Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, December 23, 1869, Image 1

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" Montag. Mittwoch und Frei
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Dr.
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Advokat und Sachwalter,
Scranton, Pa.
Office im Erckange Block, Lackawanna Ave
nue. 19mz8
Der «oldk«sfer.
Novelle von Andre Hugp.
. (Schluß.)
!H ) N
rathselhaftc Wunde.
Wie, sehr Arthur sich anstrengte, die
Spur Verena'S aufzufinden, seine Bemü
hungen blieben erfolglos. Vergeben« irrte
er durch Frankreich, Deutschland und die
Schweiz, vergeben« besoldete er Agenten
und Commisionäre Verena war ver
schwunden. Ebenso geringen Erfolg hat
ten die Coiifultationen der berühmtesten
Aerzte: die fire Idee hatte sich so fest ein-
Kurz vor dem finden
ringen. Tiefem Kummer über das Fehl
schlagen seinerHoffnungtn verfallen, stand
er eben im Begriff, sich zu seinem Vaier
zu begeben, als er Eisenbahn die
BskanntjcdcH eines Arzte» «lachte, der als
Direktor einem Asyl für Wahnbefangene
vorsteht. Gesprächsweise theilte er diesem
mit, daß er an einer unsichtbaren Stirn
wunde leidender Arzt erkannte sogleich den
.Zustand seines Reisegefährten und ließ
sich Weiteres mittheilen.
Auf den A?abn des Patienten einge
hend, sprach er sich dahin aus, daß solche
unsichtbare Wunden zuweilen sehr hart
näckige yuälgeister, von ihm aber bereits
vielfach, ja in allen Fällen geheilt worden
seien; wolle Arthur sich seiner Äehand
lupg v»vertr<>utn, s» glaube er ihm die
Zusicherung ertheilen zu können, daß auch
er binnen einigen Wochen vollständig ge
nesen würde. Bedingung sei es, daß er,
der Kranke, in dem Asyl seine Wohnung
nehme.
Arthur willigte ein, und da das Asyl
seitwärts der Eisenbahn lag, brachte ein
leichter Schlitten die beiden Männer bis
ans Ziel, die Heilanstalt, welche wir „Be
thanien" nennen wollen.
Als der Schlitten vor dem Gebäude
hielt, drang ein entsetzlicher.Aufschrei aus
einem der oberen Stockwerke,
Arthur stutzte, feine Augen ruhten fra
gend aus dem Arzte.
„Was ist da«, Herr Doktor. Ich glaube
eine Frauenstimme vernommen zu haben."
„Möglich, Herr Falkening. Die arme
Unglückliche, welche im zweiten Stock
wohnt, wird einen Anfall gehabt haben.
Doch jetzt kommen Sie, daß ich Sie mei
ner Gemahlin vorstelle."
Artliur schritt mit dem Arzte über dle
große Freitreppe nach dem Hausflur und
nach dem Enipfangssaloon, wo
chen Stoff boten, war bald ln vollem
Gange.
Doktor Wolsgang, der nach einigen
einmal angelegentlich empfohlen. Diese
verstand.
Die Unterhaltung wurde lebhaft fort
geführt. Dle Doktorin fondirte und fand
Arthur mitthetisam; doch plötzlich änderte
sich fein ganze« Wesen, ai« er gefragt
wurde, ob seine Frau Gemahlin ihm hier
einen Besuch abstatten werde. Er sprang
auf, trat an da» Fenster und legte seine
Stimme «01l Mitgefühl fragte: „Was
fehlt Ihnen, mein Freund?"
~Wa» fehlt Ihnen, mein Freund?"
„Sie wissen also utchtü"
„Sprechen Sie!"
„Daß ich krank, sehr krank bin. Et»
Gesicht nach jener Seite richte, Sie dür
fen die brennend« Wunde nicht sehen,
nicht sehen, wie ich dulde, wie Ich leide?
Und Niemand, Niemand ist im Si»nde,
diese Wunde zu heilen, meine Oual zu
lindern."
„Und doch, ivenn Sie nicht
unterbrach der wieder eingetretene Arzt
den Kranken. „Erinnern Sie sich unsere«
Gespräches. Ich hab« mehrfach solche
Wunden mit dem glücklichsten Erfolge ge
heilt. Warum sollten Sie allein nicht
genesen? Vertrauen Sie mir! Binnen
zwei, höchstens drei Wochen werde» Sie
Ihrer Schmerzen ledig sein."
Ei» dankbarer Blick Arthurs traf den
Herr Falkening. Ich werde Sie nach
Ihrem Zimmer geleiten, wo Sie jich nach
Belieben ausruhen können. Vielleicht sind
Ich stelle Ihnen einen Diener zur Ver
fügung, der allen Ihren Befehlen nach
kommen und Ihnen behilflich sein wird.
Ist es Ihnen gefällig?"
Arthur machte gegen die Frau Dokto
rin «ine stumme Verbeugung und folgte
dann dem Arzte nach dem für ihn bestimm
ten Zimmer, da» geschmackvoll möblirt
und mit allen Bequemlichkeiten ausgestat
tet war. Der Klingelzug rief einen Die
ner herbei, der in Gegenwart Arthurs die
Weisung erhielt, sich ganz zur Verfügung
des neuen Hausgenossen zu halten.
Der Patient machte sich, allein gelassen,
bequem. Er nahm in einem prächtigen
Fauteuil Platz und begann in einem fran
zösischen Buche zu blättern, da« er auf ei
nem Nebentifchchen vorgefunden. Es ent
hielt anziehende Retseschilderungen und
fesselte bald durch den Reiz der entrollten
Bilder die Aufmerksamkeit des Lesers.
23.
Ein Weihnachtsfest.
Immer grün in dürrer, kalter Zeit
gleich ihrem Sinnbilde, dem Tannenbau
me, in der verblichenen Natur de» Win
ter«, wurzelt im Leben des deutschen Vol
ke« die deutsche Weihnacht. „Ewig heiter
und hell, wie ein Stück auf die Erde ge
fallener Himmel, leuchtet sie am Enden
des Jahre« in die dunklen Gassen und
die verdüsterten Seelen der Alitaqswelt.
E« ist ein reizende« Durcheinander von
Sehnen und Ahnend von sinnreichen
Räthseln, Geheimnissen und Ueberrasch
ungen, über welchen der schöpserifche Geist
der grauen bis zum Sternen- und Lich
terglanzc des Christabends schwebt."
Auch im Asyl «t. Wolfgang herrschte
geschäftige« Treiben und Leben, welches
sich am Christabende noch steigerte. Der
Arzt war von einer mehrtägigen Reise
mit zwei Herren zurückgekehrt, und außer
noch weiteren Besuch. Al» e« um vier Uhr
dunkelte, wollte sich Arthur nach den un
teren Räumlichkeiten begeben, wurde je
doch von Doctor Wolsgang ersucht, so
lange auf seinem Zimmer zu bleiben, bi«
man ihn rufen werd«,
„Ich bereite nämlich," setze er hinzu,
„im kleinen Salon, wie alljährlich, eine
Bescheerung vor, an welcher sämmtliche
Hausgenossen theilnehme», deren Gesund
heitszustand es erlaubt. Der Hauptreiz
einer Bescheerung besteht In der Ueber
raschung, und diese würde für den verlo
ren gehen, der vor dem gegebenen Zeichen
in die Geheimnisse des kleinen Salon«
einzudringen sucht. Auch für Sie, Herr
Falkening, halte ich eine kleine Ueberrasch
ung bereit. Verderben Sie mir meine
Freude nicht!"
Arthur kehrte in sein Zimmer zurück
und hörte nach kurzer Zeit einen neuen
Schlitten in den Hof de» Asyls einfahren ;
doch erlosch seine Theilnahme an dem Er
sein Ohr drang. Größere Aufmerksamkeit
schenkt« der Doktor Schlitten, au« dem
er, in den Hof g«eilt, einem Altern Herrn
half, welcher in einen mächtigen Reisepelz
gehüllt war. Er geleitete den Ankömmling
in das Wohnhaus und begab sich mit ihm
in ein Zimmer, da» von angenehmer
Wärme durchströmt wurde. Dort half er
feinem Gast selbst den Pelz ablegen und er
suchte ihn, Platz zu »ehmen, bis er gerufen
w«rden würde.
„Herr Doctor, ehe Sie gehen, eine Ge
wissensfrage! Wie befindet sich meiu
Sohn? Die Mittheilungen über ihn, di«
Sie mir in Aussicht stellten, sind ausge
blieben. Ist er kränker geworden, oder ist
nvch Hilfe möglich?"
Der Arzk lächelte geheiinnißvoll, ohne
„Haben Sir Mitleid mit mir, Herr
wenigen Monaten war e« dunkel, beute ist
e« ergraut, gleicht. D«r Herr hat Schwe
res üb«r Mi« verhängtl Eine« großen
Theil meines Vermögen«, meinen einzi
habe lch rasch nach einander verloren.
Schlag folgte auf Schlag. Und Arthur,
meln Sohn selbst, ist er nicht gleichfalls
! für mich verloren, wenn Ihre Kunst ihn
> nicht rettet? O," setzte er, vor sich hin
murmelnd, hinzu, „ich habe schwer gefehlt,
schwer ist die Buße, die der Himmel mir
auferlegt."
Der Doktor sngte mild: „Wo aufrich
! lige Reue, da ist auch Vergebung."
„Ich glaube nicht an Vergebung."
„Aber Sie sühnten bereit«. Oder ist
Ihnen nicht derftlde Gegenstand, an den
sich so viel düüere Erinnerungen für Sie
knüpfen, nicht auf ähnliche Weise entris
sen worden, wie Sie in den Besitz dessel
ben gelangten? Sind nicht die Schläge
de« Schicksal«, unter deren Wucht Sir
! seufzen—"
„Herr Doktor!"
vielleicht die Strafe ei»«» ewigen
Richter»-»"
, „Sie wissen um die Geschichte —"
„Des Goldloffei»? Ja!"
Falkening denn dieser ist der späte
Gast — verbarg sein Gesicht in die Hände!
und hörte kaum den Zuruf de« sich entfer
nenden Arztes: „Fassen Sie Muth! Es
taun sich noch Alles zum Besten wenden."
Der kleine Salon im Asyl St. Wolf
gang erglänzte im Lichterglanz eines reich
geschmückten gewaltigen Christbaumes, der,
wie es in Thüringen Sitte Ist, von der
Mitte der Decke herabhing.
Unter dem Christbaum stand auf einem
weißgedeckten Tischchen der einzige Gegen
stand, aus dem man allenfalls ein Weih
nachtsgeschenk hätte herausdeuten können.
Es war ein kleiner schwarzer Leder
koffer.
Von weiteren Spenden, wie sie Liebe
zur Weihnachtszeit der Liebe widmet, war
im ganzen Salon keine Spur zu erblicken.
Im Kamin brannte ein lebhaftes Holz
feuer und verbreitete in dem Raume eine
behagliche Wärme; doch befand sich auch
ein moderner Ofen Im Salon, welcher in
der Wärmelieferung dem alterthümlichen
Außer dem Knistern der Holzflamme im
Kamin war Alles still in dem Saale, wel
chem der Christbaum mit den vergoldeten
Aepfeln und Nüssen, dem bunten Zucker
werk und den verschieden gefärbten Ster
nen ein festliches Ansehen verlieh.
Die im Saale herrschende Stille wurde
jetzt durch den Eintritt des Arztes mit
zwei Begleitern unterbrochen.
„Wie ich schon zu bermerken die Ehre
hatte, Herr Graf,", sagte der Arzt zu ei
nem älteren Herrn in französischer Obrist
uuiform, „Sie werden den Unglücklichen
kaum wieder erkennen. Sein Haar ist
binnen kurzer Zeit grau geworden er
wird von bitterer Reue gequält—"
„Die Rache ist mein, ich will vergelten,
spricht der Herr."
„Sie vergeben also dem Schuldigen?"
„Bon ganzem Herzen."
ihn'?""
„Keinen! Keinen!"
„So darf ich ihn rufen lassen?"
„Thun Sie es, Herr Doktor."
Der Arzt entfernte sich.
„Welch' gute» Herz Sie haben!" sagte,
mit einem Anflug »on Ironie, der Beglei
ter de» Obristen. „Meine Grundsätze sind
mich damals mit dem Säbel über den
Kops schlug, ich würde gräßlich mit ihm
Abrechnung halten."
„Laß das!"
„Keineswegs! Gräßliche Abrechnung,
sage ich."
„Der beleidigte Christ verzeiht."
„Was nimmt Dich Wunder?"
~Daß Guilloche so lange unter dem
Namen Falkening unentdeckt bleiben konn
denke, wie ich selbst so lange das Wald
eine Ahnung davon, daß der schlichte
Wallmann Dein früherer Obrist de Rem
part fei."
Eine Thür öffnete sich und in demselben
Der Obrist und der Invalid blickten
nach der Thür.
In derselben stand Falkening.
„Fassen Sie Muth!" rannte ihm der
tere that einige Schritte vorwärts, blieb
dann aber bleich und zitternd stehen. Sein
Auge hastete an dem Koffer auf dem Tisch
chen.
Der Invalid nahte dem Tischchen.
„Kennst Du mich noch, Guilloche?"
Falkening, oder wie wir ihn richtiger
nickte stumm mit dem Kopfe. Während
dem kam der Obrist herbei, legte feine
Hand auf die Schulter des Schuldbewuß
„Guillvche, ich vergebe Dir!"
„Wie, Sie könnten mir vergeben?"
„Es ist schon geschehen."
„O Dank, tausend Dank!" stammelte
Falkening und in fein Auge trat eine hei
lige entsündigende Thräne.
In diesem Moment wurde die Thür
auf's Neue geöffnet und Arthur trat in
den Salon. Der Graf giüg ihm ent
gegen nahm ihn bei der Hand und führte
schwarze Lüierkofftr stand.
„Kennen Sie diesen Koffer?"
„Ja!"
„Und die traurigen Ereignisse, die sich
an ihn knüpfen?"
„Wie sollte ich nicht! Er hat mir Vere
na geraubt, hat mich zum Mörder gemacht.
Hier da« Kainszeichen auf der Stirn ver
räth mich —ja, ich bin ein Mörder. O wie
da« brennt, wie da« schmerzt!"
Der Arzt ergriff Arthur teilnehmend
bei der Hand und befühlte sein Stirn.
„Herr Falkening," sagte er, „ich ver
sprach Ihnen Hilfe und werde mein Wort
einlösen. Erinnern Sie sich, daß ich von
einem unfehlbaren Mittel erzählte, wei
che» Ihnen Genesung bringen werde. Ich
fand e« sär rithiich, dasselbe nicht solgletch
anzuwenden. Doch jetzt ist die gunstige
Stunde gekommen. Knieen Sie nieder!"
Arthur ließ sich, folgsam wie ein Kind,
auf die Kniee nieder.
Der Salon hatte außer der Thür vom
Hausflur her, noch eine zweite, welche nach
den Gemächern der F>au vom Hause führte.
Nach letzterer Thür deutete der Arzt,
indem er Arthur aufforderte, dorthin zu
blicken, die Lichter de« Ehristbaum« seien
für da« Auge zu grekl.
Ao. 51. '
„Und das Mittel hilft sicherlich?" fragte
„Gewiß, denn e» beißt —"
„Verena!"
Auf diese« Zauberwort öffneten sich die
Flügel der Thür, in welcher in blenden
dem Lichte eine Frauengestalt in Weiß
sichtbar wurde. Neben ihr stand die Gat
tin des Arzte«, ein lächelnde« Kind aus
dem Arme.
Welch« Fcd«r «vare im Stande, dir
Scene, welche nun folgte, zu beschreiben!
Arthur glaubte zu träumen, doch unwill
kürlich breitete er die Arme aus »ach der
schönen bleiche» Frau, die ihm Versöh
nung cntgegenlächelte. Noch immer knie
end rief er, überrascht und überselig:
„Verena!" Ueber da« Antlitz des Arzte«
flog ein Schimmer froher Genugthuung.
Da« Mittel war offenbar gut gewählt und
that seine Schuldigkeit.
„Verena!" rief Arthur noch einmal
und in seiner zitternden Stimme malte
sich der Wechsel der seligen Empfindungen,
die ihn durchströmten.
Mehr vermochte er nicht hervorzustam
meln, seine Kraft verließ ihn, er begann
zu wanken. Da trat, wie ein holdes Bild
aus einem Rahmen, die Frau in Weiß
au« der Thür, schwebte auf Arthur zu
und indem sie seinen gesenkten Kopf in
die Höhe richtete, sah sie lange, lange in
sein Auge.
Ja, e« war Verena, die wirkliche Vere
na. Und sie neigte sich zu dem Knieenden
nieder und küßte dessen Stirn.
Letzteres hatte der Arzt befohlen; Ar
thur, der feine Stirn entweiht hielt, mußte
durch den Kuß eine« Engels auf die Stel
le, wo erdasKainSzeichen flammen wähnte,
zu der Ueberzeugung seines Wahne» ge
bracht und dem Wahne selbst entrissen
werden.
„Arthur, ich vergebe Dir!" flüsterte
Verena, und ihr Kuß, das Zaubermittel
einer Heiligen, wiederholte sich.
Da erhob sich langsam Arthurs stattli
che Gestalt, und stillwonnig schloß er sein
Weib in seine Arme, fein wiedergefunde
nes Weib. In die stumme Verzückung
dieser versöhnenden Umarmung klang wir
ein Silberglöckcben die feine Stimme ei-'
neS Kindt«. Die Frau des Arzte« trat
heran und legt? in den Arm Arthur« den
kleinen Engel, der dir Händchen ihm ent
gegenstreckte.
„Dein und mein Sohn!" bauchte Ve
rena.
„Ein neues Band für den neuen Bund!"
ergänzte die Gattin des Arzi'es.
Ein dankbarer Blick au« Arthur« Au
gen verrieth ihr dessen »ollständige Genes
ung.
Der Gruppe, welche von den Wieder
vereinigten und deren Kinde gebildet wur
de, schloffen sich jetzt mit feuchten Augen
die versöhnten Väter de« jungen Paares
an, um die Glücklichen zu segnen.
Der Arzt hatte unterdessen einige mäch
tige Stücke Holz in da« Kaminfturr ge
werfen, um diesem frische Nahrung zu
verleihen, und bald prasselte wieder eine
gewaltig« Flamme empor, ein förmlicher
auf das Dämonische des schwarzen Koffer«
hin, der so folgenschwer in da« Schicksal
einer gamilis eingegriffen.
„Im Mittelalter verbrannte man Heren
und andere Unholde," schloß er mit humo
ristischer Wendung. „Ich bin per Mein
ung, daß der zauberische Koffer diese«
Schicksal tausendfältig verdient bat, und
Erlaubniß dem Flammentode weihe, daß
aller Zwist, alier Unfriede, jeder Schmerz
und jedes Weh, Wahn, Zorn und Haß
warf ihn in die prasselnde Die
Umstehenden waren tief bewegt und
schweigend blickten sie in die Flammen, die
gierig an dem Koffer aufleckten und ihn
langsam verzehrten.
„Und nun," sagte der Arzt, als er noch
den Koffer geworfen, j,lassen Sie uns nach
dem Speisesaal gehen. Ein kleine« Fest
mahl soll die heutige allgemeine Versöh
nung beschließen."
Die Anwesenden folgten der Aufforde
rung des Arzte«. In festlicher Stimmung
floß der Christabend dahin, bi» die Mitter
nacht«stunde zur Ruhe mahnte.
24.
«schwort.
Auf einer Reise durch Thüringen und
Franken besuchte ich einen Jugendfreund,
lim kurz zu sein, mein Freund ist der Ir
renarzt km Asyl Sl. Wolfgang. Sein
Name sowohl, als derjenige der Heilan
stalt, sind natürlich in Wirklichkeit andere.
Au« seinem Munde habe ich die Geschichte
vom Goldkoffer. Sie ist vollständig wahr,
nur die Namen mußten selbstverständlich
erdichteten weichen. Der Arzt gestattet«
mir auch Einsicht in einen Bri«f Verena's,
von dem ich Abschrift nahm. Dieser Brief,
den ich meinen Lesern nicht vorenthalten
kann, lautet wörtlich:
„Geehrter Herr!
Meinem, bei der Abreise gegebenen
Versprechen, Ihnen über mein Erwachen
aus dem Scheintode einig« kurze Mitthei
lungen zu machen, komme ich hierdurch
die Erzählung meine« Gatten
ja bereit«, ich^u^der^V^-
Es mgr mir, wenn ich mich aufrichten und
um Hilfe rufen wollte, als drücke mich
(Giehe »terte Seite.)