Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, September 16, 1869, Image 1

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    Scranton Wochenblatt.
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„ Nasbville, .... 5.2» Nachm. 5.2» Nachm. 3.55 Vorm.
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Wyoming Ave., gr,,cnübcr dem Wyoming Haus,
Scranto», 10. Jan. 1866 ba
<K. Merrifkeld,
Advokat und Sachwalter,
Freigesprochen!
(Fortseyung.)
Nachmittags erschienen die Gäste und
wurden bewillkommnet, als wäre nichts
machen konnte. Wer freilich von der Sce
ne am Morgen Kenntniß hatte, mußte so
wohl in des Hansherrn geschärfter Auf
merksamkeit, als in Julianens gespannten
Blicke», Forschungen und Zweifeln begeg
nen.
streueten indeß die Sorge des jungen
Mädchens. Die biedere, ehrliche Anerken
nung des gute» Holzhändlers machte sie
zutraulich und sie fragte ihn geschickt und
noth tbat. Ihr Muth erstarkte daran.
Liane den Holzhändler so angelegentlich
befragt hatte, glaubte ihre Beruhigung
der offenen und herzlichen Manier seines
schließlich erklärte, daß das Vorurtheil,
womit er dem Fräulein entgegengetreten
wäre, vollständig besiegt sei, so versöhnte
eben sein ehrliches Geständniß jeden Be
theiligten.
Der Doktor war unmittelbar nach sei
nem Eintreffen erst nach der Waldschenke
geeilt, um seinen Patienten zu besuchen.
Er kam fröhlich zurück, denn die Lebens
gefahr für denselben war glücklich beseitigt
und seine Genesung nicht mehr zweifelhaft
Der muntere, alte Herr sah mit einem
einzigen Blicke, wie sich die Sachen im
Zollhanse während seiner kurzen Abwe
senheit gestaltet hatten und er sagte mit
„Nun, wie stebts, Lieber? Von Ihrem
dürfen" getreu bleiben darf."
Die Damen batten Play in dem ele
ganten Putzzimmer der seligen Frau ge
„Was bat inein Alterchen wieder vor?"
fragte die alle Doktorin, die mit sichtlichem
Behagen vom Sopha aus das Zimmer
mehrfach durchmustert hatte.
„Ach, er scherzt mit dem Herrn Witte,"
meinte Tante Heyden lächelnd. „Was
müssen Sie sich glücklich fühlen, Frau
Doctor, einen Mann zu haben, der Alles
„Meinen Sie, Frau Tante," erwiederte
die alt! Dame trocken. „Ich denke, es
würde mein Glück kaum vermindern, wenn
mein Alterchen von Natur etwas ernsthaf
ter und überlegter wäre. Er läßt sich all
zusehr von den Eingebungen des Augen
besondern Glücksstern stände, würde er
schon manches Unheil gestiftet haben. Aber
—es glückt ihm Alles, selbst Uebereitungen
schlagen zu seinen Gunsten und zum Bor
theil Anderer aus."
Juliane lächelte die alte Dame herz
lich an.
nicht wahr?" fragte sie.
„Allerdings liebes Kin? —Sie gehören
mit zu meines Alterchen gelungenen Ue
bereilungen," erklärte die Frau Doctor
sehr freundlich. „Aber gerade in diesem
Fall« hat sich sein Glücksstern glänzend
bewährt. Ich nehme diese Gelegenheit
wahr, um Ihnen im Namen meiner seli
gen Cousine Fedderhof herzlich Dank zu
sagen, mein bestes Fräulein."
„Nicht wahr, Frauchen," rief der Doc
tor, der unbemerkt näher an die Thür des
Damenzimmers getreten war. „HerrNach
bar Witte hat mir soeben eingeräumt, daß
ich gründlich recht gehabt, folglich nicht
dazu verdammt werden könne, „Hunde
statt Menschen zu kuiren."
Der Pathos, womit er sprach, wirkte
wahrhaft schlagend. Ein allgemeines Ge
lächter lohnte ihm seinen drolligen Einfall.
„Was das wieder für eine absurde Idee
ist, Alterchen," warf feine Gattin, eben
falls vom Strome der allgemeinen Heiter
keit ergriffen, lachend ein.
„Sei still, Schätzchen ich kenne Dich
jetzt besser, als sonst und weiß, daß Du
mich, trotz aller meiner Schwächen für ei
nen Engel hältst und an meine Tugend s»
fest glaubst, wie an Gott selbst."
„Ja du mein Himmel, Alterchen —"
fuhr die alte Dame in scherzhaftem Zorn
auf. „Wo hast Du denn das aufgelesen?"
„Deine eigenen Worte, als ich auf der
Anklagebank saß!" entgegnete der alte, jo
viale Herr in Erinnerung des Gespräches,
das er an jenem Abend, wo er im RathS
keller vom Prozesse Scharfenbeck gehört,
mit ihr geführt hatte.
„Nun hören Sie nur, meine Herrschaf
ten!" rief die alte Dame mit komischer
Empörung. „Nicht ein Wort ist wahr in
seinem Munde!"
„Was? ÄZillst Du leugnen, böses Frau
chen, daß Du mir, höchst poetisch, einge
standen hast, mich mit demselben Muthe,
wie jene Pauline Selbig ihren Scharfen
beck, vertheidigt zu haben, wenn ich auf
der Anklagebank gesessen und zwar nach
Deiner Ueberzeugung unschuldig dahin
placirt gewesen sei?"
„Gott die alte Geschichte, Alterchen!
Habe ich Dich nicht gebeten, solche Nar
renspossen zu lassen? Wer denkt nachher
an solche flüchtige Unterhaltungen!"
„Ei was! Für mich war diese Unter
haltung von der allergrößten Wichtigkeit,
renn sie enthüllte mir Lichtseiten, Son
nenstrahlen Deines Innern."
„Höre nur auf," schalt die alte Dame
lachend.
„Warum soll ich nicht noch Deine groß
artige und edelflnnige Erklärung hinzu
fügen, daß Du mich aber jedenfalls in
vollem Tugendzorn verleugnet habe» wür
fen hätte."
„Ganz gewiß hätte ich das ausgeführt,"
siel sie mit ergötzlichem Eifer ein, „und im
Grunde müßte ich noch jetzt Anstalten
wer so aus der Schule plaudert nnd die
Geheimnisse eines Ehegespräches zu Necke
reien benutzt, der gehört wohl halb und
halb zu den —"
„Engeln," schnitt ihr der Doctor ab.
„Du bist und bleibst doch mein allerbestes
Frauchen. Sie sehe», Nachbar Witte, daß
meine Affectionen für andere Damen die j
Treue meines Herzens nicht im geringsten
rrschüttern."
„Dieser Behauptung trete ich bei,"
sprach die alte Dame vergnügt. „Es ge
hört zu den guten Angewohnheiten mei>
neS Alterchen, sein Herz mit aller Liebe
und Treue für mich zu reserviren."
„Und denken Sie nur," schaltete der
Doctor fröhlich ein, „diese Angewohnheit
hat mein Frauchen nachgemacht." Die
beiden allen Leute reichten sich die Hände
unter dem Beifallslachen des Holzhänd
lerS. Die übrigen Anwesenden fühlten
Unwillkürlich suchte Fedderhof'S Blick
Juliane. Nie war sie ihm so hübsch er
schienen, als in der sinnigen Ruhe, womit
sie auf die alle Dame fchauete. Eine ei
genthümliche Mischung von Verehrung
und Selbstzufriedenheit gab ihrem liebli
chen Gesichle einen ganz andern Charak
ter, wie sonst. Es war, als habe der En
gel des Friedens ihre innerlichen Zerwürf
nisse geschlichtet, als sei Gottvertrauen an
dir Stelle von Menschensurcht getreten
und habe ihr Selbstbewußtsein gehoben.
Was die Ursache dieser merkwürdigen Be
schwichtigung sein könnte, begriff Fedder-
Hof nicht und er rächte auch kaum darüber
nach. Noch hing sein Blick verstohlen an
dem holden Gesichte, als Herr Witte den
Doctor fragte, was denn der Brief, wel
chen er Tags zuvor aus Nonnenburg er
halten, Neues vom Prozesse des Försters
Scharfenbeck gebracht habe.
Eine flammende Röthe, wie das Er
zeugniß eines Schreckens, überzog Julia
nen» Angesicht, ihre Augen hefteten sich
weit und unheimlich gespannt auf den
Doctor, svnst aber verrieth nichts, daß diese
Frage sie innerlich bewegt habe.
Fedderhos richtete seine Aufmerksamkeit
ärgerlich antwortete: „Nichts Neues, Lie
ber! denn wa« der junge Herr mir »uS
Nonnenburg meldete, steht heute schon
wörtlich im Ballenhauser GebirgSboten
und ist möglicherweise eine Ente, die alle
Feuilletons durchschwimmt, um schließlich
als eine Erfindung erklärt zu werden."
„Ich denke, der Prozeß Scharsenbeck'S
hat mit seiner Freisprechung geendet,"
sagte Fedderhof gleichgültig.
„Haben Sie denn das Inserat noch
nicht gelesen? Es steht ja groß und breit
im GebirgSboten, daß durch einen anony
men Brief ein junger Handwerker, der sich
zur Zeit auf der Wanderschaft befindet,
als Eigenthümer der Mütze bezeichnet sein
soll, welche als corpus delicti auf dem
Mordplatz gefunden ist. Der junge Hand
werker ist bei der Controlversammlung ge
genwärtig gewesen und will eine Mütze
bei der sehr beschleunigten Abreise zur
Bah» eingebüßt haben. Es circuliren
artige Vermuthungen; so lange indeß die
Staatsanwaltschaft keine Einschreitungen
für nöthig hält, muß man Alles für un
haltbares Geschwätz halten."
„Ich bin nie in Zweifel über diese Ge
schichte gewesen," meinte Herr Witte in
seiner aufrichtigen Manier. „Scharfen
beck ist der Thäter. Er ist von Ekert ge
reizt, wodurch, das weiß Gott allein; Ekert
war ein gutmüthiger Mensch, ich habe ihn
gekannt, dabei aber ein eingebildeter Narr
undein unbehtiflichei, schwersälligerMan»,
der drei Mal durch und durch geschossen
werden konnte, ehe er sich ein einziges
Mal umdrehte. Alle Beweise von Schar
senbeck'S Alibi können richtig sein und
doch ist er der Thäter, denn es giebt kei
nen andern Menschen, der es gethan ha
ben kann. Seine Braut, die Pauline
Selbig, hat rechtschaffen gehandelt, was
auch die Leule sonst sagen mögen. Wenn
sie eines Tages gewahr werden sollte, daß
sie im Irrthum gewesen ist, so wird dies
arme Frauenzimmer sicherlich sehr unglück
lich und vergeht vor Kummer. Am ge
scheidesten wäre es, Scharfenbeck jagte sich
eine Kugel durch den Kopf, dann hätte
alles Elend ein Ende."
„Wie ich den Förster schildern hörte, so
fällt es ihm gar nicht ein, sein Leben zu
Doctor.
„Mir thut seine Braut unbeschreiblich
leid," schaltete Fedderhof mit bedeutungs
voller Betonung ein.
theste Person im ganzen Drama!" rief der
Doctor.
„Sie sollte sich weigern, die Fran eine«
Angeklagten, eines Verdächtigen zu wer
den, sie sollte sich frei von den Banden
machen, die sie mit ihm vereinen, noch
wäre es Zeit; ist sie erst seine Frau, so
muß sie alles mit ihm tragen, selbst seine
I Schuld," sprach die alte Dame.
! „Wer möchte einer liebenden Braut
wohl diesen Rath beibringen?" fiel Herr
Witte ein. „Keine Braut hört auf Nath
! schläge."
„Die Liebe ist nun einmal eine ver
! schönernde Kraft und eine verblendende
Macht," meinte Frau Heyden in ihrer
sanften, leisen Weise.
„Um so verehrungSwürdiger stehen die
jenigen da in der Welt, welche sich aus ei
genem Entschluß von einem unwürdigen
Gegenstände, de» sie geliebt haben, wie
nichts in der Welt, loszureißen vermögen,"
sagte Fedderhof mit gehobenem Tone.
Juliane hatte scheinbar theilnahmlo«
dagestanden. In diesem Momente wen
dete sie sich und ging aus dem Zimmer.
Aber sie verließ die Gesellschaft nicht im
die vernichtende Kraft verloren, seit sie der
Theilnahme eines Mannes wie Fedder
hof sicher war. Die Bürde, welche sie al-
Worte, die er dem Gespräche beigemischt,
verriethen ihr seine Meinung und seine
Anerkennung, sie. ging, um möglichen
Aufregungen zu entfliehen, die den Frie
den ihrer Brust wieder stören könnten.
Nach ihrer Entfernung sagte die Docto-
rin mit Nachdruck
„Meinen Sie nicht, Vetter Fedderhof,
, i din zu verehren haben?"
Der Hausherr zuckte mit dem Anscheine
- von Gleichgültigkeit die Achseln und Herr
. l Witte rief feurig! „Den Mann könnte ich
z mit kaltem Blute niederschießen, der einem
> solchen Mädchen den Himmel getrübt hat."
' „Ei, ei, Herr Witte," warnt« der alt«
' wenn ich mich beeilte, Ihrer Frau von die-
s«r urplötzlichen Aff«ction Mitteilung zu
s > mach«»?"
Ao. 3?.
„Das Geschäft will ich allein besorgen,
Doctorchen," erwiderte der Holzhändler
gemüthlich lachend. „Ich nehme hiermit
feierlich Alles zurück, was ich gestern über
besagten Gegenstand geäußert habe und
erkläre, daß ich zu Ihrer Fahne schwöre."
„Sie haben sicherlich vorurtheilsvoll
über Julianen gesprochen?" meinte die
alte Dame.
„Was die Leute mir eingetrichtert hat
ten," entschuldigte sich der Mann.
„Ich kenne das! Solche Beurtheilun
gen gehen von den Dienstboten des Hau
sea aus. Die Unzufriedenheit derselben ist
der Wurm, welcher nie schläft," sprach die
alte Dame. „Zügelt man auch die Will
kürlichkeite» solcher Leute, ihr Wort, ihr
Urtheil, ihre Klatschsucht kann man nicht
unter Aussicht haben. Sybille hatte zu
viel Macht erobert, als daß sie sich ohne
Widerstand in ihre Grenzen zurückdrän
gen lassen sollte. Sie wird das Thal schon
alarmiren mit ihren Reden und Klagen."
„Es geht noch an, Frau Doctor," »r
-widerte der Holzhändler. „Sybille läßt
dem jungen Fräulein doch in vielen Stük
ken Gerechtigkeit widerfahren, nur behaup
tet sie steif und fest, „sie sei irre im Kopf
oder habe ein böses Gewissen."
„Julianens zeitweilige Aufregungen
haben Sybillen zu diesem Urtheil verlei
tet," erklärte Frau Heyden.
„Diese Aufregungen gründen in einem
tiefen Kummer," fügte Fedderhof ruhig
hinzu.
„Darauf schwöre ich jetzt!" rief Witte
exaltirt.
„Erlauben Sie," begann der Doctor,
„daß ich meine Ansicht über die Sybillini
fchen Orakel zu Tage fördere. Diese Kü
chendame hat ihre frühere Stellung im
Hause sehr ausgedehnt dazu benutzt, ih
rem schwachen Magen Wohlthaten zu er
zeigen und die Vorräthe Fedderhofs ha
ben dazu dienen müssen. Daß Fräulein
Liebau ein wachsames Auge auf Alles hat,
stört sie in ihrem Thun und Treiben und
daraus entstehen ihre Urtheile."
„Ich werde diese Ansicht zu verbreiten
suchen," sprach der Holzhändler lebhast.
„Darum eben habe ich sie Ihnen mit
getheilt, Lieber," antwoitete der Doctor
sarkastisch.
Juliane kam mit den Kindern zurück.
Sie trug die kleine Ida auf dem Arm,
setzte sie aber plötzlich nieder auf den Fuß
boden und sagte: „Nun laus' aber schnell
zum Onkel Doctor und sag' ihm guten
Tag." Das Kind that wie ihm geheißen
war.
„Seit wann läuft denn die Kleine?"
fragte der alte Herr erfreut. „Ich klage
Sie der Zauberei an, mein Fräulein."
„Ganz natürliche Zauberei," erklärte
Juliane freundlich. „Das Kind hatte
Bequemlichkeit vor, zu kriechen. Eine
kleine Anleitung genügte, und seit Tante
Heyden die ersten Versuche eines Spazier
ganges durch die Stube mit einem BiScuit
belohnt hat, bedient sich Ida stets ihrer
zwei Beine.
„Da» sind die Freuden unsers stillen
Hauses," fügte Frau Heyden hinzu. „Wir
alten Menschen laufen den Freuden des
Himmels entgegen und werden täglich
ten und Vergnügen der Außenwelt, den
Kindern aber ist schon ein BiScuit der
Sporn zum Vorwärtskommen."
„nein, unsere Freude am Leben schwindet
au« uns alten Menschen nicht, meine Liebe,
sobald wir nur die Hoffnung auf mögliche
Erdenfreuten aufrecht halten. Als Sie
Ihr« gänzliche Erblindung tagtäglich er
warteten, da erstarb Ihnen der Sinn für
diese kleinen Freuden Ihres stillen Hauses
und sie ließe» feigherzig das au« Ihrem
Interesse verschwinden, wa« ihnen zur Ab
wechselung und Erheilerung hätte dienen
aus seinem Recepte schreiben müßte „Ar
beiten hilft besser, als Arznei!"
Die halbblinde Tante hob ihre schweren
cheln zum Doctor auf.
„Ich gebe Ihnen in allen Stücken recht,
Doctor, nur mache ich Sie noch darauf
aufmerksam, daß es mir gerade so erging,
' wie unserer kleinen Ida. Mir fehlte die
' richtige Anleitung zum Selbstvertrauen,
al« mir diese gewährt wurde vom Geschick,
> probirte ich meine Geistetkräfte, um mich
r auch fürder nützlich zu machen. Jetzt kom
> men Sie und hören Sie was ich an un
> serm Aeitesten für einen gelehrigen Schü
' ler habe. Wir wollen Ihnen zeigen, was
! die alte, blinde Tante leisten kann."
, Man gruppirte sich um den Flügel, an
- welchem der Knabe Max neben seiner
> Taute Heyden Platz nahm und hörte mit
(Siehe »int« S»<te.)