Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, August 12, 1869, Image 1

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    Scranton Wochenblatt.
3. IlihrcMq.
Dr. A. Bodemau,
Ccdar Straße,
Im Hause des Herrn Peter Franz.
OHcc-Stu.ldcn, Morgens von B—!>
Nachmittags „ 3—6
Abends „ B—98 —9
In Abwesenheit wird Herr gränz Nachricht er
theilen. >
Dr. Kamill Krejc-,
deutscher
Nrzt, Wnndarzt n. Gebnrtshelser,
Osfice in Wyoming Avenue, Kaiser'S Haus,
ordinirt von I l Uhr Vormittags bis 3 Uhr Nach
mittags täglich. ,
Impfung jeden Montag, Mittwoch und Frei
tag, von I l Vorm. bis 3 Uhr Nachm. 28»7
vr.
Deutscher Arzt.
Wundarzt und Geburtshelfer.
Office im Hause von I. Scbimpff. Ccdarstraße.
Sprechstunden Morgen»! von B—9, Mittags von
j—3, Abends von 6—B. !9sB
Deutsche Apotheke,
41« Lackawanna Avennc,
schrägüber dem Wyoming Hause,
9ap3 H. F. Lobcck. U
W u ft av Y a d »«,
Advokat «iid NechtS-Anwalt,
Wilkesbarre, Luzerne ilo., Pa.,
emdsieb!» "l!, dcm deutschen Pnbliknin in allen in
<>in Fach einschlagenden Geschäftei>. Ausstellun>
.'c>> von Lo!l!nali»cn und schriftliche Arbeiten aller
Art und Eollcktivne», rückständige Vohnung von
Offizieren und Soldaten, Pensionen für solche, die
tm Tienste Verlegungen erhielten und arbeitsun
fähig wurden, und für dieWittwen gefallener Sol
daien, soivie Eollcktioiic» gegen die Ver. Staaten
werden aufs Pünktlichste besorgt.
Pässe für Solche, welche nach dem Ausland
eisen, werden schnell ausgestellt.
Osfice mit Staulcv Woodward, ESq., Franklin
Straße, der Preobvterianischcn jU'rche gegenüber.
l«>. Januar 1866. ba
Tupont Areit,
«ttd Sachwalter,
Agent"sur dcn Ärkan/ von des alten
„Sloeuin-Eigtiilbuml?."
Ferner Agent für die Vveomimi Countv Mutual
VersicheriiiigS Eo., inkorporirt Kapital über
Diese tticsellschaft fährt fort, zu
mäßigen Preise» zu versichern und ist pünktlich in
der Bezablnng aller ehrlichen Anlprüche.
Office in Sanderson ». Co.S Gcbände, gegen
iiiher den, Wyoming HanS, Scranton. I6jrB
Kriedrick Schräder.
Jalnkmit i.»n sprudelnde:!» (sr>.'iik Bier,
Slirl'aparilia und Mincrüiwnlftr,
Fabrik i» Mulberrysiraße, zwischen Penn u. Vv»'
ining Avenue.
Porter, Ale und Lagerbier,
in Flaschen, wird zu den niedrigsten Preisen im
Großen nach allen Pläßen der Eity kostenfrei ge
liefert. ' l G
,«rn, der alle andere» Fabrikate übertrifft uud der
Gesundheit sehr zuträglich ist. ?aS Grsch>ist stebt
fi'nden'p/on. vte Berücksichtigung.
26ba Fr. Schräder.
V. Stets,irt Dotter» Nachfolger von
(Y. .y. Walter,
" veu C ontra kten fertigt
G. H. Walter.
Scranton, ZO. Jan. 1866. lj
John <H. Failor Cv.»
und !
verlebt.
Au'owal >. 3°l>» V UP. " 8j19,1!m
4. Ward (früher Hydc Park) Pa.
Diese» im beste» Style eingerichtete Hote.' ist
Scranton, lt>. Jan. 1866. ba
Fischer uns Kronzer,
Grocericn und Provisionen,
alten immer vorrätliig die beste AiiSwabl von
Krocerien. Mcbl und Futter, deutsche Fruchte,
Mucker. Kaffee, Tbee u. f. w. Das deutsche Pu
ilikum ist eingeladen, un« mit seiner Kundschaft
u beehren und sich zu überzeugen, daß wir die
beste Waare zu dem billigsten Preise verkaufen,
tnba Fischer und Kronzer.
PittSbnrg, Cineinnati nnd Tt. Louis (<ise»baliu,
I' V X ll >l>l. L
Vermittelst dieser Babn ersparen Passagiere I» Stunden Zeit, zwei Wechsel in den
Wagen, ll titt Meilen nach Cincknnati, 112 Meilen nach St. Louis und g<j Meilen nach Chicago.
Dieses ist ebenfalls die kürzeste und schnellste Linie nach
Indianapolis, Louisvill-, Mobile, New-OrleanS,
St. Josevb, Kansas City, LoganSport, Milwaukee, St. Paul,
und nach allen Pnnkten westlich, nordwestlich und südwestlich.
Drei durchfahrende Züge
verlassen Harrisburg täglich und stellen ihre Verbindung nach folgender Zeit-Tabelle her:
Verlassen Harrisbürg, ... 4.15 Nachm. 12.2» Vorm. 4.15> Vorm.
~ Altoona, .... 9.45 5.1» 9.05 „
„ Pittsbarg, .... Vorm. 16.16 „ 2.45 Nachm.
Denniso», .... B.iX) „ 1.52 Nachm. 7.41 t „
Newark, .... 11.65 „ 4.25 .. 163» ~
„ ColuinbuS, .... 1,15 Nachm. 5.56 ~ 12.46 ~
Ankunft in Cincinnati, ... 6.1>6 „ '! V
„ LoganSport, ... 16.46 Vorm. 2.56 .. 9.4» „
Chicago, .... 9.1«» Nachm. 8.16 „ 2.45 Nachm.
Cairo, .... 3.35 ~ 3.3» Vorm.
„ St. Louis. .... 8.45 Vorm. 3.45 Nachm. Iv.»<> Nachm.
„ LvuiSville, - - - - 1.5» „ 7.36 Vorm. 4.15 „
.. Nafhville, .... 5.26 Nachm. 5.26 Nachm. 3.55 Vorm.
„ Humboldt. .... 12.35 Vorm. 1v.15 ..
" New-OcleanS. - - - 2.6» .. 12.3» „
„ Mobile, 1.3» „
Passagiere mit der „Pan Handle Noutc" fahren direkt von Harrisbürg nach Cineiiinati. obne
Wechscl der Wagen, nnd mit nur einem Wechsel »ach Chicago und St. Louis. 15» Pfd. Gcpäck
frei von Scranton oder WilkeSbarre bis nach St. Joseph, Mo., gechcckt.
Man frage nach Tickets via „Pan Handle Route und Indianapolis", welche an allen Haupt-
Gen. Ticket Agent für de» Osten, No. 526 Broadway, Nrw-?Iork City.
In Scranton kann man Tickets erbaltcn bei Hrn. O'Connor, Office der D.. L. u. P. N.R.
In WilkeSbarre bei Hru. Taylor, Office der Lehigh Valley Eisenbahn. Bap9
Aar! D. Nenffer,
K ppeu- Fabrikant,
Einem Publikum erge-
Art auch Wollwaaren, Spielsachen, Bü
cher -c. baltc. Bestellungen auf deutsche und l
englische Bücher, hiesige und in Deutschland er
scheinende Zeitschriften und Pamphlete '""den
schiiell und billig besorgt.
Um zahlreichen Zuspruch bittet
18ap7
(Münster S 5 .H»U,
Großes Mobilien-Lager,
Lackawanna Avenue, Seranto». Pa.
Alle in großer Auswahl vorräthiy, Bu- l
reaus, Conimodc», Nachttische, gewöhnliche und
ÄuSzirb Til'chc. Bettstätten jeder Art. Makazzen
kc°" und andere Stühle, Kinderstühlchen, Mar
mor-Tische, Rnbl'ettcn, Soplia's, Spiegel jeder
Mröfie! kurz, alle in unser Fach einschlagende Ar
tikel, solid und billig, als die Zciiiu» stände -ser
laude». . . .
»oiiimt und beseht Euch unsre Waare»«
Scranton, 1». Jan. 1866. ba
Lokal-Veräuderung.
Mölieln! Möbeln!
(Hriefier Co.,
506 Lackawanna Ave., nahe Washington Ave.,
zeigen biermit dem deutsche» Publikum an, daß
sie il,r Geschäft nach ibrem eigne« mite» Gebäude
»ächste Thüre von ihrem früheren Platze verlegt
"rein gcebrtcn Publikum für bisberiacil Zu
spruch dankend, geben wir zugleich die Perncher
ung, daß wir unsere Kunden auch in Zukunft
reell und billig bediene» werde».
Reparaturen prompt ausgeführt.
Ebenso enipfel'!.» wir uns als Leichenbesorgrr.
Scranton, 28. Febr. 1866.
Mvbel-(^escdäft.
von D Neuis und Solln.
Die ll»,ervi^ "i-rmit das
deutsche Publikum i.''d »'re Freun«, pa» »'ei»
Möbelgeschäft in dc> Straße, neben
Weichel's eröffnet baben, >
woscldst sie eine qutt Auswahl
len, Bctistkllen, Schräntrn und anderen in
Fa<j> einschlagenden ''a^eu.
14f7ba D avid Neuis und Sohlt, j
Germania
Ltbrils-Vrrsichcrunkö-stoinpaftptc, !
zu ?tew-Tjork.
Kapital und Neberschusi, 77»,»»0 66 I
Jährliches Einkomnien M
Verficherunge» j7,»6tt.'V> 6» >
Der Unterzeichnete ist Agent für diese Gesell-!
Scranton uud Umgegend t> nd siuiwl
Berstcherte Personen haben ibre Präniien an
ihn ,u zablen. S.'k. Mehrn, Alder» an,
2 .'.l i '7 s-uc 'l'ittSton Avenue, Scr?/>ti>n.
und Kappen.
Einem verehrten deutsche» Publikum liiern»! I
die ergebene Anzeige, daß ich stets ein au?gi!vä!'l
2908 Cedar Straße.
9tcucö
Etablissement.
,?uf ihr neues '
Klcidtr-GcsäM,
in I. Zeidler's Gebäude,
tinnKeUiulrä:
I ' Zeidler'S Block.
Scranton, 29. April 18L9.
Scranton, Luzerne County, Pa., Donnerstag den 12. August >869.
Philip NobittstM,
Draucrci und Lagcrbier-Kalon,
Scranton, ll>. Jau/1866. ba^
Kenry I. Ziegler,
Blech- undEisenwaaren,
Joseph Ober,
Blech-, .Kupfer- ä: (sisen>vaarcn,
stände, als Messer, Gabeln, Löffel, Bügeleisen
bester Qualität.
jeder Art. 2«imzB
Depositen- und «par-Bank.
An speziellen oder Spar-Dcpofitr>> zahle» sie
SccliS Prozent Int', essen
und baben dicselbe» bez^M
Spart Cner Geld.
Scranton Sparkasse.
zur Entgegen»»?»:- »on Deposilci' ln> Betrage
von nicht weniger als c>,"em Dow von
Maschinisten,
von den Unterzeichneten oder von der Bant z» be
lameS Blair, Präsident.
Job»H.'s?t^n.! Vicc-Präsident-n. !
OScar C. Moore, Cashier.
Direktoren und Verwalter.
James Blair, John Handle?,
James Arckbald, Aanford Grant.
John H. Sutphin. I A. Hunt.
Daniel Howe», George Fisher,
Okt.
John Rosen, Küfrr,
sein Geschäft einschlagenden neuen Arbeiten. Re-
Zu erfragen Ecke der Cedar und Alderstraße,
11. Ward, oder in Herrn Robinsons Brauerei.
21n7 John Rosen, Küfer.
tsomiittnialHaus.
ncn ',ieuntln
mende Bedienung uird beste Speisen und Ge
tränke mir das Znir.r.ucn de» Publikums zu er
lwerben. (4f9) Charles Bosse.
«s?» Geschäfts-Karten. "V»
E. O. Ca.man, Händlerin
PineßrookKohlen
2jlB Pa. lj
F. D. ollinS,
RechtS-Nnwalt.
Store von Gebrüder Orr),
16jr7ba Scranton, Pa.»
Creter L 5 Scholl,
Hans-, ÄÄiild-,
Freses- St Ornamental-Maler,
Fredr. N 5. Günster,
deutscher Advokat u. Rechtsanwalt,
Office in Hull'S Block,
2908 Scranton, Pa. ba
A. <5. Konarson,
Scranton, 16. Jan. 1866 ba
<?. Merrisield,
Advokat und Sachwalter,
Freigesprochen!
Erstes Kapitel.
drei verschiedenen Staaten in sich barg,
nördlich Anhalt —südlich Preußen —west-
lichHannover —damals noch ein felbststän
diges Königreich.
In der Post, die rasch und sicher auf der
schönen neuen Chaussee dabin rollte, saß
Der Postwagen hielt plötzlich still.
Erschreckt fuhr das junge Mädchen aus
ihren tiefsinnigen Betrachtungen empor
und der alte Herr sagte, gemüthlich die
Asche seiner Cigarre abstoßend:
„Da wären wir ja, mein liebes Frän-
Strecke Weges."
„O nein, Herr Doctor," beeilte sich das
Mädchen zu sagen, „ich kann das Alles
allein tragen ich würde mir nie erlau
ben, Ihre Güte auf diese Weise in An
spruch zu nehmen!"
Die Worte sowohl, als ter Ausdruck
ihrer Stimme zeigten eine Bestimmtheit,
die man ihrem sanften, traurigen Ausse
hen gar nicht zugetraut hätte. Der Po
stillon stieg während dessen von feinem
Bock, fetzte eine Kiste aus dem hintern
Beschluß des großen Postwagens, hob
eine große Reisetasche aus dein Wagen,
hübschen Mädchen aussteigen.
„Allein fortschaffen können Sie Ihr
Gepäck nicht," sagte er treuherzig lachend.
„Es ist ein ganz Stück Weges bis zum
Das Mädchen wandte jetzt erst den Blick
prüfend dahin, wohin sie wollte, Aller- j
ding«, das alte Gebäude, welches jetzt zu >
einem Grenzamte eingerichtet war, lag
hart an der Felsenwand und das Thal
hatte sich hier schon allmälig verbreitert.
Als wenn ihr die Bemerkung lieb wäre,
daß der Weg dahin weiter war, als sie der
Beschreibung nach vermutben mußte, so
bell strahlte ihr Auge und so freudig war
ihr Lächeln, während sie sinnend überlegte,
ob sie wirklich Hilfe zum Fortschaffen ihrer
Effecten nöthig hatte. Mit einer sichtlichen
Befriedigung richtete sich ihr Blick fortge
fetzt aus das Haus, das sich rechts an die
gigantische Gebirgswand lehnte, links von
den Mauern des übrig gebliebenen Kreuz
ganges begrenzt war, dem sich ein dichtes
Waldgestrüpp anschloß. Wie isolirt—wie
einsam! O. ihr Herz faßte neue Hoffnun
gen auf ein stilles, ungestörtes Leben nach
dem furchtbaren Kampfe, den sie soeben
beendet hatte.
„Was beginnen wir, wenn Sie meine
! Hilfe abweisen?" fragte der alte Herr, der
mittlerweile aus dcm Wagen geklettert
„Ich weiß guten Rath," sprach der Po
stillon und schwang sich aus seine» Sitz.
„Sie bleiben hier stehen und ich fahre nach
der Waldschenke dort, wo ich vorbei muß.
Von da schicke ich den Hausknecht."
Gesagt—gethan! Ter alte Herr ließ sich
auf die Kiste nieder und musterte von der
Seite mit Wohlgefallen seine junge Be
gleiterin, die noch immer träumerisch nach
dem alten Gebäude hinüber schaute.
„Es ist ein großer Entschluß, daß Sie
dort leben wollen," sagte er bedenklich.
lichen Aeußern harmonirte.
„szür die armen Menschen werden Sie
allerdings ein GotteS-Bote sein," meinte
„Gebe nur der Himmel, daß es Ihnen
nicht leid wird, wenn sie die Trübseligkeit
in dieser Familie kennen lernen. Es ist
nichts Leichtes, einem schwcrmüthigen
Mann, der nicht im Schooße des Ueber
flusses sitzt, Pflege und zugleich Unterstüp
erheitern und einem, seit dem Tode der
Frau stark zerrütteten Hauswesen vorzu
stehen. Im vorigen Jahre war dieser
Obercontroleur Fedderhof noch der glück
lichste und zufriedenste Mensch unter Got
tes Sonne —seitdem verfolgt ihn das Un
glück! Schlag auf Schlag traf es ihn!
Erst verlor er seine liebenswürdige, kräf
tige und thätige Gattin dann lag er
krank darnieder—Alles ging rückwärts
seine Tante eilte von fern her, ihn zu un
terstüßen und sie erblindet aller Wahr
scheinlichkeit nach."
„Das ist Alles zu überwinden und zu
ertragen, meinHerr Doctor! Ihm verblieb
schen. Was Gott ihm gesendet, ist mit
dem Vertrauen auf Gott zu bewältigen."
Der Doctor warf ihr einen beifälligen
Blick zu. Sie fuhr fest und ruhig fort:
„Wenn unsre Thräne» nur unserm
Herzeleid fließen, so versiegen sie mit der
Zeit, welche ihre Quellen austrocknet
wenn unsre Thränen aber eine Seelenver
derhniß abwaschen wollen, so erstarren sie
Inneres."
„Ganz richtig, aber hoffentlich lernten
Sie diese Weisheit nicht aus eigener Er
fahrung, mein Fräulein. Ihr Auge ver
räth keine Seelenverderbniß wie?"
Das junge Mädchen wendete sich ganz
zu ihm herum und blickte ihn offen an.
„Trauen Sie meinen Augen—sie reben
die Wahrheit!"
Ihr Gespräch wurde durch einen Bur
schen gestört, der eilig auf der Chansee da
her getrabt kam und sich als den, vom
Postillon angeworbenen Hausknecht prä
sentirte. Er belud sich mit den Nciseeffec
ten des Fräuleins und ging rüstig auf
auf das Grenzamt zuführte.
Je näher das Fräulein dem Hause kam,
desto belebter wurde ihr Gesicht. Das
stngliche Schutzwehr gegen alles weltliche.
Der gothisch gewölbte Eingang, welcher so
tief war, daß zwei Steinbänke darin Plap
hatten, erinnerte an die Vorhalle eines
Gotteshauses ebenso die hochgewölbte,
mit Esterich ausgelegte Hausflur, in welche
die Thüren des Wohnlokales sowohl, als
der Geschäftszimmer ausmündeten. Ein
sehr großer, schwarzer Hund, der im Hin
tergrund der Hausflur lag, erhob sich beim
Eintritt des Doctors schwerfällig und
tappte langsam den Kommenden entgegen,
jeden Einzelnen mit den großen, glashel
len Augen aufmerksam betrachtend. De»
Burschen, welcher die Sacken auf den Est.
richboden niedersetzte, umkreisete er schnup
pernd und seine Augen blinzelten freund
lich. Den Doctor begrüßte er mit einem
leichte» Schwanzwedeln —aber das junge
Mädchen starrte er mit furchtbarem Ernste
an und setzte sich dicht vor ihr auf die Hin
terfüße, ihr gleichsam den Weg versperrend.
„Was ist los, Nero!" schalt der Doctor,
als das Mädchen ängstlich in das grim
mige Gesicht des alten Hundes blickte, als
dieser leicht fletschend die Zähne sehen ließ.
Der Hund sah den Doctor an, gleichsam
fragend. Der alte Herr nickte ihm zu und
! legte seine Hand auf des Mädchens Schul
! ter. Flugs gab das kluge Thier feine krie
gerische Stellung aus und blinzelte.
„Strecken Sie ruhig Ihre Hand gegen
! ihn aus," sprach der Doctor lachend. „Sie
! sind eingeführt als Freundin des Hauses
j und haben nichts von Nero zu fürchten."
Das junge Mädchen that furchtlos wie
ihm geheißen war und flehe da, der grim
mige Hund dnckte seinen Kopf, um sich
streicheln zu lassen.
„Jetzt kennt Nero Sie und läßt sein Le
be» für Sie!" scherzte der alte Herr und
schrill auf die nächste Thür links zu, wäh
rend das Mädchen den Burschen ablohnte.
Die Thür öffnete sich unter dem Drucke
der Hand, die sich mitvertraulicherFreund
schast ohne Meldung auf die Thüre legte;
dadurch wurde dem jungen Mädchen der
Einblick in das Familienzimmer gewährt,
Akiinng erhalten hatte. Im Fenster zu
nächst saß ein Mann im kräftigsten Man
nesalter, aber Trübsinn und Sorge hat- 5
ten seine Stirn mit Wolken umzogen, hat
ten sein edles Gesicht gebleicht und seinem
Aeußcrn den Stempel der Schlaffheit und
Vernachlässigung ausgedrückt. Er las ein
Zeitungsblatt, das er, plötzlich vom Ein
tritt des DoctorS aufgestört, mit einem
trüben Lächeln sinken ließ, um den «lten
Mühe, lieber, alter Freund — wer möchte
sich —" Er hielt inne, eine fliegende Rothe
färbte feine bleiches Gesicht und er suchte
verlegen den obersten Knopf seines Haus
rockeS zuzuknöpfen, um die Nachlässigkeit
seiner Toilette zu verbergen. Sein Blick
„Erlauben Sie vor allen Dingen, be
ster Fedderhof, daß ich Ihnen Fräulein
Juliane Llebau als diejenige vorstelle,
welche in Folge meiner Zeitungsannonce
zu mir geeilt ist, um sich hier so nützlich
wie angenehm zu machen."
Der Hausherr trat mit der ganzen Ge
wandtheit eines gesellig gebildeten Man
nes rasch dem Fräulein Juliane Liebau
entgegen und hieß sie willkommen. Im
selben Momente erhob sich vom zweiten
Fenstereine kleine Frauengestalt und schritt
mit vorgestreckter Hand, der traurigen Ge
sich verlassen von ihnen sah.
„Sehen Sie sich vor, mein Fräulein,"
sagte Fedderhof mit vibrirender Stimme,
„Tante, liebe Tante," unterbrach Fed
derhof sie. „Du siehst dies holde jugend
liche Mädchen nicht was soll ich ihr für
ihre Opfer, für ihre Mühewaltung bieten?"
Der Doctor machte der peinlichen Scene
ein Ende, indem er scherzhaft „Silentium!"
rief, worauf die Tante sich schweigend zu
rückzog, die Knaben an ihren Spielplatz
eilten nnd das kleine Mädchen zufrieden
gestellt hinterher kroch.
„Hätten Sie mich ausreden lassen,
Freund Fedderhof," begann der alle Herr
nun, gravitätisch im Zimmer hin und her
schreitend, „so würden Sie jetzt schon wis
sen, daß Fräulein Juliane Liebau eine
Waise ist, die als Tochter eines Försters,
in der Waldeinsamkeit groß geworden,
nichts sehnlicher wünscht, als einen Aufent
halt im Walde, bei guten Menschen, mit
entsprechender Thätigkeit. Sie will sich
nützlich in der Welt machen, um dein Ge
danken zu entfliehen, daß sie im Welten
raume eine Null sei, sie sucht vor allen
Dingen einen Wirkungskreis, der sie so
vollständig in Anspruch nimmt, daß sie der
Trauer um eine verlorene Glückseligkeit
lichen Erklärung stellte sich mir dies lie
benswürdige Mädchen beule vor und ich
empfehle sie damit auch Ihrem speciellen
Wohlwollen."
Fedderhof reichte dem Mädchen die
Hand. Sein biederer Händedruck war ein
wortloser Schwur, sie hoch in Ehren zu
halte» und sie bei ihrem schweren Vorha
ben zu unterstützen. Die Gründe, weßhalb
sie sein einsam gelegenes Haus gern zum
Wirkungskreise gewählt, klangen ja so ein
fach und wahrheitsgemäß, wie hätte er
darauf verfallen sollen, an ter Richtigkeit
derselben zu zweifeln? Und als sie jetzt
endlich das Wort ergriff und so mild und
doch ernst und bestimmt ten festen Ent
schluß kund gab, hier zu wirken und zu
schaffe», als wäre es ihr Vaterhaus, da
überkam den schwer geprüften Fedderhof
ein Gefühl der Beruhigung, wie er es seit
dem Todestage seiner geliebten Gattin
nicht empfunden hatte.
Der Doctor, welcher von den Charak
tereigenthümlichkeiten feiner Freunde und
Patienten stets die richtigste Ansicht hatte,
drang zunächst auf eine Siegelung aller
Verhältnisse, wie sie der Eintritt eines
neuen Familiengliedes mit sich führt.
„Wo wollen Sie Fräulein Juliane
wohnen lassen?" fragte er, nicht ohne be
sonderen Grund, denn in der Küche re
gierte ein dienstbarer Geist der Vorzeit,
Ao. 32.
gewachsen war, viel schlimmer und furcht
barer, als der große Hund Nero. Diese
Küchcndame führte den bedeutungsvollen
Namen Sybille und hielt es für gut, sich
als die unentbehrlichste Person im ganzen
die entgegengesetzte Meinung, hütete sich
'aber, zu frühzeitig damit hervorzutreten.
Nach feinem Dafürhalten verfütterte die
alte Person die Kinder, refervirte für sich
die kräftigsten und leckersten Bissen und
verleidete dem armen Hausherrn durch ihr
fehlerhaftes Kochen den Appetit. Dabei
hatte sie sich nach dem Tode der Hausfrau,
unter dem Vorgeben, daß es nothwendig
für die kleine Ida wäre, angemaßt, das
beste Zimmer im Hause zu ihrer und des
war sie nun daraus zu vertreiben?" fragte
sich der Doctor bedenklich. Ohne KiiegS
erklärung gegen die neue Wirthschaftsauf
feherin war dies kaum denkbar.
Seine Frage sollte darauf hinführen
und die sichtlich verlegene Miene des Haus
herrn verkündete, daß hier der erste Stein
des Anstoßes zu fürchten sei.
„Wir haben Raum im Ueberfluß, mein
Fräulein," antwortete Fedderhof, „aber
die Zimmer sind nicht einladend. Wer
nervös und furchtsam ist, wie meine alte
Köchin, der sucht diese Räumlichkeiten zu
vermeiden, weil sie unmittelbar an die
Hallen des Kreuzganges stoßen. Das
Rauschen des Waldes dringt auch zu stark
herein."
„Geben Sie mir ein solches Zimmer,"
bat Juliane mit eigenthümlicher Hast.
„Ich bin daran gewöhnt, das Rauschen zu
hören und finde es schön."
„Erst sehen Sie sich solch' ein Zimmer
an," sprach der Doctor mißbilligend. „Ge
fällt es Ihnen nicht, so räumt Sybille ihr
Zimmer. Kommen Sie —wir wollen zu
sammen gehen und bei der Gelegenheit
Jungfer Sybillen die Aufwartung ma
chen. Sybille ist nämlich ein eben so ge
fährliches Subject, wie Nero," flüstert» er.
Das junge Mädchen sah ihn mit einem
Blicke voll Verständniß fest an. „O, es
hängt viel von der ersten Begegnung ab,
mein Herr Doctor. Durch Ihre Beglei
tung lernte ich mich mit Nero befreunden
—vielleicht glückt es mir mit Sybille auch."
„So versuchen Sie es, liebes Kind," er
widerte der alte Herr vergnügt, „streicheln
Sie das alte Frauenzimmer!"
Fedderhof verließ mit dem Doctor und
Julianen das Wohngemach durch eine
Thür, die nicht nach der Hausflur ging;
man durchschritt einen kurzen, schwach er
leuchteten Gang und befand sich dann in
einer Rotunde, die von oben Licht erhielt.
Hier fand sich Thür an Thür. Die eine
führte zur Küche. sah flüchtig
hinein nnd rief Sybillen. Diese erschien,
hochroth im Gesicht und ein höchst einla
dender Duft von gut gekochtem Kaffee
drang ans der Küche gleichzeitig heraus.
Da die Kaffeestunde für die Familie längst
vorüber war, so konnte man sich erklären,
weßhalb Sybille verlegen aussah. Sie er
wartete augenscheinlich eine verfängliche
traf eine freundliche Stimme ihr Ohr.'
„Ich will doch meine Camerädin sogleich
kenntn lernen," sagte Julie mit ruhiger
Freundlichkeit. „Ich bin die neue Wirth
arbeiten und unsere Wirksamkeit dahin
geht, das Wohlsein dieser Familie zu för
dern. Wir wollen einander beistehen, liebe
Sybille, und uns in unsere Bemühungen
redlich theilen, nicht wahr?"
Sybille war im eigentlichsten Sinne des
Wortes verblüfft über diese Anrede. Sie
hatte sich innerhalb des letztverflossenen
Jahres die Redensart stark angewöhnt:
„O, ich kann gehen, wenn ich überflüssig
bin." Sie hatte stets den gewünschten Ef
fect damit erzielt ganz unwillkürlich
drängte sich mithin dieser Zauberspruch
auf ihre Lippen und sie sagte keck: „O, ich
kann gehen, wenn ich überflüssig bin!"
sah ihr aber sehr fest in's Auge. „Gehen?
Wer spricht davon, Sybille? Ueberflüssig
ist nur derjenige, welcher seine Pflicht »er
säumt."
Der Doctor riß seine Augen vor Er
staunen über die Klugheit dieses jungen
Mädchens sehr weit auf. Mit einem ein
zigen richtigen Ausdruck hatte sie sich die
Zügel für diese anmaßende und wider
spenstige Person erobert.
Fedderhof hatte unterdeß das Zimmer
aufgeschlossen und die Vorhänge in die
Höhe gezogen. Die Fenster waren dicht
von Waldesgrün verschattet, seine Eisen
gitter schützten sie von außen, und obwohl
sie sehr groß und bis hoch an die Decke
gewölbt waren, so herrschte dennoch nur
ein angenehmes Dämmerlicht im Zimmer.
Ein eiserner Ofen füllte die «ine Ecke des
(Siehe »ierte Seite.)