Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, May 20, 1869, Image 1

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    Scranton Wochenblatt.
5. Jahrgang.
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Deutscher Arzt,
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" NX Hanuac 1866. "ba"
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Scranton, 30. Jan. 1866. I j
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D a s
Testament des Trödlers.
Von Ewald August König.
Sie hatten bald da« Zimmer der Witt
we erreicht, der Notar pochte an keine
Antwort erfolgte. Aber mau hörte drin
»en flüstern und Stühle rücken, verleug
nen konnte Frau Turnstedt ihre Anlesen
heit nicht mehr. Die Thür war geschlos
sen, erzwingen konnte man den Eingang
nicht. „Was mögen sie vorhaben!" fragte
der Notar. „Hm —ei» Brautpaar hinter
verschlossenen Thüren, dem guten Rufe
der Braut —"
„Ah, bah, es sind andere Pläne, welche
diese Leute beschäftigen. Warte» Sie, auf
die Gefahr hin, daß der Herr Baron sei
nen ganzen Einfluß auf feine Braut auf
bietet, werde ich eine Kriegslist wagen.
Madame, rief er, der Notar Müller aus
Breslau wünscht mit Ihnen zu reden, es
ist eine eben so dringende, als hochwich
tige Angelegenheit, was ihn bewogen hat,
die weite Reise zu machen."
Man hörte drinnen reden, der Baron
seiner Braut zu sprechen, diese aber die
Bedenken desselben nicht gelten zu lassen.
Die Thür wurde geöffnet, der Notar
Der Anblick, welcher sich den Beiden
Frau Turnstedt und ihr Bräutigam
waren festlich gekleidet, auf dem Tische
inmitten des Zimmers stand ein Crueifir
Der Notar ließ seinen Blick rasch durch
ihm den Rücken wandte.
„Herr Hugo Sanner, Ihre Rolle ist
zu Ende," sagte er in sehr ernstem Tone,
kehren."
Der Baron wandt» sich um, bleich, mit
verstörtem Blick sah Frau Turnstedt zu
dem Notar auf.
„Tue voulez-vous?" erwiderte er. „Je
ne fais pas —"
„Machen Sie sich nicht lächerlich," fiel
der Notar ihm schneidend in'S Wort.
„Früher, als Sie noch mein Schreib»
waren, haben sie oft erklärt, in der fran
zösischen Sprache keine Kenntnisse zu be
fitzen, indeß, wenn Sie auch in sieben
Sprachen geläufig mit mlr reden wollten,
würde diese Maske Sie doch nicht schützen.
Sie sind Hugo Sanner und haben hier
gespielt, die Nolle ist zu Ende —"
„Glaube dem Manne nicht," wandte
der junge Herr sich zu seiner Braut, „er
scheint mich mit einer andern Person zu
verwechseln, öderer hat den Verstand ver
loren."
Frau Turnstedt rang nach Fassung, sie
ahnte, daß der Notar Recht hatte, sie fand
nicht den Muth, ihm die Thür zu zeigen
und dadurch das Gespräch abzuschneiden.
„Einer solchen Bagatelle wegendenVer
stand zu verlieren däucht mir unmöglich,"
erwiderte der Notar sarkastisch. „Sie sind
ein Betrüger und Fälscher, mein Herr, die
Fälschungen, deren Sie sich schuldig ge-
macht habe», find bereits entdeckt, Sie wer
den dieselben im Zuchthause bereue» müs
sen."
Das schien der junge Mann nicht er
wäret zu haben, man konnte sehr deutlich
bemerke», daß diese Anklage ihm die Fas
sung raubte.
Er sah den Blick seiner Braut mit dem
Ausdruck der Angst und fieberhaften
Spannung auf sich gerichtet, er las i» den
strengen Zügen des Notars, daß er keine
den Hohn im Gesichte des Hauptmanns.
Das Blut schoß ihm in die Wangen und
trat wieder zurück, seine Hände ballten
sich, seine Auge» schösse» Blitze voll bos
hafter Tücke. Hatte sich denn Alles wider
nem Ziele so nahe, daß er schon die Hand
ausstreckte, um es zu erfassen, sah er es
abermals wieder in weite Ferne gerückt,
statt des behagliche» Lebens voll Sonnen
schein eröffnete sich ihm die Perspective auf
das Zuchthaus, auf eine Zukunft »01l
Elend und Schande.
„Diese Anklage, Herr Notar, ist nichts
weiter als eine boshafte Berleumdung,"
sagte er, hebend vor Wuth; „ich habe mich
nur des einen Vergehens, einen falschen
Namen geführt zu haben, schuldig gemacht,
und dieses Bergehen kann ich durch triftige
Gründe rechtfertigen."
Fran Turnstedt hatte sich erhoben, die
Komödie, welche am Tage zuvor gespielt
worden war. sollte nun ganz zerfallen.
„Dieser Betrug, für den ich keine Ent
schuldigüng, geschweige denn eine Recht
fertigung finde, scheidet uns für immer,"
versetzte sie. „Ich danke Ihnen, Herr No
tar, daß Sie mir die Augen über dieses
nur eine Stunde später gekommen wären."
Der Baron wollte sich seiner Braut
nähern, sie wies ihn gebjeterisch zurück.
„Ist das Deine Liebe?" fragte er vor
wurfsvoll. „Agnes, erinnere Dich —"
„Mein Herr, es ist Ihre Schuld, daß
Der Notar hatte sein Portefeuille ge-
„Lesen Sie," sagte er. „Die BreSlauer
Behörde verfolgt diesen sauberen Herr»
steckbrieflich wegen mehrfacher Wechsel
fälfchungen, durch die er sich wahrschein
lich die Mittel verschaffte, welche er haben
mußte, wenn er die Nolle eines Barons
spiele» wollte. Haben Sie die Güte, die
Glocke zu ziehen, ich werde einen Kellner
beauftrage», die Polizei zu rufen."
Frau Turnstedt erfüllte dieses Verlan
gen unverzüglich, ei» glühender Haß be
seelle sie.
Sie vermied es, dem Blick des Haupt
manns zu begegnen, der jetzt Mitleid mit
der betrogenen, tiesgekrankten Frau em
pfand.
Der ehemalige Schreiber hatte inzwi
schen seine Fassung wiedergefunden, er sah,
daß Alles verloren war, und er ertrug es
mit dem Trotz eines Verbrechers, der noch
immer eine Hinterpforte zu finden hofft,
durch welche er entwischen kann.
„Thun Sie, was Sie nicht lassen kön
nen," sagte er. „es wird Sie gereuen.
Ich habe keinen Wechsel gefqlscht, meine
redliche Absicht ist es, die Wechsel, die ich
in Cours setzte, am Verfalltage einzulö
sen; wenn das Gerichtlich daran hindert,
so
„Verschanzen Sie sich nicht hinter un
haltbare Ausflüchte," unterbrach ihn dl?r
Notar, der inzwischen sinem Kellner de»
Auftrag gegeben hatte, einige Polizeibe
amte zu holen. „Die Fälschung ist erwie
st» und das Gericht wird JHuen einige
Jahre Zeit das deutsche Wechsel
recht gründlich zu studiren."
Sanner biß sich auf die Lippe, er sah
ein, daß er in diesem Streite den Kürze
ren zog, uud er war zu stolz, um Schon
ung zu hitteiu
„Sie werden mir erlauben, Herr Notar,
daß ich Sie nach Breslau begleite," »ahm
Frau Turnstedt das Wort, ohne ihren
Verlobten nur »och eines Blickes zu wür
digen, „ich wollte ohnedies morgen diese
Reise antreten."
Der Notar verbeugte sich schweigend
und wandte sich zu dem Hauptmann, mit
dem er leise einige Worte wechselte.
„Die Hinterlassenschast meines verstor
benen Gatten besteht ja wohl zum große
reu Theil in Werthpapieren?" fuhr die
Wittwe fort. „Ich glaube wenigstens dies
„Allerdings, Madame."
„Nun, dann werden wir rasch danüt in
Ordnung sein."
j „Gewiß, und wenn nicht ei» anderer
Zweck Sie zu dieser Reise bewegt, so ist
diese ganz unnöthig."
j „Sie scherzen, Herr Notar."
„Durckans nicht. Da Fräulein Mitt-
au. wie ich höre, sich bereit» in Breslau
befindet, so
„Aber was kümmert die meine
Tochter?"
„Fräulein Fanny Mittau ist laut Te
stament des Erblassers die Univerfalerbin."
„Und ich?"
„Ich bedanre recht sehr, Ihnen mit
theilen zu müssen, daß das Testament die
ausdrückliche Bestimmung enthält, die
ganze Hinterlassenschaft unverkürzt Ihrem
Fräulein Tochter —"
„Das ist eine Infamie!" fuhr Frau
Turnstedt zornig auf. „Ich werde das
Testament anfechten und unistoßen. Eine
solche Bestimmung kann vor dem Gesetz
nicht gillig sein."
„Sie ist es Madame, unter den ob
waltenden Umständen."
Der Wittwe war plötzlich ein Licht auf
gegangen.
Die Forderung Glaser» auf die Ver
zichlleistung Fanny'S, die leisen Andeut
ungen, welche der Pseudo-Baron ihr be
züglich dieses Punkte» gegeben hatte,
ließen Sle jetzt erkennen, daß es die Ab
sicht dieser Beiden gewesen war, sich in den
Besitz der Erbschaft zu bringen, daß Beide
um die Enterbung der Wittwe gewußt
halten.
„Ich werde feine Zurechnungsfähigkeit
in Frage stellen," sagte sie mit wachsender
Erregung. „Der alte Mann muß in den
letzten Jahren seines Lebens kindisch ge
worden sein."
„Keineswegs," entgegnete der Notar
ruhig. „Fassung und Inhalt seine» Te
staments beweisen, daß er einen sehr klaren
Verstand besaß. Sie werden wohlthun,
daä Testament nicht anzufechten, eine
Veröffentlichung feine» Inhalts könnte
Ihnen nicht angenehm fein und Ihre
Klage würde abgewiesen werden."
muß Fanny Verzicht leisten."
„Sie wäre lhöricht, wenn sie es thäte."
„Herr Notar, Sie —"
„Madäme, ich habe nicht gelernt, Phra
sen zu drechseln, ich bin ein schlichler, ehr
licher Mann, der so spricht, wie er denkt.
Und »ach dieser Bemerkung darf ich Ih
nen wohl erklären, daß ich den Verstorbe
nen —"
„Brechen wir ab," fagie die Wittwe ge
reizt, „Sie eigreifen seine Parthei und
„Madame, erinnern Sie sich meiner
Bedingungen," warnte der Hauptmann.
Die Wittwe warf ihm einen Blick de«
glühendsten Hasses zu.
„Ich reise nach Wien," sagte sie, „viel
leicht habe ich die Ehre, Sie dort als
Die Beamten traten in diesem Augen
blicke ein, der Notar legitimirte sich und
begründete seinen Antrag auf Verhaftung
Frau Turnstedt h»tte sich beim Eintritt
gezogen, sie kam nicht lvnder zum Vor
schein.
Aber der Hauptmann hatte am nächsten
Morgen die Genugthuung zu bemerken,
daß die schöne Wittwe den Gasthof ver
ließ; das geschah in demselben Augenblick,
in welchem er den Fuß in den Steigbügel
setzte, um sich in den Sattel zu schwingen.
22. Kapitel.
Schluß.
Am 26. Juli wäre» in Nikolsburg die
Friedenspräliminarien unterzeichnet, Test
reich trat seine Rechte auf Schleswig-Hol
stei» a» Preußen ab, e« schied aus dem
deutschen Bunde und gab seine Verbün
delen dem Sieger preis.
kangsam marschirten die Truppen durch
Böhme» zurück, vorbei an den blutgetränk
te» Schlachtfelder», vorbei an den Sand
hügel», unter dtnen so mancher brave
Kamerad ruhte, der nie die Heimath wie
dersehen sollte.
In Breslau herrschte namenloser Jubel,
als die ersten heimkehrenden Truppen ein
rückte».
Das Regiment, in dessen Reihen die
Brüder Bank dienten, eröffnete den Rei
gen; es wurde mit Blumen und Kränzen
überschüttet, man stritt sich um die Ehre,
eiuen der Braven bewirthen zu dürfen.
Dann folgte» einige Schwadronen Ca
vallerie und zum Schluß die Batterie des
Hauptmanns von Werner.
Hei, wie stolz und freudig der hagere
Herr mit dem sonnenverbrannten Gesicht
und dem kühn emporgerichtete» Schnurr
bart seinen Feuerschlünden voranritt!
Hätte er jede» Gruß, der ihm zu Theil
wurde, erwidern wollen, so wäre er genö
thigt gewesen, unausgesetzt den Helm zu
schwingen, und dadurch würde er die
Ao. 20.
Kränze verloren haben, die diesen bestaub
ten, durchlöcherten Helm schmückten.
Dem biederen Herrn that dieser Em
pfang wohl, aber er muß dabei so manches
mit ihm ausgezogen war und nun in
böhmischer Erde ruhte —ein Tropfen Mer
muth in dem Freudenbecher, wahrlich, ein
bitterer Tropfen.
Der Hauptmann hatte kaum seine Mann
schaft und Geschütze in die Caferne ge
bracht, als er oas Pferd feinem Bedienten
übergab und de» Weg zum Lazareth ein
schlug.
Er konnte seine Ungeduld, den Freund
wiederzusehen, nicht länger bezwingen, er
wußte ja, daß auch Georg sich auf dieses
Wiedersehen freute.
Der Lazarethinspector schüttelte den
Kopf, der Oberfeuerwerker Bank war schon
seit einigen Wochen aus dem Lazareth
entlassen. Er , öffnete ein großes dickes
Buch und blättert» eine geraume Weile in
demselben.
„Hier steht's," sagte er, „auf seinen
Wunsch und den Antrag des Stabsarztes
entlassen, einquartirt im Hause des Herrn
Ernst Schermann, am Marktplatze."
Der Hauptmann eilte dahin.
Ein köstlicher Duft stieg ihm in die
Nase, als er durch die Hausflur schritt, aus
einem Zimmer schallte Lachen und Jubeln
ihm entgegen.
Er blieb stehen, eine unsagbare Weh
muth bemächtigte sich seiner.
Konnte, durfte er in diesen Kre!« hin
eintreten, mußte er sich nicht sagen, daß er
hier ganz und gar überflüssig sei, daß seine
Die Glücklichen
Liebende Herzen schlugen ihnen entge
gen, die Liebe empfing sie mit Jauchzen
und Freudenthräne».
Und er?
Um ihn kümmerte sich Niemand, sei«
Tod würde in keines Menschen Herz eine
Lücke gerissen haben.
Und doch er hätte bluten können für
seinen König, Niemand würde ihn be
trauert, beweint haben ihn hatten die
Kugeln verschont.
Sollte er eintreten?
Ja, er hatte eine Berechtigung dazu,
ein Herz dachte dort an ihn, gewiß, e« er
wartete ihn.
Ein Herz nur?
Der biedere Herr sah sich umringt,
fühlte sich umarmt, er wußte selbst nicht,
wer ihn so stürmisch empfing, seine Augen
waren umflort, er hatte das ja nicht er
wartet.
Dann saß er, noch ehe er es wußte, an
dem reichgedeckten Tische und eine schlanke,
schwarzgekleidete Dame mit einem Ma
donnengesicht bot ihm ein Glas Wein an.
Er sah seinen Freund Georg, er mußte
ihn ja sehen, denn seine Hand ruhte in der
des Freundes, er sah Fanny, die ihm so
glückselig in'S Auge schaute, Theodor, des
sen Arm die Taille der schwarzen Dame
umschlang, den ChirurguS zweiter Classe
und Lazarethgehülsen neben seiner kleinen
resoluten Frau.
Er sah sie alle, und es war ihm, als ob
sie alle seine Kinder seien, so glücklich hei
ter schauten sie ihn an, so sehr bemühten
sie sich, ihm ihre Freude über seine Heim
kehr zu bezeugen.
Er hätte ihnen gern einige Worte de«
Dankes gesagt, aber er vermochte es nicht,
weil er die Worte nicht fand, und als er
sie endlich gefunden hatte, da stieg der
Duft eines dampfenden Bratens ihm un
ter die Nase und verwirrte ihn abermals.
Natürlich, in solchen« Kreise durften
einige Toaste nicht fehlen, ste galten dem
König, der Armee und dem Frieden, sie
galten der heiteren Zukunft, der man nun
entgegenging, und den gefallenen Helden.
„Mein armer Bruder," seufzte die
schwarz gekleidete Dame.
„Er hat einen schönen Tod gefunden,
um den Viele ihn beneiden," sagte Theodor.
„Und besser todt, alSzeitlebenS ein Krüp
pel!" fügte Hermann hinzu.
„Holla, diese Ansicht theile ich nicht," <4
erwiderte Georg aufgeräumt, „es ist denn
doch besser, daß die Granate mir den Fuß
zerschmettert hat, als wenn sie mit meinem
Schädel Bekanntschaft gemacht hätte.
Ich werde zeitlebens ein Krüppel bleiben,
die Aerzte haben mich schlecht geflickt, aber
„Armer Junge," sagte der Hauptmann,
„wirst jetzt ein anderes Handwerk erlernen
„Hab'S nicht nöthig, alles Haus," ju
belte Georg; „meine Braut aber von
alledem weißt Du ja noch nichts. Das
liebe Kind kam mutterseelenallein in'S La
zareth und suchte mich; ich sage Dir, es
war ein Wiedersehen, daran die Engel
im Himmel ihre Freude gehabt haben.
Im Lazareth konnte ste natürlich nicht
bleiben, ich schickte sie zu Alwine, die so
! freundlich und liebenswürdig war, sich
ihrer in der herzlichsten Weise anzuneh
! men. Dann hatten die beiden Damen
(Siehe vierte Seite.)