Pennsylvanische Staats zeitung. (Harrisburg, Pa.) 1843-1887, May 18, 1876, Image 1

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    Jahrgang t.
Die
gesylt>aischt StoatSzeltg,
Herausgegeben von
Z. Clnonon Rivvnn, Loi IS,
erscheint ledr Donnerstag, und lostet O2.VV
per innerhalb des Jahres, und
S.SO na Bersiuß des Jahrgangs.
Einzelne Ereiuplaren, S EentS per Stuck,
Kein Subscriptionen werden für weniger
als lechs Monaten angenommen r auch lann
Niemand das Blatt abbestellen, biß alle Rück
stände beablt find.
Norddeutscher Lloyd.
Rcgemäßige Dampfschifffohrt
zwischen
Bremen und Baltimore.
via Southanipton,
durch die cizcnS für diesen Zweck an der Elpde
erbauten, mit allen Erfordernissen ersehenen,
neuen eisernen Post-Dampfschiffe on 2500
Tonnen:
„Baltimore," Eapt. Meyer,
„verlin," „ Putscher.
„Ohio," ~ Meyer.
„Leipzig," ~ Hoffmann.
„Brauilschtveig," ~ Undütsch
„Nürnberg," Jäger.
Die Erpedition findet statt wie folgt -
Von Bremen: Von Baltimore:
„Leipzig," März 8,'76. April 1,'76.
„Ohio," 22. ~ ~ 15. „
„Braunschweig"April 5. „ 29. „
„Nürnberg," „79.,, Mai 13. „
„Leipzig," Mal 3. „ „ 27. „
„Ohio," 17. „ Juni 10. „
und frrinrhln jeden zweite Mittwoch on
Bremen und jeden Samstag um 2 Uhr
Nachmittags von Baltimore.
Vermittelst dieser Dampfer werden Paffagiere
nach Bremen, Southampto, London und pav-
V assage - P re ist:
Von Ballimore nach Bremen, Touthampton,
London oder Havrc:
Eajute 90 Gold,
Bon Souihampto naH WU.more.
Zwischendeck §32 Sourant.
Von Bremen oder Havre ach Baltimore k
Cajüte §IW Gold.
Zwischendeck §32 Eouran.
Net o n l^- B il l
Cajüte §lBO Gold.
Zwischendeck §58.50 Eouran.
Cajinc §l7O Gold.
Zwischendeck, §58.50 Couraut.
Hälfte.
A. Schumacher sc Comp.,
No. 9, S.llharl<S Str., Baltimore, Md.
Fr. Win. LicSmann,
l>2 Mary Avenue, Harrisburg, Pa.
PH. C. Rauniugcr,
Nro. 11l Nord Prince Straße,- Lancaster.
Dezember 29. 1875-11.
5ln!looi!, Iloiv I,oBt. iian
livStoi'Lil.
sckilion u> llr. Dnlvvr
D,a>
?. LkvoiiläN 8057,
-11 Xnn Lt., 57ew Vörie, Tost Lox 4586.
3I? 29,1875-11'. .
John Dönges'
Hotel,
4084 k 4036 Girard Avenue,
Philadelphia
März M, 1875-11.
Stephan Hartmaier's
Hotel,
4415 i s- 4414 Lancaster'Avenue,
West-Philadelphia.
März ZV. 1876-IJ.
Friedrich Doekenwadel,
Union-Hotel,
Ecke der Tancy und Brown Strape,
szwischm der 26. und 27. Str.,l
Philadelphia.
März SV, 1876-f.
Georg G. Buhl,
Fabrikant der
feinsten nd besten
Sigarren
Ferner, Atkvlei>lv und Relail-Händler
in
allen Sorten Knu- und Rauch-Taback,
N. 41SV Lancaster Avenue,
West-Philadelphia.
ZmportirtbKeh-WestscHavana-Cigarren
stets auf Hand.
K5rz50,1876-Mt.
Das deutsche Centralorgan der Demokratie für PemWvanien und die angränzenden Staaten.
Sind Sie es, >
tllbcr sagte, daß Sie lieber sol-5- Kleider baden mickucn, wie sie die
Slädler tragen, als sol-dc wir sie grwöbnlich im Äroßdandrl
vertauft wiidln s Höien Tie, wie Tic da anfangrn.
Ii- I-d- grasn unser, a-stasi --dt II, unsrrr Prrls no
writrr >-r,d,i>l->n, und
I Sie können genug sparen
wrnn Ite elr >> I ~?> 9>l" lansru,
> um die Jährt zu bezahlen
vo,l irgend einem vr tn diesem sseuntt, nach der Stadt Philadelphia
für deren Sehrnitwürdtgketten Sie dann außerdem ua etaen
Tan verwenden tonnen. SVanamaker u. Brown dekrastlgen
die ngabr. werden )
n a?/vcü unskrm Hause verkaufen.
Waarm ten^ri"idt/aen" Nam eu bezeichnen, graul st, ge
macht gnd, macht e unmöglich daß irgend jemand dezuglich drer Luatttat irre
i^rr^P ren Zahlem n c u g^Te^.
dir lta-,. >
' liousr, um trnlrldrn gisaUä- Wa-rrn ,u irlausrn.
- -- z, Mu uu, -in- „cot pt>-- in
Sechsten
nnd Market Strshe. schichtn auf verlangen Proben der Stoffe und
Diejenigen, die nicht - l l Preise durch die Post. Jedermann kann die ser
ach der Stadt igen Waaren durch E'preß zuzeschilkt erhalten.
am orr siaoi wenn er un-da richtige Maß (wofür wir Jedem
I Wanamaker und Brown.
1776 Herbst! Herst! 1876
Seht, etrachtet und untersucht °
die immense Auswahl
uud Slippers alter Sorten,
Männer nnd Knaben Nnbber-Stiefel
von jeder Größe und Gattung; ferner,
Ober - Schuhe, find zu haben in
Georg W. Meily s
Schnhstore, No. 216 Markt Straße,
Harrisburg, Sept. 30.—'75. dem CourthauS gegenüber.
wer-
Paeente^°.-N
erwirkt. Correspondcnzri, werden erbeten mit
Erfindern, und mit solchen, denen ihre Erfin
dungen von der U. S. Patent-Office zurückge
wiesen wurden; ebenso mit Kaufleuten und
Fabrikanten, welche "Tracks sini-irs" und
"Ddels" zu erhalten wünschen.
FUt,S? G .welche ein Patent
D7lI I?IU Up LZ-baden vollen, wer
r ersucht, un
in Modell oder eiue rauhe Zeichnung und eine
genaue Beschreibung lhrer Erfindung zu über
senden. Wir werden ln der Patent-Office Un
tersuchung anstellen, und wenn patentlrbar, Pa
tents mittheilen de. Pa
Wir beziehen uns auf den Hon. M.D. Lcg
gett Sr-Eommisfioner von Patents, Eleveland,
die dänische und schwedische Gesandtschaft, Wa
shington, D. E., John Hitz, Präsident der
Deulsch-Amerikanisede Sparbank, Washing
ton, D. C., und W. Koch, Herausgeber des
„Washingtoner Journal," Washington, D. C.
sende Postmarkc für unsere „In
formationen für Erlangung von Patenten."
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Lonis Bagger sc Eo.,
Patent-Agenten,
März 23, 1876. Washington, D. C.
Pr, Inline Hiue.
(Acchtcr einheimischer Wein.)
Bei dem Unterzeichneten sind stets die besten
Sorten de allgemeinbelicbtcn Eaa Harbor
WeineS zu haben.
Auch bringt derselbe sei best-assorlirtcS Lager
Rebstöcben empfehlend in Erinnerung.
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Egg Harbor Eity, N.-J.
März 9,1876-SMt.
Friedrich Maulick's
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Marictta, Pa.
Marie,ta. P„ prst.S, 1S7S1I.
Continental Lebens-
Verficheruugs Gesellschaft
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Von Netv-Uork.
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V? begünstigte Lebens Vcr
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Eine Zunahme von §3,-
tM>M 000.000.
Z. F. Eaton,
General-Agent,
No. LS Nord Dritten Straße,
Harrisburg, Jnli 29 1375—11.
-friestrich Limers
berühmte
Ile, Porter ör Lagerbier-
Brauereien,
Reading, P a.
Office, Sit der Drillen und Eheslnui St
Sir-dlug, Pa.. Mal 10. IS7Z-lk.
G. Walter ä: Bro.,
Fabrikanten und Boliler von
Porter, Ale, Brown Ttout, La
gerbier und Weistbier, Cider,
Sarsaparilla, Mineral-Wasier,
u. s. w., . s. w.,
No. 719 Franklin sc 52Lcmvn Straße,
Reading, P a.
werden prompt be.
Fading, August S, Mäzp'il.
Harrisburg, Pa, Donnerstag, Mai 18, 187.
E. O. Günther 2P Co..
Reading, Pa.,
Manufattueer und Patent-Inhaber von
Damp f-
Waschmaschinen,
llch ihrer und offeriern
hiermit zum Verlaufe daS County-Recht des
Somit Dauphin, Pa., oder Theile und
TownschlpS desselben, wodurch der Käufer daS
Recht erwirbt für 17 Jahre lang, diese Maschi
ne auSschließNch in seinem getauften lerrito-
In dieser Druckerei mitgetheilt werten^
Difse Danipf-Wasch-Maschine übertrifft jcde
anhkte bis jetzt erfundene Wasch-Maschine-in
jeder Beziehung, da fic die Arbeit des Bläschens
ohne Beihülfe, und lediglich durch Dampfkraft
errichtet, weiche diese Maschine entwickelt, und
hat dse Bewunderung nd vollste Billigung ei
hene Maschine nur §7.00 und die kleinste §5.50
kostet.
E. O. Günther sc Co.,
Rcading, Pa., März 16,1876.
iNn^üg!
Zohn Fröhlich
Mrchaut-Tailoriog-
Etablissement
von Nro. 809 Nord Dritten Straße
nach
No. 001 Ecke der Dritten sc Förster Str.,
verlegt,
Tücher nnd Casfimere
Herren /urnisching Hookis
hat er stets auf Hand.
John Fröhlich,
Harrisburg, März 2,1876—1 f.
National- Hans,
1404 Süd Penn Sgnare,
(SüdTelitZ
Philadelphia, Pa.
Friedrich Schmidt, Eigriiihüincr.
Die dclikalcstcil Speise und vorzüglichsten
Getränke stets auf Hand. V-S"9äite werden
auf's freundlichste bcwirthet.GS
Philadelphia, Pa., Februar 13,876.
Jetzt ist die Zeit..
Das Mh.jahr ij! dn!
Nene
Frühlings- Z Sommer
Frühlings K Sommer Waaren
aufmerksam, bestehend i
fciiicn Tüchern, fcinc Doskins und
Eassimcrc,
dic iicncstc Fabrikate von Worstct, sancy
Hosen- nnd Westen-Muster
ckmiishing Hoods
für Herren und Knabc.
Auch bin ich bereit, einem jeden Besucher
meine Waaren bei der laid zu verabreichen.
Dankend für das bisher mir geschenkte Zu
trauen, bitte ich, solches mir auch fernerhin zu
Theil werde zu lassen.
Ferdinand Engel,
No. 1109 Nord Dritten Straße, 4te Thüre
Harrisburg. April tC 1876 - 2Mt.
General Ballier's
Fllirmount Avenue Hotel,
Ecke der 4. ÄFairinoinitAve.,
Phtladrlphla, Pa.
lobn F. Ballier.
Philadelphia, Okt. 28.1875.
Louis Michel's
Hotel,
No. Stv Bainbridge Straße,
Mitadetliljia. Po.
finden daselbst die teste Be-
Juli 3. '74— 11.
i-sto oii-v.
Sorben erschienen:
Philadelphia
U mgeb u n g,
in vollständiger Führer durch die Stadt und
deren Umgegend einschließlich des
Fairmount-Park
in deutscher Sprache, mit nahezu 150 Illustra
tionen. tn Royal Octav und Papierumschlag, zu
75 EentS.
„Deutscht die ihren auswärtigen Angehört
gen ein getreue Bild vo Philadelphia und sei
ner Bedeutung geben wollen, tonnen diesen
Zweck gar nicht besser erreiche, als indem sie
ihnen dieses Buch schicken."
„Demokrat," Philadelphia.
„DaS Werk ist geschmackvoll uub passend il
lustrirt und eignet sich besonder für die Hun
derttausende. welche jene Stadt während der
Jubelfeier besuchen werden."
„Tribune," Chicago.
Zu verkaufen bei allen Buch- und ZeltunaS
bändlern, auch wird dasselbe per Post zugeschickt
bei Einsendung des Preises, o
I B vippincott ä- Co., Vcrlcgcr,
71S1md 717Mnrkct Str..
März 30,'76-2MtI Philadelphia, Pa.
Job-Arbeiten
deutsch und englisch, werden in dieser
Druckerei besorgt.
Poesie.
De Tchnridtr, LiedlingSlied.
Mein Lieb' ist stark wie doppelter Zwirn,
Ein großer Knäuel ist mein armes Gehirn -,
Mein Herz glüht heiß wie ein Bügelstabl,
O Wilhelmine, welch eine Qual!
hast Z^^ethan!
SeiNch Dich gesehen' ?S^llhewilne.
Sonst schuf ich mit Geist und viel Geschmack.
Paletot, Gilet, Bnrneß und Frack;
Und glänzte vor Fett wie Vollmonds.
Jetzt schleich' ich wie ein Schatten einher,
Mau gig. mlch bald durch ein Nadelöhr.
Die Alle hast Du mlr gethan,
O Wilhelminc. was fang ich nun antz
Gebrälh' es mir nicht an jeglichem Muth,
Ich stürzte in meinen—Fingerhut.
Zur Bchcrzigung.
Bedenke stets was rechtlich ist,
Ehrlich sein zn jeder Frist
Ziert den,Mciischen in jedem Stand,
Achtung zeigt ilim jedes Land
Halte Wort in jeder Sache,
Lebe treu in jedem Fache,
Endlich gehet alle? gnt.
Dem, der faßt des Sinnes Muth,
Endlich kommt die Zeit herbei,
Nnr von „Schlichen" halt dich frei.
Denk an deinen Nebenmenschcn,
Rühme den, den du nicht kennst.
Unschuld rettet jederzeit,
Christen üben dieS mit Freud'.
Komm, verrichte deine Pflicht,
Ehrlichkeit vergehet nicht,
Ruhig kannst du schlafen dann
Schlafe wie ein biedrer Man,
O, dies einem Jeden gilt,
Wenn er seine Pflicht erfüllt.
Jederzeit sei du bereit,
Rechne nicht auf allzuweit,
Suche i der Zeit zn wirken,
Tränint nicht als wie die Türken.
Denke stets an deine Pflicht,
Nebe sie; es reut dich nicht.
Freundschaft ist des Lebens Würze,
Reinheit ist der Tugend Schürze
Jeden Tag und jede Stund'
Ehre Gott von Herzensgrund,
Danke, daß du bist gesundz
Ehe Krankheit dich erlegt,
Nehme, was gesagt hier, recht.
Hier ist keine bleibende Stadt,
Alles hier ein Ende hat,
Biederkeit nnr bringet Glück,
Endlich nach dem Mißgeschick.
Nun, so fasse diese Lehr',
Denn cS ist kein Ohngcfähr:
Borne abwärts lese nnr,
So hast d die rechte Spur.
Ie utile la >.
Harte Herzen.
-co)-
ErMlimg von Walter Bogel.
XII.
sgortsetzung.f
„Sind Sie verletzt, Madame?" frag
te die milde Stimme des Mädchens,
sich über die für einen Moment regungs
los Daliegende neigend, dann aber über,
zog eine plötzliche Blässe ihr Antlitz.
„Die Werndel-Anna I"
Die Baronin hielt die Augen ge
schlossen und sah nicht, wer zn ihr redete.
„Gott sei Äank, ich bin unverletzt,"
sagte sie mit leiser Stimme, „nnr ein
wenig betäubt und schwindelich. Wol
le Sic mir helfen, emporzukommen
und mir ein GlaS Wasser bringen?"
Marie hatte sich gefaßt.
„Kommen Sie in unser Häuschen,
Madame, dort werden Sie sich rasch
wieder erholen; die guten Leute hier
werden für Ihr Pferd sorgen, das kei
nen Schaden erlitten, nicht wahr?"
„Gewiß, gewiß," tönte es aus dem
Kreise der Zuschauer, das Mädchen
mußte sehr beliebt sein.
Mit Marien Hülfe erhob sich Anna.
Ihr erster Blick, da sie die Augen öffne
te, zeigte ihr, wer es mar, auf dessen
Arm gestützt, sie jetzt langsam dem
Häuschen zuschritt.
Einen Augenblick lang schien es, als
wolle sie sich ihrer Beschützerin mit ei
ner hastigen Bewegung entziehe, aber
schon im nächsten lehnte sie wie müde
das Haupt vorn über, als ergebe sie sich
willig in ihr Schicksal.
Hinter den beiden Frauen schloß sich
die Thür des Hauses. Anna schritt mit
ihrer Begleiterin über eine kleine Flur
und betrat ein mittelgroßes Zimmer.
„Verzeihen Sie, Madame, wenn mci
nc Tante, Frau Hcllbcrg, Sic nicht zu
begrüße mag. Sie ist seit einem Jahr
sehr leidend und kann sich nicht vom
Stuhle erheben."
Mit diesen Worte führte das Mäd
chen Anna über die Schwelle.
Die Baronin hatte alle körperliche
und geistige Kraft zusammengerafft, sich
zu sammeln, und es war ihr gelungen,
nun freieren Blickes ihre Umgebung zu
prüfen.
Hart am Fenster hinter den lang
wallenden Vorhängen saß im Lehnstuhl
eine alte Frau, in einem schwarze, la>
larartigen Ucberwurf gekleidet, der ihre
-ganze Gestalt verbarg. In dem falten
reichen Antlitz, daS sich dennoch eine ge
wisse Energie bewahrt, hatten Krank
hcit, vielleicht auch geheime Leiden, ihre
Furchen gegraben.
Sic erkannte das Antlitz, und wie ei
Dolchstich drang es durch ihre Brust.
War sie es nicht selber, die mit thätiger
Hand dazu gewirkt hatte, es zu zerstö
re?
„Ich bringe Dir die Dame, liebe
Tante, der so eben der Unfall begegnet,"
ahm das junge Mädchen das Wort.
„Sie ist unverletzt und will sich nnr ein
wenig erholen."
Das Auge der Leidende blitzte ans,
als sie der Baronin ansichtig ward; in
ihrem Antlitze zuckte es und die Hand
wie abwehrend von sich streckend, rief sie
mit lauter Stimme:
„Unglückliche, wen bringst Du mir,
fort mit ihr ich fluche ihr sie,
sie raubte mir mein Kind."
Die EiscSrinde, mit der Anna Wer
dcl vor der Welt ihr Herz umzogen hat
te, schmolz dahin, gebrochen war der
Trotz, die düstere Resignation.
Zu dem Sitze der alten Frau
eilte sie, und sich zn ihren Füßen nieder
werfend und das Haupt in die Falte
ihres Kleides verbergend, schluchzte sie
unter heißen Thränln:
„Verzeiht, verzeiht, dem Reuige wird
vergeben; ich bin namenlos unglücklich,
gebeugt, gebrochen an Leib nnd Seele
und es liegt eine Elende zu Euer Fü
ßen."
„Weg, weg mit ihr, ihr Mund ist
Falschheit; -Heuchelei und Lüge ihr
Thun," stöhnte die alte Frau; „ich will
sie nicht sehen !"
„Laßt mich bleiben, da Gottes Hand
mich an diese Stätte geführt, laßt mich
beichten und reden von jenen Tagen des
höchsten Glanzes vor den Augen der
Welt, des höchste Elendes vor dem ei
genen Innern. Und wenn Walter heim
kommt an diese Stätte des Friedens,
so kündet ihm —"
Margarethe Hcllbcrg lachte bitter:
„Walter," sagte sie, „mein Sohn
seit jener Nacht, da er daS Dorf verließ,
'eine Beute des Elends nnd der Ver
zweiflung. habe ich ihn nicht wieder ge
sehen, hat sein Fuß nicht die Schwelle
seiner Mutter überschritten, den ei
heiliger Schwur, den er bis jetzt noch
nicht zu lösen vermochte, hielt ihn fern
von mir entfernt. Ich fühle es, der
Tod steht hinter meinem Stuhl nnd
grinst mich an; ich werde in die Grube
fahre, ohne ihn gesehen zn haben, nnd
an Allem bist Du Schuld ; geh hinein
in die Gesellschaften der Vornehme,
schmücke Dich mit funkelnden Steinen,
kalt wie Dein Herz, nnd zertritt mnth
willig ein blühendes Dasei—"
„Haltet ein," rief Anna außer sich,
„eine Folter waren die Jahre, seit mein
Leichtsinn mich ans ewig von Walter
trennte, denn von jenem Tage an er
wachte das Gewisse ipn so furchtbarer,
da ich es nnr zu betäuben, nie zu unter
drücken vermochte, und heute liebe ich
ihn mehr als jemals, möchte sterben für
ihn."
So glühend, so leidenschaftlich war
der Ausdruck Anna's, daß Frau Hcll
bcrg erkennen mußte, daß nnr so die
höchste Reue, die reinste Wahrheit reden
konnte. Im Winkel schluchzte Marie.
„Wehe uns allen," sagte endlich die
Wittwe; „wer vermag zn sagen, wenn
wir iinscr Leid auf die Waagschale legem
auf wessen Seite sie sich neigt. Denn
glaubt mir, das Leid jenes Kindes,"
nnd sie wies auf Marie, „ist nicht das
kleinste; der Blick einer Sterbende
sieht klar, sie liebt Walter, meinen Sohn,
für ihn ward eine schöne Jnngfran ans
dem verkümmerten, scheuen Kinde; für
ihn lernte sie, lebte sie, für ihn "
Ein Aufschrei des jungen Mädchens
unterbrach ihre Worte. Todtcnbleich,
keines Wortes mächtig, war Marie zu
rückgesunken, die Hände wie flehend cm
porhaltcnd.
Die Baronin zitterte am ganzen Kör
per. Ein Blick der Eifersucht schoß auS
ihren Augen anffdas junge Mädchen,
aber sogleich hatte sie sich gefaßt, es war
das letzte Aufflackern der Leidenschast,
das letzte Glühen der Lava, che der
Brand des Kraters erlischt nnd seine
Donner verstummen. Sie war die Er
ste, welche die eingetretene lange Pause
unterbrach.
Sie erhob sich von ihren Knieen, und
langsam auf Marie zuschreitend, erfaß
te sie die Hand des jungen Mädchens.
„Ja, ich liebe ihn," wiederholte sie,
„aber fürchte nichts, Mädchen, Anna
Wcrndcl, Baronin von Markcnbach, ist
Dir kein Hinderniß mehr; wie viele
Thränen habe die wenigen Jahre er
träumte Glückes bezahle müssen!
Ueber dem glänzenden Hause de Edel
mannes steht das drohende Gespenst der
Armuth. Der aristokratische Bauer,
mein Vater, hat übermüthig, durch E
lendc verleitet, ein großes Vermögen
verschleudert, das er nnschöpflich glaub
te. Mein Gemahl, dem ich erst zur
Befriedigung seiner Habsucht, dann sei
ner Eitelkeit dienen mußte, ist längst
ruinirt, und nahe sehe ich den Tag, wo
daS schwankende Gebäude einbricht und
uns Alle unter seinen Trümmer bc
gräbt. Ich habe keine Hoffnung mehr,
meine Bahn ist zn Ende. Du aber,"
fuhr sie wärmer werdend fort, „Dn
sollst ihn reiße aus schmachvollen Fes
seln, die ihn bedrohen. Gottes Wil
len erkenne ich in seiner wunderbaren
Fügung. Vernimm denn, Marie, ver
nehmen Sie, Frau Hellberg, Euer
Walter steht auf dein Punkte, sich zu
verloben; die Tochter eines reichen In
den, des EhesS des Hauses, in dein er
arbeitet, Rcbecka Aaro, ist für ihn be
stimmt "
Ein leiser Wehrnf der alten Frau
durchdrang das kleine Gemach, während
Marie, todtcnbleich, jedes Wortes un
fähig, auf die Redende starrte.
„Ich kenne jenes Mädchen," fuhr die
Baronin fort; „stolz, hochmüthig nnd
lannenhast, ist der Unglückliche nichts
weiter als ein Spiclball ihrer Capricen;
rettet ihn, es ist die höchste Zeit, wenn
Ihr ihn nicht ans ewig verlieren wollt!"
„Aber was treibt den Unselige z
diesem Entschluß ?" fragte die Kranke
vom Fenster her; „wie ist meinem
Sohn z helfen?"
„Was ihn dazu treibt? Die Rache.
Wenn Walter Hellberg Chef des Hau
ses Aaron ist, ist die Ehre, die Existenz
der Familie Markcnbach in seinen Hän
de.
Die Mutter bedeckte ihr Antlitz mit
beiden Händen, ein furchtbarer Kampf
schien in ihrer Seele vorzugehen, eine
lange Pause entstand.
„Anna Wcrndel," ahm sie endlich
das Wort, „Dn schwörst mir, daß jene
Ehe Walter'S Unglück sein würde?"
„So wahr ich ihn liebe, so wahr ich
bereue."
Die alte Energie schien über die Lei
dcnde gekommen, ihre Stimme klang so
hart nnd befehlend wie einst, da sie dem
Hasclbaucr gegenüber gestanden.
„Mache Dich fertig, Marie," sagte sie,
„bitte den Gastwirth, sogleich anspanne
zu lassen; Du sollst in die Stadt."
Erstaunt und ängstlich blickte Marie
sie an. „Zur Stadt," wiederholte sie,
„nnd ivas soll ich dort?"
„Wo befindet sich daS Hans Aa
ron's?" wandte sich die Wittwe zn An
na
„Jakobsstraßc No. 91," erwiderte die
Baronin.
„Du hörst cS, also dorthin fährst D
und forderst augenblicklich Walter Hell
bcrg, meinen Sohn, zn spreche."
„WaS verlangst Dn!" rief Marie
außer ich, „niemals vermag ich s, nie
mals."
„Dn wirst gehen, wenn D ihn liebst,"
bcharrtc Frau Hcllbcrg. „Ich fordere
diesen Gang von Dir als Lohn für alle
Sorgfalt, für alle Liebe, die ich Dir an
gethan."
Das Mädchen neigte schluchzend das
Hanpt. „Ich gehorche," flüsterte sie,"
„ich werde gehen. Und was soll ich zn
ihm reden?"
„Dzc Bitte, ein der Befehl seiner
Mutter, die ihn geboren, augenblicklich
zu ihr zu eilen, che zu spät, denn hinter
ihr steht der Tod nnd jede Stunde kann
ihr Dasei enden."
„Und vergissest Dn, daß Walter ge.
schworen "
„Mich nicht eher wiederzusehen, che
er sich gerächt und den Namen seines
Vaters zu Ehren gebracht," unterbrach
die Wittwe sie, „wohl weiß ich das, doch
Walter ist ei guter Sohn; meinst D
denn, daß er nicht weiß, wo wir uS ge
borgen, nachdem wir das Hcimathsdorf
verlassen; meinst Dn, ich wußte nicht,
von wem die zahlreichen Geldsendungen
kommen, die meine Einsamkeit erfreu
en ?"
„Geh', Maria, sprich zn ihm, wie
Dir s um Herz, frei nnd ohne Hehl, nd
selbst wenn er Dir zu widerstehen ver
möchte, den Bitte der Mutter wird
cr's nimmer."
Die Kranke schwieg erschöpft, die
Gluth des Fiebers leuchtete ans ihre
Auge.
Schweigend küßte Marie der Pflege
mutter die welke, abgezehrte Hand und
schickte sich an, das Zimmer zu verlas
sen.
Auf der Schwelle wandte sie sich um.
„Aber ich kann Dich nicht allein lassen,
Tante," sagte sie; „wer soll Deiner
warten, wenn ich vom Hause fern bin?"
Die Baronin trat auf die Wittwe zu.
„Mich lasset Euere Pflegerin sei, bis
Marie heimkehrt; laßt mich Frieden
athmen i diesem Hanse, che ich heim
kehre in meine eigene Wohnung, wo die
Hölle hinter Gold und Seide meiner
wartet. Geh', Marie, es ist keine Zeit
zu verlieren, was geschehen soll, mnß
rasch geschehen!"
Fragend blickte das junge Mädchen
ans die Wittwe; ein Blick der Leiden
den bestimmte sie, sie verließ das Zim
mer.
Wenige Augenblicke später rollte ein
kleiner ländlicher Wagen die Dorfstraße
dahin, der Residenz z.
XIII.
Walter Hcllbcrg bcniohntc zwei Zim
mer im Hause des reichen Banqiers, sei
nes Principals. Der erste Schmerz
über den Verlust des Sohnes nnd Er
ben war verstummt, die Familie hatte
sich in ihre Zimmer zurickgezogcn und
der junge Mann war. allein in seiner
Wohnung. In tiefen Gedanken ver
sunken. das Hanpt gestützt, saß er sei
cm Fauteuil; daß schwere Kämpfe in
seiner Seele vorgingen, davon zcngtc der
wechselnde Ausdruck seines Antlitzes.
Er hatte die Thür des Zimmers ver
schlössen, um allein und ungestört zu
sein, jetzt riß ihn ein Klopfen ans seinen
Träumen,—halb unwillig öffnete er die
Thür.
Nro. .
„Dn bist es, Jtzig," sagte er; „Du
kommst vir wenig gelegen in dieser
Stunde; ich habe Wichtiges mit mir
selber zu überlegen."
Aber der Jude ließ sich nicht abwei
sc. „Soll ich Ihnen sagen. Herr Wal
ter, worüber Sic denken ach?—Ob Sie
die Rebekka Heirathen, und die Marke
dach, Ihre Feinde, damit bekommen i
Händen, oder ob Sie bleibe e! freier
Mann und verschiebe Ihre Rache af
das Jenseits ?"
Das Antlitz Walters rölhete sich
„Woher weißt Dn? "
„Alles weiß der Isidor Beitel; aber
er weiß auch, daß Ihr „ich! umstoßen
werdet Recht nnd Gewissen nnd das
alte Familiengesctz. Ich allein bin be
rcchligt, Rebekkas Mann zn heißen,
jüdisch Blut mnß sich znsammenthnn;
ich will Euch reiten nnd die Rene spa
ren Geht hinunter zn Aarons und
sogt, daß Ihr die Rebekka nicht wollt."
„Nein, ich will sie nicht!" rief Wal
ter in überströmendem Gefühl, „der Un
glücklichste aller Menschen würde ich
sein, bände mich das Schicksal an ihre
Seite, nnd dennoch, zu mächtig sind die
Hebel, die mich vorwärts treiben auf
der einmal betretenen Bah, die mich
die Herrschaft in diesem Hause wünschen
lassen, und da diese Herrschaft gar nicht
anders errungen werden kann, als nnr
durch den Besitz Rebekkas—"
„Soll ich Ihnen auch nennen diese
Hebel?'-' unterbrach ihn der Jude. —
„Sie heißen Rache gegen die Familie
Markcnbach, Vater, Mann nnd Weib.
—Bleiben Sic sitzen, Herr Walter,"
fuhr er fort, den Aufspringenden mit
kräftiger Hand zurückhaltend, „lasten
Sic reden mich. Markcnbach'S sind
ruinirt, das wissen Sie so gut wie ich,
nnd wenn Sic die Rebekka Heirathen
nnd sind alleiniger Herr des Geschäfts,
liegt cS in Ihrer Hand, sie zn stoßen in'ö
Elend. Sic habe einen Mann be
nutzt, dem für Geld nichts heilig ist,
den Major Haider, den alten Bauern
anSznziehcn systematisch, der Baron that
es von selber, und es ist Ihnen gelun
gen. Aber der Arme kann werden
reich, der Elende kann werden bemitlei
det,—doch der Verbrecher wird auSgc
stoßen ans der Gesellschaft der Menschen
nnd verachtet, ob er sich Peter Hcllbcrg
nennt, Euer Vater, oder Christoph
Wcrndcl, oder Arthur von Markenbach.
Höre Sie mich jetzt an Walter Hcll
bcrg. Hier in dieser Tasche habe ich
den Beweis, daß der Baron ein Fäl
scher ist; in wenigen Stunden vermag
ich schon Christoph Wcrndcl als Fälscher
nd Spitzbube entlarve zu lassen und
draußen steht ei Man, der die Ehre
Ihres Vaters in Händen hat, der Ihren
Namen zn reinigen vermag von jedem
Flecken."
Krampfhaft packte Walter des Juden
Arm: „Mensch, was verlangst Du für
dies Alles? Nimm mein Leben, weiter
vermag ich Dir nichts zu gebe für diese
Stunde."
„Ruhig, ruhig," beschwichtigte Isidor
den Glühenden. „Lassen Sic uns ma
chen ein Geschäft, Herr Walter. Sic
entsagen der Rebekka, ich Heirathe sie
nd werde Chef des HanscS Aaron nnd
Comp.; von jenem Tage an, da ich mit
ihr stehe unter dem Baldachin, werden
Sie eintrete als Compagnon in die
Firma. Abgemacht, Herr Walter?"
Er streckte dem jungen Mann die
Hand entgegen, aber Walter schlug nicht
ein.
„Doch was soll ich dem Vater sagen,
der im Namen des sterbenden Sohnes
Mir seine Tochter antrug?" wandte er
ein; „ich erbat mir Bedenkzeit bis mor
gen-o laß's mich's gestehen Dir, dem
Vertrauten meiner Jugend, ich kann
jenes Mädchen nicht lieben." .
„Co habt Ihr die Werndel-Anna
nicht vergessen ?" fragte der Jude hastig.
„Die Baronin Markenbach? Ihr
Schatten schwebt vor meiner Seele, wie
eine Erinnerung ans dem Grabe.
Anna ist nicht glücklich, und trotz Allem,
ivas sie mir angethan, füllt nicht Liebe
mehr, füllt nur ein tiefes Mitleid für sie
mein Herz. Aber dieses Herz, das sich
steinern glaubte nnd alt, cS ist neu er
wacht, und mächtig schlägt cS in meiner
Brust. Sehnsucht suhle ich, Isidor, un
denkliche Sehnsucht, — meiner Mutter
möchte ich an mein Herz drücke, che sie
ihr Auge schließt, Marie möchte ich wie
dersehen, die jetzt zur statlichen Jnng
fran geworden sein muß."
Ein Keifen auf der Treppe unterbrach
den glühenden Strom seiner Rede;
deutlich vernahmen die jungen Leute
Rebekka s schrille Stimme:
„Ich sage Ihr ja, Mamsell, Herr
Walter Hcllbcrg ist nicht zu sprechen,—
Sie kann mir sagen, was Sic ihm mit
zutheilen hat."
„Unmöglich, Fräulein," hörten sie
eine andere weibliche Stimme mit lieb
lichem Ausdruck erwidern: „ich mnß
ihn selber sprechen, ich komme im Na,
nun seiner kranken Mutter."
„Meiner Mutter!" Glühend sprang
der junge Mann empor nd die Thür
aufreibend, eilte er die Treppe hinunter,
an deren Fuß die beiden Mädchen stan
den.
sSorlscpung folgt.l
Der Grei un'd'der Jüngling.
Gr eis:
Wie kannst dn deine edle Zeit,
O Jüngling, Mädchen weihn?
Jüngling:
Wie kannst du, GrciS, doch allezeit
Beim warme Ofen sein?