Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, July 24, 1890, Page 3, Image 3

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    , Isabels
(s. Fortsetzung.)
Dieser jedoch stand regungslos vo,
ihm, die Augen starr in's Leere gerichtet,
«liyrend ein Ausdruck tiefen Schmerze?
sich um seine Lippen lagerte. Dahe>
»«hm Jim in zärtlichstem Drucke d«,
herabhängende weiße Rechte in fein,
render Stimme:
„Ich glaube kein Wort davon, Mr
William. Es ist alles Lüge, unt
recht nicht, vo» dem wüßte ich mehr zu
erzählen, daß Brown feinen garstigen
Mund ausreißen würde. Aber ich will
es nicht thun," setzte er pfissig lächelnd
hinzu, „weil man Klatscherei von der
Herrschast nicht nacherzählen darf. Aus
Sie, Mr. William, lasse ich jedoch nun
wild. Deshalb gerade erwischte ich j«
eben die Ohrfeige."
Die weiße Hand fuhr jetzt sanft strei
chelnd über den schwarzen Wollkopf.
was sie wollen! Dagegen kann man
sich nicht wehren. Deine Vertheidigung
wird mir nicht Ein bitte
daß Mr. William in Amerika noch keinen
Liebesbrief in Empfang genommen hätte.
Verschmerze den Schlag, mein Junge;
Der Neger sah den verehrten Herrn
etwas verdutzt an. Doch, dessen Befeh
len unbedingt zu folgen gewöhnt, schlich
er lautlos aus der Thür.
schweren Worte mechanisch wiederholte:
„Schließlich aber war Miß Burlo» von
der Unschuld des Verlobten doch über
zeugt worden, daß nicht dieser, sondern
.Er soll dasür büßen, daß er Deinen
Miß Burlo» S wie der Gesellschaft er-
T"ugenich«S stempeln. Vortrefflich aus
«leNi'igclt -st dieser Plan, und Du selbst
slhst als verkannte Unschuld vor Deincr
Schilil'cu entschlüpft ist!" stöhnte Wil
„Wohlan, mein Herr!" Er sah nach
seiiur Uhr. „Jetzt tresfe ich Sie vielleicht
noch Hause. Ich übe sogar Gcrech
ka.iin zehn Minute» erreicht werde».
Denuoch aber beflügelte Mr. William
seoie Schritte, da n»r »och eine halbe
leichte», eleganten Sommeranzuge, ein
zierliches Stückchen in den Händen spielen
lassend, »„besangen und heiter heraus.
Allein das sorglose Lächeln auf Mr.
Frank'S Zügen verschwand, als er de»
sich eines Besseren und rief mit gut ge
lungener Gleichgiltigkeit und hochmüthi
ger Miene dem Besucher zu:
„Miß Burton hat Sie wohl mit eine,
Bestellung für mich beauftragt, wie?
ES paßt mir aber jetzt ganz und gai
nicht, »och einmal hinaufzusteigen, da ick
mich mit Freunden im Klub verabrede!
Dabei klang seine Stimme merkwür
dig fest. Nur das säst nervöse Schwan
ken des .Stückchens ließ auf heftig,
innere Erregung schließen. Zwar macht,
er noch ein paar Schritte vorwärts, dock
Mr. William, dessen eisige Blicke unver
wandt auf dem jungen Manne ruhten,
vertrat ihn, den Weg.
„Ich bedauere, Sie dennoch einig«
Minuten zurückhalten zu müssen, Mr,
Harvey!" erwiderte William kalt.
„Denn es ist nicht Miß Burton's Ge
schäftsführer, welcher jetzt einige unum
gänglich »ölhige Worte mit Ihnen zu
besprechen hat, sondern Mr. William
van der Capellen, der deutsche Gentle
„Das ist mir ganz einerlei; ich hab,
kein« Zeit," brauste jener in ungezogener
Weise auf. „Suchen Sie sich eine gele
genere Stunde aus für Ihre unumgäng
lich nöthigen Worte und lassen Sie mich
hinunter."
werden, wer von uns Beiden den LiebeS
'brief in Miß Burtons Boudoir verloren
hat, Mr. Frank Harvey, Sic oder ich?
Es sink mir ganz sonderbare Dinge zr
Ohren gekommen, und ich weiche nichl
von der Stelle, bis ich darüber aufge
klärt bin.
Von glühender Nöthe war des Ameri
kaners Antlitz einen Augenblick überzo
gen, und »»sicher scharrte er mit dem zier
lichen Schuhwerk auf den steinernen
Stufen hin und her. Dann aber stieß
er ein kurzes höhnisches Gelächter aut
und rief:
.Oho, Mr. William! Was erlauben
Sie sich mir gegenüber sür eineSprache'i
Sie scheinen völlig zu vergessen, daß
Sie Miß Burtons Verlobten, den zu
künftigen Gemahl dieser Dame vor sich
haben! Meine Braut ist über jen,
Briefaffaire genau orientirt. Sie weiß
Leute Süttdenbock zu spielen, und ga>
Ihnen Rechenschaft zu geben, bin ich
überhaupt nicht verpflichtet." Zorn und
Grimm särbtcn jetzt Mr. Harveys Wan
gen kirschroth. „Was wollen Sie— we>
sind Sie? Pah! Ein fortgelaufene,
deutscher Kassirer, nicht wahr? Ha, ha!
Dergleichen gibt es mehrere bei uns.
Ein anderes Mal stehe ich Ihnen viel
leicht eher z» Dienste». Gute Nacht!"
Straßenecke verschwunden.
Siebentes Kapitel.
Zu derselben Zeit ruhte Isabel Bur
ton mit geflossenen Augen auf einem
bequeme» Ruhebette in ihrem Schlaf
zimmer. Ein nasses, weißes Tuch lag
dal.egend
„Armes, liebes Kind!" flüsterten die
wulstigen Lippen kaum vernehmbar.
genommen werden, dann stehst Du allein
>» der Welt. Das ist sehr hart. Tie
Nachricht, daß Mr. Burton dem Ende
entgegengeht, daß er demnächst hier ein
treffen kann, kam zu plötzlich, obgleich
wir seit Jahren auf seinen Tod vorberei
tet sein mußten. Aber sie hat eine starke
Seele und wird ruhiger uud gesaßter
daran denken, nachdem der erste leiden
schaftliche Schmerz ausgetobt haben
wird. Wunderbar bleibt es doch, daß
sie mit solch einer hingebenden Liebe und
rührende» Verehrung a» ihm hängt, ob
fchon er ihr nie ein zärtlicher Vater ge
wesen," sagte sie nach einer Weile, indem
sie die nassen Hände abtrocknete und die
Waschschüssel mit dem EiSwasier bei
Seite stellte. „Gottlob, daß sie nun
schläft! Das beruhigt die erregten
Nerven am besten. Nein, zärtlich war
Mr. Burton »ienials, wenngleich fein
Kind das ist, was er aus Erden vielleicht
zumeist liebt. Härte und Egoismus
waren von jeher seine hervorragendsten
ihn, diesen unbeugsamen, stolzen und
ehrgeizigen Mann. Sein Leiden und
lelbst der Umstand, daß durch ihn die
Sogar auf dem College ist sie mehrere
Jahre gewesen. Ich glaube, wenn Bel
nicht einen guien Kops und die eisenfest«
Weise hat daS Geschäft sich seit Jahren
Stadt. Ja, ja! Stolz ist der Vater aus
si«—unbändig stolz. Ich glaube, wenn
«r sechs Buben besessen, die hätten ihm
alle nicht soviel Freude machen
uur einmal mit Mr. Frank stehen, wen»
er hier als Ehemann einziehen soll? Ol
es so fortgehen kann wie jetzt? Ob Miß
Bell ihm auch die richtige Stellung an
zuweisen versteh',, wird? Ich glaube,
wenn immer nöthige Klein
blasie Gesicht betrachtete.
wenig wegwerfend hinzu. „Und dann
noch solch ein armer Schlucker! Jesus
Maria!
„Sally, bist Du es?" Miß Burton
sich fragend um. »Zünde doch Licht an,
es ist ja bereits dunkel!"
„Ja, Miß Bei! Ich bin eS. Sie
gen— oder ein Beefsteak? Seit heute
Morgen ist ja kein Bissen über Ihre Lip
pen gekommen."
Depeschen gebracht worden während die
ser Zeit ?" Sie sagte das alles ziemlich
hastig.
Miß Bel. Nur Mr. und
„WaS?"
„ Ob Mr. Frank in den letzten
6""'^°""""
Eilig lies die Dienerin davon.
„Was wohl der Grund Deines Nicht
kommens sein mag. Frank Harvey?"
flüsterte
ken. „Mein armer Vater!" stöhnte sie
mit Uesen, Seuszer. „O Gott, gib mir
Kraft, das Schwere zu ertragen! Wie
Manne über die Begebenheiten der letzten
Zeit zu sprechen? Du wolltest es so gut
machen, banlest auf Frank HarveyS
Ehrenhaftigkeit genau so, wie auf die
seines vortreffliche» Vaters. Glück für
Dein Kind erhofftest Du aus diesem
es!"
Unglück schuld! alles sagte sie
empor und rief leidenschaftlich : „Frei
frei für William!"
Darauf erhob sich Miß Burton und
össnitc die Thür nach dem Boudoir.
pruchslofe» Einfachheit über dessen
Werth und Kostbarkeit gewiß staunend
die Hände zusammengeschlagen halte.
ihre Leistungen ihm imponirten. Warum
aber fuhr sie, seit William den Platz des
allen Rost inne hielt, von Woche zu
Würde William diese Nachricht gleichgül
„DaS Abendessen ist bereit. Miß Bur
ist." g , s
Mit diesen Worten steckte Tally den
ist Mr. William zu Hause?"
Langsam, mit widersprechenden Ge
danken beschäftigt, schrill Mix Burlo»
durch das höh« luftige Treppenhaus hin
ab, als plötzlich die Hausthür, an welcher
sie vorbeigehen mußte, um in das zu ebe
ner Erde gelegene Speisezimmer zu ge
langen, hastig aufgerissen wurde und
„Um Gottes Willen, was ist Ihnen,
Mc. William? Sie sind ja todtenbleich.
Ist ein Unglück geschehen? Sind Sie
krank? O Himmel, vielleicht erhielten
Sie eine Depesche über meinen Vater?
Spreche» Sie, ich flehe Sie an, sprechen
Sie!-
Sein Aussehen rechtfertigte allerdings
das lcidenschafllichcUngeftü», ihrerWorie.
Schien doch der s»nst so ruhige Mann in
furchtbarster Aufregungzu sein. Leichen
blässe bedeckte das Gesicht, und seine
Augen glühten in einem düsterem Feuer.
Gleichzeitig bemerkte man aber auch, daß
das Zusammentreffe» mit Miß Burlo»
ihm höchst peinlich war. Trotzdem be
mühte er sich, seinen Zügen einen mög
lichst gesaßten Ausdruck zu geben und
stieß, während er ihren forschende» Blick
en zu entgehen suchte, nur in abgerisse
nen Sätzen hervor:
„Nein, nein, Miß Burton! ES ist
nichts geschehe», was sie i» Unruhe ver
setze» könnte weder Mr. Burton be
treffend, noch in GeschäftSangelegenhei
ten. Nur ich selbst ", er stockte tief
und schwer .ich selbst habe ein
peinliches Zilsamineiilrefsen gehabt im
Klub. Ich bitte dringend, »lachen Sie
sich darüber nur keine Sorgen. Es ist
wirklich weiter nichts!"
an ihr vorüber. Indeß Miß Isabel
hielt plötzlich seine Hand krampfhuft fest
und ihre großen Augen ruhten angster
füllt auf seine» schmerzerfüllten Lügen.
Wie angewurzelt blieb er stehen.
„William, ich lasse Sie nicht einen
Schritt weiter, bevor Sie mir nicht den
rechten Grund Ihrer maßlosen Aufre
gung eingestanden haben!" rief sie, selbst
»n Ihr verstörtes Aussehen denke! Nur
etwas schreckliches kannSie so traurig ver
„O Miß Isabel! Zum erste» Mal,
mögliches vo» inir! mein Vertrauen zu
Ihnen ist grenzenlos. Aber befehlen Sie
nicht, daß ich jetzt sprechen soll bei
Gott, ich kann es nicht!" Fest und leiden
schaftlich preßte er ihre weiche Rechte in
der seinen. „Morgen gewiß ga,
bald erfahren Sie alles! Ganz New ?lorl
wird Ihnen erzählen, wie Ihr Geschäft
führer einem Vcrleikmder, einem feige»
Den feine Hand umklammernden Fin
gern sich entziehend, stürmte er die Trepp!
hinan.
Am nächsten Morgen stand Miß Bur
ton, mit merkbare» Zeiche» geistige,
Abspannung auf dein tiefbeküinmerien
Gesicht, in ihrem Boudoir. Sally hatt,
ihr eben ein Telegramm gebracht, w.lchee
die Nachricht enthielt, daß der krank«
Vater in den allernächsten Tagen daheim
eintreffen würde. Schmerzliche Besorg
niß und bange Ahnungen erfüllten dahe,
der Tochter Herz. Außerdem aber Haiti
sich Frank Harvey's Vater durch einige
schriftliche Worte für 4 Uhr Nachmittags
bei ihr anmelden lassen. Und gerade
dieses in einem, wenngleich kurzen, doch
eigenthümlichen Tone abgefaßte Brief
cken hielt sie noch immer in den Händen.
Vielleicht nein, ganz gewiß stand der
Besuch imZusanimenhaiige mit Williams
furchtbare,'. Erregung, mit seine» rät
selhafte» inhaltsschweren Worten. Eine
unsagbar peinigende Angst quälte sie
Wirklich kein Auge schließend, war sie
fast die ganze Nacht in ihrem Schlafzim
mer auf und abgewandelt—zun, Jammer
ihrer treuen Sally. Gräßliche Vorstel
lungen zermarterten Jsabel'S Hirn.
Was hatte William gethan? Einen fei
gen Buben gezüchtigt? Allmächtiger
Gott, war das Frank ? Denn daß die
Sache mit diesem zusammenhing, dünkte
Vielleicht ein Duell? Doch nein, nein,
etwas anderes mußte es gewesen sein!
Hatte William ihn getödlet? Sie schau
derte und gedachte mit Schrecken seiner
verstörten Züge. Aber der Himmel
würde ja Erbarmen haben; so schlimm
konnte durfte es nicht fei». Bald
mußte diese qualvolle Ungewißheit ja
doch ein Ende nehmen und Alles sich
aufkläre».
Miß Burtons strengem Befehl ge
mäß durste Sally keinen andern Besuch
als den ältere» Mr. Harvey einlassen,
dessen Kommen sie ja mit fieberhafter
Sehnsucht erwartete. In einem wahre»
Schneckengange schlichen die Stunden
dahin; zu keiner Arbeit war sie fähig,
und unzählig oft eilte sie nach der Uhr,
Freud oder Leid die Stunden schlugen,
den die nächsten Minuten bringen ?
Isabel preßte die Hände auf das klopfend«
Herz. Noch wenige endlofe Augenblicke
vergingen— und Mr. Harvey betrat die
Derselbe war ein mittelgroßer, starke,
Mann mit büitlofe», Gesicht uud hätte
noch ganz gut eiu ziemlich jugendliches
Aussehen haben könne», wen» er den
Kopf, welcher dünne blonde Haare auf
wies, nicht stets vornüber gebengt getra
gen, was wohl mehr eine Angewohnheit
als ein Zeiche» hera»»ahenden Alleks zu
Die klugen, freundlich blickenden Au
ge» deckte eine Brille; der Anzug wies
große Sorgfalt, ja fast peinliche Eleganz
aus. Seine mit perlgrauen Handschuhe»
bellcidetcn Hände hielten den tadellosen
Cylinder; allein deutlich gewahrte ma»,
daß sie zitterten und daß das sonst frisch
gerölhetc Antlitz heute bleich war, wäh
rend er Mühe hatte, das nervöse Beben
der Lippen zu verbergen.
Isabel Burlo» stieß bei seinem An
blick einen Schreckensruf aus:
„Mein Gott, wie siehst Du aus,
Papa Harveii?" Ihm entgegenstürzend.
allein!" rief sie ungestüm. Frank
»och? Die Angst tödtet mich seit
gestern!"
„Leben?" Der alte Mann sah ibl
beinahe ohne Verständniß und blöde ins
Gesicht. „Freilich lebt er noch. Besser
wäre es wohl, er wäre todt und sähe
unseres Herrgotts Sonne gar nicht mehr
über sich scheinen. O Isabel, solche
Worte muß fei» alter Vater Dir sage»,
„Lieber, theurer Papa Harvey! Ich
kann Dich nicht so trostlos sehen. Dein
Kummer schneidet mir Seele. O,
tcn."
ihm nieder und schaute tröstend zu ihm
lsabel, nicht so schlimm sein
nichr kommen. Alles ist verloren, di«
Achtung, d-e Ehre und fast das ganz,
schöne Geld üS,t)o<l Dollars! Dv
Sohne, Deinem Bräutigam! Gott, «
Gott! DaS überlebe ich nichl!" stöhnn
er herzzerreißend auf.
Gleich einer Bildsäule starr unl
stumm, kauerte das junge Mädchen vo>
ihm.
„Aber bei der Ekre des alten Harvey!
Du sollst dieses Geld bei Heller uut
Pfennig wiederhaben, Du Goldkind!'
Die zitternden Hände strichen über ihr.
Locken. „Ich bin Dir gut dafür und
müßte ich auch Tag und Nacht im
Schweiße ineineS Angesichis darum ar
ein Spiel gespielt! Nur 15,00» Dollar«
andere ist fort verjubelt."
„Was sprichst Du den» da, Papa
Harvey! Ach, laß dach daS Geld! Es
und Frank zugetragen hat!"
„Ja so, das weißt Du noch nicht? O,
mein Kopf ist so wü'k und wirr vo» all'
Wie war es doch ? Ja, richtig! Ge
stern Abend, es war wohl fast lv Uhr,
da kommt der junge Mr. Sherewood
Du kennst ihn wohl zu mir herüber,
ausgeregt »nd bleich? Mir zittern noch
die Glieder, wenn ich daran denke. Ein«
böse, garstige Geschichte erzählte er, di«
auf Frank ein entsetzliches Licht wirft-
Also: Frank und eine Menge jung«
Lrnte seien im Club anwesend gewesen,
als William plötzlich durch den sür di,
hellerleuchlete» Saal getreten sei. Jede,
hat gesehen, wie Frank beim Anblick de-
Deuischen i» heftigster Weise erfchral
und sich entfernen wollte. Allein ein
Entschlüpse» war unmöglich, indem Mr.
schritt und mit lauler, jedem verständ
licher Stimme fragte: „Ich bitte Sie,
niir nun hier im Club, dessen Räum,
nur Männer von Ehr» aufnehmen, an
geben, Frank Harvey! Wen» «u,
ein Funken von Noblesse in Ihnen lebt,
so sprechen Sie jetzt die Wahrheit! Ein
einfaches Ja oder Nein genügt mir, unt
wir sind quitt. Es ist vielleicht nu»
an der Zeit, daß der fortgelaufene deut
fche Kassirer Rechenschaft von Ihnen for
dert!"
Und was glaubst Du, was Frank ge
antwortet hat, Isabel? Den Grund des
Streites wußte Mr. Sherwood nichi
genau anzugeben. Gelacht hat Frank,
währe,id auf Aller Gesichtern sich blei
cher Schrecken und Verwirrung abspie
gelte gelacht, während William vo,
Wuth knirschte und seine Augen einen
sollen, wie mcw
zulausen und mich heimtückisch zn «liaki
reu, Mr. William. Die geheiligte»
Räume des ElubS sind nicht dazu da,
daß der Erste, Beste der darin über
haupt nur geduldet ist, langjährig,
Mitglieder mit Schmähungen und Ver-
Rückcn gekehrt und sich entfernen wollen.
Das indeß hätte Franks Schicksal besic
gelt. William sei ihm nachgestürzt und
schnell wäre das passirt, daß kam» eine»
der Herren so recht zur Besinnung ge
kommen wäre und die Katastrophe hätt,
„Allgütiger Gott!^ —Und Frank?"
Ausgang zu erreichen. Aber WilUam'S
Worte Hütten einen solch' schrecklichen
Eindruck hinterlassen, daß auch nicht einer
ihm hülfreich beizubringend Alle halten
William für einen Ehrenmann, und
Frank — o Bel!" Des alten Harvey
Stimme brach. „O Bel, Frank verdient
keine Achtung, kein Mitleid! Und doch
ist er mein Sohn!"
Ein tiefer Seufzer, der sich aus d?»
junge» Mäoch:»s Brust raus, war s r
laiige bange Minuten der einzige Ton,
(Fortsetzung folgt.)
Keine Kunst. Die Operet
»ensängcrin Palinay hat in Wien in
3
«lu« dem Lebe« einer Künstlerin,
Eine große Reihe von Geschichten,
damc Du Titreist, jene originelle alt
berlinerische Erscheinung, welche am
Hofe Friedrich Wilhelms des Dritten
und in der Gesellschaft des damaligen
Spree-Athen eine so ergötzliche Rolle
spielte, steht in dem vor Kurzem erschie
nene» zweiten Bande der „Bibliothek deß
Humors" zu lesen. Hier seien mehrere
Anekdoten nacherzählt, die bisher wenig
bekannt geworden sind.
AIS die biedere Dame eines Tages im
erste» Stock aus dem Fenster sah, ging
eine Freundin von ihr vorbei. „Du
komm mal rus, ick habe Leinwand je
kooft, ick will se Dir zeigen."—„lch habe
keine Zeit." „Na, denn warle mal
bloß eenen Oogenblick," und ehe die be
stürzte Frau sich besinnen kann, rollt aus
dem Fenster ein Stück Leinwand herab
bis in die Hände der Freundin, dessen
oberes Ende Frau Du Titre festhält, um
es nach erfolgter Prüfung wieder in die
Höhe zu ziehen. Auf einer Kindtaufe
fragte sie: „Nun, rzie geht es den» dem
kleine» Manchester?" „Aber so heißt
das Kind ja gar nicht, es heißt ja Kasi
mir." „Ach ja, ick wußte man blos
noch, daß er Hosenzeug war."
Im Theater gab einst die schöne Tra
gödlii Unzelmanii untcr allgemeinster Be
wunderung die Lady Macbeth. Als sie
im weißen Nachlkleide, die Haare wie
einen Schleier ausgebreitet, starren
Blicks, eine Wachskerze in der bebenden
Hand, über die Bühne schritt und die
heißen Tropfen nicht beachlete, die vo»
dem schwankenden Leuchter niedersielen,
rief plötzlich Madame Du Titre durch die
feierliche, lautlose Stille: „Aber Mac
bethen, Macbethen, Sie drippen ja!"
Schallendes Gelächter des Publikums
machte die tragische Wirkung zu nichte.
Eines Abends wohnte sie einer Vor
stellung vo» Werner's „Martin Luther"
oder „Die Weihe der Kraft" bei und
hörte dabei viel von der Bannbulle,
welche Lulher verbrennen wollte; da stößt
sie ihren Nachbar an und spricht die ge
flügelten Worte: „Na, ick lach' mir 'nen
Ast, wenn die Pulle platzt!"
Dein König erzählte sie einst, wie gut
ihre Kinder (ihr Schwiegersohn Benek«
mit seiner Frau) in Rom bei einer italie
nischen Reise aufgenommen worden
seien. „Alle Dienstags und Freitags
bei Papstrns zum Thee un die Papstin
so freindlich zu meine Dochter, wie"
mit einem bescheidenen Lächeln „Ma
jestäteken zu mir."
Einst erwiderte der König ihren Gruß
nicht; am andern Tage grüßte auch sie
nicht; da sandte der Monarch den Kron
prinzen in ihre Wohnung, u», sich zn
erkundigen, was los fei. Der Kron
das äußerste Geheimniß des Hauses Du
Titre, das ihm Madame erschloß. Er
verzog auch keine Miene, als ihm Ma
dame ihre Küche und alles Intime aus
dieser zeigte. „Sojar mein Waschlappen
is reeue, Prinzken, bei mir is Allenz
reenc" ; bei den Worten hatte der Prinz
der Kronprinz: „Warum haben Sie
meinen Papa nicht begrüßt?" „So?"
»leinte Madame Du Titre, „also det
war's! Jestern muffelte er, heile muffle
ick; jestern grüßte er nich, heute ick „ich.
Zeit, Luise noch lebte! " Uiid
in diesem Tage, nach Charloltenburg
fnhr. Ihr gutes Herz glauble, ihm
Lrost spenden zu müssen. Der Schluß
ihrer Rede aber lautete: „Ja, Majestäle
ken, et is schlimm vor Ihnen, wer nimmt
tc» mit folgende» ernsten Worten:
.Erinnert Euch des Bäckers."
Soldaten-Liebe. A,: Du,
ich hab' mir jetzt einen hübsche» Schah
angeschafft! B.: An der Schönheit
liegt mir gar nichts. Ich sehe bei mei
nem Schatz mehr auf de» inner» Wei'h.
A.: So, was ist denn Dein Schatz ? 8.7
Köchin!