Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, October 10, 1889, Page 6, Image 6

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    k
Der Apfelwein.
Wenn der nahende Herbst sei«« ersten
Vorboten sendet und in dem Rheingau
der Winzer hoffnungsvoll oder bangend
seinen Blick über das allmälig in bunten
Farben sich kleidende Rebengelände schwei
fe» läßt, da»» richtet in dem benachbar
te» Mainthale und in den angrenzenden
hessischen und nasscmischen Landstrichen
das Auge des Gärtner« und Landinaniies
sich nicht minder spannungsvoll aus die
Aepselbänine, die mit ihren reifende«
Früchten die Landstraße» begleiten, sich
vereinzelt wohl auch mit weitverziveig-
Hang der bedecken. Nnch
hier knüpft sich ein Hossen und Fürchten
anleinen „Herbst", und wenn das Ein
terschätzendcr wirthjchastlicher Bedeutung
für die Landwirthschaft.
Bedenke man doch, daß allein die
Frankfurter Gemarkung jährlich gegen
ü(l,ov<Z Hektoliter Aepselwein keltert.
Und so wie hier sieht es noch in vielen
Gegenden Deutschlands aus. Wir fin
de» den Aepselwein nördlich bis nach
Franken und Thüringeu verbreitet; recht
eigentliches Volksgetränk jedoch ist er in,
Süden, namentlich in Württemberg und
Schwäbisch-Bayern, und mehr noch in
dem schweizerischen Canton Thurgan,
dem größten Aepfelweinprodnctions'Ge
biete in deutschredenden Lande». Den
Ruf besottders guter Herstellung genießt
das volksmäßige Getränk wie in der
Frankfurter Gegend, so auch im Trierer
und Luremburger Land, doch verdankt der
Frankfurter Aepfelweiu speciell seinen
Namen dem Jahr« 18S8, in welchem die
Parlamentsabgeordneten ans den: Nor
den und Nordosten Deutschlands ihn ken
n«n und schätze» lernten, sodaß er von
dieser Zeit a» ständige Abnehmer u. a.
in Berlin gesunden hat.
Der Aepselwein ist ein uraltes deut
sches Getränk und möglicherweise in
Aepselwein ausgeschänkt". Später muß
der Geschmack sich wohl wieder geändert
haben, da daS neuere das
Rolle, als man bei uns gemeinhin anzu
nehmen geneigt ist. Von Frankreich er
fahren wir in der Regel nur, daß in de^
England Aepselwein gekeltert wird/mid
daß die englische Landwirthschaft zum
Theil ein sehr reges Interesse an der Ge
winnnng dieses Productes nimmt, hören
wir kaum gelegentlich. Und doch bietet
gerade in Engiand die Aepseliveinberei
tung so viel des Besonderen und Ur
sprünglichen dar, daß man davon Kennt
niß nehmen sollte. Schon die Ernte ist
eine ganz andere und fällt in eine spätere
Zeit als in Deutschland.
Das Einsammeln der Aepfel beginnt
z. B. in Devonshir«, einer durch ihre
Obstzucht besonders ausgezeichneten Ge-
nicht vor des No-
Etwas Nachlässigeres nnd Unordentliche
res glaubt man noch nicht gesehen zu ha
ben. Unter den Bäumen liegen, zu un
regelmäßigen Hansen aufgeschichtet, die
herabgefallenen Aepfel, die uns bald alle
die gleiche Färbung, bald ein wahres
Farbeiigemisch zeigen, dunkel und hell
rolh, gelb bis zum weißlichen, rothbraun
und grasgrün. Treten wir durch die
Einfriedigung ein—was wir meist unge
auigeschossenen Grase auf Schritt
Tritt Apsel bei Apfel.
Wie ist es nur möglich, fragen wir
das Faulciilasse» ans dem Bode» die l
beste Art ist, die zur Kelterung bestimm- !
ten Aepfel zu der erforderlichen Neise zu
bringen. Wenn er so daliegt, alle»
Unbilden des Orles und der Witterung
preisgegeben der aus den, Bdden
dringenden s»lten Erdfenchtigkeit,- den
durchwäfsenlbcn Regengüssen «nd den
Angriffen kriechenden Gethi«rS aller
Art —s« erhält er nach einem durch
langen Gebrauch erprobten Verfahren
jenen Grad von Milde und Zartheit, der
ihn z«r Kelterung ganz besonders ge
eignet macht. In Frankreich, in der
und Fach gebracht, damit sie dort in
trockenerer Luft den Reifeproceß durch
machen.
I Liter Waffer auf 15 Liter
schcn Apselwein-Gegcndc» erhalle» tue
Aepfel de» für sie erforderlichen Grad
der Feuchtigkeit uiehr »<n^^
Mostbercitung, das lediglich darin be
steht, daß die Aepfel ii»„Brei"verwai!delt
und in einer primitiven Presse so lange
halte, >e Saft aus .hnen herausgela..,e»
tcr den gewonnenen Früchten. Der
größere Theil der Aepfel fällt von selbst
von den Bäumen, und mit diesen in das
Früchten sammelt man die andern ei»,
die noch nicht zur Entwickelung gelangt
sind. Alte Bäume läßt man mit den
Schäden, die sie von der Zeit übeikom-
Acsten und ihrer überschweren Kroiien
last ruiig »eben jüngeren Genossen
stehen, die an Stelle» gepflanzt worden
sind, wo ein Vorfahre gefallen oder der
Last der Jahre erlegen ist. Auch in dein
Verfahren der Mostbereitung ist kein
Unterschied vorhanden.
In Devonshire breitet der Farmer,
wenn er die Aepfel in dem Steintroge
zerquetscht hat, den gewonnenen „Brei"
schichtweise zwischen Strohlagern ans
und läßt von einen durch cineHebevorrich
lung herausgebrachtes Gewicht daraus
einwirken. In dem Bezirke voll Here
sord, zu dem auch Theile von Worcester
shire und Gloucester gehören, geht man
vorsichtiger zu Werk und schlägt den
„Brei" in Tücher von Roßhaargewcbe!
ei», die man in eine Schraubenprcsse mit
sogen. Kastenverschlussc bringt. Auch
sollst wendet man hier größere Sorgsalt
an. Die Bäume werden weiter aus
einander gepflanzt und der Boden zwi
schen ihnen aufgegraben oder aufgepflügt,
wenigstens so lange die Bäume noch jung
sind. Zudem läßt man die Banmgärten
nicht Jahrhunderte lang an derselben
Stelle, mau legt von Zeit zu Zeit Neu
pflanzungcn an und zieht die ausgelra
genen Obstgärten zu dem Ackerlande.
Ein Farmer aus der Gegend von sirre-
Namen der Aepselsorten, die er zieht, zu
kenne», sorgsam die Erde und jeden ein
zelnen Stamm zu locker», die Bäume
sauber und unter kunstgcrechtem Schnitte!
zu halten und die gewönne» Früchte z»
sortiren. Manchmal veranstaltet er
sogar eine vollständige Auslese und läßt
ein besonderes Getränk sür den Handel
und den eignen Bedarf herstellen, wah
rend die minderwerthige Waare zur Be
reitung des sogenannten Hauslrunkes
verwendet wird.
Frankreich rühmt sich, die Kunst der
Obstweinbereituug früher als England
gekannt zu haben; ob mit Recht oder Un
recht, muß dahingestellt bleiben. In
Frankreich haben wahrscheinlich ähnliche
Verhältnisse geherrscht, wie in Deutsch
land, und wir haben bereits die Möglich
keit zugegeben, daß hier der Acpfe.wcin
vor der germanischen Einwanderung vor
deu jedcnsaUs aus de» dem Elerns
gehörende» ländlichen Besitzungen große
Mengen Obstweines gezogen; die geist
lichen Herren scheinen indeß für ihre
Person dem Getränke nicht sonderlich
hold gewesen zu sein und es ähnlich wie
der alte Westgote Ulsilas betrachtet zu
in Dcuischland und Frankreich/doch war
der Aepselwei» daselbst wohl früher
eigentliches Volksgetränk, als in den
beide» andern Ländern. Wenigstens
kam in Frankreich der Cider erst in, sieb-
zehnten Jahrhundert z« größerer Bedent
tnng, und selbst während dieser Zeit
hatte er noch eine« heftigen Kampf ini
erhallen k«t, daß sich daselbst um die
Milte de« siebzehnten Jahrhunderts 24
SchankstäNen sür dieses Getränke besun
crlragrcichstcn ist augenblicklich das
Departement Jlle-et-Vilaine in der Bre
ZEiltte langer als
Französischer lchauvi«<smuS.
Die „Berliner Post" theilt eine, Wil
! Karl aus M.-Gladbach,
hinausgesteckt. Um j!' Uhr Abends ka-
inen unsere Gäste; nach einiger Zeit hielt
! Herr E. eine Rede, in welcher er auf die
s Bedeutung des Tages hinwies und zum
> Schluß ein Hoch auf den Kaiser aus
brachte, worauf wir Alle „Heil Dir im
! Siegerkranz" sangen; sodann sangen die
B. „Deutschland, Deutschland über W
höchst gemüthlich beisammen. Da, ge
gen Hll Uhr, als der Ort schon im
lag, plötzlich
Knr;em kamen sie wieder zurück, stellten
sich in Haufen anf, schimpstcn, pfiffen
l und kreischten. Es mußten wohl über
lvo Mann sein, meist gut gekleidete
Leute mit weißen Strandmützen, alles
Franzosen, Badegäste, so gut wie wir.
Wir blieben still auf dem Balkon und
thäte», als kümmere uns der Spektakel
nicht: plötzlich sing die Bande auf Com
inaiido an zu schreien „les 6rapsaux!
les ärapoaux!" Wir sollten die deut
schen Fahnen einziehen »ud auch die
Lampions abnehmen. Schwager Bloein
»nd die anderen vier Herren, von denen
zwei schon in den siebziger Jahren stehen,
erhoben sich nun zur Abwehr, da kam
ein Herr in den Flur, ein Polizist, der
sagte, wir sollten nur nachgeben nnd die
mißliebigen Fahnen einziehen, de»» die
Polizei wäre machtlos, uns zu schützen.
Plötzlich warf einer von der Bande drau
Ben mit einer Schleuder einen Stein an
«inem langen Bindfaden über den Draht
und riß mit einem Ruck die ganzen Lam
pions herunter. Bloem zog nun die
Fahne» ei». Das daraus folgende wider
liche Geheul hättest Du hören müssen!
Wie besessen tanzten sie im Kreise Hern»,
und ,oge» endlich mit nnseren Lampions
die Ercesfe der Franzosen zii verhindern.
Indeß, wo solche Unfähigkeit, Deutsche
in der Ausübung eines Rechtes zu schüt-!
Eine interessante Reise»»«»
Zwei junge Leute gingen, den Nacht«
schnellzug erwartend aus dem Perron ei
ner thüringischen Eisenbahnstation anj
und nieder. Sie waren in eifriges Ge>
sprach vertieft.
„Du mußt Dir wirklich da« Leben ei»
bischen leichter machen, sagte der eine.
„Dürste ich nur wie Du meine Studier
in der Residenz beenden, solltest 'mal se
he», wi? ich mich amüsiren würde. Voi
Allein natürlich mit den Mädels."
„Ja, wenn das Eramen nicht wäre/
wandte der andere ein.
Hast Du ein wenig Geistesgegenwari
und GripS, so kann eS Dir nicht fehlen,
doch muß mau sich aber nicht über der
Schmökern dnmm arbeiten, sondern floti
ins Gedränge der Welt stürzen. „Im
mer mitten mang", wie der Berlinei
sagt."
„DaS sagst D u wohl, Paul; aber Dt
kennst unseren mit zwei ausschlaggeben
den Slimmcn betrauten lustizrath nicht,
Der grimme Alte ist von einer fürchter
lichen Strenge,> Er faßt ein kleines Vor
urtheilchen gegen Dich stellt ein paai
krause Fragen, und schwubb bist T»
durchgeflogen."
chen Massenmörder unter den Eramina
toren habt, so ist daS Beste, Du oer
söhnst im Voraus die Manen des Alten,
Mach' artig Visite, küsse der Frau (Je
mahlin recht ehrerbietig die Hand un>
poussire die Töchter, die älteste und gar
stigste vor allen."
„Ich glaube, er hat gar keine Töchter
Aber wenn auch, da wäre nichts zi!
gewinnen. Der alte Jupiter ist ei» sa
natischeS Mitglied des Vereins zur He
bung der Sittlichkeit. Ehe der Jünz
ling bei den Eltern um die Jungfrau ge
worben, darf er sie am liebsten über
haupt nicht ansehen."
„So spiel' Dich auf den „Ehrsamen'
hinaus, was Dir sehr leicht sein wird,
mein guter Walter. Schlag züchtig die
Augen nieder, sobald ein weibliches We
sen auf der Bildfläche erscheint, ober halt«
Dich schadlos, wenn Du außer Erreich
weite bist. Bleibst Du so fort, wie bis
her, ein moralisches Baby, an den
Schnullen der frommen Denkungsar
lutschend, so machst Du Dich den Frau
enzimmern gegenüber einfach lächerlich/
Der Zug kam in die Bahnhalle ge
braust und machte die Unterhaltung eil
Ende.
„Sieh, die einzelne Dame im Nicht
raucherkonpee!" rief mein Frennd. „Di
setz' Dich dazu, das kann ganz pikan
werden."
Er versuchte die Wagenthür zu öffner
und nahm artig grüßend die Mütze ab
als die Inhaberin des Koupees sich um
sah. Auch Walter grüßte.
»Das hochnäsige Ding hält es »ich
der Mühe werth, einen Gruß zu erwi
dern," raisonnirte Paul. »Durch Grob
heit lassen wir uns schon lange nich
weggrau!en. Nun setzest Du Dich ers
recht zu ihr!"
„Um Gottes willen, Paul! Sprill
leiser! Sie kann ja jedes Wort ver
stehen!"
„Kommen Sie weiter nach vorn, meiir
Herren!" rief im Vorübergehen de>
Schassner.
Walter wollte Folge leisten; abe!
Freund Paul hielt ihn am Aermel zu
rück. „Laß ihn laufen! Hier ist jl
Platz genug, und im Nichtrancherkonpcl
hast Dil ebenso gut ein Recht zu fahren
wie die Damc. Adieu, alter Junge
Beuiitze Deine Zeit! Die Gelegenhei
ist günstig."
Klopfende» Herzens stieg Walter ein,
und als der Schaffner unwirfch herbei
eilte, war der Zug im Begriff abzufah
ren. Der Nevliche hatte der fchönei
Reifenden versichert, er würde währeni
der Nachtstunden keine Herren einlassen,
nun aber war bis zur nächsten Haltestelll
nichts zu machen. Paul schwenkte nocl
einmal die Mütze, und fort schnob dei
Zug in die dunkle Nacht hinein.
Neugierig schielte Walter nach dei
lässig in der Wagenecke lehnenden, offen
bar sehr eleganten Schönen. Ob er ei
jemals wagen würde, sie anzureden?
Wie er Panl um dessen Unversrorenhei
beneidete!
Doch siehe, die Dame kam ihm z»
Hilse.
Erst sah sie, ans dunklen Spitzenlml
len vorlügend, forschend »ach ihm hinü
ber. Dann sagte sie: „Das waren jc
srcuudliche Bemerkungen, die Ihr lie
bcnsivürdiger Frennd eben zum Beste«
gab." Und sie lächelte auf eiue Art, du
ihn, dunkle Nöthe ins Gesicht trieb.
Wie? Hatte sie eliva gar Pauls weif,
Rathschläge angehört nnd glaubte sii
nun, ihn ea behandeln zu kö.,-
ne»? Er wollte aber zeigen, daß ei
nicht der grüne Junge war, für den si>
ihn halten mochte. Dies überlegen,
Lächeln sollte ihr doch vergehen!
„Ich verstehe Ihre Anspielung nich!
ganz, meine Gttädigstt," sagte er. der
näselnden LieuleuautSlon affektirend,
„Mein Frennd beneidet mich mit Rech
um das Gluck, die Fahrt in so charman
ter Gesellschaft machen zu dürfen."
Sie öffnete ihre nachtschivarzen Sam
melangen clwaS verw -ndert.
„So? hin." Er trng die Corps
burschenmüye. „Sind Sie auch Stu
dent?"
„Nicht mehr, meine Gnädigste/
schnurrte Watter, dessen Muth durcti der
glücklichen Anfang wuchs, „ich bin Lieu
„Wirklich? Und bei welchem Regi
ment?"
„Treiben Sie mich nicht fort," bat«.
„Die unniittilbare Nähe holder Weib-
lickkrit H0t.... ist....' Hier verlor er
de» F«de».
„Sie waren vermuthlich bei Ihren
Eltern?" fragte sie ruhig.
„Doch nicht," beeilte er sich zu versi
chern. „Ich habe meiner Nerven wegen
fragte sie b^ustig^
herunterkamen, im Hörselberg eingcinie
thet haben soll."
Sie lachte, und Walter war diesmal
hat."
h tt h d ff d «i t
sich ihr ! W sk"
wollen?
„Es ist doch nicht schön", begann sie
nach einer kurzen Pause, „so aus gebro.
ten."
reist inkognito, um Eure treuen Knechte
zu inspiziren?"
bester Herr Lieutenants sehen
echtes galantes Abenteuer gewesen, und
wie brillant hatte er seine Rolle gespielt I
Schade, daß eS schon zu Ende war. Wer
weiß, ob es nicht noch vor Tagesanbruch
jedenfalls konnte es nichts schaden, wenn
er in dem an seinen Freund Paul abzu
senden Siegesbulletin den Kuß bei
fügte.
In den ersten Tagen seines Berliner
Aufenthaltes durchstreifte Walter »bne
Ruhe die Straßen des Westens, um sei
ner Venus ansichtig zu werden. Die
Fortführung der Bekanntschaft freilich
war ausgeschlossen, da sie sein Gestunkn
an den Tag gelracht und ihn unsterblich
Indessen legten sich der Liebe Wellen und
machten den Eramensorgen wiederum
Platz.
Seufzend stieg er in seinen schwarzen
Rock und stattete dem gefürchteten Justiz
roth eine höfliche Visite ab.
knöpfter Schon ließ Walter alle
abzuwarten. Da wurde zu
dem Kabinet des „Donnerers" rasch ge
öffnet, und herein trat in eleganter
Straßentoilette die inkognito reisende
Venus aus dem Schnellzug.
Nie hat Jemand leidenschaftlicher ge
können, als in diesem Augenblick Walter I
Seine Gefühle und sein Aussehen dabei
mit Worten zu beschreiben, wäre gar
ti«?" sagte der Donnerer, offenbar an
genehm überrascht. Und als er die gro
ßen schwarzen Augen etwa» erstaunt auf
den anwesenden Jüngling gerichtet sah,
fügte er Hinz»: „Ah, pardon, Stud. jur.
v. K. meine Frau."
Walter überlegte, während er sich
stumm verbeugte, mit fieberhafter Ge
dankenschnelle, wie er sich am raschesten
einen Revolver verschassen könnte, um
machen.
Aber als er sich bleich wie ein Bett-
tuch in die Höhe richtete, traf ihn aus
vermuthet?!" Und er schlug Walter
eifrig auf die Schulter. ~Meinst Du
nicht, liebe Frau, wir sollten Deinen
liebenswürdige» Reisegefährte» bitten,
zum Essen bei uns zu bleiben?"
AI» nach ein» Woche Walt» mit
Glanz aus dem Eramrn hervorging,
sagten seine Gesährten! Einem, der io
hoch in der Gnade des alten Jupiters
steht, konnte es ja gar nicht sehlen.
Walter verkehrt viel und gern im
Hause des Justizralhs und läßt sich von
der klugen Frau sehr bescheideuilich und
Ei» Opfer der Wissenschaft.
Es gab einmal einen kühne» deutschen
gorscher, dem es gelang, sast unglaub
lich,: Schwierigkeiten zu überwinden und
unter der Maske eines frommen Muha
medanerS in das Allerheiligste des I?.
lam, die Kaaba von Mekka, mit de»!
scher Forscher, Eainille Douls, war dei
letzte jener Märtyrer der Wissenschaft,
anfangs d^och^b^
tiger Dlann von fahren, dabei beseel!
von glühender Liebe zur Wissenschaft,
Die Erforschung des bisher völlig —^bis
liara und Südmarokko",
Namen in der Wissenschaft unsteiblich
geniacht hat.
Doch war sein Forschungstrieb noch
nichl befriedigt, llngewarnt durch seine
bisherigen Schicksale, versuchte er zum
zweiten Mal. in s Innere Afrikas einzu
dringen nnd, wenn möglich, den Niger
>u erreichen. Es sollte ihm nicht ver
gönnt sein, das Ziel seiner Sehnsucht,
saS groszc Emporium JuuerafrikaS z»
schauen. de» verrülherischen
streichen seiner habgierigen Diener
hauchte der kühne Reisende leinen Geist
Feldwebel (z n ein e m Re
krnten, der einen Knopf nicht zugeknöpft
„Jessas, 's is nur gur, daß i a
I müßt ja bei Anblick sonst vor
L«, »h«r«tt«rt«Nr Schillers.
wesc» ist. Er redigirie nämlich während
des Jahres I'öl die in Stuttgart er
scheinenden „Nachrichten zum Nutzen und
Vergnügen." Minor hat sich die Mühe
genommen, diesen Jahrgang, der sich ii»
der stutlgarter Bibtioihek findet, durch
zusehen und z:var mit besonderer Rück
sicht auf die redaetionelle Thätigkeit
Schillers. Im allgemeinen ist sreilich
der Eindruck, dcu diese Zeitung nach
richten, die in einen: widerwärtig bom
bastischen Tone gehalten sind. Besonders
der Herzog Karl, der bekanntlich sonst
nicht eben, weder ini späteren Leben
Schiller's, »och als württembergischer
Laiidesvaier eine glänzende Rolle spielt,
wird übermäßig geseiert. Jede Wohl
that des Herzogs, seine Besuche in In
stituten, Schule» und wohlthätigen Stif
tungen werden überschwSnglich gepriesen,
„während »och die Daiikaltäre der er
quickten Armen rauchte»." In einer Ode
„auf die glückliche Wiederkunst unseres
gnädigste» Fürsten", die im übrigen so
so schwach wie möglich ist, leistet sich der
Dichter folgende Strophen:
»Der Fürst ist da! Sagt Thäler es
den Hügeln,
Ruf's Erde, ruf's z» dem Olymp em
por!
Zurückgeführt auf Cherubinen Flü
geln,
Zieht er jetzt ein in unser Freudenthor.
Er koinlnt zurück, bringt Glück für
seine Kinder
Äon Völkern mit, die er gesegnets ah.
Der Frühling fliegt voran, Sein herrli-
Jaiichzt Bürger, jauchzt! Karl und der
Leuz ist da!"
Doch ist nicht anzunehmen, daß Schil
ler selbst diese Tiraden ernsthaft nahm.
Er nahm überhaupt feine Thätigkeit in
bieserSlellung nicht ernsthaft. Nichts
destoweniger zeigen sich auch hier die
Spuren des Löwen. Auch ein freierer
Geist, der nur wegen der Censur sich
nicht hervormagen darf, ttingt doch hie
und da durch. Wer merkt nicht den bit
tern Hohn, wen» aus Anspach unter dem
lt!. März berichtet wird: „Am 4. März
wurden aus Anspach die »ach Amerika
bestimmten Truppe» eingeschifft. Kurz
vor dem Ausniarsch hatte diese Residenz
das wonnevolle Entzücken, Ihren angebe
teten Landesoater und Regenten im besten
Wohlsein von der Reise nach der Schweiz
zurückkommen zu sehe»," Aber im all
gemeinen ist Schiller hier noch durchaus
»»fertig und vom Standpunkt der Nach
welt ist es ein großes Glück sür ihn ge
wesen, daß ihn ein Harles Schicksal aus
den gewohnten Bahnen riß, um ihn in
dem harten Daseinskampf« zu der Er
kenntniß feiner künstlerischen Eigenart
und der elementaren Kräfte in feinem
Innern zu führen.
Ein MtsjverstSndnih.
Der Techniker Oskar Windlich hatt«
nach langer Mühe eS durchgesetzt, daß
sein reicher Onkel sich bereit erklärte,ihm
hundert Mark zu leihe», um das Gelin
ge» eines neuen technischen Unterneh
mens zu ermöglichen. Nach langer
Mühe denn da der junge Mann durch
aus sich nicht näher über die betrefsend»
Sache erttären wollte, bis Alle« gelun
gen— harte den alten Onkel schließlich
nur der ehrgeizige Gedanke breitgeschla
ge», dermaleinst als Gönner eines be
deutenden Mannes der Weltgeschichte ge
nannt zu werden.
Im Geheimen aber nahm er sich na
türlich vor, Erkundigungen einzuziehen x
denn daß der liebe Oskar, der sonst ein
recht flotter Junge war, das Geld viel
leicht ganz wo anders anlegen könnte,
schien nicht so ausgeschlossen. Ja, sein
Mißtrauen wuchs, als der Herr Neffe
eine Woche lang sich nicht einmal hatt«
sehen lassen. DaS war in der That ver
dächtig und der Alte eilte zu einem Kol
steS Gespräch hatte. Dann setzte er sich
hin und schrieb folgenden Brief:
„Lieber Oskar! Ein College von
Dir hat mir ganz Seltsames über Dein
gesscn, daß ich einen Resten gehabt.
Dein Onkel Theodor."
—— Ein Paar Tage später. Heute
»et wurde. Dann klopfte es und herein
trat Oskar. Onkel Theodor war
sprachlos, aber dieser begann:
„Zuerst, lieber Onkel, meinen herz
lichsten Glückwunsch >..."
„Das Geld? Woher hast Dn denn
„Ja, Onkel, mit Freuden!"
„Wa —a»? Und Du lachst auch
noch?"
„Patent?"
„Natürlich, für meine Erfindung von
Plumpen!!!"