Pennsylvanische Staats zeitung. (Harrisburg, Pa.) 1843-1887, January 18, 1872, Image 1

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    Zahrga,, 6.
Dir
Ptnusylvanischr StaatSztituug,
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Ran- und herein.
Daniel Dickel, Präsident.
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Horrisdurg, Mär, 17, I7N.—IZ.
Harrisbnrg
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Dieser ncne d.nlschr Verein ersamine sich i'-
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Juli >3
M Wtrtljsi^ostö-Ukiiernnhmr
Der Unttrzeichneie erlanlt sied seine ge.und
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,!>872. Winter! IB7S.
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April 20,187!. No. Market Square, Harrisburg.
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i dieser Ofsicc verfertigt.
Ayer s
Haar-Mittel,
UM grauem Haare seine natürliche Vi
talität und Farbe wiederzugeben.
s cl> e der Jugend, bald wieder. ,
TüiineS Haar wächst dichter, dem Ausfallen
wird eine Schranke gesetzt und Äalillieit wird
est, wenn auch nicht immer, durch den Ge
brauch dieses Mittels geheilt. Nichts kann
das Haar wieder herstellen, wenn einmal die
HaarbläSchen zerstört oder deren Drüse er
sterben sind: aber die noch vorhandenen ,
werden durch Anwendung des Mittels er
hallen und wiederum thätig gemacht, so daß
ein neuer Haarwuchs hervorgerufen wird.
Statt die Haare mit einem tcigichten Nieder- !
schlagezn verunreinigen, wird es dieselben in
und kräsiiq erhalten. Sein gelegentlicher Ge- ,
brauch wird das Haar vor dem Ergraue
oder Ausfallen bewahren und daher vor ,
Kabikcil schätzen. Die Wiederherstellung der '
Lcbcnstkätigkeit in der Kopshaut verbindert
und verhütet die Bildung von Kops-Grind, ,
welcher vst so unreinlich und widerlich
dieses Mittel von allen den schädliche Stös
sen, welche solche Präparate für das Haar
gefährlich und ungesund machen, frei ist, so
taun cs demselben nur wohlthun und es nie
schädigen. AIS ein Haartoilettennnttel ist es
inibcrtresslich. Da cS weder Oes noch ir
gend einen Farbcstosj enthält, so beschmutzt
es weißes Linnen nicht und doch hastet cs
lange am Haar und gibt demselben ei üp
piges glänzendes Aussehen und ein ange
nehmes Parfüme.
Bereitet von
Dr. I. C. Ayer K Co.,
owel l . Nass.
Koymann's
Kkmst-Mch;
Mug verborgener Keunü,
KH FH euch? grhcimnißvellc und erprobte
LH 11 Keilmittel und Künste,
uu
Gegen Einsendung von öl) Cents senden vir
postfrei ein Exemplar in deutscher der
englischer Sprach an irgend eine Person.—
Mau bittet, Namen, Post-Office, Eountp, nnd
Staat deutlich zu schreiben, um unfehlbaren
Empfang zu sichern. .
Tyes.l.Schtff^.
Ein krästigrS Alter oder ein früh
zeitiger Tod.
Der Jugendfptegel,
PotÄi'. die >dr ig-id
siir angepriesene Mr dizin verwendet haben, vhm sieht M
,cc Irin,sich nichi ai>di-rcchlLchmi'Uu>> li bad>n,
da verartige Leide" ohne elektrische Minri nicht gehrM
suss.'ndmia vonAia-niPM-ww-nU'd'
N">>m I, iNichiNi, ->>
bi-°n°, zu.
,I d-msiibi'n S-ss°ss-r ist in dimsilin P"ssc ,n
„Geheime Winke sür Mädchr nd
Krauen,"
oder! Dl' rr-nIH-iL!" SIS,NN,'N du ilchlechidicmst.
tionen de Weibe, und deren Heilung.
Poesie.
Vergesst die deutsch Sprach nicht
Such, tie die diuilchen HrimathSride
Euch bitte ich 01l Zuversicht:
„Laßt Eich nichi Euer Deulschiand raube
Vrrgrßl tie deulsche Sprache nicht!"
Wie DeuischlandS Heiden einst gesochirn,
Was t'ulschir lühner Geist vollbracht.
Was Freiheit, Eintgkeii ermochten,
Sinti nie in des Vergesse Rachl;
Und wieder Wied, was einst gewesen.
Vergißt Ihr veuischland'S Sprache nichi!
D'rnm, Vater! den nach Tage Mühen
Vergiß nicht, deuisch ihn anszuziiben,
Wach', daß er deutsche Lieder fingt
Lehr' ihn in Deutsch Vir zehn Gebotr,
Nnd sag' ihm, daß ein elstrS spricht:
Bleib' Deutschland ru, treu bi
zum Tode,
Bergiß rEltern Sprache nicht!
Und Ihr, Ihr ackern deutsch graner,
Die Ihr en Säugling liebend nährt,
O, leitet schon im Morgengrauen
In Eure Hände ist gegeben,
Od Ihr die Pflanze neigt zum Licht;
Vertrauend lenkt da junge Leben
Womit Ihr durch dir Scheidcpforie
„Aus Wiedersehn!—vergißt uns nicht!"—
Und Ihr, die Ihr mit kräsl'grn Händen
Dr Geistes helle Fackel schwingt.
Laßt Euch nicht von dem Irrlicht lenden.
Da gautelnd, hüpfend Euch umspringt.
Bleibt deutsch!—da sei de Herzen Mahnen,
Euch machte Gott e selbst zur Pflicht;
Den weist mit Schimpf und Schande fort!
Das Drutschthum hegt nicht eitle Gissen,
Frei au dem Herzen soll sich rin
gen
D.iS Lied im heimathlichen Laut!
Da Sebönr, Edle. Ernst, Große.
Und Treue, Wahrheit, Tugend,
Wenn wir die Trlcolore tragen,
So weit sich Gottes Himmel webt,
Dann wird de Enkel Herz erglühe
„Heil, Eltern, Euch durch Euer
Mühen
nicht!"
Herzlos od Herzensgut.
Eine Erzählung sür vir Jugrnd.
Erstes Kapitel.
Die arme Wittwe.
, g,esset,-I
grau Guimann bewohnte in kleine
Häuschen in einer nicht eben großen,
aber recht freundlichen und heiteren
Stadt, welche stch am Fuße de Thürin
ger Walde ausbreitet. Diese Häus
chen, mit Stube, Küche und ein paar
Kammern, nebst einem kleinen Garten
hinter demselben, war der ganze Reich-
Ihum, den sie von den Güter der Erde
besaß, und man konnte, leider nur ei
nen geringen Reichthum nennen. Ob
gleich in möchlichft sauberem Zustand
erhallen, zeigtt da klein Hau doch
mannigfach Spuren von Aller und
Brrfall. Dir genster glänzten spiegel
blank, aber an den Rahmen ntdeckle
man nur noch einzelne Reste von e
früheren aftrlch mit Oelfarbe, und au
viel Stellen war da Holz verwittert
und zerbröckelte allmählig an der Lust.
Da mit Moo und Haulauch über
wuchert Ziegeldach war sehr einer
gründlichen utesseruag bedürftig, wie
nicht minder auch die wände eine
neu Anputze und Anstriche. Da
messingene Schloß ander Haubür fun
kelte wie Gold, aber dt Thür selber hat
te groß Riff und Spalte. Der Flur
war mit feine weißen Sande sander
bestreut, jtdoch der San: vermochte lei
der nicht gänzlich te vielen Unebenheiten,
Mängel und Schaden de Boden zu
verhüten, welche den Unbekannten der
Unvorsichtigen leicht zum Straucheln
bringen konnten.
Und wie da äußer Ansehen, so auch
die inneren beschränkten Räume, welche
Jenem in jeder Beziehung glichen.
Ueberall Herrschi die größte Reinlich
keit daneben, aber fand stch auch we
nig mehr vor, al ein paar einfach
Hvlistüdle, tn Tisch, ein aller Schrank,
und über der Stubenlhür tn Brett, aus
schaffen.
halte wenigsten „och nie mit ihrem
Sohne hungrig zu Bette gehen müssen,
obgleich sie sretltch manchmal des Abends
nicht weiter als ein paar Kartoffeln
mit Salz und Brod zu verzehren ge
habt. Aber eS kam eine Zeit, wo auch
diese einfachen Bedürfnissen schwer her
beizuschaffen waren. Die Ernte hatt
nur geringen Ertrag grlteseet, das Kor
war zu unerhörten Preisen gestiegen
und die Kartoffejn waren fast gänzlich
mißraihen. In früheren lahren hatte
das Gärtchen hinter dem Hause dea ge
wöhnlichen Bedarf der Wtttwe immer
gedeckt, aber in diesem Winter mußte sie
zum ersten Male di traurige Erfahrung
mach, n, daß ihr kleiner Boiratd lange
nicht bis zur nächsten Ernte ausreichen
würde. Dte Kartoffeln verfaulten tm
Keller, und keine Sorgfalt retchte au,
diesen schweren Uebelstand zu besetttgen.
Da war's denn kein Wunder, daß
dte arme grau Gutmann mit banger,
schmerzlicher Besorgniß in die Zukunft
blickte. Sie saß am Fenster ihre klei
nen Slübchen, nachdem sie eben the
Borräthe im Keller gemustert und so
ungefähr überschlagen hatte, wie lang
sie wohl noch zur Noth ausreichen wür
den. Dte sonst immer fleißigen Hände
lagen unthätig tm Schovße, ihre Wim
pern zeigten Spuren vergossener Thrä
nen und ihre Augen blickten trübe
durch die kleinen Fensterscheiben auf die
Straße hinaus, wo der Schnee tn dich
ten Flocken wirbelte und eine wetß De
cke über dte Dächer und Wege breitet.
„O, mein Gott, wein Gott, wa soll
daraus werden?" seufzte sie tn bitterem
Schmerze halblaut vor flch hin. „Wenn
du nicht hilfst und deine segensreiche
Hand sür uns öffnest, so kehr tch de j
Jammers und Elendes kein Ende ab. .
Kanin och vier Wochen reichen die Kar- '
toffeln au und dann—dann ist Alle >
vorbei nd ich weiß nicht, womit Ich den !
Hunger meine armen Sohne befrtedt- i
gen soll. O, mein Gott, du Vater der '
Wittwen und Waisen, erbarme dt un- '
ser und verlaß uns nicht in de Tagen
der Trübsal l" !
Noch flössen di Thränen, als draußen
dir Hausthür rasch geöffnet und wteder
geschlossen wurde,—aus dem Borflur
stampft Jemand hart mit den Füßen
auf, um de Schnee von de Füßen ah
zuschütteln,—und gleich darauf rat ein
hübscher, gesunder Bursche von fünfzehn
oder sechzehn lahrdn in die Stube und
begrüßte die gebeugte Wtttw mit Heller,
frischer Stimme.
„Guten Abend, liebe Mntjer!" rieser.
„Da bin Ich wieder, und eine große Hu- I
cke Holz liegt draußen im Stalle, die ich
au dem Walde mit heimgebracht habe
E war ine häßliche Arbeit heule bei
der Kälte und dem Schneegestöber, aber
aber nun ist's gethan und sür die ganze
nächste Woa> brauchen wir keine Sorge
zu haben, daß wir frieren müßten."
Er rieb stch bet diesen Worten die
vom Froste gerötheten Hände, stellte stch
an den warmen Ofen, um seine feuchten
Kleider zu trocknen, und sprach dabei
immer fröhlich weiier, ohne genau die
Mutter anzusehen, welche ihr Gesicht
ganz nach dem Fenster gewendet hatte,
um ihrem Sohn die verweinten Augen
, verbergen.
„Weißt du, Mütterchen, wa mir der
Herr Förster heut, al tch de Erlaub
ntßschein zum Holzlesen bei ihm holte,
sür in Borschlag gemacht hat?" fuhr
er fort. „Ich solle zu ihm in die Lehre
kommen, meinte er, dann würde tch ein
tüchilger Jägersmann erden und in
der Zukunft auf rechtschaffene Weise
mein Brod verdttnen können. Was sagst
du dazu
Die Mutter seufzte. „Ich glaube
wohl, daß e der Herr Förster gut im
Sinne hat," erwiderte sie mit gedrückter
Stimme, „aber e geht ja nicht! Wir
find so arm ! Wovon sollten wir da
Lehrgelt bezahl ? Wir haben ja kaum
so viel, um nur nothdürftig da Leben
zu friste!"
„O, Lehrgeld sollte es nicht kosten,"
fiel der Knabe lebhaft eln. „Der Herr
Förster will unentgeltlich lernen lassen,
nur sür die Kleidung müßte ich Sorge
tragen," sagt er.
~E geht nicht, Ernst, e kostet -zu
viel!" entgegnete dt arm Mutler, und
mußte stch recht fest zusammennehmen,
um die Thränen zurückzupressen, die
! wteder heiß au dem Herzen empor in
> ihre Augen quollen. „Ja, wenn dein
, Bater noch lebt, dann würde wohl Rath
. geschafft werden können, aber so—e ist
r ganz, ganz unmöglich, mein lieber Sohn!
> Ich weiß nicht einmal, wovon ich tu die
sem Jahre unsere geringe tägliche Kost
j bestretten soll, und da kannst du dir wohl
e denken, daß ich zu anderen Ausgaben
. auch nicht einen Pfennig habe!"
Ihr Stimme brach bet den letzten
. Worten, ihre Thränen strömten unauf
r haktsam hervor. Boller Bestürzung
. ,ilt. Trost aus sie zu. umschlang sie mit
s beiden Armen und bedeck,e tbre bleichen
' Wangen mit hetßen üss.n.
> „Weine nicht, Mutter! Lted. Itedr
- Mutirr, wetnr nicht bat ir zärtlich,
' während thm selbst die hellen Thränen
l tn den Augen stand, „Ich denke gar
ntch, mehr anden Boeschtag de Förste,-!
Ich bleibe hei dir, ich erlasse dich nicht,
und um da- Btsche Essen mache dir
keine Sorge! Sieh', tch bin groß und
stark sür mein Alter, größer und stärker,
al- dte meiste Kameraten von mir !
Nächstens komm' ich aus der Schule !
Dann hab' tch den ganzen Tag Zelt
und kann für dich arbeiten. Da- wird
mir tue Freude sein, Mütterchen, wenn
tch dir vergelten kann, wa du an mir
gethan hast ! O, glaube nur, tch weiß
recht gut, wie oft du dt lies tn die sslacht
hinein bet dem trüben Lichte der Lampe
gesessen und geaebetlet hast, um unser
tägliches Brod zu verdiene. Ich sah
e- wohl, obgleich du dachtest, tch schltese
fest, wett tch mit geschlossenen Augen tm
Bette lag ! Da immer schon sehnte tch
mich darnach nur erst groß und kräftig
zu werden, um deine Stütz sein zu kön
nen wie tu immer die metntge gewesen
bist. Nun ist dte Zelt schon nahe heran
gerückt—ln entgen Wochen kommt
das Osterfest, und dann wirst du sehen,
Mütterchen, was ich zu leisten vermag!"
„Armes Kind, armes Kind, was kannst
du thun?" entgegnete tie Mutier mit
leisem Kopfschütteln und eiiiei!, schwa
chen Lächeln aus den Lippen. „Du
bildest dir viel zu große Dinge ei,
wenn du meinst, daß lu jetzt schon schwe
re Artett verrichten könntest!"
„Gott behüt, Mütterchen !" erwider
te Ei st voller Eifer. . Ich kann sägen
und Holz spalten im Winter, und bet dir
Ernte helfen tm Sommer ! Auch den
Dreschflegel zu führen bin tch schon
stark genug, denn erst neulich habe ich
mit Nachbars Paul nur zum Spaß ein
halbe Schock Garben ausgedroschen!
Und tm Frühjahre, da gibt' allerlei
Gartenarbeit auf dem Riltergulc zu
errtchten, und kostet mich nuretn
nimmt er mich an und bezahlt mir eln
gute Tagelohn. Im Herbst aber fehl
e vollend nlcht! Der Herr Förster
mag mich wohl leiden, und wenn ich
ihn darum bitt, so gibt er mir ebenfall
Beschäftigung vollauf, denn in de wei
ten Wäldern da herum fehlt s nie an
Arbeit, und vollend im Herbst nicht.
So ist also sür all labreSzeiten gesorgt,
mein gute Mütterchen, und du brauchst
dir gar keine traurige Gedanken weiter
Die Mutter seufzte und lächelte zu
gleich. Es dauerte sie, daß ihr armer
Sohn zu den gewöhnlichsten und nie- !
drtgsten Geschäften greisen mußte, und
doch rührte und erfreute sie zugleich sei- !
ne kindlich Lieb.
„Daß bi dahin mit uu kommen
mußte!" sagtest schmerzlich. „Dein
Bater wollt immer, daß einmal etwa
Rechte au dir werden sollte, und er
hätte es gewiß möglich gemacht, dich
studtren zu lassen, wenn er länger am
Leben geblieben wäre. Und nun —mußt
du Holzhacker und Taglöhner werden !
Das ist hart!"
„Aber, lieb Mutter," entgegnete
Ernst, „der Bater bezog doch als ein
Registrator keinen so hohen Gehalt,
daß er davon viel hätte sparen können l"
„Freilich nicht, Kindaber er besaß
in kleine Kapital von in paar tausend
Thalern, da r vor zwanzig lahren
einmal von einem entfernten Verwand'
teu geerbt hatt, und von diesem Kapi
tälchen rührte er nie einen Heller an
und verwendet selbst die paar Thaler
Zinsen, die e trug, nur dann, wenn
ihn die dringendste Noth dazu zwang.
Da Kapital soll sür unseren Ernst blei
ben," sagte er wohl hundert Mal zu mir.
Wenn er sparsam damit wirthschaftet,
kann er die Schulein der Residenz be
suchen, kann aus der beste Universität
studiren, und auch noch in paar Jahr
ohne Gehalt davon leben. Dann
braucht er stch nicht, wie sein Vater
al armer Subalternbeamler sauer wer
den und stch von groben Borgesetzten hu
deln und pendeln zu lassen, sondern ein
mal im Steigen, steigt er höher und hö
her, und mit den höheren Posten steigt
auch er Gehalt, und zuletzt, wenn ihm
sonst da Glück günstig ist, kann er wohl
gar einmal Minister werden ! Darum
soll und muß da Kapitälchen sür ihn
ausgehoben bleiben und müßt' ich selber
die dreihundert und süusundsechzig Tag
de Jahre von Brod und Wasser le
ben und dürfte mir nur all zehn Jahr
inen neuen Rock kaufen !" So sprach
er oft, der gut, selig Bater, und
eil er sein ganze Hoffaungen aus
da klein Kapital baute, so brach
ihm auch nachher da Herz, al e un
erwartet verloren ging."
„Und wie geschah die, Mütterchen "
fragte Ernst neugierig, denn er kannte
dies Geschichten und Verhältnisse nicht,
weil er no ein Kind gewesen war, al
er seinen Vater verloren hatte.
~E geschah nicht durch seine schuld,
und er hätt stch' darum nicht so zu
- Herze nehmen sollen," erwiderte die
Mutter. „Es wohnte damals hier im
> Orte in Schulkamerad vom Bater, auf
- den er große Stütze hielt und lhn immer
1 seineu besten Freund nannte. Frobe-
A".. 28.
so büß de. Mann. b.,rt.b einen
sehr au-g.deitt.ien Handel mit Leinen-
Waare... die r weit 50.,, selbst tzi „gch
Spanten schickte, und lederman hielt
ihn für außerordentlich reich. Der va
>'r setzi volles Beitraiirn ln ihn, und
giaudir, sein kleines Kopital nicht besser
"d sich... um.,bringen können, als
>rei> er es bei dem reichen Handelsherrn
°"inlich anlegte. Da ans einmal
dieß ,s ein, Tages,grobentus habest
bei Nach! und Ntb:l davon gxmacht und
mit seinem vi,„rime„ großen Reich,
thume s.tntchis als et,., Schaum
und Dunst. Zum Unglück bestätigte
st dte- bet eiu.r genauen Unle,suchung
ganz vollkommen, und die zahlreichen
Gläubiger tr- flüchtig
Mannes sahen kclnrii Heller von ihrem
Geld, wieder. Drr Bater ertrug den
Schlag nicht, der ih sv ganz unerwar
tet getroffen, in paar Tage schlich er
umher, blaß und stumm, dann legleer
st, 'in schweie Nervenfi.ber verzehrie
den Rest seiner Kias, und sechs Wochen
nach der Flucht selnrs Freunde ruhte
er aus dem Kirchhofe. Ach. mein Sohn.
Gottbehüte dich vor solchen Schmerzen,
wie tch dazumal habe erleiden müssen !
Da stand ich am Grabe deines Bater,
eine arme Wittwe, und weinte die bit
tersten Thränen, weit tch ja nicht wußte
wie ick, sür dich, mein Kind, da tägliche
Brod erwtlben sollt,. Dann aber trö
stete mtssi der Ausblick „im lieben Go.
dem bimmlisssien Baier der Wittwen
und Waisen, ich raffte mich zusammen,
ich suchte und fand Arbeit, und stehe der
Herr segnete meinen gleiß, so daß tck> dt
wenigstens nähren ud kletden konnte,
dt nun jetzt die große Theurung mein
Herz wieder mit schwerer Sorge erfüllt.
Wenn Gott un jetzt nicht Hilst, so sehe
ich de Elendes kein End !"
Ernst streichelte liebevoll die kummer
blasse Wange der Mutter.
..Ruhig, ruhig, mein gutes, liebe
Mütterchen." sagte er zärtlich. „Gott
hat geholfen, Gott wird helfen! War
um sollten wir zweifeln an seiner ewigen
und uueischöpslichen Naterliebe? Der
die jungen Nabe nähret, wird auch uns
nichi erlasse. Aber standest du denn
immer so ganz und gar allein in der
Weil? Haben wir den gar kein Ver
wandte, die dir beistehe und unter
stütze konnte t Oder wenn wir deren
haben, sind sie vielleicht ebenso arm, als
wir?"
Frau Gulmann blickte nachdenkltch
vor stch hin, ud erst nach einem Wetl
chen sagte sie: „Ja, wir haben Ver.
wandte, sogar vornehme, nd, so viel ich
weiß, wohlhabende Verwandte, und es
ist vielleicht nicht recht von mir, daß tch
mich tn meiner Noth nicht au sie gewen
det habe. Aber es widerstrebt mir, um
Unterstützung ,u bitten, so lange ich
durch Fleiß und Thätigkett mir allein
Helsen konnte. Und doch, Benjamin
war immer ein guter Junge, obgleich er
von der allzu zärtlichen Mutter nicht
wenig verzogen wurde und Lutse,—nun
freilich, dt sah mich nicht mehr an, al
tch wider ihren Rath deinen seligen Ba
ier hetrathete, dessen Stand ihr zu ge
ring erschien. Wie mag es ihnen Bei
den tn drr langen Zeit ergangen sein ?"
„Benjamin ! Luise!" rief Ernst au.
„Wxr sind den die, Mütterchen ? Du
hast ja nte von ihnen gesprochen ; sind
es Verwandte von un ?"
„Ja, ja doch, Kind, mein leiblichen'
Geschwister sind rS," antwortete die
Mutter. Seit vielen Jahren habe tch
nicht von ihnen Beiden gehört und kann
nicht einmal sagen, ob sie noch am Leben
sind. Ich mochte mich nicht an sie wen
den, weil ich arm bin, und sie—nun, e
ist ja so der Welt Laus, daß der Glückt,
che nur zu leicht de Armen und Unglück
lichen vergiß. Darum kank tch ihnen
keinen Vorwurf machen."
„Aber wo wohnrn'ste, liebe Mutter?''
seagle Ernst, dessen Neugierde rege ge
worden war, lebhaft. „Irgend etwa
wirst du ja von ihnen wissen !"
Hie Mutter schüttelte den Kopf. „Ich
weiß nicht welter, al daß mein Bru
der Benjamin in der großen Handels
stadt Bremen ein kaufmännische Ge
schäft begründete, und daß e ihm gehen
soll, wie mir einmal grobeniu gelegent
lich mittheilte. Luise aber erheirathe
le stch mit einem Assessor Freising in
mit ihrem Manne nach Berlin gezogen
sein. Darauf beschränkt sich Alle, wa
ich über Beide gehört h abe."
~Nun denn, liebe Mutter," sagt
Ernst nach kurzem Nachdenken, „ich sehe
nicht in, warum du nicht wenigsten
einmal an den Onkel Benjamin schrei
ben solltest, da du leider von so schwe
ren Sorgen bedrückt bist. Er ist ja
doch dein Bruder, und wenn er stch in
guten Umständen befindet, so muß S
ihn ja freuen, wenn er seiner armen
Schwester eine hülsreiche Hand bieten
kann. Jedenfalls, wa schadete, wenn
u ihm >an Brief hinschickst k Da
Schlimmste, was darauf erfolgen kann,
ist, daß er dir nicht antwortet, und dann
bletfit eben birr All,, wie e war und
ist. Geseht aber, er ist dir in guter,
braver Bruder, welch' große Glück
dann für dich, und auch sür mich, denn
meine größte Freude würde doch sein,
wenn ich dein kummervolle Gesicht wie
der hell und sonnig sähe. Also schreite
an den Onkel, Mütterchen l Schreibe