KabineM. tt. I (7. Fortsetzung.) ge. Es ist ein altes Volkswort, das sich nirgends so gut anwenden läßt wie auf dem Ozean. Je kräftiger der Sturm, desto schneller hat er ausge die Sonne lachte am Himmel, daß «s eine Freude war. Sir Alfred kam pudelnaß und lächelnd in den Rauch- Was Gräbert, der Erste Offizier, überhaupt nicht, was die aufsehener regende Wette Könneckes kaum hatte zustande bringen können, das war dem Sturm gelungen. Alle Passpgiere fühlten sich nach der gemeinschaftlichen Angst wie verbrüdert. Alle sprachen sich an, beglückwünschten sich, scherz ten miteinander über die ausgestande ne Seekrankheit. „Sehen Sie, Gräbert," sagte auf der Kommandobrücke oben der Kapi tän zu seinem Ersten Offizier, „da sieht man wieder mal, daß die Eng «Es ist kein böser Wind, der et was Gutes bläst." Jetzt hat er uns das geschasst, was wir mit aller Macht nicht zusammenbringen konn ten. Und dafür sei er gesegnet.." „Nun aber hinunter", rief Sir Al fred im Rauchsalon, „sonst erkälte ich mich auf den Tod." Könnecke überblickte mit einer weh mütigen Geste seine Kleidung. „Ich glaube, ich tue dasselbe Die beiden Männer gingen. Hinter dem Tisch in seiner Kabine saß Bergmann; vor ihm lagen die entwendeten Papiere ausgebreitet. Er war emsig damit beschäftigt, sie zu kopieren. Reihen und Reihen von Zahlen bedeckten die Blätter; hin und wieder eine halbe Seite Text, dann wieder Zahlen und wieder zwei, drei Zeilen Text. Und zwischendurch alle möglichen Zeichnungen; geometrische und andere. Diese pauste er durch. Es war eine langwierige Arbeit; bedeutend erschwert durch das Schwanken des Schiffes. Häufig mußte er eine Zeichnung von neuem beginnen; wenn zum Beispiel durch eine plötzliche unfreiwillige Bewegung sein Bleistift quer über das ganze Llatt gefahren war. Um so mehr sreu- Sturm nachließ und das Schiff wie der ganz ruhig war. Jetzt konnte er so sicher arbeiten wie daheim in sei nem Zimmer. Das erfüllte ihn wohl mit Freude —.dennoch war ihm der Sturm lie ber gewesen. Er sagte sich, daß die Gifahr der Rückkehr Könneckes bedeu tend größer geworden war. Und so hielt er von Zeit zu Zeit in seiner Arbeit an, um zu lauschen. Nebenan klinkte ein Schloß. Atem los horchte der Russe auf. Eine zwei Minuten der Ueber legung, dann untersuchte er die Tür, um sich zu überzeugen, daß sie auch fest verschlossen war. Und nun zurück die Arbeit. vie Kopien und verschloß sie in einer Brieftasche, die er in das Futter sei nes Rockes nnnähte. Dann faltete er Bergmann beantwortete sich die selbst gestellte Frage mit einem Kopf schütteln. Nein, er würde die Umdre hung des Schlüssels im Schloß ge hört haben. Woher aber diese Ruhe? den Fall. Der Handtasche, die, wie schon ge sagt, seine Dietriche, Feilen u. ande res Schlosserwertzeug enthielt, ent nahm er einen feinen Bohrer. Er stell te sich auf sein Bett und begann nun zwischen zwei Fugen des Holzwerls «in ganz feines Loch zur anderen Ka bine hinüber zu bohren; ein Loch, war sie bendet. Bergmann stellte sich auf die Zehenspitzen, kniff ein Auge zusammen und brachte das andere an Betn Der gute Mann hatte sich, Bleistift machte Berg- Vett hinunter, um sich auf dessen Rand hinzusetzen und nachdenklich den Kops in beide Hände zu stützen. Die Sache war ihm fatal; sehr fa tal. Wie sollte er jetzt die Papiere in ihr Schubfach zurückbringen? Er lam zur Ueberzeugung, daß ihm nichts anderes übrig blieb, als in der eigenen Kabine, so lange zu verweilen, wie es Könnecke beliebte, in der seinigen zu bleiben. Mit einem unterdrückten Fluch warf er sich auf fein Bett und zündete eine Zigarre an. „Ich fürchte, unser Landsmann verliert seine Wette. Diese vermale deite „Olympic" hält immer noch schen spähte hinüber zum Horizont. Dort hielt das englische Schiff in der Tat „Schritt". auf dasselbe Thlma. „Man müßte mit dem Kapitän sprechen. Es wäre doch eine Schan de.." „Abwarten. Noch ist die halbe Rei se nicht vorüber." „Ich glaube auch, es wird ein Endstreich. Unser Kapitän fährt noch gar nicht mit vollster Kraft. ES soll eine Ueberrafchung w.erde» für den Engländer!" nebenbei auch nach Pitrou. Den hat te er den ganzen Nachmittag ver mißt; wo der Kerl wohl steckte? Nicht etwa, daß er Sehniucht nach ihm heg te; aber er wollte nicht, daß er ihm bei Hertha wieder in die Quere kam. Dieses Mal wollte er sie für sich ha ben; wollte wenigstens versuchen, was aus ihr herauszufragen sei. Wenig stens redete er sich das ein.' Der kleine schwächliche Pitrou ist wohl jetzt noch mehr tot als lebendig, entschied Sir Alfred in seinen Ge danken. Und das war gut so. Wenn jetzt nur Hertha läme. Bergmann rauchte und rauchte; ei ne Zigarre nach der anderen. Es war durchaus gegen die Vorschrift, in der Kabine zu rauchen; war sogar streng verboten. Aber was sollte man tun, wenn man da wie ein Oelgötze lie gen und warten mußte, bis es seinem Nachbar genehm war, sich vom Lager zu erheben. Und dieser Nachbar schien vorläufig gar nicht daran zu denken. Plötzlich kam dem Russen ein Ge danke; mit einem Ruck saß er auf recht auf dem Bett. .Wenn man mich oben vermißt —" Sein Entschluß war gefaßt. Er machte schleunigst Toilette und ver ließ die Kabine, die Tür vorsichtig hinter sich verschließend. Sir Alfred preßte die Lippen zu sammen; seine Augen leuchteten. Dort in der Treppentür tauchte Herthas Kopf auf. Jetzt betrat sie das Deck, an der Hand die Kleine. Endlich! Der erste Impuls des Mannes war, ihr entgegen zu eilen. Doch er Jetzt trafen sie sich. Sir Alfred griff nach seiner Kopfbedeckung und wollte eben ein paar Worte sagen da legte sich eine Hand auf seine Schulter. Der Franzose! fuhr es durch seinen Sinn. Na, der sollte etwas erleben. Aergerlich drehte er sich um. Vor ihm stand Bergmann. „Auch seekrank gewesen, Sir Al fred?" Der Engländer machte gute Miene zum bösen Spiel. Das Mädchen war jetzt doch an ihm vorbei. Nur diesen Russen schleunigst loswerden und dann ihr nach. „Durchaus nicht. Sie?" „Mächtig. Aber jetzt wieder frisch wie ein Fisch im Wasser." „Das freut mich." Die Unterhaltung stockte schon. „Sie werden Ihre Wette gewin nen, Sir Alfred." „Wird mich freuen." Wieder eine Pause. „Wie wär's mit einer Partie Po ker. Sir Alfred?" . „Zu Zweien?" „Das ginge allerdings nicht. Aber vielleicht spielt Könnecke mit?" Der Engländer schnitt eine kleine Revanche will, muß er zu mir kom „Dann vielleicht Pitrou?" „Haben Sie ihn gesehen?" fragte Sir Alfred schnell. „Nein." Und dann, mit einem Auf leuchten der Augen, fügte der Russe .Auf Wiedersehen.' „Hoffentlich suchst Du biZ in alle Ewigkeit und findet! ihn nie", brummte Sir Alfred vor sich hin, als Bergmann gegangen war. Und er setzte Hertha nach. Bergmann aber ging in aller Ruhe in seine Kabine zurück. Er hatte er reicht, was er wollte; sein Alibi war bewiesen. Einen Moment machte er vor dem Spiegel Halt, lachte sich inZ Gesicht und rieb vergnügt die Hände. Das ist famos gegangen! Jetzt kann's eigentlich kommen, wie es Er stieg auf das Bett, legte mit einer Stecknadel die kleine Oeffnung wieder frei und blickte hinüber. Kön necke schlief noch immer. Sir Alfred war gleichfalls zufrie den. Seit einem ganzen Weischen pro menierte er mit Hertha. Und als May Bostock, die eben wieder abgelöst wor den war, auf dem Deck erschien, warf er ihr einen Blick zu, den sie ver ständnisvoll erwiderte. Jawohl, sie war auf dem Posten. Kannte ihre Pflicht genau. Sie hatte Pitrou „ab zufangen", falls er sich zeigte, even tuell mit Könnecke anzubandeln, wenn es ging. Aber sowohl der Deutsche wie der Franzose erschienen nicht auf dem Deck. So machte sie es sich denn in der Nische bequem. „Wissen Sie, daß ich schon immer den Wunsch hegte, so ein wenig mit Ihnen zu plaudern, schon vom ersten Tag unserer Abreise an?" Hertha blickte Sir Alfred kokett an. „Nun und weshalb haben Sie es nicht getan?" „Weil ich mich nicht gern auf dränge." „Im Gegensatz zu Monsieur Pi trou." Der Engländer war erstaunt. „So?!" „Na ja; er versteht das famos." „Sehen Sie. Den Eindruck wollte i"> eben nicht erwecken." „Und weshalb mußten Sie fürch ten, einen solchen Eindruck zu er wecken?" „Weil Sie so häufig mit Herrn Könnecke promenierten. Ich hielt ihn ein Weilchen sogar sur Ihren Ver- Da der Engländer in diesem Mo ment das Mädchen nicht ansah, be merkte er auch nicht, wie eine heiße Blutwelle in ihre Wangen stieg. Im nächsten Moment hatte sie sich gefaßt; sie vermochte sogar zu lachen. „Wie kommen Sie nur darauf! Ich kenne Herrn Könnecke nicht näher als zum Beispiel Sie." „Ach was." „Wirklich nicht. Wir lernten uns erst hier auf dem Schiff kennen seine Gesellschaft recht angenehm. Das ist aber auch alles." Hertha zögerte, dann bemerkte sie zu Sir Alfred: „Nun wenn es eines Beweises oedarf, daß mir Herr Könnecke abso lut nichts weiter ist, oder sagen wir, entzweit saben." „Menschen, die sich nichts sind, ent zweien sich nicht." „Sehr gut gesagt. Aber Menschen, von denen der eine im Begriff steht, „Liebenswürdige Redensarten," lä chelte Sir Alfred geschmeichelt. Doch Hertha sah ihn mit einem Blick an, das Blut zu Kopse stieg. Dock/ Hertha verblieb aus ihrem Standpunkt. „Geschmacksache." Später hatte der Engländer das Gespräch geschickt auf Herthas Ver gangenheit gelenkt. Und Hertha hatte ihm dann dieselbe Geschichte so er zählt wie dem Franzosen. Von ihren Großeltern in Costarica; von ihrer Sehnsucht nach dem schönen Lande. „Und ietz« werde ich mich sobald wie möglich in New Uork freimachen, um nach San Jose zu reisen." „Und wie lange werden Sie sich in New Jork aufhalten?" „Nun unter sechs bis acht Wo chen wird es wohl kaum gehen." „Das ist zu lange." „Wie meinen Sie?" San Jose?" „Oh wie gern! Wenn dai gin ge" „Wir sprechen noch darüber." Schweigend gingen sie nebeneinan der her. Ein jeder mit seinen Gedan ken beschäftigt. Sir Alfreds Hirn brü tete einen Plan, der es möglich ma chen würde, seinen Wunsch zu erfüllen. Eine Reise nach San Jose mit diesem reizenden Geschöpf als Begleiterin so malte er sich den Himmel auf Er den aus. Herthas Stimme riß ihn plötzlich aus seinen Träumereien. „Ich glaube doch fast, Sie scher zen." „Aber meine teure Miß Her tha —" Was ein englischer Lord da unten will. Denn zum Vergnügen ist's jetzt doch schon zu heiß." „Ich fahre auch geschäftlich." „Panamahüte oder Gänseschmalz?" „Gut ich sehe, Sie glauben mir nicht. Ich fahre für einen großen Bankkonzern dorthin man will dort —" er hielt plötzlich inne. „Man will dort —?" ten! Man will dort eben etwas Gro ßes unternehmen. Sie können es mir schon glauben auf das Wort eines Gentleman." Sechs Schläge der Schiffsglocke kündeten die siebente Abendstunde und gleichzeitig die Tatsache, daß es die höchste Zeit sei, sich zum Diner umzu kleiden. Alles eilte in die Kabinen. Mit einem Händedruck trennten sich Sir Alfred und Hertha von Gils dorfs. „Ich hoffe, daß diese Plauderstünd „Hoffen wir." Erst in seiner Kabine kam es dem Engländer zum daß te er sich, daß es schließlich doch „ganz gleich" sei. „Neben einem solchen Teusels- Neuntes Kapitel. stimmt!" Straußscher Walzer erklang über das spiegelglatte Meer. Von der Reling zum darüberliegenden Sonnendeck wa bine?" lich lebhaft. Jetzt war feine beste Ge- Das war bisher nicht geschehen. Nun hatte Könnecke sich einen Mo ment entfernt. In den Kajütengängen war sicherlich zurzeit kein Mensch; selbst die Stewards befanden sich an Schon war die Tat dem Gedanken gefolgt: die Gänge waren erreicht. Und eben wollte Bergmann auf seine unten an der Kreuzung der beiden Gänge sprachen zwei Menschen; er er kannte sie sofort. Könnecke und Hertha Teufel! Der Deutsche hatte ihn «Sie auch, ist gut," lachte Könneckt. „Ich ging doch zuerst." „Richtig! Als Sie fort waren, fiel mir ein, daß ich mir eigentlich ein Und Arm in Arm stiegen sie, den Fahrstuhl verschmähend, die Treppe hinauf. Viermal klang der Ton der Glocke über das Wasser hinaus. Auf dem h"^ schiedenen Möglichleiten des Falles ankommt?" Der Kapitän konnte sich dieser Mei nung Gräberts nicht anschließen. Wir können das Wort Diebstahl oder wir meinen." „Ich werde selbst damit zur Sta tion hinaufgehen," meinte Gräbert „Ganz recht! Doch halt! Es ist selter Wichtigkeit." Herr Kavitän? Das einfachste Ver „Jawohl, Herr Kapitän." „Dann ist's gut. Noch eins! Daß Sie das Dienstgeheimnis wahren, ist selbstverständlich. In diesem Falle Derartiges möglich ist. Sie verstehen." „Jawohl, Herr Kapitän." Fishmann gab durch eine Hand- AIS abwarten. Erfahren haben Gt» doch nichts Neues zur Sache?" „Nichts, Herr Kapitän. Wir müssen eben Geduld haben." Pflichtgetreu eilte der Telegraphist nach oben. Auch er mußte an de» nicht dagegen rebelliert hätte, er zum Dienst mußte, während hier ge tanzt wurde. Und wenn sein Dienst haben. Suchend flogen seine Blicke über die Tanzenden und die einzelnen, um herstehenden Gruppen. Sie suchte« May Bostock. Die blonde May schien nicht anwesend zu sein. Es erfüllte den jungen Mann mit einer gewissen Genugtuung. Wenig stens würde sie mit keinem ankeren tanzen. Welch ei» reizendes Plau derstündchen das gewesen war heute nachmittag wie sie sprechen konnte über Land, Leute und Dinge. Wo das junge Persöncheii schon überall gewe sen war; der reinste kleine Aben teurer. Auf allen möglichen Schiffen als Stewardeß; so weit die englische Zunge reicht. Und das war weit. Uni» er selbst war er nicht auch solch eine Abenteurernatur? Solch ein eng lisch-deutsches Bündnis zweier Aben teurerseeleii vereint die ganze Welt durchstreifend von Schiff zil Schiff, von Meer zu Meer, von Lan!» zu Land das dachte er sich ideal. Und eignete sich ihr Beruf nicht präch tig dazu? Nichts, aber auch gar nicht? stand der Erfüllung dieses Herzens wunsches im Wege. Nur Mays Zustimmung —. Und die, glaubte er, würde er schon bekommen. „Miß May Sie hier?" te, daß Sie Dienst hätten, und deut sche Disziplin hier auf diesem Schiffe ja nun schon zur Genüge kennen ge ' Miß °May! Wie tön nen Sie das nur vermuten?" In seinem drolligen Englisch sagt« Magnus zu Mary: „Ich muß jetzt Stuhl einräumen." May sprang auf. „Paroon aber neben Ihne« blickte er May fest ins Gesicht. „Sic sprachen eben von deutscher Disziplin. Diese Disziplin oerbie tet es mir, Ihnen zu gestatten, neben Jh» Geheimnisse lesen?" stehen. Selbst Ihnen nicht." „May!" Halt. nicht dulden sagten Sie ni t e en „Das habe ich nicht gesagt; bleibe« Sie ruh'g hier. Nur neben mir dürfen Sie nicht stehen." „Ach so —" machte May gedehnt, als sei sie selbst unschlüssig, was sie jetzt eigentlich tun müßte. „Sie würden doch selbst nicht wollen, daß. ich meine Pflicht ver- sch' tsch d darf." „Ob Sie dürfen? Sie sind ein lieber Kerl" Dann machte sich Magnus an die b»«ähr>e Morfesystem. (Fortsetzung solgt.) >
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