Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, July 10, 1890, Page 3, Image 3

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    / Isabel.
(3. Fortsetzung.)
Hatte das schöne, von ihm vergöttert«
Mädchen bisher in schmachvollster Weis«
mit ihm nur gespielt, indem sie jetzt den
älteren Bruder, dessen Vermögen freilich
auf einige Millionen zu schätzen war,
vorzog, oder hatte er selbst all jene süßen
Blicke, Worte, Verheißungen, die er von
dem holden Angesicht abgesehen, in seiner
blinden Thorheit und Einbildung sich
nur erträumt?
Vor diesem Räthsel stand eines Tages
Wilhelm völlig niedergeschmettert; denn
kaum eine Woche nach Felir' Eintreffen
in Wien hielt er die Verlobungsanzeig«
des Bruders mit Baronesse Alma Prcg-
Mann hin und her, in welcher er bis
jetzt die edelste, reinste aller Frauenge
stalte» erblickt hatte. Ohne Fassung
»och Ueberlegung sprudelte Alles, was
«r bisher scheu und schüchtern im Busen
verschlossen, rückhaltslos über seine Lip
pen: daß er sie geliebt habe seit Monaten
mit den wahrsten, treuesten Gefühlen,
daß er auf Gegenliebe gerechnet und
selbst nur noch nicht den Muth gehabt
habe, mit seinen heißesten Wünschen vor
sie hiuzutreten. Der Bruder sei ein
Verräther, ein Dieb, der ihm sein Le
bcnsglück gestohlen. Jetzt müsse sie ihm
Beiden sie am meisten liebe!
Da scholl des schönen Mädchens über
müthiges Silberlachen ihm entgegen, so
unbesangen, so ausgelassen fröhlich, als
ob er ihr den köstlichsten Witz soeben
erzählt hätte. Sie hätte ihn geliebt I
ihm Hoffnungen gemacht? Nein, bei
Gott, das fei ihr niemals in den Sinn
gekommen! Ihr Herz habe erst ge
sprochen, als sie die Bekanntschaft seines
Bruders Felir gemacht habe. Alß Schwa
ger würde er ihr stets willkommen sein;
er solle sich nur jene thörichten Einbil
dungen und Schwärmereien aus dem
Kopfe schlagen!
ein Schlafwandelnder wankt«
Jahren verfolgte ihn jenes schrille, fru
vole Lachen.
Auch zwischen den Brüdern kam es
zu heftigen Auseinandersetzungen, durch
n»lche die völlige Verschiedenheit ihrer
Charaktere erst recht zu Tage trat. Felir,
von Natur kalt und berechnend, lachte
»ur höhnisch zu den wilde» Zorn- und
Schmerzensausbrücheu des Betrogenen.
„Wer das Glück hat, führt die Braut
heim!" Das war seine Antwort, wobei
er noch daraus hinwies, Wilhelm möge
doch Alma fragen, ob sie nicht frei ge
wählt habe.
„Ja, Alma, Du falsches, treuloses
Geschöpf!" so rief es tausendmal in
Wilhelm's Seele. Seine heiligste» Ge
fühle waren mit Füßen getreten; die
schönen Augen hatten gelogen. Aber er
fchwor sich, diese unselige Leidenschaft
mit der Wurzel aus seinem blutenden
Herzen herauszureißen; ja, er ver
wünschte den Glauben an reine, wahre
Von Stunde ab warf er sich kopfüber
in den wildesten Vergnügungsstrudel
der Residenz, erklärte mit bitterstem
Spotte, sein Bruder würde fortan von
ihm zu hören bekommen. Unsummen
wurden vo» ihm vergeudet, und gaiiz
Nacht verspielt« und durch seine» kolossa
len Aufwand alles in Erstaunen setzte.
Ein wilder Rausch schien de» bisher
haben.
Die Hochzeit des Bruders war längst
xeseierl worden. Aber was kümmerte
Villa in T,.,., das Vaterhaus, floh er,
lind auf Tante Nesi's herzerreißende
Bitte», welche i» ihrer Angst zu ihm eilte
und ihn beschwor, dieses schreckliche, ihn
physisch und moralifH vernichtende Da
sein aufzugeben.hatte er nur ein ähnliches
noch immer in den Ohren klang.
Unaufhaltsam ging es so mehrere
Jahre laiiq in Weise fort, bis
Und dennoch hatte eine seltsame Um
wandlung sich an ihn, vollzögen. Von dem
Augenblicke an.wo feine Füße de» fremden
Welttheil berührt hatten, wo er ange
sichls der Riesenstadt ein Lebe» voll
schwererNrbeit vor Augen sah, da erwach
ten auch Vorsätze und feste Entschlüsse in
feinem Herzen, von denen er sich bewußt
wurde, daß sie wahr gemeint seien und
die ihm beglückende Entdeckung klar leg
ten, daß noch nicht alles Gute in ihm zu
Grunde gegangen sei, daß vielmehr Ehr
gefühl und Stolz noch lief in seinem
Herzen schlummerten. Jugendthorheiten
und der fast an Raserei grenzende Ueber
muth hatten ausgetobt und von jetzt ab
sollte der herzlose Bruder sehen und zur
Ueberzeugung gelangen, daß er feinern»
mehr bedürfe, daß er von ihm sich ganz
und «ollständig losgesagt habe.
Nur ein Wesen hatte er in der Hei,
rath zurückgelassen, welches in warmei
Liebe an ihm hing. Thränenden AugeS
gedachte er stets seiner alten Tante Rest,
deren entschiedener Liebling Wilhelm von
j cherewe^en ,^u^' >u ih>c^
Einsprache, über
spannte alte Jungfer mit solch' lieb
losen Namen belegte derselbe die Tante
—gern für närrisch erklärt hätte. Allein
sie war fest geblieben. Nun aß sie fort
an das Gnadenbrot in der Villa des
älteren Neffen und fügte sich dort, wo sie
so lange in treuer Pflichterfüllung ge
waltet, jetzt demüthig unter das Scepter
der jungen, herrschsüchtigen und launen
haften Frau, welche das alte geregelte
Hauswesen natürlich über Bord warf
und mit einem Troß neuer Dienstboten
eine gänzliche Umwandlung des Hauses
hervorzauberte.
„Arme gute, alte Tante!" rief Mr.
William nochmals laut aufstöhnend.
„Wie schlecht habe ich Dir Deine opfer
willige treue Liebe gelohnt. Nichts
drückt mich so schwer, als gerade das,
was ick in meinem Leichtsinn Dir ange
than, Du Theure! Das ist ein fressen
der Wurm in meinem Gewissen." Er
barg den Kopf in die Hände. „Aber bei
Gott dem Allmächtigen schwöre ich es,
daß Du jeden Pfennig Deines Geldes
zurückerhalten sollst, liebe Tante Resi!
Im Schweiße meines Angesichts will ich
arbeiten und das Ersparte für Dich zu
rücklegen. Dank, Du gütiger Himmel,
dafür, daß Du jetzt endlich Erbarmen
mit mir hattest und mich einsehen ließest,
welch' ein schlechter Mensch ich gewesen
bin!"
Noch einmal langte er nach dem vor
ihm liegenden Briese aus der fernen
Heimath, dessen Schluß ganz merkwür
dig beunruhigende Gedanken in ihm er
einen tieferen Sinn zu lesen vermeinte.
Es ist nicht meine Absicht, Dich un
nütz zu erschrecken, lieber Sohn," schrieb
die alte Dame, nachdem sie zuerst in
theilnehmender Weise mit seinen eigenen
Angelegenheiten sich beschäftigt hatte,
eingehender:
die zarte Constitution feiner verstorbenen
Mutter geerbt hat. Dabei denkt er kei
neswegs an Schonung seinerseits, son
dern arbeitet gleich Eurem Vater in un
ermüdlicher Thätigkeit fort. Kurz, der
wie auch hiesiger Arzt
sowohl der Leidende, wie auch Alma keine
Ahnung von der Bedenklichkeit des Zu
standes haben. Nur mir allein inachen
die gelehrten Herren ihre trüben Mitthei
lungen, zwar mit dem Zusätze, daß, ob
wohl die äußerste Schonung geboten,
doch noch Hoffnung auf Genesung vor
handen fei. Vor allein aber müßten gei-
Möglichkeit ferngehalten werden. Felir
solle den Winter in Gries bei Bötzen ver
bringen. Ob Alina ihn begleiten kann,
ist zweifelhaft, da ihr Zunand selbst der
Schonung bedarf. Sie befindet sich in
genscitiges Verhältniß ist nicht eben bes
ser geworden, obwohl ich alles aufbiete,
ihr nach Gefalle» zu leben. Wir sind
nu» einmal zwei gänzlich verschiedene
Eharactere. In steter Angst und Sorge
lebe und verbringe ich iraurige Tage.
meine einzige Freude und Zerstreuung.
Möchte nur der Sohn und Erbe nicht zu
lange auf sich warten lassen."
Die Hand mit dem Briefe sank Mr.
William auf den Schoß. Felir also
krank, kränker vielleicht, als Tante Nest
es auszusprechen wagte. Wie herzlos
der Bruder auch immer gehandelt haben
mochte, wie viel er dazu beigetragen hatte,
den stolzen Bau seiner eigenen Hoffnun
gen zu zertrümmern, jetzt stieg ihin im
Herzen doch eine theilnehmende Regung
für denselben auf. Die armen kleinen
Töchter! An Alma dachte er nicht, weil
für diese die einstigen Gefühle längst er
kaltet waren. Und kein Sohn
Doch wohin verirrten sich feine Gedan
ken? Sicherlich brachte das nächste
Schreiben beruhigendere Nachrichten.
Mr. William erhob sich, in der Absicht,
die aufgeregte Stimmung durch schleu
nige Beantwortung von Tante Resis
Brief einigermaßen zu beschwichtigen,
als ein leises Klopsen an der Thür ihn
stutzen ließ. Brown, der Butler des
Hauses, steckte seinen Wollkopf insZim-
Seit Mr. Williams Eintritt in dieses
Haus halte er mit dem alten Neger auf
einer Art von stillem Kriegfuß gestan
den, obwohl kaum hundert Worte zwi
schen ihnen gewechselt waren. Allein
der Deulsche jühlte instinktiv, daß er in
dem selbstbewußten Schwarzen einen
Gegner besaß, ganz besonders, seit er
dessen anfängliche vertrauliche Annähe
rung kurz und ziemlich schroff zurückge
wiesen hatte. Brown schien im Uebri
gen das volle Vertraue» seiner Herrschaft
zu genieße» und schwang das Scepter in
unumschränkter Macht.
Nur Sally, der Miß Burton alte
schwarze Amme, die seit den Kinderjah
ren die junge Herrin nicht verlassen,
lehnte sich ab nnd zu gegen das streng
geführte Regiment auf, weil, wie sie
sagte, sie selbst länger schon im Dienste
der Blirtoiis stände. Auch fand sie bei
vereinige» Gebieterin stets liebreichsten
rung.
„Miß Isabel befahl mir, heraufzu
gehen und Mr. William zu fragen, ob
er für sie einige Minuten Zeit übrig
hätte", entgegnete der Neger mürrisch.
„Gewiß!" Der Geschäftsführer sprang
auf und näherte sich dem Diener. „Ist
Miß Burton im Parlour oder in ihrem
Wohnzimmer? Es schien mir doch, als
ob sie vorhin, als sie »ach Hause kam und
„O, Mr. Frank Harvey ist schon wie
der sort, und die Lady läßt Sie ins
Boudoir bitten," setue der Schwarze mit
einem häßlichen Grinsen des breiten
Mundes hinzu.
Viertes Capitel.
Die Dame saß in glänzendster Gefell
schaflstoiletle am Klavier und präludirte
„O bitte, Miß Burton!" unterbrach
er sie rasch, sich tief verneigend. „Ich
stehe jederzeit zu Befehl!"
Das klang noch recht deutsch und rief
blicklich eine größere Summe flüssig
und disponibel ist, Mr. William. Wir
hatten uns während der vergangenen
Geldes kandelle, so wäre ich ganz ein
fach zu Ihnen in die Office gekommen
und hälie mir dieselbe aushändigen
tt°7geleg'.°"" °U«s
„Miß Burton!" entfuhr es im Aus-
Hörster Ueberraschung Mr. Mil
ser mir zu Liebe durch Feuer »nd Was
ser geht. Aber an feiner Erziehung ist
wohl manches versehen worden, was den
irmen guten Eltern jetzt gewiß trübe
Stunden bereitet. Der einzige Sohn —
veiwöhnt von der Mmter ein kluger,
iber etwas zu genialer Vater—kurz,
lvie das so geht! Allein jetzt hat Frank
»en guten Willen und festen Vorsatz,
itwas zu leisten und zu sein, weil er
sieht, wie ich selbst arbeite und das
Wohl unseres Hauses mir zur LebenS
zufgabe gestellt habe. Ferner, er sieht
Sie, Mr. William, wie Sie mir b«i-
stehen, mich mit Rath und That kräftig
»iilerstützen : glaube» nicht, da»
jedoch, ohne darauf zu achlen, lebhait
sort:
„Gut! Er will sich nun mit einen,
in der Nähe von Clinton Place am
Broadway—betheiligen. Das Geschäft
ist gut und steht auf re-lleu Fügen.
über seine Stirn sich lagerte. Das
junge Mädchen war jedoch zu sehr in
ihre Pläne vertieft, um dies zu bemcr-
Sohne wohl schwerlich die gewünschte»
40, 0v0 Dollars vorstrecken, ohne daß
sein eigenes Geschäft darunter litte. Er
einer Zeitung in einer unserer Nachbar
städte."
„Könnte Mr. Harvey sich da nichl
besser in der Office seines Vaters nützlich
vey diese so naiürliche Bitte nicht uner
füllt lassen darf? Und schließlich ist mein
eigenes Interesse zugleich mit im
Sie mir?"
„Darf ich ganz offen sprechen, Miß
Burton fragte er sie dabei ernst und
denn nicht?"
„Sie stellen mir eine peinliche Frage,
da die Antwort darauf eben nichl sehr
leicht Ihr Mißfalle» zuziehen muß.
Allein....
Er zögerte; doch sie sagte schnell in
heftiger Erregung:
„Ich verlange, daß Sie mir offen Ihre
Sie dieser Ansicht sind."
„Weil ich, als Geschäftsführer der
Firma Burton es für meine Pflicht er
achte, zu rathen und zu wqrnen. Ich be
trachte das Kapital in diesem Falle als
unrettbar verloren."
Sie mir aber zu spreche» befohlen habe»,
nebenbei nur a»ch die Pflicht obliegt, die
Interessen der Firma, wo immer es auch
Fei/liug erscheinen, wenn ich mit dem,
was der Zufall mich leider entdecken ließ,
hinter dem Berge halten wollte." Er
schöpfte tief Athen,. Ehe Sie Mr. Har
vey ein so bedeutendes Capital anver
trauen, Miß Burton, forschen Sie vor
Alle», »ach, ob es auch sicher angelegt
wird! Denn leider ist des jungen Man
nes Ruf kein—guter in der «tadt; man
sagt, daß er spiele—sehr hoch spiele, daß
seine Wechsel nur noch acceptirt würden
daß "
.Genug! Heftig war sie aufgesprun
gen und stand, die Hand gebieterisch gegen
ihn erhoben, vor ihm. „Häufen Sie
nicht Schmähungen über einen Mann,
der nicht hier ist und sich nicht vertheidi
gen kann!" rief sie zornig. „Wer sagt
das ? Die Welt ? Aber die Welt lügt
kleinlich-unbedacht genug, den bösen
Zunge» das nachzusprechen! Ich weiß
genau, daß Sie gegen Frank ciugenoin-
Silbe glaube ich davon."
Mr. William hatte sich gleichfalls er
hoben. Sei» ausdrucksvolles Gesicht
Höhe emporrichlcnd, nur achselzuckend:
„Ich bitte nicht zu vergessen, daß ich
lediglich im der Firma Burton
zeit verantworten." Seine Stimme be
kam «inen fast drohenden Klang. „Na-
Thorheit grenzen würde», zu verhin
dern."
Einen Moment begegneten sich ihre
Ute^rere^ M Burlo^
„lch für Ihre Belehrung
NachU"^
ten, jene harten Worte zu verzeihen.
Wenigstens danken hätte sie ihm sollen,
daß er überhaupt gekommen war. Gleich
Reue regte es sich in Miß Burtons
Brust.
Was hatte er denn eigentlich verbro
chen? Gab ihm, wie er gesagt, seine
Stellung nicht das Recht dazu, in solcher
Weise zu sprechen, besonders wo es sich
handelte, dessen Anlage ihm unsicher,
zweifelhaft erschien? Jedes Wort des
Gesagten stand noch klar ihrer
den ausgesprochene Warnung, das Geld
nicht zu geben, was ihren Widerspruch
reizte? Rein, sie wußte genau, was es
war. Keine Beschuldigung gegen den
Verlobten aus diesem Munde zu hören.
William »nd Frank haßten sich ; das war
ihr längst bekannt. Allein gerade des
halb erschien ihr das eben Gehörte so
auf und nieder. Dann warf sie sich in
einen «essel, daß die starre knisternde
Seidenrobe um sie herum sich aufbauschte.
Stets aber verfolgte sie Mr. Williams
finsterer Blick, der bei ihren heftigen
verletzenden Worten imnier drohender
geworden. „Was ich gesagt, kann ich
auch jeder Zeit verantworten!" hatte er
gerufen, und sie wußte nur zu gut, daß
aus diesen offene» ehrliche» Augen keine
Lüge sprach.
Aber Frank ein Spieler ein leicht
sinniger Mensch! War das möglich?
Mit stockendem Athem verfolgte sie die
sen Gedanken, Warum nur hatten
darüber ihr nicht bereits Andere vorher
auch Andeutungen gemacht, wenn das
fein, der ihr das Schreckliche offenbarte?
Als ein besonders fester Charakter war
Frank Harvei) ihr freilich niemals er
schienen. Für ein wenig schwach und
energielos bat!« sie ihn gehalten,
für einen Mann, der zu leite» sei und
geleitet werden müßte; und ihn zu
ändern, zu bessern, das sollte ja eben
ihre Lebensaufgabe bilden. Isabels
Kerlöbniß mit Mr. Harvey währte schon
länger als ein Jahr. Damals, als die
iLäter jene Verbindung wünschten, hatte
sie nichl gezögert, ihr Jawort zu geben,
indem der um einige Jahre ältere Mann
gleich einem Bruder neben ihr aufge
wachsen und ihr stets ein heiterer, will
fahrender Spielkamerad gewesen war.
Sie hatte auch nicht einmal darüber nach
gedacht, ob andere Gefühle als bloße
Kreundfchaft für den Betreffenden und
Verehrung für dessen Eltern zu solchem
Blu.de nöthig seien.
Isabel Burions strenger, fast i»ä»nli
cher Lebensberuf ließ ihr zu dergleichen
Empfindungen »nd Sentimentalitäien,
wie sie selbst oft scherzend äußerte, wahr
lich keine Zeit. Jetzt in diesem Mo
mente wurde es ihr jedoch plötzlich klar,
daß sie damals gleich einem Kinde ge
handelt habe, als sie ohne den mindesten
Widerstand dem Ueberein kommen der
Väter sich gesügl und ohne Verstand und
Einsicht die Fesseln hotte anlegen lassen.
Tief im Innersten mnßte sie sich nun
Glühende Röche bedeckte Miß Jsabel's
Weg suchle.
ken, wenn auch herb und wehmüthig
»us:
„Gut, Du sollst das Geld haben,
scheitern kann! Keine Miene, kein Wort
«ird Dir verrathen, daß ich Dich prüfen,
beobachtei, will, ob es mit Deine» guie.
Vorsähen Wahrheit ist und Du mir zu
Gesallen
dann will ich gern D iner Jugendsünden
vergessen. Nicht Dir, sondern Deinen
theuren Eltern bringe ich das Opfer,
indem ich gelobe, Dir ein treues, lieben
des Weib zu fei». Wehe Dir jedoch,
Frank Harvey, wenn Du mich belügst!
Dann soll dieses Geld der Preis sein, der
Und Mr. William? Warum gedachte
sei, mit solcher Entschiedenheit entgegen
trat. Gerade das halte die leidenschaft
liche, an keinen Wiederspruch gewöhnte
gewesen, und nun trat plötzlich
vor sie hin und wagte zu sagen: „Du
handelst unüberlegt!"
ihrer Bekannlschafl hatte Isabel Burton
lagte Mädchen einen Eindruck zu machen.
Seit Mr. William jedoch in die Dienste
Hauses getreten stieg manch
ein Gefühl von physischem und morali
schem Ausruhe». Welch' ein Mann war
er doch gegen Frank I Dabei erinnerte
sie sich jetzt stets wieder der inahntnden
Worte:
sie die zerrissenen Spitzen der Garnitur.
Zugleich aber saßt- sie nach rinci» weißen
Papier, welches dicht an dem kleinen
Sopha, in dessen Nähe Air. William
gesessen, am Boden lag. Ein Briefchen
ohne Umschlag, mit der Ueberschrist:
theurer Freund!" in feiner
liche Neugiirde veranlaßt- sie, die
flüchtigen Zeilen doch rasch zu Ende zu
lesen.
Allein nach wenigen Minuten siel der
„Das Alles versteckt sich also hinter
Ihrem scheinheiligen Gesichte, Mr> Wil
die zusammengepreßten Lippen. „Wahr
lich, das sind ja saubere Dinge! Brillan
ten verschenken, elegante Soup-rs bei
Delmonico, haha!" Höhnisch lachte sie
auf. „Sie innssen in den lctzlen vier
Monate» fabelhafte Ersparnisse gemacht
haben, mein Herr Geschäftsführer!
Freilich, ich verstehe nichts von derglei
chen Dinge», und es geht mich auch ganz
und gar nichts an, wie Sie Ihre Muße
stunden verbringen, noch wer die Miß
Addy ist, die sich in diesem Billetdour
unterzeichnet hat. Aber etwas steht da
rin, was Sie bei Gelegenheit einmal zu
Mit den, Fuße stieß sie nun das Brief-
Billet wieder zustellen?" flüsterte sie
nach einer kopfschüttelnd. .Merk
aus!" H ch
Mit zwei Fingern hob sie das Papier
wieder in die Höhe.
„Ja, wenn es noch Frank gewesen
märe! Aber, mein Gott, wie ist mir
denn? Kann nicht Frank diesen Brief
ebenso gut verloren haben? War er es
nicht, welcher vor William den nämli
chen Platz hier eingenommen bat? Wenn
befreit, und, die Hände gegen des
klopfende Herz pressend, rief sie freu
dig:
„Keine Ahnung hat William von die
sem Billet-dour! O, wie Unrecht that ich
ihm! War ich denn bUnd, daß ich auch
vertheidigen, habeich ihm vorher so wehe
zeihan!" (Fortsetzung folgt.)
—Ueberfl ü 112 fi g. Meister (zum
,ieuen Lehrsungen): „Du Dir
>aS darfst Du mir glauben!" Lehr
junge: „Ja,... aber ich glaub's dem
Meister auch ohne Ohrfeige!"
Verfehlte Spekulation.
Straßenkehrer (der von einer Equipage
öaron hat mir nur 50 Pfennig' Schmer
zensgeld gegeben? Na wart', von Dir
ichoflem Kerl laß' i' mi' noch amal über
sahr'n!"
3
Don de» «ravatte.
Jabrhttnderte hindurch, »leint ei«
französischer Arzt, ließen die Menschen
ihre» HalS der Einwirkung der Kälte
und Wärme srei. Erst um Iti6t> wurde
in Frankreich der Gebrauch der Kravatte
so roih zu färben. Um welche Zeit die
militärische Halsbinde in der Armee ein
gefühlt wurde, ist dem genannten fran
zösischen Arzt nicht bekannt, jedenfalls
konnte nia» nicht leicht ein gesundheits
widrigeres Kleidungsstück wählen. Der
französische Soldat trägt nicht mehr die
militärische Halsbinde, merkwürdiger
Weise macht sie aber noch ein Bestand
theil der französischen Ossiciersuniform
aus. Der Gebrauch des Cacheuez, der
so lange in Mode war, ist durch eiir
Seidcnsoulard später mit Vortheil ersetzt
worden. Es hat gewiß ebenso wie da«
Käppchen mehr Schnupfen erzeugt, als
eS verhindern wollte. Die Kravatte soll,
wenn sie schon getragen werden muß, s»
locker gebunden sei», daß sie die Blut
circulation nicht hemmt.
niedrigen und warmen Räumen sich aus»
halten müssen. Bei den Kindern iväre
die Kravatte am besten ganz zu unter
drücken, selbst im Winter, sie sollen sich
durch Bewegung in der freien Luft bei
jeder Witterung und Jahreszeit an den
Wechsel der Temperatur gewöhnen.
Gewebe leicht und schmiegsam sei.
„Monocle"-G«schtchteu.
„Er hat sich ein Stück Glas in's Auge
getreten!" behauptet der Berliner scherz-
Der Name ist ei» sehr fremdartiger, der
Gegenstand aber ist eine deutsche, ja so
gar eine Berliner Erfindung. In der
Mitte der dreißiger Jahre spielte in der
Berliner Gesellschaft der durch feine Ex
zentrizitäten bekannte Fürst Pückler-
Muskau eine Hauptrolle; er machte
Berliner zu belustigen und der Gesell
schaft Stoff zur Unterhaltung zu geben.
Er es auch, der das Monocle er-
sehr breiten schwarzen Bande um
den Hals gehängt hatte. Der Fürst
hatie >ehr tiefliegettde Auge» und gewal
tige Augenhöhlen, so daß ihm das Tra
gen des Glases leicht fiel, während diez,
jenigen
nichts Schwieriges, und er brächte e«
auch ganz gut fertig, wenn es seil,
müßte.
Es kam schließlich zu einer Wette um
eineu hohen und unter fol
um den Erercierplatz vor dem Branden
burger Thor, den heutigen KinigSplatz,
herumreiten. Verlor er bei dem Ritt
die Thalerstücke nicht, so sollte er die
Wette gewonnen haben. An einem der
nächsten Vormittage kam die Wette zum
Austrag. Aus dem KönigSplatze stellten
sich die Preisrichter auf. der Rittmeister
bestieg sein Pferd, klemmte sich die Tha
lerstücke in die Augen und begann feine»
den Reiter mit den eingeklemmten Tha
hat der 'n Paar Oogen!" Das Pferd
erschrak, sprang zur Seite und der Reiter
verlor die Thalerstücke und die Wette.
Der Eckensteher suchte das Geld auf, er
hielt von dem Fürsten, der über das
„Stadt der Intelligenz!"
MerkwürdigeThiere lmd
stellt, dem Schaufenster Lokal»
Wißmann überbracht. Können jede
Minute Jung- werfen!" —Das macht
die Stunde 120 Junge, so daß der Wirth
täglich mit LSBO jungen Mardern auf
warten könnte! Und da behaupte Einer
noä>, daß Ostafrika kein fruchtbare»
Land sei.
Mißlungene Vorsichts
maßregel. Wirth (zum Piceolo):-
„Fritz, sür den Student Meyer schreibst
Du nichts mehr auf der bezahlt doch
nicht!" Piecolo (zum Studiosus
Meyer): ...Ich soll sür den Herrn
Meyer: „So!.. Na, mir ist» Wurste
»enn Du DirS'S merken kannst