaltet, die zu
einem glücklichen Hauswesen erforder
lich. Da hatte Petersen den kühner
Entschluß gefaßt, seine Sonntagskleidei
hervorgesucht uud sich auf de» Weg ge
macht.
Die junge Wittwe, die wohl ahuen
mochte, was ihren neuen Nachbar hier
hcrsuhrte, war ihm denn auch so freund
lich w>e möglich entgegengetreten, uiii
jetzt saß Bill bei ihr und wußte dock
sollte. ° anpacker
„Wohl ein Bild Ihres verstorbener
Herrn Gemahls?" sagte er endlich ir
der Verlegenheit, auf eine alte Photo
graphie zeigend.
„Allerdiugs, mein guter, trefflicher
Christian; wie ihn werde ich wohl kei
ne» zweiten wiederbekommen!" Dil
Wittwe wischte sich die Auge», als sii
daS sagte, und ihr viersähriges Söhn
che» ließ sein Spielzeug stehe» und
klatschte in die kleinen Hände: „Papa,
Papa!"
Bill räusperte sich ein paar Mal und
dann ließ er seine Augen, einen neuen
Anknüpfungspunkt suchend, wieder im
Zimmer uniherschweisen.
Glücklicherweise entdeckten sie bald daS
etwas seltsame Spielzeug, au dem der
Junge schon immer prakticirte und daS
Das Ding hatte eine Kurbel und
einen Trichter und war überhaupt gai
seltsam gebaut.
Die Wittwe wischte sich wieder dii
Augen.
„Auch wieder eine Erinnerung an den
Seligen; mehr ein Spielzeug, wie ick
glaube, mit dem er sich aus dem Kran
kenbette die Zeit vertrieb."
Der Juuge schien jetzt plötzlich etwas
entdeckt zu haben, denn er drehte dii
Kurbel rasch mehrere Mal zurück und
zu Bills nicht geringem Erstaunen er
scholl es im selben Äugenblick wie iiril
Geisterstimme aus dem Trichter: „Wei
Du auch seiest, der dies hört, warne den
Unglücklichen, der etwa Lust verspüren
sollte, mein Nachfolger zu werden; ei
kriegt die fchliinmste Tan...."
Hier hörte die Geisterstimme plötzlich
auf, denn die Wittwe hatte dem Junge«
den Schwengel aus der Hand gerissen.
„O, Tu infame, versoffene Creatur,
daß ich Dich doch aus der Erde kratzen
könnte, um Dir das Fell zu gerben!" '
Soviel hörte Bill noch, dann hatte er
die Thürklinke hinter sich zugedrückt.
„Jetzt nicht mehr, und wenn ein leib
haftiger Engel käme!"
Siegfried.
Das neue Panzerschiff der deutschen
Flotte, „Siegfried", ist von ganz eigen
artiger Banart. Es sieht ganz anders
aus, als die übrigen Kriegsschiffe.
Seine ungewöhnliche Breite und die
Form seiner Seiten gibt dem „Sieg
sried" fast das Aussehen eines riesen
haften Fische?. Der Siegfried ist 2ZS
Fuß lang, 4t! Fuß breit und hat einen
Tiefgang vou 17 Fuß. Die Maschinen
haben 48»0 Pserdekräste und bewege»
zwei Schrauben. Die Schnelligkeit be
trägt >0 Knoten per Stunde. Das
Schiff führt drei große Kanonen, von de
gepanzerten Thürmen angebracht sind.
Außerdem ist das Schiff mit kleineren
Geschützen, namentlich mit Revolver
kanonen und sckiiellseuernden Geschützen
t>34i>,NNii gekostet (ausschließlich de»
Waffe»).
Gedankensplitter.
Ein rastloser Trieb im Mcnsckienge-
Bösen.
Mancher dramatische Dichter, der von
der Kritik zerrissen wird, mag sich damit
WaS ans der Bahne Kunst heißt'
heißt im Leben Comödie.
Erster Schritt. „Aber,
Bertha, ich habe doch erst im vorigen
Monat 15» Mark an Deine Modistin
bezal.lt und hier ist schon wieder eine
Rechnung über INN Mark!" „Nun
daß ich zn sparen anfange!"
Druckfehler. In einem öf
fentlichen Wirthsgarten befindet sich ein
Plakat mit folgender Aufschrift: „Bet
teln, Hansircn und sonstige Belustigun
gen des Publikums sino strengstens ver
boten."
Nandohama.
Zwischen Palmengruppen. sich an
einen Hain von Lorbeer und Johannis
brotbäumen lchn?-rl>. nichl gar weit vom
Gols von Mexiko, lag das rerzendc
Blockhaus.
Feigenbäume nnd wildeS Weinge
ranke streckten ihre Zweige in die mit
starken Lade» versehene» Fenster nnd
rothbraiilien Lianen krochen »der da-Z
Dach bis zu den hohe» driiiklcn Pi
nien »nd von da zurück zum Dache.
Vom kleinen Wachtthlirme, der mehr
znr Zierart. als dem praktischen Zweck«
der Befestigung diente, war die Aussichi
eine entzückende.
Weit uuleu die blaue Wasserfläch«
stundenlang spiegelglatt, bis plötzlich
das Meer mächtige Wogen herciusen
det, die brausend nnd klagend an den
Rissen nnd Zähnen der Küste zerschel
len das anmnthigc Grün der Frucht-
Haine kleine Inseln, die sich wi«
helle Blumen von dun dunklen Meeres
der Sowie durchglühte Felsen, die steil
abfallen nnd sich im Golfe baden.
Die Sonne war im Siukeu. Roth
goldene Lichter huschte» durch die grün«
heimliche Dämmerung des Waldes.
Nebe» einem blühenden Mandelge'
büsch bewegte sich langsam eine Hänge
matte, a»S der ein winziges Füßchen ir
goldgestickter Sandale hervorsah. Eir
kecker Sonnenstrahl zitterte jetzt über
einen plastisch gesormtc» Arm >md ein!
zierliche Hand dahin, »nd warf blen
dende Funken ans den Juwelin, du
beide zierten. '
Hand und Fuß gehörten einem schlan
ken nnd doch üppigen Wesen, das de
aus schwarzen Glühangen, offenbar un
geduldig, über de» Blockzau» hinweg,
den Waldpfad hinabschautc.
Wie graciös die Hand den Fächer aus
rothen Arrarassedrr» bewegte! Wi«
kräftig die kleine Fußspitze an de»
Stamm der Pinie stieß, »in die Hänge
matte z« schaukeln! Wie zierlich dei
Kopf mit den blau schwarze» Haarensich
auf den linken Arm stützte! Eine Pari
ser Modedame hätte das alles nichl
chicvoller getroffen.
Und wer war dies schöne Weib?
Eine Farbige, eine Mestize, hervorge
gangen ans dem Bunde eines Weißer
mit einer Creolin.
Mau nannte sie Nandohama.
Sie wandte den Kopf. Nebe» dem
Mandelgebüsch erschien daS schwarze
Gesicht eines Mulatte».
„Was willst Du. John?" fragte die
junge Frau sreuudlich.
Augen aus seine Herrin.
„John ist sehr traurig," sagte, er
leise.
Nandohama richtete sich halb nr der
Hängematte auf.
„Warum bist Du traurig? Was
fehlt Dir? sprich!"
„John siebt Dich heute noch nnd
l> i t s ll
bare Gestalt in ein cnganliegcn?cs Ge
wand von rother chinesischer Bastseide
gehüllt, hätten ihre plastischen Formen
jedem Bildhauer zum Modelle diene»
Das reiche lockige Haar, mit duften
dem Mandelöle gesalbt, hing in zwei
schweren Zöpsen über den Rücken hin
ab, und Perlenschnürc, sowie kle-.ne Sil
bermünze» schmückten es. DaS feine
gen. die die langbewlmperien' Lider jetzt
halb deckte», loderte sas Feuer wilder
Leidenschaft. '
„Verrathen verkauft wie eine
der bochathineuden Brust hervor.
Sie sah es kaum, daß der Mulatte sich
zur Erde geworfen hatte und auSSchmerz
und Anhänglichkeit seine Lippe:: auf den
Saum ihres Kleides preßte.
Endlich kam wieder Leben in die
regungslose Gestalt. Ncmdohama ging
bis zu der kleinen Terrasse, die sich vor
Stühle ans Bambusrohr nieder und
winkte dem Mulatten.
„Seit wann weißt Du vom Verkauf
der Farm und vou der Reise des Herrn ?"
fragte sie säst tonlos.
mingo, der aus dem Hanse geimpft kam
und es sich aus seiner Schulter bequem
machen wollte und ließ ihn hinausslat
tern.
„John hat es erst heute früh erfahren,
als sich der Colone! »ach San Danila
hinüberrudern ließ. Job» - so sagte
der Herr ich gehe morgen zurück nach
Europa. Die Harm ist seit einem Mo
nat an Mister Well Qneckfaest ans Süd-
Florida verkauft. Wenn Tu Dich ent
schließe» kannst, mich in meine Heimath
zu begleiten—Du hast m'.ch fünf Jahre
in Treue bedient will ich Dir eine»
Freibrief ausstellen lassen, ohne de» Du
in England ni6«t!«beu kannst. Und
John war sehr vergnüg: und freut sick
aus da? große Wasser und das viel«
Gute, das die weißen Menschen in Eng:
land genießen. John küßte den? Colo
ne! die H«nd und hiipste wie ein Kän
guruh aus Freude, während der Her,
weiter sprach: „Ich komme erst spät an
Abend von Tan Danila zurück. Rüst«
Alles zur Abreise meine Kleider, du
Bücher, die Massen —" Ja, ja, sagt,
John, aber eS fehlt uns an Bastkörbeir
um das Eigenthum der Herrin wohl zr
verwahren für die weite Fahrt dc
sah der Colone! nach de» Fenstern Dei
nes Schlafzimmers und sagte langsam
„Du irrst, Uandohama geht nicht nii
uns. Sie bleibt hier zurück als daS
Eigenthum des neuen Farmers."
Die weissen Zähne des jungen Wei
bes knirschten zornig aus einander iin!
die klein- Faust ballte sich krampfhaft
„John sollte bei schwerer Strase dei
Herrin kein Wort von alledem sagen
der Colone! hat's verboten;- aber er if
zu traurig, der arme John, zn tranric
—da mußte er spreche». Wenn D>
ihn aber verräthst, bekommt John du
Peitsche und wird neben dem heiße»
Schmiedeofen festgebunden —"
Uandohama erhob sich.
„Sei unbesorgt, ich verrathe Dick
nicht! Jetzt geh'! Richte das Mah
für den Abend. Erst spät kommt dei
Herr, sagst Du? Geh' nur. ich »inj
Ter Nigger küßte ihr den Fuß mit
den Saum des Kleides, lugte nochmal-:
auf den Waldpfad hinüber uud ver
schwand dann im Hause.
Noch »nnrer arbeitete die Aufregung
in Uandohamas Innern. Die Lipper
fest aufeinander gepreßt, die kleiirei
Hände in eilender verschlungen, stanl
sie ans der TRasse.
„Verkauit verschenkt!" schrie es rr
ihr auf.
Das al!o war der Lohn für Jahn
der trcucsten nnd heißesten Liebe. Zun
fünften Male war die Regenzeit vor
über, seit der weiße Mann aus de»
Nvrde» Amerikas nach Süd Floridc
kam, um sich eine prächtige Farm zl
errichten. Sie selbst, Nandohama, wai
zur Jungfrau erblüht, obwohl kaun
vierzehn Jahre; allein im Süden er
blühen die Frauen so schnell, als si«
bald wieder verwelken.
Sie hatte ihre glückliche Kindheit b?
Mister Walkers, dem Missionär vor
Tintolero zugebracht, der ihre Mnttei,
die rechtmäßige Frau eines Schisfseapi
täns, wenn auch nur eine Farbige,
sreuudlich aufgenommen, als sie der
Gatten gelegentlich eines schrecklicher
OrkanS verlor. Mister Walkers be
hielt auch das Kind, zog eS ans, als du
arme Missis Fitshh bald darauf ihr«
schöne» Augen schloß.
, Der Missionär liebte Nandohama
die er im christlichen Glauben erzogen
wie sein eigenes Kind. Eines Tage-:
brachten zehn Schwarze einen reicher
und vornehmen Weißen in einer Ar!
Tragbrett. Colone! Miles hatte da-:
Malariafieber, und Nandohama wid
mete dem Kranken Monate lang du
sorgfältigste Pflege, verlor indeß br
diesem Samariterdienst vollständig ih>
kleines Herz an den schönen blondei
Engländer. Sechs Wochen nach dei
Colonels Genesung gab der Missionäi
sie zusammen.
Miles, der wissenschaftlichen Studier
lebte, reiste im Lande umher, schlug balt
da sei» Quartier aus und errichtete end
lich vor Jahre» die Farm am Golf vor
Mexico.
Daß sie sein Herz nie auSgesülli
hatte, das wußte Nandohama. Ii
erster Zeit behandelte Miles sie wie ein
Kind; später wurde sie ihm ein Spiel
zeug. Seit Jahr und Tag war ei
kalt gegen sie; oft wies er ihre Zärtlich
keit fast brutal zurück. Doch hatte ei
nie von einer Trennung gesprochen, auck
" Noch gestern bei der Siesta, als sii
ihm sein LieblingSlied aus den irischer
Bergen aus der Laute gespielt, dii
Mister Walkers sie gelehrt, hatte e>
einen Kuß auf ihre Lippen gedrückt, fil
Wie Schuppen fiel es von ihr»
Augen. MileS hatte sie nie geliebt
für ihn existirte die von einem Missionäi
geschlossene Ehe gar nicht Mister
Walkers war todt seit einigen Monater
von deren Stolz und Schönheit er viel
erzählt hatte.
Nandohama preßte die Hand gegen
das wild schlagende Herz. Glühend«
Eisersucht und die Sehnsucht nach Räch«
wühlten in ihrer Brust. Sie kanirt«
Miles zu gut ihn von einem einmal
gesaßten Entschlüsse abzubringen, war
unmöglich. Mit der Thatsache als«
mußte sie rechnen.
Verstieß er sie das gelobte sie sick
sollte kein anderes Weib mehr an
seinem Herze» ruhen!
Sie schlang die langen Zöpse »in ih-
Haupt und Körper in einen graner
Plaid und verließ das Blockhans und
seine Umgebung.
Nicht weit von der Farm hatte MileZ
einen Kanal und einen Teich anleger
abringen.
Dorthin richtete Nandohama ihr«
Schritte.
Unten am Teichufer lag ein kleine?
bequemes Eanoe. Der Colone! hatt«
es für sich bringen lassen. Das jung«
Weib löste die Kette vom Pflock, ergriß
die Ruder und war mit ein paar kurrdr
gen Schlägen aus das Wasser bald mit
ten im Teich, in den Feigenbäume und
Weirrgerarit ihre Wurzeln nnd Nest«
streckten, schwellende Flechten, Gräser
und Blumen sich schaukelten, gigantische
Bäume ihr Schattenbild warfen.
Oft flüchtete Uandohanra hierher,
wenn Miles sie tage-, ja wochenlang
verließ; hier träumte sie mit offenen
Augen, lebte in einer eigenen,
schaffcnen Welt. Auch der Colone!
liebte diesenTheil vergessenen Paradieses.
Rothe iind grüne Papageien flatterten
von Ast zn Äst, ein wilder Psan entfal
tete sein cdclstcinflimmerndcS Gefieder,
und drüben am Ufer stand ein asch
grauer Kranich auf einem Beine uud
ließ den nackten rothen Hinterkopf nach
vorne sinken.
All' das beachtete Nandohama heut'
nicht. Sie trieb das Canoe zu einer
Stelle des Teiches, die—eS war jetzt
die trockene Jahreszeit eine» Sumps
bildete, eine schwarzgrüne breiige Masse,
aus der Giftpflanze» prachtige Blüthen
entfalteten. Dort lag ein vom Sturme
halb cntwiirzcllcr Cypressenbaum, der
beim Falle auf eine uralte Pinie gestürzt
war nnd über das Wasser hinweghing.
Nandohama spähte umher, und da
sich nichts regte, duckte sie sich im Canoe
und begann eigenthümliche Klagelaute
ansznstoßen, ähnlich dem Winseln
junger Hunde. Dann lauschte sie.
Fünfzig Schritte weiter erhob sich eine
dunkle Masse aus dein Snnipsjpiegel,
ein langgestreckter Kopf zeigte zwei hor
nige Höcker, unter denen ein paar große
Augen hervorglotzten, dann kam eine
Nasenspiße und endlich ein halbgeöffne
ter Rachen zum Borschein, dem furcht
bare Zähne etwas Grauenhaftes ver
liehen.
Ein Alligator von mindestens nenn
Fuß Länge taiichte auf und kroch schwer
fällig durch den Sumpf der gestürzten
Cypresse zu.
„Er ist da—" flüsterte Nandohama
stockenden Athems.
Kaum warf sie das Canoe herum und
ruderte mir kräftigen Stößen dem Lan
dungSplatze zu, so sank das Thier still
und langsam uuter Wasser.
Hätte der schöne Colone! Miles das
Treiben Aaiidohamas hier beobachte»
könne», er wäre etwas weniger sorglos,
die Havana im Munde, auf Deck des
kleinen Dampfers „Limited" heimge
kehrt in daS Blockhaus.
Ein Stündchen später emvsiug Kan
dohama, prächtig gekleidet und mit Ju
welen geschmückt, ihren Galten. Er
hatte ihr ein Kistchen schwerer altspani
scher Weine mitgebracht, zog sich aber
sogleich in sein ÄrbeitSziiymer zurück
er komme später zn ihr wichtige Ge
schäfte "
Sie ließ ihn gewähren: aber sie schlich
sich über den weichen Binicitteppich hin
ter die Portieren der Thüre. MileS
saß vor dem Schreibtisch und zählte
große Banknoten, dann Rollen von
Goldstücke»; endlich ordnete er Bries
schasten und legte alles in eine eisenbe
schlagene Kasette.
John kam und rief den Colone! ans
dem Zimmer. Sofort stürzte ?>ando
Haina zum Schreibtisch. Links tag ein
dickes Blatt mit mächtige» Siegeln.
Fast erstarrte ihr Blut.
„Der Kaufvertrag der Farm an Well
Oueckfaest." John hatte nicht gelo
gen! Uud ihr kein Wort von alle
dem ,
Ihr Entschluß war endgültig gefaßt.
Betrug gegen Betrug. Er hatte
keine Liebe, kein Mitleid mit ihr sie
Sie harrte feiner an prächtig ge
fchmückter, reich besetzter Tafel; sie kre
deuzte ihm den seurigeu Rebensaft Spa
nieris, trank ihm zu und benebelte ihm
so die Sinne mit süßem Lächeln und
Schaumwein. Ihm war, als habe er
sie noch niemals so schön, so liebreizend
nnd murmelte:
„Und doch war nur die teuflische
Schönheit eines sarbigen Weibes!"
standen. Er sah den Blick glühenden
Hasses nicht, der ihn streifte, fönst hätte
er sich nicht bereden lasse». weiter zn
.trinken. Wie sie dann die Lente her
überholte und ihm eine kurze Fahrt aus
dem Teiche abschmeichelte ihn zärtlich
ttinfaiigcnd, führte sie ihn zum Wasser
hinab. Mit Mühe stieg der Colone! in
daS Boot uud legte sein schweres Haupt
auf den Rand des schmalen Fahrzeuges.
Nandohama ergriff die Ruder leise
trieb das Canoe aus dem Wasser.
Der Mond schien in Hellem Silber
licht, gespenstige Schatte» warfen die
Bäume, betäubender Blumendust und
Wasserstand erschwerte das Athmen.
Aus des Colonels Verlangen sang Mn-
Vohanra zur Laute mexikanische Weisen.
Leiser und leiser klang ihre Stimme
Aandohaina beugte sich über den sest
Schlafenden und ihre Augen glitzerten,
wie die einer Pantherkatze.
Jetzt löste sie rasch die Seidenschnur
ihres Gewandes, theilte sie in zwei Hälf
ten Hände nnd Füße. Als sie empor
sah, gewahrte sie den Kops eines Allr
gatorS, der in weitem Bogen das Canoe
umschwamm.
Während Nandohama dem Landungs
platz zusteuerte, ließ sie die früher er
wähnten Klagetöne junger Hunde hören
folgte.
Jetzt fuhr das Boot anf den Sand
uud SZandohama versuchte es, den Colo
-tel aufzurichten.
„ doch nur eine teufliche Schönheit
—" lallte der Schlaftrunkene.
„Meinst Du —?" schrie sie auf. In
der Nachsucht hob sie ihn in seinen Ar
me» empor und ihn über Bord.
chen des Alligators wurde sichtbar
dann erschien ein schwarzrother Fleck aus
dem Spiegel des Teiches.
Wie von Furien verfolgt, floh Aando'
Haina zurück in das Blockhaus.
TagS darauf nahm Well Queckfaest
Besitz von der Farm: zu seinem Leidwe
sen fand er aber die schöne Sklavin todt
ans ihrem Ruhebette veraiiktl
Frankreichs Adel im vorigen
Jahrhundert.
Beim Ausbruch der Revolution gab
es ungefähr 2VMO adelige Familien in
Frankreich, aber unter dieser großen
Zahl lonnten sich höchstens 13—1400
einer alten adeligen Abstammung rüh>
inen. Die übrigen waren theils durch
ihre Aemter mit nicht weniger als
4<><>s> Stellen war der Adel verknüpft—
theils durch ihr Geld zn diesem Gesell
schastSrang gelangt. Besonders seit der
Zeit Ludwig's XIV., dessen Ervbe
rurigslust und Prachtliebe bekanntlich
unerhörte Summen verschlangen, hatte
sich die Sucht reicher Bürgerlicher nach
adeliger Benennung als eine außeror
dentlich einträgliche Geldquelle sür den
Staatsschatz erwiesen. Allein im März
des Jahres 10W erließ der eben ge
nannte Monarch sünshnndert Adels
briefe, die Franken, eine für
jene Zeit sehr erhebliche Summe, ein
brachten. Mit scharfer aber berechtig
ter Ironie schrieb Montesquieu: „Der
König von Frankreich hat keineswcgS
Goldmine» wie sein Nachbar, der König
von Spanien; aber er versügt dennoch
über größere Reichthümer, als er, weil
er sie ans der Eitelkeit seiner Untertha
nen zieht, die unerschöpflicher ist, als die
Minen. Man hat ihn große Kriege
untcrnchmeu sehen, obgleich er kaum
noch eine andere Geldquelle hatte, als
de» Verkaus von Ehrentiteln, nnd durch
ein Wunder menschlicher Eitelkeit fanden
sich seine Truppen besoldet und seine
Festungen wie seine Schiffe wohl aus
gerüstet." Im Register der Gemeinde
beschlüsse der Stadt Redon vom Jahre
1789 liest man: „Die Sucht, adelig zu
werde», ist ein epidemisches Fieber, das
fast jeden Franzosen ergreift, der 7 bis
8000 Franken Nente hat, und die Leich
tigkeit, ans dem dritten Stand heraus
zukommen, beraubt den Handel und den
Ackerbau ihrer tüchtigsten Mitglieder."
Was den alten Adel anbetrifft, so
hatte sich derselbe im Lause der Zeit iu
zwei Gruppe» getheilt, die im achtzehnten
Jahrhundert nur noch wenig Berührung
mit einander hatten, nämlich in de»
Hos- und Proviuzadel. Zu der ersten
Gruppe gehörten natürlich die vornehm
stcn nnd reichste» Familie» des Landes,
die sich ihre Einbuße an politischen
Rechten durch glänzende Stellungen in
der »»mittelbare» Umgcbuilg deS Herr
scherS zu entschädige» suchten. Als
echter Vertreter dieser Gruppe des sran
desseir Geinahli» wir vor nicht langer
Zeit an dieser Stelle als einer der edel
stcn Frauen jener sittenlosen Epoche
ziemlich allmächtiger Minister Ludwigs
XV., und als er dann plötzlich in Un
gnade siel nnd aus sei» Schloß Chante
loiip verbannt wurde, begann er hier
eine wahrhast sürstliche Haushaltung,
die das Hoslebcu von Versailles i» man
Million Franken hatte, bei seinem Todt
sechs Millionen Schulde» hinterließ.
In welchem Gegensatz zu der üppige»
und was der berühmte Moralist L«
Brnyere znr Zeit Ludwig XIV. von
dem Edelmann seiner Zeit schrieb: „Oft
Mal äin Tage, daß er ei» Edelmann
ist," paßte vielleicht noch besser für den
größte» Theil des Proviiizadels unter
uud vergangenen Glanzes.
„Das Erstgebiirtsrecht, das man als
die Gewähr der Macht »iid der Lebens
fähigkeit der Aristokratie betrachtet hat
schreibt de Broe konnte im letzten
Jahrhundert den sranzüsische» Adel
nicht vor dem Ruin rette», »nd dieses
eines Kaninchens »nd eines Jagd
hllndcs an." Von diesen, theils durch
eigene
, »genannte Hofadel nach dem Gestand
niß solcher Männer, wie d'Argenson und
Mirabeau. durch seine verschwenderische
Lebensweise zum größten Theil, wie der
Provinzadel, dem völligen Rnin schon
verfallen oder doch nahe war, und wen»
man dazu die unleugbare Thatsache in
Betracht zieht, daß der dritte Stand im
Laufe des achtzehnten Jahrhunderts
stetige Fortschritte in Bezug auf die
Verbesserung seiner Lage gemacht hatte,
dann muß es zweifelhaft erscheinen, ob
der Sturmwind der Revolution dem
Adel oder dem Bürgerthum und dem
Bauernstände größeren materiellen
Schaden zugesügt hat.
Der Nrsprnug der Guillotine»
Aus Paris wird vom 12. September
geschrieben: Jrrthümlich nimmt man
an, daß Dr. Guillotin die nach ihm be
nannte, verhängiiißvolle Maschine wäh
rend der großen Revolution erfunden
und zuerst in Anwendung gebracht habe.
Vielmehr ist nach einer 17K6 in der
Academie der Medicin verlesenen Arbeit
die Einführung des Fallbeils dem
Wundarzte LouiS, Generalsecretär der
königlichen Academic für Chirurgie zu
zuschreiben. Guillotin setzte lediglich
in der Constituante am 1. December
1783 den Antrag durch, daß gleiche
Verbrechen durch gleiche Strase gesühnt
werden sollen, ohne Rücksicht ans Rang
und Stand. Bis dahin wurden nämlich
die Todesurtheile an Standesperfonen
mittels des Beils, an „niedrig Gebore
nen" hingegen durch den für die Fanri
lie des Berurtheilten entehrenden Gal
gen vollzogen.
Ein weiterer von Guillotin in der
/onstituireiiden Versammlung von
1789 gestellter Antrag die Hinrichtung
mittels des Beils dnrch eine hnmanere
Todesart zu ersetzen, wurde damals
nicht angenommen und erst 1792 von
einem Deputirten der gesetzgebenden
Versammlung (der Guillotin gar nicht
angehörte) wiederholt. Eine zur Prü
fung dieser Frage eingesetzte Kommission
verlangte vom Sekretär der Akademie
der Cbirnrgie ein schriftliches Gutachten
über die rationellste Hinrichtungsart.
Im „Moiiiteur" vom 32. März 1792
findet man den Bericht über die Noth
wendigkeit und die geeignetste Kon
struktion einer solchen Maschine. Ein
Deutscher, Mechaniker Schmitt, baute
dieselbe nach den Angaben von Louis.
Versuche, die in Gegenwart einer Kom
mission angestellt worden waren, gaben
ein befriedigendes Resultat, worauf das
Fallheil vom Konvent adoptirt wurde.
Uebrrgens waren ähnliche Maschinen
wie die Guillotine schon vor Einführung
der ersteren bekannt. Ein im großen
Saale des Nürnberger Rathhauses be
sindlicheS Medaillon von 1521 stellt dir
Hinrichtung des ManlinS Torquatus
mittels einer ganz gleichen Maschine
dar. Auch in einem Werke vou Achille
Baechi (1Z55) findet man die Abbil
dung eines ähnlichen unter dem Namen
Mannaia bekannten und vom Pa te
Labat beschriebenen Apparats.
tshinesis«heo.
Die Ueberzeugung, daß geheimniß
volle Mächte in das Schicksal der Men
heutzutage «och eine so große Rolle,
wie kaum bei einem anderen Volke;
daraus erklären sich denn auch die zahl
reiche» abergläubische» Gebräuche, denen
Einer der sonderbarsten ist die söge
nannte „Unschuldsprobe", durch welche
die Schuld oder Unschuld von Personen,
entschiede» wird. Die Probe wird aber
iinglücklichcrwtisc nicht eher angewandt,
bis r-eide an dem angeblichen Verbrechen
betheiligte Parteien sich außerhalb des
Bereiches der Geiiuqthuuiig befinden.
Der aufgebrachte Ehegatte tödtet die
wirklich oder vermeintlich Schuldigen
und schneidet ihnen die Köpfe ab: »ach
den, daß sein Verdacht ei» begründete?
war, so wird er freigesprochen.
Um »»» diese Frage z» entscheiden,
werden die K öpfe der beiden Ermordete»
in ein Gefäß gelegt, welches mit Wasser
angefüllt ist, und dieses wird dann her
umgerührt Falls die Köpfe hierbei
»ach Bceiidiguiig des Umrührens eine
solche Lage haben, daß die Gesichter sick
anschaue», so nimmt man dies als einen
Cisterne, in deinHantän DistrietelPro
vinz Tschili. etwa füns Tagerciien süd
lich von Peking gelegen » befindet, aus
Schl « tz.
Der Schuster, der Schneider.
Der Bader, der Wirth
Die thu» a Tarokel
Gemüthlich zu Viert'.
Uu wer schließlich g'winrrt- schall'.
Dös woaß i' voraus
Den han'u die drei Auder'n
gnm WirlhShänserl 'naus!