Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, November 25, 1886, Page 3, Image 3

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Dorcas Wora.
in vorliegender Erzählung, di«
Katastrophe sich entwickelt, eine Lücke
finden dürfte in der Begründung de«
bedeutendsten DichtertalenleS. Aller
dings ist eS die Aufgabe de» Erzählers.
lassen,
Tcr Pbantasie des
Brief an Arthur den Schlüssel liefern
mußte diese grausame Sühne finden,
wie da« Schicksal selbst sie ersann und
vollstreckte. M. Veneta,
I.
<Zs war im Dezember 1876.
Trauben stürmt und wittert e«, dicht«
tcr« hin und her, Licht
v«rbrcitend. Die Fußgänger, bicht ein
gehüllt bis über die Ohren, huschen a«f
dem Trottoir hastig und still «n ein
ander Die Pferde, unsicheren
Winterabend von der winterüchsten Art
hat sich über Berlin gelagert,
Dämmerstunde
?terscheiben, neben dem frischen Grün der
Pnlmc» und de» duftenden Veilchen der
Jardiniere, lieg« ich träumend auf der
Chaiselrngue. Die Phantasie trägt mich
zurück in die glücklichen Kinderjahr«, in
den Frühling des Leben«, durchstreift
mit mir heißen Sommerlage de«
manchein längst Dahingegangenen im
Geist« begegnend stumm vle Hand drük-
klingelt es an der Entreethür; ich
det mir «ine liebe Freundin, di« ich lange
nicht gesehen hatte. Froh des lieben
Besuches springe ich auf, ihr entgegen.
Giri's, Liebste, komme bei diesem
Im Hotel ist eS ungemüthlich, ich sehnte
niich nach Dir. Ich Hofs«, Du wirst
mich bei Dir behalten, mir ein« Tasse
The« geben?"
Die also sprach in wohlklingenden
Tönen und rrinslem Dcuisch ist eine der
rinnen Deutschlands, deren wahren Na
men ich in dieser Erzählung aus ihren
Wunsch in ein Pseudonym umzuwandeln
gezwungen bin, zu meinem Bedauern,
denn er hätte das Interesse des Lesers
«höht. Aber sie sagt: „Das könnte
zu sehr nach Reklame riechen, und Du
weißt, ich verachte alle Bewunderung
außer derjenigen, welche ich durch mein
-schaffen auf der Bühne erringe, und
"Gottlob, bis jetzt fehlt es mir noch nicht
«an Beifall. Di« still« Thräne, welch«
der Mutter im Parterre od«r aus der
Gallerie über die Wang« rollt, wenn ich
' schließe, gilt mir mehr als spältenlang,
Lobartikel."
Dieser in unserer Z«it so seltenen Ge
sinnung wegen will ich diese wahrhafte
Künstlerin „FraneeSea" nennen.
Tu
„Und gehst?"
„Nach Nußland, bin Vagabund,
weißt Du und wer so viel ger«ist, der
kann nicht mebr stillsitzen aus einem
nen," gtbren
„Meinst Du etwa, weil ich so viel
Pech hab«?"
„Du?"
„Ja. Ich habe eine» Prozeß Verls
ren, »naerechterweise natürlich, wie das
innner so ist. Alsdann, mit dem Gastie
ren ist e« eine unsichere Sache geword<n
in Deutschland. Die lieben Klassik,r
will man wohl »och al« Zierde im Bü
cherschränke habe», aber auf der Bühne—?
Tu lieber Gott! Heutzutage zieht nur
noch di« ltichtgeschürzle Muse und di«
Ehebruch«-Dramen. Da« ist nicht mein«
Sache, wie Dir bekannt ist. Da« ich
Dir'S eingestel'e, ich gehe stark mit dem
Gedanken um, »och einmal nach Amerika
Ipuleii, Aber wie schön warm Du e«
bast, Du Murmeltbier, di« Tu Dich vor
>er Welt begräbst, woran Tu sehr un<
„Ach. laß mich! Der Kunstsinn un
serer Direktoren und Intendanten hat
über meinen Verlust für die Bühne keine
Trauer angelegt, und ich fühle mich
ganz behaglich in meinem Grabe, wie
Du siehst. ?lch sehne mich Wohl manch
mal nach guten, lieben Menschen, wie
ante, ermüdende Theaterleben vermisse
ich nicht. Freilich ist es einzig schön,
erzähle mir, Dir und was
„Du lebst also zufrieden, fern dein
Treiben des Theater», hast keinen Wunsch
dahm zurückzukehren?" frug FranceSca.
„Mit was veschäftigst Du Dich denn?
Ein Thätigkeit
worden, theuerste^Francesca.^ÜaS'klingt
ja wie Weltschmerz! Du bist doch nicht
geworden?"
bewätti 7-"m" cht!
i ttne Geschichte «rzäh
zvir zusagen wird und die Du in
und Fassung bringen könntest zu
Nutz und Frommen und weiser Lehr' für
diejenigen, die es bedürfen. —Vor eini
ger Zeit bin ich an ein« meiner trübsten
Erlebnisse erinnert worden durch eine
Todesanzeige in einet amerikanischen
Zeitung. Einst gelobte ich, da« Grbeiiü.
nix zu wahr.», und ich hate eS gewahrt,
so lange, an den Tag gebracht, es einem
Lebenden Betrübniß hätte verursachen
können. Doch jetzt, nachdem der Tod
aufgeräumt hat, ist mir die Zunge ge
löst.
deckt werden und erläutert, damit
unerfahren- Nachwuchs die Gefahren
meiden lerne, die solche Wunden schla
gen. Ich sagte Dir, da» ich mit dem
Gedanken umgehe, mich »och einmal
nach Amerika einzuschiffen. Da tritt
mir recht lebhaft vor die Seele, mit
welch betrübtem Herzen ich vor vier ,Xah
ren von dort zurltckkebrte »ntet dem Ein
flüsse tiefer Trauer Über den Untergang
einer.ganzen Familie. Wenn Du er
laudst, erzähle ich Dir die Geschichte,
schick« Dir auch, sobald ich wieder heim-
Schriststücke, und wenn Du willst, mach«
«in Buch daraus."
„Wenn ich es im Stande bin, viel
leicht. Jedenfalls höre ich Dir gerne zu,
Tu erzählst besser, als ich schreibe. LqK
„Also eine Geschichte aus der Theater
weit will ich Dir erzählen, au« der Dj-lt,
welche die der Lüge» de! E-i'cincs ge
nannt wird. Des Scheine«/ ja, da
ta« ich gelten, aber nicht Welt der Lüge.
Wa» heißt Lüge im Reiche di«ser Kunst
wo nur das menschlich w«bre, sei «
Schmerz, sei ,s Freude, vom Munde un>
Herzen d?s Schauspielers zu Geist unl
Herze» des Zuschauers den Weg findet i
Der Bühnliischllststeller, der nicht skir
Weil ausbaut aus der Basis wahrer Em
psindungen und Handlungen, kann »il
Äneik-nnung linden. Was macht Shake
speare universell und zu allen Zeiten
verständlich und hinreißend? Weil ei
tben menschliche Leidenschaften so Wahl
»nd treu geschildert hat, wie sie iminei
wieder neu erkeiinen in jeder jungen Ge
ieratwn. Und nur der Schauspielen
wird ein wirksames Medium sein, w-l
her Verstand, Herz und Temp-ramen
zenug besitzt, um den Geist des darzu
stellenden Charakters in sich ausnehm-,
t»d verkörpern zu können. Er muß ei
,en Theil feines Selbst in die Darstel
lung fremder Gestalten legen, um diel,
d-nschast zu beleben. Nur so wird de!
Künstler das Mitgefühl der Hörer er
tvecken können, weil er im Schein de>
Wahrheit wahr ist. Und dennoch gib
es noch immer Schriftsteller, die da gan
ernsthaft schreiben: „Man lügt ans de,
Brettern der Bühne sich und andern si
lange, bis man e» verlernt, überbaup
noch wahr zu sein!" Für diese L-ut
sind wir, wie es scheint, gar keine Men
schen von Fleisch und Blut, sonder,
wandelnd« Automaten. Wir woll»
ihnen diese Ansicht nicht rauben.
Wollte Gott, es wäre «ine Lüge, eim
maliziöse Lüg- d-r Phantasie, was iil
da erzählen will, eine Lüge de« dichter,
schen Geistes, den ich leider nicht besitze
Aber nein, es ist da« äußerst reale, miH
nach Jahren noch tiefbetrübende Lebenz
ein-r Schauspielerin
Schmerzlich hatte ich oft die Einsam
keit empfunden, welcher wir Wanderoö
gel des Theaters anheimfallen in srem
den Städten und Ländern, wenn wi>
obne vollwiegende und wichtige Em
pf-h'ungsbri-fc von Freund zu Freuni
kommen. Nur langsam und nach woh
observirter Probezeit öffnet sich dm
deutschen Künstler hier u d da die Tbüi
eines Salons, der Schoo« euier Kainilü
und geiicröjer habe ich f»mde Natwner
gefunden; ibren Sitten entsprechend,
steht der Künstler von Bedeutung ihnen
von vornherein nicht al« Fremder gegen
über, er braucht sich nicht erst durck
wohlbezlaubigt- und besiegelte Tok»
mente d«r Einführung ausweisen, vo,
wannen und woher er sei.
Ende September 1870 war ich alsc
nach einer ziemlich stürmischen Uebeo
fahrt von Europa in New?lork ange
kommen, um ein für die Vereinigen
Staaten mit dim Impresario M. St.
abgeschlossen«« Engagement zu ersülen
und zwar zuerst imgrenck Th.a'-r, New
Jork, auszutreten. Eine tropi'ch« Hitzi
lagerte noch über der Stadt bis Mi»,
Oktober, ein« Hitze, wie sie bei uns in
Beilin an Heipen Sommertagen im Juli
und August zuweilen vorkommt. Tai
fieberhafte Thun und Treiben der koSmo
politischen Millionen,ladt, wo sich Men>
sche» aller Nationen drangen und dem
Glücke nachjagen mit mehr oder weniger
Erfolg, verfehlte nicht, auch mich mit
foitzureiße» und muthvoller und leben«,
freudiger zu stimmen. Ich fand Ge
fallen daran, Tinge »nd Menschen zu
beobachten, und ich kann die Versicherung
geben, da« dies kein uninteressantes
Studium ist in einem Lande, wo alle«
großartiger, breiter, freier angelegt ist,
»ls auf dem beschrankteren Boden unse
re« Äutterlande». Im Gefühl der
Freiheit entfaltet sich hier des begabten
Menschen Seist nach allen Richtungen
hin kühner und gewaltiger, im Guten
sowohl als im Schlechten; der intelli>
gente Mensch geh: feine eigene Bahn
und es wird ihm leichter, etwaige Hin
dernisse zu beseitigen, als feinem ebenso
begabten Bruder in der alten Welt, der
vielleicht Zeit seines Lebens nicht zu»
Geltung kommen kann im Gewühl und
Die Verhälmifse bilden und erziehen
den Menschen ebenso sehr, als des letzte
ren Wille die Verhältnisse schaffen kann
und in seiner Gewalt behält bis zu einem
gewissen Grade. Wir wundern uns,
wie selbstständig die amerikanische Ju
gend schon in den Kinderschuhen sich
fühlt. Kaum, daß das Kind sprechen
lernt, befiehlt e« nicht seilender Amme
schon ihm de» Dienst ihrer Berufepflicht
zu leiste», und sicher ist unter den ersten
Begriffen de« kleinen sich entfaltenden
Geistes das „Ich will!" der stärkste von
allen. Der geborn« Amerikaner und
auch der spätere Einwanderer hat noch
nicht vergeffen. wie viel Muth, Kraft
und Ausdauer dazu gehört, einer rauhen,
wilden Natur die Kultur und Beding
nifse des verfeinerten Leben« abzuge
winnen. WaS aber ein rechter Mann
werden soll, muß zeilig feine Kräfle
üben, die körperlichen sowohl als die
geistigen ; daher ist da« „Hilf Dir selbst"
einer der ersten Grundsätze, welche der
amerikanische Vater seinem Sohne ein
prägt.
Ebenso wird das weibliche Geschlecht
zur Selbständigkeit erzogen. Wenn ir
gendwo, so ist da« amerikanische Weib
zum Herrschen geboren. Für sie ist de.
Mann nur auf der Welt, um ihr zu die
nen, ihr jede Laune, jede» Wunsch zu
erfüllen, ihr daS Leben so angenehm als
möglich zu mache» ; sie ist feine Göttin,
sie bestimmt sein Wohl und Wehe!
Unter diesen «»«erwählten Frauen, die
sich ihre« Glücke« gar nicht bewußt sind,
giebt es wie anderswo auch sowohl
Teufelsweiber voll Launen und Leid,"
sch-ft-n. welche dem
auf Erden bere.'.„.
von Unermüdlicher Hingabe und
»'!eb«nawi>rdlgkeit, vom besten Einfluss«
aus daS männliche Geschlecht. Fest wie
der früh geübte Wille, bildet sich das
tief, je nach den Anlagen des Menschen,
die leichlfertige Natur, leichtfertig iw
Extrem, der ernst angelegte Cbarakter
eriist bis zur Erhabenheit. Halbheit tf
selten.
heimkehrend aus meinem Frühstückstisch!
unter anderen Postzustellung!» einen
Brief großen FcrmaiS fand, dessen ei
genthümliches Wappen auf der Rückseite
de« Umschlages an Stelle de« Siegels
Rosen und Lorbett schlang, und »und
herum die Willkommen Wissen,
Wie V°-lisch und schön ich.
«lufichnft m breiten,
;<:«t,'.n geichrieben meinen
bo«enNam-n. Der Brief war au« der
Stadt. Ich kannte diese schöne Hand
schrist nicht, »nd beaieriz »sinete ich den
Brief, so ganz anderes Gepräge
lichen Landsleuten, solchen, dem» ei
überall schlecht geht, d>e mich um linter
stükllng bitttnr, sogar das Reisegeld
Meer in die alte bequem- Heimath
die protegir» sei-, wollten, und dergleichen
?eüle iliryr.
Ter Brief enthielt eine gedruckte Ein
ladungskarle mit meinem Namen ausge
füllt in denselben schöne» Schriftzüg«»,
wie sie die Adresse trug, und mit demicl
ben poetischen Wappen verziert, wie de>
Umschlag.
„Mr. und Mr«. Lockbard sind von
ihrer Sommerresiden, in Saratoga zu
rückgekehrt nach Fifth Avenue 40 und
empfangen Besuch- jeden Donnerstag
Abend. Sie werten erfreut sein. Miß
Franeeica N. unter ihren Freunden zu
sehen."
Wie kam ich zu dieser Einladung:
Wer war Mr. und MrS. Lockhard? Ich
frug meinen Wirth im Belvcdere
wo ich wohnte, er konnte mir jedoch keini
Auskunft geben Er war ein aufmerk
samer Wirth, «in Teuischer, der scini
Befriedigung in der Zufriedenheit seiner
Gäste fand, war nidesscn unbewandert
m vornehm«» Gesellschaft New-
Mein Impresario aber, Mr. M. St..
konnte mir Auskunft gebe». „Ein fei-
Eoniplinient für Sie, diese
Mr. und MrS. Lockhard lählen zur Ari
stokrali- New-Z)oikS, empfangen nur gut«
auf allen Gebieten de« modernen Leben«,
der Kunst und Wissenschaft. E« ist ein
Privilegium, von ihnen beachtet und
empsangtn zu werden. Da« dürfen Si,
mir; ich wußte ja auch, daß LebenSael
mir gebot, schätzbare Entgcgrn
so entschloß tth mich^-och den erste» Ton-
Abend«, zu einem Besuch« in Fifth
Mein Wagen hielt vor einem höchst
stattliche» Haus«. Einig« Marmorstuseii
führten über eine offene Veranda zu dem
eleganten Portal von grünem Porphyr
empor. Eben solche Säulen zierten den
Flur de« HauscS, zwischen denen hin
der Wände recht« und link« im gedämpf?
kostbarer Tivpich bedeckte die Marmor
platten de« Flures.
Ein galonirter Diener trat mir entge
"lte
Zweit-, mit reicht«, schwer niederwallen
de» Portieren geschmückte Thür.
Als ich die Schwelle überschritt, trat
mir eine imponirende Dame entgegen,
nicht mehr ganz jüng, ein halbe« Jahr
hundert ruhte aus ihren Schultern i sie
trar hochgewachsen, von sto'zer Haltung
beholfensttn Fremdling so leicht machen,
in kürzester Zeit heimisch zu werden in
ihm völlig unbekannter Umgebung.
Nicht wissend, daß ich Englisch ver
stand und sprach, deutschen Sprache
denn sie rief ttfleuN Sie
englisch sprechen, dann sind wir ja schon
durchaus friedfertig gesinnt bin für die
ganze Welt und Schiachten hasse. Selbst
der Ruhm Deutschlands, das ich liebe,
denn es ist meine Heimath, kann mich
N»N
>,L nein, Madame, Sie baben uns
auf ganz anderem Felde erobert, es ist
die Künstlerin, welche uns gesangen ge
hard, mich auf eine Gruppe der Gesell
schaft zuführend, au« welcher sich ein
langer, hagerer, graubärtiaer Herr erhob
und uns entgegenkommend mit leichter
Verbeugung vor mir stehen blieb.
„Hier Mr. Lockhard, mein Gemahl,
cm viel gereister Mann, der die Welt
Reichthum und Eleganz, wohin
Mussum. Werlhvoll« Bilder Abreiten
Statuetten und prächtig« japanische Va
srn schmücktet die Wände ; kostbare
gci Feuer brannte, welche« unstreitig
Witt »auücheN lihtno gehörte, niederge
lassen. Von meinen, Platze aus konnte
ich den ganzen Salon übersehen und
durch eine schwere kostbare Gobelinpor
tiere hindurch in einen kleineren Neben
salon einen Blick werfen, in welchem
ein« Gruppe junger Lcut« saß. die sich
eifrig und heiter unterhielteft»
Mr. Lockhard, ein leutseliger Herr,
von weltmännischen Manieren, brachte
mir einen Z»nz anderen Begriff, als wir
In Deutschland hieben, über das Uantee
ihum bei, machte mir erst Complimente
über meine Adrienne Lecouvreur und
Marie Stuart, in welchen Rollen sie
wich bis dahin gesehen halten und be
um voll und ganz den Genuß des Spie
allen bereitet halte. Alsdann erkundigte
«r sich nach d-m Verlaus Meiner!iSer
stakdeneii Seereise und welchen Eindruck
Samtes entgegnete ich mit
„Was Sie nicht erwarteten!" wars
Mr. Lockhard ein, „nicht wahr? Ja, ja.
wir wisien recht gut, daß wir in dir al
ten Welt verschrieen sind als unzugäng
lich und extravagant. Das mochte frü
her sö sein, ich gebe es zu, doch seitdem
der Dampf als eines der mächtigsten
Elemente die Meere beherrscht und die
Nationen vereinigt, ist das ander» ge
worden. Ueberdies. gibt ei etwas Schö
neres, als die Gastfreundschaft? herrscht
sie nicht als heilige Sitte selbst bei den
wildesten Völkern? —Sie kommen über's
Meer herüber, bringen uns die köstliche
Gabe Ihrer Kunst, sollen wir Ihnen
dasür nicht dankbar sein?"
ten und Mr. Lockhard mich aus dieses
und jenes Gemälde seiner größlentheils
mis Paris und Rom mitgebrachten
merksam machte auch ein Menzel wai
daiunter servirten zwei Vollblutnege,
Erfrischungen. Unterdeß war «in älte<
rer stattlicher Herr eingetreten, groß und
breitschultrig, ein wahres Musterbild des
echten Südländers, ein martialischer
weißer Schnurrbart zierte das fesselnd«
Besicht, worauf tiefer Ernst lagerte.
Mrs. Lockhard stellte mir ibn vor als
ein im ErU lebender Oberer Prätendent
agitirten. Senor Talovera wa/ein ga
lanler Herr, sein und liebenswürdig.
Er inlenssirte sich später für mich, ich
nigsachcn Abenteuern erzählte. Ei
schilderte so lebhast Leute und Sitten
daß man ein
die Portiere im anstoßenden Salon
ichwunden und trat, als mir eben der
Prätendent vom Kriegszuge des Kaisers
deren Erscheinung den Eindruck einer
jener sagenhaften Schönheiten auf mich
machte, deren Bild man sich vorzustellen
Form, welche in
ihren Meisterwerken so trefflich zeigt.
Und dieser Kops! Raphael, Pygmalion,
Praxiteles haben nicht» Schöneres er
tet, der w>?die Krcolin
nen ihn besitzen. Was aber diesem Ge
sichte, diesem Spiegel der Seele, noch
Blick gefangen nahm, da« war sein AuS-
Milder Ernst, Reinheit der Gedanken,
lächelnde Wehmuth, zagende Entschlos
senheit^
geboren und zu welchen die
Wogen des Elends, der Entbehrung, des
schmerzlichen Ringens der ärmeren Klas
sen nicht herandringen, hatt, auch ihr
Herz noch keine gewaltsame Erschütterung
kennen gelernt, sie hatte noch kein theu
res Menschenleben verloren, die Harmo
nie der frisch ausblühenden Seele war
stört worden. Aber cs giebt Naturen,
welchen das Schicksal schon bei der Ge
burt die Geschichte ihres Leben» aus die
Stirn zu schreiben scheint, und hier stand
ein solches Menschenkind vor mir.
„Ich bin glücklich) Madanie FranceScä,
Ihnen hier Miß Dorca» Mora vorstellen
zu dürfen, welche das lebhafteste Verlan
gen fühlt, Sie kennen zu lernen. Miß
Mora ist eine Kollegin von Ihnen und
jetzt für einige Monate im Fisch-Avenue-
Theater engagirt. Sie ist eine der be
gabtesten jungen Künstlerinnen, ich pro-
Phezeihe ihr ein« glänzende Laufbahn
Und mache Sie aufmerksam aus ihr«
Julia, welche sie nächsten» spielenivird.''
Mit diesen Wärmen Worten ward Miß
Torcas Mora bei mir eingeführt.
Ich reicht« der jungen Schönheit die
Hand, welche sie mit leichtem Drucke er
griff, sagte ihr, daß ich sehr erfreut sei,
sie r-nnen zu lernen und MrS. Lockhard
dafür verpflichtet wäre. Wie ei
len vlüheNden Lippen leicht lächelnd öff^-
„Ja, wenig. Mein Mutter fein
Plantage in Louisiana. Mein arme«
Mutter sein lahm durch Fall, lebt in
Villa in r^isen.^
mit dem Nunsche, unS wieder und öfter
zu begegnen. Jetzt noch, nach Jahren,
2>!ale trat. Ich Irerde n!i
vergcssen
loseste Engel hinabgerissen wird in du
Finsterniß!
E T s tt j
ai's vecschicdenen Den dritten
Deborah, den letzten Alt vom
doch.^'
Loge an der Bühne das erregte schöne
Antlitz meiner DorcaS, sie bog sich über
die Brüstung der Loge und axplaudirt«
mir lebhast. Unter den Bluinenspeii»
den, welche ich in dieser Vorstellung ein-
befand «izendeS Körb
«ine Karte an einem Weißen Atlasbande:
DorcaS Mora.
Am daraus folgenden Tage erhielt ich
DorcaS' Besuch. Wir plauderten lange
und lebhast ich so
beweglicher Geist verlangte, dann glitt
«in Strom sonst schwerfällig klingende»
Englisch leicht über ihre Lippen. Sie
Ren, konnten nicht anders, wie sie ganz
treffend sich ausdrückte. Die Stürme
des Herzens, die mich durchrüttelt und
schlummerten noch für Dorcas. doch >vi<
Gewitterschwüle lag ei schon über ihren«
schnsuchtalhininden Gemüth, der zün
dende Blitz brauchte nur herniederfahren
Zunächst, und zum ersten Male sah ich
nun Dorcas alt Julia. Sie war der
schSnst«, sanfteste, eitlzückendste Akiord in
Shakespeares hohem Liede der Ließe.
So jung, kaum zwanzig Frühlinge de«
Leben« zählend und doch so gewandt in
Ausübung ihre» Berufes! es war eben
angeborne Kunst, vielmehr Natur im
Gewände der Kunst. Sie halte sich mit
ganzer Seele in die Rolle versenkt, so
zart und sanft hingebend in leidenschaft
licher Liebe mit Nomeo, und fieberhaft,
heroisch in den letzten Scenen.
Sie, welchen Mißton ich in
ShaielpeareS unvergleichlicher Tragödie
finde?" sru? st« mich ein?« Tage«, «I«
die Rede ihre Julia gekommen war.
lebend wied-rfinden und den Giftbech»
zusammen leeren. Der Tod scheint seine
k-chrecken zu verliere» und gar nicht so
schwer ,u sein, wenn Liebe ihn verklärt
und heilig!. Zn keS Geliebte» Armen,
im Kuß zu sterben, muß selig sein."
Dergleichen schwärmerisch Wehmuth
volle Gedanken streiften oft den leiden
schaftlichen Geist Dorcas, allein beweg
lich wie cr war, hielt das nicht lange an
und im nächsten Augenblicke plaudert«
sie dann wieder in der heitersten Laune
kindlich naiv von den harntlosesten Din
gen-
Dorcas bewohnt« ein allerliebste« Ap
partement in einer ruhigen Straße im
sashionablen Stadtth-ile New UorkS,
zwischen Broadway und Fifth Avenue.
MrS. Warr-nS, eine Dame mittleren
Alters von Erziehung und guten Um.
gangssormen, welche schon lange Jahre
im Hause der Moras gelebt, und sich
durch Treue und Anhänglichkeit das
Vertrauen und die Freundschaft der ga»-
zen Fantilie etworbe» hatte, begleitet«
Dorcas auf ihren Reisen und machte di«
Honneurs im Hause. Ein junger Neger/
welcher noch als Sklave auf den Besit
zungen ihres Vaters geboren, jedoch nach
Befreiung aus dem Sklavenjoch« gleich
seinem Vater und vielen seiner Slam
meibrüder aus Anhänglichkeit im Dienste
seiner alten Herrschalt verblieben war,
versah mit leidenschaftlicher Ergebenheit
die Stelle eines Kammerdieners bei sei
ner jungen Herrin, sür welche er, so zu
sagen, durch Feuer und Wasser gegangen
wäre.
Dorcas und ich sahen unS, wie gesagt,
oft, so oft als es unsere Berukspflicht er
laubte, und nie werde ich die Stunden
vergessen, die wir mit einander im an
heimelnden Gemache am knisternden
Kaminfeuer sitzend, traulich verplauder
ten. Ich erzählte ihr Manches aus mei
nem Leben. Mit Aufmerksamkeit und
Theilnahme HSrte sie mir zu, drückte mir
die als ich auf eine
Herzens gekommen war, küßte sie mich
gerührt, und «in, Thrän« rieselte von
ihren lange» schwarzen Wimpern fallend
an meinem Halse hernieder. Diese
Weichheit des Gemüthes, diese Gefühls
innigkeit war augenscheinlich das Erb
theil ihrer deutsche» Mutter und trat um
ausfallender hcrvor neben der heiteren
welche alle Kreole» ausz.'ichnel. DorcciS
war Halbkreoli». Ihr Vater, ein kuba
nischer Spanier, hatte ihre Mutter in
New Orleans kennen und lieben lernen,
hatte sie geheirathet und auf einer feiner
Besitzungen in Louisiana war DorcaS,
da« einzige Kind ihrer Eltern, geboren
worden. Ihre Mutter, ein- Nheinlän
bertn, Ivav jung üach Amerika gekom
men und hatte dort bei einem allen Onkel
geledt, dt» Vermöaen
Erwerb a>'gewi->scn. Begünstigt durch
angenehme Erscheinung »int! wüsit.-llis^e
sich 112 inde» in !eite^chaft
Mutter die FiberlNn'» vo>> Lom
ler fein lahm, weil g-sallen von Wagen,
als Pferde wild Ware». Arnt?s Mutter
seilt so gr!t, ich ker so sehr! l
Mutt«r^^^
4.
um unser« Kunst den westlichen
Staaltn bet Uiiion zti trage». S« traf
si^^
weit über Die Slra^
(Fortsetzung folgt.)
b«n Dich! H k 4
bald gelinge, d»s Land von der schreckli
chen Plage zu befreien.
Früher gab es in Australien keine sta-
Zwcck verausgab». Die Kanin
riä. die LO.OViZ Äcker Land umfaßt und
früher das beste Weideland in der Colo
nie bot, ist jetzt vollständig werthlos.
lm australischem wurde
ren blühende Getreidefelder und
Obstgärten befanden, bieten jetzt den An
blick einer öden Wüste dltr. Die Ge>
sind fort, und nur die Kaninchc» sind
Wo im Jahre IB7S noch 7W,<ZOV
Schafe reichliches Fmter fandtii, da sin-
kaum ll)Z,o<w ihre kärgliche
fall gerathen. ? s i
In den letzten drei Jahren hat die
Regierung in Victoria allein k 150,000
ausgegeben, um das Land von der Ka
ninchenpest zu befreien. Es Ivurde den
schrecklichen Thiere» vcrgistetes Getreide
zum Fraß votgewSrfen, und die Regie
rung bezahlte 3 Pence für jedes Dutzend
Kaninchenfelle. Im letzten Jahre wur
de für :!,Btj4,(X>(> derartiger Felle von
der Regierung eine Präinie bewilligt.
Für dieses Jahr hat das Parlament
irdh ch «>. d P
jetzt Australien unter der Pest leidet, die
es sich selbst auf den Hals geladen hat.
<?tn
In der Nähe der Gebäude der Lc,rnell>
nicht« wissen, ökgleich ihm ganz bedeu
tendc Vortheile angeboten wörlen. An
gesicht» dieser Sachlay« beschlossen die
Studenten, sich selber zu helfe». In der
hiisjährigen „Halloween" Nacht fchnit-
TheUe
—üb ei Fall, daß >i« Geschwo
renen einen Angeklagte», von einem Per
brechen freisprechen,desien sich diese» selbst
schulkig erklirrt, dürfte jedenfalls in de»
gerichtlichen Praxi» ztt den Seltenheiten
gehören. In Köslin habe» d!i Geschwo
renen einen Knecht Schulz aus Abbau
Sparsee, der wegen Meineids unter An
klage stand, freigesprochen, obwohl der
Anft«llagte hartnäckig dabei beharrte,
wissentlich früher eine falsche Aussage
vor Gericht gelastet zu haben. Der Bauer^
ereignete sich in Vionville (Lothringen).
d^rt
der beiden schwer verwundeten Kinder,
welche im Aller von 10 und 12 Jahren
stehen, erhalten werden könne.
Daß auch so hohe Her r
schaste», wie da« Enkelpaar des deut
schen Kaisers, zuweilen der Schuh drückt,
sin. „So, so", meinte hierzu nächden
kend der Kaiser.—Diese Scene spielte sich
aus
zessin neben dem Kaiser, der sich mit ihr
m liebevollster Weise unterhielt. Man
war bis zum Dessert gekommen, da
laufen- Depesche überreicht. Nachdem
er von dem Inhalt Kenntniß genommen,
„Sei guten Muthes, übermorgen
„Weißens. Krbl." zufolge der Magistrat
in Werßensels Kenntniß «Halle». Pen
gcs Madcherl wegen schlechter Behand
ler letztere es Alt
aber mit aller Strenge des Gesetzes vor
— Das Stadtthealer in
Befinden seither wesentlich gebessert.
Individuenl. „Ach, Herr Pa
ter: Fauler Schlingel, was willst^u
Wieg«»-Ins»iiftrn.
I Schon die ältesten Völker, soweit^sie
Monumente ihrer Todten mit Jnschrif
> tri.--
Wiegen-Inschrift
Fern halt von Dir des -ual und
Der reiche Vater, den Du Dir erkoren;
Du bleibest bis an Deinen sel'aen Tod,
Was eben jetzt Du bist: Hochwohlge
boren.
Auf das Kind eine« Lebemannes.
Dich trifft ein fröhliche« und heit'res
D V s Loc»;
Er zieht Dich deßhalb mit der Flasche
groß.
Und die Gewohnheit nennt er sein«
Die Mutter hat dem Tode Dich entrissen,
Sic hat gesorgt, gepsleget und «-wacht.
Sich selbst vergessend, nur sür Dich ge
dacht,
Wirst Du der Treuen das zu lohnen
wissen?
Sie ist belohnt schon, da Du sie umhalst.
Und, lächelnd ihr, das Wörtlein „Mut
ter" lallst.
Auf das Kind eines Geizhalses.
Dein Vater hat gegiert, ergeizt, erspart
Und hinterläßt Dir viele Goldesrollen i
Doch willst Du leben «inst nach seiner
Hätt' D '«Lb ch rs ll'
An die Grande Nation.
Das also ist des Pnissien neu'ste Finte,
Und staatsgefährlich ist der Bleisoldat?
Wo ist der Stolz, der einstmals Dich be-
W seelte,
schlägt
Office in
wiederkommen, wenn Sie nlichtern sein
Sonst und jetzt. Privatier
m
Im > tI» Mann (ein
! (Zürich) i Wech
Küche!"'" S
itta
haben werden daß am
hiesigen Theater jetzt «in Ballet einge
richtetwird!" Student B: „Don
mester weiterstudiren!"
Ordnung«gemäß. Mutter
(vor der Wiege des «injäbrig-n Töchter
chens): „Hans, hast Du Lieschens Milch
ausgetrunken?" Hans i „Ja, ich habe
sie aber zweimal vorher gesragt, ob^sie
— Traurig. Freund: Herr Dok
tor, Ihnen ist Ihr Kind gestorben, o,wie
traurig. Humorist Ja, ich hade eben