Pennsylvanische Staats zeitung. (Harrisburg, Pa.) 1843-1887, November 21, 1867, Image 1

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    Jahrgang 2.
Die
Ptilnsylvanische StaatSzeitung,
Job. Georg Ripper.
erscheint jede Donnerstag, und tostet lstÄ.Vti
Berstuß des Jahrgangs.
Einzelne Eremplaren, S Eents per Stück
Steine Subscriplionen erden für wenige.
Niemand das Blatt abbestelle, bis alle Stück-
Square,"i!acastrr.
Wot> nung: Rio. 4 l<> SbeSnulstraße, zwi
schen der 3ten und s>len Straße.
Auzeist e n - Be d instu ngen.
3Monat. tiMonat. t 2 Monat,
Ei Piereck ,PS,tl 7tst> f-l2ltlt
Zwei Viereck ti.iM Iltbl 2,<X>
Drei Vieck >l^
Patenter! ediz i n, Bitters und all
Eine ganze Spalte, jahrlich Ht,v
Ein halbe Spalte t> tttl
Eine drittel Spalte w llt
Eine viertel Spalt 3 ltt)
tung und siebenlq'ettlS die Zeile für jede
HeirathS-A zeigen mit Porst l,X.
TodeS-Anzeige HO Eents.
Agenten
der
Pennsylvanischen StaatS-Zeituust.
Pennsp I a n ia e
Birmingdam.—EhaS. Förster, EarsonZlr.
Breakneck. Jacob Heid.
Butler. Jakob Keck.
EhamderSburg. Peter Gruß,
Columbia. Andreas Zeller.
DravoSburg und lloalValley.-— A. Schüß.
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Lantastcr. <A. JSke.
(E. StrauS.
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Middle kankaster. Chris. Stäßel.
Mountville. Georg Meisenbach.
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PittSburg. sFr. Schmidt, S 2 Smitbsteld
Rochester. St. Aldi Schmidt.
Sharpsburg. -Franz A. Klein.
Sunburp. Charl Ißel.
Willtamsport. gelir Stopper.
Jork. Friedrich A. Stieg.
Zelienople. Philip Ripper, sen.
Ohio:
BucprnS. —Georg Ncttig.
Eanton. Jalob Hei gärt er.
Eaft-LewiStown, —David Wunderling.
Ne Watnford. Wm. Daubart.
Springfield. I oh. Georg Sti pper-
F ort Wavne.—Pt erHohn h a S, Men. Agt
F. T. LoeS,2tiNord Fünfte Straße, Phi
ladelphig^Pa,
vr.iM Mierson, „Demokrat' Osfire,
Philadelphia, Pa.
E. M e e < No. 37 Park Stow, New
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Sept. 2, '67-b
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Vtgarren, ststau- und Rauchtabak,
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Meerschaum- Pfeifen,
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> de billigsten Preism stet auf Hand. !
Harristurg, Juli t. '67.—tj.
Das deutsche Centralorgan der Demokratie für Pennsylvanien nnd die angränzcndcn Staaten.
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werde es zu) ihrelnteresse finden,
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Oktober 17, 1867.—timo.
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Sept. l, >867.
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Harrisburg, Sept. t 2, 1867.—3 M.
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Fred. Schwendlcr,
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Altoona, Pa., Scpn 26, 'K7.
Speer's
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graue und schwache Personen.
Weingarten in New-Jcrscy.
Speer' Port Trauben-Wein 4 Jahre alt.
und unter Hrn. Speer'S persönlicher Aufsicht
verfertigt ist, so kann dessen Reinheit und Accht
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man sich erlassen kann.
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Wein ist i asten Spitäler anderen
Septdr. 2K,'67—l j.
H. Frisch s
State Capitot ZZrauerei.
Viert Straße, nahe Walnut,
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Unseren Freunden und Bekannten, sowie dem
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H. Frisch's Erben.
HariSburg, Dez. 15.
Helmbold'S
Flüssiger Extraet
Ruchtl
heilt absolut aste Leiden der
Blase, Nieren, Stein, Dropsy, organi
sche Schwäche, Dainenkrankbeite,
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gleichviel'aus welcher Ursache entstanden, und
Wie lang sie existire.
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H. T. Hrlmbold,
Drng g i st,
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nenz des Neins; Reizbarkeit, Entzündung ode,
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er Vorsieh - Drüsen, Blascnsiein, EalculuS,
Hclmbold's Flüssigen Ertract Buchn.
Geschwächte und zarte vonstitutimie
Hclmbold's ffxtrart Buchn.
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G 5 tract L u cl) u.
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eränderung, ohne Beschwerde und Gefahr.
Tö schmeikt und riecht angenehm, wirkt augen
dliiklich und ist frei von allen schädlichen Be-
Helmbold'S
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H elmbold's
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Ej-tract Barsaparitta
ist der große Blutreiniger.
Beide sind nach den Regeln der Pharmacie
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Verkauft bei allen Druggisten.
Sept. (9,'67—11., b. Mai 9,'KS.
Harrisburg, Pa., Donnerstag, November 21, 18S7.
Poesie.
(Für die „StaatS-Zritung".
Der Wachtel-Schlag.
Von Ferdinand Hitler.
„Actsch ätsch, ätsch ätsch, es schmeckt mir nicht
S schmeckt mir nicht",
Die Wachtel immer spricht;
Sie spricht'S deim ftisch'stcn Morgenstrahl,
Und spricht bet ihrem Mittagsmahl;
Doch sucht und läuft den ganzen Tag
Sie immer nur dem Futter nach,
ttnd AdendS mit dem vollen Kropf,
Da schüttelt sie och mil dem Kopf:
Aelsch älsch, älsch älsch, es schmeckt mir nicht,
„Nein nein, nein, ei, ich heirath' nicht,
ich heirath' nicht".
Die Jungfer schnippisch spricht;
Wobl hält sie sich ganz jungferlich,
Doch macht sie AU verliebt in sich!
Die Liede tief im Busen glimmt,
Der Rechte kommt, ihr'S Herz einnimmt
Noch flüstert sie an seiner Brust,
Im Wonnetraum wie unbewußt:
! „Actsch ätsch, ätsch ätsch, ich glaub'S ihr nicht,
Tic Wachtel schelmisch spricht,
„Zur Ehe ist das Weib gebor n,
„Sonst gebt ihr Lebenszweck verlor n
Feuilleton.
S ch u l m e i st e r s
srünzli.
Erzählung
Richard Klinisch.
Fortsetzung.)
Bertha eilte in den Schlassaal hin
auf, um ihm möglichst lange nachzuse
hen. Der neue Lehrer bekümmerte sich
ohnehin nicht um sie, der Fremde auf
dem Schlosse, der nun abreiste, hätte sie
auch im günstigsten Falle doch nicht ge
heirathet, aber Herrmann
Freilich dachte er zunächst noch nicht
daran, sich um eine Pastorstelle zu be
werbe, aber dafür findet sich wohl noch
Rath.
„Die dumme Reise ach Jerusalem
will ich ihm schon ausreden", sagte Ber
tha zu sich, als sie den Schlaslaal ver
ließ ; „das Geld können wir für unsere
Einrichtung und in die Wirtbschaft bes
ser anwenden."
Inzwischen schritten die Jünglinge
heiter Sinnes der Landstraße zu. Trotz
der großen Verschiedenheit ihrer Denk
weise und ihrer Richtung waren sie sich
doch in der letzten Zeit etwas näher ge
treten und hatte ein hohes Interesse für
seinen College gewonnen, dessen Ueber
legenheit er sich nicht verheimlichen
konnte. Es gibt Naturen von so ver
schiedener Ausprägung, daß man nicht
lange mit ihnen verkehren kann, ohne
sie zu lieben oder zu hassen. Wildho
fen war eine solche Erscheinung. Her
mann war auf dem besten Wege, ihm
seine Freundschaft anzubieten, aber der
nene College imponirte ihn noch zu sehr.
Sie sprachen von gleichgültigen Din
gen. Endlich sagte der Theologe -
„Haben Sie schon bemerkt, wie Fränzli
sich zu ihrem Vortheil entwickelt?" Ich
hätte das nie für möglich gehalten !"
„Mir ist es nicht aufgefallen", be
merkte Wildhosen möglichst unbefan
gen.
„Sie ist körperlich wohl noch schöner
geworden, ihre Formen haben sich noch
voller entfaltet, aber die hauptsächlich
ste Veränderung ist mit ihrem Wesen
vor sich gegangen. Sie hatte früher ei
ne gewisse Herbheit, wenn ich mich des
Ausdrucks bedienen darf; sie war bei
nahe knabenhaft jetzt ist die Jungfrau
erwacht, da Weib. Alle ihre Bewe
gungen sind maßvoller und anmuthiger,
der Ausdruck ihrer Züge ist weicher ge
worden, ihr Blick leuchtender und erwär
mender ; selbst der Ton ihrer Stimme
hat einen gewissen Zauber bekommen,
den er früher, trotz ihres schönen Or
gans, nicht hatte. Schon seit Wochen
bemerke ich diese allmähliche Umwände
lung und freue mich darüber. Ich hat
te nie geglaubt, daß au dem Mädchen
eine so liebreizende, anmuthsvolle Er
scheinung werden könnte!"
„Sie gewinnt allerdings neben Ber
tha", bemerkte Wildhofen mit anschei
nender Gleichgültigkeit.
„Bertha ist ein liebe, gutes Mäd
chen", sagte Hermann er erinnerte
sich der soeben vorgefallenen Unterre
dung und wird wohl auch einen
Mann dereinst sehr glücklich machen, ob
gleich sie mit Fränzli in keiner Bezieh
ung zu vergleichen ist. Aber Fränzli
bedarf gar keiner Folie; st- würde über
all und neben allen, d'e ich bisher gese
hen habe, einen höchst vortheilhasten
Eindruck machen. „Jetzt sang- ich an
zu glauben", fügte er zögernd und errö
thend hinzu, „daß sie gar wohl im
Stande wäre, einem Manne Liebe ein
zuflößen und in ihm den Wunsch zu
- erwecken, fle heimzuführen."
Wildhofen warf einen scharfen Sei
tenblick auf den Sprecher und schwieg.
So erreichten sie da Städtchen.
Auf dem Heimwege wurde jener Ge
genstand de Gesprächs nicht mehr be
sehen hätte, wenn der College aus diese
Ergießung seines Herzens näher einge
gangen wäre.
Dienstag Abend war herangekommen,
im Arbeitszimmer, die Rectorin und
Bertha trafen noch allerlei Vorbereitun
gen für das morgende Fest und freute
sich, daß Fränzli sie dabei nicht störte.
„Sie pflegt um diese Zeit immer im
Garten zu promeuiren oder sich in der
Wirthschaft zu schaffen zu machen", sag
te die Rectorin, „und wir stören sie nicht
gern in ihren Gewohnheiten." Her
mann hatte übrigens nicht nur Bertha
getheilt. Er hatte heute die Nachricht
erhalten, daß er von einem Verwandte
über 2)0 Thaler geerbt. Das Geld für
die Reise ach Jerusalem war also voll
zählig und och etwas darüber. Er
hatte deshalb dem Grafen seine Stel
lung gekündigt und wollte Ansang No
vember abreisen, zunächst über Trieft
schüchternem Eriölhe, daß er sich bis
weilen ans dein lebhafte Wunsche ach '
einem eigene Heerde ertappe.
Bertha' Gesicht glühte. l
„Dann müssen Sie sich auch bald ver
heirathen", sagte gutmüthig die Recto
ri. „Glauben Sie mir, das Allein
bei Zeiten ach einer tüchtigen Hausfrau
um, welche die Wirthschaft versiebt und
Ihnen das Lebe angenehm macht !"
„Ich wollte früher davon nichts wis
scn und leinte, der Seelsorger könne,
wenn er unverheirathet bliebe, noch
mehr seiner Gemeinde angehörc. Aber
ich fange allmählig a, in diesem Pk
te Ihre Ansichte zu theile."
Bertha schlug verschämt die Augen zu
Boden.
Der Theologe, welcher für heute nicht
mehr sage wollte, erhob sich.
Während unten diese Unterredung
vor sich ging, öffnete sich im ober Stock
vorsichtig die Thür, welche i das Zim
mer des Candidatc führte, und Wild
hofen blickte in den Schlafsaal hinaus.
„ES ist niemand da", flüsterte er und
drückte och einen Kuß auf Fränzli'
rosige Lippen. Da Mädchen schlüpfte
leise über den Saal und die Treppe hin
unter.
Im dunkeln Hausflur stand sie plötz
lich vor dem Theologen, der sich so eben
verabschiedet hatte.
„Guten Abend, Fräulein Fränzli!"
sagte dieser. „Sie haben wobl Verrä
th für da morgende Fest geholt?"
„Ich hatte oben noch etwas vor", er
wiederte etwa erschrocken das Mädchen,
welches zu stolz war, um zu lügen.
Aber Hermann wußte, daß ihre Geschäf
te sie häufig in die Speisekammer nach
oben führten und beruhigte sich bet der
ausweichenden Antwort. Er hatte nur
gen.
„Morgen ist Ihr Geburtstag", sagte
schon meine innigsten Glückwünsche dar
zubringen !" Er küßte dabei, in der
Dunkelheit kühn geworden, ihre Hand,
was er früher nie gethan hatte.
„Leider sind es bis jetzt nur Wünsche",
fuhr er fort, „ich kann nicht Sorge tra
gen für Ihr Wohlergehen ! Möchte der
Himmel geben, daß es mir dereinst ver
gönnt sei! Aber ich bitte Sie, von der
Aufrichtigkeit meiner Gesinnungen über
zeugt zu sein!"
Fränzli war noch zu erschrocken über
die Begegnung, die leicht verrätherisch
werden konnte, um das Auffallende im
Benehmen des Theologen zu bemerken.
Sie drückte herzlich seine Hand und ver
sicherte, er werde ihr stets ein sehr lieber
Freund sein.
„Behüte Sie Golt, Fränzli! Und
möge er Ihnen einen recht frohen, glück
lichen Geburtstag beschceren! Gute
Nacht!" Er küßte och einmal ihre
ging er.
Eine Stunde später schliefen fast alle
Bewohner des Hause ; nur in Wildho
sen'S Zimmer brannte noch Licht und im
Schlafzimmer der Mädchen saßen Ber
tha und Fränzli eifrig arbeitend. Erste
re laß die Concepte des Theologen, der
sich bald um eine Pastorstelle bewerben
wollt-, und die Bewegungen ihrer Lip
pen verriethen, daß sie einzelne Stellen
für passenden Gebrauch auswendig lern
te. Fränzchen übersetzte aus b-m Deut
schen ins Französische. Seit einer Reihe
von Wochen hatte sie sich mit Eifer und
Erfolg dem Studium dieser Lieblings
spräche Wildhofen' ergeben; sie wollte
ihm durch ihre Fertigkeit darin elne
Freude machen.
Die Strahlen der Morgensonne fan
den Fränzli schon erwacht. Sie hatte
länger schlafen können. Als Kind war
ihr wohl AehnlicheS passirt; da war sie
auch am Tage der Christbescheerung ein
paae Stunden vor den Aeltern aufge
standen und hatte bis zum ersehnten
Abend alle Viertelstunden an die Uhr
ster, das nach dem Garten ging. Der
Thau lag noch auf den Blnmen und
Blättern, die Vögel zwitscherten und
sangen, alles glänzte, leuchtete, duftete
und klang. So schön warder Morgen
seit langer Zeit nicht gewesen, aber so
lnstersüilt war Fränzli auch noch nie er
wacht. Wir haben oft in uns das Vor
gefühl eines großen Unglücks oder einer
großen Freude, die uns nahe bevorsteht,
und die Tochter des Rcctors tiug die
Ahnung eines glückseligen Ereignisses in
sich. Wie schön das Leben sei, wußte
sie erst, seit sie liebte ; aber daß es noch
viel, viel herrlicher sein wcrdc, wenn sie
er bei den Aeltern in ihre Hand wer
den. Er hat es nick'l gesagt, hat diese
Punkt überhaupt nie berührt, aber sie
weiß es, ihr Herz sagt es ihr. Was er
für Znkunftspläne hatte, worin er sie
als die Seine hätte bekennen dürfen.
Ihre Welt war sein Herz.
Ober schon wach sein mag? Sie
Im Zimmer duldete es sie nicht län
ger. Aber wie hinausgelangen, ohne
dieAeltcrn zuwecken, durch deren Schlaf
das Fcnsterbreit und war mit einem Sah
im Garten. Dort lief sie von Blume
zu Blume, zerzupfte ein Akazienblatt —
„er liebt mich —von Herzen; das weiß
ich ja längst schon" —aber sie küßte das
orakelnde Blättchen. So ließ sie in
ausgelassener Laune ihrer sprudelnden
Luft alle Zügel schießen, haschte bald
fing.
Jetzt ist es wobl Zeit, in die Stube
zurückzukehren. A seinen Fenstern
zeigt sich noch lein liebe Gesicht, nur
ein Strauß herrlicher Rosen stand dort.
Fränzli lächelte neckisch. „Willst du mich
es etwas schlauer anfangen," sprach sie
zu sich und trat ans Fenster, um in ihr
Ziiniucr zurückzuklettern. Da viel eine
olle, schöne Rose gerade auf ihre vom
Morgengewand halbenblößte Schulter.
Sie blickte empor und schaute iu zwei
leuchtende Augen, die voll trunkener Lie
be auf ihr ruhten. „Wie schön bist Du
mein Fränzli!" flüsterte er. Sie drohte
lächelnd mit dem Finger, küßte die Rose,
warf dem Geliebten einen langen Kuß
zu und war mit einem Satz wieder im
Zimmer.
Bertha erwachte durch das Geräusch,
begrüßte die Cousine und erhob sich
gleichfalls, den schon wurde ein Klop
fen an der Thür hörbar und bald da
heute zum ersten mal den Candidate
nicht mehr im Bett fand.
In wenigen Minuten hatte Bertha
ihre Totlette beendet und eilte in das
Frühstückszimmer. Fränzli mußte —so
erforderte es ein alter Familienbrauch—
warte, bis der Ausbau der GeburtS
tagsbescheerung, beendigt war und sie
gerufen wurde.
Endlich war es so weit. Fränzli trat
in das Zimmer, wo Aeltern, Cousine
und sämmtliche Knaben sie mit herzli
chen Grüßen und Wünschen empfingen.
Auf einein großen Tische prangten alle
Geschenke auch jeder Zögling hatte
sich betheiligen wollen —, in der Mitte
ein großer gestkuchen mit siebzehn klei
nen brennende Wachslichtern, die Zahl
ihrer Lebensjahre. Das Mädchen war
heute in so glückseliger Stimmung, daß
sie sich über alle so herzlich freute, je
dem so innig dankte der Jubel der
Knaben, die Lust der Erwachsenen woll
te gar kein Ende nehmen. Schule wur
de heute nicht gehalten, was zur allge
meinen Freude nicht wenig beitrug.
Nach S Uhr kam auch Wildhofen herun
ter mit einem geoßen Rosenstrauß.
Fränzli dankte ihm mit schelmischen Lä
cheln. „Die Blumen sind sehr schön,
aber ich habe eine, die noch schöner ist!"
Und sie nahm die Rose au ihrem Haar
! und zeigte sie ihm. Auch Hermann
kam mit Geschenk und Blumen und Ge
> dicht —er machte bisweilen ganz -artige
' Verse nd küßte dem Mädchen beim
tor holte zur Feier de Tages eine Fla
sche Rothwein aus dem Keller, welchen
die Damen mit Zncker versüßten, und
von denen er einen kleine Vorrath für
besondere Feste hielt. Kurz, im Hause
de NrctorS schwamm heut' alles in ei
nem Meer von Lust und Seligkeit und
auch die Frau Rectorin konnte sich nicht
enthalten, Iroh Brille nd Standesge
fühl nd Festungshanb mehrmals in
das fröhliche Lachen der jungen Leute
von Herzen mit einzustimme.
Nach Tische entfernte sich Hermann,
der dem jungen Grafen noch ein paar
Stunden zu geben hatte,' aber gegen
Abend wiederzukommen versprach; Wild-
Hofe machte mit Knaben einen Spa
ziergang nnd der Rectoc begab sich aus
sein Zimmer, nm de schulfreien 'Nach
mittag durch ei Schläfchen z feiern.
Fränzli ging in den Garten, um ein
Sträußchen zu pflücken. „Ob er sich
nicht ein wenig freuen wird, wenn er zu
rückkehrt und die Blumen ans seinem
Arbeitstische findet?" Die zweifelnde
Frage ist nicht gar so ernsthaft gemeint,
ihr schelmisches Lä.brln sagte es deutlich
genug. Wie er die Blume, die ihr
herzen, wie er sie sorgsam aufbewahren
wird, sie bebt es im Geiste. Maßlieb
che pstückt sie die Blümchen sehen
unscheinbar aus, aber sie flüstern ein
süßeS Wort; dann Stiefmütterchen
.Psiii, welcher garstige Name!" ruft
sie, „aber in seiner Lieblingssprache tönt
mich denkt?" Sie blickte zärtlich nach
der Richtung, welche er mit den Knaben
eingeschlagen hatte; sie sandte ihm ei
nen Kuß ach erschrocken blickte sie
sich m, niemand hatte sie gesehen.
Bald brauchte sie diese scheue Vorsicht
nicht mehr, bald darf sie ihre Liebe frei -
or aller Welt bekennen! . ,
Wie das Herz pocht und schlägt!
Wie der Busen stürmisch wogt!
süße Gedanken hinein !
doch recht hübsch von den Franzosen, daß
sie dem allerliebsten Blümchen zu Anse
hen verholsen haben! Hätten sie sich
nur nicht am Veilchen so arg versündigt
mit ihrem „Mäuseohr!" " fügte sie la
chend Hinz, sich heimlich freuend ihrer
zunehmenden Sprachkenntniß.
Ist denn Stiefmütterchen für uns,
die wir unsern Schiller und seinen „Don
thiger Name L
(Fortsetzung folgt.
Gin Frauenzimmer heirathet ein
Frauenzimmer.
che. Sic ist von englischer Abkunft, ungefähr
tl> Jahre alt, führte be Namen Albert Stark
eraininirte, gestand er, daß er ein Repräsentant
des schönen tkeschlechts sei. Dieser „falsche"
fel nd einen Shawl über seine Schultern.
Mau will wissen, daß dieses erentrische Frau
enzimmer weibliche Kleider trug, als sie zuerst
in da HaS des Baters der Braut kam und
daß sie mit Borwissc der Familie derselben die
männlichen Kleider dafür siibstilnirt. Wahr
tcheinlich vermuthete die Familie, daß sich da
seltsame Wesen verkleidet habe (um Zutritt in
da Hau zu erlangen) und dag sie erst mit dem
Wechsel der Kleidung in die ollen Rechte ei
ne Bräutigams eintreten könne. Der Bater
wollte von der Heirath nicht wissen, allein die
Tochter will von ihrem weiblichen Gatten nicht
lassen und glaubt, daß die Verhaftung desseiden
nur da Wert einer Verschwörung gegen da
seltsame Paar sei. Man gestattet, Beiden ei
ne Unterredung im Vorzimmer de Poll,eidure
au und sie umarmten sich aus da Zärtlichste.
Nro. 22.
Furchtbares Raturereignist.
Der Tornado am Rio Grande.
Die „N. O. D. Z." schreib,: Wir theilte
bereit or einigen Tagen mit. daß ein Orian
am Rio Grande sehr arg gehaust habe, ohne
damals schon im Stande zu sein. Grnaueres
Iber das Nnglück zu berichten, Ausführliche
Berichte sind uns nun zugegangen und diese!-
de bestätigen nicht blos alles Gesagte, sondirn
stellen dieses Ereigniß und seine Folgen noch
weit entsehlicher dar als die schlimmsten Ar
sürchtungen dies zuließen.
Seit dem schreiilichen Orkan, welcher vor
zwei Jahre auf den Babma-Jnseln hauste,
und dir Stadt Nassau zerstörte, ist der aineri
konische Sontinent von keinem Naturereigniß
deimgesuchl worden, welches größere Unheil
angerichtet hätte, als dieser Tornado vom Rio
Ortschaften der Umgegcnd liegen in Trümmern
zahllose Fahrzeuge sind untergegangen, unbere
chenbar ist der Verlust von Eigenthum und bis
seht weiß man nur, daß leider auch eine sebr
große Anzahl Menschen um s Leben kamen, oh
ne doch die Zahl solcher annähernd genau be-
DaS Unwetter brach in BrownSville und
Matamora um 8s Uhr Morgens am Sanis
tag den 7. September los. Anfangs ein star
ker Nordwind, verwandelte sich derselbe bald in
einen der wüthendsten Orkane, dem nichts mrbr
Widerstand zu leisten vermochte. Um l l ttbr
trat eine plvpliche Windstille ein. Es schien
und vollrndete das angerichtete Werl der Zer
störung. Auf den Straßen war des Bleidens
nicht und in de Häusern war es zu unsicher,
Wüstung, wie keine Jeder sie zu beschreiben er
mag.
Kathedrale, von der nur der Thurm einstürzte.
In dieser Stadt ist die Anzahl der Todten tll,
der Bciwnndctc 21. An dreitausend Familie
verloren. Sic müssen auf den mit Schutt de
große Noch. Da Heulen und Pfeifen des
Sturms, der peitschende Regen, die eindringen
nur Wenige es je gesehen haben. Der „Rio
Grandc-Eouricr" sagt, daß ein einjähriges
Bombardement nicht solche Verheerungen hätte
hat.
sein Verlust belauft sich auf tUU.gtzlX In der
Auf der See und auf dem Fluß muß der
Verlust an Fahrzeugen kolossal gewesen sein ; es
läßt sich aber zur Stunde noch nichts bestimmtes
Fahrzeug, die TamaulipaS No. 2, in brauchba
rem Zustande. Die Dampfer Tamargo und
Santiago gingen unter. Die Matamoras
strandete. Die Dampfer San Roman und
Eol. Benedikt wurden schwer beschädigt. Der
Schooner Ella und Kabosh sind gestrandet.
Die ganze tcranischr und merikanischr Küste in
dortiger Gegend ist nach den Berichten mit ge
strandeten Fahrzeugen oder den Trümmer der
untergegangenen bedeck,. Zahlreiche Leichen
wurden bereit aufs Ufer gespült. Es wird
lange Zeit nehmen, um in Erfahrung zu brin
gen, wie viele Fahrzeuge untergegangen sind
nie festgestellt erden; doch groß ist derselbe,
ungeheuer groß.
Die Noth, da Elend und der Jammer, wcl
gend angerichtet sind, kann besser gedacht als
beschrieben werden. Hülfe, schleunige Hülfe
ist nothwendig, um eitere Elend zu verhüten.
Sudscridtionen dieserhalb heule noch eröffnet
erden. Weitere Berichte Über das furchtbare
Naturereigniß stehen zu erwarten und soken
dieselben schnell mitgetheilt werden.
Später. Der Verlust von Menschenle
ben in BrownSville ist noch viel größer, als
zu Anfang berichtet. Die ganze Stadl wurde
Übersiulhrt. Da Kloster wurde umgeweht
und 13 Schulmadchen kamen dabei um Le
ben.