Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, May 01, 1890, Page 6, Image 6

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Niel
Sonst hätte er nie geheirathet nie
nie!
„Lieber schöß' ich mich todt!" Das
war seine stehende Bekräftigung, wenn
eine Verlobung innerhalb des Regi
ments in der Luft hing und die Kainera
fchöß' ich mir eine Kugel vor den Kopf!"
Eine drollige Art der Eitelkeit: man
zurichten
Nichts Blankeres, als die hübsche
kleine Wohnung, wo sein Bursche de»
Er sürchlet sich vor dem Pantoffel!
h-eß es. konnte er sich doch nicht ein
mal der Tyrannei feiner verschiedenen
rüchtigte Strammheit im Dienst. Er
hatte icine Compagnie „höllisch im Zng"
er besaß die hellste Commandostinime
des Regiments, er war ein schneidiger
Ererzicriueister und der Schrecken seine»
Capitaiu d'armes. Die bnnie Flagge
Höheren au! dein Manövcrjeid aus sich
gezogen? Oder sollte wirklich die prin
ripiclle Abneigung der Frau Comman
deuse gegen das luiiggesellenthum schuld
«» seinem militärischen Untergang gewe
sen sein? Die hageren, schnippischen
Släuglcin ihrer beiden besuche
Und es war ihr in ihrer durchgreifenden
Art schon zuzutrauen, daß siedle Carriere
eines „ihrer" Ofsiciere au dieser starren
Hastesklippezum Scheitern brächte.
Also a. D.! Das ist ei» Ade allen
ehrgeizigen Hoffnungen. DaS heißt
«ine» Strich inner alle Lebensträum«
»es in der welilicken Rangordnung
setze»! Wer verheiraihei
»väre und .ttinder zn erziehen hätte!
diivini zu ireiiucn und Eigenthum ocr
psNcluet!
Eine Haushälterin? Brr! „lieber
schöß'ich,,,
des anzuvertrauen.
Nie war er sich so hilflos »orgekom-
fein Zeiinngsaufgebot massenweise her
beigeströmte» Weiblichkeiten, die sich für
den begehrte» Poste» meldeten, Revue
passire» ließ. Ein ganzes in Front aus
gestelltes Bataillon abzukanzeln, das ist
eine Kleinigkeit, aber solche damenmäßig
aufgedonnerten, mit Blicken und Bitten
und eiuein Wortschwall, sogar einzelne
mit Jugend und leidlichem Frätzchen aus
gestattete» Frauenzimmer durch irgend
eine Ausflucht hiua»Szucoinplimentiren!
Es ward ihm ernstlich schwül, und es
war wohl zuletzt die Verzweiflung, die
iI)N »nd das übliche Miethsgeld
Miethsbllchcs verschmähte, drücke» hieß.
Wie sah sie doch noch ans? Er hatte
wirklich blindlings zugefaßt, um dem
peinlichen Eranien, wo er wahrhaftig
die Eraininandenrolle spielte, ein Ende
zu machen. Sein war daher
Nacken hinabwncherte'
Blond —ja blond! Wenn er über-
jemals eine Eouleiir so
Auch ihn selbst nicht! Zuerst em
pfand er ein gewisses verblüfftes Grauen
vor de? naiven Sicherheit, mit der sie
ihrem Geschniack umstellte und ordnete,
so rcorganifirte sie auch seine Lebens
weise. z. B. wagte er es bald nicht mehr,
das Abendbrot in seinem Hanse auszu
schlagen, während er das sonst in der
Kneipe abzufertigen pflegte. Selbst
verständlich ward der Salon als „gule
Stube" außer Gebrauch gefetzt, und er
durch'chritt denselben nur noch auf Fuß
hier waltete und gegen den die gerichmie
Sauberkeit der Burscheuzeit nur ei» elen
des Gespenst war.
Anfangs versuchte er noch den Herrn
herauszutehre». Aber sie lächelte jeden
Widerstand gegen ihre Anordnungen mit
de» Grübchen in ihren feiste» Wange»
nieder. Ohne Zweifel verstand sie Alles
besser, sie, die eine» eigenen Hausstand
besessen! und aus ihren Woitcu lugle
deutlich die Mißachtung gegen den Jung
gesellen. Uebrigens kochte sie vorzüg
wehrloS machen ; es war Alles in muster
hafter Ordnung was widersetzt er
sich denn?
Teufel! er halte doch einen „Dienst
boten" gemiethet, und er fühlte sich vor
ihr genirt wie vor einer Dame. „Ad
rett" ! das war ihr Lieblingswort
unwillkürlich begann feine Haustoilette
ebenfalls gewisse „adrette" Allüren aiizu,
nehmen au« Respekt vor ihr! Zlll
mälig stellte sich ein Gefühl bei ihm ein,
als wen» er seibst auf Besuch i» feine»,
In diesem Nefpektgesühl bestärkten
ihn ihre nie ruhenden Anspielungen auf
den solide» Glan; ihrer Vergangenheit.
Ihr Vater war ein fürstlicher Schloßbe
vmter gewesen und sie hatte als Kind
mit Prinzessinnen gespielt! Ihr«
Schwester war znerst mit einem Herrn
„von" verlob«, nun heirathetc sie eine»
Laiidwehrossizier. Ihr Mann hatte ein
jährig gedient und sie halten, trotzdem sie
nur Buchhalters waren, m!t de» „ersten"
Familie» ihres Wohnortes verkehrt. O
sie hatte »ach dem Tode ihres Mannes
Anträge genug gehabt! Sie hätte einen
Fabrikauie» habe» könne», eine» lcib
! Sprach diese Wegnahme nicht deut
licher als Worte? Sagte sie ihm
nicht symbolisch: Mit dem Todlschieße»
wird eS doch nichts! Du bist mir >a doch
vei falle»!
Na, es wäre nicht das äußerste Un
glück, Na, er winde Nnh und Friede»
für den Rest seines Lebens genießen!
Ur,d verschiedene Beispiele standen mit
schaflcriii geheirather »nd d,rdei .lächer- >
lich glücklich" geworden. Se, Ercelleuz.
der General r>. H., der da draußen in
flerhasteS Faunliciidasei» sühne. N»,
was für Ansprüche erhebt er den» »och
an das Lebe» ? Ei» a. D.
„Teufel, aber ich will nicht! Ich habe
mich sünszig Jahre gegen die Ehe ge
dies Sträuben ei») man soll mich nicht
Und Unit, mit der äußersten Anstren
gung seiner Autorität: „Frau Glaß, ich
Sie ;uck:e mitleidig ironisch die rund
lichen Schultern: „Wie der Herr Baro»
beschien...."
Und sie wollte den mit einem alten
Kissen gesülierten Korb wieder in die
Schlasstube stellen, wo Schnurz zu Fü
ße» seines Herr» zn übernachten pflegte.
„Nun lasten Sie nur, Krau Glaß!
wenn Sie glauben, daß es die Nacht da
draußen nicht zu kalt wird ..."
Wie kam de,», das? Unbegreiflich!
er entsetzte sich vor sich selber. Wie kam
er zu solcher empörender Nachgiebigkeit ?
Gewissen ihrer Mienen gegenüber sank
ihm völlig der Muth, llnd in solche»
Momenten wußte er, daß er dem Schick
sal verfallen war,...
Sie aber staunte nicht über solche»
Umschwung. 5) auch sie wußte, daß er
ihr uuretlbar versallen war! Eigenilich
hatte sie schon von ihm Besitz er griffen,
als sie ihn am Tage des Engagements so
wehrlos gegenüber ihrem Grübchenlächcln
ain Tische sitze» sah. Alles Uebrige
würde die Zeil reife» sie wollte Nichts
übereile».
Doch fand sie zuweilen, daß dieie sy
stematische Belageruiigslaklik sie zu lang
ist da zu machen?
Es blieb nichts Anderes als die Resig
nation.
reicht!
Eine Entscheidung hing in der L»st.
Ein sie (da^ra n nicht^i
li ier Fron Glaß ?
In diese Gewitterluft platzte der Be,
zu spät, ,! ) . )
„Weißt Du was, alter Junge, D»
külintlst mich wohl eili Endchrn durch deu
schwerlich den Urlaub bis Berka
ausdehne»!)
Frau Glaß verwunderte sich über den
plötzlichen Entschluß, aber sie wünschte
doch »glückliche Reise" mit ihrem be
zauberndsten Grübchenlächelii.
Er wollte in drei Tagen zurück sein,
Frau Glaß wartete, wartete Schnur
zel mindestens wird diese Urlaubsüber
schreitung zu büßen haben!
Erst am sechsten Tage langte ein«
Nachricht an. Eine Postkarte, worin
ihr „Herr" (ein gänzlich unpassendes
Wort!) ihr flüchtig mittheilte, daß er
seinen Freund nach Berka begleitet und
sich vorzüglich wohl befände. Er würde
»och einige Tage ausbleiben, sie möchte
unterdeß seine Abwesenheit zu einer
gründlichen Reinigung der Wohnung be
nutzen.
Das war der offenbare Hohn! Sie
sprüh".
Schuurzel befände sich ebenfalls wohl
und ließe grüßen
Sie ballte ihre prallen Fäuste vor
Wuth über diese Herausforderung. Na
warte, wenn—sie zurückkehren.
Aber „sie" kamen nicht! An den
Stammtischen von Pensionopolis hieß
es, der Major sei durchgebrannt ein
fach durchgebrannt. Alles, seine Möbel,
sein Eigenthum im Stiche lassend.
„Das Gescheiteste, was er noch thun
konnte!" lachte man. „Aber er kehrt
ja doch zurück!"
Auch Frau Glaß zählte sicher darauf,
und sie hielt schon ihr ganzes Arsenal
von Rache sür solche Nückknnst in Bereit
chaft. Und dann Dann ist er
verloren!
Plötzlich ward sie aus all' dieser Sie
geszuversicht durch einen Doppelbries
gerissen. Eine Verlobungsanzeige eines
gewissen Majors a. D. von P. mit
u. s. w.
Ihre hellbraune» Augen glotzten das
Papier a», lasen und glotzten und wei
tete» sich.
„Nicht »täglich!" kreischte sie auf;
und das Papier zerknitterte in ihrer
Faust. Ein diiinnier Schmerz, den ein
Anderer ihr bereitet.
Doch die Begleitung der Anzeige be
stätigte das Unmögliche. Ei» höflicher
Brief, worin der Major ans die gedruckte
Anzeige verwies; eine kurze Anveiitung
seines Glückes, die ihr wie ein schriller
Jauchzer entgegenschnellt. Dann aber
in Anbetracht ihrer „treuen Dienste" er
laubte er sich, ihr die Möbel, überhaupt
das ganze Inventar feiner Wohnung zur
Verfügung zu stelle».
Schreck und Wuth und Freude über
die vom Himmel gefallene Schenkung,
dann die himmelschreiende Enttäuschung;
waren die Möbel ihr nicht ohnedies ver
falle»?
Bald aber überwog der Triumph. Er
hat nicht gewagt zurückzukehren aus
Furcht vor ihr > Es wäre ihm auch nicht
rathsam gewesen! Fräulein von M.
Aha, das ist die Schwester des unaus
stehlichen Herr», der ihn besuchte und
dabei mit seiner Spürnase die Wohnung
so durchschnüffelte! „Viel Glück, viel
Glück!"
Und sie besann sich nicht lange, ging
an Truhe, kramte darin und zog
eine Papptasel mit dem gedruckten Avis
„Möblirtes Zimmer zu vermiethen"
daraus hervor. Diese befestigte sie so
fort an dem einen Fensterladen der „gu
ten Stube."
Glaß -- Schiiurzel würde sich jrcueii.
„Hoch die Madame Glaß!" rief Ei
' 'S
schwankenden Schrittes ein Böttchergcsell
die Leipziger Straße in Berlin entlang,
dem Potsdamer Thore zu. Acht Wochen
hatte er im Krankenhause gelegen, und
ivarmlm Herzen sür ihre Nächsten!"
Nach e l a s s i sch e m V or
bilde. Frau (zu ihrem angeheitert
daß das so nicht weiter gehen kann,
Anhur? Bedenke, seit acht Tagen warst
Du »och jede» Tag im Stnrin und
Die Keheimntffe der WUHtlm
strasie.
druck gemacht zu haben, denn der Vor
sitzende des Gerichtshofes, Landgerichts-
Schmidt fällte bei der Verkündi
lebeii und bis dahin verwöhnt durch das
Schicksal, ist hier der Gedanke an ein
kümmerliches Dasei» wohl zu schwer ge-
Tode ihres ManneS gerathen war, auch
i» dun Einflüsse der weibliche» Eitelkeit,
farbeubliud?" so aniworlet aus prakti
sche Untersuchung gestützte Ersahrring,
daß mindestens 4 Proeent des männ
lichen Geschlechts mehr oder weniger far
benblind sind.
Frauen sind viel seltener mit Farben
blindheit behaftet, und diese Thatsache
scheittt »iiabweifilich die Erfahrung z»
terialie» beim Aussuchen derselben ver
traut werden. Diese Erziehung des
kaiin aiis hohe der
vielleicht lii« Ton entdeckt, während
Jemaiid ohne musikalisches Gehör kaum
eine 'Rote von der anderen unterscheiden
t?s ist sehr wahrscheinlich, daß wenige
Thiere farbenblind sind. Der ?>ankee,
dem es gelang, sein Pferd geschabtes
Holz fressen zu lasse», indem er demsel
ben eine grüne Brille aussetzte, so daß es
sich einbildete, Gras zu fressen, glaubte
osseubar au dessen Fähigkeit, die Farben
auseinander zuhalten. Andererseils wird
ein Hund Wasser, das künstlich mit einer
geschniack- »nd geruchlosen Farbe gesärbt
worden ist, anstandslos saufe», woraus
hervorgeht, daß er nicht viel ans den
Farbcnunterfchied gibt.
Farbenblindheit kann angeboren sei»,
i» welchem Falle sie ans einer Mißbil
dung des Angcs entspringt und selbstver
ständlich »»heilbar ist, oder sie kann, erst
späler erworben sein, durch Tiiiike»,
und Umgebung. In diesem Falle wird
die Entsernung der Ursache, wen» das
Gebrechen noch nicht zu weit eingerissen
ist, eine Heilnng hcrbeisührc».
Es gibt sehr verschiedene Grade und
Arten der Farbenblindheit. Einige
Leute können leicht die Farben von Ge
gcnständcn nennen »nd können verschie
den gesärbte Lichter nicht unterscheiden.
Der Eine ist blind sür Roch, der Andere
sür Grün, und für einen Dritten sind
vielleicht die gelben oder blaueu Licht
streifen unsichtbar. In säst allen Fäl
len ist es sür die Farbenblinde» schwie
riger, die Farbe» eines entfernten Ge
genstandes zu erkennen, als die eines
nahen oder große». Der Gruud dieser
Erscheinung ist i» dem Umstände zu su
theil, daß der Sitz des Uebels (welcher
Art es auch immer sei» mag) mehr oder
weniger dicht um den „blinden Fleck",
säst in der Mitte der Netzhaut oder hin
ter dem Augapsel zu liegen scheint, daß
also folglich das Bild eines entfernten
Gegenstandes, das u»r klein ist und in
de» Mittelpunkt des Auges fäll«, »ichi
das eines großen nahe» Gegenstandes,
der, so zu sagen, die sarbenblindc Gegend
überfluthet.
Wir wollen noch bemerken, daß wie
wohl die Mehrzahl unserer Leser weiß
Jedermann einen vollständigen blinden
Fleck in jedem Älnge hat. Derselbe be
sindet sich an der Stelle, wo der Seh
nero an der Netzhänt besestigt ist, »nd
s 4
würde stets sich ein kleiner leerer Fleck im
Mittelpunkt unseres Gesichtsfeldes be
finde». Aber in Folge einer wuiider-
chend. Die Farben bunter Wollsädeir
sind z. B. ganz anderer Natur als die
der farbige» Lichter, wie etwa der
Nebel zwischen einem rothen und einem
grünen Lichte zn unterscheiden. Einige
Lciiie erkennen eine Farbe nnr an der
scheint, die man an die Jnstriilneiilc stel
len muß, welche die Sehkrast der Eisen
bahn- und Seeleute, die Nachts durch
farbige Lichter geleiiet werde», gründlich
prüfen sollen.
ändere, die mit Löchern verschiedener
Größe versehen ist, die genan die Größe
einer Signallaterne, gesehen ans be
trifft. '
lichst herbeigewünscht, er, der -
drille Mann zum Skat!