Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, May 27, 1869, Image 1

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    Scranton Wochenblatt.
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I.
Das Wirthshaus derMuttcr Cvucourd«
in Fontanes (Departement der Lvzcre)
Draußen ein großer vertrockneterZweig,
der im Winde hin- und herfchivankte und
als Zeichen diente; drinnen ein lan
ger niedriger Saal, dessen schwarze und
verräucherte Balken bereit schienen, auf
altersschwachen Bänken und Strohstühlen
um den wackeligen Tisch herum. An de»
Mauern erblickte man drei oder vier
Meisterwerke der Holzschnittkuust von Epi
nal, die mit Nägeln befestigt waren.
Während der ganzen Woche his zum
Sonnabend Abend war das Wirthshaus
der Mutter Coucourd« beinahe ganz öde,
Sonntag.
Uud dieser Sonntag war ein ganz be
sonderer. An diesem Abend feierte man
die Rückkunft von Simon Vernou, einem
Kinde des Dorfes, der seine Dienstjahre
beendet und in dem jüngsten spanischen
Feldzuge den Grad eines Unterofficiers
erhalten hatte und nun in die Heimath
zurückkam, die Taschen, wie man behauptete,
voll von Piastern und Quadrupeln. Die
ser letzte Umstand wsr der wichtigste! er
war die hauptsächlichste Beschäftigung, der
ausschließliche Unterhaltungsstoff für die
Mitbürger Simons ; die Wichtigkeit des
Unterofficiers, der wieder Ackerbauer wur
de, nahm in ihren Augen eine ganz un
geheure Ausdehnung an.
Wie um sie völlig zu blenden, Halle i
Vernou soeben ein Landstück gekauft und !
baar bezahlt, das im Gebirge lag zwischen
ChadelboS und LeSpervclaife, eiu Länd
licher Groß«. Wenn noch etwas Simons
Macht über die Phantasie seiner Lands
leute erhöhen konnte so war es die That
sache, daß er gerade dieses Besitzthum an
gekauft hatte, und kein anderes.
Er hatte es beinahe umsonst erhalten,
weil es übel berüchtigt war. Ein alter
Aberglaube entfernte die Käufer von dem
selben. Man nannte es das Priesterfeld,
weil nach «in«r allseitig für richtig an
genommenen Ueberlieferung zur Zeit der
Religionskriege ein Priester daselbst ge
tödtet und begraben worden war. Man
versicherte, daß seit diesem Ereigniß das
Landstück seinen verschiedenen Besitzern >
stets Unheil gebracht habe; die Einen
hatten sich ruiniit, die Anderen waren
gewaltsam umgekommen, so daß es am
Ende brach liegen blieb.
So erklärte sich ras Uebergewicht, das
Simon Verno» auf die Einwohner feines
Dorfes erhalten hatte, auf mannigfache
Weise: er kehrte in seine Heiiuath zurück
mit den UnterofficierStressen, er brachte
die freundlichen und selbstbewußten Um
gangsformen des Regiments mit, er kam
weit her, er hatt« die Wrlt gesehen, er war
reich, und schließlich, um ein gutes Ge
! schäft zu machen, setzte er sich kühn über
di« Schwächen und Vorurtheile fclner
Ortschaft hinweg. Das war drei oder
! vier Mal mehr, als er nöthig hatt«, um
! als' Triumphator in seinem Dorf« aus-
zutreten, das ihn als einen furchtsamen
Rekruten und arm wie Hiob halte weg
gehen sehen.
Diesen Abend nun that Simon Vernou
noch mehr: um seiner Popularität die
Krone auszusetzen und um die beiden
merkwürdigen Ereignisse seine Rückkehr
und seinen Kauf zu feiern, bewirthete
er die Jugend der Gegend und selbst einige
„Alte", die sich hei dieser Gelegenheit
Selten hatte das Wirthshaus so gute
Zeiten gesehen, es war gedrängt voll. Die
Besitzerin, die man wegen ihrer kurzen
und runden Gestalt Mutter Coucourde
(Dickchen) nannte, hatte viel zu schaffen.
Sie beschenkte ihr Publikum mit vier Lam
pen, deren Dochte, in dickes Oel getaucht,
nur den Uebelstand besaßen, furchtbar zu
kohlen und mehr Rauch als Licht, und
wieder mehr Geruch als Rauch zu ver
breiten. Die Temperatur war die einer
Vrütkammer und die Atmosphäre hätte
den dichtesten Nebel Londons licht wie
den Himmel Neapels erscheinen lassen. Um
nicht erstickt, verräuchert oder geblendet
zu werden, mußte man Augen, Nasen und
Lunge besitzen, die auf ganz besondere Art
gebildet und acclimatisirt waren.
Das Bild entsprach diesem Rahmen;
die Persönlichkeiten und Gestalten waren
wie gemacht für diese Locaiität. Um die
große Tafel aus weißem Holze, die in der
Mitte des Saales stand, sah man den
Helden des Festes, seine Freunde, seine
Vettern, seine ehemaligen Kameraden von
der AuShebungScommisfion gereiht. Längs
der Wände, in wenig symmetrischer Ord
nung, waren andere kleinere Tische aus
gestellt, deren letzte, sich halb in der Dun
kelheit verlierend, bis zur Oeffnung eines
Kellers sich erstreckten.
Alle diese Tische waren mit Weinflaschen,
Bier- und Branntweinkrügen und Gläsern
bedeckt. Die Coucourde eilte niit einer
Beweglichkeit, deren Verdienste durch ihre
Körperrundung nur vermehrt wurden,
herum, von der einen Gruppe zur andern,
lächelte über die Witze, bediente den Eine»
mit Wein, den Ankeren mit Rum und den
Dritte» mit Tabak.
Die Trinker, im groben Kittel uud
Holzschuhen, die Pfeife im Muude, die
Mütze bis über die Ohre» heruntergezo
gen, sprachen, gestikulirten, schrien nnd
sangen das Lob Simons und tauschten
lärmende Witze aus. Das Crescendo
dieser ländisch-bacchantischen Symphonie
wurde mit jeder Minute betäubender. Es
war nicht etwa die Trunkenheit, ein Laster,
das bei diesen Bergbewohnern fast unbe
kannt ist, sondern vielmehr die Begeiste
rung ungebildeter und kindlicher Seelen,
welche durch eine außergewöhnliche Gele
genheit aufgeregt waren.
„Jawohl," sagte zwischen zwei kräftigen
Zügen Vincent, der Schmied des Dorfes,
„sprecht nur von Simon Vernou! Das
ist Einer, der weiß, wie er es anzufangen
hat. Wie der die Dinge anpackt! Dieses
Priesterseld, vor dem wir alle Angst hat
ten, kauft er für ei» Trinkgeld und vor
wärts! Ich sage Euch, Vernou wird es
weit bringen, er versteht'S und ist schlauer,
als wir."
„Ja, es ist ein goldener Kauf," fügte
Johann Oueyranne, ein geachteter Land
wirth, hinzu. „Simon, Dein Landstück
wird Dir bald tüchtig einbringen. Sei
zäh in der Arbeit, reiß das Unkraut her
aus und das nächste Jahr wirst Du hun
dertfach ernten. Doch Du hast meinen
Rath nicht nöthig, Du bist ein tüchtiger
Arbeiter und ich möchte wetten, daß Dich
morgen die aufgehende Sonne auf Deinem
Acker findet."
Simon nahm diese Complimente mit
einer Miene an, die sagen wollte, daß er
ste verdiene. Er unterschied sich überhaupt
durch seine Haltung uud Kleidung von
der Menge der Anwesenden; von seinem
früheren Stande hatte er eine Soldaten
mütze mitgebracht, welche er mit einer ge
wissen Koketterie auf dem einem Ohre trug.
Dazu paßte prächtig sein Beinkleid von
„daß das Geld, welches Simon für das
Priesterseld gezahlt hat, nicht der zwan
zigste Theil von dem ist, was er aus dem
Feikzuge mitgebracht hat. Man ver
sichert," sagte er noch leiser zu seinem
Nachbar, „daß er so viel Geld hat, um die
ganze Gemeinde zu kaufen."
„Leider, leider," fuhr Vincent fort,
„was das Glück des Einen macht, ist das
Unglück des Anderen. Der arme Jacob
Boucard kommt sehr schlecht dabei weg."
Bei diesem Namen nahm Vernou die
stolze Miene eines glücklichen Rivalen an.
I „Du bist gekommen, Du hast susanna
Servaz gesehen und Susanna gehört
Dir!" sagte einer der Glückscourtisanen,
das bekannte Wort Cäsars parodirend.
Gleichzeitig sprach an einem anderen
! Tische Peter Vialat, «in junger Copscri-
birter des vorigen Jahr««, furchtsam zu
«in«m seiner Kameraden:
„Aber Susanna liebt Jacob sie liebt
ihn mit Leidenschast, und Susanna könnte
wohl größeren Widerstand leisten, als man
glaubt. St« ist nicht nur «in scköntS, son
dern auch ein muthiges Mädchen, das sich
weder dnrch ihren Vater erschrecken, noch
durch Vernou blenden läßt."'
„Bah!" erwiderte der Andere, „man
fleht, daß Du Andreas Servaz, den Vater
Susannens, den allen Krämer von Ville
fort nicht kennst. Eher würde er sich in
Stücke zerreißen, als seine Tochter diesem
armen Teufel von Jacob geben, welcher
nicht« hat und dessen Waldhüterstelle nicht
einmal sicher ist. Ich sage Dir, Du wirst
es sehen, vor Fasten feiern wir die Hochzeit
Simons und Sufannens."
„Und ich sage Dir," erwiderte ganz leise
Peter Vialat, „ehe diese Hochzeit stattfindet,
„Was? Was?"
Peter schwieg, ein allgemeines Still
schweigen folgte dem Lärm der Gespräche
und dem Klingen der Gläser. Die Thür
öffnete sich, Jacob trat ein.
Er war ei» schöner junger Mann von
ungefähr zwanzig Jahren, dessen stark
charakteristische Züge zugleich von energi
schen Leidenschaften, wie von tiefer Trau
rigkeit zeigten.
Die Mehrzahl der Trinker setzte ihre
Gläser auf den Tisch, es entstand eine
schweigsame Erregung, gleichsam als müsse
die Anwesenheit Jacobs in der Schenke
eine tragische Scene herbeiführen.
Der Neiihinzugekommene, ohne ein
Wort zu sprechen, suchte einen entlegenen
Platz in einer Ecke, aber eine Bewegung
entstand in der Gruppe, wo Simon thront«,
welcher sich erhob, das Glas in der Hand.
„Jacob," sagte er, „fetz' Dich hierher und
trinke mit uns, ich bezahle Alles. Also
komm, ohne Hintergedanken. Was können
wir dafür, daß ich Geld hahe und Du
kein«!"
Und er schlug mit seiner Börse aus den
Tisch, daß ein metallischer Klang ertönte.
Me Augen richteten sich auf di« Gold
rollen.
Jacob schien zu zögern.
„So komm doch!" wiederholte Simon
eindringlich. „Was die Mädchen betrifft,
Aber er wandte sich finster ab und stieß
heftig das Glas zurück, welches niederfiel
und lärmend zerbrach.
fer junge Mann, bleich und stumm inmit
ten dieser lustigen Gesellschaft, war schreck
lich zu sehen. Vernou selbst wurde einen
sich wieder und rief:
„Nun, wie Du willst; was ich sagt«,
war reiner guter Wille von mir. Mutter
Der Störenfried setzte sich allein in «i
-welchc weder an der allgemeinen Heiter
keit, noch an dem letzten Vorfalle Theil
genommen hatten. Der eine von ihnen
schien vierzig Jahre alt, von kleiner, häß
iicher Gestalt; er war ein Bauer aus der
Der zweite gehörte den bekannten noma
disirenden Piemontesen an, welche in den
Städten und Dörfern Frankreichs
streife» und häusig mlt der Polizei und
Justiz in Conflict gerathen. Er hieß
Mattes Perondi. Nach feiner Physiogno
mie war er nicht älter als dreißig Jahre;
seine Haare waren dunkel und kraus, seine
Haut dunkelgelb und das Auge brennend.
Der Aeltere flüsterte seinem Compag
non zu:
„Du hast gesehen?"
„Ja."
„Du hast gehört?"
„Ja."
„Und Du stehst?" fügte er hinzu, auf
Jacob zeigend, welcher in feinen finsteren
Gedanken vertieft war.
..Ja."
„lind wenn jetzt dem Simon etwas pas
flrte?"
„Ja," erwiderte der Piemontese mit ei
ner Pantomime, di« d«n Sinn dieser Phrase
erklärt«.
Am nächsten Morgen vor Sonnenauf.
gang begab sich Simon Vernou mit dem
Eifer eines Landmanne«, der eb«n Eig«n
thünitr geworden ist, Hacke und Spaten
auf den Schultern, nach dem Priesterseld.
Ao. 21.
Der Himmel war grau und dunk«l; «ine
feuchte und kalte Luft kam von den Ber
gen. Der junge Tag hüllte sich in Nebel
und Wolken.
Wenn V«rnon vom Militair keine
Ideen mitgebracht hätte, die über die länd
ltchen Vorurthkil« erhaben sind, so hätte er
beim Anblick der Gegend, die er durch,
schritt, eine gewisse Unheimlichtrit, einen
Schrecken verspüren müssen, der den Men
schen manchmal auf ganz unerklärliche
Weise befällt. So weit sein Blick schweifte,
bemerkte er nichts als nackte Landstreifen
und vulkanische Felsen. Es war die Wüste
mit ihrer Traurigkeit, weniger mit ihrer
Poesie und Ihrer Größe. Da» Feld, Ivel- '
cheS Simon erworben hatte und welche»
er nun bearbeiten wollte, enthielt eine V«.
«etalion, die durch die ersten November
froste verdorben war. Es war von einer
hohen Mauer trockener Steine begrenzt,
worauf wilde Mandelbäume wuchsen.
Man fühlte sich wie auf dem Kirchhof.
Vernou versuchte ein Soldatenlied zu
pfeifen, warf seine Arbeit»geräthe nieder
und schlug mit den Armen untereinander,
um sich zu erwärmen; er konnte sich nicht
eines gewissen Schauder» erwehren.
In diesem Augenblick« sah er durch den
Nebel zwei Männer auf sich zukommen, er
erkannte sie und grüßte sie, indem er ihnen
zunickte.
„Guten Tag, Simon," sagte der Eine,
„wir gehen da unten arbeiten bei den Ei
chen, im Bo,b«ig«hen wollten wir Dir gu
ten Morgen sagen."
„Danke."
„Schon an der Arbeit? Da» Soldaten
leben hat Dich nicht faul gemacht, da» ist
um so schöner, als Du reich bist. Mit der
hübschen Susanne wirst Du ein recht gu
te« Haus machen."
„Ich hoffe e»."
Der Mann betrachtete Simon von der
Seite, sein Begleiter schien ein Zeichen zu
erwarten. Der Sprecher fuhr fort:
„Es ist schon ein wenig spät für die
Saatzeit es ist gut, wenn das Getreide
beim ersten Frost schon au» der Erde ist."
„Ich muß arbeiten, um die verlorene
Zeit wieder einzubringen."
lind Simon ergriff den Spaten, den
beiden Männern den Rücken zukehrend.
In demselben Augenblicke stürzten st«
sich auf ihn, mit zwei Axtfchlägen streckte
ihn der eine der Mörder nieder, während
der andere ihn zu erwürgen versucht«.
Das arme Opfer wollte sich vertheidigen,
aber jeder Widerstand war vergeblich. Si
mon zuckte convulsivifch auf der zitternden
Erd«.
„Schnell, enden wir!" sagte derjenige,
welcher den andern zu commandiren schien.
Sie drehten ihn um, Simon« Gesicht
war gegendenHimmclgekehrt. Erröchelte,
die Axt hatt« ihm de» Kopf gespalten, aber
er lebte noch.
„Dein M«sser!" sagte der ältere der
Dieser reichte ihm das Messer. Aber
sorgt."
In diiscm Augenblicke flog ein« Schaar
Raden über den verfluchten Acker hin.
gend und schloß die Augen.
Er war todt.
3.
„Jetzt die Geldtasche!" ri«f d«r jünger«
de« beidtn Mörder.
„Und schnell zu Jacob!" fügte der An
dere hinzu.
Sie warfen sich aus den Leichnam, rissen
die Kleider auf, nahmen den Geldbeutel,
welcher unter die Weste verborgen war und
entflohen schleunigst. —
Alle«, was man von Jacob Boucard
wußte, war, daß «r «iner armen Famili«
aus der Umgegend von Villefort angehörte
und daß er einen Protektor auf dem Forst-
und Domainen-Amt hatte. Di«f«r, «in
H«rr von Esterac, hatt« den jungen Bou
card als Untersörster angestellt. Jacob
hatte ein Häuschen inne, halb unter grü
nen Bäumen verb»rgen, zwischen den Wei
den von USzervelonse und d«m Wald von
Mrrcoir« gtlegen.
Di« beiden Mörder glaubten di« Woh
nung le«r zu find«». Für all« Fäll« aber
näherten st« sich nur mit Vorsicht, ihr«
Schritte mäßigend, d«n Ath«m anhaltend.
Am Hause angekommen hörten st« drin
n«n, zwei Stimmen eine Männ«r- und
ei»« Frauenstimm«. Da« F«nst«r war
offen, der Mann war zornig, di« Frau
fl«ht«; e» ging ihnen kein Wort von der
Unterhaltung verloren.
„Ich sag« Dir, Susanne, ich werd« ir
gend einen Schlag ausführen."
„Jacob, ich bitt« Dich, hör« mich.
Wenn Du Dich mit jenem Manne schlägst,
Ich wtrde unglücklich sein, da« ist Alle»."
(Sieh« vierte Sei»«.)