Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, October 28, 1869, Image 1

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    Actmnton WockeMM
» 5. Zahrqanq.
Dr. F. Bodcma»,
Cedar Straße,
Im Hanse des Herrn Peter Franz.
OPce- Stunden, Morgen» von B—9
NackmittagS „
Abend« „ B—g
In Abwesenheit wird Herr gränz Nachricht er
theilen. !
Dr. Camill Krejci,
deutscher
Arzt. Wundarzt«. Geburtshelfer,
Office in Wyoming Avenue, Kaiser'S HauS,
rdinirt von I t Uhr Vormittags bis Z Uhr Nach
"""m Wieden Montag. MitNvock und Frei
ag, von )l Vorm. bis 3 Uhr Nachm. 28n7
vr.
Deutscher Dlrzt,
Wundarzt nnd Geburtshelfer.
Office im Hause von I. Schimpff, Cedarstraßc.
Sprechstunden Morgens von B—9, Mittags von
I—3, Abends von 6—B. l»s 8
Deutsche Apotheke,
»18 Lackawanna Avenue,
»eben Handle,'» Merchant« u. MechanicS Ban».
9apB H. F. Lobkit. lj
8c kiui(lt Kc (10.,
Deutsche Apotheke,
3><t Lackawanna Avenue.
Dr. S. W. R„«k.
» Pbiladclpbia, hat acht labreii in diesem
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ags von 12j—2 und tij— Von 8 Uhr Abends
bis 7 Uhr Morgens in semer Wobnung. No, Mi
PriiSi Halbes Gebiß PA>, ganzes Gebiß <i3N.
»gen.
Office oberhalb Mathews Apotheke. 1!»9
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Advokat N a lt,
l8I>«>. da
Chas. Dupont Breik,
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22 u. 2t grankfort St., ?!ew Zjork,
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„ Dennis«», ... - B.W „ t.52 Nachm. 7.4 V „
„ Newark, .... 1t.(»5 „ 4.25 „ ltl.AI „
„ ColumbuS, .... t.15 Nachm. 5.5t1 „ 12.4t> „
Ankunft in Tincinnati, - - - K.W „ 1>1.40 „ 7.2tt „
~ Indianapolis, ... 8.55 „ 2.85 Vorm. 8.50 Vorm.
LoganSport, ... l>l.4t> Vorm. 2.5» „ 9.40 „
„ Chicago, .... 9.1» Nachm. 8.ll) „ 2.45 Nachm.
Eairo, .... 3.Z5 „ Z.3l> Vorm.
„ St. Loui«, .... 8.45 Vorm. Z.45 Nachm. l».v<> Nachm.
~ LouiSville, ...» I.Ä) ~ 7.39 Vorm. 4.15 „
„ Nashville, .... 5.M Nachm. 5.20 Nachm. 3.55 Vorm.
„ Humboldt, .... 12.35 Vorm. to.ts „
Meviphi«, .... 5.39 „ 2.45 Nachm.
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Seranton, 29. April 1869.
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' " "" Block, !.ackawanna^Ave
Der Goldkoffer.
Novelle von Andre Hugo.
igortsetznng.)
Verena war schon längst hinter der grü
nen Thür des Hause« verschwunden, als
Arthur immer noch neben der Rasenbant
und unter dem gliederbusch stand und mit
stnnendrn Augen und hochgeröth»t«nWan
gen nach d»r Strlle blickte, welch« ihm den
Anblick dt« Mädchtn« entzogen hatte. Er
sah zu Boden—rtwas Glitzernde« schim
merte ihm entgegen. Er bückte sich und
hob einen Ring auf, dessen eigenthümliche
Formation dadurch sei» ganz besondere«
Interesse erregte, al« er sich erinnerte, die
sen Ring oder einen ähnlichen schon ir
gendwo einmal gesehen zu haben; dann
steckte er ihn an den Mittelfinger, drehte
ihn mehrmal«, denselben betrachtend, an
dem Finger herum und ballte dann die
Faust, gleichsam als wollte er verhüten,
daß ihm der gefundene Goidrrif ent
schlüpfe.
Nachdem er nach einem kurzen Verwei
len auf dem Platze über das zusammenge
brochene Staket gestiegen war, trat er den
Rückweg nach dem Gasthofe unter den selt
samsten Gefühlen an.
3.
Der Besuch im Waldhause.
„Es möge» wohl Diebe gewesen sein!" !
sagle Vater Wallmann zu seiner Tochter
Verena, als er mit dieser am Abend de«
nächsten Tage« über den Kie«weg nach
der Gegend der Rasenbank zuschritt und
vor der Stelle stehen blieb, wo Arthur
Falkening gestern auf so plötzliche und
überraschende Weise die Ruhe Verena«
gestört hatte. Er betrachtete kopfschüttelnd
die einzelnen Theile de« znsammengebro- 5
chenen Staket« und sagte dann:
„Es ist sonderbar, daß Hektor nicht an
geschlagen hat; er ist doch sonst ein sehr
wachsamer Hund, und ich habe doch auch
keinen so festen Schlaf, daß ich da« Bellen
des Thieres überhören könnte!"
„O. laß e« doch gut sein, mein lieber
Vater! Was sollten Diebe bei uns su
tiefer Purpur lief.
„Dann möchte ich doch wissen, wie e»
zugegangen wäre?"
sollte!"
„Es wäre möglich! doch lassen wir da«!
Ich bin müde, mein Kind, setze Dich
ein wenig zu mir!" sagte der Alte wäh
rend des Niederlassen« zu Verena.
Diese folgte der Aufforderung ihre«
Vater«.
E« war »in alltrlirbste« Bild, die bei
d»n im Alt»r so contrasttrrnden Gestalten
neben einander sitzen zu sehen.
Der Alte war eine kernige, markige Ge
stalt von solidem Knochenbau. Den Kops
mit der hohen Stirn bedeckte ein ziemlich
volles Haar, da« feine ursprüngliche, tief
schwarze Farbe durch die nicht allzu kärg
lich» Beimischung der entfärbten Haare
dahin abgeändert hatte, daß es jetzt ziem
lich grau erschien. Die Linien de« Ge-
daß dieses Gestcht mit den kleinen hell und
gutmüthig darein blickenden Augen die Ju
gendzeit In ungestSrtem Glücke gesehen
Halle und daß die Fallen le« Kummer«,
welche Gram und Sorge mit eben auch
unau«löfchlicher Tinte auf diese« Antlitz
geschrieben halte, erst in späterer Zeit ge
bildet worden waren. Diesem Umstände
war e« auch zuzuschreiben, daß gerade
diese Linien keinen störenden Einfluß aus >
den Ausdruck de« Gesicht« ausübten, son-!
dern im Gegentheil da« Interesse für die
se» Kopf, hinter dessen breiter und hoher
»kirn die erhabensten und schönsten Ge
danken der allgemeinen Menschenliebe, der
Güte und der Sanftmuth ihren Wohnsitz
aufgeschlagen haben mußten, erhöhten.
Der ebenfall« In« Grau spielende Bäk
kenbart mit dem ebenso gefärbten Schnurr
bart würden jeder andern Physiognomie
den Stempel des Martialischen aufgedrückt
haben; di»s»S G»sicht schl»n di»s» Mann»«-
zitrd» zu v»rlang»n, nm die Spuren der
Schönheit der früheren Jahre auch im
Alter noch, wenn auch etwas getrübt, zu
zeigen.
Die stramme Haltung, der feste Blick,
sowie da« rasche und bestimmte Wenden
de« Kopfes und der gleichmäßige, feste
Schritt beim Gehen dieser Figur deutete
nicht unmerklich auf eine frühere soldati
sche Laufbahn.
Nachdem der Alte eine kleine Weile
schweigend neben seiner Tochter, dem Ge
genbild» seines Alter« und der Erbin der
selben Züge, in frische Zugendfarbe ge
taucht, gesessen hatte, erhob er seinen Blick
von dem Kiesboden, in dessen locker ge
schichteten Theilen der Alte wunderltche
Figuren mit der Spitze de« knorrigen
Bambusstockes gezeichnet hatte, zu dem in
voller Jugendfrische prangenden Mädchen
»yd fragte sie:
„Warst Du gestern bei dem alten In
validen in Allhofen?"
„Gewiß, mein Vater! Ach, Du hättest
das Glück und die Freude de« alten Man
ne« sehen sollen, als er hörte, daß alle die
Erquickungen, die ich ihm bis jetzt gebracht,
von »inem Kriegskameraden kämen, dessen
Herz durch das traurig» Gtschick deS Com
battantkn dermaßen gerührt sei, daß er
sich genöthigt sehe, ihn so weit e« ihm sel
ber möglich wäre, zu unterstützen. In
seiner Freude drückte und küßte er mir
die Hand, während seine welken Lippen
die heißesten Segenswünsche de« Himmels
für unser Samariterwerk erbaten, daß es
mich wie Rührung überkam und ich an
mich halten mußte, um meine Thränen
nicht überströmen zu lassen. Du hättest
eS hören sollen, wie inständig er mich bat,
ihm wenigsten« Deinen Namen zu sagen,
damit er, wie er sich ausdrückt», d»n Na
men seine« hochherzigen Wohlthäter« in
sein Gebet einzuschließen vermöchte."
„Du verriethest ihm d«ns«lb«n doch nicht
«tiva?"
„Es war eine Aufgabt für mich, D«in«n
Namen vtrfchwtigtn zu müssen, denn wenn
ich ihm auch unsern jetzigen Name» hätte
sagen wollen, so wäre das doch auch eine
Lüge gewesen, und Du willst das nicht,
mein Vater!"
Tochter, denn die Lüge ist der häßlichste
Schandfleck an einem Menschen. Ich selbst
bin zwar durch die Ungunst der Verhält
nisse gezwungen, der Welt durch meine
hatte!" '
„Du glaubst, daß es Dir gelingen wer
de, jener Elenden habhaft zu werden?"
„Ich denke binnen Kurzem!"
„Wie so, Väterchen?"
„Ich habe Dir wohl den Inhalt de«
letzten Briefe« au« London noch nicht mit
getheilt?"
„Nein, Väterchen!"
„So wisse, daß meine Freund« ganz
ficht» Anhalt«punkt« g«fu«d«n hab«n, mit
deren Hilft t« ihnrn, wir fit fchrribtn,
möglich ftin dürftt, d!t wtiltrt« Spurrn
aufzufindtn!"
„Gott gtb« ««!" fttztt Vtrrna mit ti
i nein tief«» Seufzer hlnzu, daß sich der
Alte mit einem forschende» Blicke nach sei
nem Kinde wandt«, als wollt« «r aus s«i
n«n Mienen den Grund der Bekümmerniß
erkennen.
Diese schlug den Blick verlegen zu 80,, Wa«
,,Wa« ist Dir, mein Kind?" fragte der
Alle.
„O, laß es, mein herzen«gut«r Vat«r!"
„Willst Du Geheimnisse vor Deinem
Vater haben?"
„O nicht doch, Väterchen ich zögere
nur deßhalb, Dir den Grund meiner Be
kümmerniß mitzutheilen, weil ich zu gu
weiß, wie empfindlich ich Dich durch die
Erwähnung jenes Punktes berühre!"
„Du meinst mein Verhältniß zum Ban
quier Obermann?"
Verena nickte bejahend mit dem Kopfe'
„Darüber kannst D« ruhig fein, meint
Tochttr!" »ntgtgnt«« dtr Altt, ohne di«
Anzeichen eine« ihn durchzuckenden tiefen
Seelenschmerze« verwischen zu können.
„Obermann will nicht mein Verderben;
er kennt meine Lage genau und weiß nnr
zu gut, daß durch die Ergreifung jen«r
bridtn Schurkrn m»in» Unschuld an da«
Tag»«licht komm»n muß, und daß »r dann,
srlbst wenn das G»ld nicht mehr vorhan
den wär», durch die Aufhebung der Eon
fiScation meiner Güter vollständig bezahlt
wird.''
„Wie aber, mein Vater, wenn er diese
Rücksichten nicht nehmen sollte, wenn er
....wenn er die ausgestellten Wechsel...."
„O nein, Verena, das tbut Obermann
nicht!"
„Und er wird e« thun!" entgegnete Ve
rena, nicht ohne einen gewissen Nachdruck
auf ihre Worte zu legen.
Vater Wallmann blickte ihr fragend in
da« geröthete Antlitz.
„Gewiß, mein Vater, er wird e« thun!"
„Sprich weiter, mein Kind!" sagte jetzt
der Alte, als er bemerkte, daß Venns noch
»tiva« im Hint»rhalt hab».
„Mein Vattr, »« kostet mich Ueberwin
dung, Dich von einem Vorfall in Kennt
niß setzen zu müssen, dessen Vorkommniß
Ich lieber verschwiegen hätte, wenn ««nicht
im engst«» Zusammrnhang mit Deinem
Geschick, mit unserm beiderseitigen Leben«-
glück in zu enger Verbindung stände. . ..
Du weißt, daß ich William gestern noch
ein Stück fortbegleitete!"
Bei dem Nennen dieses Namen« fuhr
der Alte mit einer schnellen Bewegung
nach dem Herzen und nickte dann, al« «r
«in«n Blick g«n Himm«l geworfen und die
Zippen einen Moment fest aufeinander ge
kniffen hatte, stumm mit dem Kopf.
„An der Gartenpforte," fuhr Verena
fort, „traf ich mit Herrn Obermann zu
sammen. Nach einem kurzen Gespräch
über gleichgiltige Dinge brach er dasselbe
plötzlich ab und stellte mir noch einmal
den Antrag" da« Mädchen überlief ein
tiefer Purpur „ihn mit meiner Hand
zu beglücken."
Verena barg ihr glühendes Köpfchen
an der Brust ihre« Bater«, als sie weiter
sprach und flüsternd sagte:
„Die wahre Liebe aber ist, wie Du
schon oft selbst gesagt hast, ein- Neigung,
die sich nicht geben läßt, die durch Charak
terverwandtschaft hervorgerufen werden
muß und nur auf diese Weise beglückend
wirken kann. Daß nun zwischen un«
Beiden diese Grundbedingungen fehlen;
daß unser» Eharakt»» Hlmmrlwtit von
«inander v»rschird«n find; daß mich j«d««-
mal «in kalt«r Schauer, »in abstoßend»«
Gefühl durchzieht, wenn ich mich mit die
sem Menschen unterhalte» muß: da« habe
ich Dir neulich schon mitgethetlt... .
Du wirst r« teehalb auch billigen, daß ich
ihm auf seine bestimmte Frage eine ebenso
bestimmte Antwort gegeben und ihm er
klärt habe, wie ich über ein Verhältniß
zwischen mir und ihm denke: daß ich ihn
nie lieben könne. Trotzdem gab er bei
liche Wort au», daß, wenn ich seinen
Wünschen nicht willfahren würde, er Dich
mein Vater .... doch nein, ich kann eS
nicht aussprechen!"
Bi« jetzt hatte da» Mädchen den auf
eintrrtende Schicksal ihre« Vater« lebhaft
innere Erregung. Schluchzend umklam
merte sie den Hal« ihres ebenfalls nach
Fassung ringenden Vater«.
„Daß er mit einer Klage gegen mich
vorgehen würde!" unterbrach der Alte
endlich die eingetretene peinliche Pause,
al« die hochgehenden Wogen de« Schmer-
oder .... nein, nein Vater, ich spreche
e« nicht aus! L>, mein Vater,
ich habe diese Nacht nicht geschlafen; ich
habe überlegt, gedacht, gesonnen .... ich
habe die Hände gerungen und gebetet, bi«
und mir eine innere Stimme zuflüsterte:
„Sage ja der Retter au« aller Noth
wird Alle« noch zum Besten lenken!"....
Und so bin ich jetzt auch entschlossen, durch
mein Wort da» schreckliche Unglück von
Deinem Haupte abzuwenden!"
„Da« wolltest Du thun, meine Verena!"
rief der Alte, erstaunt über den heroischen
Entschluß des Mädchen«.
Diese preßte beide Hände vor da« Ge
sicht, al« sie schluchzend die Worte:
mein Vater, «s ist mein unabänderlicher
Wille!" hervorstieß.
Ueber die Wange von Verena« Vater
, perlte ein» Thräne. Er schloß da« wei
nende Mädchen in sein» Arme, küßt» die
Ao. 43.
glühend« Stirn d«sselbe» und wandt«
dann stinrn Blick fl«h«nd und hilf«such«nd
nach d«r blaurn Kupptl d«« Erd«ndom«s.
Unt«rd«ß sich di«s« Sc«n« im Wald-
Haus« abspielt«, nahte sich auf dem Wege
-rrach demselben Arthur Falkening mit ei
nem Bauer des nächste» Orte». Das
Gespräch drehte sich um die Bewohner des
WaldhauseS, und Arthur erfuhr dabei,
daß der alte Herr, dessen Namen der Bauer
nicht anzugeben vermochte, mit feiner
Tochter und einem finstern, schweigsamen
Diener seit zwei Jahr«n da« «infam g«le
gen« Haus bewohn« und dasselbe während
dief«r Zeit nicht verlassen, wenigsten« da«
nahe gelegen« Dorf noch nicht besucht
hab«. Ebenso erzählte der gesprächige
Bauer von Verena, der Tochter de« Wald-
Hausbesitzer«, daß dies« durch ihre Stimme
häufig die Aufführung von Kirchenmust
ken unterstütze, und durch ihre ausopsrrnd«
Li«b« gegen ihre Mitmenscht«, allgemein
in der hiesigen Gegend geachtet und ge
liebt werde. Arthur erfuhr nun, im Laufe
des Gespräches, daß Verena besonder« den
alten „Paschmajor" Im Hirtenhause, «in«n
all«» I«validtn, u»terstütze. Derselbe sei
vor vielen Jahren in die hiesige Gegend
gekommen, habe sich hier niedergelassen
und. wie man sage, öfter« Theil an dem
Paschhandel über die Grenze genommen,
wobei ihm von einem Grenzsoldaten das
rechte Bei» verwundet worden sei. Die
sem Umstände und dem, daß derselbe frü
her Militär gewesen sei, wie er oft selber
erzählt, sei es jedenfalls auch zuzuschrei
ben, daß er diesen eigenthümlichen Namen
erhalten habe.
Unweit de« Waldhause«, da, wo sich
der Weg nach Zillhofen abzweigt, verließ
der Bauer Arthur, und dieser schritt nach
dem Waldhause, da« »r nach wenig Mi
nuten erreicht hatte.
Die Vorstellung«cerem»nie hatte unter
tiefe»! Erröthen von S»iten Verena« statt
gefunden. Der Alte «»lsalt«te f«hr bald
«in geschickt«» Unterhaltungstalrnt, so daß
das Gespräch, das sich in der Erst» um
di» Einzelnbeit»» de« Eisenbahnunfall«
gedreht hatte, nach und nach auf gleich
gilligere Gegenstände übersprang. So
kam da« Gespräch auch auf Musik, wobei
sich auch Verena eifrig betheiligte, als der
finstere Diener, von dem der Baurr ge>
sprechen, »intrat und d»m altrn Herrn ein
Packet Brief» und Zeitung»» »inhändigt».
Das stechende, blitzende und in ein»m un
heimlichen Feuer aufleuchtende Auge de«
Diener« blieb, al« er die Briese abgegeben
Halle, einen Augenblick sinnend auf Ar
thur haflen, wobei die über die linke
Wange de« finstern Mannes gebende
Hiebwunde in tieferem Roth spielte. Doch
nur einen Augenblick. Ohne Arthur wei
te > ;u beobachten, schritt »r an diesem vor
über zur Thür hinau«. Al« der Alte sah.
daß da« Gespräch zwischen Arthur und
Vere»., lebhafter geworden war, entfaltete
ei mit einer sonderbaren Hast den einen
au« England kommend»« Brief.
Ter Inhalt mußte den Alten gewaltig
fesseln, daß er darüber vergaß, einen Gast
in seinen Räumen zu haben, denn seine
Hände begannen zu zittern, über sein Ge
sicht breitete sich eine Verklärung und sein»
Augen Ituchteten bei dem Ueberfliegen der
nächsten Zeilen in Hellem Glanz auf.
„Holla! jetzt haben sie auch die Spur
seine« sauberen Genossen!" rief der Alte
in freudigem Ton», ohne auf di» Anw».
s»nhett»n feine« Gaste« Rücksicht zu »eh
men; erst Verena« Zuruf erinnerte ihn
daran.
„Oentschuldigen Sie, mein Herr," sagte
der Alte, die Unschicklichkeit seine« Beneh
men« einsehend, „daß ich mich durch den
Inhalt des Briefe« soweit hinreißen las
sen konnte, ganz und gar gegen allen ge
sellschaftlichen Takt zu verstoßen, allein
derselbe enthält so wichtige Mittheilungen
für mich, daß Sie mir verzeihen werdrn."
Arthur gab einige begütigende Worte
zurück, wobei er bei dem jetzt wieder leb
haft gewordenen Gespräch die Wahrneh
! mung machte, daß auch Vatcr Wallmann,
trotz seines deutschen Namens, ein gebore
ner Franzose sein müsse, während »r bei
Verena nur hier und da einen kaum m»rk
lichtn frrmdländischen Anklang au« der
Rede zu hören vermocht». Dabti war das
Grspräch wieder auf den Inhalt de« Brie
fe« gekommen, von dem Arthur nun er
fuhr, daß Vater Wallmann auf d«r
d«r zw«i Verbrecher fei, welche ihn um fei
nen guten Namen «nd um sein Vermögen
durch einen Schurkenstreich gebracht hät
ten, daß der Eine dann nach Amerika ge
flüchtet sei, während der Andere auf dem
hatte, bi« der Erste mit Weib und Kind
j»von Amerika zurückgekehrt fei und sich mit
dem Andern in irgend einer Stadt
Deutschland« ni«d«rg«laff«n hab«. Dl«s«
Spur zu verfolgrn, f«i f«in «nd f«in«r
Freunde eifrigste« Bestreben, und er zweif
(Giehe vierte Seite.)