Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, January 18, 1872, Page 1, Image 1

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    Scranton Wochenblatt.
8. Zahi'lMiq.
Dr. F. Bodematt,
Linden Straße»
zwischen der Penn und Franklin Avcnue.
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Nachmittags „ 3—l>
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In Abwesenheit wird gebeten, Nachricht ,u ln'n
lassen.
Dr. <samill Krcjc!,
deutscher
Ar;t, Wundarzt u. Gburtshelfcr,
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dinirt von 1 l Uhr Vormittags bis 2 Uhr Nach-
Montag, Mittwoch und Frei
ag. von l l Vorm. bis Z Mir Nachm. SBn7
vi-. ?. VIINSI'LR.
Deutscher Ar,t,
Office an Penn Avenue, unterhalb der Linden
Straße. Offieestundeni Morgens von w bis >2
Übr, Nachmittags von i bis k und Abends von
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Eltern ma»t der Obige darauf aufmcrkjam,
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Scranton, Luzerne Conntii, Pli.. Donnerstag den 18. Zanncir 1872.
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Sprecht bei uns vor.
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Karl D. Neusser,
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Seranton, l(>. Ja». 18<ili. da
Lvkal-Uerändernttg.
Möbc!»! Möbcln!
L» <?o.,
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zelten biernn't dem deutschen Publikum an, daß
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von Plaß^verleg»
Seranton,. K. Febr. lÄili.
(tarnen, Tripp ö» (?v.,
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Alleinige Eigenthümer res berühinien „Nap-
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Deutsch wird von Hrn. Äohn S. Schort
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Architekt, Baumeister L« Ingenieur.
(Städtischer Vermessee,)
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3lmz Scranton, Pa. 71>,1<
li. (^mpdell,
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PLneßrot»kKohlen
?i>B ' tj
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W. (fünfter,
Advokat und RechtS-Anwalt.
Office in Jakob Schlägers Gebäude,
Cckc von Lackawanna und Washington Avenue.
2908 Scranton, Pa. da
Dr. Gnmpert,
praktischer deutscher Arzt.
2257(> Office» Scranton HauS.
G ustav H a l, i«,
Advokat und Nechtz-Auwalt,
Office mit St'nlcv Wovdward. ESq., Franklin
Straße, WilkcSbarre, Luzerne Co., Pa. tjrl
S>!'. lii. IlirMiel«!,
deutscher Arzt»
A. T . Hottenstei«,
deutscher Advokat.
Office: No. 3lil Lackawanna Avenue, Scran
ton, Pa. Fiibrt NechtSproirsse, besorgt CoUek
tioncn ic. ?st AbentS von 7—l(1 Uhr zu spre
chrn. Njr72
Alexander Hay,
Fitsco-, z)a:>'.- und Schild-Maler,
W. (>i ibs o n Io » eS»
NechtS-Anwalt.
A. <?. Kvuarsou,
deutscher Uhrmacher Juwelier,
D,-Voming Nvc. gegenüber dem Wvoniing HauS,
Scranton, 10. Jan. 18KK ha
E. Merrifield,
Zldvokat u«d Sachwalter,
Scranton, Pa.
Office in Pauli'» Block, Lackawanna Ave
nue. t9mjB
»r. U. !' »
Die Kinder de» Gauner.
Roma» von Ernst Freiherr« von Bibra.
(ZortscKung.l
„Diese erste sentimentale Freundschaft
Linter Knaben, und jjlt vvnl» rrrktt
?ine Vo'.schule der Frauenliebe.
„Man bringt einem solchen Freunde
-leine Zupfer und wünscht ihm größere
dringen zu können.
„Man malt sich wundervolle Scenen
zu«, in welchen man denselben, mit dem
Schwerte in der Faust, aus KampseSnoth
errettet.
„Man ist eisersüchtig auf denselben, wie
späier auf eine Freundin, und wenn uns
endlich dieser llebe Knabe betrogen hat
l'.nd wir es zufällig erfahren oder bemer»
kcn, fühlen wir uns gerade so unglücklich
als einige Jahre später, wenn das Un
mögliche möglich geworden und uns die
>rste Freundin verrathen hat.
„Mein jenesmaliger Freund hieß Si
meon Hallingcr, war der Sohn armer
Bauersleute, unter deren Linnenkitiel
muthmaßlich ausnehmend edle Herzen
schlugen, hatte Sommeislecken im Ange
sichte und jene Farbe der Haare, welche
lnan bei der Geliebten goldig, bei anderen
Individuen eben röthlich nennt.
„Natürlich liegt es nicht in meiner
Absicht ihm damit zu nahe zu treien, den
noch abcr war rs sonderbar, daß wir so
vcrtraut! Freunde wurden, indem unser
Wesen eigentlich ein ganz verschiedene«
«ar.
„Viele, ja die meisten unter uns Halle»
freilich so viel wie möglich hinter dem
Nucken der Professoren bcreits ein gewisses
burschikose« Wesen angenommen.
„Die großen und ächten Studenten
trugen zu jener Zeit ihre Mützen, nicht
wie die Heutigen, tief in das Gesicht ge
drückt und die Nase halb bedeckend, son
dern möglichst auf den Hinteikops gescho
ben, so daß der kleine Schirm die Stirne
vollkommen frei ließ.
„Die Flotten unter uns, zu denen ich
auch gehörte, trugen die unsrtgen im Ge
nicke.
„Di» wirklichen Bursche waren mit
kurzen Röcken bekleidet, fast so kuiz wie
sie heute die Philister tragen, Uebergänge
„Wir in den untersten Klassen des
Gymnasium« befanden uns häufig in der
Lage, mit bis über die Knie herabreichen
den Röcken bekleidet zu fein, da die be
treffenden Eltern aus weiser Sparsamkeit
unsere Kleider „auf's Wachsen" einrichten
ließen.
„Die .ordentlichen Kerle' aber unter
uns bekämpften diese philiströse Länge mit
der Scheer», indem wir, um die Sache
nicht zu auffällig zu machen, täglich einige
Linie» von den Schößen abschnitten und
heuchlerisch schwiegen, wenn die Eltern
unser rasches Wachsen bewunderten.
„Daun bekräftigten die ordentlichen
Kerle unter uns ihre Worte mit „auf
Eerevis" und „auf groß Eercvis," wir
begrüßten uns mit: „killn!" was jeneS
mal gebräuchlich war. Einer oder der
Andere ließ gehetinnißvolle Winke fallen,
daß er sich nächst?»« „pauken" werd», was
freilich vollständig erlogen war, Tabak
aber rauchten wir alle, und viele selbst im
Schweiße ihres Angesichts und mit steter
Uebligkeit kämpfend.
Dinge nicht mit, was keinen Grund darin
haite, weil er kein flotter und ordentlich:?
Kerl wer.
„Er trug seine Mütze auf dem Scheitel
Verräther und Wohldiener bei den Pro
fessoren, aber ich bekämpfte st-IS diesen
Verdacht, der wol,k selbst setner nicht bur
schikosen Tracht und seines Fleißes wegen
auf ihm lastete.
„Ich kann wahrhaftig nicht sagen, wie
es kam, daß unser vertrauliches Verhält-
Hause, dann wiederholte sich das und
wurde endlich täglicher Gebrauch, welchen
mein Vater mit Freuden begünstigte, da
bet stets »inerter Ersten In der Klasse
war.
„Wir machten nun stets unsere Ausga
wir taS nannten, ließ er mich nie.
„ „Du lernst sonst gar nichts" sagte
er, indessen sielen dennoch einige Brocken
feiner Primus-Gelehrsamkeit sür mich ab
und er corrigirte meist wenigstens die
größten Eseleien auS meinem Pensum,
wofür er gewissermaßen als Honorar
wöchentlich zwei Kosttage bei uns hatt»
und fast täglich unser ziemlich frugales
Abendbroo theilte.
„Trotzdem aber ich ihn zärtlich liebt»,
verfuhr tch doch nicht immer allzu säuber
lich mit ihm. Häufig verspottete ich ihn,
seiner wenig studentischen Tracht halber,
und zuverlässig wurde Niemand von mir
so häufig als Karrikatur gezeichnet, als
eben er mit seinem kurzverschnittenen
Haar», seinem langen Rocke, dem kurzen
Höschen und deretwas ausgestürzten Nas».
Der gute Kerl aber nahm das nicht Im
Mindesten schief, sondern bezeigte stets
ein» groß» Frrude über jede neue Zeich
nung, welche er mir fast alle abnahm, um
sie tn den Ferien feinen liebe» Eltern zu
zeigen, welche, wie er sagte, sich ungemein
über dieselben freuen würden.
„So gelangien wir, Hallinger mit
Ruhm und Glanz, ich mit Ach und Krach,
in die zweite Klasse, als eines Morgens,
kurz nach den Osterferlen. mein Vater
todt in feinem Bette gefunden wurde.
„Flüchtig geh« ich über jene Tage des
trostlosesten Schmerzes und der Verzivels
lung hinweg. Nie war »in, nur an
nähernd heftiger Kammer über mich ge
kommen, wi» jeneSmal, und tch bin übrr
zeugt, daß dies auch in der Folg» nicht d»r
Fall fein wird.
„Dann trat, trotz meiner Jugend, die
Sorge zum Kummer, denn mein Vater
hatte nur Weniges hinterlassen, und der
Vormund, welcher mir von Aniiswegen
gefetzt wurde, erklär!» mir, daß ti» Mittel
zu mtiner Unterhaltung höchstens bis
zum Schlüsse drS Schuljahres reich»»
würden.
„Sie habe» die Wahl," sagte »r. „ent
weter jetzt schon ein Handwerk zu erlernen
oder dies» Klasse noch zu absolviren und
dann bei einem Meister in die L»hr» zu
treten."
„Entschuldigen Si». m»in lieber Do
sert, aber das Handwerk, der Meister und
die Meisterin, sammt den Gesellen nnd
che«. Der Unioersitäts-Student steckt»
mir im Kopse, ich entschloß mich, vorläufig
in der Klasse zu bleiben und setzte meine
Hrffaung auf Gott, der vielleicht weiter
helfen würd».
„Und dies», wenigstens zeitweilige Hilf«
erschien wilkiich in Gestalt dir Tante
Weilen, welche eigentlich gar keine ächte
Tante, sondern bloß eine entfernte An
verwandte meiner verstorbenen Mutter
war, welche ich indessen Tante nannte
und ihr jährlich zum Wirgen- und Na
mensfeste, sowie zum Neujahr Glück
wünschte.
„Diese unächte Tante, aber wahrhaftige
keil ex ließ meinen Vormund
und etwa vierzehn Tage nach dem Tode
mrlnes Vaters brzog ich »Ine freundliche
Stube in ihrem Hause.
„Schon di» Wort», mit welchen fle mich
empfing, zeigten, daß die Tante Weilen
eine etwas eigenthümliche Person war.
Sie verbat sich die dankende Anrede, mit
der ich sie begrüßen wollte und sagte:
„ „Bor Allem bilde Dir nicht ein, daß
ich eine alte Erbtante bin! da« wäre mir
da« Wahre! denn einmal kann mir es
einfallen, daß tch heute oder morgen Hei
rathe, auf der andern Seite aber ist e«
mich überlebst. Aber r« mag kommen wie
es will, wenn wir gute Freund« bletbtn,
so ist sür Dich gesorgt. Damit Du aber
weißt, warum ich mich Deiner annehme,
ohne daß Du Dich an mich gewentet hast,
so will ich Dir das sagen.
„ „Einmal, weil Du früher mir stets
mit vieler Höflichkeit bei den üblichen Ge
leglnheiten gratulirtrst und Dich bei die
sk» Gelegenheiten immer höchst anständig
und bescheiden benahmst.
~ „Zweitens, eben weil Du Dich nach
dem Tode Deines Vaters nicht sogleich an
mich gewendet hast. Wiederum Beschei
denheit! Ich habe von Tag zu Tag ge
wartet, daß Du kommen würdest, und
hätte dir wohl dann einigermaßen unter
die Arme gegriffen, aber nicht so, wi» ich
es jetzt thun will.
„ „Drittens ab»r, weil Ich nicht leiden
Schusterjunge in der Stadt herumläuft,
Gassenhauer pfeift nnd Schuhe und Stie
fel austrägt.
„Mache cS Dir jetzt bequem und thue,
als ob Du zu Hause wärst, denn da bist
das wirklich." "
„Was nun die Tante seilst betraf, so
war fle in den Jahren zwischen Vierzig
und Fünfzig, eher groß als klein zu nen
nen, ziemlich stark, und hatte hübsche
dunkle Haare und Augen. Dabei war sie
eilet auf diese ihre körperlichen Vorzüge,
und das zwar wohl noch mehr als viel«
schein, als glaubt sie sich nicht im Minde
sten gealtert.
„Im Gegensatze hierzu dachte sie nur
wenig daran, ihre Erscheinung durch
Putz und hübsche Kleidung zu heben, und
sowohl ihre Tracht als auch ihre Frisur
hatten stets schon mehrere Decennien ihr
regelmäßiges, von der Mode vorgeschrie
benes Alter überschritten.
„So trug sie zum Beispiel die kleinen,
flachen Locken auf der Stirne, welche
längst schon Niemand mehr trug und
führte den ebenfalls längst aus der Mode
gekommenen ArbeitSbeutel, früher Nidl
cule genannt, n.it welchem sie, gerteth ste
irgendwie in Affect, eigene zuckende und
schnellende Bewegungen zu machen pflegte.
„Was ihren Umgang betraf, so bestand
derselbe au« einer Anzahl von Frauen
und Jungfrauen, welche fast durchschnitt
lich älter als sie selbst waren, über die ste
indessen dennoch eine Art von Dberge
ches Karrilaturen-Zeichnen zu stalten, ich
mußte bald diese, bald jene ihrer Bekann
len zeichnen, und im näidsten der ziemlich
häusig stattfindenden Kaffee-Kränzchen
machte dann, war die Betreffende nicht zu
gegen, meine Zeichnung die Nunde.
„Laß aber hierbei allerlei boshafte
Reden nicht gespart wurden, laht sich
denken, und du fast keine der ganzen Ge
sellschaft verschont blieb und gegenseitige
Eröffnungen nicht ausblieben, so war es
eben so klar, daß Jede erfuhr, daß sie das
Stichdlatt meines Witzes gewesen und
daß alle einen heimlichen lyrrll auf mich
! warfni.
„Im Uebrigen war mein Leben Im
Hause ler Tanlt ein ganz auSgezeichne-
Numuicr 3.
tes. Man sp>iste und trank vortrefflich,
sie versah mich mit reichlichem Taschen
gelde, und was meine Studien betraf, so
sagte sie
«lch versiehe Nichts von Seinem
lateinischen Krame, aber ich denke Er
wird selbst so verständig sein, zu lernen,
was nöthig. Mache Er nur, daß Er nicht
sitzen bleibt!" '
„Sie hatte nämlich die ebenfalls etwas
veraltete Gcwohnheit, wenn sie besonders
guter Laune war, mich Er zu nennen,
und das zwar vorzugsweise unter vier
Augen, ähnlich wie sich Ltebesleute Du
nennen.
„Bet diesen günstigen Verhältnissen
fehlte auch die Freundschaft nicht.
„Hallinger, den iS, mit Ausnahme
der Schulstunden, bisher nur wenig ge
sehen, fand sich j tzt auch wieder ein, denn
nach dem Tote meine« Vaters hatte er
meinen Schmerz geehrt und sich nur flüch
tig mit mir unterhalten, ja er schien mir
auszuweichen, um mit mir nicht von dem
schmerzlichen Falle sprechen zu müssen.
„Nun aber kam er, wie früher, tagtäg
lich, wir machten unsere Arbeiten zusam
men, und häufig sprach der gute Junge
seine Freude über die günstige Wendung
aus, welche mein Schicksal genommen
hatte.
„Trotzdem aber, daß sich sein Aeußere«
günstig umgewandelt hatte, sagte dt»
Tante dennoch, nach seinen ersten Besu
chen, zu mir!
„ „Was hat Er denn da für eine»
Duckmäuser um sich? So eine Gesellschaf«
fleht ihm gar nicht gleich!" "
„Indessen gewann er bald ihr» Gunst.
Seine Höflichkeit und seine Solidität
schlug»» allenthalben durch, und, wie
früher im väterlichen Hause, wurde er
auch hier nach kurzer Zeit unser fast täg.
licher Tischgenosse.
„Endlich kam die lang ersehnte Zeit
ceS Universitätslebens und ich wurde
Philosoph, wie man die Studenten im er
sten Jahre nannte, da jedesmal in den
beiden eisten Semestern nur philosophische
Kollegien gelesen wurden.
„Freilich sagte die Tante: „ „Es gibt
keinen größeren Unsinn, als Euch Biiisch
chen, die Ihr, eben dem Gymnaflalzwang»
entlausen, zu den größten Tollheiten aus
gelegt seid, Philosophen zu nennen." "
„Aber sie blickte dennoch mit einem ge
wissen Stolz aus mich, als ich mich ihr
das erst- Mal in der Verblodungsmütze
vorstellte.
„Die Verblndungaaiütze! Die Erstel
„Wer gedenkt nicht de« Glückes, als
jen» Bürgerkrone des Fuchsenthum» zum
ersten Male sein Haupt beleckte?
„Dieses Symbol der Freiheit, welches
uns alle Kneipen der Welt, den Fechtbo»
den und nebenher auch die Hörsäle der
Professoren öffnet, das uns den Hau«,
schlüssel verschafft und die Erlaubniß, aus
der Straße Tabak zu rauchen!
„Freilich trennt sie auch mannichsach»
Schul-Kameratschaflen, da von alten
Zeiten h?r gewisse Couleuren sich seind
lich gezenüberstehln, von meinem Freunde
Hallinger aber trennte fle mich nicht, ob
gleich er Obscurant blieb und sich streng
von allem studentischen Treiben fern hielt.
„Er besuchte die Kollegien und wen«
sie vorüber, begab er sich auf meine set«
geheizte Stube, um eifrig zu studire«,
während ich statt de« Colleges dt» „Früh
kneipe" besuchte, und, war die Collegien
zeit vorüber—in der Frühkneip« blieb.
„Hallinger machte mir keine Borwürfe,
wi« das bisweilen auf der Schule ge
schehen war.
„ „Wir berauschen uns Beide" ", sagte
er gutmüthig lächelnd, „ „Du in der neu
erhalteneu Freiheit und in Spirituosen,
ich im L»ctions-Katalog», denn et rührt
mich zu Thränen, wenn ich da les», «a«
wir Jünglinge Alle« lernen dürfen und
„Was die Tante Weilen ieiraf, so
sprach sie die Hoffnung aus, daß ich fpä
ter auch noch fleißig werden würde,
vorläufig aber theilte sie ihr Vergnügen
zwischen Hallinger und mir, indem fle sich
an seinem Fleiße erfreute und an meinen
„Erzählte ich ihr dergleichen, so pflegte
fle zu sagen!
„Nein Albrecht! Da« ist aber poch
zu arg, gib nur acht, auf einmal wirst
Du in Ungrlegenhelten kommen!" "
„Waren wir aber später allein, so
sagte sie:
„Wenn Er es so treibt, langt Er mit
seinem Taschengelde nicht," " und dann
reichte sie mir »ine außerordentliche Zu
lage, indem sie hinzufügte: „ „Ruiatre
Er nur seine Gesundheit nicht." "
„Das waren glückliche Tag» und auch
di» Zukunft lag rosig vor mir, d«nn »ar
di» Tanl« auch keine Erbtante, so lag e«
doch auf der Hand, daß ich ihr Liebling
war, so lange sie lebte und später ihr Erte,
(«tche t. Seile.)