Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, September 02, 1869, Image 1

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    Scranton Wochenblatt.
ö. Jahrgang.
Dr. F. Bodeman,
Cedar Straße,
Im Hause des Herrn Peter Franz.
OPce-Stuaden, Morgens von B—9
Nachmittags „ !—t>
AbendS „ B—9
In Abwesenheit wird Herr gränz Nachricht er
theilen. ?mz7
Dr. Camill Krejci,
Arzt, Wundarzt n. Geburtshelfer,
Office in Wyoming Avenue, Kaiser'S Haus,
«rtinirt von 1 t Uhr Bormittags bi« 3 Uhr Nach
mittags täglich. .
Impfung jeden Montag, Mittwoch und .xrei
tag, von l 1 Vorm. bis 3 Uhr Nachm. 28n7
Dr.
Deutscher Arzt,
Wundarzt und Geburtshelfer.
Offiee im Hause von Z. Schimpff, Cedarstraße.
Sprechstunden ?)korgens von B—9, Mittags von
t—3, Abends von k—B. IW
Deutsche Apotheke,
»18 Lac?» Wanna Avenue,
schrägüber dem Wyoming Hause,
9apB H. F. Lobcck. "
Gustav Hahn,
deutscher
Advokat und Nechts-Auwalt,
WilkeSbarre, Luzerne Co., Pa,,
empfiehlt sich dcm deutschen Publikum in allen in
lein »ach AuSst-Uun-
An und Kollektionen, ruckständige Löhnung von
Offizieren und Soldaten, Penfioncn für solche, die
im Dienste Verletzungen erhielten und arbeitsun
fähig wurden, und für die Wittwen gefallener Zol
werden aufs Pünktlichste besorgt. >
schnell'ausgestellt.
Office mit Stanley Woodward, ESq., Franklin
Straße, der Presbyterianischeu jiirche gegenüber,
ji', Januar lBii»i. ba
Chas. Dupout Breck,
Advokat und Sachwalter,
Käufer »nd Verkäuftr von Grundeigenthum und
Agent für den Verkauf von Lotten des altcn
„Sloeui». Eigenthum?."
Ferner Agent für dieLycoming Connw Mutual
Versicherung« Co., inkorporirt 1849. Kapital über
Liese Gesellschaft fährt fort, zu
mäßigen Preisen zu versichern und ist pünktlich in
der Bezahlung aller ehrliche» Ansprüche.
Office in Sanderson u. Co. S geg^en geg^en-
Friedrick Sckrader,
Sarsaparilla und Mincralwasscr,
Fabrik in Mulberrystraße, zwischen Pen» u. Wyo-
Porter, Ale und Lafterbier,
in Flaschen, wird zu den niedrigste» Preisen im
Großen nach allen Plätzen der City kostenfrei ge-
>>'l h i , in <Äe
'Gesundheit sehr zuträglich ist. Las Geschäft steht
prompte Berücksichtigung.
2tiba Fr. Schräder.
Stewart Potter, Nachfolger von
«Y. 3Valter,
Schiffs- und Assernranz-Agent,
«He Arten von <. o»t r aNc
Stklinton, 39. Jan. IBKK. tj
John (H. Sattor S 5 <?o.,
Groeeries und^Prov e>«
Bäckerei verlegt.
deutscher Knchen jeder Art stets
Auswahl. Hobn Lutz. 8j19,3m
"iirWbvr
UN? zu jeder Zeit; Austern, roh
und gekocht ; Ire Cream und Sodabrnnnen, mit
den feinsten SyrupS. Ci» eleganter Saal für
'N ' cht d « ' ' t
Scranton, I». Jan. lBtik. da
Fischer nnd Kronzer,
Groccrie» und Provislvve»,
alten immer vorrätbig die beste Auswavl von
«rocerien, Mebl und Futter, deutsche Früchte,
Zucker, »affee, Tbee u. s. w. Las deutsch» Pu
blikum ist eingeladen, un» mit seiner jtundschaf
u beebren und sich zu überzeugen, daß wir du
teste Waare zu dem billigste» Preise verkaufen,
tnba Fischer und Äro»)»r.
Pittsburg, Viuctuuati und St. Louis Viseubah,,.
Vermittelst dieser Bahn crsparen Passagiere tv Stunden Zeit, zwei Wechsel in den
Wagen, I tt<t Meile» nach Tinclnnati, 112 Meilen nach St. Louis und ZV Meile» nach Chicago.
Dieses ist ebenfalls die kürzeste und schnellste Linienach
Indianapolis, LouiSville, Memphis, Mobile, New-OrleanS,
St. Joseph, Kansas Tily, Logansport, Milwaukee, St. Paul,
und nach alle» Punkte» westlich, nordwestlich und südwestlich.
Drei durchfahrende Auge
verlassen Harrisburg täglich und stellen ihre Verbindung nach folgender Zeit-Tabelle her:
Verlassen HarriSbura, ... 4.15 Nachm. 12.2» Vorm. 4.>5 Vorm.
„ Altoona, .... 9.45 „ 5.10 „ g.»5 „
„ PittSbarg, .... 3.1 D Vorm. 1».I» „ 2.45 Nachm.
Dennison. .... 8.»» ~ 1.52 Nachm. 7.4» ~
Newark, .... II.»5 4.25 „ 1».3» „
„ ColunibuS, .... 1.15 Nachm. 5.5» ~ 12.4» „
Ankunft in Cincinnati, ... ti li» „ l».4» „ 7.2» „
„ Indianapolis, ... 8.55 „ 2.85 Vorm. 8.5» Vorm.
„ Logansport, » » - l».4» Vorm. 2,51> „ !>.4» ~
„ Ehieago, ' - - - - !>.>» Nachm. 8.1» „ 2.45 Nachm.
„ Cairo, .... 3.35 „ 3.3» Vorm.
„ St. Louis, .... 8.45 Vorm. 3.45 Nachm. I».iN Nachm.
„ LouiSville, .... 1.5» „ 7.3» Vorm. 4.15 „
„ Nashpille, .... 5.2» Nachm. 5.2» Nachm. 3.55 Vorm.
~ Humboldt, ...» 12.35 Vorm. 1».15 „
„ Memphis, .... 5.3» „ 2.45 Nachm.
New-OrleanS, ... 2.»» „ 12.3» „
Gen. Ticket Agent für den Osten, No. 526 Broadway, New-Aork City.
In Sera »ton kann man Tickets erhalte» bei Hrn. O'Eonnor, Office der D.< L. u. W. R.R.
In WilkeSbarre bei Hrn. Taylor, Office der Lehigh Valley Eisenbahn. Bap9
Karl D. Nenffer,
St Kull,
Großes Mobilien-Lager/
Alle Zeit >'» großer Auswahl Bu-
A»Szich-Tische, Bettstätten jeder Art, Maka,zen
Lokal-Bcränderung.
Mölicln! Möbcln!
Grießer « Co.,
Scranton, 28. Febr. IBtik.
t<cdarstr isic Mvßvl -(^efcdäft,
von David Neuis »nd Sohlt.
Nf7ba ' Da»i d ?!culs und^Sohn.
Germania
Lrbcns - Versicherung« - <sompa>i»tr,
Kapital und Ucdcrschufi, P 77«>,lX>!> M
Jährliches Eiulomme» >w
Versicherungen »U
n»z d Ä
23»8 Hedar Straße.
?teues
Etablissement.
Klciber-Geschäst,
in I- Zeidler's Gebäude,
gc^n
Zeidler'S Block.
Scranton, 29. April 1863.
Scranton, Luzerne Connty, Pa., Donnerstag den 2. September IBM.
Philip Nobinson,
Brauerei und Lagerbicr-Zaloo,
lij. lan/ldtiti. b^
Henry I. Ziegler,
Blech- und Eisenwaaren,
tikel, sowie Llkchwiiarcn jeder Art. Prei?billig
und Waare gut. 23ag6ba
Joseph Ober,
Blech-, Kupfer- ä- <?isenwilaren,
Äiesser, Gabel», Löffel, Bügeleisen
jeder' Art. 2Um,B
«Ucse?'t^
einschlagende Waaren, wie Cigarren, Rauchs
auf Vorrath halte. Alle Artikel sind ron bester
Qualität.
Ivjn9 Henry Luther.
Peter «Yättich,
PeroScopische neu oder in alte Gestelle
eingeseht. -tfgba
Spart Guer Geld.
Scranton Sparkasse.
! Dieses Institut ist eröffnet in
Weibern,
kommen ist. Bnk z -
James Blair, Präsident.
James Archbald, <» .
I°hnH.Su t p h i n.
OSear C. Moore, Tashier.
Direktoren und Verwalter.
James Blair, John Handle»,
James Archbald, Tanford Grant,
John H. Sulphin, I. F. Hunt,
Daniel Howell, George gisher,
JameS S. Slocum.
Stranton, 3. Okt. t 867.
CmiiliicrcialHau^
tränke mir das de» Publikums ,» er
werben. (-»f9) Charles Bosse.
»euer Arbeil jeder '.>««» sowi/ zu Reparaturen.
John Weinß.
Seranton, !j. Juni ISW.
GeschciftS-Karten. 'Wo
C. Q. Carman, Händlerin
PineßrookKohien
Office in No. lW Pcnn Avenue,
2jlB Tcranton, Pa. lj
D. Collins,
Rechts-Auwalt.
Office», Lackawanna Avenue (über dem
Peter Creter,
HanS-, Schild-,
Fresco-Lk Ornamental-Maler,
Zsredr. W. Günster,
deutscher Advokat u. Rechtsanwalt,
Offire in Hull'S Block,
2908 Scranton, Pa. da
A. <5. Konarson,
deutscher Uhrmacher L» Juwelier,
Wyoming Ave., dem Wyoming HauS,
Scranton, li). Jan. 1k66 da
G. Merrifleld,
Advokat und Sachwalter,
in John Zeidler'S neuem Block, Lacka-
Freigesprochen!
(Forlsetzung.)
Die nächsten Tage vergingen Scharfen
deck in überhäuften Geschäften. Er mußte
der Reise. Die alte Grete hatte das Haus
fest zu.^
kein LiebtSzeichen zukommen ließ. Was
sollte er davon denken? Hätte Pauline
sich nicht so edel und liebevoll in den Assi
sen benommen, so würde er auf den Be
hältniß mit ihm lösen. Aber diese Idee
erschien ihm absurd nach den Vorgängen
im Gerichtssaal. Was war vorgefallen?
Was hielt die beiden Frauenzimmer in
jener Stadt zurück, wo er freigesprochen
war? Es vergingen abermals einige Tage.
La kam der Jägerbursche eines Abends
heim und sagte, er habe Licht im Hause
der Frau Bertram gesehen, auch habe es
ihm geschienen, als fahre ein Wagen nach
züglich hinzueilen, um seine warme Für
fprecherin zu umarmen. Dann siegte feine
kalte Vernunft.
Tage, wo er auf der Anklagebank saß,
hatte sie kein freundliches Zeichen unver
änderter Zuneigung finden können, so
mußte er ihr zeigen, daß er sich von dieser
Zurückhaltung verletzt fühlte."
Die Nacht verging ihm indeß unter
wüsten Zläumen. Iln» war es, als zöge
eine Wolke langsam am Horizonte auf
und verbreite sich über das Land. Die
Wolke schwebte erst hoch über ihm, dann
senkte sie sich und kam ihm so nahe, daß
dorthin was kümmerte ihn die Wolke
noch, die hinter ihm stand. Da bildete
sich plötzlich aus dem Sonnenglanze ein
Feuerstrahl, welcher sich ebenfalls langsam
auf ihn zu bewegte, welcher ihm immer
näher kam und ihn mit Vernichtung be
drohte. Mit einer gräßlichen Verwün
schung suchte er auch diesem geuerstrahl
auszuweichen er erwachte! Kaum legte
sich aber ein leichter Schlummer wieder
auf feine müden Augen, so trat die na
menlose Angst wieder ein. Endlich riß er
sich gewaltsam aus den Fesseln des Schla-
Tiese Stille überall! Er öffnete das
Fenster und athmete die frische kühle Nacht
luft ein. Seine Seelenruhe kehrte zurück.
Was hatte er denn zu fürchten ? Er war
Verdacht des Mordes festzuhalten. Nichts
stand seinem hemmend entgegen.
Was beunruhigte ihn also? Sein Ge
wissen ?
Der Förster pfiff leise eine lustige Me-
lodie und schlug sein Fenster zu. Ihm war
zu rechter Zeit eingtsallcn, daß in diesem
Försterhause ein alter Mann beinahe vier
zig Jahre sehr zufrieden und glücklich g«.
lebt, der sich stet« gerühmt hatte, mit eige
ner Hand in einer Schlacht sieben Man
ner niedergeschossen zu haben. In der
Schlacht war mithin das erlaubt, weßwe
gen man ihn gefänglich eingezogen und
mit Verdächtigungen gequält hatte? Wenn
so konnte er sicher darauf rechnen, eine
nicht erwiesene Schuld mit der Zeit zu
vergessen. Aber freilich freilich Ein
Frost durchrieselte ihn und er wickelte sich
fest in seine Decke, um nun zu schlafen.
Am nächsten Tage wartete er, fieberhaft
aufgeregt, von Minute zu Minute auf ei
nen Besuch seiner Braut, ös stand ihrer
Vcrheirathung gar nichts entgegen. Das
Haus war schon fertig gewesen zur neuen
Einrichtung. Die Zimmer oben hatte seine
Braut neu tapeziren lassen —nur di« Mö>
bei brauchten hineingestellt zu werden, um
sie wohnbar zu machen. Vielleicht lag in
diesem Umstände der Grund zum Ausent
wvrden war. Dort fanden sich Möbelma
gazine—Pauline liebte eine feine, elegante
und die Mittel dazu be
faß sie. Ihr Vater hatte ihr ein kleines,
hübsches Kapital hinterlassen eine cr
wüuschtc Mitgift, da der Ertrag der För
sterstelie den verfeinerten Ansprüchen der
Zeit nicht genügend entsprach. Ein« Erb
schaft von einem Verwandten war dem
Förster Selbig zugefallen und hatte ihn
vermocht, feinem Töchterchen, dem einzig
ührig gebliebenen Sprößling feiner Ehe,
eine bessere Erziehung angedeihen zu las
sen. Das war dem jungen Scharfenbeck
willkommen, als er den Entschluß faßte,
sich sür'S Forstfach so weit auszubilden,
laß er als Revierförster angestellt wurde.
Seine Bildung auf dem Gymnasium, ver
bunden mit der ersten Erziehung in seiner
gebildeten Familie, gaben ihm ein gewisse»
Recht, von seiner künftigen Gattin eben
falls Bildung zu verlangen. Daß der Geist,
daß der Verstand seiner Braut ihn bei
weitem überragte, fühlte cr nur dunkel, da
sie mit liebevoller Demuth stets seiner
Meinung nachgab. Er wußte, daß er das
Ideal ihres jungfräuliche» Herzens war,
daß sein Bild in ihrem unschuldigen, vom
Thron hatte, den ihm Niemand streitig
machen konnte. Ihre seurige Vertheidi
gung im Gerichtssaale war ein Beweis
für ihn, daß nicht der Hauch eines Arg
wohncs ihre Seele durchflogen hattc, daß
sic ihn für gänzlich schuldlos hielt.
Wie kam es wohl, daß Scharfenbeck sich
in dieser Rückerinnerung an die Geistcs
traft seiner Braut plötzlich ihrer öffentli
chen Erklärung bewußt wnrde, „daß sie
nicht anstehen würde, ihren Verlobten der
That zu überführen, wen» sie so fest von
seiner Schuld überzeugt wäre, wie von fei
ner Unschuld."
„Sie wär'S im Stande!" murmelte cr
in so gehässigem Tone, daß die alte Grete
von ihrem Spinnrocken aufblickte und
furchtsam das vom innern Groll entstellte
Gesicht ihres Herrn musterte. Sie war
nicht zweifelhaft darüber, was ihn so zor
nig mache. Ihr selber fiel nachgerade die
Kaltfinnigkeit der Braut auf, die sonst
täglich auf einige Stunden im Förster-
Haufe geweilt und sich mit ihrer neuen
Hauseinrichtung beschäftigt hatte. Was
mochte vorgefallen fein, daß Fräulein Pau
line sich nicht sehen ließ? Gegen Abend
warf der Förster die Büchse über die
Schulter und sagte, er wolle revieren.
„Wenn das Fräulein aber untcrdessen
kommt, Herr Förster," sagte die alte Magd.
„Dann wartet das Fräulein, bis eS mir
gefällt wieder zu kommen," antwortete er
barsch.
Er ging und die alte Grete schauete ihm
bekümmert nach.
„Das wird doch mit ihm mein Lebtag
! nichts Gutes," sagte sie nachher vertraulich
zum Forstgehilfen.
„Geben Sie Acht, Heinrich, das Fräu-
lein nimmt ihn nicht, trotzdem er steige
fprochen ist, und dann gnade ihr Gott!
! Ich weiß ja Bescheid, in unserm Herrn
! steckt ein Hochmuth und ein Dünkel; wcnn
Herr Ekert ihn mehr respectirt hätte, lebte
erhcutcnoch." Der Forstgehilfe antwortete
der Klugheit gemäß darauf kein Wort.
„Fräulein hatte ihren Bräutigam zwar
sehr lieb," schwatzte die Alte weiter, „ja.
ich möcht' sagen, weit mehr lieb, als er
eigentlich verdiente—sie that ihm Alles zu
Gefallen sie sah ihm Alles an den Au
ge» ab für sie war er der schönste, der
klügste und beste Mann unter Gottes
Sonne."
„Wie ein Mädchen sich durch die Liebe
so verblenden lassen kann, begreife ich
nicht," warf Herr Heinrich ei». „Fräulein
Selbig konnte einen ganz anderen, einen
besseren Mann beanspruchen weit her
> ist'S mit dem Herrn Förster gar nicht und
! sein Fach versteht er durchaus nicht—aber
Fürsprache hilft dem Dummen sott. Gut
schießen kann er und gut treffen auch, das
j hat er bewiesen."
„Sie meine» doch nicht?"
„Ich meine gar nichts, alte Grete.
Meines Bleibens ist hier nicht mehr lange,
mein Vater will es nicht, daß ich mich aus
irgend einem Verschen der Gefahr aus
setze; übrigens spricht man davr», daß
eine Petition an die Behörde abgegangen
ist, worin um Versetzung dcS Försters ge
beten wird. Man fürchtet sich vor dem
„Freigesprochenen", alte Grete," schloß er
bedeutungsvoll lächelnd.
Die Haushälterin nickte beistimmend.
„Ach Gott ich schlafe fast keine Nacht,
Heinrich," klagte sie, „und als der Förster
in dieser letzten Nacht ausstand und sein
Fenster aufriß, da kroch ich vor Angst un
ter die Bettdecke. Ich werde künftig den
Laden in meiner Schlafkammer vorsetzen
und die Thür verriegeln. Wenn Sie ab
gehen, bleibe ich auch nicht länger. Ich
stelle mich kiank und lasse mich zu meiner
Schwester bringen, die in Scherfig wohnt."
„Was?" fragte der Forstgehilfe über
rascht „aufgestanden ist der Förster in
der Nacht? Also ist cr es gewesen, der so
lustig pfiff? Dertausend! Ich wachte auf
und hörte Jemand pfeifen. Daß es unser
„Nun, wer es nicht aus Lustigkeit thut,
Heinrich," flüsterte die Haushälterin, „der
thut es viqAcicht aus Verzweiflung." ,
Ein Winseln im Hundestall störte diese
Luft machten. Heinrich sah Grete an und
Grete sah Heinrich an.
„Herr Gott da sind ja di« Hunde im
Stall?" sagt« der Forstgehilse. „Ich den»
„Wo e? Revieren will, braucht er wahr
scheinlich keine Hunde, Heinrich! Ich merk«
schon, er ist nach dem Wittwenhause am
aber cr ist viel zu stolz und dünkelhaft, um
uns sehen zu lasse», daß ihm an Pauline
Selbig etwas gelegen ist. Ein schrecklicher
Mensch, Heinrich."
Fünftes Kapitel.
Der Förster war in den Wald geschlen
dert. So lange er von seine» Hausge
nossen beobachtet werden konnte, hatte er
den Weg, der ihn tiefer hineinführte, bei
behalten. Als cr sicher war vor ihren
Blick«», schlug «r di« «ntgegengesetzle Rich
tung ein und befand sich sehr bald am
Rande des Waldes unfern vom Wittwen-
Nasch, als wünsche er auf dem Wege
dahin nicht ertappt zu werde», schritt er
darauf los. Die Fensterladen waren ge
öffnet, die Bewohnelinntn folglich zurück
gekehrt.
Als er näher kam, sah cr Frau Bertram
am Fenster sitzen, vor sich auf einem Lese
pulte ei» Buch, die Augen, mit einer
Brille bewaffnet, so aufmerksam und ver
tieft darauf gerichtet, daß sie ihn weder
sah noch hörte.
Er blieb vor dem Fenster stehcn und
wartete des Momentes, wo sie aufblicken
„Ach, Du mein Gott!" schrie sie laut
eine gewaltige, innere Bewegung.
„Wo steckt denn meine Braut?" fragte
er ziemlich rauh, nahe zum Fenster geneigt,
als wollte cr scinc Visite hier abmachen.
„lch habc keine Zeit, meine WiNhfchaft
„Wie so? Mo ist Pauline? Was hält
, j senbeck hastig hcrvor.
„Das läßt sich in zwei Worten nicht
gut beantworten, lieber Herr Förster,"
> ! sie lieber gar nicht sehen." Scharfenbeck
i lachte höhnisch.
> ! „Man wird oft im Alter kindisch, albern
c! und blödsinnig," murmelte er hörbar,
> Er folgt« jedoch der Einladung der
No. 33.
Frau Bertram, weil er vor Verlangen
brannte, seiner Ungewißheit ein Ente ge
macht zu sehen. Daß seine Braut eben
jetzt nicht anwesend war, errieth er so
gleich. Wo hielt sie sich auf? Warum
war sie nicht da, wo sie doch gern und aus
freiem Entschlüsse verweilt hptte?
Im Zimmer angekommen warf er die
Blicke scharf prüfend umher, um sich dar
über zu unterrichten, ob Pauline dasselbe
erst kürzlich verlassen hätte. Nichts ver
rieth ihm eine beschleunigte Entfernung
bei seinem Eintritt. Da stand ihr Näh
tisch der Nähkorb aber fehlte. Das
Fußbänkchen war seitwärts geschoben, mit
hin nicht gebraucht worden. Ungeduldig
wendete er sich endlich an die alte Dame,
dir ergebungsvoll die Hände im Schooße
gefaltet hielt und auf seine Fragen zu
warten schien.
„Jetzt erzählen Sie mir, was ich, dem
Anscheine nach, doch erfahren muß," sagte
er kurz und schlug die Arme übeicinander.
„Wo ist Pauline?"
„Ja, das weiß ich nicht, Herr Förster."
„Das wissen Sie nicht, liebe Frau,"
sprach er mit wilden, drohenden Blicken.
„Wollen Sie etwa eine Komödie auffüh
ren?"
„Ach lieber Gott! Ich bin in diesen
letzten zehn Tagen um zehn Jahre älter
geworden und sollte auf so gottvergessene
Gedanken komme»? Ich weiß in der That
nicht, wo Ihre Braut ist. Das aber weiß
ich, daß sie sich in einem Zustand« befun
den hat, der mich besorgt für ihren Ver
stand machte. Das arme Mädchen hat
im Städtchen mit mir bleiben müssen,
peil sie nicht im Stande war, den kurzen
Weg bis hierher zu fahren. Als sich ihr
Zustand besserte, bestand sie darauf sogleich
auszubrechen."
„Nun? Wo ist sie denn?"
„Sie ist fort! Gestern Mittag trafen
wir ein. Ich war wie zerschlagen und
legte mich sogleich zu Bett. Meine Magd
besorgte uns etwa? Essen gegen Abend
wachte ich auf—ich fragte »ach Pauiiaen
—sie war nicht zu finden. Meine Dorette
hatte sie gar nicht wieder gesehen. Wir
untersuchten ihre Sache» in einer entsetz
lichen Ausregung, weil wir glaubten, sie
könne sich das Lebe» in solch' einem An
falle von wahnsinniger Aufregung genom
men haben. Aber zu unserer Beruhigung
fanden wir nur, daß sie nicht ohne Ab
sicht nach Hause verlangt hatte, sie halte
sich mit Wäsche, mit Kleidung und mit
Geld versehen wollen—sie war fort."
„Und wohin kann sie sich gewendet ha
ben? Was wissen Sie mir darüber zu sa
gen?" fragte Scharfenbeck mit großer
Selbstbeherrschung, obwohl sein Blut in
fieberhafter Wallung war.
, Ich weiß gar nichts."
„Hat sie nie geäußert, was sie willens
sei?"
„Niemals! Als sie in halbem Wahn
sinn krank darnieder lag, hörte ich einmal,
daß sie flüsterte „Ich kann nicht —ich kann
nicht er muß sich trösten!" Ich schließe
fetzt daraus, daß das arme Mädchen den
Entschluß gefaßt hatte, nicht Ihre Frau
zu werden."
„Weßwegen sollte sie einen solchen Ent
schluß gefaßt haben?" fragte der Förster
ruhig.
Frau Bertram hielt es für klüger, lie
ber nicht zu antworten, als sich in Unan
„Haben Sie irgend etwas von meiner
Braut gehört, was auf diesen Vorsatz ein
wirken konnte? Irgend einen Tad,l —ir-
gend einen Verdacht?"
„Nein! Sie sprach fast gar nicht, son
dern lag immer mit gefalteten Händen
starr und still da."
„Hatte sie vielleicht nach der geschlosse
nen Schwurgerichtssitzung mit irgend Je
mand gesprochen?"
nicht mehr daran gedacht, wenn sie nicht
eines Tages die Worte geflüstert hätte:
Die Mütze—die Mütze!"
müthig.
„Ach so —" brachte er mühsam heraus.
„Wie mochte sie auf die Mütze gekommen
sein?"
„Das weiß ich nicht."
„Hatte Jemand die Mütze erwähnt?"
„Wir hatten ja Niemanden gesehen
und gesprochen, Herr Förster. Pauline
kam krank an im Städtchen und wir muß
ten dort bleiben bis sie gesund geworden
war. Einen Arzt wollt« das Mädchen
nicht —es war eine traurige Zeit für
mich alte Frau!" Es entstand ein« klein«
Pause.