Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, March 27, 1890, Page 3, Image 3

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    Doppelleben.
(2. Fortsetzung.)
Anna setzte das Rohr ab und sah sich
tn der Kammer nm. Alles stand und!
lag, als ob ihr Vater morgen früh hier- !
her zurückkehre; ein noch Helles, doch trotz !
dem klare» Himmel schiveimülhigee
Karten, die mancherlei umher häng-ndeu
und stehenden Gebrauchsslücke Lund
marks. Das Mädchen hat «och niemals j
die Abwesenheit desselben so einpsunden, s
das Gesühl der langen Treunuug so in
sich getragen. Ihr Herz kam sich wie
vereinsamt in der Welt vor; cs liebt die
Mntter gewiß sehr, aber »och inniger!
döchste Bild aller leiblichen und seelischen -
Vollendung, des Krastvollcn »nd des j
Zarten zugleich, über ihn hinanö konnte j
sie sich nichts denken. Sie trug ihn i»
der Brust, wie erste erwachende Liebe iu
ihm zn begehren, nur still beglückt, daß I
cs in der Welt vorhanden ist. Und nun !
war dieser schöne SchntzgeniuS ihres!
Lebens ihr fern entrückt; sie konnte ihn
»icht mehr sehen und hören, einen lau-
geil ihres Vaters noch vor Kurzem be- i
rührt hatte. Alles, das Gcringjügigste, !
was mit ihm im Zusammen!,angge>tan- !
Drittes Kapitel.
Bcidienst eines nahestehende» Freundes,
»nd HcllingborgS Stellung zu Hause
konnte ihn nicht in Zweisel über seine
Verpflichtung belassen, sich dieser Dienst
leistung zu unterziehen. Er schuldete cs
Luudmark, wie der Frau desselben;
deide, der Fortgegangene, wiedie Zurück
verbliebeue, bejahe» ein Recht, es vo»
ihm vorauszusetzen.
Auch hier uuten lag die Abendsonne
aus den Wänden »ud EinrichlungSgegeu
ständ.n des geräumigen, behaglichen
Wohnzimmers, doch durch dunkle Vor
gänge abgedämpft; nur da uud dort
spielte» Streiflichter unbehindert herein.
Eine alte Wanduhr tickt« langsamen
Pendelgangcs dem Eintretenden entge
>,cn, sonst war Alles unbewegt an
gung und Lant.
Frau Liindmarr setzte sich mechanisch
an das zun, Fluß niederbückende Fenster
nud sah hinaus, ihr Begleiter nah»» aus
«mein Sessel in der Slnbenmitte Platz.
Si? schwiegen Beide; Hellingborg schien
»ach der Auknüpsung eines snr seine
übernommene Aufgab« Gesprächsthemas
zu suche», doch cs »icht zu finden. End
lich sagte cr:
„Woran denken Sie, Frau Hedwig?"
Sie schrak leicht zusammen und ihr Kops
flog herum. „Sie? Ja so ich hatt«
„Daseist eine Eigenschaft sHo» aus
Kindertage» an Jh»cn, die Sie »icht
«ergess«» haben."
Hellingborg stand auf, macht« einig«
Schritte durch das Zimmer u»d fügte
»Ein« Frage, die man sich selbst z»
beantworten weiß, ist thöricht, nnd so
war cs meine. Aber eS sollte meine An
sicht auSdriicke», daß Ihre Gedanken eine
falsche Richtung innehalten."
„Es kann hente wohl nur eine Rich
tung für sie geben."
Er blieb erwidernd stehen. „Gewiß,
zulasse»/' kk, b^d'
„Und an lvnS denkt sie vorher noch?"
„Au daS Gesühl dessen, der einsam
von uns in die Fremde zieht. Seine
Detlev Hellingborg setzt« sich in den
Sessel zurück, schloß die Augen und fuhr
nach einer kurz«» Pause sort:
den vernommen, und seine Phantasie
sucht sich vielleicht eine Vorstellung davon
auszubauen. So jchweist vermuthlich
oder sie wird i» ihrer Unfähigkeit, einen
Anhalt bei mir selbst zu sinden, dnrch die
Erinnerung an die Lenan'schen Verse
Als sich blühend in der Hand
Läßt die Rose tragen.'
Das Gedicht redet frei'ich vom Lande,
nicht vom Meer, bemerke ich erst, wie ich
es mir in'S Gedächtniß bringe."
Der Sprecher letzte das Letzte leicht
scherzenden To»es hinzu, die Aeußerung
kam nilgeiischeittlich seinem Bestreben,
eine Aufheiterung der Freund!» zu eizie
len, entgegen. Diese ecwlderte:
„Es wäre schön, wenn es nicht sein
müßte. Doch das Eine ist Dichtung
und das Andere das Lebe». Sie decke»
sich wohl im Wunsch, nicht in der Wirk
lichkeit."
Ihrer Lage befände, die Wirklichkeit
soridichten, Frau Hedwig."
Ei» unw>.llk>>rliches Lächeln ging um
die Lippen der Angesprochene!!.
„Sie sind oft genug mit meinem Ge
sang und Spiel nicht einverstanden,
Hellingborg; sollte ich mir durch Di-
Iclta»tiSmns in einer »enen Kunst noch
weitere Mißbilligung bei' Ihnen zu
zieheu?"
„Ich habe Sie nicht znr Schriftstellerin
mit der Feder, nur zur Dichterin in der
„Auch die. wissen Sie wolil, ist nicht
besonders lebhast bei mir. Doch welche
Beihilfe könnte sie mir nach Ihrer Mei
nung leisten?"
„Die Uhr geht wieder vor." ES be
gann zu dämmern, Detlev Hellingborg
stand aus, trat an die Wand und hielt
mit der Hand den Pendel an, so daß sei»
zeitmessendes Ticken plötzlich aiislosch
niid völlige Lautlosigkeit im Zimmer ein
trat.
„War.'in thun Sie das?" fragte Frau
Luttdinark.
„Um die Einbildung zu unterstützen,
die außerhalb der Zeit liegt."
Er setzte sich wieder, schwieg einige
Augenblicke und fnhr fort:
„Ich bin mit Ihnen hierhergegangen,
Frau Hedwig, um Ihne» über die ersten
Zeitstnaden "der Trennung von Ihrem
Maiine, soweit es in meinen Kruste»
steht, hinweg',»Helsen. Meine irrende
Aussassnng der Liebe glaubte, cic bedür
sen des Trostes, der Ablenknng der Ge
danke» von Ihrem eignen Entbehrnngs
gesuhle Doch Si- haben mich belehrt,
daß die Liebe der Fran nicht zuerst an sich
selbst, sondern an die traurige Verlas-
Diese» Schmerz gilt es als» sür mein
Trachten znnächst zn bekämpsen ich
versetze mich in ihn hinein, als ob er der
meinige sei ; ich habe ja auch einen Freun
desaniheil an ihm »»d ich vergegen
wärtige mir, daß diePhanlasic in solcher
Lage eine mächtige Hilfsgenossin sei»
könnte. Mit ihrem Beistände würde ich
mir vorzustellen versuchen, der Beklagte
sei in Wirklichkeit nicht so bcklagtirs
werth. Er fahre nicht in eine k.ilt«
sich von Armen der Liebe, seines Weibes,
seines Kindes nmsaßt z» suhlen. Ein
Traum kann ja s>) lcdhast er
däncht mich, schwände dann das Quä
lendste der Liebe, das Mitsühlen seiner
eine Erwiederung auf seinen Ficnndes
rath erwartend. Allein cs blieb still,
und »ach der vorige» Gnvöhming des
ob —"
zu dem Tage, an d«m Ihr Man» zu
rückkomml und vergessen, daß eine Zeit
inzwischen ist."
Sie cs als Kind thaten" im Dunkel ?"
„Wovor?"
Anklopfenden die Magd sie
wuichert: „Bist Dn's, Onkel Detlev?
Warst D» noch bei Mama ? Ich ineiutc,
Er nickte und gab Antwort: „Statt
dessen war's der Onkel; Du willst Dich
doch nicht vor ihm genieien, Kind? Ich
kürlich: „Aber Oiikel Detlev ich
Oir sür Deine erste große Gesellschaft
"ine Kleinigkeit mitgebracht."
gläubigkeit:
„DaS soll ich —? Du bist immer so
„Rur Eitelkeit, Kind, daß die Leute
Onkel Detlev?"
„Ja, Anna." Sei» Blick ruhte nicht
tt'öst!.?"
Tich""' stsch'"der
Viertes Capitel.
thun» seines Besitzers.
Der Aeltervater des heutigen großen
Kaufherr» und Rheders Christian Rod
wald war um die Mitte des vorigen
Jahrhunderts als armer Wanderbursch
i>> g^k» h a t^d ur^
vana noch seinen Ursprung, wahrschein
lich schon aus alter Zeit, daher. Die
Rhön legte es in ihrer menschenleeren
Oede nahe, znr Bezeichnung ihrer Be
wohner an den Wald anzuknüpfen, sei
es an das Bestehen oder an die Ausro
dung eines solchen. Daran bewahrte
„Silvana Rodwald" ein doppeltes Ange
denken, obwohl es sich eigentlich zu
tinem Widerspruch, der Wäldlerin im
ausgerodeteu Walde, verband. Doch
die heutigen Namenslräger, in eine völ
lig andere Umgebung versetzt, dachte»
schwerlich je mehr an diese Bedeutung.
Da« Haus Christian Rodwalds war
,licht nur ein reiches, sondern auch ein in
tadellosem Ansehen stehendes. Kein
Makel irgend einer Art, weder in ge
schästlicher »och in nienschlicher Bezie
hung, hatte sich je daran geheftet. Es
stand in aller Angen kausuiännisch und
moralisch so fest, und sicher, wie phnsisch
ans feinen Grundmauern; das vielzün
gig und vielzischelnd betriebsame Ge
schwätz des großen Handelsmarktes
rührte nicht an seinem Comptoir noch an
seinen Wohnräumen. Der zeitige In
haber der Firma .Christian Rodwat»"
und Eigenthümer der „Freya", ein hoher
Fünfziger, war «in ernst-wohlwollend
der Ändern erklärte diese Zurückhaltung,
und die Natur derselben ließ sie nicht«
»icht Begreifens »nd dei Uiigeiiüge in
sich. Sie hatte sich den Brantstand an
ders gedacht. Ihr Bestreben hätte sich
anberaumte Er trug Begehr danach, die
nach der Festseynng um siebe» Uhr ge
schehen.
Zinn Morgen den Dualen deS Durite?
zuS. Dann lies! er sie an die bereit ge
haltenen Wassertiöge sichren und hier
»umassen von Wasser vcililgc», damit
die Thiere beim Verlaus rechl schwer
wären. Das Verfahre» gegen den be
treffenden Viehhändler ist bireits einge
leitet worden. Hom'iitlich wird er tiich
tig bestrast.
Ein Ausweg. Mama: Zinn,
Kind, wie leb! Ihr in der jungen Eh«
zusammen? Tochter sinnge Frau):
»östlich, Mama, Arthur ist ei» Engel.
:!
Gedanken «in«S Ra»ck>«r«.
Das Rauchen ist das Prototyp alle,
menschliche» Vergnügungen; das Facit
ist Rauch und Asche.
Das Rauchen ist wie das Küssen;
deiner erklären, worin sein Zin
sen, ersten Mißerfolge nicht abschrecken
lassen.
Menschen und Cigarren, deren Gluth
niemals an die Oberfläche tritt, sind un
trauchbar.
DaS „Neue Wiener Tag
blatt" erzählt: Gras Andrassy liebte die
Kunst Kü»itler mit Verständnis,
Budape'ster K »»stausstelluiig eiu kleines
Bildchen, das ihm übeitius gefiel. Er
fing »ach dem Preise. Zweid»»dert
halbwüchsiger Junge, bettelarm und nn
cioilisirt." Andrassy ließ ihn zu sich
kommen, sagte ihm viel Schmeichelhaftes
Staatsmann bildete sich später ei» über
aus herzliches Verhältniß heraus »»d
auf Vorschlag des Grasen Andrassy
gescbal! es sodann, daß Kaiser Franz
Joseph dein berühmt gewordenen Künstler
Bismarck un d W r ang e l.
Bine hübsche Anekdote erzählt Heinrich v.
vybel in dem eben erschienenen, den
Seulschdäiiische» Krieg behandelnden drit
te» Band seines großen GcschichlSwerkeS
.Die Begründung des deutsche» Reiches
durch Wilkelm !." Als im Februar
ltMt die Sorge vor einem Eingreife»
der Westinächte das Berliner Cabinet
Nöthigte, dem Wrang«!
Durch's Poufsire» nicht
aufgehalten. Warum hat denn der
Wirth lanter so alte und häßliche Kellne
— Eingebildete Ausbildung i't
ebenso oft z» finden, wie ausgebt!:,::»