Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, September 16, 1869, Image 2

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    Scranton Wochenblatt.
3. Zahrqang.
Dr. F. Bodeman,
lledar Str.aße,
Im Ha »sc des Hctr» Petcr Franz.
OPce-Stu.ldcn, Morgen» von B—S
Nachmittags „ 3—l>
AbendS „ B—Z
I» Abwesenheit wird Herr gränz Nachricht er
theilen. "NU?
Dr. Camill Krejci,
Arzt, Wundarzt u. Krbnrtshclfkr,
Office in Wyoming Avenue, »aiser'S HauS,
ordinirt von l t Uhr Vormittags bis 3 Uhr Nach
mittags täglich. .
Impfung seden MoiM. Mittwoch und Frei
tag, von l l Vorm. bis Z Uhr Nachm. Wn7
vi-.
Deutscher Arzt,
Wnndnrzt und (HebnrtShclfcr.
Lffice im Hause von I. Schimpff, Scdarstrasic.
Sprechstunden Morgens von B—9, Mittags von
t—l, Abends von k—B. l>>sst
Deutsche Apotheke,
ÄtB Lackawanua Avenue,
schrägüber dem Wvsming Hause,
ÄapS H. F. Lobclk. lj
('S nst a v »Hahn,
Advokat und Ntchts-Anwalt,
Wilkesbarre. Luzerne Co., Pa.,
»mpflcblt sich dcm deutschen Publikum in allcn in
«ein Färb einschlaaendcn Ansstellun
qen von Vollmachten und schriftliche Arbeitn, aller
Art und Kollektionen, ruciständige Löhnung von
Offizieren und Soldaten, Pensionen fiir solche, die
im Vienstc Verlesungen erhicltc» uud arbcitsu»
sähig wurden, und für die Wittwcn gcfallcnrr Sol
»ateii, sowic Collekrione» gegen die Vcr. Staaten
«crden anss Pünktlichste desorgt.
Pässe für Solche, welche »ach dem Ausland
Ttnrße, der Prcsbvicrianischcn ötirchc gcgciiübcr.
W. Jannar tBKK. ba
b'has. Tnpont Breck,
Advokat Sachwalter,
BcrsichcrungS t!o', inkorrorirt l8>». .'lapital übcr
Diese GescUschasl fährt fort, zu
mäßigen Preisen
Friedrich Schräder,
Aarsaparilia und Miiicraiwasscr,
Fabrik in Mulberrvstraße.,wischen Penn n. Wvo-
Porter, A!e und Lagerbier,
,n Flaschen, wird zu den nicdrigsten Preisen im
Großen nach allen Pläpen der City kostenfrei ge
'' I!> ' <!
,eri/, der alle anderen Fabrikate übertrifft und der
Gesundheit sehr zuträglich ist. TaS Geschäft stcbt
unter meiner per>önliche» Leitung, »nd volle ,Zu-
2vba' g r. Schrade r.
L. Stetv-irt Potter, Nachfolger von
W. Walter,
Schiffs- und Assrcuranz-Asteut,
und besten Feuer- und Leben-Versicherungs-Cv.
Alle Arten von Contrakten fertigt aus
G. H. Walter.
Seranton, 3!1. Jan. ii
John (H. Tailvr <sv.,
Grve. rtcs und Prvviskone»
Äz-un" eine mannigfaltige
Auswabl von Artikel», wie sie täglich in HauS-
Haltungen gebraucht werd c».
Unsere Preise sind so billig als in irgend cmcm
anderen Geschäfte, wovon sich da« deutsche Publi
um gefälligst durch zahlreichen Zuspruch über-
' P. 8j1!»,3m
triebt r ,
nnd' lü jeder Zeit rot
und gekocht ; Jce Cream und Sodabrunne», n»!
den feinsten TyrupS. Ein eleganter Saal fü>
recht zahlreichem Besuch ladet seine Freunds
tin G e o r g e Ä r ä b e r, Prop'r.
Seranton. ti>. Jan. tB6l>. da
Fischer und Krouzer.
Grocericn und Prvvisiv>»en,
Herrn Friedrich ZinionS neuem Äebä'de, i>
alten immer vorrätkig die beste AuSwaal voi
«rocerirn. Med! und Futter, deutsche Fruchte
Mucker, «affee. Zbee u. s. w. Da» teunche Pu
»likum ist eingeladen, u»5 mit seiner >lund>chas
u deebren und sich zu überzeugen, daß wie dl
beste Waare zu dem billiasten Preise verkauscn.
jnba Fischcr und Aronzer.
und (Zt. Louiö t^iscnbal,».
I' V > II V>! l» !,,
Vcrmittclst dieser Bahn erspare» Passagiere I<> Stunden Zeit, zwei Wechsel in de»
Wagen, > <<? i Meile» nach Cinclnnati, 112 Meile» »ach St. Louis nnd Ik Meilen nach Chicago.
Dieses ist ebenfalls die kürzeste und schnellste Linie »ach
Indianapolis, Louisville, Memphis, Mobile, New-Orleans,
St. Joseph, Kansas Sil,, Logansport, Milwaukee, «t. Paul,
und nach allen Punkte» westlich, nordwestlich und südwestlich.
Drei durchfahrende Äuge
. ' . - . »'»s^°.""'
~ PittSbarg, .... 3.1 D Vorm. 1».1» „ 2.45 Nachm.
Dennison, .... B.iX> „ 1.52 Nachm. 7.4» ~
Newark, .... lll>s .. 4.25 „ 1».3» „
„ ColuinbnS, .... 1.15 Nachm. 5.5» „ 12.4» „
Ankunft in Cineinnati, ... i>,3» „ 1».4» „ 7.2» „
Indianapolis, ... 8.55 „ 2.85 Dorm. 8.511 Vorm.
„ LoaanSport, ... lU.i» Vorm. 2.5» „ 9.4» „
„ Chicago, .... g.I» Nachm. 8.1» „ 2.45 Nachm.
„ .... 3.35 „ 3.3» Vorm.
„ St. LoniS, .... 8.45 Vorm. 3.45 Nachni. 1».»«» Nachm.
~ LoniSville, .... 1.5» ~ 7.3» Vorm. 4.15 ~
„ ?!asl!»ille, .... 5.2» Nachm. 5.2» Nachm. 3.55 Vorm.
„ Humboldt, .... 12.35 Vorm. 1».15 „
„ Memphis, .... 5.3» „ 2.45 Nachm.
New-OrleanS, ... 2.U» „ 12.3» „
„ Mobile,. 's d' k, Hsb ck "t h
Wechsel der Wagen, und mit nur einem Wechsel nach Chicago und St. LouiS. 15» Pfd. Gepäck
frei von Scrauton odcr WilkcSbarrc bis nach St. Joseph, Mo., geckckt.
Man frage nach Tickets via „Pan Handle Noute und Indianapolis", welche an alle» Haupt-
EiscnbahN'Stationcn zu haben sind.
-sOSN s.
Gen. Ticket Agent für de» Osten, No. 52ti Broadway, New-Zlork Citv.
In Seranton kann man TickctS erhalten bei Hrn. O'Connor, Office der D., L. u. W. R.N.
In WilkcSbarrc bei Hrn. Tavlor, Office dcr Lchigh Valley Eisenbahn. Bap9
Karl D. Neuffer,
K ppcn-
IBap7 Neiiffrk,
S> .Hull,
Großes MobLlien-Lngel,
Alle Zeit i» großer Auswahl vorräihlz, Bu-
Auszi'ehZttch-, Vettstaltc» jeder Art, Aiatraz-en
Kommt »nd defekt Euch unsre Waarent
Seranton, IN. Ja». 186t>. da
Lvkal-Vcränderung.
Mölicin! Mölicln!
(Äriesser H? <sv.,
ste ihr tiieschäft nach ihrem eigne» neuen Gebäude
nächste Thüre von ihrem früheren Platze verleg»
Tem geehrten Publikum für bisherigen Zu
spruch dankend, geben wir zugleich die Versicher
ung, daß wir unsere Kunden auch in Zukunft
(sedarstra s:e Mv^'el-C-icscbäft«
von David Nculö lind So!:».
ic
Germania
Lcbcns - Vcrsicherunfts - Compapvir,
zu Nc'.v-Äork.
Kapital uud Ueberschuß, P >«>
jährliches Einkomme» s»tt/ittt) tX>
Lersicherunge» !7,(!M,<X>>t t»>
Verstchirungen z» de» übliche» !>!aten an.
ihn zu zahlen A> . Ald^rman,
Erltes
Ltnblissemtnt.
Älcwcr-Geschäst,
i» I. Leidler's Gebäude,
gegen
viwxollwlr Beli»el«!e>',
! Zeidler'S Block.
Seranton. 29. ilpril IBM.
O 0»8'
Wein- Bier-Wirtlis^iaft.
bewohnten Vokale, eine Wirthschaft eröss
»ei bat und ladet Alle freundlichst »um Besuch,
! ei». Getränke ftisch n»d Speisen schmackhaft.
(gs9) EH»rleS Ochs.
Seranton, Luzerne Connty, Pa., Donnerstag den lk. September 1869.
Philip Robinson,
Prauerci und La.qcrl'ier-Salon,
Henry I. Zieglcr,
Blech- und Eisentvaaren,
Joseph Ober,
Blech-, Kupfer- ck Eisciiwaaren,
dcftrr Qualität.
jeder?lrt. '
<^esci?äftS-Attzetgc.
Peter «Hättich,
Itkrinacticr und Juwelier,
Spart Guer Geld.
Scranto» Sparkasse.
No. 309 Lailawanna Avenu»,
Maschinisten,
" Taglöhnern,
Weibern,
H^'ut^bin,! Vitt-Präsidenttn.
OScar E. Moore, Cashier.
Direktoren und Verwalter.
3. Okt. IBL7.
CommcrcililHaus.
«erbe». <!ha?le« Bos^se.
?kc,les L^uhmach^r-Gcscbaft^
° ein ß.
o-ö" Gesck»iftS-Karten. "SV
<?. Q. (karman, Händler in
PmeßrookKohien
Office in No. N>9 Penn Avenue,
2>lB Scranton, Pa. Ii
F. D. C 01l i n s,
Stents- Anwalt, *
Peter Creter,
KauS-, Scbild-,
Freses-L5 Ornamental-Maler,
W. Günster,
deutscher Advokat u. Rechtsanwalt.
Office in Hull'S Block,
2908 Scranton, Pa. ba
A. <?. Konarso«,
Scranton, ll). Jan. tSK6 ba
E. Merriffeld,
Advokat und Sachwalter,
Freigesprochen!
(Fortsetzung.)
Nachmittags erschienen die Gäste und
geschehen, was ihren Besuch beängstigend
machen konnte. Wer freilich von der Sce
ne am Morgen Kenntniß hatte, mußte so
merksamkcit, als in Julianen« gespannten
Blicken, Forschungen und Zweifeln begeg
nen.
streuetcn indeß die Sorge des jungen
Mädchens. Die biedere, ehrliche Anerken
nung des guten Holzhändlers machte sie
zutraulich und sie sragte ihn geschickt und
fein dermaßen über seine Fahrt im Omni
bus ans, daß sie bald ganz genau von
Allem unterrichtet war, was ihr zu wissen
noth that. Ihr Muth erstarkte daran.
Fedderhof, der nicht abnete, wonach Ju
liane den Holzhändler so angelegentlich
befragt hatte, glaubte ihre Beruhigung
der offenen und herzlichen Manier feines
„Nachbarn" zuschreiben zu müssen. Aller
dings, sein Benehmen war im Stande,
jedes Mißtrauen zu heben, und wenn er
schließlich erklärte, daß das Borurtheil,
womit er dem Fräulein entgegengetreten
wäre, vollständig besiegt sei, so versöhnte
eben sein ehrliches Geständniß jeden Be
theiligten.
Der Doktor war unmittelbar nach sei
nem Eintreffen erst nach der Waldschenke
geeilt, um seinen Patienten zu besuchen.
Er kam fröhlich zurück, denn die Lebens
gefahr für denselben war glücklich beseitigt
und seine Genesung nicht mehr zweifelhaft
Der muntere, alte Herr sah mit einem
einzigen Blicke, wie sich die Sachen im
Zollhaus» während seiner kurzen Abwe
senheit gestaltet hatten und er sagte mit
Humor zum Holzhändler:
„Nun, wie stehts, Lieber? Von Ihrem
dürfen" getreu bleiben darf."
Die Damen hatten Platz in dem ele
„Was hat mein Alterchen wieder vor?"
fragte die alte Doktorin, die mit sichtlichem
„Ach, er scherzt mit dem Herrn Witte,"
meinte Tante Heyden lächelnd. „Was
müssen Sie sich glücklich fühlen, Frau
Doctor, einen Mann zu haben, der Alles
von der heitern Seite im Leben betrachtet."
„Meinen Sie, Frau Tante," erwiederte
die alte Dame trocken. „Ich denke, es
würde mein Glück kaum vermindern, wenn
mein Alterchen von Natur etwas ernsthaf
ter und überlegter wäre. Er läßt sich all
zusehr von den Eingebungen des Augen
blickes leiten. Wenn er nicht unter einem
besondern Glücksstern stände, würde er
schon manches Unheil gestiftet haben. Aber
—es glückt ihm Alles, selbst Uebereilungen
schlagen zu seinen Gunsten und zum Vor
theil Anderer aus."
Juliane lächelte die alte Dame herz
lich an.
„Das hat mein Engagement bewiesen
nicht wahr?" sragte sie.
„Allerdings liebes Ki»?—Sie gehören
mit zu meines Alterchen gelungenen Ue
bereilungen," erklärte die Frau Doctv!
sehr freundlich. „Aber gerade in diese«
Falle hat sich sein Glücksstern glänzenl
bewährt. Ich nehme diese Gelegenbeit
wahr, um Ihnen im Namen meiner seli
gen Cousine Fedderhof herzlich Dank zu
sagen, mein bestes Fräulein."
„Nicht wahr, Frauchen," rief der Doc
tor, der unbemerkt näher an die Thür des
bar Witte hat mir soeben eingeräumt, daß
ich gründlich recht gehabt, folglich nicht
dazu verdammt werden könne, „Hunde
statt Menschen zu kuiren."
Der Pathos, womit er sprach, wirkte
wahrhaft schlagend. Ein allgemeines Ge
lächter lohnte ihni seinen drolligen Einfall.
keit ergriffen, lachend ein.
„Sei still, Schäfchen ich kenne Dich
jetzt besser, als sonst und weiß, daß Du
sest glaubst, wie an Gott selbst."
„Ja du mein Himmel, Alterchen —"
suhr die alte Dame in scherzhaftem Zorn
auf. „Wo hast Du denn das aufgelesen?"
„Deine eigenen Worte, als ich auf der
Anklagebank saß!" entgegnete der alte, jo
viale Herr in Erinnerung des Gespräches,
das er an jenem Abend, wo er im RathS
keller vom Prozesse Scharfenbeck gehört,
mit ihr geführt hatte.
„Nun hören Sie nur, meine Herrschaf
ten!" rief die alte Dame mit komischer
Empörung. „Nicht ein Wort ist wahr in
seinem Munde!"
„Was? Willst Du leugnen, böses Frau
chen, daß Du mir, höchst poetisch, einge
standen hast, mich mit demselben Muthe,
wie jene Pauline Selbig ihren Scharfen
„Gott die alte Geschichte, Alterchen!
Habe ich Dich nicht gebeten, solche Nar
renspossen zu lassen? Wer denkt nachher
an solche flüchtige Unterhaltungen!"
„Ei was! Für mich war diese Unter
haltung von der allergrößten Wichtigkeit,
dest, wenn ich mich als Taugenichts erwie
sen hätte."
„Ganz gewiß hätte ich das ausgeführt,"
fiel sie mit ergötzlichem Eifer ein, „und im
Grunde müßte ich noch jetzt Anstalten
treffen, Deine Besserung brzweckend, denn
wer so aus der Schule plaudert »nd die
Geheimnisse eines Ehegespräches zu Necke
reien benutzt, der gehört wohl halb und
halb zu den —"
„Engeln," schnitt ihr der Doctor ab.
„Du bist und bleibst doch mein allerbestes
Frauchen. Sie sehen, Nachbar Witte, daß
meine Affectionen für andere Damen die
Treue meines Herzens nicht im geringsten
erschüttern."
„Dieser Behauptung trete ich bei,"
sprach die alte Dame vergnügt. „Es ge
hört zu den guten Angewohnheiten mei
nes Alterchen, sein Herz mit aller Liebe
und Treue für mich zu refervtren."
„Und denken Sie nur," schaltete der
Doctor fröhlich ein, „diese Angewohnheit
hat mein Frauchen nachgemacht." Die
beiden alten Leute reichten sich die Hände
unter dem Beifallslachen de» Holzhänd
ler«. Die übrigen Anwesenden fühlten
sich zu bewegt, um ihrer Freude über das
Glück dieses alten Ehepaars Worte gebeu
Unwillkürlich suchte Fedderhof's Blick
Juliane. Nie war sie ihm so hübsch er>
schienen, als in der sinnigen Ruhe, womit
sie auf die alte Dame fchauete. Eine ei
genthümliche Mischung von Verehrung
und Selbstzufriedenheit gab ihrem liebli
chen Gesichte einen ganz andern Charak
nisse geschlichtet, als sei Gottvertrauen an
die Stelle von Menschenfurcht getreten
und habe ihr Selbstbewußtsein gehoben.
Was die Ursache dieser merkwürdigen Be
schwichtigung sein könnte, begriff Fedder-
Hof nicht und er cachte auch kaum darüber
nach. Noch hing sein Blick verstohlen an
dem holden Gesichte, als Herr Witte den
Doctor fragte, was denn der Brief, wel
che» er Tags zuvor au« Nonnenburg er
halten, Neue» vom Prozesse des Försters
Scharfenbeck gebracht habe.
Eine flammende Rothe, wie das Er
zeugniß eines Schrecken«, überzog Julia
nens Angesicht, ihre Augen hefteten sich
weit und iinbeimlich gespannt auf den
> ärgerlich antwortete: „Nicht« Neue«, Lie>
ber! denn wa« der junge Herr mir »u«
Nonnenburg meldete, steht heute schon
wörtlich im Ballenhauser GebirgSboten
und ist möglicherweise eine Ente, die alle
Feuilletons durchschwimmt, um schließlich
als eine Erfindung erklärt zu werden."
„Ich denke, der Prozeß Scharsenbeck'S
hat mit seiner Freisprechung geendet,"
sagte Fedderhos gleichgültig.
„Haben Sie denn das Inserat noch
im GebirgSboten, daß durch einen anony
men Brief ein junger Handwerker, der sich
zur Zeit auf der Wanderschaft befindet,
als Eigenthümer der Müpe bezeichnet sein
soll, welche als corpus delicti auf dem
Mordplaß gefunden ist. Der junge Hand
werker ist bei der Eontrolversammlung ge
be! der sehr beschleunigten Abreise zur
Bahn eingebüßt haben. Es circuliren
nun über diesen Zufall höchst verschieden-
Staatsanwaltfchaft keine Einschreitungen
für nöthig hält, muß man Alles für un
haltbares Gefchwäß halten."
„Ich bin nie in Zweifel über diese Ge
schichte gewesen," meinte Herr Witte in
beck ist der Thäter. Er ist von Ekert ge
reizt, wodurch, das weiß Gott allein; Ekert
war ein gutmüthiger Mensch, ich habe ihn
gekannt, dabei aber ein eingebildeter Narr
undein unbehilfliche», fchwerfälligerMan»,
der drei Mal durch und durch geschossen
werden konnte, ehe er sich ein einziges
Mal umdrehte. Alle Beweise von Schar
senbeck'S Alibi können richtig sein und
doch ist er der Thäter, denn es giebt kei
nen andern Menschen, der es gethan ha
ben kann. Seine Braut, die Pauline
Selbig, hat rechtschaffen gehandelt, was
auch die Leute sonst sagen mögen. Wenn
sie eines Tages gewahr werden sollte, daß
sie im Irrthum gewesen ist, so wird dies
arme Frauenzimmer sicherlich sehr unglück
alles Elend ein Ende."
„Wie ich den Förster schildern hörte, so
fällt es ihm gar nicht ein, sein Leben zu
verkürzen auf gewaltsame Weise. Solche
Leute beschwichtigen ihr Gewissen mit dem
Begriff „Nothwehr!" entgegnete der
Doctor.
„Mir thut seine Braut unbeschreiblich
„Sie ist unbedingt die bedauernSwer
theste Person im ganzen Drama!" rief der
Doctor.
Angeklagten, eines Verdächtigen zu wer
den, sie sollte sich frei von den Banden
machen, die sie mit ihm vereinen, noch
muß sie alles mit ihm tragen, selbst seine
Schuld," sprach die alte Dame.
„Wer möchte einer liebenden Braut
wohl diesen Rath beibringen?" fiel Herr
Witte ein. „Keine Braut hört auf Rath
schläge."
„Die Liebe ist nun einmal eine ver
schönernde Kraft und eine verblendende
Macht," meinte Frau Heyden in ihrer
sanften, leisen Weise.
„Um so verehrungSwürdiger stehen die
jenigen da in der Welt, welche sich aus ei
genem Entschluß von einem unwürdigen
Gegenstande, de» sie geliebt haben, wie
nichts in der Welt, loszureißen vermögen,"
sagte Fedderhof mit gehobenem Tone.
Juliane hatte scheinbar theilnahmlo«
dagestanden. In diesem Momente wen
dete sie sich und ging aus dem Zimmer.
Aber sie verließ die Gesellschaft nicht im
ausbrechenden Schmerz, nicht im über
wältigenden Jammer, nein, sie ging, um
ihre Pflichten im Hauswesen zu erfüllen,
um nach den Kindern zu sehe» und um
Sybillen Befehle zu ertheilen. Sie fühlte
sich wunderbar getröstet, ihr Schmerz hatte
die vernichtende Kraft verloren, seit sie der
Theilnahme eines Mannes wie Fedder
hof sicher war. Die Bürde, welche sie al
lein getragen, war ihr durch seine Güte
erleichtert. Der Ausdruck seiner wenigen
Worte, die er dem Gespräche beigemischt,
verriethen ihr seine Meinung und seine
Anerkennung, sie ging, um möglichen
Aufregungen zu entfliehen, die den Frie
den ihrer Brust wieder stören könnten.
Nach ihrer Entfernung sagte die Dokto
rin mit Nachdruck!
„Meinen Sie nicht, Vetter Fedderhof,
daß wir in unserer Juliane ein solche Hel
din zu verehren haben?"
Der Hausherr zuckte mit dem Anscheine
von Gleichgültigkeit die Achseln und Herr
Witte rief feurig - „Den Mann könnte ich
mit kaltem Blute niederschießen, der einem
solchen Mädchen den Himmel getrübt hat."
„Ei, ei, Herr Witte," warnte der alte
joviale Herr, „wäre es nicht zweckmäßig,
wenn ich mich beeilte, Ihrer grau von die
ser urplößlichen Affection Mittheilung zu
machen?"
Ao. 37.
„Das Geschäft will ich allein besorgen,
Doctorchen," erwiderte der Holzhändler
gemüthlich lachend. „Ich nehme hiermit
feierlich Alles zurück, was ich gestern über
besagten Gegenstand geäußert habe und
erkläre, daß ich zu Ihrer Fahne schwöre."
„Sie haben sicherlich vorurtheilsvoll
über Julianen gesprochen?" meinte die
„Was die Leute mir eingetrichtert hat
ten," entschuldigte sich der Mann.
„Ich kenne das! Solche Beurtheilun
gen gehen von den Dienstboten des Hau
ses aus. Die Unzufriedenheit derselben ist
der Wurm, welcher nie schläft," sprach die
alte Dame. „Zügelt man auch die Will»
kürlichkeiten solcher Leute, ihr Wort, ihr
Urtheil, ihre Klatschsucht kann man nicht
unter Aufsicht haben. Sybille hatte zu
viel Macht erobert, als daß sie sich ohne
Widerstand in ihre Grenzen zurückdrän
gen lassen sollte. Sie wird das Thal schon
alarmiren mit ihren Reden und Klagen."
„Es geht noch an, Frau Doctor," er
widerte der Holzhändler. „Sybille läßt
dem jungen Fräulein doch in vielen Stük
ken Gerechtigkeit widerfahren, nur behaup
tet sie steif und fest, „sie sei irre im Kopf
oder habe ein böses Gewissen."
„JulianenS zeitweilige Aufregungen
haben Sybillen zu diesem Urtheil verlei
tet," erklärte Frau Heyden.
„Diese Aufregungen gründen in einem
tiefen Kummer," fügte Fedderhof ruhig
hinzu.
„Darauf schwöre ich jetzt!" rief Witte
exaltirt.
«Erlauben Sie," begann der Doctor,
„daß ich meine Ansicht über die Sybilltni
schen Orakel z» Tage fördere. Diese Kü
chendame hat ihre frühere Stellung im
Hause sehr ausgedehnt dazu benutzt, ih
rem schwachen Magen Wohlthaten zu er
zeigen und die Vorräthe Fedderhoss ha
ben dazu dienen müssen. Daß Fräulein
Liebau ein wachsames Auge auf Alles hat,
stört sie in ihrem Thun und Treiben und
daraus entstehen ihre Urtheile."
„Ich werde diese Ansicht zu verbreiten
suchen," sprach der Holzhändler lebhaft.
„Darum eben habe ich sie Ihnen mit
getheilt, Lieber," antwortete der Doctor
sarkastisch.
Juliane kam mit den Kindern zurück.
Sie trug die kleine Ida auf dem Arm,
fetzte sie aber plötzlich nieder auf den Fuß
boden und sagte: „Nun lauf' aber schnell
zum Onkel Doctor und sag' ihm guten
Tag." Das Kind that wie ihm geheißen
„Seit wann läuft denn die Kleine?"
fragte der alte Herr erfreut. „Ich klage
Sie der Zauberei an, mein Fräulein."
„Ganz natürliche Zauberei," erklärte
Juliane freundlich. „Das Kind hatte
Kräfte genug zum Gehen, zog es aber aus
Bequemlichkeit vor, zu kriechen. Eine
kleine Anleitung genügte, und seit Tante
Heyden die ersten Versuche eine« Spazter
zangeS durch die Stube mit einem BiScuit
belohnt hat, bedient sich Ida stets ihrer
>wei Beine.
„Das sind die Freuden unsers stillen
Hauses," fügte Frau Heyden hinzu. „Wir
alten Menschen laufen den Freuden de«
Himmels entgegen und werden täglich
zleichgiltiger gegen die Unannehmlichkei
ten und Vergnügen der Außenwelt, den
Kindern aber ist schon ein BiScuit der
Sporn zum Vorwärtskommen."
„Nein," entgegnete der Doctor rasch,
,nein, unsere Freude am Leben schwindet
au« uns alten Menschen nicht, meine Lieb»,
viese kleinen Freuden Ihres stillen Hause«
und sie ließe» feigherzig da« au« Ihrem
Interesse verschwinde«, wa« ihnen zur Ab
wechselung und Erheiterung hätte dienen
können. Jetzt, wo Sie neues Vertrauen
gefaßt haben, denken Sie gar nicht mehr
an Ihre Augen, obwohl sie nicht besser ge
worden sind. Aus diesem Falle habe ich
wiederum die Ueberzeugung geschöpft, daß
auf seinem Recepte schreiben müßte „Ar
beiten Hilst besser, als Arznei!"
Die halbblinde Tante hob ihre schweren
Augenlider unter einem gutmüthigen Lä"
cheln zum Doctor auf.
„Ich gebe Ihnen in allen Stücken recht,
Doctor, nur mache ich Sie noch darauf
aufmerksam, daß es mir gerade so erging,
wie unserer kleinen Ida. Mir fehlte die
richtige Anleitung zum Selbstvertrauen,
als mir diese gewährt wurde vom Geschick,
probirte ich meine Geiste«kräste, um mich
auch sürder nützlich zu machen. Jetzt kom
men Sie und hören Sie was ich an un
serm Aeitesten für einen gelehrigen Schü
ler habe. Wir wollen Ihnen zeigen, was
die alte, blinde Tante leisten kann."
Man gruppirte sich um den Flügel, an
welchem der Knabe Mar neben seiner
Tante Heyden Platz nahm und hörte mit
(Stehe »ierte Seite.)