Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, August 05, 1851, Image 1

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Der Liberale Beobachicr,
Und Berks, Montgomery und Schnylkill Cannties allgemeiner Anzeiger.
ZT eadi tt g, MfNN. Gedruckt und herausgegeben von Arn o l d Puwe ll e, in der Süd 6ten Straße, zwischen der Franklin- und Cbesnut - Straße.
Jahrg. 12, ganze Rnm. «I«.
Die Quittungen.
Eugen ist der Liebling aller Frauen.
Sie sind total vernarrt in ihn. Und wa
rum ? Ist er schön? Nein. Ist er reich?
Gott bewahre. Ist er berühmt oder be
rüchtigt ? Das Eine eben so wenig als
das Andere. Mein Gott, was ist er den ?
So höre, freundlicher Leser.
Wer es, wie er, in der Verstellungskunst
einmal so weit gebracht hat, daß er die
Frauen und ihre Reize en bagatelle be
handeln kann, der wird eher als er glaubt,
Eindruck auf sie machen. Eugen ist ein
Muster von einem Manne. Stellten sich
alle Männer so gleichgültig, kalt und fro
stig, wie Eugen, besäßen alle Männer so
viel Bosheit, wie er, die halbe Frauenwelt
käme in's Narrenhaus.
Eines Tages saß Eugen auf seinem So
pha und verschluckte, im süßen Nichts
thun versunken den duftigen Rauch seiner
Havannah, da trat der Briefträger ein,
der ihm ein Billet von der Sladtpost
brachte.
„Ein Billet . . . rosenfarbenes Papier
Goldschnitt, Lavendelgeruch—ge
wiß wieder ein Liebesbrief," sagte Eugen
zu seinem Freunde Adolpf von R., der am
Fenster stand und die Schönen der Stadt
lorgnirte —„wenn man mich doch mit der
gleichen Zeug in Ruhe ließe, wochenlang
treibt es sich bei mir auf den Tischen her
um und dient mir höchstens dazu, meine
Cigarre anzuzünden."
„Eugen, was für ein glücklicherMensch
bist du dir aber ist etwas ganz gleich
gültig, was Andere vor Freuden ganz aus
ser sich bringt," rief Adolpf neugierig das
duftende Billetchen beäugelnd, „willst du
es denn nicht lesen?"
„Lies es mir vor, wenn es dir Vergnü
gen macht." Und Adolph las das Brief
chen vor.
„Eine Dame wünscht Sie kennen zu
lernen. Sie können sie morgen auf dem
Maskenbälle finden. Damit Sie sich
nicht irren folgendeWahrzeichen : Schwar
zes Sammetkleid, Blondenspitzen, Silber
gürtel, rothsammetnes Baret mit Reiher
federn, Korallen lm schwarzen Haare und
eine weiße Schleife am linken Oberarm.
Die Dame, die in sechs Tagen auf ih
re Gürter reist, erwartet Sie. Geben
Sie sich auf dem Balle als Coeurbube zu
erkennen "
„Nun, Eugen, was sagst du dazu ?
Wirst du dich morgen Abend einstellen?
„Nein Theuerster, das geht nicht. Ich
bin schon versagt, die niedlichste aller Tän
zerinnen gibt mir morgen ein Rendezvous
zertheilen kann ich mich nicht o Gott!
ich werde noch ein Opfer meiner eigenen
Liebenswürdigkeit! Freund, weißt du
waS, geh' du morgen für mich auf den
Ball."
„Ich, was muthest du mir zu? Du
weißt, ich bin keip Freund, von Abenteu
ern und besitze auch in dergleichen Affai
ren nicht die gehörige Routine, wie du mo
derner Don Juan."
Na, na, schweig nur stille Wasser
sind tief.... Du bist ein Duckmäuser
ich kenne dich!
„Ich würde die bittersten Vorwürfe
verdienen, wenn es mir gelänge, dir die
Dame abspenstig zu machen."
„Sei unbesorgt, du bist nicht gefähr
lich. Gehe hin auf den Ball, ich erlau
be eö dir. Die Gelegenheit ist günstig .
lasse sie nicht nnbenützt."
Adolph laS noch einmal das Billet durch
und schwieg. Bald darauf entfernte er
sich.
Eugen hatte Recht .... Adolph ist
ein Scheinheiliger, ein Duckmäuser. Er
war kaum allein, als er den Entschluß
faßte, an Eugens Statt das Rendezvous
zu bestehen. Die Wahrzeichen, woran
er si« erkennen sollte, hatte er sich gemerkt,
genau gemerkt und eilig bestellte er sich
ein neues Ball-Costüm.
AbendS um acht Uhr fuhr er in einem
himmelblauen, mit Blondenspitzen besetz
ten Domino auf den Maskenball.
Sein glühendes Auge galoppirte wie
ein Blitz durch das lichte Maskenge
dränge, um die zu finden die er suchte.
Vergebens! schwarze Masken sah er ge
nug, aber einer fehlte das Barret, der an
dern der Silbergürtel, der dritten die weis
se Schleife. Es war erst Zehn. Niel
leicht kommt sie noch. Aus langer Wei
le mischte er sich in die bunten Reihen der
Tänzer .... die lebendigen Rythmen,
die ohrschmeichelttden Wonnemelodien flöß'
ten ihm Appetit zu dem so eben beginnen
den Cotillon ein.
Er engagirte, eine als schottische Bäu
rin verkleidete Dame und stellte sich in
Reihe und Glied. Noch immer suchte sein
Äuge die bewußte Maske .... er fand
sie nicht. Vermuthlich hat sich Jemand
mit Eugen einen Spaß gemacht . . . viel
leicht hat er sich selbst das Billet doux ge
schrieben, und mich damit angeführt, daß
es von einer Dame komme, um mich hin
ter's Licht zu führen und in den April zu
schicken. Eugen ist ein lustiger Brnder,
ihm sieht das ganz ähnlich.
Plötzlich fallt sein herumirrender Blick
auf eine schwarze Maske, die eben in Be
gleitung eines niedlichen Kindes in den
Saal eintritt. Das ist sie, rief er aus,
verließ plötzlich seine Dame und eilte zu
der Unbekannten.
Anfangs schlich Adolph etwas blöde u.
schüchtern, um die süße Maske, wie eine
um den Honig. Endlich faßte er
seinen sämmtlichen Muth zusammen und
tupfte mit seinem Handschuh ganz leise
auf ihren blendend weißen Nacken.
~Schöne Maske!"
„Wer sind Sie?"
,/Eugen der Coeurbube."
„Sind Sie es wirklich?"
~Wie können Sie noch zweifeln?"
„So folgen Sie mir."
Sie winkte ihm mit dem Finger. A
dolph folgte ihr. Im Vorsaale harrte
ihr Diener. Nachdem er ihr den Man
tel umgeworfen, eilt er die Treppe hinab.
Auf einen Wink rollte die Kalesche der
Unbekannten herbei. Die Maske, ihre
Begleiterin und Adolph, der falsche Coeur
bube, stiegen ein.
Ein einziger Peitschenhieb war hinrei
chend, die Pferde zu beflügeln. Mit un
glaublicher Schnelligkeit rollte der Wa
gen durch die Straße und hielt vor dem
Thore eines eleganten Hauseö.
Die Maske, die sich während des Fah
rens gegen Adolph äußerst freundlich be
wiesen, reichte ihm, als auch er ausgestie
gen war, die Hand, und bat ihn, sie durch
den Vorhof in eines ihrer entlegenen Zim
mer zu begleiten.
Daß er nicht nein sagte, versteht sich
von selbst. An der Thür angekommen,
zog sie die Klingel, ein gallonirter Diener
öffnete den Tingang.
„Endlich sind wir am Ziele, theuerster
Eugen," nahm die Dame zärtlich das
Wort, als sie sich in einem geschmackvoll
meublirten, von einer Ampel beleuchteten
Zimmer befanden, „ich eilein meinSchlaf
gemach, um mein Kind zur Ruhe zu brin
gen. In zwei Minuten bin ich wieder
bei Ihnen."
Sie hüpfte davon. Adolph harrte in
der seligsten Erwartung —da trat aus
derselben Thüre ein junger Mann, dessen
Schnurrbart, dessen ganze Haltung seinen
militärischen Stand verriethen.
„Guten Abend, mein Herr."
„Guten Abend," antwortete der über
raschte Adolph mit zitternder Stimme.
„Ich habe die Ehre, Herrn Eugen v.
L. vor mir zu sehen."
„Mein Name ist Eugen."
„Es freut mich, daß ich Sie in meinen
vier Mauern habe. Sie werden die Gü
te haben, sich mit mir zu schlagen!"
„Schlagen ? Si« belieben wohl nur zu
scherzen?"
„Keineswegs. Schon dreimal habe ich
Sie gefordert, doch nie sind Sie erschie
nen. Verzeihen Sie daher, daß ich zu ei
ner kleinen List meine Zuflucht genommen,
um Sie in mein Haus zu locken. Sie
haben neulich auf dem Balle des Staatö-
"TVillig zu loben und okxie Furcht zu tadeln."
Dienstag den s. Angnst, I8;i
rathes B. das Fräulein Seraphine v. P.,
meine Cousine, beleidigt, und werden mir
daher jetzt Genugthuung geben."
„Entschuldigen Sie mein Herr, sagte
Adolph, die Larve abnehmend, ich bin
nicht der, den Sie suchen, ich bin nicht Eu
gen."
„Ich kenne Sie nicht persönlich sondern
nur dem Namen nach Ihr eigenes Ge
ständniß von vorhin lautet, daß Sie Hr.
Eugen seien belieben Sie daher Degen
oder Pistolen!"
„Ich schlage mich weder auf Degen
noch auf Pistolen, heiße Adolph von R.,
und kenne ihre Cousine so wenig als Sie."
„Herr Sie lügen! Wie kämen Sie
zu dem Briefe, der Sie zu dem Rendez
vous geladen?"
„Hören Sie mich an . . .
„Nichts will ich hören," rief der er
zürnte Offizier. „Wer den Mnth hat,
Jemanden zu beleidigen, muß auch die
Courage haben, dem Beleidigten die ver
langte Satisfaction zu geben."
„Ich habe Niemand beleidigt, fordern
Sie meinetwegen Herrn Eugen, nicht aber
mich denn ich werde mich durchaus nicht
mit Ihnen schlagen."
„Gut, das thut nichts, ich war darauf
gefaßt."
Der Militär klatschte dreimal in die
Hände. Bald darauf stürzten fünf Die
ner herein, die sich mit spanischen Röhr
chen bewaffnet hatten.
„Da sich Herr Eugen, die feige Mem
me, sich geweigert hat, sich mit mir zu
schlagen, so übergebe ich ihn euch zur Be
strafung : Herr Eugen erhält ohne
Gnade und Barmherzigkeit 25 Prügel,
deren richtigen Empfang er bescheinigen
wird. Weigert er sich, diese Prügel zu
quittiren, so erhält er neuerdings 25, bis
auf weitere Ordre. Wer ihn schont, ist
seines Dienstes entlassen. Adieu Herr
Eugen!"
Der Grausame ging und die fünf Die
ner, eine wahre Quintessenz von frohlok
kender Schadenfreude, legten den armen
Adolph über eine Bank, die für ihn schon
in Bereitschaft stand. Adolph wollte um
Hülfe rufen .... aber einer dieser fünf
Livreefuritn hielt ihm den Mund zu. A
dolph wollte sich wehren umsonst
viel Hunde sind des Hasen Tod.
Die dünnen Ballhosen, die sich so fest
an seinen Körper geschmiegt hatten, be
günstigten das kühne Unternehmen, und
die Diener thaten ihre Pflicht mit so vie
lem Eifer, daß Adolph die Schwielen ge
wiß in's Jenseit hinüber nehmen wird.
Nach Empfang der 25 Prügel mußte
er den verlangten Schein ausstellen. A
dolph weigerte sich anfangs, aber die An
drohung einer ueuen Auflage der 25 be
schwichtigten alle Bedenklichkeiten, und er
willigte seufzend ein.
Ein Diener brachte einen Bogen Stem
pelpapier, Feder und Dinte und dictirte
dem Delinquenten folgenden Schein:
Quittung
über 25 Prügel sage fünfundzwanzig
Prügel, welche ich heute Nacht 11 Uhr
von den 5 Dienern des Hrn Obrist v. Z.
als Strafe für die Beleidigung, die ich
auf dem Balle des Staatsraths B. seiner
Cousine, dem Fräulein Straphine v. P.
zugefügt, dankbar empfangen habe.
8., den 4. Febr. 1843.
Eugen v. L.
Nachdem diese Quittung geschrieben,
wurde er sehr höflich entlassen, einer der
Diener leuchtete ihm die Treppe hinunter
und wünschte ihm von Herzen „gute Bes
serung."
Unter unnennbaren Schmerzen hielt
Adolph im Vorhof des Hotels folgenden
tragisch-komischen Monolog:
„O Schicksal! Schicksal! warum hast
du mir das gethan? Da, wo ich daß Pa
radis zu finden hoffte, finde ich das Feg
feuer. Statt der Wonne beglückter Lie
be erwarteten mich spanische Rohre. Und
deßhalb betrogener Adolph hast du dir so
so viel Auslagen gemacht ? .... deßhalb
dir einen neuen Ballanzug bestellt der 30
' Thlr. koster? Schicksal, das war schmut
zig von dir. Mir geschieht aber Recht,
warum mischte ich mich in fremde Libes
händel fünf und zwanzig Prügel für
nichts und wieder nichts !—An diese Nacht
werde ich denken, so lange ich lebe!—Und
dieser Offizier ! Läßt der Kerl sich eine
Quittung für ausgestellte Prügel geben!
Nein, so etwas ist mir in meinem ganzen
Leben nicht vorgekommen ! Hätte ich mich
geweigert, die Strafe zu quittiren, so hät
te ich neue 25 aufgezählt bekommen . . .
der Teufel kann das aushalten! Zum
Glück brauchte ich nicht meinen Namen zu
unterschreiben. Ich habe nur die Prügel,
aber Eugen hat die Schande denn sein
Name steht ja unter der Quittung.
Adolph hatte jetzt das Gitterthor er
reicht. Er öffnete eö, ging hinaus und
war noch nicht fünf Schrille vom Hotel
entfernt, als ihm der Zufall Herrn Eugen
entgegenführte.
„Adolph, bist du es?"
„Ja wohl, Eugen."
„Was Teufel, noch so spät außer dem
Hause? Woher kommst du?"
Adolph unterdrückte seinen Schmerz u.
zwang sich zum Lachen.
„Du lachst ? sprich, wo warst du ?"
„Ich war auf dem Maskenballe."
„Das dachte ich mir gleich. Nun trafst
du sie"
„Allerdings."
„Und hast du ihr gefallen?"
„Wie kannst du daran zweifeln? Sie
hat mich mit nach Hause genommen,"
„Nun sage mir aber aufrichtig, ist sie
schön?"
„Was schön? Hebe, Venus und wie
all' die Göttinnen heißen mögen, sind Me
gären gegen diesen Engel. Denke dir
ein Weib von ungefähr 22 Jahren, mit
großen blauen Augen, einem kleinen köst
lichen Rosenmunde, goldblondem Haare
und einem Teint, der eine Mosaik von
Schnee und Carmin ist denke dir fer
ner . . . ."
„Halt ein, ich weiß schon genug. A
ber wer ist sie?"
„Wer sie ist? das werde ich erst mor
gen erfahren, sie wollte mir durchaus nicht
ihren Namen sagen."
„Wo wohnt sie?"
„Zehn Schritte von hier .... dort,
in jenem großen Hotel sie fragte auch
nach dir; ich sagte ihr, ein Fieber habe
dich abgehalten zu erscheinen, du ließest
sie tausendmal um Entschuldigung bitten."
„Das war sehr vernünftig von dir. —
Sagte sie sonst nichts?
„O ja, beim Weggehen gab sie mir den
Auftrag, dir zu sagen, daß du sie sobald
als möglich besuchen mochtest, sie habe dir
etwas Wichtiges mitzutheilen, das für dich
von großem Nutzen sein könne. Du soll
test sie nur dreist besuchen, ihr Gemahl
sei verreist, du mögest dich nur als Coeur
bube anmelden lassen, um zu jeder Stun
de des Tages vorgelasseu zu werden."
„Ob sie wohl noch wach sein mag?"
„Es kommt auf einen Versuch an."
„Ob ich mich aber in der Nacht in ei
nem weltfremden Hause zurecht finden
werde?"
„Ich will dich bis zur Treppe beglei
ten, lieber Eugen."
Hatte Eugen nicht vollkommen Recht,
als er sagte, Adolph sei ein Duckmäuser,
ein Scheinheiliger? Und dennoch traute
er ihm!
Adolph führte ihn durch den geräumi
gen Vorhof bis an die Treppe.
„Wenn du die Treppe hinaufkommst,
siehst du links eine Thür .... wenn du
klingelst, wird dir aufgemacht. Nun ma
che, daß du hinaufkommst. Ich warte
hier, bis du zurückkehrst, aber halte dich
nicht zu lange auf."
„Höchstens ein halbesStündchen," sag-,
te Eugen und eilte die Treppe hinauf.
An der bezeichneten Thür riß er mit
solcher Gewalt, als ob er hier zu Hause
wäre.
Ein Diener öffnete.
„Zu wem wollen Sie?"
Laufende Nummer ÄS.
„Dumme Frage, zu Ihrer Herrschaft;
man melde mich!"
„Jetzt in der Nacht? Ihr Name, mein
Herr!"
„Sagen Sie nur, der Coeurbube sei da."
Kopfschüttelnd ging der Diener hinein
zu seiner Herrschaft und kam bald wieder
mit den Worten zurück, er möge eintreten.
Eugen reparirte vor dem Spiegel in
dem erleuchteten Vorsaale noch einmal sei-
Haare, klopfte und trat ein. Wer be
schreibt seine Verlegenheit, als er statt der
so reizend beschriebenen Frau einen grim
migen Mann im Zimmer fand.
„Was wünschen Sie, mein Herr?"
„Ich ? Was ich wünsche ? Nichts
gar Nichts."
~Aber mein Gott, was führt Sie her
zu mir? Wer sind Sie?"
„Ich heiße Eugen v. L."
„Wie, Sie sind Herr Eugen?"
„Zu dienen. Eine Dame .... die ich
nicht kenne, hatte die Güte gehabt, mich . .
„Zu einem Rendezvous einzuladen, ich
weiß geniren Sie sich nicht; aber da
Sie nicht auf dem Balle waren, von wem
erfuhren Sie, daß die Unbekannte, die Ih
nen das Rendezvous gegeben, hier in mei
nem Hotel wohnt?"
„Ich erfuhr es durch meinen Freund,
Adolph v. N., der mein Stellvertreter ge
wesen war, und mir zufällig nicht weit
von ihrem Hotel begegnet ist; er sagte
mir, die schöne Frau lasse mich bitten, sie
sobald als möglich zu besuchen, da sie mir
etwas Wichtiges mittheilen werde, das mir
von großem Nutzen sein könnte."
„Der Mann lächelte ironisch. Von
großem Nutzen sein!" —lm Uebrige ist
Ihr Freund ein Lügner, da Sie also wikk
lich Herr Eugen sind, gestatten Sie mir,
ehe ich Ihnen mehr sage, die Frage:
Kennen Sie Seraphine von P. ?
Sehr genau mein Herr!"
„Sie haben Seraphinen beleidigt, ich
weiß es, sie ist meine Cousine."
„Himmel! Sie sind doch nicht etwa .."
„Der Oberst von Z., der Sie schon drei
mal gefordert hat und mit dem Sie sich
auf der Stelle schlagen werden."
„Ich mich schlagen? —Um keinen
Preis! Ich habe Fräulein Seraphine nicht
im mindesten gekränkt ich habe sie frei
lich eine Kokette genannt, aber ist denn
das so etwas Böses?"
„Sie haben sich hinter ihrem Rücken
Aeußerungen erlaubt, die auf ihren unbe
fleckten Ruf einen schändlichen Verdacht
geworfen; Sie haben die Frechheit ge
habt, mit Gunstbezeugungen zu prahlen,
die Sie nie von ihr erhalten haben. Ich
als Seraphinens Verwandter, fordere von
dem Mörder ihres guten Rufes Genug
thuung ! Hier sind Waffen, wählen Sie
„Erlauben Sie mir, Ihnen zu sagen,
daß ich heute durchaus nicht aufgelegt bin
mich mit Ihnen zu schlagen, daß ich dieS
auch nicht ohne Zeugen, am wenigsten
bei Nacht in einem fremden Hause thue!"
„Sie wollen also nicht?"
„Nein, Herr Oberst."
„Gut!" rief ganz kaltblütig der Oberst
und klingelte. Johann, der Kammerdie
ner, erschien.
Friederich, Joseph Anton und Ludwig
sollen hereinkommen und in meiner Gegen
wart das Manöver von vorhin wiederho
len, setzen Sie sich unterdessen," wandte
er sich an Eugen, der vor Angst zitterte
und bebte.
„Ich will lieber gehen, es ist schon spät,
antwortete Eugen kleinlaut. Jetzt traten
die fünf Bedienten mit ihren spanischen
Röhrchen ein.
„Herr Sie wollen mich doch nicht
durchprügeln lassen?"
„Allerdings. Belieben Sie sich über
jene Bank zu legen."
„Herr Oberst, hüten Sie sich! Ein sok
cher Spaß könnte Ihnen theuer zu stehen
kommen."
„Thut nichts? Sie schalten 25 Prü
gel und sollte ich deßhqlb auch auf die Fe
stung kommen. Ich will Ihnen zeigen,
daß eS nicht rathsam ist. die Ehre einer