Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, August 05, 1869, Image 1

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    HerNnton MardenblM
5. Jahrgang.
Dr. F. Bodemm?,
Cedar Straße,
Im Hause de« Herrn Peter Franz.
OPce-Stu.lden, Morgens von B—!'
„ k—i>
In Abwesenheit wird Herr Franz Nachricht er
the'ilen. 7"'z7
Dr. Kamill Krejei,
deutscher
Ar;t, Wnndar;t u. Geburtshelfer,
Office in Wvoming Avenue, Kaiser'S Hau?,
ordinirt von t l Uhr Vormittags bis 3 Uhr Nach
mittags täglich. . ' ,
Impfuna jeden Montag. Mittwoch und Frei
tag, von 1 t Vorm. bis 3 Uhr ?iachm. Wu7
vr.
Deutscher Arzt,
Wundarzt und Geburtshelfer.
Office im Hause von I. Schimpfs. Cedarstraße.
Sprechstunden Morgens von 8—!), Mittags von
j—3, Abends von 6—B» IW
Gust a v <>? ahn,
delits ch^r
Advokat und Nechtö-Auwolt,
WilkeSbarre, Luzerne Co,, Pa.,
empfiehlt sich dcm deutschen Publikum in allen in
lein Fach einschlagenden Geschäfte». Ausstelln«,
aen von Vollmachten und schriftliche Arbeiten aller
Art uud Kollektionen, rückständige Löhnung von
Offniercn und Soldaten, Pcnsioncn für solche, die
im Dienste Verlegungen crliiclten und arbeitsun
fähig wurden, und für die Wittwen gefallener Sol
»aten, sowie Collckiioucn gegen die Vcr. Staaten
«erden aufs Pünktlichste bciorgt.
Pässe für Solche, welche nach dcm Ausland
eisen, werden schnell ausgestellt.
Office mit Stanlev Woodward, Esq., Franklin
Straße, der PrcSbvterianischen Kirche gegenüber.
tO. Januar lB6ü. ba
Chas. Dupont Breck,
Advokat und Sachwalter,
Häuser nnd Verkäufer von Grundeigenthum und
Agent für den Verkauf von Lotten des alten
Tic sc esc ll s cha faiir z u
Friedrich Schräder,
Sersaparilla und Mineralwasser,
Fabrik in Mulberrpstraße, zwischen Penn u. Wyo-
Porter, Ale und Lagerbier,
in Flaschen, wird zu den niedrigsten Preisen im
lieftrt. > »' I l G
chatte befähigt mich, einen Sarsaparilla zu lie-
Gesundheit sehr zuträglich ist. Das Geschäft steht
meiner persönlichen Leitung, nnd volle Zu-
L. Stewart Potter, Nachfolger von
G. H. Walter,
Schiffs- und Afsceuranz-Agellt,
Zohn ZeidlerS neuem Gebäude, Lackawanna
irgend°einnn Platze in Deutschland, Frankreich,
England, Californien, TeraS und Mcriko, sowie
zur Besorgung von Vollmachten, Reise-Pässen,
Geldsendungen uud Geld-^inziehnngen.^
Alle Arten ion o n I r a N e
Seranton, Zl). Jan. tBKK. Ij
John G. Sailor L 5 Co.,
Grocerie» «ud Provisionen
auf Lager ; ebenso Porzellan- und Glaswaaren,
Holz- und Korbwaaren, sowic eine mannigfaltige
Auswahl von Artikeln, wie sie täglich in Haus
chaltungen gebraucht werden.
Unsere Preise sind so billig als in irgend einem
anderen Geschäfte, wovon sich das deutsche Publi
um gefälligst durch zahlrcichcn Zuspruch übcr
enge« möge. BcNcnung prompt und Waaren
rei nach jedem Stadtthri'te geliefert. 2tinB
M. Green,
Weinen, Liquoren, Cigarren, Src.,
Werne
immer'vorräth!« j/> dem niedrigsten Marktpreise/
Waaren werde« kostenfrei nach jedem Theile
Dankend für das bisherige Zutrauen, bittet er
um Erhaltung desselben i« der Zukunft.
12. Juli IVVIi-—ba
ledttzeit zur Aufnadine von Ncisendcn bereit.
Gutes Bier und Wein, feine Liquö», «arme
und kalte Speisen zu jeder Zeit; Austern, rob
und gekocht; Jce Cream und Sodabrunnen. mit
den feinsten SprupS. Sin eleganter Saal für
zahlreichem Besuch ladet seine Freunde
tii, George Gräber, Prop'r.
Seranton, tv. Jan. lBüö. da
Fischer und Kronzer,
Groeerten uud Provisiouru,
Lackawanna Avenue,
alten immer vorräthig die beste Auswahl von
Slrocerien, Mebl und Futter, deutsche Früchte,
Hucker, Kaffee, Tb» u. s. w. Da« deutsche Pu
ilikum ist eingeladen, un« mit seiner Kundschaft
u beebren und sich zu überzeugen, daß wie die
beste Waare zu dem billigsten Preise verkaufen,
jnba Fischer und Kr«»zer.
PittSburg, Eineinnati und Tt. Lonis Eisenbahn,
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Scranton, 26. Febr. 1866.
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Scranton, 29. April 1869,
Scranton, Luzerne Connty, Pa., Donnerstag den 5. August 1869.
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"W °e //n,'
James Blair. Präsident.
I oh'n H.^utp^hin,! Vice.Präsidenten.
OSear E. Moore, Tashier.
I.imcS Archdald, Sanford Brant,
! John H. Sutphin, T. F. Hunt,
Daniel Howell, George Aisher,
lameS S. Slocum.
S»ranton, 3. Okt. 1867.
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Lackawanna Avenue, nahe der neuen Brücke,
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Scranton, lt). Jan. 1866 ba
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9apB H. F. Lobcck. U
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Scranton, Pa.
Office in John Zeidler'S neuem Block, Lacka
wanna Avenue. INmzB
Die Raden.
Zweiter Theil.
(Schluß.)
21.
Diese Vernehmung geschah inmitten ei
nes tiefen Schweigens, das nur von Zeit
zu Zeit von Ausrufen des Erstaunens und
Abscheues unterbrochen wurde.
Sie erzählte Alles, was der Leser schon
weiß; die Einfachheit ihres Berichtes er
höhte noch den Effect. Die ganze Ver
sammlung bewunderte die Energie dieser
Liebe, diesen Heroismus, diese Hingebung.
DaS Gelingen des Werkes schrieb sie
slasmus fand ein Echo in allen Seelen.
Sie erhob ihre Augen zu der Tribüne
und ihr Blick begegnete dort Frau von
Ribiere, welche ihr zulächelte, und Marie,
welche ihr ihre Händchen entgegenstreckte.
A»s ste geendet hatte, fragte der Prä
sident :
„So waren Sie also wirklich am 28.
November 1325 um sieben Uhr Morgens
in dem Hause Jacob Boucards?"
„Ja, Herr Präsident."
„Nun, so erklärt es sich, warum Sie
zlaubten, Vörden Geschworenen Ihre erste
Aussage zurückziehen zu müssen, die schon
vurch Jacob bestritten war, was ihm feine
Siebe eingegeben hat. Er wollte, daß in
seinem Unglück wenigstens Ihr Ruf makel
los bliebe. Aber heute, wo die Lage eine
zanz andere ist, glauben Sie, daß er noch
dei seinem Leugnen beharren wird?"
„Ich denke nicht," antwortet» ste.
„Wir wollen sehen," erwiderte der Prä
sident. „Ich habe ihn hierher bringen las
sen Gerichtsdlener. führen Sie Jacob
ZZoucard vor."
Darauf war Niemand gefaßt. Bei dem
Aufruf dieses Namens entstand eine ganz
lußerordentliche Bewegung In Publikum.
Jacob trat ein; aber er war nicht allein
und man konnte sich nun erklären, warum
Herr von Esterac nicht gleich beim Anfang
ver Sitzung erschienen war. Jacob hatte
>u feiner Linken den Oberförster, zu feiner
Rechten den Abbe Verniei, Seelsorger de«
Lagno zu Toulon.
Der alte Soldat und der alte Priester
hatten ihm diese« Beweis von Achtung
geben wollen; durch dl» Autorität ihrer
Stillung und ihre« Namens entschieden
sie das, was im Prozeß noch schwankend
schien. WaSkümmerte unter diesem Schutze
Jacob seine rothe Jacke, von welcher die
Justiz ihn jetzt entkleiden sollte?
Als man den unschuldigen Jacob im
Galeerenanzug sah, entrang sich ein Schrei
des Schmerzes und Mitleids au» Aller
Brust. Der Präsident, selbst bewegt, ver
zaß, da« Publikum zur Ruhe zu ermahnen.
Jacob war in d»r öffentlichen Meinung
bereits gerrchtfertigt. Sein» Augen b»geg
neten denen Susannen«.
Wer hätte sagen können, wie viel Liebe "
in diesem Blicke lag? Um eine Idee da
von zu haben, mußte man lieben, wie ste
liebte«, leiden, wie ste gelitten hatten.
Der Präsident sagte mit einem Zeichen
von Theilnahme zu Jacob
„lch kann Ihnen den Eid nicht abneh
men, «eil Sie noch Sträfling sind ; e«
handelt sich also nur um einfache Au«fa
gen. Zunächst habe ich Tie über zwei
untergeordnete Dinge zu befrage«, die
aber von Wichtigkeit sind. Hatten Sie
die Gewohnheit, wenn Sie de« Morgen«
in den Wald gingen, die Hinteren Fenster
aufzulassen?"
»Ja, Herr," antwortete Jacob.
„Gut. Jetzt, Angeklagter Cosserousse'
stehen Sie auf. Waren Sie an jenem
Abend im Gasthau» der Coucourde, als
Jacob Boucard da« Gla« zurückstieß, wel
ches ihm Simon Vernou hinreichte?"
„Nein, Herr," stammelte der Angeklagte.
„Jacob Boucard, besinnen Sie sich
genau. Haben Sie Abend Anselm
Cosserousse in der Schenke gesehen?"
„Ja, Herr Präsident, ich habe ihn gese
hen, ich besinne mich ganz genau. Ich
war in Verzweiflung, ich glaubte Susanne
für mich verloren, ich setzte mich ganz
allein bei der Kellertreppe nieder, Cosse
rousse und der Piemontese saßen nahe bei
mir; ich erinnere mich sogar, daß sie leise
mit einander sprachen, indem sie mich an
sahen."
„Cosserousse, was haben Sie zu sagen?"
„Es ist ein Irrthum," antwortete der
Bauer.
„Gerichtsdiener, lassen Sie die ersten
Zeugen eintreten."
Peter Vialat, Chaqupnon, Vincent,
Luepranne erklärten sämmtlich, daß sie
Anselm und Matte» am 27. November
Abends im Wirthshause gesehen und daß
sie sich außerhalb der Gruppe gehalten
hätten, wo man auf die Gesundheit Si
mons trank.
Diese beiden Aussagen waren von Ein
fluß auf die Berurtheilung Anselms und
Matteo's.
«Jetzt," sagte der Präsident zu Jacob,
„haben wir noch auf eine Thatsache zu
rückzukommen, welche auf die Meinung
der Geschworenen im Februar 1326 Ein
fluß hatte. Als Sie verhaftet wurden,
sagte Susanne Servaz bei ihrer ersten
Befragung au«, daß sie zu der Zeit, als
der Mord geschah, bei Ihnen war. Sie
wollten aber da« Alibi nicht benutzen
und edelmüthig leugneten Sie. Beharren
Sie noch dabei, daß Susanne an jenem
Tage und zu jener Stunde nicht bei Jh.
nen war?"
Jacob zögerte einen Augenblick; sein
Blick befragte Susanne. Diese gab ihm
ein Zeichen.
„Sie kam zu mir," sagte Jacob, „auf
die Gefahr hin, gesehen zu werden und
ihren Ruf zu verlieren, um mich zu bitten,
mich nicht von meiner Heftigkeit fortreißen
zu lassen und keine Streitigkeiten mit Si
mon Vernou zu suchen."
„Ja," sagte Susanne, „ich suchte ihn
auf, um ihm zu sagen, daß ich ihn liebe
und daß ich ihn durch mein ganzes Leben
lieben werde."
Jn diesem Augenblicke ertönte ein furcht
barer Schrei von der Anklagebank. Eine
große Bewegung entstand in der Menge.
Advocaten, Gensd'armen, Gericht«diener
drängten sich um Matteo, welcher blutete.
Er hatte ein Messer zu erlangen gewußt
und sich damit in die Brust gestochen.
Die Sitzung wurde sofort aufgehoben.
Zehn Minuten später waren der Präsi
dent der Assisen nebst zwei Assessoren, der
Chef der Geschworenen, der Staatsanwalt
und der Untersuchungsrichter in der Zelle
Matteo's vereinigt.
Ein Arzt besichtigte seine Wunde, Abbe
Pernier folgte der Untersuchung mit herz
licher Theilnahme.
„Er hat nicht mehr zwei Stunden zu
leben," sagte der Arzt.
„Mein Sohn," sagte Abbe Vernier, „ich
bin Priester, und —"
„Nun," sagte Matte» mit frechem Tone,
~wa« wollen Sie von mir?"
„Matteo," sprach der Priester sanft,
„Sie sind vielleicht Ihrem Ende nahe.
Bi» jetzt haben Sie nicht« gestehen wollen.
Sie haben den Selbstmord zu Ihrem Ver
brechen hinzugefügt. Wenn Sie wolle»,
daß Gott Ihnen verzeihe, so können Sie
diese Gnade nur durch ein umfassende«
Bekenntniß erlangen."
„Ich leide sehr," keuchte der Piemontese.
„Was sind Ihre jetzigen Leiden gegen
die Dualen ber Hölle?"
„O sie sind gar nicht« gegen den Ge
danken, Jacob und Susanne vereinigt zu
sehen!"
„Unglücklicher," sagte der Geistliche,
„glauben Sie, daß Sie, todt und ver
dammt, Jacob und Susanne nicht sehen
werden? Im Gegentheil Sie werden die
selben unaufhörlich sehen und ihr Glück
wird Ihre Oual sein."
Auf die Drohung des Priester« stieß
Matteo einen Seufzer au«. Er betrachtete
den Abbe mit finsteren Augen und sagte
! dann halblaut:
„Um diese Strafe zu «ermeiden, wa«
muß ich thun?"
„Alle« bekennen und Alle« bereuen."
„Bekennen bereuen wozu? Sie
wissen Alle«."
„Sprecht, al« wenn wir nicht« wüßten.
Um diesen Prei« wird Ihnen verztthen
werdtn. Sie haben in Uebereinstimmung
mit Cosserousse Simon vernou ermordet?"
s ..Ja."
„Wegen de« Gelde«, da« er beständig
bei sich trng?"
„Ja, da« Elend trieb uns so weit
Eosserousse war von allen Mitteln ent
blößt."
„Und als Ihr die Eifersucht zwischen
Simon und Jacob sahet, da glaubtet Ihr
dieselbe benutzen zu können?"
..Ja."
„Den Geldbeutel habt Ihr unter Ja
cobs Eommode geworfen?"
~Ja, ich stieg aus die Schultern Anselms
und dann durch das offene Fenster."
„Gut, da« Uebrige wissen wir."
„Ach,tödtetmich!"riesPerondi. „Schaf
fst und Hölle sind nichts dagegen, als sie
so zu sehen, wie ich sie gesehen habe. Die
Augen in ihre Augen Tödtet mich! O
tödtet mich!"
„Matteo," sagte der Abbe, ihm ein
Crucifix vorhaltend, „denkt nur noch an
Gott und an Eure Seele."
„Mein Gott, ja mein Gott! O, was
ich leide!"
„Und die Raben, Matteo, die Raben?"
rief plötzlich Herr von Ribiere, an den
Verwundeten herantretend.
„Die Raben!" rief dieser und wurde
schrecklich bleich. „Die Raben! ja, sie sind
da ich sehe sie! Dort fliegen sie vorüber
Simon stirbt er liegt an der Erde
auf dem Priesterfelde da bemerkt er
sie Die Raben werden es sagen!
Diese Worte, welche er mit seinem letzten
Athemzuge sprach, sie sind in Erfüllung
gegangen. Wer hat sie gehör»? Satan
ich sterbe!"
Es folgten heftige Krämpfe, ein Seuf
zer, dann lag er unbeweglich da er war
todt.
Drei Monate nach dieser schrecklichen
Scene, am 25. Mai, drängle sich die ganze
Bevölkerung von Fontane« und der Um
gebung in Festkleidern auf dem Wege von
Mende nach Villefort.
Auf den Gesichtern lag eine Mischung
von Rührung und Heiterkeit ausgedrückt.
Die ganze Gegend war umgewandelt.
Der Frühling verbreitete sein heiteres Licht,
Die Wiesen standen in voller Pracht;
die Wipfel der Tannen und Buchen, die
Vögel zwitscherten in den Gebüschen. Die
ganze Natur schien die Freude der Bewoh
ner zu theilen.
Da« ForsthauS warder Mittelpunkt die
ser freudigen Erregtheit. E« war mit
Blumen geschmückt und glich in seinem
festlichen Gewände einem der malerischen
Landhäuser de« Oberlandes. Dort befand
sich Susanne zwischen ihrem alten Vater
und dem Untersuchungsrichter, dort Frau
von Ribiere und Marie, von jungen Mäd
chen de« Dorfe« umgeben, die in einem
großen Bouquet alle Blumen vereinigt
hatten, welche Susanne lieble—alle Blu
men, die in dem jetzt beendigten Drama
eine so bedeutende Rolle spielten.
In einiger Entfernung von dem Hause
hört» man Freudenruse und Gesänge.
Bald rückt» d»r Lärm immer näher; laute
Vivat« mischten sich in den Sang und
Herr von Ribiere, au« der Thür heraus
tretend, sah Herrn von Esterac dahergerit
ten kommen.
„Ich komme als Vorbot«," ri»f er, vom
Pferd« steigend und Susann« di« Hand
entgegenstreckend, ~«r wird gl«ich nachfol
gen."
„Gott fei gelobt!" sagte Frau von Ri
biere, ihren Bruder umarmend, „und ge
s«gn«t s«i Dein Einfall, daß Du sofort nach
Paris gereist bist. Seine Unschuld war er
wiesen, aber dennoch wäre s«in« Freilas
sung nicht sobald «rsolgt."
„L«ider," sagte Herr von Ribiere, „die
Justiz ist langsam, wenn sie einen Fehler
bekennen soll."
„Mit dem Briese de« Staatsanwalt»
und de« Präsidenten," berichtete Herr von
Esterac, „hatt» ich kein» Müh», b»im Ju
stizministtr zugelassen zu werden. E« war
mir leicht, sein Interesse zu erregen und
ihn zu überzeugen, daß e« gelte, ein» groß»
Ung»r»chtigk»it gut zu machen, eine heroi
sch« Hing«bung zu belohn««."
„Ja, ja," unterbrach ihn der Untersuch
ungsrichter, „Du hast Wunder gethan."
„Man war erstaunt," fuhr Herr von
j Esterac fort. „Wenn unsere liebe Susanne
! mit mir gekommen wäre, würde sie in al
, len Salon« der Gegenstand allgemeinster
Aufmerksamkeit gewesen sein."
In demselben Augenblicke hörte man
draußen Hurrahrusen, untermischt mit
Freudenschüssen.
Die jungen Leute hatten Jakob einge
holt und ihn den Fußsteig entlang bi«zum
Forsthause geleitet, wo ihn Susanne, um
ringt von allen Freunden erwartete.
E« folgte eine unbeschreibliche Scene.
Jakob konnte sein« Rührung nicht beherr
schen, so daß ihn Herr von Esterac führen
mußte, dann aber eilte er zu Susanne,
««Ich« »tintnd in s«in« Arm« fi«l.
Ao. 3!.
Sie ««int« nicht allein; aus Aller Au
gen flössen Thränen —man umarmte sich,
man lächelte, man hatte viel mit einander
zu sprechen.
Wozu diese Schilderung noch weiter
auszuführen? Das Glück, sagt man, läßt
sich nicht erzählen. Wenn der Roman
schreiber seine Helden verheirathet hat, ist
sein Buch zu Ende. Wenn die Personen
stehen haben, fällt der Vorhang.
„Meine Freunde," sagt« Herr von Este
rac zu der versammelten Menge, „ich lade
Euch im Borau» zur Hochzeit Jakobs und
Susannens ein. An diesem Tage seid Ihr
meine Gäste. Hier an dieser Stelle werden
wir in vierzehn Tagen uns um große Tische
setzen. Wir werden auf die Gesundheit der
Neuvermählten trinken und ich werde Euch
mit gutem Beispiel vorangehen. Für heut«
guten Abtnd! Jakob und Susanne haben
sich Vieles zu sagen. Doch ist es Euch
nicht verboten, zur Coucourde zu gehen.
Trinkt, lacht, tanzt, ich bezahle Alles."
Laute Lebehochs ertönten.
Ehe sie sichentfernten, drängten sich noch
alle Dorfbewohne, zu Jakob, jeder wollte
ihm die Hand geben.
Bald darauf waren di« Gäst« des Forst
hauses allein mit dem alten Andreas
Servaz.
„Dies ist Euer Hau«!" sagte Herr von
Esterac zu Jakob und seiner Braut. „Hier
werdet Ihr nach Eurer Heirath wohnen.
Zuweilen, wenn ich im Walde beschäftigt
bin, werde ich bei Euch einkehren und un
sere liebe Susanne wird mir einen Labe
trunk vorsetzen, nicht wahr?"
„O, Herr Oberförster, unsere Dankbar
keit —"
In diesem Augenblicke kam der Land
briefträger daher; er zog au« feiner Leder
tasche zwei Briese, der eine aus Paris für
Herrn von Esterac, der andere aus Mendt
für Herrn von Ribiere.
EsteracS Brief hatte ein großes AmtS
siegel; als er ihn öffnete, stieß er einen
Freudenschrei aus.
„Meine Freunde, meine guten Freunde,"
sagte er, „nennt mich nicht mehr Oberför
ster doch hört:
.Mein Herr!
Die Geschichte Jakob BoucardS und
Susannens, welche höchsten Orts erzählt
wurde, hat zu dem Entschlüsse einer
Schadloshaltung und Belohnung geführt.
Jakob Boucard ist hierdurch von Sr.
Majestät zum Förster ernannt mit «inein
jährlichen Gehalt von 1000 Francs.'
„Nun, Andreas/' sagt« Herr von
Esterac, „Jakob ist jetzt ebenso reich, als
Suscknne."
Der Alte wußte nicht, was «r antwor
ten sollte.
Esterac fuhr in der Lectüre feines Brie
fes fort:
„Herr von Esterac wird zum Forstin
spector des Departements der Lozere «r
-nannt. B«idc Ernennungen sind bereits
heute Morgen unterzeichnet."
„Siehst Du, mein braver Jakob, Du
hast mir Glück gebracht, als ich Deinetwe
gen nach Paris ging.
„Nachschrift: Anselm Eosserousse wurde
letzten Dienstag vom EassationSgerichtShof
zurückgewiesen. Dem Gnadengesuch ist
keine Folge gegeben."
Jetzt las Herr von Ribiere seinen Brief
vor:
„Mein Freund!
Morgen findet die Hinrichtung Cosse
rousseS statt; Ihre Gegenwart wird noth
wendig sein.
Ergebenst Reverdon."
„Marie," sagte Frau von Ribiere zu
ihrer Tochter, „kniee nitder und sprich da«
Gebet, welches ich Dir vorsagen werde."
Marie gehorchte; Susanne kniete ne
ben ihr.
Die Sonne verschwand soeben hinter
den Bergen, ein letzter rother Strahl fiel
durch die Fenster de« Forsthause«, wo man
betete:
„Herr Gott, der Du gerecht bist, sei
gnädig und barmherzig mit den Mördern
Simon Bernou'«!"
Eulenspiegel prahlte »inst zu Frank
furt a. M., daß er über den Main sprin
gen wolle, und ging mit Jedem die Wette
ein, welcher Lust dazu verspürte. Obgleich
alle an der Möglichkeit de« Gelingens
zweifelten, so trieb doch jeden die Neugierde
an den Fluß. Im Angesicht vieler Tau
sender von Zuschauern nahm er endlich
einen gewaltigen Anlauf und sprang bloß
nahe an diese« Flusse« Ufer zum Hohnge
lächter der Neugierigen. Dasselbe Ma
növer wiederholte er noch zweimal bis Alle
riefen: „Eulenspiegel hat die Wette ver
loren!" Nein—rief er—ich habe die Wette
nicht verloren! — Ich wollte ja bloß über
den Main springen; habe t« dreimal ver
sucht, aber nicht fertig gebracht. Da«
Schiedsgericht sprach ihm den Gewinn zu.