Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, November 23, 1871, Page 1, Image 1

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Scranton Wochenblatt.
?. Zahrgonq.
Dr. F. Bodeman,
Linden Straße,
,wischen de. Penn und granklin Avenue.
vfSce.Stu.iden, Morgens von B—9
Nachmittags „ 3—K
Abend« .. 8-9
In Abwesenheit wird gebeten, Nachricht zu bin
lassen. 7mz?
Dr. Camill Krcjci,
deutscher
Arzt, Wundarzt u. Murtshelfer,
Office in Wyoming Avenue, Kaiser'S HauS,
diniit von l l Uhr Vormittags bi«ZUbr Nach-
hieben Montag, Mittwoch und Frei
ag, von 1t Vorm. bis 3 Uhr Nachm. 28n7
Deutscher Arzt,
Office an Penn Avenue, unterbalb der Linden
Straße. Officestunden! Morgens von t» bis <2
Uhr, Nachmittag« von 4 bis K und Abends von
7»i«9. ka»7l
Eltern macht der Obige darauf aufmerksam,
»aß er eine Quantität gesunden reinen Impf,
stoff soeben erdalten hat und nun zum Impfen
»on Kindern bereit ist.
Deutsche Apotheke,
4RB Lackawauna Avenue,
eben Handle,'S Merchain« u. Mechanik« Vank.
9-p8 H. F. Lobcck. ><
(ü. L. dkitwnlien,
Deutsche Apotheke,
s?« La ckwanna Avenue.
Cowin S 5 Lehr,
Grabsteinen,
Moilumeiitcn, Tischplatten
fertigt.
Werkstätte - An der Hpde Park Seite von
PH. SHnell'S Wirthshaus. 2>>ap7l
Zakttarzt,
Halbe« Ncbiß ganze« Mcbisi 5'! N.
»gen.
Office oberhalb Matbews Apotheke. läo9
Dr. S. W. Rueb,
Lelle von .Xvo.
Offieestunden: 8 bis 9 Vormittags.
12 „ 2 Nachmittags.
7 „ BAbe»tS.
5 <z,
r ck i t e k^t,
Office: Zeibler'« !v>ock.
Chas. Dnpont Vreck,
Advokat u«d Sachwalter,
«ltftUschast
C. Chittendeu,
März l '
Fischer « «ssion,
Groeerten und Provtflove»,
Mehl und deutsche Früchte,
Zucker, Kaffee, Thee u. s. w. Da« deutsche Pu»
eingeladen, uns mit seiner Kundschafl
lnba Äscher u. Assion.
dri^i an Volker,^
Versictierunß,
Spedition—und— Wechel.
». Stewart Potter (Nachfolger von <v
H. Waller) ist Agent für die „Home Vmlchcr
Limmer N». l obenauf. U>d9
o. .1. <B5
Tapeten Wandpapier,
Fenster-Vorliänqe,
Achl-, Dltik- und Achrcitil'üchcr,
Tprecht bei uns vor.
Karl D. Neuffrr,
Aavpen- Fabrikant,
18ap7 Carl D. Neuffee,
Münster Sk .Onll^
Großes Modilien-Laier,
AuSzieb'Tische, Bettstaltcn jrder Art, Matrazze»
Kommt und besebt Euch unsre Waare»k
Skranton, tt>. Jan. lBli<i. ba
Lokal-Beräubernniz.
Möbeln! Möbeln!
Cyriefier <?o ..
Ebenso empfeblen wir uns
Seranton, Äi. gedr.
Olarnev, Tripp S» (?v.,
Tchnnpf-, Ranch- nnd Ka>i-
Taback. Pfeifen ie.
Aug" Ranchlabacl».
9trues
Ltablissement.
Kleider-Geschäst,
t» I« Zeidler'S Gebäude,
geg^n
vanxeüttilr Selineltler,
207 Lack awanna Avenue, 207
Zeibler'S Block.
Srranton, 29. April IBK9.
Wir zeige» nicht an,
RtMrMln V »»rriü,
Da» billigste Mroeerie-Meschäft im Staate,
> Lackawanna Ave.,!
in Jakob Schläger» Backsteingebäude,
> > Seranton, Pa.
Vrcrer,
- R t i o n,
Scranton, Luzerne Comitli, Pa,, Donnerstag den 23. November INI.
<51,a5. Fr. Keller.
Schrcibbücher Fabrikant
Buchbinder.
20t Lacka. Avenue, Zeidler « Block.
Tchreibbüchern,
Blank Bvoks,
Qrberbüchern,
Receipt Büchern,e.»
Bibeln, Gebetbücher,
Mnfkk, Gartenlanbe,
Nvvellenschatz
Mit Achtung l
Eba ». streb. Keller,
Srranton, den l. Dezbr 187«>.-—lsd7ti
Oefen! Defen!
Billigsten Preisen.
Joseph Ober,
Vech-, Änpsrr- k (sisenwaaren,
ständr, .lis Messer, Gabel», Löqet 'Bügeleisen
bester Qualität.
Besonder» cmvfichl er seine aufs dauerbafteste
gemachte V lechda'cker und Dachrinnen.
Hydrant», Blciröhren und Wasserleitungen
jeder Art. 26inz8
NcneS
MiibeS- Geschäft.
bundenen?tcbc».irdeitcu. Ithrist. Storr.
Seranton. 2. Dez. TBK9 —ba
Vier - Wirthschaft
2t n ton lov S,
Auch liiipfcble ich mich, wie biSbcr, zurZliifer-
Groccric- und Provision-Storc
von
Zohu Schröder,
Park Hill, Hvbe Park.
(17n70l I«bn Schröber.
PiciS prr Bor. Sechs BosrS 8».
Neilaust durch H. A. Lobeck und Mathews
Bro»,, >n Scranlon. Wer HI an dieselben
frcl nach irgend ciacm Landtttdeile geschickt.
Fernir verkauft durch R. M. Morgan u. l!».,
H,de Pittston.
in jeder Stadt der Ver. Staaten und durch
2707«»,tl Re«-?ork.
Orchcstriml.
Da» >n der Mrrmama Halle aufgestellle Or
chestrion ist von dem talentvollen Jnstrumenten
bauer, Hrn. ö. Melde, reparirl und mit einer
neuer Pieren verseben »orten und kann
das Publikum in dcr Zukunft wieder bei einem
schäumenden Vier den Genus' einer klas
sischen Muttk babcn. Sprecht gefälligst vor.
John Zeidler.
«s- WescbäftS-Karten.
Architekt, Baumrist»r Li Ingenieur.
lStadtischer Vermesse»,)
Office, s>vl Lacka. Avenue, nahe Washington,
Zlmz Scranton, Pa. 71>,1j
n.
R c <b t S - A n w a l t»
pünktlich besorgt. 7j17»
C. Q. <sarman, Händlerin
PineßrookKohlen
Office in No. tl>9 Penn Avenue,
2jlB Scranton. Pa. lj
D. <5 ollins,
RrchtS-Anwalt,
Peter Creter,
HanS-, Tchild-,
AreSco- Ornainental-Mnler,
W. (Yünster,
Advokat »nd RechtS-Anwalt,
Office!» Jakob Schlägers Gebäude,
ljcke von Lackawanna und Washington Avenue.
Dr. Gumpert,
praktischer deutscher Arzt,
2257» Office: Scranton HauS.
Gustav H a h n,
Advokat und Nechts-Auwalt,
Offiie mit Stinle» Woodward, ESg., Franklin
Straße, Wilkesbarre, Luzerne Co., Pa. Ijrl
Alexander
Frezco-, Ha:« '- und Ichild-Maler,
gegenüber dem Eisenbalin-Dtpot, Scranton, Pa.
Victor Kock. Eigenthümer.
Wird nach europäischem Plane geführt.
A. <?. Kvnarso»,
deutscher tthrinaelicr Li Juwelier.
Wyoming Ave. gegenüber dem Wyoming Hau«,
Scranton, tv. Jan. lBl>6 ta
(5. Mcrrificld,
Advokat u«d Sachwalter,
Office in Paulis Block, Lackawanna Ave
nue. li>mzB
viiie Hochzcits-Rl'isc
in die alncrikanische LSildniß.
Von Friedrich Gerstäcker,
lgorljrtzung.)
Und welch' ein Erwache»! Im
Traume war er jetzt bei seiner Elfriede an
Bord gewesen und halte er ihr erzähl»,
welche Todesangst er lu der entsetzlichen
Wildniß ausgestanden, und jetzt?
Wirklichkeit war es, die ihn umgab
grauenvolle Wirklichkeit und er barg
schaudernd sein Antlitz eine Weile an der
Wurzel, die ihm bis dahin zum Kopfkissen
gedient.
Aber gerade die Wirklichkeit zwang ihn
zuletzt, irgend eine» Entschluß zu fassen,
denn jetzt plagte ihn auch der Hunger,
und der Blick, den er suchend nach allen
Seiten aussandte, zeigte ihm nirgend«
Hülfe in dieser Nolh. Kein Boot war auf
dem weiten Htrome zu sehen und er al
lein, verlassen, verloren in der Welt.
Wenn er nun jetzt suchte ein Wild zum
Schuß zu bekommen aber er war nicht
einmal im Stande »In Feuer anzumachen,
und das Fleisch roh verzehren? ihn
schauderte bei dem Gedanken. Ebenso we
nig durfte er aber den Fluß verlassen,
denn wenn indessen wirklich et» Boot vor
über kam, und er versäumte, es anzurufen,
so war er ja nachher erst ganz verloren.
Und wie er aussehen mußte; die Klei
der zerrissen und naß, und Gesicht und
Hände dick angeschwollen von den Bissen
der wüthenden Insekten. Dabei schmerz
ten ihn die Füße in den außerordentlich
patent gearbeiteten lagdstieseln.die gestern
naß geworden und ihm jetzt auf den Füßen
getrocknet waren. Da» Einzige, was er
thun konnte, war, nach wilden Früchten
zu suchen, und im Herbst, ja selbst im
Sommer, hätte er deren auch wohl zur
Genüge gesunden, jetzt aber war es noch
zu früh in der Jahreszeit und nichts bot
sich ihm nichts, mit dem er feinen Hun
ger hätte stillen können.
Und wenn er jetzt versuchte, den Strom,
unmittelbar am Ufer, hinaufzugehen?
er ließ ihn dann nicht aus den Auge«,
konnt» jedes Boot anrufen und mußte doch
einmal an eine menschliche Wohnung kom
men. Ging er vorsichtig pirschend voran,
so gelang es ihm auch vielleicht dabei zum
Schuß auf ein Stück Wilv zu kommen,
und wenn es dann nicht anders war, so
aß er auch lieber rohe« Fleisch, ehe er ver
hungerte.
Mit dem Entschluß schien er wieder
neue Kräfte zu bekommen und säumte kei
nen Moment mehr, ihn auszuführen. Er
hatte doch jetzt ein Ziel vor sich, dem er
entgegeustreben durste, und brauchte nicht
sie lanzsam an ilim vorüberstrichen.
Die Ausführung hatte er sich freilich
leichter gedacht, als sie sich herausstellte,
denn geeade unmittelbar am Ufer war
das Dickicht so furchtbar von Rohr und
dornigen Ranken angefüllt, daß er sich an
ger Bahn hauen mußte, und an Pirschen
durste er bei dem Lärmen, den er damit
machte, natürlich nicht denken. Aber er
vor, und wußte, daß er dabei den Strom
selber überwachen konnte. Nur der
Hunger peinigte ihn, und um ihn zu stil
len brach er von einzelnen Büschen die
jungen Blätter ab und verzehrte sie, wo>
bei er einen hier sehr häufig wachsenden
würzigen Geschmack hatte, und an dem er
auch »in» gehörig» Mahlzrit hielt. Es
war der Sassafras, den er ab»r natürlich
nicht kannt».
Bis Mittag möcht» »r sich so durch di»
Zvildniß giarbrltt» hab»»—.'« war g»nau
12 Uhr, d»nn die Sonn» stand, nach sei
nem Compaß, voll im Süden, als er da»
morastige User einer sogenannten sl<>«
erreichte und -hier zu eintm förmlichen
Halt kam. Da» Wasser war vielleicht
nicht übermäßig tief, aber voll'ommen an
gesüllt mit schleimigen Arsten, so daß er
an Schwimmen gar nicht denken durfte,
wenn er überhaupt Lust gehabt hätte, sich
noch einmal vollkommen durchzunässen.
Da« Schlimmste aber, drüben am andern
User lag auch —e» war das erste Mal, daß
er eines dieser eklen Thiere im Freien er.
blickte ei« wohl zehn Fuß langer Alli
gator auf dem Schlamme und sonnte sich,
gewiß die trübe Fluth.
Der Jagdeiser aber gewann hier die
Oberhand. Im Nu hatte er seine Büchse
von der Schulter, zielte und drückte ab,
und bet dem Schuf, schnellte sich das
Thier empor, er konnte deutlich erkennen,
daß es die Kugel mitten auf dem Blatt
sitzen hatte, warf sich auf die Seite, wand
sich und glitt dann wie eine Schlange in
die trübe Fluth hinein.
Dsy Bewußtsein halte er jetzt, einen
Alligator erlegt zu haben, aber wa« wei
ter? Er beschloß, eine kurze Strecke an
der slt>v hinaufzugehen wenn ei»
Danipsboot kam, hprte er e« ja noch früh
genug aber da» Resultat blieb dasselbe,
und hier lagen »och außerdem so viele
große Bäume, wie durch einen Sturm
niedergebrvchen, und so wirr durcheinan
der, daß ein Passiren dieser Stelle un
auf verwenden wollen.
Noch arbeitete ee sich ein stück daran
hinauf, aber das Holzgewirr wurde im
mer ärger, der Boden immer schlammiger;
er war in einen Sumpf im Zumps ge
ralhen, und traf außerdem auf eine An
zahl ekler Schlangen, die ihm aber doch
auswichen, sobald er sich ihnen näherte.
Schatten der dichten Bäume schwärmten
Legionen von Mocquito» umher und sie
len ihn an, und erst als er den Rückzug
angetreten und wieder etwas höheres Land
erreich!», ließen sie etwas von ihm ab.
Dort warf er sich auf den Boden nie
der; au» einem Stück Rinde, das neben
ihm lag und etwas Regenwasser gesam
melt hatte, that er einen Trunk; das Was
ser war lauwarm, aber näßte doch wenig-
che», er gab sich verloren und wollte ster
ben.
Di» Sonne sank lieser und tiefer hin
ter den Bäumen nieder, schon warfen sie
au«. Baron Rothenfels hob mühsam
den Kopf und schaute mit mattem Blicke
über die Wasserfläche kein Laut
unterbrach die eiserne Stille de« Nachmit
tags. Die Natur ruhte und der Unglück
liche siel langsam in einen Halbbewußtlo
sen Zustand zurück, in welchem er wie in
Vierte« Kapitel.
Elfried».
Das prachtvolle Dampsboot, „The
Western Oueen," mit seiner neuen und
außerordentlich kräftigen Maschine, hatte
allerding» einen Fehler gezeigt, der, als
das Boot mit Mühe und Noth gelandet
> war, nicht einmal gleich herausgefunden
! werden konnte. Die Amerikaner sind
aber, besonder« wa« technische Fertigkei
ten betrifft, höchst praktische Leute, und
«ach kurzer und genauer Untersuchung
stellte sich bald herau«, daß die Sache gar
nicht so bedenklich sei, al« man Anfangs
geglaubt und gefürchtet. Allerding« war
ein Maschinentheil locker geworden, aber
mehr durch Leichtsinn oder Unachtsamkeit
des Maschinisten, al« durch einen Fehler
an der Maschine selber. E« machte aller
dings einige Schwierigkeit, die Schraube,
um die es sich handelte, zu erreichen und
fest anzuziehen, und der Dampf mußte zu
dem Zweck völlig abgelassen werden. Al«
das aber geschehen war, brauchte das
Boot nur wieder kurze Zeit, um neuen
Dampf und damit Kraft zu sammeln.
Das Zeichen mit der Glocke wurde dann
gegeben, um die an Land befindlichen
Passagiere wieder zurück an Bord zu ru
fen, und kaum zehn Minuten später keuchte
der Koloß, aufs Neue feine unterbrochene
Fahrt ausnehmend, den Strom hinan.
Und waren auch sämmtliche Passagiere
an Bord? Wer kümmerte sich darum?
Der Eapitän hatte nur für sein Boot zu
sorgen, und die Tajütenpassagiere zu be
köstigen, die sich an Bord befanden; und
der Buchhalter? Wa« wußte der noch
von dem Deutschen, dee ihn gefragt, wie
lange der Dampfer dort würde liegen blel
ben? Damals glaubte er selber, daß es
länger dauern müsse, aber wenn sie das
rascher abmachten, desto besser—desto eher
kam er wieder nach seiner Heimath St.
Louis hinauf, und e» siel ihm nicht einmal
ein, auch nur zu fragen, ob noch etwa ei
ner der Kajütenpassagiere fehle. Um die
im Zwischendeck Fahrenden wurde sich
überhaupt nicht gekümmert.
Baronin Rothensel« hatte sich indessen,
als da« Boot landet», noch für kurze Zelt
damit amüstrt, di» ihr plötzlich so nah»
gerückte und besonder« durch da« hängen
de graue Moo« so fremdartige Vegetation
etwa« genauee zu betrachten. Aber durch
die Nähe de« Lande« stellte sich sehr bald
ein sehr fataler Uebelstand heraus, denn
kaum lag da« Boot so nahe an de«
Sumpfboden, al« von da drüoea auch
kck»'!'. :!ae Unzahl von lästigen Mücken
herüberschwärmt», die nicht« lieber kosten,
als süße« fremdes Blut. Die ersten ließ
sie sich freilich immer noch gefallen und
wehrte sie nur mit ihrem Fächer ab. Aber
eabet blieb e« nicht; sie kamen dichter und
dichter, und Elfriede stand endlich, empört
von solch' lästiger Gesellschaft, auf, um
den Schutz der innern Cajüte auszusuchen.
Wa« für ein Interesse «ahm sie auch an
den Bäumen? Sie hatte da« Land ken
nen lernen wollen, nicht diesen unheimli
chen Wald mit seinen unleidlichen Insek
!en. In dei Eajüte wurde sie auch nicht
von ihnen verfolgt, sie erfuhr von der
Ehambermaid, daß etwa« an der Maschine
gestört sei und erst wieder hergestellt wer
den müsse, ehe man weiter fahren könne,
nahm dann ein Buch auf und las. An
der Sache konnte fi e ja doch nicht« än
dern,
So verging eine Zeit—Elfrlede wußte
gar nicht, wie lange, denn da« Buch war
so interessant, und die beiden darin vor
kommenden Liebenden so vollkommen und
noch dazu hoffnungslos unglücklich. Sie
fühlte auch nur halb, ohne besonder« dar
auf zu achten, daß da« Boot wieder unter
wegs ging. Jene fchütternde, ihr nicht
angenehme Bewegung entstand irieder,
und hinten, unter dem Steuerruder,
konnte sie das Wasser gurgeln hören. Jetzt
aber hatte sie auch den ersten Band been
det und war so gespannt auf dle Fort
setzung, daß sie die Chambermaid nach
ihrem Gatten schickte, um von diesem den
fehlenden zweiten Band zu erbitten.
Die Chambermaid hatte allerdings, al«
Baron Rolhensel« an Land glng, den
Auftrag bekommen, e« seiner Frau zu
meiden, aber natürlich gar nicht wieder
daran gedacht. Mit zweiundzwanztg weib
lichen Passagieren ln der Damencajüte
wirbelte ihr wirklich der Kopf von all'den
verschiedenen Aufträgen, und kein Wun
der, wenn sie einmal etwa« vergaß. Jetzt
übrigen« war da« Boot ja wieder unter
wegs und der „Gentleman" natürlich an
Bord wo sollte er sonst sein und sie
ging fort, um ihn vorn ln der Eajüte
aufzusuchen fand ihn aber nicht, und
bat jetzt einen der Stewards, nach ihm
auszuschauen.
„Ließ m? Soul," sagie dieser, „ich
habe Ihn vorhin mit seinem Gewehr ans
Land gehen sehen, aber wüßte auch nicht,
daß er zurückgekehrt wäre. Na, den wer
den wir doch nicht da drüben im Sumpf
haben sitzen lassen? Weiter fehlte gar
nicht«."
Von dem Gedanken übrigen« erfaßt,
schoß er jetzt viel rascher, als e« sonst sein«
Art sein mochte, nach der Eajüte de« seh
lenden Gentleman. Niemand darin
im Saal selber war er auch nicht zu se
he», ebensowenig vorn auf dem Ballon,
auch nicht auf dem Hurrlcanedeck, wohin
er stieg, und i« Zwischendeck kznnle er
Nummer 4?.
nicht fein, denn dort hatte Ntemakd der
Tajütenpassagiere etwa« zu suchen.
Der Steward, ein echter Mulatte, «it
einem riesigen schwarzwollenen loupet.da«
kaum einen Zoll hoch über dem linke« Ohr
scharf gescheitelt war, und dl« ganze Wucht
der Frisur auf die rechte Seite hinüber
warf —suchte übrigens jetzt die einzige
Person, welcher die Sache etwa« anging,
den Buchhalter de« Boote«, ans, u« itz«
die Abwesenheit eine« Passagler« anzuzei
gen ; da« war da« Aeußerste, wa« man »oa
ihm in diesem Fall erwarten konnte, und
nur als ihm die Ehambermaid noch ein
mal begegnete, sagte er mit einem galan
ten Achselzucken:
„Gemmen ist nirgend« aufzufinden z
werden ihn müssen auf die Liste der >b
wesendtn fetzen. Wenn ich vielleicht l«
Stande wäre, die Lady zu trösten."
„Ja, Sie wären der Mann dazu, Mi
ster John," sagte da« junge hübsche Mäd
chen, und warf die überdies etwa« stark»
Oberlippe empor. „Aber um de« Hlm
mel« Willen, der fremde Gentleman kann
doch nicht —"
„Das Boot verpaßt haben? Und wes
halb nicht, MIß? Wunderlichere Dinge
find schon vorgefallen. Auf der vorletz
ten Reise —"
Da« junge Mädchen hörte ihn »ich»
aus, sondern eilte jetzt flüchtigen Laufe«,
in dem vollen Bewußtsein einer Unglück«-
botschast, In die Dameneajüte zurück, um
dort ihre Neuigkeit so rasch al« möglich
Elsried» begriff aber gar nicht etwa
gleich den ganzen Umfang de« sie betrof
fenen Unfalls. Ihr Gatte war zurück
gelassen, aber dann mußte da« Boot ja
natürlich augenblickkich umkehren und ihn
abholen da« verstand sich ja doch voa
selbst.
«Springe nur geschwind zum EapltS»
hinüber! " rief sie dem Mädchen zu, „und
sage ihm, daß mein Mann fehlt. Ja »>.
ner halben Stunde können wir j» »leder
zurück sein."
„Zurück? Miss»«?" rief da« junge
Mädchen, da« diese Stelle an Bord fcho«
einige Jahre verwaltete „ja, aber D»r
kehrt n i» toleder um."
„Unsinn," sagte Elfriede ärgerlich de»
Kopf emporwerfend „kehrt nie wieder
um ! Auch nicht wenn er einen Passagier
vergessen hat?"
„Und wenn es zehn wären," kachle die
Chambermaid „ja kommen Sie denn!"
Elfriete wurde unruhig da« Boot
verfolgte stetig seinen Weg und jeder Ru-
Verschlag trennte sie ja doch nur «elter
von Kuno was aber um Gölte« Wil
len hätte sie ohne ihn anfangen «olle»,
denn nicht einen Dollar baare« Geld
führte sie bei sich. Er hatt» au«schli»ßltch
di» Kasse und aber e« war ja auch gar
nicht denkbar.
„Bitte einmal den Capllän, daß er ei
nen Moment zu mir kommt," sagte Slfrled»
ungtduldlg „ab»r mache rasch, de»»
die Zeit vergeht."
„Der Master?" frug da« junge Mäd
chen.
„Ich weiß nicht, was Du unter Master
verstehst. Der Capitän diese« Boote«,
der den Oberbefehl darüber hat."
Die Mulattin zuckte mit den Achseln,
sie wußte nicht, ob sich der Capitän über
haupt rufen ließ, denn derartig« Herre»
dünken sich an Bord wenn sie sich auch
sonst Republikaner nennen doch gerade
so vi»l wi» ein König paheim I» seine«
kleinen Reich. Aber den Auftrag beschloß
sie doch ohne Weitere« auszurichten, den»
sie freute sich schon darauf, wa« ..Master"
für ein Gesicht machen würde, wenn man
von ihm verlangte, daß er auf seiner Bah»
zurückkehren solle. Er wollte eine schnelle
Reise machen, und hatte schon wenigsten«
vier Stunden mit der Reparatur seine«
Boote« versäumt und jetzt umkehre»,
daß andere, nach ihm von New Orlean«
»»«gelaufene Boote vor ihm in St. Lo»l«
eintreffen könnten e« war rein lächer
lich.
Uebrigens kam er; der Amerikaner, »ad
wenn er auch sonst noch so roh sei» mag,
hat stet« eine, man könnle fast sagen ange
borene Achtung vor den Frauen, «nd l»
keinem Land der Welt könnte eine einzelne
„Lady" so sicher ganz allein durch da«
ganze Welte Land reisen, wie gerade l»
Jetzt stellte sich nur die »lnzigr Schwie
rigkeit herau«, daß der Kankee keine a»-
dere Sprache al« die seinige «nd Elfrled»
kein Wort Englisch verstand, Ae« «nd Ro
vielleicht ausgenommen. Die junge Mu
lattin mußte deshalb dolmetschen «nd er
klärt» denn dem Capitän, der stch übrigen«
sehr artig gegen die junge, wunderhübsche
Dame zeigte, um wa« e« stch hier handle,
und daß ihr Mann wahrschelnltch dort,
wo sie zum letzten Mal angelegt hätte»,
da« Läuten der Glocke nicht geHirt hat«
und vergessen sei.
Der Capitän zuckte mit den Achsel».