Pennsylvanische Staats zeitung. (Harrisburg, Pa.) 1843-1887, May 30, 1867, Image 1

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    Zahrgarg 1.,
Die
Pesyldaische Stsatszeitung,
Herausgegeben von
Joh. Georg Ripper,
scheint jeden Donnerstag, und kostet O2.VV
er Jahr, zahlbar innerhalb brsJahreS, und
<2.SV nach Vcrsiuß de Jahrgangs.
Einzelne Exemplaren, S CentS per Stück.
Keine Subscrlptionen werde für weniger
lS sechs Monaten angenommen; auch kann
Niemand da Blatt abbestellen, bis alle Rück
stände bezahlt sind.
Anzeigen crden zu den gewöhnlichen Prei
sen tnserirt.
Office: in der „Patriot und Union"
Druckerei, Dritten Straße, HarriSburg, und
in der „Jntelligencer" Druckerei, am Eentre
Square, Lanraster.
Wohnung! Nro. 4W EhrSnutstraße, zwi-
Änzeigeu.
Wm. Drady,
St. So2(neueNuinmer) Markt Str.,
2te Thüre unter der Dritten,
Aqdi'lLlnji'si, ?q-
Macht de Publikum die ergebene Anzeige,
baß seine neue
Uhren- und Juwelen-
Handlnng
nunmehr vollständig eingerichtet ist, und ladet
r zu einer Besichtiaung seines reichhaltigen As
sortement, des besten in der Stadt, ergedenst
in, worin sich die schönsten
Golden und Silbern
Taschen-AHrea
au amerikanischen, englischen und schweizer
Fabriken vorfinden, sowie elegant vergoldete
frziiffsche Standuhren, Brone
Gtutuen, Lasen, ,r.
Ferner, silberne und platirte
Thee - Services,
Arne, Eierbecher, Kuchen- und Zuckerkörbchen,
Bntterteller, Suppenschüssel, Abcndmahlskelche,
Pokale, silberne Messer, Gabeln uud Löffeln;
ferner, Juwelen aller Art, als
Amethyst, Karfunkel, Korallen,
Rubinen und Perlen;
Diamant-, Topas-, Onyx- und einfache gol
den Ringe von t 8 Karat; goldene Ketten,
Lavaschmuck, Aermelknöpfchen, Fingerhüte, Me
daillons, Armbänder,
Sticke mit Gold- oderSilbrr-Kniipfen
sowie ein ausgewähltes Lager von DawsonZ
Marren k Hpde's und I. Foley'S berühmten
Goldfedern, Nippsachen, Kalender-Regu
latoren und eine Menge anderer in s Fach in
schlagender Artikel.
Wm. Brady,
362 Markt Straße.
HW'Uhren und Schmucksachen werden
sorgfältig reparirt.
Harrisburg, Aug. 23, '66.
Reuer Grocerie
Ab Detsche Früchte - Laden.
Theo. George,
lbenachrichtigt achtungsvoll seine Freund und
da Publikum überhaupt, daß er einen neuen
Sroeerie unt> deutsche Früchte-
Laden,
Ecke der Strawberry und Dew
berry Alley,
(zwischen der Dritten und -tten Straße,)
eröffnet hat, wo er stets eine große Auswahl
Vroceritll, deutsche /richten,
Deutsche Zwetschen,
Französische Pflaumen, Birnen,
Aepfel, Rosinen, Coriander, Linsen,
Erbsen, Bohnen, Gerste, Grütze,
Kümmel, Senf, Salatöl,
Lorbeerblätter, SardinS, Härringr,
Schwrizer- und Limdurgrr Käse,
Spielkarte, ,c., c.
zu erkauft a Hand hält.
Zu freuadlichemßesuch ladet ergedenst ein
Theo. George.
HarriSburg, lunl 28,1866.
Hüte unWaWM.
L. H. Kinnard,
48 5 Markt Straße,
(Rahe dem Depot,)
Harrisburg, Pa>,
hat eine große und elegante Auswahl von
Hüte, Kappen nd Turbans
per Männer, Knabe und Kinder von jeder
Große und Qualität auf Hand, welche er zu
den iMch
niedrigsten Preise
zu vaar Preisen erkauft.
Personen die zu kaufen wünschen, würden
wohl thun, hei ihm vorzuspreche, und seine
Waaren zu untersuchen.
Papier-Krägen,
Wholesale und retail an Manufaktur-Preisen
Gab u haben.
Man vergesse nicht den Platz, Rro.
4ZS, Marftftraße, Südseite.
Harrisburg. April 25. '67-6 t.
Theo. F. Scheffer,
Auchhändtercklob-Drucker
Harrisburg,
hat stets auf Verlag
schön colorirte
Geburt- nnb Tanffcheine.
Da Herz de Menschen ; ein Ten,-
pel Gottes, oder: die Werkftätte de Teu
fel. Deutsch und Englisch.
Habermann' Gebet Büchlein.-
Deutsch und Englisch.
Genese.— Deutsch und Englisch.
Heinrich von Eichenfel; der! Das
gestohlene Kind.
Hobmann' lang verborgener
Freund; eine Sammlung wunderbarer
und werthvllen Mittel und Kuren.
Buchhändler werden zum btll ig
le n Preise bedient.
März 7,1867.
G. S. German s Bnchstore,
Ro. 27 Süd 2te Str.
Harrisburg, Pa.
Deutsche und Englische
Tonntagsschuk - Bücher,
nebst alle andern Sorten
Fächern, Materialita, ,c. ,c.
(Wholesale und Retail.)
Charter' berühmte
Wchrcib und Eopier Tinte,
Laughlin'S und Burchsield'S chemische
chreik-Fluid,. ,r.
28!'66-IJ.
Riley O'Donnell,
Ecke von Elder und Forster Straße
(gegenüber Dan. Wagner'S Fünft Warb Hau)
Harrtsburg, Pa.
Empfiehlt sich zur Lcgung von
Waffer- und Gas Röhren
sowie überhaupt zur Anfertigung und Repara
tur von allen in'S Fach einschlagenden Artikeln,
als Kupfer u. Blei-Arbeiten,
Bier und Wasserkrahnen, ic.
Bestellungen können Nro 426 Markt-
Riley O'Donnell.
HarriSburg, April 25. 1867-3 M.
Georg Tarnest,
Ecke der 3ten und Walnut Straße.
(Unter dem Mansion-HauS.)
HarriSburg, Pa.
Empfiehl sich einem geehrten Publikum zur
Legung von
Gas- undWaffer-Röhren,
sowie zur Anfertigung aller
Dreh-Arbeiten
in Messing, Kupfer u. s. w.
Harrtsburg, Fcb. 21.
Verlangt werden
500 Agenten,
um Subscrlptionen auf die in deutscher Sprache
abgefaßte
„Geschieht, der Rebellion",
da billigste und beste bis jetzt erschienene Werk
der Art, zu sammeln,
gerner können
so Agenten,
und zwar intelligent Deutsche, eine ebenso
leichte als sichere Einnahme erzielen durch Ver
trieb des
Leben Christi"
in beutscher Sprache.
Wrgrn näherer Auskunst wende man sich an
H. A. Street u. Co.,
Bor 222
April tt. '67. HarriSburg, Pa.
Lucas König's
City Bierbrauerei,
EheSnut Straße, zwischen der 2. und 3.
HarriSburg, Pa.
Obige Braueret ist mit allen neueren Verbeft
Schenkbier innerhalb und außerhalb der Stadt
In dem findet man stets frisches
Bier am Zapf, sowie
guten Wei, Bitters, Schveizrr-
und Li m b ur ge r käse, ,c.
Dankbar für das ihm bisher geschenkte Zu
trauen seiner werthen Geschäftsfreunde, bittet
um ihre fernere Kundschaft
Lukas König.
Harrisburg, Nov. i 5, '66.
H. Frisch s
State CaMot ZZrauerei.
Vierte Straße, nahe Walnut,
HarriSburg.
Unseren Freunden und Bekannten, sowie dem
Publikum überhaupt empfehlen wir obiges schon
lange rühmlich bekanntes
Brangeschäft,
unter Zusicherung prompter und billiger Bedie
nung.
H. Frisch'S Erben.
Harisburg, Dez. 15.
Fünfte Ward Haus,
Ecke der Forster und Elder Straße,
Harrisburg, Pa.,
Daniel Wagner, Eigenthümer.
Der Unterzeichnete macht hiermit seinen
Freunden und Bekannten, sowie dem Publikum
überhaupt die ergebene Anzeige, daß er obige
Gasthaus käuflich an sich gebracht, und aus
Beste ingerichtet ha, und bittet er, den ihm
früher zu Theil gewordenen Zuspruch auch für
die Zukunft zu bewahren.
Reisende und Boarders finden ein freundli
che Lvgi und einen guten Tisch.
Die Bar enthält alle Sorten Geträn
ke der besten Qualität.
Harrisburg, Juni 23, '66.
Kincenz Orsingens
„Sechste Ülard - Haus"
Ecke der Dritten und Berbeke Straße,
Harrisburg Pa.
Der Unterzeichnete empfiehlt dem geehrten
Publikum seinen obigen Gasthof unter Zusicher
ung prompten Bedienung und billiger Behand
lung, und lenkt zugleich die Aufmerksamkeit auf
eine ohleingerichtete
Bäckerei
im Basement de Hauses.
Harrisburg, Juli 5. '66-IJ.
Reuer Lagerbier-Talon!
Der Unterzeichnete benachrichtigt hiermit sei
ne Freunde sowie da Publikum überhaupt, daß
er einen
neuen Lagerbier - Bat an,
in Segelbaum'S Gebäude, Raspberrp
Alle, zwischen der Markt nd llbesnutS IL
Straße eröffnet hat. Durch gute Ge UM
tränke nd reelle Bedienung hofft er sich die
Gunst des Publikum zu rwtrben. Um ge
neigten Zuspruch bittet
Georg Dinger.
Harrisburg. März, 28. 'K7
WirthschastS-BerlegUAg.
Der Unterzeichnete macht seinen zahlreichen
Freunden und dem Publikum überhaupt die
ergebenste Anzeige, daß er seine Wir hschast
nach der Süd Vierten Straße, zwischen der
Markt und EheSnut Straße, erlegt hat. Er
ladet deßhalb seine alten sowie auch neue Kun
den zum freundlichen Besuche ein, und hofft
dur reelle und prompt Bedienung auch fer
nerhin die Gunst des Publikums zu genießen.
C. F. Ebel.
HarriSburg, April 4.1867.-f.
Wirthschafts-BerleguAg.
Der Unterzeichnete erlaubt sich seinen Freun
den und dem Publikum ergeben die Anzeige zu
machen, daß er seine Wirthschaf, nach dem frü
her von Hrn. Martin Erb gehaltenen Hotel, ge
genüber dem Pennsylvania Eisenbahn-Depot
erlegt hat Reisende sowie andere Gäste sin
den bet ihm immer freundliche Aufnahme und
Bewirthung. Zum freundlichen Besuch ladet
achtungsvoll ein.
Gottlieb Jung.
Harrisburg. April 4. 1867.-3 M.
W. H. Rtller. I. S. M'Allarnep.
Miller St M'Allarnep,
echtSnnwälte,
Harrisburg, Pa.
Office:— Schoemaker'S Gebäude, Zwei
ten Straße, zwischen der Markt- und Walnut-
Straße, gegenüber dem Bolton Hau,
Oft. 25, 1666.
Poesie.
(Au der „Rhein. Zeitung".
Wache auf, Deutschland!
Du deutsche Volk, nicht länger stumm!
Wahr' deine Ruhme Kränze!
ES schleicht der alte Feind herum,
Voll Gier im jungen Lenze.
Du deutscher Zorn, empor da Haupt!
Der Wolf schleicht um, der heimlich rauht
Gar gern oa deinen Heerde.
So kling' denn laut zum Selnestrand:
Kein Fuß breit von dem deutschen Land
Soll je ftanzöslsch werden!
Vom Gau, darin der Kaiser drei
Für'S deutsche Reich geboren,
Erschallt der Noth- und Hilfeschrei
In alle deutschen Ohren,
Gieb Antwort, Antwort, Volk am Rhein !
Am Elbestrand, am grünen Main!
Du kannst und darfst nicht schweigen !
Und galt' eS einen Weltendrand
Kein Fuß breit von dem deutschen Land
Sei Frankreich je zu eigen!
Da Land, da unsere Sprache spricht,
D'rin deutsche Brüder Irden,
Da soll der feile Schacher nicht
Den Welschen übergeben !
Nicht Niederländer Niedertracht!
Und muß eS gelten Kampf nnd Schlacht
Zur schönen Zeit der Rosen ;
Viel besser noch als Schmach und Schand'!
Kein Fuß breit von dem deutschen Land,
Kein Fuß breit den Franzosen!
Noch lebt der Geist vom alten Arndt,
Noch lebt er in uns Allen z
Wir wollen nicht von Trug umgarnt,
In'S Netz der Schlauheit falle!
Für Deutschlands Recht, für Deutschlands Ehr'
In jede Hand die blanke Wehr!
Da fallen alle Schranken!
Da steh'n wir alle Hand in Hand
Kein Fuß breit von dem deutschen Land,
Kein Fuß drei für die Franken!
Empor, du deutsche Volk, empor!
Ruft'S au, ihr deutschen Kehlen!
Sie sollen von de Reiche Thor
Uns nicht den Schlüssel stehlen!
Trotz Lug und Trug und Niedertracht.
Sie sollen von der festen Wacht
Uns nimmermehr vertreiben!
Und gilt's bls ln den Tod den Streit—
Was deutsch ist, soll in Ewigkeit
Mit uns verbrüdert bleiben!
-feuillel o n.
Ein
Eisenbahn - Abenteuer.
Von
F. W. Hackländer.
Von dem Zuge, welcher eben im Be
griffe stand, in die Welt hinauszudampf
en, war das erste Zeichen gegeben wor
den, und der betreffende Condukteur
hatte die verehelichen Passagiere nach
Uli, Augsburg, München, Salzburg,
Wien ersucht, ihre Plätze einzunehmen,
worauf die Reisenden dieser Aufforder
ung gemäß die Wartsäle eilfertig ver
ließen, ihr Handgepäck au den Händen
eines Hausknechts oder PackträgerS
nahmen, zum letzten Male eine ver
wandtschaftliche Begleitung oder ein
paar gute Freunde umarmten, hier ei
nem Bekannten zuwinkten, dort sich über
einen Mitfahrenden freuten oder är
gerten, Jemand, den sie bis zum letz
ten Augenblick vergeblich erwartet, ängst
lich suchten, was Alles zusammengezo
gen jene lebendige Bild eine wilden
Durcheinanders gibt, wie es uns auch
ein Ameisenhaufen bietet, dessen Be
wohner durch ein unvorgtsehenes E
eigniß aufgeschreckt worden sind.
Dem Himmel sei Dank, daß die ge
öffneten Wagenthüren des Zuges, un
terstützt von der drängenden Zeit, die
wogende Flut der Reisenden so rasch in
sich aufnehmen! Hie und da bemerkt
man beim Einsteigen noch einige Rang
streitigkeiten, noch ein paar Versehen
zwischen zweiter und dritter Classe, viel
leicht auch irgendwo eine Szene a la
Macdonald, wo dann der Condukteur,
oder wenn hoch kommt, der Zugmeister
schlichtend, ermahnend, befehlend ein
tritt, um die Widerspenstigen oder
Furchtsamen der ganzen Heerde glücklich
in den Pferch zu bringen. Endlich flie
gen die Thüren zu und werden durch die
Vorreiber geschlossen. Die Lokomotive
beantwortet das letzte Glockengeläute
mit einem gellenden Pfiff fertig !
fort! und der Zug setzt sich langsam
in Bewegung.
Hie und da wagt es noch einer
der Passagiere, seinen Kopf schüchtern
aus dem Wagen herauszustrecken, um
nach Jemand zu schauen, der sich viel
leicht auch in athemlosem Laufe am
Eingänge der Halle zeigt. Ein
Kellner der Restauration macht den
vergeblichen Versuch, eine schuldig ge
blieben Zeche zu reklamier, wo er
alsdann außerordentlich eilig hat, oder
er hat Geld herauszugeben, was er
mit größerer Ruhe und Behaglichkeit
auszuführen stch bestrebt. Zuletzt sieht
man wohl noch ein weiße Taschentuch
an einem der Fenster erscheinen, al
verabredetes Zeichen, daß er ihrer noch
gedacht, und dann wirds still im Bahn
hof, bis vielleicht in einer Stunde die
selbe Scene sich von Neuem wieder wie
derholt. Die Beamten verschwinden
HarriSburg, Pa., Donnerstag, Mai 3, RB7.
vom Trottoir, die Thüren der Wartsälc
werden geschlossen, der Portier stellt sei
nen filberbeschlagenen Stock in eine
Ecke, uH die begleitenden Freunde ver
lassen die Halle, wobei stein hundert
Variationen die geistreiche Bemerkung
machen: „Nun ist der auch wieder ab
gereist das wäre wieder einmal vor
über."
Der junge Mann, von dem in un
serem kleinen Abenteuer die Rede sein
wird, gehört indessen nicht den Zurück
bleibenden an er hatte nicht beglei
tet, war glücklicher Weise nicht begleitet
worden, sondern nimmt, da er sich an ei
nem fremden Orte befindet, die angenehme
neutrale Stellung ein, Alles mit gro
ßer Seelenruhe betrachten zu können,
unbewegt von sanften Händedrücken
und heimlichen Thränen. Auch brauch
te er für seinen Platz nicht besorgt zu
sein; denn da er von weiter herkommt, so
behält er seinen Platz und zwar einen
ganz vortrefflichen in der rechten Ecke
eine rückwärts fahrenden Halbcoupes,
wo er vortrefflich eingerichtet war. Er
hatte über stch Nachtsack und einen leich
ten Sommcrpaletot, rechts in der Wa
gentasche ein paar Bücher, in denen er
zuweilen las, und vor sich eine mächti
ge Ctgarrentasche mit der ganzen da
zu nöthigen Feuervorrichtung. Auch
hatte er seine kleine Behausung, obgleich
er dieselbe erst feit heute Morgen fünf
Uhr bewohnt, förmlich liebgewonnen
und befindet sich überhaupt in so guter
Reiselaune, daß er, anstatt heute Abend
sein Reiseziel in München beendigt zu
sehen, eben so lieb die ganze Nacht hin
durch gefahren wäre.
Er hatte vortrefflich gefrühstückt, nicht
in der Bahnhofrestanration, sondern
ehe der Zug ankam in aller Ruhe und
Behaglichkeit aus einem Etui, das er zu
diesem Zwecke immer bet sich zu führen
pflegte. Und was ihn nun, nachdem
man wieder eingestiegen war, allein für
seine Reisezukunft beunruhigte, war die
Ungewißheit, ob seine Nebenpassagiere
Raucher oder Nichtraucher seien, denn
das Coupe, in dem er sich befand, war
für Nichtraucher bestimmt. Da er aber
schon ein paar Cigarren verdampft hat
te, so konnte er eS doch mit Gemüthlich,
keit abwarten, es überhaupt mit einer
gewissen Schadenfreude ansehen, wie
seine Mitreisenden eine gute Viertel
stunde brauchten, ehe sie stch auf ihren
Sitzen zurecht gefunden, ihr Ge
päck und ihre Füße gehörig unterge
bracht hatten, dabei verschiedene Male
einander wegen irgend einer Kleinigkeit
um Entschuldigung gebeten, ihn forschend
betrachten dabei ungemüthlich ausseh
end, während er in seiner Ecke mit über
tinandergeschlagcnen Armen zu ihnen
hinüberschielte, wie der rechtmäßige Be
sitzer auf schüchterne Eindringlinge.
Der Eine von ihnen, der neben dem
Helden unserer wahrhaften Geschichte
saß, war eine wohlbeleibte Persönlich
keit, mit fast gar keinem Halse und ei
nem rnthcn, erhitzten Gesichte, was der
junge Mann einem raschen Gehen, um
den Bahnhof zur rechten Zeit zu er
reichen, zuschrieb. Da stch aber auch
später die Nöthe seines Gesichtes gleich
blieb, so nahm er an, daß der Mann an
innerlicher Hitze zu leiden habe, denn
er saß meistens mit unbedecktem Haupte
da, und sein schwerer Athem klang wie
in Mterdrücktes Schnauben und Bla
sen.
In der andern Ecke befand sich ein
alter Herr, der ein reisender Gelehrter,
ein Schriftsteller oder dergleichen zu
sein schien. Sein Gepäck bestand aus
einem kleinen Handsack und einigen
Büchern, die er unter dem Arme trug
und worin er nicht nur fast beständig
las, sondern worin er auch häufig Blei
stiftnotizen machte.
Zwischen diesem und dem dicken
Herr saß eine lange nnd dürre Per
sönlichkeit, die sich dadurch auszeichnete,
daß sie einen Anzug trug von einem
auffallend karrtrten Stoffe, aus dem so
gar seine Gamaschen und seine Reise
mütze bestand. Sein Gesicht war gera
de nicht angenehm zu nennen, und seine
grauen, unstäten Auge hatte er inet
stens halb geschlossen, und wenn er sie
einmal öffnete, so geschah dieses nur, um
verstohlen nach rechts und links zu schie
len. Dabei hatte die eigenthümliche
Gewohnheit, in einem fort nicht nur
still vor sich zu pfeifen, sondern auch
noch stets die gleiche, an sich schon so be
kannte Weise des Liedes: „Der Sän
ger hält im Feld die Fahnenwacht" vor
sich Hinzusummen, und sich nur manch
mal eine Abwechslung der Tonart zu
erlauben. Auch schien er sich so an
diese Uebung gewöhnt zu haben, daß er
wenn er einmal sein Pfeifen unterbrach,
doch immer noch die Bewegung des
MundspttzenS machte.
Im Uebrigen waren alle Drei harm
lose Menschen von angenehmen Eigen
schaften, die ihre Mitreisenden in kei
ner Weise unbequem waren, und wie
sich später herausstellte, das Rauchen
ertragen konnten.
Der dicke Herr war dabei redselig;
er erzählte gerne nd mit heiterem Ge-
FichtSauSdrucke, selbst wenn er von Ei
senbahnunfällen sprach, welche durch
eine leichtverständliche Jdeenverkettuug
eines der ersten Thema's der Unterhab
tung waren. Er kam aus dem Hessi
schen und wollte in einem Wagen gefah
ren sein in dem Augenblick, als durch
die Decke desselben zwei Pferde inge
brochen seien, die auf einer Brücke über
der Bahn durch den heranbrausenden
Zug scheu geworden, über das Gelän
der gesetzt und auf den Wagen htnab
gefallen seien. Dabei beschrieb er den
Augenblick recht lebendig und anschau
lich, als nach einem unerhörten Krach
en oben über ihren Häuptern verschie
dene Pferdehufe sichtbar geworden sei
en. Hieran knüpfte er noch eine Ge
schichte eigener Erfahrung, daß er ein
mal eine Abends in der Dämmerung
mit eigenem zweispännigen Gefährte
die Bahn in sehr koupirtem Terrain
seiner Gegend habe kreuzen wollen, und
da die dtssetttge Kette geöffnet gewesen,
dieses auch zur Hälfte gethan, worauf
aber sein Pferde vor der andern gesperr
ten Kette stehen geblieben seien. In
diesem Augenblick hörte er'in nächster
Nähe das Brausen eines herannahen
den Zuges und sah nach einer halben
Minute die Lokomotive mit ihren tücki
schen rothen Augen in einem kleinen Bo
gen gegen ihn heransausen. Was war
zu thun k Die unruhigen Pferde woll
ten umdrehen, wozu aber keine Zeit
mehr war. „Rasch erhob ich meine
Peitsche," sagte er, „hieb mit aller Kraft
auf sie ein, worauf sie sich in einem wil
den Satze gegen die Kette warfen und
dieselbe durchbrachen. Ich kann Sie
versichcrn.es war mir zu Muthe, als
nähme das schnaubende Ungethüm in
meinem Rücke ein Stück meiner Hin
terräder mit, so dicht sauste eS vorüber."
Der mit dem karrirtcnAnzuge bezeug
te seinen Antheil an dieser aufregenden
Geschichte dadurch, daß er die Fahnen
wacht in einer Molltonart pfiff.
Um das Bild des Halbcoupes zu ver
vollkommnen, fügen wir bei, daß der
junge Mann in der rechten Ecke in dem
schönen Alter zwischen Zwanzig und
Dreißig war, daß er sich einer großen
Lebens- und Reiselust erfreute, welche
an einer vortrefflichen Gesundheit und
einer wohlgefüllten Geldtasche ent
sprang. Daß er tiefbraunes, dichtge
locktes Haar hatte, einen allerding et
was bräunlichen Teint, dazu aber recht
passende, dunkle Augen, vortreffliche
Zähne und sonst noch allerlei gute Ei
genschafte, die er auch nicht verfehlte,
in Herren- wie in Damengcsellschaft zur
Geltung zu bringen.
Lustig sauste die Lokomotive durch da
Neckarthal und zeigte den Reisenden die
reiche, malerische Abwechslung eines
schönen, landschaftliche Bildes, Hügel
und Thäler, Waldungen und Frucht
felder, einzelne Höfe, kleine Dörfer an
sanft geschwungenen Anhöhen; zuwei
len das im Sonnenlicht glitzernde Was
ser eines Flüßchens und dazu die be
kannte Staffage, einen vorüberbrausen
den Eiscnbahnzug, schreiende Buben
aufder Landstraße, ein paar unruhig
werdende Pferde, nachblickende Feldar
beiter und die vergeblichen Versuche ei
nes zur Seite de Zuges dahinjagenden
Hundes.
AlleS das unterhält uns eine Zeitlang,
dann werfen, wie unsere ausgebrannte
Cigarre weg, ziehen ein Buch hervor,
lesen eine halbe Stunde, stecken e bei
Seite und lehnen uns wieder in die
Ecke zurück, um Vergangenheit und Zu
kunft in heiteren oder ernsten Bildern
an uns vorüberziehen zu lassen.
So machte es auch der junge Mann
in der rechten Ecke des Halbcoupes, wäh
rend sein dicker Nachbar fest ingeschla
fen war, während der im karrtrten An
züge mit kleinen Unterbrechungen die
Weise der Fahnenwacht pfiff und wäh
rend der Gelehrte in der andern Ecks
las oder mit seinem Bleistift etwas no
tirte.
Dem Wagen, worin unsere Gesell
schaft fuhr, folgte natürlicher Weise ein
anderer, ebenfalls mit einem Halbcou
pe, das leer zu sein schien, denn die
grünseidenen Vorhängt desselben wareu
an allen Fenstern herabgelassen.
Als der junge Mann nicht mehr lesen
mochte, auch seine Gedanken wieder ver
abschiedet hatte, und anfing, die land
schaftlichen Bilder, an denen er vorüber
fuhr, gewöhnlich, fast langweilig zu sin
den, begann er sich mit dem ihnen dicht
folgenden Halbcoupe zu beschäftigen,
wobei er sich in Phantasiern erging, ob
dasselbe wirklich leer sei oder ob die Da
einsitzenden vielleicht Gründe hätten,
sich durch die seidenen Vorhänge so von
der ganzen Welt abzusperren; ja, diese
Interesse steigerte sich so zur Neugierde,
daß er an dem nächsten Halteorte seinen
Platz verließ, um den betreffenden Wa
gen von der Seite anzuschauen : aber
auch hier waren die grünseidenen Vor
hänge herabgelassen, doch sagte ihm der
Condukteur auf seine Frage mit kurzen
Worten, daß jenes Halbcoupe besetzt sei.
„Eine eigenthümliche Laune," dachte
er im Weiterfahren, „so durch inen
schönen Sommertag nnd ine interessan
te Gegend mit herabgelassenen Vorhän
gen zu fahren. Vielleicht ist's ein Kran
ker, der, grämlich gegen die Welt mit
Sehnsucht dem Ende seiner Reise, ir
gend einer Molkenanstalt oder einem
Mineralbrunen entgegensieht. Viel
leicht ist's auch ine Familie, welche die
Nacht durchgefahren ist und die ver
säumte Ruhe durch inen lange Mor
genschlummer einbringt. Ja, ja, sprach
er zu sich selber, es gibt Leute, die wäh
rend der Nacht nicht zu schlafen im
Stande sind au Angst vor allerlei ein
gebildeten Unfällen —aber wissen möchte
ich doch, wer hinter den grünseidenen
Vorhängen steckt."
Aber auch die nächste größere Station
brachte ihm hierüber keine Gewißheit—
fünf Minuten Aufenthalt lange fünf
Minuten, wo jeder vernünftige Mensch
den Wagen verließ, um seine Beine et
was gelenkig zu machen. Auch der di
cke Herr neben ihm und der Großkarrir
te, der nun draußen auf dem Trottoir
die Fahnenwacht pfiff, wo sellist der Ge
lehrte sein Buch zuschlug und den Kopf
zum Wagen herausstreckte fünf Mi
nuten und von den Reisenden im Eonpe
nicht da Geringste zu entdecken.
Abermals fuhren sie weiter und ka
men an einen berühmten Gebirgsübcr
gang mit außerordentlich starker Stei
gung, mit Felswänden an der einen
Seite, Abgründen an der andern ; ein
großartiges Werk, welches die Aufmerk
samkeit der Reisenden im höchsten Gra
de in Anspruch nimmt. Hörte doch so
gar hier der Karrirte zu pfeifen auf, ja
er machte nicht einmal mehr die Geber
de des Mundspitzens, als er voll Er
staunen zum Fenster htnauSblickte
hinter de grünseidenen Vorhängen aber
eS war rein zum Verrücklwerden, nicht
die Spur einer Bewegung.
Jetzt hatte der Zug die Hochebene der
Alp erreicht und jagte in gemüthlicher
Geschwindigkeit über die weite Ebene
dahin, jetzt schnaubend und brausend
über Dämme und Viadukte, um gleich
darauf pfeifend und rasselnd durch tiefe
Einschnitte zu rasen.
Da bemerkte der junge Mann, wel
cher stch um die ganze Gegend nichts
bekümmerte und, was im Grunde höchst
lächerlich war, nur Augen hatte für das
ihm folgende Halbcoupe, da bemerkte
er, sagen wir, eine kleine Bewegung an
den grünseidenen Vorhingen und zwar
an dem des Fensters ihm gerade gegen
über. Es war eine kleine Täuschung.
Der Vorhang bewegte sich langsam in
die Höhe und zeigte ihm eine junge und
sehr schöne Dame in einem reizenden
Reiseanzug, welche aus entzückenden
dunkelblauen Augen, die aber merkwür
diger Weise unter schwarzen Brauen
hervorleuchteten, den Himmel betrachte
te. Hierauf kam auch eine feine, weiße
Hand zum Vorschein, die mit einer un
beschreiblichen Grazie das dichte, hell
blonde, wellenförmige Haar etwas aus
der blendenden Stirne strich, um gleich
darauf wieder in einen perlfarbenen
Glacehandschuh zu schlüpft
„A—a —a —ah!"
Wir wollen annehmen, daß die junge
Dame, gegenüber im Stande gewesen
war, vordem Wagcngerassel dieses „Ah"
aufrichtiger Bewunderung zu vorneh
men, doch schien sie im gleichen Augen
blicke ihre HimmelSbetrachtungen, welche
gewiß himmlische Betrachtungen waren,
beendigt zu haben, und ließ ihre schönen
Augen au höheren Sphären wieder auf
unsere arme Erde herabgleiten, wobei
aber das Erste, welches sich ihren Blik
ken darbot, leicht begreiflicher Weise un
ser junger Mann war, der stch obendrein
etwa stark vorgebeugt hatte und viel
leicht gerade dadurch die Beranlassung
war, daß der grünseidene Vorhang mit
einem höchst energischen Ruck herabge
lassen wurde.
(Fortsetzung folgt.)
5 Joseph A Wright.
Der atlantische Telegraph bringt die Kunde,
daß Joseph A. Wright, der amerikanische Ge
sandte in Berlin, am Samstag an der Wasser
sucht gestorben ist.
Hr. Wright war Igt i n Pennsplvanien ge
boren und sein Vater kam mit ihm in 1617
nach Indiana und l ieß sich in Monroe Tonnt
nieder. Mit 15 lahren bezog Hr. Wright die
StaatSuniverfität und bildete sich zum Juristen
au. Später ließ er stch in Parke Tounty
nieder und wurde mit 13 Jahren in die Ge
setzgedung gewählt. In 1843 wnrde er in den
Eongreß gewählt und in 1846 erwählte ihn
die demokratische Partei mit über 16,666 Stim
men Mehrheit zum Gouverneur und in 1852
ward er mit 20.066 Majorität wiedererwählt.
In 1856 mannte ihn Präsident Buchanan
zum amerikanischen Gesandten in Berlin, in
welcher Eigenschaft er 1893 durch Präsident
Johnson wieder ernannt wurde.
Jr. Wright war ein talentvoller Mann und
ein ächter BolkSredner, der e meisterhaft ver
stand, große Bolksmassen zu begeistern, beson
der da Landvolk hörte ihm gerne zu, da er
sich in dessen Jdeenkrei ollständig hineingelebt
hatt und dessen Interessen stet befürwortete.
Mit Hrn. Wright sank einer der gewandtesten
und kenntnißreichsten Politiker unsere Staa
te tn'S Grab, dessen Wirken noch lange im
Gedächtniß de Volke fortleben wird.
* Der Redakteur einer Landzeitung
in Ohio sagt: Letzte Woche haben wir
vierzig neue Abonnenten und ein Baby
bekommen!
John Wilkcs Booth'S Tagebuch.
Das Folgende ist eine getreue Sopie der In
halts des an dem Körper de I. Wiltr Booth
gefundenen Tagebuches.
I. Holt, General-Auditor.
.... „T >' am o", Aprll 13. und 14. Shar
freitag. Bis zum hcu tigen Tagt hat man daran
gedacht, dm Unbilden unseres Landes ln Op
fer zu bringen. Volle sechs Monat arbeiteten
wir an einer Gefangennahme. Da aber unse
re Sache nahezu verloren war, mußte etwas
Entschridrndrs und Großes gethan werden. Der
Fchlschlag ist die Schuld derer, welche nicht das
Herz hatten, einen Streich für ihr Land zu füh
ren. Ich that kühn mein Wert und nicht so
wie die Blätter sagen. Ich schritt mit festem
Schritte durch ein Tausend seiner Freunde, wur
de aufgehalten und drängte doch voran. Ein
Colone! saß ihm zur Seite. Ehe ich den Schuß
Svningr brach ich den Fuß. Ich passirtr durch
alle seine Wachposten nnd ritt 66 Meilen in je
ner Nacht, während die Knochen meines FußeS
mit jedem Hufschlag durch das Fleisch sich bohr
te. Ich kann die That nie bereuen, obgleich
wir eS haßten, zu tödten. Die ganzen Wirren
Miieres Landes kommen von ihm her und Gott
hat mich bloß zum Werkzeug seiner Bestrafung
auSerschm. Das Land ist nicht mehr, was es
war. Diese erzwungene Union ist nicht die,
welche ich geliebt habe. Ich geb nichts darum,
was aus mir werde wird. Ich habe keinen
Wunsch, das Leben meines Landes zu überdau
ern. Diesen Abend, ehe ich die That vollbrach
te, schrieb ich einen langen Artikel, den ich für
einrn der Editoren des „National Jntelliaen
rer" zurückließ, und in welchem ich die Gründe
für imier Verfahren auseinander setzte. Er oder
Freitag, den 21. Nachdem ich wie ein Hund
durch Sümpfe und Wälder gehetzt worden und
letzte Nacht von Kanonenbooten gejagt wurde,
bis ich mich gezwungen sah, naß, kalt und am
Verhungern, zurückzukehren. Mit allen Men
sche gegen mich, befinde ich mich hier in Ver
zweiflung und warum? Weil ich das gethan,
wofür Brutus geehrt wurde, aS Tell zu einem
Helden machte; und doch, während ich einen
größere Tyrannen niederstreckte, als sie jemals
kannten, lieb man auf mich, wie auf einen ge
meine Kehlabschelder herab. Mrlne Hand
lung war reiner denn die eine jeden der Ge
nannte Der Eine hoffte durch seine That
groß zu werdrn, der Andere hatte nicht bloß sei
es Landes Wohl im Auge, sonder auch eigne
Unbilden z rächen Ich hoffte auf keinen Ge
winn. Ich hatte keine private Undilde zu rä
chen. Ich führte den Streich für mein Land
und für dieses allein, ein Land, da unter dieser
Tyrannei seufzte, und dessen Volk bellte, daß sie
ein Ende nehmen möge. Und seht nun, wie sie
mich mit kalter Hand von sich stoßen! Wenn ich
Unrecht gethan habe, kann Gott mir nicht er
zeihen. Aber ich kann nicht sagen, worin mein
Unrecht bestehen soll, außer darin, daß ich mich
dem Dienste eines entarteten Volkes weihte.
Das Wenige, das ganz Wenige, wa ich zu
rücklasse, um meinen Namen zu reinigen, wird
die Regierung nicht gestatten, daß e im Druck
erscheine. So endet Alle. Für mein Land
habe ich Alle hingegeben, was da Leben süß
und werth macht; habe Elend üder meine Fa
milie gebracht nd bin sicher, daß selbst im Him
mel eS keine Gnade für mich giebt, seit die
Menschen mich so verdammen. Ich habe bloß
gehört von dem, was geschehen ist, ausgenommen
dessen, was ich selbst gethan, und füllt mich die
mit Entsetzen. Gott richte mich und ergebe
mir und segne meine Mutter! Heute Nach will
ich es nochmals versuchen, üder den Fluß zu
kommen, obgleich ich fast einen größ-ren Wunsch
habe und nahezu entschlossen bin, nach Wash
lngton zurückzukehren, um meinen Namen zu
rechtfertige, was ich fühle, daß es mir thunlich
ist. Ich bereue nicht den Stretch, den ich ge
führt. Ich mag ihn vor meinem Gott bereuen
aber nicht vor Mcnsckie. Ich glaube wohlge
than zu haben, obgleich man mich erlassen und
mit dem Kainszeichen gebrandmarkt hat, äh
rend, wenn die Welt mein Herz kennen würde,
der von mir geführte Streich mich groß machen
mußte, wiewohl ich nicht nach Größe strebte.
Heute Nacht versuche ich eS noch einmal, diesen
Bluthunde zu entkommen. Wer. wer kann
sein Schicksal lesen? Gotte Wille geschehe!
Ich besitze eine zu große Seele, um wie ein Ver
drcchcr zu sterben. O, möge Er, möge Er mich
davor bewahre und mich eines tapftrn Tode
sterbe lassen. Ich segne die ganze Welt. Ich
habe niemals gehaßt und niemals einem Men
schcn Unrecht zugefügt. Diese letzte That war
kein Unrecht, eS sei denn, daß Gott sie dafür er
kläre, und ich überlasse e Ihm, mich dafür zu
verdammen oder zu segnen. Und dieser tapfere
Knabe, der bei mir ist und den ich so oft im Ge
bet finde—ja früher und jetzt mit einem treuen
d aufrichtigen Herzen! Was ist verbrecherisch
a ihm ? Wenn so, wie kann er beten auf diese
Weise? Ich wünsche keinen Tropfen Blut zu er
gießen, aber ich muß mir meinen Weg erfechten.
Das ist mit geblieben."
Auf einem Stück Papier, das sich in dem Ta
gebuch befand und aus demselben gerissen schien,
waren die folgenden Worte geschrieben:
„Mein werth-(hier ein Stück ausgerissen).
Vergeben Sie mir, aber ich besitze ein wenig
Stolz. Ich könnte Sie tadeln sur den Mangel
an Gastfreundschaft. Sie kennen Ihre eigenen
Angelegenheiten. Ich war krank, abgehetzt, mit
einem zerbrochenen Fuß, bedurfte medicintschen
Rathes und ich hätte einen Hund in einer sol
chen Lage von meiner Thüre nicht wegweisen
können. Doch Sie waren wenigsten so gut.
uns etwas zu essen zu geben, wofür ich Ihnen
nicht nur danke, sondern mit Rücksicht auf dir
Zurückweisung und die Art, in welcher (wieder
ein Stück ausgerissen). SS ist nicht die Sub
stanz, sondkrn die Art und Weise, in welcher
Güte sich kundgibt, die den Empfänger glücklich
macht. Di Sauce zum Fleisch ist Höflichkeit.
Das Begegnen wäre niederträchtlg ohn sie.
Seien Sie gütig gcnug, die eingeschlossenen E5
zu acceptiren für da Empfangene, wenngleich
eS hart ankömmt, sie zu entbehren."
Pariser Gaunerftückchen.
Man schreibt aus der Seinestadt: Auf eine
sehr raffinirte Weise wußt jüngst ein Gauner
das mitleidige Publikum zu duplren. Er stellte
sich Abends in der Nähe der Setnebrücke auf,
that wie ein Verzweifelter und rief wiederholt
nach dem stillen Fluß hinab; „Eduard! Edu
ard !" Es liefen Menschen zusammen, denm
der Verzweifelte mit gerungenen Händen e,
zählte, sei bester Freund sei in Wasser ge
stürzt. Er eilte dann über die Brücke, stellte
sich über den ersten Pfeiler und rief von Neu
em kläglich: „Eduard!" Von unten antwor
tet ein hustendes Stöhnen. Natürlich schwamm
dir in Wasser Gestürze auf die Brücke zu, S
war aber so finster, daß Niemand auf dem
Wasser etwas sehen tonnte. „Halte Dich an
dem Pfei..., Eduard !" rief er treue Freund
auf der Brücke. „Ich werde Dir ein Seil her-
Jetzt bat er die Umstehenden nur ihre Ta
schentücher, damit er zu einemßeitungSseile zu
sammenknüpfe. Wer hätte sich dieser Bitt
entziehen sollen, da e der Rettung eine Men
schenlcbens galt? Der Bittende erhielt ohl
vierzig Tücher : seidene, battistene, leinene,
baumwollene, von allen Stoffen Er knüpfte
hastig ei Seil daraus, band seinen HauSschlüs
el daran, um da andere Ende zu beschweren
und ließ es hinab. Bald wurde unten daran
gezogen. „Triumph", jauchzte er, „mein
Freund ist gerettet, er faßt an!" Plötzlich ließ
er das Seil fahren, e verschwand in der Tiefe.
Er sagte, e sei ihm entschlüpf, und eilte nun
wieder durch die Menge nach dem Ufer. Da
verschwand er—um mit einem Gaunergenos
sen, der sich unter der Brücke versteckt gehalten.
Nro. S
die eroberten Taschentücher zu theilen. Auf
der Brücke harrte die Menge noch lange. Die
Wallea ruschte auf und nieder, aber die Ta
schentücher brachte keiner wieder.
Brutalität eines Knaben. — Die
„Zlort Gazette" theilt folgenden Vorfall mit
„Ein 14jährlgr Knabe, Namen Fredrick Huf
stott, in der Nähe von Mannt Wolf, Jork Eoun
ty, wohnhaft, ersucht vorletzten Montag seine
drei jüngeren Geschwister zu erschießen. Der
junge Galgenvogel hatte sich während der Ab
wesenheit seiner Mutter, eine geladenen Re
volver bemächtigt und schoß das elne Kind, ei
Mädchen, in den Hals; mit der zweiten Ladung
brachte er elner anderen Schwester elne schmerz"
hafte gleischwunde bei, während er die dritte La
dung, die zum Glück nur au Pulver bestaub
ln da Gesicht eines in der Wiege liegenden
Kinde abfeuerte, dasselbe auf eine schreckliche
Weise erdrennend. Dle durch da Schießen
aufmerksam gemachten Nachbarn eilten ln da
Hau, woraus der Taugenichts die Flucht ergriff
und sich bl jetzt noch auf steten Fuß befindet.
So viel lr ln Erfahrung bringen konnten, sind
die den Kindern beigebrachten Wunden gefähr
lich, jedoch hofft man sie am Leben zu erhalten.
Zerstörender Hagelsturm in
Aork. Ein furchtbarer Hagelsturm sucht am
vorletzten Montag dle Stadt Zsork und Umge
gend heim. Kurz nach Mittag begannen sich
schwere Wolken am westlichen Horizont aufzu
thllnnen und gegen drei Uhr Nachmittag wur
de e so dunkel, baß man ohne Gaslicht nicht zu
arbeiten ermochte. Kurz darauf brach der
Sturm in aller seiner Größe au. Blltz auf
Blitz zischte von den dunklen Massen nd ein
eiskalter Wind verkündete Hagel; wenige Minu
ten später rasselt e wie Steine von der Größe
einer Wallnuß und wlr sahen einig Hagelkör
nee von zwei Unzen Gewicht, gegen die gen
ster und in solchen Massen, daß an manchen
Häusern nicht eine Scheibe ganz blieb, an
manchen sogar dle Fensterrahmen arg bescha
digt wurden. Pferde, die unglücklicher Weise
auf der Straße standen, scheuten und liefen wild
davon. Zum Glück dauerte der Sturm kaum
fünf Minuten, was jedoch lange genug war um
rlnen nderecheubaren Schaden anzurichten.
Der an Fensterglas allelu in der Stadt rrnr
sachte Verlust beläuft sich auf mehere Tausend
Thaler. Namentlich wurden dle Kirchen, da
Eourihau und sonstige öffentliche Gebäude arg
mitgenommen und der Schaden an der Pres
bpterlaner Klrche ln der Mainstraße belauft sich
allein auf über H 266. Die gruchtbäuine sind
ihrer Blüthen und Blätter beraubt, und somiz
die gehegten Hoffnungen auf ein fruchlreiche
Jahr, durch ble Ratnr die sie schuf, wenigstens
in jener Gegend ernlchlet. Wie weit sich der
Hagel erstreckte und welchen Schaden er auf den
Getreidefeldern anrichtete, ist nicht bekannt.
Eidechse im Leib. Ein junger
Mann, Namen John McDonald von Detroit,
Mich., war seit einigen Wochen krank und be
fand sich so schlecht, daß man ihn fast aufgege
den hatte. Die Aerzte hielten seine Krankheit
für Auszehrung. Vor einigen Tagen wurde er
plötzlich während des Essens von einem Husten
überfallen, und er fühlte, daß etwas in seiner
Kehle saß, was er vergeblich herauszuwerfen
suchte. Die Anstrengung war so gewaltig, daß
er beinahe erstickte. Ein zweiter Anfall war
noch heftiger, aber auch erfolgreicher; denn es
wurde eine Elbechse von 4 Zoll Länge gefördert.
Hr. McDonald befindet sich seitdem besser
und ist überzeugt, baß er diese fremdarttge Ein
quartierung während de Zuge de Gen.
Sherman durch Georgia in sich aufnahm. Er
besinnt sich genau daraus, daß er einmal belm
Trinken etwa hinuterschluckte, wa ihm ein
kitzelnde Gefühl in der Kehle verursachte.
Lebendig begraben. Du „Indi
anapolis Journal" berichte folgende schreckliche
Begebenheit, welche sich in Jacksonville, Illi
nois, zugetragen: Letzten Sommer litt ein jun
ges Mädchen von 17 Jahren an Zahnweh.
Sie nahm bei'm Schlafengehen ein Fläschchen
Ehloroform zu sich, um den Schlaf zu beför
der. Morgen früh fand man sie anscheinend
leblos im Bette, und nach dem Zeugniß herbei
gerufener er,te war sie wirklich todt, und die
Beerdigung fand statt. Bor einigen Tagen
wollten ihre Angehörigen nach einem anderen
Staate ziehen und beschlossen, euch die Leiche
dahin mitzunehmen. Die Ausgrabung wurde
vorgtnommen, und die Verwandten konnten
der Versuchung nicht widerstehen, noch einen
Bllck auf die geliebten Reste der Todten zu
werfen. Welch' ein schreckliches Bild enthüllte
sich ihnen da! Die Leiche lag erkehrt im Sar
ge, die Hände 01l ausgeraufter Haare, und
da Kleid war in Stücke gerissen.—Da arme
unglückliche Geschöpf war lebend begraben
worden. Das Chloroform hatte sie in einm
langen tiefen Schlaf versetzt, au dem sie im
Grab erst erwachte.
Ein eigenthümliche Fest. —Da
wir in diesem Jahre keine großen Turner-,
Gänger- der Schützenseste in New Jork haben
werden,so haben diegleischer beschlossen,ein großes
und in seiner Art ganz eigenthümliches gest Ende
Mai abzuhalten. Bereits sind Tommittee er
nannt orden, um die nothigen Vorbereitun
gen u machen. Die Fleischer erden für die
se gest einen riesigen Festochsen ankaufen, der
auf dem Festplatz geschlachtet, gebraten und ver
zehrt erden soll. Eine großt Preis-Wurstschau
wird mit dem Feste verbunden werden. Jeder
Fleischer kann zu dieser Ausstellung Wurstpro
be einsenden ; die besten Würste resp, deren
Berferttger sollen Preise erhalten.
Herzlo und heldeumüthig.-Un
ter den Passagieren de Dampfer Ehattanooga,
welcher kürzlich im Cumberland versank, befan
den sich ein Mann, eine Frau und fünf Kinder.
Sobald da Boot zu sinken begann, sprang der
männliche Träger de Namen au' Land und
überließ seine Frau und Kinder mit einer er
staunlichen Opferfreudigkeit ihrem eigenen
Schicksal. Da Weib ergriff jedoch mit einem
Herimu, den nur eine Mutter bewetsen
kann, eine ihrer Kinder nach de andern und
warf sie oa dem de Fluß hinabtreibenden
Schiffe an' Land. Als die Kleinen gerettet
waren, suchte sie mit Lebensgefahr selbst da
Ufer zu erreiche und wurde dort von ihrem
schmunzelnde Satten in Empfang genommen,
welche sie in dt Wange kniff und in die begei
ftertenWorte "bull, tr /onolll vornan"
autbrach.
- Da annektirte russische Territori
um kostet die Ver. Staaten nicht ganz 8
Cents per Acker.